Traumfrauen.de - Partnervermittlung.de

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Traumfrauen.de - Partnervermittlung.de
Manfred Orlick
Traumfrauen.de
Über 30 Jahre Internationale Partnervermittlung
Wahre Kennenlern – Geschichten
und vieles mehr ...
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Das 1.Gebot einer Partnervermittlung ist die absolute Verschwiegenheit und 100% iger Datenschutz.
Deshalb haben wir alle in den Erzählungen vorkommenden
Namen und Daten geändert.
Copyright © 2008 by Manfred Orlick, Nümbrecht Germany
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.
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Vortrag – auch auszugsweise – nur mit ausdrücklicher Genehmigung des
Copyrightinhabers.
Herstellung:
PublikationsService® – Produktion & Verlag
Armin Zupan, München
Dieses Buch wurde auf chlor- und säurefreiem
Papier gedruckt
Printed in Germany
ISBN 978-3-936904-40-6
Danksagung
Dieses Buch ist meiner Ehefrau Karin gewidmet. Ich möchte
ihr mit den Geschichten, die wir alle gemeinsam erlebt haben,
ein großes Dankeschön aussprechen. Denn ohne ihre bedingungslose Unterstützung und ständige Mitarbeit hätte ich
niemals so viele wunderbare Jahre voller Liebe, Freude und
Herausforderungen erlebt. Und vielleicht hätte es niemals eine
internationale Partnervermittlung in der Form gegeben, wie
wir sie gemeinsam aufgebaut haben.
Mir erscheint es oft als Wunder, woher sie die Kraft nimmt,
seit über 40 Jahren mit mir durch dick und dünn zu gehen.
Keine Reise war ihr zu beschwerlich und kein Ziel zu weit.
Sie hat mich stets auf all meinen Reisen rund um die Welt
begleitet und ist als gute Ratgeberin immer an meiner Seite
gewesen.
Ich danke ihr für alles von ganzem Herzen.
Natürlich geht mein Dank auch an all unsere kompetenten
Mitarbeiter in aller Welt, die über Jahrzehnte hoch motiviert
und beratend den Partnersuchenden zur Seite standen.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort ........................................................................
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Auf zu neuen Taten ......................................................
10
Mich will doch Keine ... ..............................................
13
Jennifer und der Klimaschock .....................................
19
In letzter Sekunde - Karibik .........................................
27
Von Kaulquappen und Kopfjägern ..............................
35
Lucy – Das Glück kommt aus Kairo ...........................
46
Ich war mal ein Single ... - Karibik ..............................
53
Mutter Jansens letzter Wille ........................................
58
Tiroler Erinnerungen
Die Braut, die sich nicht traut ... ..................................
Der Spagat zwischen Liebe und Karriere ....................
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79
Vom Mönch zum liebenden Familienvater ..................
83
Hochzeit „just in time“ ................................................
90
Ich liebe einen Deutschen - Karibik ............................
95
Die Anderen ................................................................. 102
Der schönste Tag im Leben .........................................
111
Die Jungfrau Maria ... ..................................................
116
Behindert – Na und ?? ................................................. 122
Susi ... .......................................................................... 137
Ein indischer Guru in Hongkong ................................. 143
Der größte Luxus ist die Liebe .................................... 154
Die Doppelverlobung - Karibik ................................... 158
5
Das Peruanische Abenteuer ......................................... 166
Die Prophezeiung wird wahr: Brasilien! ..................... 182
Brasilianisches Feuer ................................................... 186
Die Entscheidung der Frauen....................................... 191
Alles eine Frage des Temperamtents ........................... 198
Der bayrische Draufgänger .......................................... 212
Eine Indianerin muss es sein........................................ 216
Mein neues Leben im Paradies - Karibik..................... 226
Perestroika ................................................................... 231
Na Sdorowje! ............................................................... 239
Dosvedanja .................................................................. 243
Leben hier und jetzt! – Alfreds 2. Chance ................... 247
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an ... ...................... 249
Internet und Partnervermittlung ................................... 254
Mabuhay und Abschied ............................................... 258
„Wir – die Orlicks“ ...................................................... 263
Eine erfolgreiche Vermittlung ...................................... 266
Schwarze Schafe lauern überall ................................... 271
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Vorwort
Dies ist meines Wissens das erste Buch, welches über den
Ablauf in einer Internationalen Partnervermittlung berichtet.
Es gibt nichts was es nicht gibt, das ist uns nach über 30jähriger Arbeit, mit sehr unterschiedlichen Rassen, Mentalitäten und Reisen um die ganze Welt als Erkenntnis geblieben.
Unzählige Gespräche mit Partnersuchenden haben wir in dieser Zeit geführt und Tausende von ihnen haben ihren Lebenspartner gefunden.
Neben den ganz normalen Bewerbungen, die natürlich den
größten Teil der Partnersuchenden ausmachten, gab es eine
Menge außergewöhnlicher Erlebnisse, Situationen und Extreme, wie sie nur das Leben schreibt. Viele Erinnerungen werden wach, einige zum schmunzeln, andere entbehren nicht
einer gewissen Situationskomik. Spontan fallen mir an dieser
Stelle einige ein:
Jens war wohl mit 149 cm der kleinste Mann, der uns aufsuchte. Er hatte alles versucht und glaubte nicht mehr, dass er
eine Partnerin finden würde. Nach 2 Anläufen, fand er seine
Salome, eine zierliche Filipina, die ihn sofort in ihr Herz
schloss und mit einer „Größe“ von 147 cm perfekt zu ihm
passte.
Der größte Mann den ich je sah, Paul, ein regelrechter Hüne
von fast 210 cm hatte es da leichter. Er fand mit unserer Hilfe
seine Larissa in Russland, die mit 195 cm ihm gut in die Augen blicken konnte.
Auch wenn ich mich an Erich erinnere muss ich heute noch
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lachen: Jeden neuen Klienten der uns besucht, fragen wir
selbstverständlich im Laufe des Gespräches nach seiner Biografie. Als ich Erich in diesem Zusammenhang nach seinem
Beruf fragte, druckste er herum: „Wir kennen uns doch noch
gar nicht so richtig, muss ich das wirklich jetzt schon sagen?“
„Nur Mut,“ sagte ich, „alles, was hier besprochen wird, bleibt
unter uns.“ Er druckste noch etwas herum, dann sagte er entschlossen: „Ich bin Staatsanwalt“. „Aber das ist doch ein ehrbarer Beruf,“ sagte ich und er fing ganz herzlich an zu lachen.
Das Eis war gebrochen.
Anders war es bei Karl-Otto, seit 20 Jahren Witwer, der nach
fünfminütigem Telefongespräch drohte, sich das Leben zu
nehmen, wenn er nicht noch einmal eine Lebensgefährtin finden würde. Karl-Otto, 82 Jahre alt, groß und kräftig mit schneeweißem Haar und schönen blauen Augen, hatte sich ein Vermögen erarbeitet und wohnte, nachdem er sein Eigentum verkauft hatte, in einem seiner Mietshäuser.
„Herr Orlick, ich bin gesund, mir geht es gut, aber die Einsamkeit bringt mich noch um. Wenn Sie mir nicht helfen können, springe ich aus dem 3. Stock“, sagte er.
Sachte versuchte ich ihn ins seichtere Fahrwasser zu ziehen
und die Situation zu entschärfen. „Ich denke, das können Sie
immer noch nachholen, nachdem wir uns kennen gelernt haben - sollten wir wirklich nichts für Sie tun können.“ Er ging
auf meine lockere Art ein und wir vereinbarten ein Treffen.
Karl-Otto hat tatsächlich wieder geheiratet, etwas „ganz Junges und Knackiges“: Josefa aus den Philippinen war erst 58
Jahre alt. Das war aber an dieser Beziehung noch nicht einmal
das Spannendste. Weitaus interessanter war ein ganz anderer
Aspekt. Als die Beiden uns besuchten, um letzte Formalitäten
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zu erledigen, trauten wir unseren Augen kaum: Karl-Otto und
Josefa alberten herum, kicherten und küssten sich wie verliebte Teenager.
Ein vernünftiges Wort war gar nicht mehr mit ihnen zu wechseln. Also schob ich mich langsam zwischen die Beiden und
versprach, nachdem ich den Protest besänftigt hatte, ich würde mich sofort wieder entfernen... wenn die Papier-Angelegenheiten geklärt seien.
Noch heute hängt das Bild der Beiden in unserer Foto-Galerie
und jedes Mal, wenn ich es anschaue, habe ich das Gefühl,
dass Karl-Ottos Augen mir verschmitzt zuzwinkern.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen und hoffe, dass Sie
mit meinen Erzählungen nicht nur ein paar kurzweilige Stunden sondern auch einen interessanten Blick hinter die Kulissen unserer Arbeit werfen können.
Manfred Orlick
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Auf zu neuen Taten
Was tut man nicht alles, wenn man mit der besten Frau der
Welt verheiratet ist, eine süße kleine Tochter hat, die aber so
schwer behindert ist, dass sie rund um die Uhr unserer Zuwendung bedarf? Die Lösung fiel mir leicht:
Nur ungeteilte Aufmerksamkeit und Anwesenheit für Susi,
konnte das Glück unserer Familie auf Dauer sichern. Denn
mir war klar, nur wenn sie optimal gefördert und versorgt
würde, war meine Frau Karin glücklich und ich natürlich auch.
Während viele Menschen zuerst einmal ihren Lebensunterhalt und damit ihre Arbeit sehen und danach erst die Familie,
war ich der Meinung, dass es doch möglich sein müsste, den
Arbeitsplatz den Bedürfnissen der Familie anzupassen und
nicht die Familie der Arbeit.
Also machte ich mich auf die Suche nach einer passenden
Beschäftigung, denn die von mir betriebene Versicherungsagentur erforderte zu viel Abwesenheit von meiner Familie.
Unter den verschiedenen Möglichkeiten, die sich mir boten,
fand eine mein besonderes Interesse:
Eine Partnervermittlung, die ich im Franchise-System übernehmen konnte. Das Ganze hörte sich überzeugend an und
alles war bestens als ich mich informierte.
Voller Begeisterung und Zuversicht bauten wir das Souterrain
unseres Hauses zum neuen Firmensitz um. Neben den BüroArbeitsplätzen richteten wir einen besonders hellen, freundlichen Gesprächsraum ein, in dem – neben einem kleinen Arbeitsplatz – auch eine Kaffeeküche und eine bequeme Sitzgarnitur für die Gespräche mit den Klienten ihren Platz fan10
den. Schließlich sollten sich unsere zukünftigen Partnersuchenden wohl und entspannt fühlen.
Wir hatten alles so weit eingerichtet und auch die Aufgaben
bereits verplant, als die Unterlagen und Karteien des Franchisegebers eintrafen. Nachdem wir alles gesichtet, eingeräumt und
verteilt hatten, konnte es losgehen. So dachten wir jedenfalls.
Leider wurden unsere optimistischen Vorstellungen schnell
enttäuscht. Wir waren einem Schwindler aufgesessen. Sämtliche Unterlagen und Karteien, stellten sich als wertlos heraus.
Komischerweise war ich nicht verärgert oder mutlos, denn
alleine die Idee der Partnervermittlung hatte eine Initialzündung in mir ausgelöst, die trotz dieser Anfangsschlappe meine Phantasie beflügelte.
Mir wurde plötzlich klar, dass ich hier genau die Aufgabe gefunden hatte, in der ich mich voll kreativ entfalten konnte.
Also sagte ich Karin, dass ich keineswegs vorhätte, die Segel
zu streichen, sondern auf eigene Faust versuchen würde, eine
Partnervermittlung aufzubauen um einsame Herzen zueinander
zu bringen. Ideen dazu hatte ich genug.
Jetzt kam jede Menge Arbeit auf mich zu und ich freute mich
darauf. Als erstes entwarf ich eine neue Strategie, wie Paare
sich schnell und erfolgreich kennen lernen konnten.
Karin war so begeistert, dass sie in das Zukunftsprojekt mit
einstieg.
Bei der Suche nach kompetenten Mitarbeitern hatte ich das
Glück, einen Psychologen verpflichten zu können, der schon
5 Jahre beim Aufbau einer namhaften Partnervermittlung in
den USA mitgewirkt hatte.
Gemeinsam gelang uns, mit viel Eifer und Elan, ein wirklich
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guter Einstieg, und alle waren zufrieden.
Unzufrieden war ich jedoch mit der Zahl der Erfolge. Die
Vermittlungsquote lag damals im Bundesdeutschen Durchschnitt aller Partnervermittlungs-Institute bei lächerlichen 5 10 Prozent. Für mich klang das wie ein Lotteriespiel, denn
das hieß also, dass 90 – 95 Prozent der Suchenden keinen
Lebenspartner fanden.
Mein Traum war es, diese Zahlen einfach umdrehen zu können.
Leider erwies sich dies in der deutsch-deutschen Partnervermittlung als unmöglich. Wir mussten feststellen, dass die Erwartungshaltungen der möglichen Partner – und hier insbesondere der Frauen an ihren Zukünftigen – meist so hoch
waren, dass sie einfach nicht zu realisieren waren. Daran zerbrachen leider die meisten Träume.
Erst durch einen Wink des Schicksals, als wir auf der Suche
nach Mitarbeiterinnen für den Außendienst eine äußerst charmante Philippinin kennen lernten, wurde eine vollkommen
neue Idee geboren die unsere Arbeit und unser Leben sehr
verändern sollte.
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Mich will doch Keine...
Oft wird uns Männern ja vorgeworfen, wir könnten „besser
gucken als denken“ und würden deshalb nur auf die schönen
und nicht auf die unscheinbaren, dafür aber klugen Frauen
fliegen. Gerade in den 80er Jahren des – inzwischen vergangenen – Jahrhunderts, war es höchst modern und üblich, uns
eine gehörige Portion Chauvinismus vorzuwerfen.
So richtig konnte ich diesen Vorwurf nie entkräften, warum
auch, schließlich ist eine attraktive Frau ja kein „Makel“, sondern einfach schön anzusehen.
Und wenn sie dabei intelligent und liebenswert ist, toll – dann
heißt sie zum Beispiel Karin und ist über 40 Jahren mit mir
verheiratet!
Die passende „Munition“ im Disput mit den verbiesterten Frauenrechtlerinnen der 80er lieferte mir aber ganz unbeabsichtigt
einer meiner Klienten. Zu dieser Zeit vermittelten wir noch
Partnerschaften im Inland und hatten entsprechend vor allem
deutsche Frauen in unserer Kartei.
Gerade am Tag zuvor hatte ich mich über einen Zeitschriftenartikel geärgert, der die Oberflächlichkeit unserer männlichen
Partnerinnenwahl entlarven sollte. Da passierte es: Ich hatte
für den Morgen einen Besuchstermin vereinbart und eilte beim
Klang der Türklingel die Treppe hinunter, um meinem Gast
die Türe zu öffnen.
Als ich das tat, stand vor mir ein gutaussehender Mittvierziger,
der mir spontan die Hand entgegenstreckte und mit einem
natürlich-jungenhaften Lächeln sagte: „Schön, Sie kennen zu
lernen. Gehen Sie schon mal vor, bei mir dauert es etwas.“ Ich
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schaute verdutzt und während wir hinein in mein Büro gingen, erläuterte er die Bemerkung weiter, während er langsam
und unter sichtbarer Mühe, einen Schritt vor den anderen setzte.
Er sagte: „Wissen Sie, ich bin eigentlich gar nicht so schüchtern. Aber bei der 1. Verabredung bekomme ich stets eine
Absage. Mein Bein, ... na, ist ja nicht zu übersehen. Deshalb
brauche ich Ihre Hilfe.“
Harald S. hatte nach einem schweren Autounfall eine Gehbehinderung behalten, die Ärzte machten ihm auch keine
Hoffnung auf eine weitere Besserung. Er selbst schien sich
damit abgefunden zu haben denn er machte insgesamt einen
durchaus sehr humorvollen, fast jugendlichen Eindruck.
Er hatte es auch geschafft, im öffentlichen Dienst einen der
dünn gesäten, wirklich interessanten und abwechslungsreichen
Jobs zu ergattern und lebte in einer schönen Eigentumswohnung. (Die Fotos hatte er mitgebracht)
„Aber was soll ich machen, die Frauen wollen keine derartigen Belastungen auf sich nehmen.“ Die meisten Absagen lauten in etwa so, erzählte er: „So habe ich mir mein Leben nicht
vorgestellt. Ich habe noch sehr viel vor und brauche einen
gesunden Mann.“
Als ich auf diesen Satz hin die Stirn runzelte, deutete er meinen Gesichtsausdruck scheinbar falsch, denn er ergänzte hastig:
„Es stimmt ja auch, als Travolta-Imitator könnte ich ja wirklich nichts mehr werden. Aber, es gibt doch so viel anderes im
Leben. Und ich fühle mich so einsam.“
Er machte eine kurze Pause und schaute auf seine Schuhe.
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„Deshalb bin ich nun zu Ihnen gekommen. Bin ich denn
überhaupt noch für jemand akzeptabel?“
Eigentlich war seine Geschichte nichts Neues für mich. Damals
wie heute höre ich sehr häufig von Männern mit Kindern,
Behinderten, Älteren und generell Menschen, die nicht unbedingt der TV-Werbung entsprechen, dass sie große Probleme
haben, eine liebevolle Partnerin zu finden.
Aber an diesem Morgen, angesichts des männer-schmähenden Artikels vom Vortag, machte ich meinem Mitgefühl und
meinem persönlichen Ärger Luft. Ich stand auf, lief im Raum
hin und her und sagte zu meinem Gegenüber:
„Das glaube ich einfach nicht! Da behaupten die Frauen doch
von sich selbst immer, sie seien das taktvolle, mitfühlende
Geschlecht, welches von uns Machos selbstsüchtig behandelt
wird. Haben die denn gar kein Herz?“
Ich versprach Harald S. bei seiner Suche ganz besondere Unterstützung zu geben und verabschiedete ihn etwas später mit
dem Vorsatz, diesen Mann schnellstmöglich aus seiner unverdienten Einsamkeit zu befreien.
Später unterhielt ich mich mit Karin über dieses Erlebnis. Der
Gedanke ließ mich nicht los, dass in unserer Gesellschaft
immer weniger Platz und Toleranz für Menschen mit Handicaps ist. Und dass die Erwartungen der Partnersuchenden oft
gerade bei den Frauen unglaublich hoch gesteckt waren (und
sind).
Da fielen Männer wie Harald S. einfach durch das individuelle „Suchraster“ der Damen.
Zugegeben, es wäre uns sicher auch umgekehrt nicht leicht
gefallen, eine hübsche, intelligente Frau mit einer Geh15
behinderung zu vermitteln. Also einigten wir uns beide letztlich
darauf:
In der Regel erwartet jeder vom Anderen mehr, als er selbst
geben kann oder zu geben bereit ist. Jedenfalls hier in Deutschland.
An diesem Abend ging ich mit einem großen, unsichtbaren
Fragezeichen über dem Kopf zu Bett: Gibt es Menschen,
Mentalitäten, die den Schwerpunkt und Sinn des Lebens nicht
nur darin sehen, so viele materielle Dinge wie möglich in ihrem Leben anzuhäufen, sondern wo der Mensch und die Gefühle noch im Mittelpunkt stehen?
Einige Tage später beantwortete sich diese Frage ganz von
selbst. Wie so oft, kam mir dabei der Zufall zur Hilfe: Wir
suchten eine Außendienstmitarbeiterin.
Unter den Bewerberinnen war auch eine Philippinin, die bereits
glücklich mit einem Deutschen verheiratet war. Sie rief mich
im Büro an und stellte sich als Daisy G. vor. Ihr Deutsch war
aber noch nicht wirklich gut – auch wenn der Akzent ganz
bezaubernd klang, es war noch recht schwierig sich mit ihr zu
unterhalten.
Deshalb wollten wir ihr zuerst keinen Vorstellungstermin geben. Aber irgendetwas hatte bei diesem Telefongespräch mein
Unterbewusstsein (ich nenne es auch Manni-2) getroffen.
Während der folgenden Tage riet mir also Manni – 2 immer
wieder „Ruf sie doch einmal an und rede mit ihr persönlich!“
Ich gab meiner inneren Stimme nach und lud Daisy zu uns
ein. Ihre zarte, exotische Schönheit in Kombination mit einem offenen, herzlichen Lächeln nahm uns sofort für sie ein.
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Aber nach wenigen Augenblicken war bereits klar, dass ihre
Deutschkenntnisse für den Job einfach nicht ausreichten.
Mehr denn je bedauerte ich das. Sie erzählte aber in sehr charmanter Weise, wie sie nach Deutschland gekommen sei, sich
in ihren jetzigen Ehemann verliebt hätte und heute ein glückliches und zufriedenes Leben an seiner Seite führe.
Und genau während dieser sehr romantischen, farbigen Erzählung fiel der Groschen.
Ich begriff, warum meine innere Stimme, mein Unterbewusstsein ich nenne es auch Manni 2, aber wie auch immer man
dieses Phänomen benennen mag, auf dieser persönlichen Begegnung bestanden hatte. Auf den Philippinen sollte ich die
Antwort auf meine Frage – und auch eine Partnerin für Harald
S. – finden. Es folgten noch einige Treffen und Besprechungen und wenige Monate danach saßen wir im Flieger auf dem
Weg in Daisys Heimat.
Karin und ich waren bereit für dieses neue Abenteuer, und
unsere Erwartungen wurden nicht enttäuscht: Die völlig andere Lebensart faszinierte uns. Wir lernten Land und Leute
kennen und waren total beeindruckt von der behutsamen und
liebevollen Art, wie die Menschen dort miteinander umgingen.
Nachdem wir erste Kontakte geknüpft hatten und von der Richtigkeit unserer Idee überzeugt waren, entschlossen wir uns,
mit den Philippinen zu arbeiten und ein Büro zu eröffnen. So
wurden wir zu Pionieren in der deutsch – philippinischen Partnervermittlung.
Harald S. war übrigens einer der ersten, der durch unsere Vermittlung eine der vielen, wunderbaren Philippinas kennen und
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lieben lernte. Noch heute hängen die Hochzeitsfotos der Beiden
in unserer Galerie und erinnern uns stets mit einem lachenden
und einem weinenden Auge daran, wie schwierig die Partnersuche für Menschen mit Handicap in Deutschland sein kann.
Doch bei guter Planung, großem Einsatz und permanenten
Kontakt und Austausch mit unserem Klienten, ist alles glücklich ausgegangen.
Auch für uns war der Flug auf die Philippinen ein Meilenstein: Unser Leben sollte sich ändern und spannender werden
als mancher Krimi, denn jetzt schauten wir über den bundesdeutschen Tellerrand hinaus.
In den folgenden Jahren nahmen wir die Möglichkeiten wahr,
noch viele unterschiedliche Länder, Mentalitäten und Kulturen kennen zu lernen, die unser Leben sehr bestimmen und
bereichern sollten.
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Jennifer und der Klimaschock
Jennifer hatte die letzten Nächte überhaupt nicht mehr richtig
schlafen können. In drei Tagen sollte es endlich nach Deutschland gehen. Das Herz schlug ihr bis zum Halse, denn es war
das erste Mal, dass sie mit einem Flugzeug reisen sollte und
dann auch gleich noch so weit.
Andererseits war sie begierig darauf, die Heimat von Wolfgang kennen zu lernen und das Zuhause des wunderbaren
Mannes, mit dem sie nun schon seit langen, romantischen
Monaten in Kontakt stand und der sie vor etwa acht Wochen
dann endlich auf den Philippinen besucht hatte.
Beide waren gleich vom ersten Moment an wie verzaubert.
„Anders kann ich es nicht beschreiben“ erzählte uns später
unsere Mitarbeiterin. Als auch die Eltern begeistert von Wolfgang waren, gab es kein Halten mehr. Während der letzten
Tage hatte Jennifer alle Dinge, die sie nicht mit nach Deutschland nehmen wollte, an ihre Geschwister verteilt.
Für diesen vorletzten Tag vor der großen Reise stand nur noch
im IMP-Büro Manila die allgemeine Einführung in deutsche
Sitten und Gebräuche an. Als Jennifer das Office erreichte,
wurde sie von Diana begrüßt, die unsere dortige Agenturleiterin
Fe vertrat. Fe, die Deutschland sehr gut kannte, hatte sich eine
leichte Erkrankung zugezogen und hütete für ein paar Tage
das Bett, erzählte Diana.
Aber das wäre nicht allzu schlimm – schließlich wäre sie auch
ganz gut mit dem Land im „hohen Norden“ vertraut und würde ihr alles Notwendige dazu erzählen. Sie setzte sich mit
Jennifer gemütlich in die Besprechungsecke des Büros und
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schenkte der jungen Frau und sich selbst eine große Tasse Tee
ein.
Dann nahm sie sich viel Zeit, um das Land und die Menschen
zu beschreiben. Dianas Beschreibung über Deutschland fiel
insgesamt sehr positiv aus, fand Jennifer, aber was bitte hatte
es mit diesem „Winter“ auf sich? „Oh ja,“ Diana verdrehte die
Augen, „dieser furchtbare Winter mit seiner Kälte.
Der macht am Anfang allen sehr zu schaffen! Ganz grauselig:
Dunkel, eiskalt und nirgendwo auch nur ein bisschen Grün.
Aber, mach Dir keine Sorgen, Jenni, schließlich haben das
alle Filipinas bisher überlebt.“
„Und wann kommt dieser Winter?“ fragte Jennifer etwas verunsichert. „Ach stimmt! Das ist genau jetzt. Du wirst mitten
im Winter in Deutschland landen.“ Diana – die im übrigen
den Winter in Deutschland nur vom Hörensagen kannte – ahnte
nicht, was sie mit ihrer Horrorerzählung angerichtet hatte.
An einem frostklirrenden Januarmorgen traf Jennifer nun am
Frankfurter Flughafen ein. Als sie das Flugzeug verließ,
schreckte sie fürchterlich zusammen – sämtliche Härchen an
ihrem Körper hatten sich schlagartig aufgestellt, vor ihrem
Mund bildeten sich beim Atmen weiße Wolken und die Zähne klapperten unkontrolliert aufeinander. Zum ersten Mal in
ihrem Leben spürte sie, was echte Kälte ist.
Der Flugkapitän hatte zwar vor der Landung angekündigt, es
sei hier minus 13° Celsius, erzählte sie später, aber was man
sich darunter vorstellen sollte, hatte sie bis zum Aussteigen
nicht einmal geahnt.
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Als Wolfgang sie dann liebevoll in die Arme nahm und erst
einmal versuchte, ihr mit seiner Jacke etwas Wärme zu spenden, war sie noch immer geschockt von der unbarmherzigen
Kälte.
Sie wusste, eigentlich sollte sie glücklich sein, aber das strahlende Lächeln, das normalerweise einen Teil ihrer natürlichen
Schönheit ausmachte, gefror im wahrsten Sinne des Wortes
auf ihrem Gesicht.
Wolfgang hatte für sie einen warmen Pullover, eine dicke
Daunenjacke und warme Stiefel mitgebracht. Als sie die Sachen anzog, fand sie es lustig, wie man so viel Kleidung auf
dem Körper haben kann.
Man konnte sich ja kaum bewegen. Besonders interessant fand
sie, dass sie ihre Hände in so genannten „Handschuhen“ verstecken musste, damit der Frost, wie Wolfgang es ausdrückte,
keine Chance hatte.
Nachdem sie nun alle Bekleidungsstücke angezogen hatte,
fühlte sie, dass ihr sofort viel wärmer wurde. Das Zähneklappern und die Gänsehaut verschwanden – nicht nur der Körper
beruhigte sich wieder, langsam begann sich auch die echte
Wiedersehensfreude mit dem Liebsten einzustellen. Arm in
Arm schlenderten die beiden durch den Terminal ins Parkhaus.
Wolfgangs Wagen gefiel Jenni, im Inneren machte sich schon
nach wenigen Minuten köstliche Wärme breit und Jenni entspannte sich sichtlich.
Nur ganz kurz schloss sie die Augen, dann forderte die lange
Reise ihren Tribut und noch bevor sie das Flughafengelände
hinter sich hatten, war sie eingenickt. Wolfgang lenkte seinen
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Wagen vorsichtig auf die Autobahn in Richtung Düsseldorf
Nach etlichen Kilometern entschloss er sich für eine kleine
Pause auf die nächste Raststätte zu fahren. Vom Parkplatz aus
hatte man einen großartigen Blick über das winterliche Land.
Jennifer erwachte, als das gleichmäßige Summen des Motors
aussetzte. Sie schaute in die Runde und erschrak. So etwas
hatten ihre Augen noch nie gesehen. Alles war weiß, die
schneebedeckten Straßen und Felder. Überall standen die
schaurigen Skelette von Bäumen und Büschen herum.
Das Ganze wurde durch einen grauen trostlosen Himmel abgerundet. Langsam wurde ihr richtig unheimlich – hatte sie
doch ihr Leben lang nur das blaue Meer, den weißen Strand,
den strahlend blauen Himmel und das üppige Grün der Palmenwälder vor Augen gehabt.
Tränen der Furcht und der Verzweiflung schossen ihr in die
Augen. Deutschland kam ihr vor wie der Beginn eines Horrorfilms. Wolfgang schloss seine Arme um sie und wiegte sie
beruhigend hin und her. „Keine Sorge, mein Engel, der Winter geht schnell vorbei und er ist nur eine von 4 Jahreszeiten.“
Auf dem Weg nach Hause wollten sie noch schnell bei Wolfgangs Eltern vorbei schauen. Die waren schon ganz gespannt
auf ihre zukünftige Schwiegertochter und wollten sie natürlich willkommen heißen. Wie es sich für eine gute Hausfrau
gehört, hatte Wolfgangs Mutter natürlich Essen vorbereitet.
Es gab „Sauerbraten“, den Wolfgang so liebte. Nachdem die
Eltern Jennifer herzlich umarmt hatten, setzte sich alle an den
Tisch und wünschten „Guten Appetit“.
Jennifer war verwundert über das dunkle Fleisch und die kräf22
tige Soße. Vorsichtig probierte sie einen der weißen Bälle, die
auf dem Teller lagen. Die schmeckten nach wenig – gut, dann
konnte man ja weiter testen. Mutig schnitt sie ein Stück von
dem Fleisch ab und tunkte es in die Sauce. Aber als der Sauerbraten ihren Gaumen berührte, explodierte ein für sie regelrecht ekeliger Geschmack in ihrem Mund.
So sehr sie es auch versuchte, das konnte sie auf keinen Fall
herunterwürgen! Ein starker Brechreiz befiel sie. Unter Aufbietung aller Selbstbeherrschung lief sie ins Badezimmer und
schaffte es so gerade noch den Deckel der Toilette aufzuklappen, um das scheußliche Etwas dort hinein zu spucken.
Als sie nach einiger Zeit an den Tisch zurück kehrte, setzte sie
ihr tapferstes Lächeln auf. Sie entschuldigte sich und meinte,
das Essen an Bord wäre nicht so gut gewesen und dann der
lange Flug und die Zeitverschiebung. „Kein Problem“, meinte Wolfgangs Mutter, „ich mache Euch ein Töpfchen fertig,
dann habt Ihr morgen noch etwas davon.“
Lächelnd verstaute Jennifer den Topf im Auto und betete, er
möge bei der Ankunft nicht mehr da sein. Wie ein Vorschlaghammer war der mit Liebe gekochte Sauerbraten auf Jennifers
Geschmacksnerven gesaust. Jetzt wollte sie nur noch schnell
nachhause und sich ausschlafen.
Zuhause bei Wolfgang angekommen, zeigte der glückliche
Bräutigam seiner Liebsten erst einmal die großzügig geschnittene Wohnung. Das Bad verfügte neben der Badewanne auch
über eine Duschkabine und Jenni freute sich darauf, gleich
hier einige Minuten lang unter dem warmen Wasserstrahl die
Anstrengungen der langen Reise und der ersten Stunden in
Deutschland zu vergessen.
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Wolfgang hatte natürlich volles Verständnis, denn immerhin
war sie schon über 24 Stunden auf den Beinen. Jennifer stieg
also in die Dusche, betätigte den Wasserhahn und als das eiskalte Wasser über ihren Körper spritzte, schrie sie entsetzt
auf, torkelte aus der Dusche und direkt in Wolfgangs Arme.
„Wie kann man hier nur leben, alles ist kalt und grau draußen,
keine Farben, im Freien kann man sich nicht aufhalten, das
Essen schmeckt nicht und das Wasser zum duschen ist auch
eiskalt.“ In ihr brach eine Welt zusammen.
Es gelang Wolfgang kaum, seine Jenni zu trösten – und auch
seine Beteuerungen, dass schon nach nur einer Minute das
Wasser ganz warm aus der Brause gesprudelt wäre, verhallte
ungehört. Jennifer wollte nur noch eins: Sich die Decke über
den Kopf ziehen und dieses grauenhafte Land gar nicht mehr
sehen.
Als ich einige Tage später bei den Beiden anrief, um mich
nach den ersten Eindrücken zu erkundigen, die Jennifer hier
gesammelt hatte, war ihre Stimme am Telefon einsilbig und
tonlos. Auf die Frage hin, ob alles in Ordnung sei, sagte sie,
alles wäre kein Problem. Aber ich spürte, dass da etwas Entscheidendes geschehen sein musste und lud die Beiden für
das Wochenende zum Kaffee zu uns ein.
Karin meine Frau, hatte einen leckeren Kuchen gebacken und
Jennifer schmeckte es hervorragend. Leise spielte ich im Hintergrund „Philippinische love songs“ ein. Die Stimmung war
gut und die Atmosphäre aufgelockert, als ich Jennifer beiseite
nahm. „Erzähl mir doch von Deiner Reise und Ankunft hier
in Deutschland.
Es war doch bestimmt ein großes Abenteuer für Dich und was
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hat Dich am meisten beeindruckt?“
Jennifer berichtete nun wie erschreckend und fremd sich ihr
das neue Land dargeboten hatte. Mir wurde klar, dass die arme
Kleine nun dachte, es würde immer so weiter gehen und das
Leben in Deutschland sei eine Ansammlung trister Tage.
Mitschuld an dieser Befürchtung hatten ganz offensichtlich
die Erzählungen von Diana – ein kleines Missverständnis mit
großen Folgen. Ich wusste, da gab es einiges zurecht zu rücken, wenn die Beziehung der Beiden nicht am trüben Winterwetter einfrieren sollte.
Also zeigte ich Jennifer erst einmal einen Film von unserem
Haus und Garten, wo ich alle 4 Jahreszeiten festgehalten hatte.
Diesen Film hatte ich schon Jahre zuvor gedreht für die Damen, die in unsere Auslandsbüros kamen. Unsere eigentliche
Agenturleiterin, die leider erkrankte Fe, hätte Jennifer den Film
mit Sicherheit gezeigt und auch passend kommentiert.
Als der Film endete und ich mit meinen Erläuterungen
ebenfalls zum Schluss kam, war Jennifer richtig erleichtert.
Die Jahreszeiten erschienen ihr zwar immer noch erstaunlich,
aber sie freute sich schon darauf, den kommenden Frühling
und auch die anderen Jahreszeiten zu erleben.
Inzwischen hatte Wolfgang ihr auch erzählt, dass „Sauerbraten“ eine ganz besondere deutsche Spezialität sei. Gemeinsam hatten sie dann auch einige andere Beispiele der hiesigen
Küche zubereitet und probiert.
So einiges fand sie davon recht schmackhaft und nachdem sie
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festgestellt hatte, dass wir Deutschen insgesamt recht experimentierfreudig sind, was fremdländische Küche angeht, machte sie sich keine Sorgen mehr. Was diesen Teil des Lebens
anging, konnte sie beruhigt sein. Jennifer sah jetzt voller Tatendrang in die Zukunft. Sie hatte ja noch soviel vor mit ihrem
Wolfgang.
Ich war nach dieser Geschichte wieder einmal verblüfft, wie
sehr ein paar falsche Informationen das Glück von Menschen
beeinflussen und vor allem beeinträchtigen können.
Um solche Missverständnisse in Zukunft zu vermeiden, versorgten wir unser Büro in Manila mit noch mehr Info-Material über Deutschland. Das sollten unsere Mitarbeiter dann an
die Damen ausleihen, damit diese sich auf ihre Zukunft besser vorbereiten konnten.
In den nächsten Jahren bekamen wir oftmals Ansichtskarten
und Fotos von Jennifer und Wolfgang aus dem Urlaub. Was
mich dabei immer wieder wunderte:
Beide schienen den Winterurlaub mit Bergen, Schnee und
Hüttenzauber zu bevorzugen – denn aus den Skianzügen blickten stets lachende und zufriedene Gesichter.
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In letzter Sekunde - Karibik
Seit über 3 Jahren lebt unser ehemaliger Klient Florian nun
gemeinsam mit seiner dominikanischen Frau hier in Deutschland, in der Nähe von Karlsruhe. Für dieses Buch hat er seine – durchaus ein bisschen skurrile – Kennenlern-Geschichte
aufgeschrieben. Ich wünsche Ihnen viel Freude damit. Wir
danken unseren „Mann in der Karibik“ das er uns diesen
Beitrag zur Verfügung gestellt hat.
„Eins war mir schon lange klar. Eine deutsche Frau will ich
nicht. Das ist nun keine Diskriminierung oder Anfeindung.
Nein. Nur ich war schon als Kind immer von exotischen Frauen
fasziniert. Andere Haarfarbe, andere Augenfarbe, die Frisuren von Mädchen aus fremden Ländern mit ihren langen, üppigen dunklen Haaren – traumhaft schön. Und wenn gar eine
südamerikanische Familie auf deutschem Boden Urlaub machte, … die Blicke, die vornehme Art zu gehen, die völlig andere Art sich anzuziehen.
Alles weitere ergab sich von selbst. In meiner Sturm- und
Drangzeit, so etwa ab meinem 20. Lebensjahr…. hatte ich
natürlich erst mal nur deutsche Freundinnen.
Vor kurzem erwachte dann wieder mein alter Traum. Meine
Ex bekannte sich zu meinem Freund, in den sie sich heimlich
verliebt hatte. Es dauerte nur ein paar Monate, schon wurde
geheiratet. Na toll.
Ich beschloss daraufhin, dass der Verlust keine lange „Trauerzeit“ lohnte, sondern machte ernst bei der Verwirklichung
meines alten Traumes. Endlich eine dieser wunderbaren exotischen Schönheiten kennen lernen! Also suchte ich im Internet
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nach einer Möglichkeit, schöne Frauen aus Lateinamerika und
der Karibik kennen zu lernen. So landete ich schließlich bei
„Traumfrauen.de“.
Ein paar Wochen lang liebäugelte ich dort mit einem ganz
bestimmten Mädchen, das ich in der Damen-Kartei entdeckt
hatte. Ihr Name war Carmen. 24 Jahre alt, Realschule, Hausangestellte. Sie bezeichnete sich als schüchtern, lieb, reiselustig. Also trat ich mit ihr in Verbindung über eine Kontaktanfrage. Das mit dem „schüchtern“ nahm ich nicht so ernst,
denn ich bin selbst ein sehr zurückhaltender Mensch.
Ich stimmte schließlich alles für ein erstes Kennenlernen ab,
und sechs Wochen später landete ich in der Dominikanischen
Republik - ohne Spanischkenntnisse und ohne viel über das
Land gelesen zu haben. Das lag allerdings vor allem daran,
dass ich beruflich vollauf in ein anspruchsvolles Projekt eingebunden war, das mich bis spät abends einspannte.
Den Abenteuer -Liebesurlaub hatte ich mir also verdient. Mein
Ziel war klar: die Frau zu finden und zu begeistern, die mir
ein Leben lang die Treue halten würde. Ich suchte nach Jemandem, auf den ich mich verlassen konnte, einer Frau, die
mir beweisen würde, dass sie mich liebt - eine natürliche Persönlichkeit, die fröhlich und ausgelassen sein konnte, ohne
dazu erst chemische Substanzen zu schlucken.
Ich hatte also nach meiner Landung in Puerto Plata nun 2
Wochen Zeit, um die Frau meiner Träume kennen zu lernen
und meine Absichten in die Tat umzusetzen.
Zu meiner Überraschung war Carmen noch viel schöner als
auf den Fotos. Wir trafen uns stets in Begleitung der ortsan28
sässigen Agenturmanager. Sie machten das sehr gut, es kam
immer Stimmung auf, sie wussten uns zu unterhalten, und ich
war blind vor lauter Anhimmelung.
An jedem Abend freute ich mich auf den nächsten Tag, darauf
dass sie mich abholten, dass wir einen neuen Ausflug starten
und das Land sehen konnten, wir waren immer abgelenkt. Es
war sozusagen immer etwas los.
Was mich dann etwas nachdenklich machte, war die Bitte um
ein privates Vier-Augen-Gespräch zwischen der Agenturmanagerin und mir. Erst dachte ich mir nichts dabei, aber noch
bevor mich Carmen an diesem Tag morgens im Hotel abholte,
war sie zur Stelle.
Sie fragte völlig unverblümt, ob ich mir ganz sicher wäre, dass
sie die richtige Frau sei. Ob ich viel für sie fühle, ob ich merke, dass etwas zurück kommt, mir stockte der Atem. Ja, sagte
ich, natürlich! Carmen sei dermaßen hübsch und so niedlich!
Die Managerin hatte aber – das weiß ich heute – ein feineres
Gespür für ein neues Paar, das auch wirklich Zukunft miteinander hat. Nur in meiner ersten Verliebtheit wollte ich nicht
nachgeben. Ich wolle nur sie und dabei bleibt es, gab ich energisch zurück.
Es folgte ein viertägiger Ausflug, bei dem wir verschiedene
Strand-Orte besuchten. Ich war mit Carmen und der Managerin
ganz allein und wir Beide konnten sozusagen das ganz Romantische auskosten. Ich gab mich schon vor dieser kleinen
Reise an die Küste Illusionen hin:
Mit IHR abends in ein nettes Restaurant gehen, den Wind
spüren, die Sonnenuntergänge erleben. Spaziergänge mit IHR
an der Hand, miteinander reden können. Ich hatte in den ers29
ten zehn Tagen einige Brocken Spanisch gelernt und diese
leicht zu erlernende Sprache übte eine totale Faszination auf
mich aus.
Viel schmusen wollte ich, IHR Stück für Stück näher kommen, vielleicht sogar das Zimmer gemeinsam in einem Bett
teilen, zärtlich sein, sich das Frühstück ans Bett bringen lassen. Ach, ich würde Freude haben an der neuen Eroberung,
an der neuen Beziehung und rundum vergnügt sein.
Aber es kam alles ganz anders. Mir wurden immer mehr die
Worte der Dolmetscherin bewusst, dass Carmen doch eigentlich viel zu schüchtern sei und zwei schüchterne Charaktere
einfach auf Dauer nicht zusammenpassen. “Lieber Florian,
lass Dir alles noch einmal durch den Kopf gehen, Du hast
Zeit. Gib auch mal einer der Frauen eine Chance, die Dich
hier auch noch kennen lernen wollen.
Es gibt so viele schöne Frauen in der Agentur, die es viel besser mit Dir könnten.“ Und zuletzt: „Willst Du wirklich eine
Frau, die genau so ist wie Du – schüchtern, zurückhaltend
und wortkarg? Vereinbare doch einfach mal ein anderes Rendezvous, ohne dass Du gleich mit Carmen Schluss machst.”
Jeden Tag wurde ich nervöser. Und so langsam reifte die Überzeugung, dass die Agenturberaterin vermutlich recht haben
würde. Sie arbeitete schließlich seit Jahren mit Paaren und
wird die Dominikanerinnen schon kennen.
Sie hatte wirklich recht, Carmen war eigentlich immer sehr
still. Nie machte sie den Anfang bei einer Konversation oder
gab sich Mühe, Anteilnahme zu zeigen. Nie wollte sie mir
einen Kuss geben.
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Beim Abendessen saß sie auf Distanz neben mir. Als wir das
erste Mal an einem der wunderbarsten Strände alleine spazierten, sagte sie kein Wort, gab mir keine Hand, ging vor mir
her und suchte nur schnell wieder das Agenturpaar auf, damit
sie den Unterhaltungsclown spielten und sie somit nichts sagen musste.
Ich war wohl der Einzige, der das nicht hatte sehen wollen.
Aber nun war mir alles klar und ich fasste den Entschluss,
Carmen aus ihrer nicht wirklich glücklichen Lage zu befreien. Wir waren einfach nicht für einander geschaffen.
Aber was nun, denn in 2 Tagen ging mein Flug zurück nach
Deutschland? Natürlich konnte ich mich noch mit anderen
Frauen aus der Agenturkartei treffen. Aber die Chancen, in so
kurzer Zeit „die Eine“ zu finden, standen aus meiner Sicht
doch denkbar schlecht.
Ich war verloren, wollte aufgeben, sagte meinem guten Geist,
dass es meine Schuld war so lange zu warten, ihre Ratschläge
nicht berücksichtigt zu haben, und wolle nun für die letzten 2
Tage einfach alleine in ein Hotel an einen Strand und abschalten vom Projekt “TRAUMFRAU“.
Doch die Frau des Agenturmanagers, mein professioneller
Partnersuch-Engel, hatte andere Pläne für mich. sie war es,
die nicht aufgab. Sie setzte nun all ihr Talent und Energie ein,
um aus meinem Fall doch noch etwas zu machen. Am selben
Tag trafen wir uns mittags erneut bei ihr. Sie kochte vorzüglich, und nach dem Kaffee schauten wir alles noch mal durch,
was ich jemals geschrieben hatte, was sie von mir wusste,
was mein Anforderungsprofil war und wir legten los.
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Sie gab mir 2 Stunden alleine in ihrem Büro. Ich sollte ganz
locker und unbefangen einfach all die Frauen nochmals anschauen, die mir eh schon immer gefallen hatten und auch in
meine frühere Auswahl gehörten. Daneben schlug sie mir auch
noch vor, die Frauen in den Galerien anzusehen, die seit meiner Ankunft in der Dominikanischen Republik als Neukandidatinnen in die Agentur gekommen waren.
Wir kamen auf eine beträchtliche Anzahl von fünf Frauen.
Aber damit war ich ja noch immer keinen Schritt weiter – und
die Zeit lief mir davon. Mein Boss wartete sicher schon mit
den Füßen scharrend auf meine Rückkehr.
Was war nun der Trick, damit ich nicht noch 5 Frauen
nacheinander in einem Kennenlern -Marathon besuchen und
einladen musste? Und überhaupt, wie sollte ich den Damen
das nur erklären? Die Frau des Agenturleiters klopfte mir gutmütig auf die Schulter und wir gingen ins volle Risiko. Niemand konnte wissen, wie es ausgeht. Sie setzte sich zwei Stunden ans Telefon und lud alle 5 Frauen ein zu einem gemütlichen Weinabend.
Der Gag dabei war: Sie sagte einfach allen Frauen, dass sie
einen gut aussehenden 34jährigen Energieanlagenelektroniker
aus Deutschland bei sich zu Gast habe, der einfach mal eine
nette Runde haben wolle und außerdem nicht verheiratet sei.
Das war der Köder. Mir wurde heiß und kalt zugleich. ICH
WAR DER KÖDER!
Als die ganze Aktion durchorganisiert war, ging es bereits auf
18 Uhr zu. Ich hetzte zurück ins Hotel, machte mich zurecht,
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rasierte und badete mich, gönnte mir ein paar Duftwässerchen,
….. und fuhr dann total angespannt um 19 Uhr ins Privathaus
und Agenturstudio. Gegen 19 Uhr sollten alle 5 Frauen kommen.
Mein „Coach“ schottete mich erst mal in der Küche ab. Von
dort aus konnte ich beobachten, wer in welcher Reihenfolge
kam. Ich war 10 Minuten zu früh und starrte dauernd auf die
Uhr. Meiner Schüchternheit verdankte ich nun auch noch
übelstes Herzklopfen.
Um 19 Uhr klingelte es, ich schaute auf die Treppe, von wo
aus man mich nicht sehen konnte. Meine Betreuerin gab mir
ein Zeichen, ich sollte dann ins Wohnzimmer kommen. Dort
stand DIE EINE und lächelte mich an. Es war wie ein Fieber,
das durch meinen Körper ging. Alles, was jemals negativ an
mir gewesen war, fiel ab. Ich war frei, ich fühlte mich glücklich und mir war in diesem einen Moment völlig klar: ich hatte meine Liebe gefunden. Nie hätte ich zuvor daran geglaubt,
aber es war Liebe auf den 1. Blick.
SIE WAR ES, das Gleiche dachte sie auch, sagte sie mir dann
Stunden spaeter.
Wir verzogen uns in die Küche. Alleine. Ab hier brauchte ich
keine Hilfe mehr. Die restlichen vier Frauen, die noch eintrudelten wurden von meiner Betreuerin empfangen, sahen mich
aber nie. Cecilia und ich waren glücklich. Wir hatten das gewisse Etwas füreinander, wir fühlten uns wie von einem Magneten angezogen. Niemand anders brauchten wir als Unterhalter, alles funkte, zischte und blitzte zwischen uns selbst –
auch wenn wir dabei oft genug lachend im Wörterbuch nach
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den richtigen Worten suchten.
Cecilia begleitete mich zwei Tage später eng umschlungen an
den Flughafen. Schon beim Abschied waren wir uns ganz sicher: Das ist das letzte Mal, dass wir uns voneinander trennen
– und es wird nicht für lange sein. Das ist nun 4 Jahre her.
Cecilia und ich sind seit 3,5 Jahren verheiratet. Wir haben ein
Kind und wohnen in der Nähe von Karlsruhe.
Sie ist mein Traum.
Das Leben könnte nicht schöner sein.
Ihr glücklicher Florian
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Von Kaulquappen und Kopfjägern
Eigentlich hatte ich mir mein Leben schon immer als Abenteuer vorgestellt.
Alles fing damit an, als ich als 10-jähriger in meiner Lederhose auf den Trümmern des 1000jährigen –Reiches meine ersten Schätze suchte und auch fand.
Damals waren es bunte Kacheln oder Glassplitter, rostige abgebrochene Messer und Munitionskisten. Diese wundervollen Dinge fand ich zwischen den Trümmern, welche uns die
Alliierten Bomber beschert hatten, wie mein Vater sagte:
Während sich die anderen Jungs, immer noch Krieg spielend,
wilde Straßenschlachten lieferten und sich die Schleuderdosen
mit brennendem Inhalt um die Ohren hauten, ging ich zielstrebig mein erstes „big business“ an. Ich hatte entdeckt, dass
es im Teich des großen Schlossparks neben den Dickköppen
(Kaulquappen) auch noch andere Fische, nämlich Stichlinge
gab.
Mit einem Sieb, das ich in den Trümmern gefunden und geflickt hatte und einem von Mutter ausgeliehenen Einmachglas ausgerüstet, machte ich mich auf den Weg. Nach einiger
Mühe und stundenlangem Ausharren am Teich hielt ich den
Lohn meiner Anstrengungen in den Händen: ein Glas reichlich gefüllt mich Stichlingen und Kaulquappen.
Als die „Kriegsparteien“ ihren Straßenkampf einstellten, weil
die Feuerdosen kaputt und erloschen waren, sah ich meine
Stunde gekommen: Ich schwärmte den übrigen Jungen recht
bildhaft von eigenen Fischen im eigenen Aquarium vor. „Und
all das besorgt Euch euer Manni!“ – so rief man mich damals.
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Das Geschäft lief gut, die Aquarien (Mutters Einmachgläser)
mit Stichlingen und als Sahnehäubchen noch ein paar Dickköppe gratis oben drauf, gingen weg wie warme Semmeln.
Mein neuer Wohlstand wurde in Wundertüten angelegt, denn
die waren groß im Kommen! Weiterhin war ich gut versorgt
mit Knöterichpastillen, Hustenkuchen, Silberlingen und was
sonst noch alles in diesen wunderbaren Zeiten an Süßigkeiten
zu bekommen war.
Mein Monopol wurde erst gebrochen, als auch die Anderen
den halbleer gefischten Schlossteich als Quelle meines Reichtums entdeckten. Außerdem verlor ich mein Basislager mit
den wertvollen Aquarien, denn meine Mutter machte
kurzerhand ein neues Schloss auf unseren Keller, um die restlichen Einmachgläser vor weiterem Missbrauch, wie sie sagte, zu bewahren.
Es ist wohl unnötig zu betonen, dass mir mein Vater die Lederhosen stramm zog. Mein Busenfreund „Keule“, der mir
bei meinen Geschäften zur Hand ging und ich waren ja Kummer gewöhnt. Abwechselnd zählten wir, wer die meisten Striemen auf dem Hintern hatte. Aber wir waren ja hart im Nehmen. Unsere Parole lautete: „Senge vergeht, Arsch besteht!“
Ich musste plötzlich laut lachen und Karin fragte mich, warum. „Es ist schon merkwürdig, was einen an Gedanken so
einholt, wenn man Zeit hat.“ Ich streckte mich, denn seit 16
Stunden waren wir schon unterwegs und in ein paar Minuten
würden wir landen. Der Pilot flog gerade eine Schleife und
wir konnten schon die Manila-Bay unter uns liegen sehen.
Die Begrüßung fiel wie immer sehr herzlich aus.
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Fe und die anderen Mitarbeiterinnen legten uns duftende
Blütenkränze um den Hals und umarmten uns liebevoll.
Zu all unseren Mitarbeitern hatten wir immer ein freundschaftliches Verhältnis: Nicht der Boss sondern der allgemeine Teamgeist ist wichtig - so haben wir es immer gehalten.
In all unseren Büros konnte sich jeder persönlich einbringen
und weiter entwickeln. Diese Strategie – Hilfe zur Selbsthilfe
– und das Teilen von Verantwortung hatte sich bestens bewährt. Unser Vertrauen wurde entsprechend belohnt: Wir konnten uns auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer
voll und ganz verlassen.
Fe, die Leiterin unseres philippinischen Büros, hatte sich verliebt und wollte unbedingt ihren Romeo heiraten. Gemeinsam
wollten sie dann das Büro von IMP führen. Wir freuten uns
für die junge Frau, die bereits seit Jahren zu unserem „Stab“
gehörte und so viele junge Landsmänninnen mit viel Einfühlungsvermögen an unsere deutschen Klienten vermittelt hatte. Also richteten wir den Beiden eine prunkvolle Hochzeit
aus, die nach der Kirche in den Räumen unseres Hotels fortgesetzt wurde.
Drei Wochen lang besuchten uns danach ganze Familien mit
ihren Töchtern und alle brachten Geschenke mit. Meist waren
es frische Früchte aus eigenem Anbau. Manche, die wir abends
nicht mehr empfangen konnten, harrten aus bis zum anderen
Morgen und standen lächelnd vor der Tür. Liebe ist ganz schön
anstrengend stellten wir fest und das ständige Lächeln drohte
auf unseren Gesichtern einzufrieren.
Schließlich wurde der Drang nach „Luft“ unwiderstehlich und
eines Abends sagte ich zu Karin:
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„Nix wie weg und raus hier aus dem Moloch Manila.“
Am nächsten Morgen heuerten wir einen Fahrer an und gingen auf Entdeckungsreise in den Norden der Insel. Hier hofften wir, die verschiedenen Stämme mit ihren Bräuchen und
Traditionen kennen zu lernen. Am Abend erreichten wir Banaue. Mit dem Auto war von hier ab Schluss.
Der Stamm der Ifugaos lebte hier in der Gegend und wir sprachen mit einigen der Frauen, die hier ihre Erzeugnisse zum
Markt brachten. Sie waren gerne bereit, uns am Morgen durch
das Hochland zu den Reisterrassen zu bringen. Also nahmen
wir die wichtigsten Dinge auf die Schultern und los ging es.
Palmen, Bananenstauden etc. wuchsen an den Hängen der
Berge.
Das milde Klima von etwa 22° Celsius und die frische Luft
tat uns nach der Hitze Manilas spürbar gut. Der letzte Nebel
in den Tälern löste sich langsam durch die höher steigende
Sonne auf. Dazu die paradiesische Ruhe, die nur gelegentlich
durch den Schrei eines Vogels unterbrochen wurde. Der Lärm
und die Hast der Zivilisation waren weit entfernt und ich lernte ein ungeahntes Gefühl innerer Gelöstheit und Freiheit kennen. War das die viel beschworene Leichtigkeit des Seins?
Gegen Mittag erreichten wir das Dorf der Ifugaos. Von dort
aus hatten wir einen unbeschreiblich schönen Ausblick über
die Reisterrassen. Wir wurden herzlich begrüßt und ich erzählte dem Dorf- Ältesten, dass ich gerne einige Fotos und
einen kleinen Videofilm machen würde. Nachdem ich dazu
die Erlaubnis erhalten hatte, begann ich mit meiner Arbeit.
Da alle Bewohner des Dorfes in ihrer natürlichen traditionel38
len Stammeskleidung herum liefen, fiel mir eine junge Frau
in Jeans und Bluse sofort auf.
Auf meine Frage, woher sie denn komme und was sie hier
mache, antwortete sie in klarem Englisch: „Ich komme aus
der belgischen Mission. Die Pater haben mich als Hebamme
ausgebildet und ich bin heute hier, um bei einer Geburt zu
helfen.“ Ich war überrascht und neugierig. „Wo soll denn das
Baby zur Welt kommen?“ fragte ich. „Da drüben.“ Sie zeigte
auf die andere Seite des Tales. Die einmalige Gelegenheit
wollte ich mir nicht entgehen lassen. Also fragte ich ganz spontan: „O.k. was meinst Du, können wir mit Dir gehen, ich würde die Mutter und das Baby gerne filmen,?“ „Kein Problem,“
antwortete sie und lachte.
Also begannen wir mit dem Abstieg. Wir mussten runter ins
Tal und auf der anderen Seite wieder hoch steigen. Die 6 Hütten, zu denen wir wollten, lagen direkt gegenüber auf gleicher
Höhe gut zwischen den Palmen zu sehen. Durst und Hunger
brauchten wir nicht zu fürchten, denn der junge Mann, der als
Begleitung mit uns ging, war ein Meister im Umgang mit der
Machete.
Das scheinbar unhandliche Haumesser erwies sich als gutes
Werkzeug zum Öffnen von Kokosnüssen und auch die Bananenblätter, die als Trinkbecher gerollt wurden, konnten damit
einfach abgeschlagen werden.
So hatten wir ohne jeden Aufwand ein wohlschmeckendes
Getränk im sauberen Becher und auch das Essen wurde einfach auf einem Bananenblatt serviert. Da wir kein Besteck
hatten, brauchten wir uns nur die Finger zu waschen – klares,
sauberes Wasser gab es hier mehr als genug. Die Reste samt
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Teller (Bananenblatt) entsorgten sich als Naturprodukte selbst.
Einfach perfekt. Ach ja, mit der Toilette ging es natürlich
ebenso.
Wir brauchten mehrere Stunden, bis wir das von der Hebamme angepeilte Dorf schließlich erreichten. Während des Abund Aufstiegs bewunderten wir die einfache aber geniale
Wassertechnik der Reisterrassen, die es ermöglichte, alle Terrassen gezielt und gleichmäßig
zu bewässern. Manche Menschen behaupten, die mindestens
2000 Jahre alten Terrassen dokumentieren die Partnerschaft
zwischen Menschen und Göttern. Andere bezeichnen sie als
das 8. Weltwunder.
Endlich erreichten wir unser Ziel, ließen uns am Feuer in der
Mitte der Ansiedlung nieder und wurden wieder sehr gastfreundlich mit Kokosnuss-Wasser bewirtet. Dann gingen wir
um die Hütten herum, die aus Palmenholz (1,50 m über dem
Boden auf Pfählen) gebaut waren.
Hier fanden die Haustiere, wie Schweine, Hühner usw. direkt
unter der Hütte Schutz. Rund um das Dach dieser Hütten drehten sich bunte Stoffbeutel im Wind.
Auf unsere Frage erfuhren wir, dass darin die Gebeine der
verstorbenen Ahnen aufbewahrt würden. Dass sie sich so frisch
im Wind drehen und bei allem dabei sein konnten, besänftige
die Geister der Toten, erklärten uns die Dorfbewohner.
Nachdem wir die werdende Mutter ausfindig gemacht hatten,
suchten auch wir uns ein luftiges Plätzchen. Die Hütte war ca.
6-7 qm groß und hatte einen Eingang, der gleichzeitig die einzige Lichtquelle des Hauses war. Die Einrichtung bestand aus
einer Feuerstelle in der Mitte des Raumes.
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Darüber befand sich ein Rauchfang, der zum Trocknen von
Reis diente. Den Abschluss bildete eine kleine Kiste, die aus
Palmholz gefertigt war. In ihr wurde der getrocknete Reis bis
zur Zubereitung aufbewahrt. Das war alles – das gesamte Eigentum der Familie.
Da der neue Erdenbürger sich noch etwas Zeit ließ zu erscheinen, sprachen wir mit der Hebamme und der schwangeren
Frau über Gott und die Welt. Die Hebamme erzählte uns, dass
nach jedem Hurrikan, wenn die Palmhütten in den Dörfern
zerstört sind, die Regierung jeder Familie einen Sack Reis als
Neuanfang schenkt.
So einfach und wenig uns das als Europäer erscheinen mag –
für diese Menschen ist dies eine wirkungsvolle Hilfe.
In kurzen Abständen schaute mal die eine, mal die andere
Nachbarin herein, um nach dem Wohlbefinden der Schwangeren zu sehen.
Beim Herausgehen versäumte es keine, mir übers Haar zu streichen und meine Hände auf ihren Bauch zu legen. Anfangs
war ich ziemlich irritiert, aber unsere Hebamme erklärte, das
gälte als gutes Zeichen und bringe ihnen Glück beim Kinder
kriegen, vor allem für die Gesundheit und gute Zukunft des
Neugeborenen. Wow! Das ging runter wie ein Glas San Miguel
Bier, also war ich hier tatsächlich zu etwas nützlich.
Gleichzeitig erinnerte ich mich aus der Geschichte des Landes, dass vor einigen Jahren unsere Gastgeber noch „Kopfjäger“ waren. Karin meinte: „Stell Dir bloß mal vor, wenn das
Kind nicht gesund geboren wird. Man könnte ja unsere Anwesenheit dafür verantwortlich machen. Was werden sie dann
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mit uns tun?“
„Das ist eine gute Frage“, sagte ich, schloss die Augen und
gab diese Frage an Manni 2 weiter. (Sie wissen doch mein
Unterbewusstsein, auf welches ich mich bis heute immer gut
verlassen konnte) Das Echo von Manni 2 war positiv. Es konnte
also keine Spur von möglicher Gefahr entdecken. Also antwortete ich mit einem Lächeln: „Mein Schatz, ich sehe kein
Problem, das wir nicht in den Griff bekommen sollten.“
Während wir uns unterhielten, piepsten ab und zu die „keyfinder“, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte. Sie kennen diese kleinen Dinger, die man an seinem Schlüsselbund
befestigt. Hat man ihn dann einmal verlegt und sucht ihn, dann
pfeifen Sie einfach und der „key-finder“ antwortet Ihnen sofort
mit einem Wispern.
Wir hatten entdeckt, dass sich die kleinen Geräte perfekt als
Geschenk eigneten. Sie nahmen keinen großen Platz in unserem Gepäck ein, wogen nur ein paar Gramm und machten den
Empfängern stets großen Spaß.
Verdutzt schauten die Frauen, die mit uns im Kreis im Schneidersitz saßen, wenn nach einem hellen Lachen plötzlich die
„key-finder“ in meiner Brusttasche laut wisperten. Alle waren still und schauten mich an. Ich lächelte, legte meine Hand
auf die Brust und sagte:
„Das ist mein Herz.“
Mit Erstaunen erkannte ich, dass mein Scherz absolut ernst
genommen wurde. Mein Gedankenfluss stockte und ich überlegt zwischen Erstaunen und einem Anflug von schlechtem
Gewissen, wieso die Frauen das für bare Münze nehmen konnten.
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Nach einer Weile begriff ich: So einen Typen wie mich, mit
blonden Haaren hatten sie noch nie gesehen. Erst nachdem
sie mich bei der Begrüßung angefasst hatten, war ihnen klar
geworden, dass ich „Wirklichkeit“ war und kein Trugbild. Und
dann die blauen Augen, die sie „Katzenaugen“ nannten. Die
waren ja auch echt.
Also war klar, dass das Herz dieses fröhlichen Manfredos auch
solche Töne von sich gab, wenn es sich freute. Damit war der
Gedankengang zu Ende. Hinterfragt wird hier nichts. Die
Menschen leben ausschließlich im Hier und Jetzt, in dieser
Minute und Stunde.
Dann war es so weit. Die Wehen der werdenden Mutter setzten kurz und heftig ein. Während ich in der einen Hand die
Kamera hielt, dachte ich an unsere Kreissäle im Krankenhaus,
wo mehrere vermummte Gestalten an diesem Ereignis beteiligt sind. Jetzt klopfte Zenaida dreimal kurz auf den Boden
und einen Augenblick später erschien ihr Mann in der Hütte.
Er kniete sich hinter sie und fasste sie unter die Arme, so dass
sie einen festen Halt hatte. Dann begann sie zu pressen.
Plötzlich flog ein Huhn mit lautem Gegacker in die Hütte und
wollte sich wohl die herunter gefallenen Reiskörner sichern.
Mit einer beiläufigen Handbewegung wurde es durch den Eingang wieder zurück gescheucht. Aufgeregt gackernd flog es
wieder hinaus. Es vergingen keine 2 Minuten und wir hörten
den kräftigen Schrei eines Jungen.
Die Geburtshelferin, nur mit einer Mullbinde, etwas Öl, einer
Schüssel Wasser und einer Schere ausgerüstet, hatte schnell
alles im Griff. Der kleine Kerl hatte wohl beschlossen, der
ganzen Welt zu zeigen, dass er angekommen ist, denn seine
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kräftige Stimme schallte über das ganze Tal.
Plötzlich sagte Zenaida, die gerade Mutter geworden war zu
mir: „Er will Deinen Namen.“ Die Hebamme erklärte mir, dass
ich damit zum Paten des Neugeborenen ausgewählt worden
sei. „O.k.,“ sagte ich, den soll er haben.“
Auf diese Weise kam ich zu einem Patenkind am anderen Ende
der Welt, das auf den Namen „Manfredo Timbungan“ hört.
Angestrengt dachte ich darüber nach, was ich meinem unverhofften Patenkind denn als Geburtsgeschenk mitgeben könnte. Außer ein paar sandwiches, den „key-findern“ und meiner
Filmausrüstung hatten wir ja nichts bei uns.
Gut, die sandwiches konnten wir wirklich problemlos entbehren. Also holte ich sie aus dem Rucksack und legte sie neben
das Kind. Dann, um das Geschenk komplett zu machen, legte
ich noch 2 „key-finder“ auf den nackten Bauch von Manfredo.
Die hellen Schreie, die der Kleine ausstieß veranlassten die
„key-finder“ auch prompt zu antworten.
Schnell hatte auch die ganze Familie heraus, welche Laute
man von sich geben musste, damit die „key-finder“ um die
Wette piepsten. Wir verabschiedeten uns von den Ifugaos, die
uns so freundlich einen Blick in ihr Leben gewährt hatten und
traten langsam den Rückzug an. Ich hoffte, dass die Batterien
der „key-finder“ noch so lange Energie liefern würden, bis
wir das Dorf verlassen hatten.
Als wir sechs Jahre später zufällig durch die Kinderabteilung
eines Kaufhauses im Allgäu kamen, sah ich auf den kleinen
Schaufensterpuppen dekoriert sehr hübsch gemachte T-Shirts
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von Micky Maus, Donald & Co. Ein Gedanke zuckte durch
meinen Kopf und ich musste laut lachen. Die Verkäuferinnen
blickten erstaunt zu mir herüber, als ich sagte:“ Ich möchte,
dass sie ein Päckchen für mich packen.“ Dann erklärte ich
meine Absicht und bat die beiden Damen um ihre Mithilfe.
Vor meinem geistigen Auge sah ich „Klein-Manfredo“ im großen Goofy-Hemd durch das Dorf und die Reisterrassen flitzen und das war eine unwiderstehlich witzige Vorstellung.
Natürlich würde es Monate dauern, bis das Päckchen Manfredo
erreichte, denn die philippinische Post transportiert nur bis
zum letzten Ort der Zivilisation. Von da an nimmt jeder, der
zufällig in Richtung der Timbungan-Sippe weiter geht, das
Päckchen ein Stück des Weges mit. Dann liegt es so lange in
einem Dorf bis der Nächste wieder die Richtung zu Manfredos
Dorf einschlägt.
Das Päckchen kommt auf diese Weise mit Sicherheit an. Nur
der Zeitpunkt ist ungewiss. Aber Zeit hat für die Ifugaos noch
nie eine Rolle gespielt.
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Lucy – Das Glück kommt aus Kairo
Die Kennenlern-Partys, die mehrmals im Jahr in unserem
Hause stattfanden, förderten die Kontakte zwischen den neuen
Paaren und erfreuten sich großer Beliebtheit.
Hier wurden Informationen ausgetauscht und Freundschaften
geschlossen. Das so geknüpfte Netzwerk versetzte alle Beteiligten in die Lage, jederzeit einen passenden Ansprechpartner
zur Verfügung zu haben. Auf einer dieser Partys traf ich Uli,
Wolfgang und Sascha wieder.
Die drei hatten einige Monate zuvor über uns ihre Partnerinnen gefunden und nutzten hier die Gelegenheit, ihre Freundschaft aufzufrischen. „Es gab Momente,“ sagte Uli „und da
spreche ich auch im Namen der anderen Beiden, wo wir nicht
mehr glaubten, unsere Verlobten jemals wieder zu sehen.
Ja, wir hatten das Gefühl einem dieser schwarzen Schafe auf
den Leim gegangen zu sein.“ „Oh je!“ sagte ich und die Erinnerung an diese irre Geschichte kehrte zurück:
Da wir einen regelrechten „Pendelverkehr“ zwischen Deutschland und den Philippinen organisieren mussten, hatten wir uns
auf die Suche nach einer Fluggesellschaft gemacht, die guten
Service und günstige Konditionen bot.
In Egypt Air hatten wir einen – eigentlich auch sehr verlässlichen – Partner gefunden.
Uli, Wolfgang und Sascha hatten sich bereits auf ihrer Reise
zu ihren philippinischen Wunschkandidatinnen kennen gelernt.
Also beschlossen wir, dass alle drei Frauen gemeinsam nach
Deutschland fliegen sollten.
Der Planung entsprechend sollten die drei jungen Frauen Mitte
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Dezember in Frankfurt eintreffen. So würden sie alle gemeinsam Weihnachten feiern können. Nachdem alles organisiert
und die erforderlichen Bestätigungen eingetroffen waren,
machten wir den drei erwartungsvollen Männern die freudige
Mitteilung, dass ihre Bräute am 18. Dezember früh am Morgen um 7.45 Uhr per Egypt-Air in Frankfurt eintreffen sollten.
Wir ermahnten die Drei noch einmal, auch wirklich pünktlich, d.h. besser eine Stunde vor der Ankunft am Airport zu
sein und auf keinen Fall die Blumen zu vergessen. So gerüstet
machten sie sich dann auf den Weg nach Frankfurt.
Zu guter Letzt hatte ich ihnen noch eingeschärft, nach dem
Begrüßungskuss uns als erstes anzurufen. Schließlich wollten
wir auch sicher wissen, dass alle drei Damen gut gelandet
waren.
Allerdings war mir schon während ich das sagte klar, dass es
wahrscheinlich „in den Wind“ gesprochen war.
Die Erfahrung hatte uns gelehrt, dass die Ankunft der Partnerin unsere Kandidaten so aus dem Häuschen brachte, dass wir
in der Regel erst gegen Abend die vorher fest versprochene
Ankunftsnachricht erhielten. Umso größer war meine Überraschung, als bereits gegen 9.30 Uhr das Telefon schellte.
Ich nickte meiner Frau mit einer anerkennenden Geste zu,
während ich den Rest meiner Kaffeetasse „auf Ex“ leerte und
zum Telefonhörer griff. Mit einem fröhlichen: „Jaaa, Orlick,
guten Morgen!“ meldete ich mich gut gelaunt. Uli, der Wortführer der Gruppe war am anderen Ende und sagte ganz trocken:
„Die Frauen sind nicht da.“
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„Wie, die Frauen sind nicht da?“ konterte ich. „Ja, die Maschine ist gelandet, aber unsere Frauen waren nicht an Bord.
„Ich kümmere mich sofort darum und rufe Euch gleich zurück“, sagte ich.
Sofort drahtete ich nach Manila durch. Hier ging der Arbeitstag bereits zu Ende. „Ich hoffe, dass beim Betreten der Maschine die Mädels nicht durch das Gitter der Gangway gerutscht sind“, scherzte ich, „denn hier in Deutschland sind sie
nicht angekommen.“
Doch Manila bestätigte, dass alle drei Damen an Bord gegangen wären. „O.k.,“ sagte ich „dann bleibt nur noch EgyptAir!“ Die nächsten vier Stunden verbrachte ich mit Telefonaten nach Kairo zum Airport und zum dortigen Egypt-Air Büro.
Irgendwann hatte ich einen Ansprechpartner gefunden, der
versprach sich um die Sache zu kümmern.
Und schließlich rief eine Mitarbeiterin von Egypt Air zurück
und teilte uns – zu unserer großen Erleichterung mit, dass alle
drei Frauen wohlbehalten in Kairo angekommen seien. Da
die Maschine aus Manila aber mit einigen Stunden Verspätung gelandet war, hatten sie die Anschlussmaschine nach
Frankfurt verpasst, erklärte mir die Airline-Angestellte. Aber
die Ladies seien bereits in einem schönen Hotel untergebracht
– wir bräuchten uns keine Sorgen machen.
Inzwischen war es bereits später Mittag und die angehenden
Ehemänner warteten gespannt auf meine Nachricht. Ich rief
die Handynummer von Uli an und beruhigte die drei Wartenden:
„Also, macht Euch nicht verrückt“, sagte ich, „alle sind wohl48
behalten in Kairo und mit der nächsten planmäßigen Maschine werden sie morgen gegen 7.45 Uhr in Frankfurt eintreffen.
Wie ich hörte, liegen alle schon im Wellness-Bereich eines 5Sterne Hotels und lassen es sich gut gehen.“ Alle atmeten befreit auf. Das hieß nun, noch eine Nacht in Frankfurt zu verbringen. Ich erinnerte noch einmal daran, pünktlich zu sein
und vor allem frische Blumen zu besorgen.
Um 8.45 Uhr am nächsten Morgen klingelte das Telefon. Uli,
war außer sich. „Alles nur Schwindel. Wir möchten sofort
eine Erklärung, die Frauen waren wieder nicht in der Maschine.“ Die Nerven der Männer lagen blank und ihr Ärger ergoss
sich ungebremst über mich.
Ich zog es vor, einfach zu schweigen und schluckte all die
schönen Worte, die einem bei solcher Gelegenheit an den Kopf
geworfen werden, tapfer herunter. Nach einigen Minuten erboster Tiraden wurde es wieder leiser und beherrschter in der
Leitung.
Die enttäuschten Männer hatten genug Dampf abgelassen und
beruhigten sich wieder. Ich war trotzdem wirklich froh, dass
sie mir nicht direkt gegenüber standen. Sobald wieder ein vernünftiges Wort möglich war, versprach ich, schnellstens die
Situation in Kairo zu klären. Mittlerweile hatte ich ja auch
einen schnellen Draht zur Airline.
Absolut einleuchtend und auch nicht weiter spektakulär war
die Auskunft, die gegen Mittag dann aus Kairo vorlag: Da die
Maschine gestern ihren Anschluss verpasst hatte, war die heutige leider überbucht gewesen. So war für die drei Frauen –
die auch unbedingt beieinander bleiben wollten – kein Platz
49
mehr. Morgen mit der planmäßigen Maschine würden die Frauen aber garantiert sicher und wohlbehalten in Frankfurt eintreffen, so versicherte mir der leitende officer.
Zwei Tage und zwei Nächte hilflosen Wartens hatten die
Männer komplett mürbe gemacht. Gegenseitig hatten sie ihre
Ängste und Befürchtungen hochgeschaukelt – irgendwie glaubten sie gar nicht mehr an ein Happy End. Schon am Telefon
merkte ich, wie enttäuscht und verunsichert sie wirkten.
Ich versuchte so einfühlsam wie möglich zu erläutern, was
ich in Erfahrung gebracht hatte. Gleichzeitig spürte ich, wie
unglaubwürdig die eigentlich guten Nachrichten auf die enttäuschten Männer wirken mussten. Ich holte tief Luft und versicherte Uli, Wolfgang und Sascha mein Mitgefühl.
Dann sagte ich: „So, morgen früh geht wirklich alles klar, dann
kommen Eure Frauen ausgeruht und strahlend schön aus Kairo
hier an. Die eine Nacht schafft ihr doch auch noch locker.
Und vergesst nicht, Eurer schönstes Lächeln aufzusetzen.
Werft also die alten Blumen weg und besorgt Euch wieder
Frische.“
Auch Karin und ich machten in dieser Nacht kein Auge zu.
Wir wollten uns lieber gar nicht erst vorstellen, was wohl passiert, wenn die Frauen wieder nicht ankämen.
Das Telefon schrie mich am Morgen darauf förmlich an. Ich
spürte einen Adrenalinstoß, der meinen Pulsschlag verdoppelte. Voller heimlicher Befürchtungen nahm ich den Hörer
ab und sandte insgeheim ein Stoßgebet gen Himmel. Als ich
frohes Lachen und ein positives Stimmengewirr am anderen
Ende der Leitung hörte, wich schlagartig die Anspannung aus
meinem Körper. Na endlich dachte ich!
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„Die Maschine war pünktlich und alle Vier freuen sich, dass
sie glücklich angekommen sind.“ Ich atmete tief durch. „Gott
sei Dank, aber was sagen Sie da, alle Vier? Wieso 4?“ In Gedanken checkte ich noch einmal alles durch. Nein, also wirklich, ich war sicher, dass ich noch bis drei zählen konnte.
Ich lies mir die Namen der Damen aufzählen. Es folgten die
drei Verlobten der Männer und noch eine „Lucy“. „Lucy“ war
uns aber kein Begriff. Ich ließ mir Lucy ans Telefon holen.
Als ich mit ihr sprach, erzählte sie mir, sie habe einen sehr
netten Mann in Manila kennen gelernt, der hätte ihr Arbeit
versprochen und auch ein Flugticket geschickt.
Die Anschrift dieses Mannes wusste sie aber nicht. Uns war
sofort klar, was das hieß. Lucy war mit einem Auge am
Rotlichtmilieu vorbeigeschrammt. Der Typ, der sie am Flughafen abholen wollte, war wohl davon ausgegangen, dass sie
gar nicht erst abgeflogen war, als sie vor 3 Tagen nicht ankam.
Lucy hatte sich während der letzten Tage, die als Beauty-Days
in den Sprachschatz der Damen aufgenommen wurden, ausgiebig über unsere Arbeitsweise mit den drei angehenden Bräuten unterhalten. Daher fiel es ihr nicht schwer, als ich sagte:
„Lucy, Du musst Dich nun entscheiden, wenn Du wirklich
Deinen Lebenspartner hier kennen lernen möchtest, wie Du
sagst, dann kannst Du zu uns kommen.
Hier hast Du erst einmal ein Zuhause und wir schauen dann,
was wir für Dich tun können. Oder Du kannst die Maschine
zurück nach Manila nehmen. Die geht in ca. 4 Stunden.“ Einen Moment blieb es still am Telefon dann hörte ich Lucy tief
durchatmen. Dann entschied sich dafür, sich zuerst einmal
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unter den deutschen Männern umzusehen und sagte „Ok, I
will stay in Germany and I will look for Mr. Right. Let’s go.“
Nach einigen Monaten hatte Sie ihren „Mr. Right“ gefunden.
Lucy ist heute glücklich verheiratet, hat mit ihrem Mann ein
gemeinsames Kind und konnte auch ihre 3-jährige Tochter
aus Manila nachholen.
Ihr deutscher Ehemann hat dieses Kind aus einer vorherigen
Beziehung der quirligen Philippinin adoptiert. Wenn Lucy uns
heute anruft, sagt sie immer wieder, dass die Zahl 4 und
„Kairo“ ihr Glück gebracht haben.
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Es ist mir eine besondere Freude, auch hier einen Originaltext aus der Feder eines unserer Klienten veröffentlichen zu
dürfen. Gerade diese persönlichen Schreiben sind es, die mir,
meiner Frau und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
immer wieder zeigen, dass sich unsere Arbeit lohnt, denn wir
können damit Menschen einen Weg ins persönliche Glück
ebnen.
Ich war mal ein Single... - Karibik
...Ich wollte es aber nicht mehr sein. Ich lebte gut, aber
irgendwo fehlt mir der Herzschmerz, der Kitzel, das gewisse
Etwas, das einen reizt. Ich hatte, was man begehrt, aber trotzdem war ich nicht glücklich. Die Rechnungen flatterten ins
Haus, ich war allem gegenüber emotionell wie tot, die Tage
vergingen, aber ich fühlt mich energielos trotz des enormen
Gewichts auf der Waage und dauerndem Fitnesstrainings im
Schickimickistudio, wo sich alle nur für die Besten und Schönsten halten, vor den Spiegeln ihren Körper als Gott verherrlichen.
Es war steril, es war traurig. Ein lebloses Leben, als ob nur
das Quietschen der Fitnessgerätetechnik mit der metallischen
Rhythmusmusik die einzige Seele wäre. Da waren keine Freunde unter den Trainingsnachbarn. Das waren Marionetten, die
nach „Trends“ tanzten und eigentlich gar keine Persönlichkeit
haben. Ego - Shooter.
Wie kann man nur so leer sein? Ich wurde täglich älter und
spürte, dass ich ein liebliches Wesen um mich brauchte.
Manchmal schüttelte mich die Furcht, dass es noch jahrelang
so weiter gehen könnte. Alle glaubten, es ginge einem gut,
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man hat es geschafft, hat etwas Eigentum, die Schulden halten sich in Grenzen, alles ist überschaubar, man wird respektiert, es scheint perfekt. Ein guter Job und eventuell mit neuen
Perspektiven.
Es hat sich nun alles schlagartig geändert und ich bin dankbar
dafür!
Ich will nicht mehr arrogant zu erscheinen, damit ich mit Anderen nicht zu sprechen brauche. Ich will Schwächen zeigen
können. Ich will, dass auch mein Nachbar weiß, dass ich im
Grunde genommen mehr ein Freund sein will, als ein Mitbewohner desselben „Komplexes“. Mit ihm mal wie Jugendliche über irgendwas Belangloses erzählen oder einen Witz
machen und ihm dabei auf die Schulter klopfen.
Wer macht das möglich? Eine Frau, die einen liebt, eine Frau,
die einem ein Lächeln schenkt, eine Frau, wo man spürt, man
will früher nach Hause und mit ihr reden, sie streicheln, sie
entzücken und einfach das Romantische ausleben. Sich gegenseitig verführen, Musik spielen lassen, wo man Lust hat
zu reden, sich miteinander zu beschäftigen, wo das Aufstehen
Spaß macht, weil man weiß, da ist Jemand, der sich auf einen
freut und den man so schnell es geht wieder sehen möchte.
Alles hat plötzlich wieder mehr Sinn. Man wollte schon immer
mal abnehmen und es fällt leichter. Man wollte bewusster essen und sie hilft dabei. Noch vor Sonnenuntergang holen wir
auf der Strasse die Federballschläger raus und lachen mit den
dort spielenden Kindern. Man wollte schon lange mal wieder
spazieren und sie geht nebenher, pflückt dabei einen wilden
Strauss für die Essecke und lacht. Sie hängt sich bei mir ein,
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und mich überkommt ein unheimliches Gefühl vom Rücken
bis ins Hirn. Ich bin verliebt.
Ich wache samstags auf und ich rieche den Kaffee, die frischen Brötchen …und ich bin Derjenige, der dann Lust hat,
den Tag nach ihr zu richten, auch ihr einige Gefallen zu tun,
aufmerksam zu sein, genau das zu machen, wo ich weiß, das
macht auch ihr Freude. Es macht wieder Spaß andere Pärchen
einzuladen, weil man sich nicht mehr wie das dritte Rad am
Wagen fühlt. Es ist einfach wieder lebenswert.
Man ist nicht mehr neidisch oder einfach unzufrieden, wenn
man hübsche Paare sich unterhalten und küssen sieht und man
selbst hat nur das teure Auto, sieht von außen, wie andere
leben, und gibt Gas und fährt nach Hause oder trinkt da ein
Bier, wo man nicht gesehen und mit niemandem sprechen will.
Jetzt habe ich sie gefunden. Wie in einem Gedicht von Goethe.
Konnte ich es nicht in meiner Schulzeit auswendig und wollte
ich nicht mein Leben nach all diesen literarischen Schätzen
richten?
Wo sind die Dimensionen, wenn ich nur einseitig lebe, mich
nur nach Erfolg ausrichte oder mich an den Zahlen und mit
den Zahlen meiner Unternehmung, für die ich arbeite selbst
beurteile. An dem Gehaltsstreifen, mit dem man nie zufrieden
ist. Nur dauernd dahinter her ist, einem anderen Nebenbuhler
zu schaden, dem sich wichtig machenden Abteilungsleiter von
nebenan eins auszuwischen, nach einer Gelegenheit suchen,
seiner Karriere zu schaden. Jetzt kenne ich SIE.
Ich will sie nicht mehr missen, ich brauche ihre Wärme, Ihre
Fürsorglichkeit, sie gibt mir die Kraft für den Alltag. Sie nimmt
mir alles Falsche. Sie nimmt mir jeglichen Gedanken ans Böse,
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an etwas negatives, an Schmerz, an Egoismus, an Egozentrik,
ich will für sie da sein. Ich will mich ihr zu erkennen geben.
Ich will sie fröhlich sehen, mein Leben nach ihr planen, gemeinsam eins werden, sich zueinander hingezogen fühlen, wie
zwei junge Häschen, die bei Regen in einer Scheune zusammenkauern und etwas unzertrennliches an sich haben.
Selbst ein Montag ist mir ihr wie ein Feiertag. Es geht alles
viel leichter, man sieht die Kinder auf der Strasse nicht mehr
als Krachmacher, schmunzelt, wenn man ein altes Pärchen
Hand in Hand gehen sieht. Die Zeit ist besser, man hat Gefühle und will sie zeigen. Es ist wie eine seelische Neugeburt,
man sieht seine eigenen Falten nicht mehr, alles scheint zu
vergehen, sich aufzulösen im Glück.
Man isst nicht mehr nur aus Frustration, Depression, die Schokolade ist die neue Freundin. Sie ist der neue Schatz, dagegen
ist alles materielle nur ein Wind, der um die Kirchglocke fegt
und einige Kastanienblätter nach oben treibt. Ich brauche diese Liebe, sie gibt mir viel. Sie wiegt die Härten des Geschäfts
auf, sie glättet die Sorgen des Alltags, sie macht selbst einen
Anschiss vom Chef zu einer amüsanten Wendung im Leben,
dem man nur positives abzugewinnen weiß.
Sie ist meine Blüte, die ich erhalten will. Ich werde sie lieben,
es ist mein Meer an Gefühlen, die in mir aufbrausen, an himmlischem, die mich an etwas höheres glauben lassen.“
Mit einem Wort ich bin glücklich.
Tausend Dank Dir Super-Vermittlung. Ich habe „SIE“. Die
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Frau meiner Träume aus der Dominikanischen Republik.
SARAH, Du bist mein Leben.!!
Mein herzliches Dankeschön an Partnervermittlung.de
Ihr Sascha
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Mutter Jansens letzter Wille
Nun, in meinem Beruf gibt es nichts, was es nicht gibt und
jeder Tag ist immer wieder spannend, denn sämtliche Wünsche, Vorstellungen und Probleme der Menschen werden an
mich herangetragen und es gilt dann, gemeinsam die beste
Lösung zu finden.
Eines Tages wurde mir eine Frau am Telefon durchgestellt,
welche fragte:„Ich bin doch richtig bei Ihnen, also bei der
Partnervermittlung?“ Die Stimme schien einer älteren Dame
zu gehören. „Da sind sie richtig“, sagte ich. „Wissen Sie, ich
suche nämlich eine gute Frau für meinen Kleinen“
„Ihren Kleinen?“ „Ja, ja, ich meine meinen Sohn“ „Wie alt ist
denn der Kleine,“ fragte ich.“ 42 Jahre“ meinte sie und es
wird doch langsam Zeit, dass er sich eine Frau nimmt. „Gute
Frau, sagte ich, dass verstehe ich, dann sagen Sie doch dem
Kleinen, er möchte sich einen Termin geben lassen und dann
können wir alles in Ruhe besprechen.“
„Na, ja, ich glaube, er will noch nicht so richtig“ sagte da die
Stimme am anderen Ende der Leitung. Langsam glaubte ich,
dass sich Jemand einen Scherz mit mir erlaubte. Ich lachte
und sagte: „dann sollten Sie ihn noch ein wenig bearbeiten
und weich klopfen, bevor Sie ihn bei mir abliefern. Wenn Sie
ihn so weit haben, vereinbaren wir dann einen Besprechungstermin. „Ich werde mit ihm reden“ sagte Sie. Ich vergaß den
Scherz und widmete mich wieder meiner Arbeit.
Einige Tage später stand ein Klaus auf meinem Besucherplan.
Ich stand gerade am Fenster, als er vorfuhr. Erstaunlicherweise
gingen beide Autotüren auf und auf der anderen Seite stieg
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eine ältere aber rüstige Dame aus. Sofort erinnerten sich meine grauen Zellen, das muss „die Mutter mit dem Kleinen sein“.
Das gibt es doch gar nicht, dachte ich und war gespannt, was
da auf mich zukam. Ich begrüßte Beide und führte sie ins
Besprechungszimmer. Bevor sie sich setzten wurde schon
durch das Verhalten und der gesamten Körpersprache überdeutlich, dass Mama die ganze Aktion leitete und auch voll
im Griff hatte.
Während die Mutter zu reden anfing, saß Klaus ganz brav
neben ihr und übte sich in einem etwas gefrorenen Lächeln.
Mutter erzählte unter anderem, dass sie ihren Mann im Krieg
auf der Flucht von Ostpreußen verloren hatte.
Und nach langen Jahren harter Arbeit hatte sie es geschafft,
gemeinsam mit ihren Söhnen in ein schönes eigenes kleines
Haus einzuziehen. Die Bilder hatte sie gleich mitgebracht. Ich
sagte zu Klaus, dass ich seine Mutter voll bewundere, die sich
so für ihre Kinder einsetzt und er könne sehr stolz auf sie
sein.
O. k. sagte ich dann, bevor wir nun weiter reden, sollten wir
uns auf eine grundlegende Verfahrensweise einigen. In der
Regel ist es so, dass der Partnersuchende allein das Gespräch
mit mir führt, denn es gibt vielleicht Dinge, die er nicht gerne
in Gegenwart seiner Mutter erörtern möchte.
Außerdem so zeigt die Erfahrung, kann ich mich viel besser
auf seine Wünsche und Vorstellungen konzentrieren, welches
durch die Anwesenheit und Anfragen einer weiteren Person
beeinträchtigt wird.
Um meine Aussage zu bekräftigen, stand ich auf und öffnete
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die Tür zum Nebenraum. Hier können Sie Hunderte von Paaren an den Wänden sehen, welche durch uns ihren Partner
gefunden haben. Schauen Sie sich ruhig alles in Ruhe an und
genießen Sie ihren Kaffee.
Wenn ich ihre Hilfe benötige, rufe ich Sie sogleich. Ich war
erstaunt, denn ohne Widerworte stand sie auf und ging in den
Nebenraum zur Paar-Galerie.
Als ich mit Klaus alleine im Raum war, wurde er etwas lockerer und fühlte sich augenscheinlich wohl bei uns. Am Ende
des Gespräches war es so, dass Klaus 7 Damen nach Fotos
und Daten ausgewählt hatte und uns bat, ihn diesen Damen
vorzustellen. Auch seine Mutter war mit seiner Wahl ohne
Einschränkungen zufrieden.
„Also gehen wir es an“, sagte ich. Wir machten von Klaus
eine ganze Reihe Fotos und zeichneten seine Lebensbiographie
auf. Die ersten Anschreiben an die ausgewählten Frauen reichte
er einige Tage später nach. Nun konnten wir alles an die Frauen weiterleiten.
Nach einigen Wochen hatten sich 2 Damen herauskristallisiert,
die er als Lebenspartnerin in die engere Wahl zog. Es lief alles sehr gut, als mich eines Tages die Mutter wieder anrief
und mit brüchiger Stimme bat, mit mir sprechen zu wollen.
Also verabredeten wir uns zum 2. Mal.
Als das Auto auf den Parkstreifen fuhr, sah ich, dass Klaus
seinen Bruder Alfred, welcher Mitte 40 war, mitgebracht hatte. Beide halfen ihrer Mutter beim Aussteigen, nahmen sie in
die Mitte und trugen sie fast in mein Besprechungszimmer.
Danach schickte die alte Dame ihre beiden Söhne nach
draußen, weil sie allein mit mir sprechen wollte. Dann sagte
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Sie zu mir: „Wissen Sie, ich bin inzwischen sehr krank geworden, man hat einen bösartigen Krebs bei mir festgestellt.
Die Ärzte machen mir keine Hoffnungen mehr, und ich habe
nur noch wenig Zeit. Deshalb wäre es schön, wenn Sie die
ganze Sache beschleunigen könnten, denn ich möchte meinen
Sohn versorgt und glücklich sehen, bevor ich diese Welt verlasse“.
Ich versprach ihr, alles Mögliche zu tun. Gab ihr aber gleichzeitig zu bedenken, dass es nicht gut ist, wenn 2 Männer mit
einer Frau im gleichen Hause lebten, denn während der Eine
verliebt ist und eine Familie gründet, steht der Andere im
Abseits.
Hier wäre schon der Ärger vorprogrammiert und im schlimmsten Falle würden sich die Brüder trennen. Das wollen Sie doch
sicher nicht, wo die Beiden das ganze Leben lang doch immer
zusammen gehalten haben.
Sie verstand die Situation sogleich, und war damit einverstanden, dass ich auch noch mit Alfred sprechen werde.
Ich unterhielt mich lange mit ihm und stieß auf offene Ohren,
denn er meinte er habe sich auch schon so seine Gedanken
gemacht. Klaus hätte sich schon sehr verändert, seit er mit
den Damen Briefe austausche und plane jetzt ein ganz neues
Leben. Auch er habe darüber nachgedacht, wie schön es wäre,
vielleicht bald auch nicht mehr allein zu sein.
Gesagt, getan, auch Alfred stellten wir nun einigen Frauen
vor. Nach einiger Zeit begannen sich auch für ihn die Beziehungen zu vertiefen. Plötzlich bat die Mutter noch einmal um
ein Gespräch. Die Söhne brachten sie wieder zu uns. Der Krebs
weitete sich in ihrem Körper aus, sie war nur noch Haut und
Knochen.
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Es berührte mich zutiefst, einen Menschen so verfallen zu
sehen. „Ich wollte noch einmal mit Ihnen sprechen“ sagte sie,
„denn ich spüre, dass ich nicht mehr viel Kraft habe und mir
entgleitet alles. Ich lege deshalb alles in Ihre Hände. Bitte,
versprechen Sie mir und dabei legte Sie ihre Hände auf die
meinen, dass meine beiden Jungs heiraten und glücklich werden.
Ich versprach ihr: „Alles, was ich dazu tun kann, werde ich
tun“ Ihre Hände, die mit Sicherheit einst stark zupacken konnten, waren abgemagert und zuckten. Dennoch fühlte ich die
Kraft, die einst durch diese Hände geflossen war. Zusammen
mit ihrem eisernen Willen hatten diese starken Hände zugepackt und nach dem Tode ihres Mannes ihre Kinder auf der
Flucht sicher in den Westen gebracht.
Danach standen für sie nur noch ihre Söhne im Vordergrund.
Sie gab nicht auf, bis sie alle zusammen ein schönes Heim
hatten. Ich hatte tiefen Respekt vor dieser Frau und ich wünschte mir, dass es noch viele Menschen mit einem solchen Charakter und großem Herzen geben würde.
Dieses war meine letzte Begegnung mit dieser starken Frau.
Leider hat Sie die Doppel - Hochzeit ihrer beiden Söhne nicht
mehr erleben können. Wir hatten alles getan und auch die
Hochzeit gut vorbereitet. Sie wäre sicher sehr zufrieden und
glücklich gewesen, denn die Gesichter von Klaus und Alfred
strahlten. So hatte auch sie ihr letztes Ziel erreicht.
Heute leben Beide glücklich und zufrieden mit ihren Ehefrauen und Kindern, Klaus hat sich noch ein eigenes Haus gebaut,
da das Andere für 2 Familien zu klein geworden war.
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Tiroler Erinnerungen
Die Braut, die sich nicht traut...
Zur Sommerzeit fuhren wir oft mit Sack und Pack ins Allgäu.
Wir lebten dort hoch oben in den Bergen in einer schönen
Hütte, die ein Großonkel meiner Frau erbaut hatte.
Hier am Ende der Welt genossen wir den wunderschönen
Ausblick über die Berge. Die Ruhe und Einsamkeit inspirierte uns und wir entwickelten neue Strategien und Möglichkeiten, welche unseren Klienten das Kennen lernen und Finden
ihrer zukünftigen Lebenspartnerin leichter machen sollten.
In einem dieser Sommer hatten wir einen Klienten aus Norditalien. Gino war bereits mit einer Dame aus Moskau zusammen und die Beiden hatten sich verlobt. Gerade waren bei uns
noch einige Dokumente eingetroffen. Meiner Frau schlug ich
deshalb vor, doch einen kurzen Trip vom Allgäu aus nach
Meran zu machen, um die Dokumente dann persönlich zu
übergeben.
Augenzwinkernd fügte ich hinzu, wir könnten dann bei der
Gelegenheit auch einen Abstecher ins Dorf Tirol (nicht zu
verwechseln mit der gleichnamigen Landschaft) in den Bergen bei Meran besuchen.
Dort hatten wir – inzwischen ist das über 40 Jahre her – unseren ersten gemeinsamen Urlaub verlebt und ein paar glückliche Wochen verbracht. Jedem, der die Berge liebt, brauche
ich nicht zu erzählen, durch welches wunderschöne Panorama wir fuhren.
Der ruhige und friedliche Ausblick ließ in mir Erinnerungen
und Bilder an unsere Reise nach Dorf Tirol aufkommen. Karin
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lächelte mir zu und legte eine Hand auf meinen Arm, während ich die engen Serpentinen der Alpenstraße entlang fuhr.
Ich steuerte den Wagen in eine der schotterbedeckten Haltebuchten am Straßenrand. Von hier aus bot sich ein überwältigender Blick auf die schon vom mediterranen Klima geprägte
Südseite der Alpen.
Spontan sprang ich aus dem Wagen und öffnete auch Karin
die Autotür. Gemeinsam lehnten wir uns dann nebeneinander
an die Motorhaube des Wagens und genossen die Luft, den
Duft der Bergwiesen und die milden Sonnenstrahlen.
Ganz unvermittelt geriet ich in eine fast meditative Stimmung
und ich fühlte mich zurück versetzt an den Beginn unserer
Liebe. „Weißt Du noch“ , sagte ich zu Karin.
Wir kannten uns bereits seit 1 ½ Jahren, waren unzertrennlich und hatten sogar einige Versuche, uns zu trennen, erfolgreich abgewehrt. Speziell Karins Vater hatte mich als Störfaktor in seiner Vorstellung von der Zukunft seiner Tochter
ausgemacht. Aus dem netten, cleveren, wohlerzogenen Jungen, mit dem er gut Skat spielen konnte, wurde über Nacht,
nachdem er herausgefunden hatte, dass wir zwei sehr verliebt
und einfach unzertrennlich waren, plötzlich der arme Habenichts, der für seine Tochter nicht gut genug war. Wir konnten
uns nur noch heimlich treffen.
Ich gerade 20 Jahre alt geworden sollte meinen Dienst beim
Bundesgrenzschutz antreten. Inmitten einer Zeit, in der die
„freie Liebe“ zum Ideal unserer Altersgenossen erklärt wurde, war ich wahnsinnig verliebt in meine Karin und tat einfach alles, damit wir so oft wie möglich zusammen sein konnten. Das würde nicht ganz einfach werden, da ich meinen
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Dienst in Winsen an der Luhe (Norddeutschland) absolvieren
sollte.
Zum 1. Mal in meinem Leben fuhren die Gefühlswellen mit
mir Achterbahn und ich spielte mit dem Gedanken, meinen
Dienst beim BGS erst gar nicht anzutreten.
Zu diesem Zeitpunkt war der „Zivildienst“ noch keine Alternative und nach einigem Hadern, Fluchen und Selbstbemitleiden hatte ich mich wieder im Griff. Diese Zeit geht
auch vorbei, dachte ich. Aber für einen verliebten 20jährigen, war der Ausblick auf 18 Monate Dienst weit weg von der
Liebsten eine echte Horrorvorstellung. Schließlich war es soweit der Tag des Abschieds brach an.
Karin holte mich um 6.00 Uhr morgens ab und wir beide fuhren mit der Straßenbahn zum Bahnhof. Die Leute auf den
Bahnsteigen musterten uns mit komischen Blicken, bis ich
bemerkte, dass Karin noch das Cocktailkleid von unserer
nächtlichen Abschiedsfete trug. Ihr Augen-Make-up war durch
die Tränen etwas verlaufen, was ihr einen Hauch von tragischer Hollywood-Schönheit gab.
Wir beide fühlten uns fast wie Humphrey Bogart und Ingrid
Bergmann in „Casablanca“ – also war uns auch völlig egal,
was die Leute um uns herum dachten. Bis der Zug einlief hielte wir uns eng umschlungen.
Zum ersten Mal spürte ich, dass es unsichtbare Bande zwischen Menschen gibt, die weit über das rational Erklärbare
hinaus gehen. Heute weiß ich, dass es nicht nur der Anfang
unserer großen Liebe war, sondern gleichzeitig der Schritt in
ein neues Leben.
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Ich erkannte zum ersten mal dass es Bande gibt, die zwei
Menschen wie Teile eines Ganzen miteinander verbindet. Mit
dieser Erfahrung hatte ich ohne es zu ahnen, den ersten gedanklichen Schritt in unsere Zukunft als Partnervermittler getan – hätte mir das damals jemand prophezeit, ich hätte ihn
wahrscheinlich ausgelacht.
Überwältigt von den Eindrücken des Abschieds stieg ich
schließlich in den Zug ein und versuchte so lange es ging,
meine verloren auf dem Bahnsteig stehende Karin im Blick zu
behalten. Als sie außer Sicht war, ließ ich mich auf den Sitz
fallen und brütete dort in finsterer Stimmung vor mich hin.
Schon 2 Stunden rumpelte ich mit dem Zug nach Norden, als
mir schließlich der Schaffner erklärte, dass ich im falschen
Zug sei. „Es geht eben heute alles schief,“ dachte ich, „und
hoffentlich hat Karins Vater ihren frühmorgendlichen Ausflug
nicht bemerkt.“
Später erzählte Karin mir dann ihren Teil der Geschichte: Als
sie vom Bahnhof zurück kehrte, hatte für ihren Vater die Arbeitszeit schon begonnen. Der selbständige Bauunternehmer
hatte sein Firmengelände gleich neben dem Wohngebäude.
Entsprechend musste Karin bei ihrer Rückkehr den Bauhof
überqueren. Hier wurde sie vom ersten Vorarbeiter ihres Vaters gleich abgefangen
„Der Alte“ habe eine Laune wie ein angeschossener Bär und
sei mit einem „Na, die kann gleich was erleben!“ in seinem
Büro verschwunden. „Also habe ich meinen ganzen Mut zusammen genommen und ging ins Büro meines Vaters,“ berichtete Karin. Als sie die Tür geöffnet hatte, war ihr Vater,
Edmund, sogleich aufgestanden und hatte sich in einer Pose
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väterlich-gerechten Zornes vor ihr aufgebaut.
Er war Offizier im letzten Weltkrieg gewesen. Ein 1,90 m großer, breitschultriger und schwergewichtiger Mann, der es gewohnt war sich durchzusetzen.
Aber seine Tochter hatte den familieneigenen starken Willen
geerbt. Also baute sie ihre schlanke 170 cm Körpergröße auf
der anderen Seite des Schreibtisches trotzig auf und brach die
drohende Stille mit einer Kampfansage:
„Da kannst Du machen, was Du willst, den lieb ich, den will
ich und den krieg ich auch!“
Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand so
schnell sie gekommen war. Edmund war starr vor Staunen so
etwas kannte er gar nicht von seiner Tochter. Und jetzt hatte
er auch noch die Gelegenheit verpasst, ihr die Leviten zu lesen.
Am Abend allerdings kam die Stunde der Abrechnung: Ebenso
kurz wie unmissverständlich verkündete Karins Vater: „Wenn
Du diesen Manni nicht aufgibst, kannst Du auf der Stelle mein
Haus verlassen.“ Wortlos und mit den Tränen kämpfend legte
meine spätere Frau das Abendbrotbesteck neben den Teller,
stand auf und verließ die elterliche Küche und machte „Nägel mit Köpfen“.
Einer meiner Freunde, der als Taxifahrer arbeitete, rief mich
in Norddeutschland an und erzählte mir noch am gleichen
Abend, er habe Karin zu meiner Mutter gefahren.
Es sei schon ein komischer Anblick gewesen, wie sie mit Tränen in den Augen und ihrem Lieblingsteddy im Arm in seinen
Wagen stieg.
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Aufgeregt versuchte ich daraufhin meine Mutter telefonisch
zu erreichen, aber es klappte nicht. Nachdem ich eine durchwachte Nacht hinter mir hatte und in Gedanken alle möglichen Variationen, was wohl passiert sein konnte, zigmal durchgespielt hatte, stand plötzlich der Offizier vom Dienst vor
meiner Tür und sagte: „Telefon für Sie“.
Mit weichen Knien schlich ich hinter ihm her. Als ich den
Telefonhörer in die Hand nahm, spürte ich, wie mein Mund
trocken wurde. Ich bekam nur ein gequältes „Ja, bitte“ heraus.
Aber statt meiner Mutter hörte ich am anderen Ende Karin
putzmunter und heiter fragen: „Rate mal, wo ich bin?“ „Keine Ahnung...,“ krächzte ich. „Na ja, bei Deiner Mutter zuhause und ich habe sogar in Deinem Bett geschlafen,“ sagte
sie triumphierend.
Mir fiel ein Stein vom Herzen – aber warum hatte ich die
beiden dann am Vorabend nicht erreichen können? Auf diese
Frage hin erzählte sie mir, dass Hanno, der Taxifahrer, der
mich in der Kaserne angerufen hatte, sie zu meiner Mutter
gefahren habe.
Als Karin bemerkte, dass diese aber nicht zuhause war, sei er
aber bereits weg gewesen. „Ich hab mich dann mit meinem
Teddy auf die Treppe gesetzt und 4 Stunden gewartet. Dann
kam „Anna“ (meine Mutter) von einer Geburtstagsfeier nachhause. Als Karin ihr erklärte, dass ihr Vater sie aus dem Hause gewiesen habe, sagte meine Mutter kurzerhand „Komm
rein, Du musst doch zuerst mal etwas essen.“
„Ich werde es nie vergessen,“ erzählte Karin, „wie sie mich
an die Hand nahm und in der Küche auf die Bank drückte.
Dann hat sie mitten in der Nacht Leber mit Zwiebeln und
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Apfelringen gebraten und wir haben zusammen gegessen.“
Am Morgen hatten die beiden Frauen dann noch einmal ganz
ausführlich über die Situation gesprochen und meine Mutter
hatte Karin angeboten erst einmal bei ihr zu bleiben. Meine
Liebste hatte inzwischen auch meinen Bademantel gekapert
und fühlte sich nach eigener Aussage darin wohl und gut aufgehoben.
So weit, so gut. Aber mir war klar, dass ich mir etwas einfallen lassen musste, um diesen „Kriegszustand“ zu beenden,
denn immerhin war ich noch 10 Monate im Norden und konnte von dort aus wenig unternehmen, auch wenn wir uns fast
jedes Wochenende heimlich irgendwo trafen. Aber was ist
schon ein Wochenende für Verliebte?
Wie so viele Dinge im Leben, regelte sich aber die Krise erst
einmal von selbst: Nach ein paar Tagen rief Edmund bei meiner Mutter an und bat Karin, doch wieder nach Hause zu
kommen. Für den Moment war die Situation gerettet, aber ich
wusste, wie cholerisch Edmunds Charakter war und die Stimmung konnte von einer Minute auf die andere wieder plötzlich umschlagen.
Meine Chance kam am Heiligen Abend. Noch in Uniform,
direkt vom Dienst war ich bis zur Autobahnraststätte Bottrop
getrampt. Der Raststättenpächter ließ mich in weihnachtlich
milder Stimmung sein Telefon benutzen, so dass ich Karin
bitten konnte, mich dort abzuholen. Als sie dort eintraf, verkündete sie mit vorsichtigem Optimismus in der Stimme:
„Mein Vater möchte Dich heute Abend einladen. Was meinst
Du, willst Du kommen?“ Es war ungemütlich kalt und so klopfte ich meine Hände ineinander und hüpfte etwas herum, um
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Zeit zu gewinnen. War es gut, dahin zu gehen?
Nach allem was in den letzten Wochen geschehen war, konnte
sich das Weihnachtsessen durchaus als explosiv erweisen.
Andererseits war es die vorläufig einzige Möglichkeit, einen
„Burgfrieden“ zu schließen. Ich willigte also ein und wir stiegen in den Wagen, den Karin sich von ihrem Vater geliehen
hatte.
Ausnahmsweise war die Fahrt für meinen Geschmack viel zu
kurz und die Schlagzahl meines Herzens hatte sich locker verdoppelt, als ich nur eine knappe halbe Stunde später die weihnachtlich geschmückten Räume von Edmunds „Burg“ betrat.
Der Weihnachtsbaum leuchtete mit den überall aufgestellten
Kerzen um die Wette und ein wohlriechender Duft von Lammkeule zog in meine Nase. Es war wirklich alles anheimelnd
und friedlich. Plötzlich bemerkte ich, dass ich ganz allein im
Raum war.
Karin, die mich hereingeführt und auch ihre sympathische
Mutter, die mich herzlich begrüßt hatte, waren verschwunden.
Sie hatten mich meinem Schicksal überlassen. Während ich
noch überlegte, wie ich mich am besten verhalten sollte, erzitterte der Boden unter meinen Füßen. Oder war ich das?
Edmund nahte und er war kaum zu überhören. Sein Kampfgewicht brachte den Boden zum Schwingen. Dann ging die
Tür auf, ich stand kerzengerade. Hätten meine Ausbilder mich
sehen können, sie hätten ihre helle Freude an mir gehabt. Ich
blieb stehen und setzte mein schönstes Weihnachtslächeln auf.
„Die Uniform steht Dir gut“ bemerkte Edmund, der ehemali70
ger Wehrmachts-Offizier und Russland-Veteran, anerkennend.
Er ging um mich herum, klopfte mir auf die Schulter und sagte noch einmal: „Gut siehst Du aus. Eine Zigarre?“ Zigarren
waren zwar nicht mein Ding, aber in solch einer Situation
lehnt man einfach nichts ab. „Ja, gerne“ sagte ich und er gab
mir Feuer.
Tapfer würgte ich gegen die Tränen an und durch die dichten
Rauchschwaden erblickte ich plötzlich schemenhaft Karin und
ihre Mutter. Nein, das war keine Halluzination, die Damen
waren aufs „ Schlachtfeld“ zurückgekehrt. Leise erklang weihnachtliche Musik. Edmund sang den Bariton und ich versuchte
die 2. Stimme zu singen.
Und ganz unvermittelt wurde es richtig festlich und die weihnachtliche Atmosphäre stimmte jeden von uns versöhnlich.
Für Karin und mich war dies einer der schönsten Weihnachtstage.
Und da Edmund niemals über Vergangenes diskutierte, war
am Ende dieses schönen Abends klar: Ich war in die Familie
aufgenommen.
Die Braut, die sich nicht traut...
Ich unterbrach meine nostalgischer Erinnerungen und wir fuhren weiter nach Meran. Dort fragten wir uns zum Gut unseres
Klienten Gino durch. Der Eingang erwies sich als großes
Doppeltor mit einer eingearbeiteten Tür und einem klassischen
Bronzelöwen als Türklopfer. Diesen nutzten wir dann auch
und eine gut aussehende Frau Ende 50 öffnete. Ganz unübersehbar wiesen ihre Gesichtszüge sie als Mutter von Gino aus.
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Ich stellte uns vor und sagte: „Wir sind gute Freunde von Gino,
machen gerade eine Rundreise und bei der Gelegenheit wollten wir ihn kurz besuchen und überraschen.“ In der charmanten Mundart der Südtiroler erwiderte sie:
„Oh, leider ist Gino noch nicht zurück. Ich erwarte ihn so
gegen 19.00 Uhr. Kommen Sie doch herein und machen Sie
es sich gemütlich. Wir können ja ein bisschen plaudern bis
mein Sohn zurück ist.“ Genau das wollte ich lieber nicht.
Schließlich wusste ich nicht, was Gino zuhause erzählt hatte
und drei Stunden sind eine lange Zeit – da wird so einiges
gesprochen. Die gute Frau hatte allem Anschein nach das Herz
auf dem rechten Fleck, also würde sie auch viele Fragen stellen. Das könnte einen Familienstreit herauf beschwören, falls
sie nichts von der Verlobung ihres Sohnes mit einer Russin
wusste.
Nein, das wollte ich nicht riskieren. Ich erklärte ihr daher,
dass wir uns erst einmal um ein Hotelzimmer für die Nacht
kümmern wollten und am Abend noch einmal vorsprechen
würden. Bei der anschließenden Hotelsuche verließ uns das
Glück:
In dem kleinen Ort, in dem Gino wohnte, waren alle Hotels
restlos ausgebucht. Wir entschlossen uns deshalb, ihm nur kurz
die Papiere vorbeizubringen und noch in der gleichen Nacht
weiter zu fahren.
Also fuhren wir wieder hinaus zum Hof der Familie. Kaum
hatte uns Ginos Mutter erneut die Tür geöffnet und uns herein
gebeten, da kam auch der ungeduldig erwartete Sohn herein.
Die Dame des Hauses rief ihm entgegen: „Gino, eine Überraschung, Deine Freunde aus Deutschland sind da.“ Als der
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Angesprochene mich sah lächelte er gequält und ich konnte in
seinen Augen die pure Verzweiflung blinken sehen.
Schnell trat ich auf ihn zu und umarmte ihn mit großem
Gewedel und Schulterklopfen, um seine Erstarrung zu überspielen. „Na siehst Du, wir haben es tatsächlich geschafft,
Dich zu überrumpeln. Aber keine Panik, wir können leider
nicht bleiben, da wir kein Zimmer mehr im Ort gefunden haben.“ Wenn ich gedacht hatte, ihm damit einen eleganten Ausweg aus der Zwangslage gezeigt zu haben, so wurde ich innerhalb von Sekunden eines Besseren belehrt.
„Kein Problem!“ schaltete sich Ginos Mutter ein. „Natürlich
sind Sie unsere Gäste und nach dem Abendessen freuen wir
uns schon auf eine nette Unterhaltung, gell Gino? Zeig Deinen Freunden doch schon mal das Gästezimmer.“
Ginos Gesichtsausdruck veränderte sich von „verzweifelt“ zu
„heller Panik“. Mir war sofort klar, er hatte hier noch absolut
gar nichts über seine Heiratspläne erzählt und fürchtete jetzt,
dass alles auffliegen würde. „O.k.“ sagte ich munter und zog
ihn zur Seite. „Dann zeig uns mal den Weg – ich würde mich
gern nach der langen Fahrt ein bisschen erfrischen, wenn es
möglich ist.
Geh einfach vor, wir folgen Dir unauffällig.“ Wie ferngesteuert tappte der arme Mann vor uns her. Als wir das Gästezimmer
erreicht hatten, lehnte er sich erschöpft gegen die Wand und
sagte resigniert: „Meine Mutter weiß von allem noch nichts.
Ich wollte erst sicher gehen, bevor ich ihr alles erzähle.“
„Kein Sorge,“ beruhigte ich ihn. „Wir wollten Sie auch auf
gar keinen Fall in so eine Klemme bringen – es ergab sich nur
so günstig. Wir werden einfach über allgemeine Themen re73
den und morgen früh nach dem Frühstück sind wir eh verschwunden.“ Gino entspannte sich sichtbar und ich nickte ihm
aufmunternd zu. Es wurde auch tatsächlich ein schöner Abend.
Nur hin und wieder sah ich, wie Gino einen sorgenvollen Blick
gen Himmel sandte – wahrscheinlich betete er darum, dass
seine Mutter früh müde werden würde. Aber diese fand Karin
und mich ganz offensichtlich sympathisch und freute sich über
die unerwartete Abwechslung. Sie hatte Vertrauen zu uns gefasst und erzählte, dass seit dem Tod ihres Mannes alles nicht
so einfach für sie sei.
Gino und sie würden sich zwar sehr bemühen, mit Gastarbeitern das Gut zu bearbeiten, aber dennoch wachse ihr die Arbeit langsam über den Kopf – die Jüngste sei sie schließlich
auch nicht mehr. Und Gino, inzwischen Mitte 30, habe so
noch nicht einmal genügend Zeit, sich nach einer Frau umzusehen.
Dabei brauchte das Gut dringend eine resolute Chefin, die
Gino auch zur Hand gehen würde und überhaupt möchte sie
doch auch so gerne Enkelkinder haben, die später das Gut
übernehmen könnten. Schließlich sei es schon mehrere Generationen in Familienbesitz.
Ich schaute sie lächelnd an und sagte: „Ich bin ganz sicher,
dass bald Ihre Wünsche in Erfüllung gehen werden.“ „Meinen Sie wirklich?“ sagte sie. „Natürlich, wer sich etwas so
innig herbeisehnt, dem wird ganz gewiss auch sein Wunsch
erfüllt werden. Da bin ich ganz sicher.“
Ich war mir tatsächlich ganz sicher, denn Gino hatte nicht nur
ein gutes Herz und einen guten Charakter, sondern sah auch
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aus wie ein italienischer Filmstar, mit seinem von dunklen
Locken umrahmten Gesicht.
An diesem Abend lernten wir auch Ginos Großvater kennen,
der ebenfalls auf dem Gut wohnte. Der über 80jährige war fit
wie ein Turnschuh. Seine Agilität und die Energie, die er versprühte, waren beeindruckend. Zum Abschluss des Abends
bestand er noch darauf, uns auf der Zither vorzuspielen. Einfach toll, er hatte unseren vollen Respekt.
Um nicht doch noch in einen Fettnapf zu treten, beschlossen
wir am nächsten Morgen gleich nach dem Frühstück abzureisen. Als wir uns verabschiedeten, umarmte uns Ginos Mutter
und meinte, dass sie schon lange nicht mehr einen so schönen
Abend verlebt habe und sie freue sich auf ein Wiedersehen.
„Das kann schon bald möglich sein“, orakelte ich, „wenn gewisse Dinge so laufen, wie ich mir das vorstelle.“ Als wir in
den Wagen stiegen, atmete Gino sichtbar auf.
Nur zwei Wochen nach unserem Besuch auf Ginos Gut waren
alle Weichen gestellt und Elenas Papiere komplett. Gino unterrichtete seine Familie, dass er Elena während seines Urlaubs in Moskau kennen gelernt und sich verliebt habe und
natürlich, dass sie nun nach Italien kommen würde. Elena kam,
sah und siegte.
Alle mochten sie sofort und sie wurde von der Familie herzlich aufgenommen. Gino, der uns fast jeden Tag angerufen
hatte, um über den Fortgang seiner Beziehung zu Elena zu
berichten, war glücklich und zufrieden. Er versprach, uns zur
Hochzeit zu benachrichtigen.
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Einige Wochen später, klingelte das Telefon. Karin nahm ab
und rief mir zu, Gino sei am Apparat. Sicher will er uns jetzt
den Hochzeitstermin durchgeben, dachte ich noch, als sie mir
den Hörer reichte.
Aber Gino weinte und ich konnte seine Worte kaum verstehen. Nach einer Weile gelang es mir ihn zu beruhigen und ich
erfuhr, dass Elena ihm – ebenfalls unter Tränen – mitgeteilt
habe, dass sie ihn nicht heiraten könne.
Sie könne sich ein Leben dort in Südtirol einfach nicht vorstellen. Die Berge, die fremden Menschen, das Landleben ...
sie habe es immer wieder probiert, aber ihr Gefühl ließe es
einfach nicht zu. Und das Ganze ein paar Tage vor der Hochzeit. Die Gäste waren eingeladen, das Brautkleid war fertig.
Was sollte nun werden?
Ich versprach, mit Elena zu sprechen und rief sie auch umgehend an. Aber sie war nicht umzustimmen. Was nicht von
Herzen zusammengehört, hat auf Dauer keine Zukunft. Das
sind meine Erfahrungen und das hat wohl auch Elena erkannt.
Elena flog wieder zurück nach Moskau.
Gino war untröstlich und auch seine Mutter trauerte der sympathischen Fast-Schwiegertochter nach. Aber, so leid es mir
tut, manche Geschichten haben eben kein Happy End.
Ich versicherte Gino also erst einmal mein ehrliches Mitgefühl und in einem spontanen Impuls sagte ich „Damit ist ja
noch nicht das letzte Wort gesprochen. Finde erst einmal Dein
inneres Gleichgewicht wieder, ich melde mich in ein paar
Wochen und dann sieht die Welt schon ganz anders aus.“
Rund 2 Monate später fiel mir beim Aufräumen auf meinem
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Schreibtisch ein Schriftstück in die Hände, das noch in Ginos
Akte eingeheftet werden musste. Ich zog mir den Aktendeckel aus der Ablage und als ich die Klammer aufbog, um das
letzte Blatt hinein zu legen, sprang mir die Telefonnummer
geradezu entgegen. „Was muss, dass muss,“ dachte ich mir
und rief sofort an.
Gino hatte seine Gedanken und Gefühle inzwischen wieder
im Griff und war gerne bereit, einen neuen Versuch zu wagen.
Inzwischen war ihm klar geworden, dass manche Menschen
ihr Leben lang auf der Suche nach dem richtigen Lebenspartner
bleiben. Warum also sollte er gleich nach dem ersten Versuch
aufgeben?
Die Erkenntnis hat sich gelohnt: Gino ist heute glücklich mit
Natascha verheiratet. Erneut hatte sein Herz ihn nach Moskau
gezogen – die Stärke und die faszinierende Schönheit der russischen Frauen lies ihn einfach nicht los.
Beim 2. Mal hat es dann auch auf beiden Seiten so richtig
gefunkt und zwischen dem einsamen Südtiroler Bergbauern
und seiner russischen Traumfrau entbrannte die große Liebe.
Wenn er heute zurückdenkt, so ist er doch sehr froh, dass Elena
gerade noch rechtzeitig erkannt hatte, dass sie nicht zu ihm
gehört.
Sein italienisches Temperament hatte ihn wohl blind gemacht.
Aber eben dieses italienische Temperament hatte ihm dann
doch noch seine große Liebe gebracht. Und zwar unübersehbar: Per Post erreichte uns ein ganzer Bildband von der Hochzeit auf dem Standesamt und in der Kirche. Mit herzlichen
Grüßen von Natascha und Gino.
77
Hintergrund:
Es mag auf den ersten Blick seltsam anmuten, ist aber für uns
absolut nicht ungewöhnlich, dass Männer ihren Bekannten
und Verwandten erst einmal nichts von ihrer Partnersuche über
eine Agentur erzählen. Viele haben Angst vor spöttischen
Bemerkungen und „Miesmacherei“ – oft nicht einmal zu unrecht.
Noch immer gilt die organisierte Partnersuche für viele als
„letzter Ausweg für hoffnungslose Fälle“. Ich persönlich halte das für ein recht unfaires Vorurteil, da ich in den vielen
Jahren nur selten einen hoffnungslosen Fall hatte. Viel häufiger sind es gerade die Verantwortungsvollen und Romantischen, die durch Arbeit, Umfeld und Alltag keine Chance haben, „die Richtige“ kennen zu lernen.
Und meist haben sich Freunde, Bekannte und Verwandte so
daran gewöhnt, jemanden als Single zu betrachten, dass
durchaus eine Menge unbedachter Worte fallen können, wenn
derjenige sich aktiv auf die Suche nach einer Lebensgefährtin
macht – obendrein einer ausländischen, womöglich exotischen
Schönheit.
Wir behandeln deshalb jede unserer Vermittlungen mit entsprechender Diskretion, empfehlen aber unseren Klienten
jeweils zu einem passenden Zeitpunkt zumindest die Familie
von den eigenen Plänen zu unterrichten.
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Der Spagat zwischen Liebe und Karriere
Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, auf einem Platz im Herzen einer deutschen Großstadt zu sitzen und für einige Augenblicke die Menschen bewusst zu betrachten, die an einem
vorüber gehen: Lachende, freundliche und glückliche Gesichter
sind in der Regel mehr als selten zu sehen.
Im Gegenteil, hektisch gehen die Menschen vorbei, frustriert
und manchmal sorgenvoll empfinde ich die Gesichter. „Warum?“ frage ich mich. Wir leben in einem der reichsten Länder
der Erde, wo fast alles für Geld zu haben ist. Trotzdem sehen
die meisten Leute nicht glücklich aus. Was fehlt ihnen denn?
Haben wir nicht von Eltern und Lehrern etc. gehört, dass „nur
der Fleißige es schaffen wird“? Und tut man nicht alles dafür:
Gelernt, studiert, Abendschulen, Seminare belegt und keine
Zeit für andere Dinge genommen?
Nun sitzen wir da in unserer gut geschnittenen Eigentumswohnung oder sogar in einem schönen Haus mit Garten. Vor
der Tür parkt ein standesgemäßes Auto und im Job stehen wir
tagtäglich mit Erfolg unseren „Mann“.
Nun fehlt zum Glück eigentlich nur noch der richtige Lebenspartner, mit dem man durch dick und dünn gehen und alles
genießen kann. Denn selbst im Paradies ist man alleine auch
nicht glücklich.
Und weil das so ist, schließen wir Partnerschaften mit „Gleichgesinnten“. Wir suchen einen Menschen, der wie wir selbst
Karriere und gesellschaftlichen Status erreichen will. Gemeinsam strampeln wir uns ab, um uns 3mal im Jahr Urlaub an den
„In-Plätzen“ zu leisten und um stets das neueste Handy, die
angesagteste Designermode und was auch immer gerade wich79
tig erscheint zu erwerben. Um in unserer Leistungsgesellschaft
mitzu- halten, blenden wir jedes Bedürfnis nach Familie,
Wärme und Sanftheit aus.
Wer sich solche Dinge wünscht, wird kurzerhand als Spießer
oder Weichei abgestempelt. Trotz aller Diskussionen zur besten Sendezeit im Fernsehen gilt es noch immer als persönliche Schwäche, sich nach Liebe und einer intakten, liebevollen Familie zu sehnen.
Frauen, die sich von ganzem Herzen für die Familie entscheiden, werden ebenso als „Heimchen“ verspottet wie Männer,
die sich ein traditionelles Heim wünschen als „reaktionäre
Chauvis“ verunglimpft werden.
Also passt man sich an und spielt weiterhin mit im Konzert
der kinderlosen Doppelverdiener. So lange, bis einem der Partner „der Kragen platzt“ oder die Gefühle einfach nicht mehr
mitspielen wollen. Die Emotionen fahren Achterbahn und man
kann nicht mehr miteinander umgehen. Selbst der Coolste und
Rationalste fühlt sich im kalten Licht deutscher Gesellschaftswirklichkeit irgendwann ausgebrannt und leer.
Aber wie kommt man nun heraus aus diesem Dilemma?
Rückwärtsgewandte Forderungen namhafter Moderatorinnen
ließen vor einiger Zeit den „Blätterwald“ rauschen. Teils Zustimmung, teils Empörung klang heraus. Aber wäre es denn
wirklich das „Paradies“ für alle, wenn sich die „Frauen zurück zu Herd und Familie“ entwickeln würden?
Wohl kaum. Damit würde man auch dem gar nicht so geringen Prozentsatz der wunderbaren, kreativen Mütter und Väter
in Deutschland Unrecht tun, die mit viel Liebe und Mut Beruf, Partnerschaft und Kinder unter einen Hut bekommen.
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Was unserer deutschen Gesellschaft viel mehr fehlt – das
empfinde ich sehr schmerzhaft, wenn ich die Atmosphäre deutscher Großstädte vergleiche mit den Ländern, die ich in meinem Leben bereist habe – ist die Leichtigkeit. Die Bereitschaft
Emotionen zu leben und anzunehmen. Liebe, Gefühl und Partnerschaft auszuleben und dafür Kompromisse einzugehen.
Denn „Familie“ bildet sich nicht auf Kommando durch die
Beantragung von „Elterngeld“. Familie wächst aus dem Herzen nicht aus dem Konto.
Wer seine Gedanken ausschließlich darauf fixiert, was der
Chef, die Kollegen, die Clubkameraden denken, in dessen Herz
und Hirn ist wenig Raum für Liebe und Familie.
Und damit auch wenig Raum für Freude. Daran krankt unsere
Gesellschaft meiner bescheidenen Meinung nach viel mehr
als an „Kindern als Armutsrisiko“.
In meiner 60 jährigen Laufbahn als Mensch, Familienvater
und Partnervermittler, dominieren in Haltbarkeit, Länge und
harmonischer Zweisamkeit die Verbindungen, die als Basis
Liebe und Gefühl aufweisen können. Vor dem Hintergrund
dieser Überlegung hoffe ich inständig, dass das Gefühl sich
auf die Dauer gegenüber der Ratio durchsetzen wird.
Denn sollte dies nicht gelingen, so werden weiterhin viele
Menschen in Deutschland trotz Geld und Einfluss einfach ein
unglückliches Leben führen. Kostbare Tage, Monate und Jahre von der Guthabenseite ihres Lebens wären somit unwiderruflich verloren. Und das wäre doch sehr schade.
Ja, natürlich gilt es immer, den Spagat zwischen Liebe und
Karriere zu bewältigen. Aber ich bitte Sie ganz persönlich:
Lassen Sie sich nicht zum Aufgeben in Lieblosigkeit zwin81
gen. Schließen Sie mit dem Partner ihres Lebens einen Pakt:
Die Liebe geht vor.
Auch wenn dafür mal der eine, mal die andere einen Kompromiss schließen muss.
Nichts auf der Welt ist wertvoller als geliebt zu werden und
das Bewusstsein dieses Stück vom Glück, mit dem Anderen
zu teilen. Denn das Leben ist viel zu einzigartig und einmalig,
um es nicht mit beiden Händen beim Schopf zu packen und
zu genießen.
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Vom Mönch zum liebenden Familienvater
Hubertus war in den besten Jahren, so gegen Ende 30, gelernter Koch, gut aussehend und mit optimistischer Lebenseinstellung. Als er sich einen Gesprächstermin bei uns geben ließ,
sprach er davon, sich erst einmal nur informieren zu wollen.
Wir saßen uns bei einer Tasse Kaffee gegenüber und Hubertus
wurde auf einmal verlegen, als wir beim üblichen Gespräch
(dieses soll beiden Seiten die Möglichkeit geben, sich ein Bild
vom Gesprächspartner zu machen) über seinen Beruf als Koch
sprachen.
Er war nämlich Koch in einem Kloster – „ Bruder Hubertus“
also versicherte mir, dass keiner der anderen Brüder davon
wusste, dass er heute in Nümbrecht weile, geschweige denn
bei einer Ehevermittlung.
Dann brach es auf einmal aus ihm heraus, dass er schon seit
einigen Jahren mit sich kämpfe, seinen Orden zu verlassen,
aber er habe ja ein Gelübde abgelegt und sei Zeit seines Lebens an den Orden gebunden und auch Gott verpflichtet.
Er wünschte sich aber doch so sehr eine Familie und glaubte,
dass das Gelübde, welches er vor 14 Jahren abgelegt hatte,
für ihn nicht mehr bindend sei. Denn er erkannte plötzlich,
dass dieses Leben ihm nicht die Erfüllung brachte, die er sich
erhofft hatte. Und im wahrsten Sinne des Wortes bat er mich
„händeringend“, ihm zu helfen.
Nachdem wir nun einige Zeit miteinander geplaudert hatte,
war klar, dass er tatsächlich richtig gelitten und aus Angst
sich während der letzten Jahren immer wieder verstellt hatte.
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Kein Zweifel unser „Bruder Hubertus“ stand unter einem enormen seelischen Druck.
Im weiteren Verlauf unseres Gespräches wurde deutlich, dass
er sich wirklich von ganzem Herzen nach einer Familie sehnte. „Wir werden das durchziehen“ sagte ich und versprach ihm
zu helfen.
Dieses war natürlich nicht so einfach, da unser Bruder nach
den Gesetzen des Ordens natürlich kein Eigentum besitzen
durfte und auch über kein Einkommen verfügte. (30 DM Taschengeld im Monat bekam er für seine Dienste)
Als ich ihm erklärte, dass er damit unsere Grundbedingungen
nicht erfülle, da wir von unseren Klienten erwarten, dass sie
gute Wohnverhältnisse nachweisen können, über einen festen
Arbeitsplatz und ein geregeltes Einkommen verfügen, lächelte Hubertus und sagte:
„Ich habe die ganzen Jahre gebetet, dass der Herr mir doch
ein Zeichen geben soll, ob ich weiter im Orden bleiben soll,
oder ob ich ihm auch anders dienen kann. „Vor einigen Wochen habe er nun den Bescheid erhalten, dass eine Verwandte
verstorben sei und er ein 8-Familienhaus erbe. Bruder Hubertus
hatte lange darüber nachgedacht und kam zu dem Entschluss:
Dies war das Zeichen, auf das er so lange gewartet hatte. Der
Herr in seiner großen Güte ebnete ihm den Weg und gab ihm
die notwendigen Mittel zur Hand. So weit so gut.....................
„Also gut,“ sagte ich, „dann steht ja einem normalen Ablauf
nichts im Wege“ Alles lief wie geplant. Nachdem Hubertus
sich mit mehreren jungen Frauen geschrieben hatte, stand sein
Entschluss fest, seine zukünftige Lebensgefährtin in ihrem
Heimatland zu besuchen. Die Bank gab ihm einen Vorschuss,
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Hubertus nahm seinen Urlaub und flog der Sonne entgegen.
Außerdem musste er sich noch zwischen Ruby und Malou
entscheiden. Das wollte und konnte er nicht aus der Ferne,
erzählte er mir.
Mein Herz wird sich mit Gottes Hilfe, wenn ich der Frau meines Lebens gegenüber stehe, richtig entscheiden. Schon beim
ersten Zusammentreffen entschied sich Hubertus für Malou.
Ach, wie schön könnte das Leben sein, wenn nicht jede Medaille zwei Seiten hätte. Nach dem persönlichen Kennenlernen
und wieder zurück in Deutschland, fieberte Hubertus dem
Zeitpunkt entgegen, wo seine Verlobte nach Deutschland kommen sollte. Sämtliche Vorbereitungen waren schon abgeschlossen, als ich erfuhr, das er seinem „Arbeitgeber“ bis zu diesem
Zeitpunkt noch gar nichts mitgeteilt und auch noch nicht „gekündigt“ hatte.
Ich riet ihm, dieses nun nachzuholen. Er versprach, alles umgehend zu erledigen und sich in 3 Tagen wieder zu melden.
Als ich nach 5 Tagen immer noch nichts von „Bruder Hubertus“
gehört hatte, rief ich im Kloster an, um mit ihm zu sprechen.
Man sagte mir, er sei nicht da und ich möchte es wieder versuchen.
So ging es einige Tage lang. Da war mir klar, dass irgendetwas schiefgelaufen sein musste.
Bei meinem nächsten Anruf teilte ich dem „wachhabenden
Bruder“ daher mit, dass es sehr wichtig sei, und ich persönlich vorbei käme, wenn es nicht gelingen sollte, in den nächsten 2 Tagen mit „Bruder Hubertus“ persönlich zu sprechen.
Wie war die Überraschung groß, als ich am nächsten Tag die
Stimme von Hubertus am Telefon hörte.
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Sie klang gar nicht mehr freudig und optimistisch, sondern
gehetzt und depressiv. In kurzen stockenden Sätzen teilte er
mir mit, dass alles ein Missverständnis wäre und er sich nun
alles anders überlegt hätte. Es täte ihm leid und er wünsche
keinen Kontakt mehr zu uns.
Aus seiner ängstlichen und zitternden Stimme war zu entnehmen, dass er nicht alleine war und nicht frei sprechen konnte.
Ich beruhigte ihn und sagte, dass ich natürlich volles Verständnis für ihn hätte, er aber noch einmal persönlich vorbeikommen müsste, da noch einige Unterschriften in meiner Gegenwart zu leisten wären und zwar kurzfristig, um den weiteren
Ablauf zu stoppen. Es blieb eine zeitlang still am Telefon.
Dann sagte er aber zu, am nächsten Tag zu erscheinen. Mit
Spannung erwartete ich den nächsten Morgen und versuchte,
alle Möglichkeiten, die auf mich zukommen könnten, in Betracht zu ziehen, aber es gab so viele. Deshalb nahm ich mir
vor, locker und offen in unser Gespräch zu gehen.
Hubertus kam und schon bei der Begrüßung bemerkte ich,
dass seine Hände schweißnass waren. Er ging nervös auf und
ab, sein Gesicht war vollkommen verstört. Ich bot ihm einen
Kaffee an und bat ihn, doch Platz zu nehmen.
Nein, er wollte sich nicht setzen, da er keine Zeit habe, nur
schnell die Unterschriften leisten und sofort wieder gehen.
Nachdem ich einige Zeit beruhigend auf ihn eingeredet hatte,
stimmte er mit mir überein, dass seine Braut doch wohl eine
Erklärung verdient habe.
Er nahm Platz und trank seinen Kaffee. Es war schon ein erschütterndes Bild, einen Menschen völlig hilflos, ratlos und
voller Angst vor der Zukunft zu erleben. Er war jetzt wieder
86
ganz „Bruder Hubertus“ und alles Irdische und Reale war weit
von ihm entfernt. Ich schwieg, sah ihn nur ruhig an und ließ
ihn weiter reden, denn ich fühlte, das etwas Entscheidendes
noch fehlte.
Dann wurde er ruhiger und sagte, wie nebenbei, dass die heilige Mutter Kirche ihm klar gemacht habe, dass er durch sein
Gelübde dem Orden bis an sein Lebensende verpflichtet sei
und sie ihn nicht gehen lassen werde. Und die Erbschaft stünde ihr im übrigen sowieso zu. Nun war mir alles klar.
Man hatte ihn so lange bearbeitet und unter Druck gesetzt,
dass er sich wie ein gemeiner Verräter und ausgestoßen fühlte
– welcher natürlich auch aus der Gemeinschaft mit Gott ausgeschlossen sei.
Dieses Gefühl zerstörte sein Leben, weil es für ihn so keinen
Lebenssinn mehr gab.
Gleichzeitig aller materiellen Dinge beraubt, würde er keinen
Anschluss mehr in der anderen Welt finden, denn er stand
ohne Wohnung, Arbeit, Geld, Kleidung, Krankenversicherung
und Altersversorgung da.
Während er körperlich und seelisch zerbrochen schien, musste ich an die Tausenden von Partnersuchenden denken, mit
denen ich schon gesprochen hatte. Jeder von ihnen hatte seine
persönlichen Probleme, Sorgen und Schicksale mitgebracht
und gemeinsam hatten wir selbst aus oft ausweglos scheinenden Situationen immer wieder Lösungen gefunden. Auch hier
gab mir mein inneres Gefühl die Gewissheit, dass alles zu
einem guten Ende kommen wird
Jetzt, da alles gesagt war, kehrte wieder Ruhe und Entspannt87
heit bei Hubertus ein. Nun, da er seinen Druck losgeworden
war, war ich an der Reihe. Während der nächsten 2 Stunden
stellten wir noch einmal viele Dinge gegenüber mit dem Ergebnis, dass Gott ihm einen freien Willen gegeben hat und
kein Mensch das Recht und die Macht besitzt, ihm diesen
abzusprechen.
Nur er ganz allein sei verantwortlich für seine Entscheidungen und seinen künftigen Lebensweg.
Große Erleichterung und Gelöstheit war plötzlich zu verspüren und als ich sagte, dass wir die Abwicklungen, die mit dem
Orden notwendig wären, gemeinsam durchführen würden, war
die alte Freude und Zuversicht auf ein schönes Familienleben
wieder da.
In den darauf folgenden Tagen unternahmen wir die wichtigen Schritte: Sofortiges Verlassen des Klosters, Einquartierung in einer Pension sowie rechtlich Einleitung der Trennung vom Kloster.
In der kurzen Zeit, die noch bis zum Eintreffen seiner Verlobten verblieb, war deutlich zu erkennen, wie sich „Bruder
Hubertus“ in Hubertus verwandelte und seine Freiheit sichtlich genoss, denn er schmiedete bereits viele Zukunftspläne.
Heute ist Hubertus glücklich verheiratet und hat 2 Kinder.
Er lebt in einer Kleinstadt in Süddeutschland, hat ein schönes
Haus mit Garten und geht seinem Beruf als Koch nach, aber
jetzt in „Freiheit“ und unter eigener Regie.
Wie das Schicksal so spielt, sollte mich ca. 2 Jahre später ein
anderes Ereignis an Hubertus erinnern. Helmut B. Ingenieur,
um die 40, beruflich fest im Sattel, mit Eigentum, hatte seine
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Partnerin über uns gefunden und verbrachte einen langen Urlaub mit ihr und ihrer Familie. Der Hochzeitstermin wurde
festgelegt.
Circa drei Wochen vor der Heirat rief er mich an, um mir zu
unterbreiten, dass er leider nicht mehr heiraten könne.
Den Grund für diesen plötzlichen Sinneswandel wollte er mir
nicht mitteilen. Nach längerem Gespräch und der Feststellung,
das es doch eigentlich im Leben nichts gäbe, worüber man
nicht sprechen könne, sagte er mir, ich solle ihn nicht für verrückt halten oder über ihn lachen.
Nachdem ich ihm versicherte, dass ich sicherlich nicht so reagieren würde, erzählte er mir, dass er in letzter Zeit immer
wieder eine Vision habe, worin ihm gesagt würde, nicht zu
heiraten. Sein Weg sei bestimmt, Gott zu dienen und seinem
jetzigen Leben zu entsagen. Ich glaubte, meinen Ohren nicht
zu trauen, aber es gelang mir auch nicht, ihn von diesem Weg
abzuhalten.
Wie ich später erfahren habe, ist er wirklich in einen Orden
eingetreten. Vielleicht hatte Gott hier einen Ausgleich vorgenommen und Helmut hat heute als „Bruder Helmut“ seine
Bestimmung gefunden.
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Hochzeit „just in time“
Es war ein schöner Frühlingsmorgen im Mai, als Michael
pünktlich um 9.00 Uhr unser Büro betrat. Er wirkte etwas
übernächtigt, das war nach einem 14-Stundenflug von
Kalifornien hierher ja auch nicht weiter verwunderlich.
Seine Augen aber strahlten und seiner Stimme war die Aufregung deutlich anzuhören, als er fragte: „Ist sie schon da?“
„Noch nicht“ sagte ich, „wir erwarten Lucilla in ziemlich genau
einer halben Stunde.“
Lucilla, seine anmutige Verlobte, war von der anderen Seite
der Welt auf dem Weg zu ihm. Ihr Flieger brachte sie aus der
Richtung der aufgehenden Sonne, nämlich Süd-Ost-Asien zu
ihrem Liebsten, der nun ganz unruhig vor Erwartung vor mir
hin und her lief. Wenn alles nach Plan lief, dann sollte um
Punkt 11.00 Uhr die standesamtliche Trauung erfolgen.
Wir hatten uns in den letzten beiden Monaten sehr darum bemüht, sämtliche notwendigen Heiratsdokumente der Verlobten zusammen zu tragen und beglaubigen zu lassen, damit die
Verheirateten noch am selben Tag gemeinsam und glücklich
getraut in den Flieger nach LA steigen könnten.
Das Timing und die Logistik hatten uns einige Gedanken und
Schweißperlen gekostet. Meine Frau hatte letztlich gewitzelt,
so müssten sich die Zulieferer von Automobilherstellern bei
der „just-in-time-Produktion“ fühlen.
Es war gar nicht so einfach gewesen, überhaupt ein Standesamt zu finden, das bereit war das Aufgebot ohne die persönliche Anwesenheit der Brautleute entgegen zu nehmen.
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Da Michael deutscher Staatsbürger war, aber bei der kalifornischen Niederlassung eines deutschen Großunternehmens
arbeitete und Lucilla, die Philippinin war, einen Wohnsitz in
Deutschland nachweisen musste, meldeten wir sie kurz
entschlossen bei uns an.
Auf diese Weise konnten wir noch ein bürokratisches Hindernis glücklich aus dem Weg räumen. Bis jetzt hatte also alles
reibungslos geklappt. „Wir sind in good time“, beruhigte ich
meinen Gast. Um meine eigene Nervosität los zu werden, prüfte ich zum dritten mal an diesem Morgen, ob der Champagner
auch wirklich kaltgestellt war.
Der Terminplan war höllisch eng gesteckt. Es musste alles
schnell und präzise ablaufen. Für Fehler und Verspätungen
war da kein Spielraum, denn nach Plan mussten die beiden
um spätestens 13.00 Uhr die Fahrt zum Airport Frankfurt antreten. Trotzdem wollten wir auf eine kleine Feier auf dem
Standesamt nicht verzichten. Es war schließlich kurz nach
10.00 Uhr als Lucilla eintraf.
Auch sie wirkte übernächtigt. Sie sagte, dass sie im Flieger
kein Auge zu- machen konnte. Sie habe immer nur an Michael
gedacht und ob auch alles klappen würde.
Und wie viel Angst sie gehabt hätte, dass er vielleicht doch
nicht rechtzeitig da sein würde.
Aber nun sei sie so glücklich, ihn zu sehen. Michael strahlte
mit einem Lächeln, das fast bis zu seinen Ohrläppchen reichte.
„Karin, ich glaube, wir schauen noch einmal nach dem Champagner...“, sage ich und schob meine Frau mit einem unauf91
fälligen Augenzwinkern zur Tür. Denn die beiden Verlobten,
die sich seit ihrem letzten Treffen vor Wochen in Manila nicht
mehr gesehen hatten, lagen sich in den Armen.
Also sollten sie vor der schon vorprogrammierten Hektik der
nächsten Stunden wenigstens ein paar ruhige Minuten haben.
Wenig später klopfte ich an meine eigene Bürotür, öffnete sie
einen Spalt weit und streckte den Kopf hinein. „In ein paar
Stunden habt Ihr Euch ganz und für immer. Mit sichtlichem
Bedauern lösten sich die Verliebten voneinander.
„Na los, Ihr Lieben. Die Zeit drängt, und der Standesbeamte
wartet“. „Auf geht’s, schnell noch frisch machen, umziehen
und dann nichts wie weg hier zur Eheschließung.“, rief ich
den beiden zu und scheuchte dabei Lucilla in Richtung meiner Frau, die ihr beim Ankleiden helfen sollte.
Während die Damen sich der Verschönerung ihres Äußeren
widmeten, checkte ich mit dem Bräutigam noch einmal alle
Papiere. Tatsächlich, uns war kein Detail entgangen, alles war
perfekt.
Und perfekt war auch die Braut, die nach – für uns wartende
Männer schier endlosen – 20 Minuten auf uns zu kam.
Sie sah wirklich wunderschön aus, in ihrem pinkfarbenen
Kostüm, mit aufgesteckten Haaren und einem zarten Schleier
am keck auf der Frisur thronenden Käppchen. Michael stand
wie erstarrt neben unserem Wagen und blickte gebannt auf
seine Zukünftige.
Aber die Uhr rannte. Also öffnete ich die Autotüren und klopfte
Michael demonstrativ auf die Schulter. Die Brautleute nach
hinten, meine Frau auf den Beifahrersitz, ich selbst chauffierte die kleine Hochzeitsgesellschaft.
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Pünktlich um 11.00 Uhr fuhren wir dann im prächtig mit Blumen geschmückten Wagen beim Standesamt vor.
Als wir das Trauzimmer betraten, pendelte sich mein Blutdruck langsam auf „normal“ ein. Der Standesbeamte prüfte
die Dokumente mit auf die Nasenspitze geschobener Lesebrille.
Meine Frau drückte mir aufmunternd die Hand – dabei waren
wir doch längst verheiratet. Aber es ist doch immer wieder
ein erhebendes Gefühl dabei zu sein, wenn sich Liebende das
Ja-Wort geben.
Es gab keine Beanstandungen und die Trauung konnte beginnen. Der Standesbeamte stand auf und bedeutete auch Michael
und Lucilla sich zu erheben. Feierlich aber schlicht, nahm die
Zeremonie ihren Lauf. Nun dauerte es nicht mal mehr 30 Minuten, dann waren die Urkunden unterschrieben und wir hatten als Trauzeugen unsere Aufgabe erfüllt.
Schnell zauberten wir die Gläser und den Champagner auf
den Tisch des Trauzimmers, schenkten ein, umarmten uns alle
gegenseitig, beglückwünschten das frisch gebackene Ehepaar
und gaben ihnen unsere besten Wünsche mit auf den Weg in
ihre neue Zukunft.
Mit dem Leeren des Champagners und dem Schießen schöner
Erinnerungsfotos verbrachten wir die nächste halbe Stunde
und schließlich verabschiedeten wir Lucilla und Michael, die
sich per Taxi auf den Weg zum Airport machten. Ein bisschen
wehmütig blickten wir den beiden nach, bis der Wagen außer
Sicht war.
93
Meine Frau hakte sich bei mir unter, drückte meine Hand und
meinte leise: „Weißt Du noch. Damals, unsere eigene Hochzeit ...“ Ich nickte stumm und wir gingen langsam, Arm in
Arm zu unserem Auto.
94
Ich liebe einen Deutschen - Karibik
Nach der ersten Ausgabe dieses Buches haben mich viele Leute
gefragt, warum wir keine „Gegendarstellungen“ der Frauen
aus den Partnerländern abgedruckt hätten. Ich hatte mich im
ersten Anlauf dagegen entschieden. Einfach deshalb, weil ich
befürchtete, dass meine Leser denken würden „Das ist doch
alles nur extra für das Buch geschrieben“.
Vor einigen Wochen hatten wir wieder einmal ein sehr nachdenkliches Gespräch mit einer unserer erfolgreich vermittelten Damen aus der Dominikanischen Republik. Gracia (der
Name ist selbstverständlich zum Schutz ihrer Privatsphäre
geändert) ist inzwischen seit 5 Jahren mit Ihrem hiesigen Ehemann verheiratet und möchte, einmal ihr persönliches Bild
zeichnen. Denn auch ihr ist es wichtig zu schreiben, was sie
und die anderen Frauen aus der Karibik bewegt einen Mann
aus Europa zu heiraten.
Ich möchte ihr an dieser Stelle noch einmal dafür danken,
dass Sie auf diesem Wege auch Sie, als Leser an ihren privaten Gedanken und Erlebnissen teilhaben lässt.
Vielen Dank, liebe ‚Gracia’ und weiterhin alles Liebe für die
Zukunft! Danke auch unseren karibischen Mitarbeitern, dass
sie uns diese Geschichte zur Verfügung stellten.
Ein persönliches Fazit aus der Sicht einer Dominikanerin.
„Wie fange ich an? Niemals hätte ich gedacht, einen Bericht
zu schreiben über Dinge, wie wir hier in der Karibik leben
und denken. Dabei beziehe ich mich nun auf das Verhalten
95
und Denken von uns Frauen. Dazu muss man natürlich auch
etwas das Leben in Ländern wie Deutschland, Italien oder der
Schweiz kennen. Deutschland kannte ich vor Jahren nur aus
Fernsehfilmen wie „Kommissar Rex“ oder irgendwelchen Filmen oder Berichten über Schlösser, Burgen oder gar Fabriken
und Hochhäuser in Städten wie Frankfurt oder Köln. Wie komme ich dazu, dass ich nun etwas mitreden darf? Ganz einfach.
Ich bin nun 28 Jahre alt. Mein Name ist Gracia. Ich wuchs in
einem kleinen Viertel im Hinterland unseres Landes auf. Ich
machte die normale Schule bis zur 12. Klasse, wurde dann
Näherin in einer Fabrik, machte mit 20 Jahren dann einen
Jahreskurs und ließ mich in einer Ganztagsschule zur Friseurin ausbilden. Und fast genau zu meinem 23. Geburtstag kam
Klaus in mein Leben, aber dazu mehr später.
Meine Eltern leben seit 15 Jahren getrennt und ich komme
aus einem Haus, wo nie viel Geld war. Ich habe 3 Geschwister, die nun 13, 16 und 23 Jahre alt sind. Unser Vater verließ
Mutter und Kinder damals wegen einer anderen Frau.
Was wir damals immer mitbekamen war, dass Mami sehr oft
weinte, mein Vater nach der Arbeit fast nie nach Hause kommen wollte, sich immer mit Freunden herumtrieb, und wenn
er mal frei hatte und an den Strand fuhr: uns Kindern zeigte er
das Meer nie, er hatte schon immer ein Auge für andere Frauen und wir sahen Strände erst, als ich schon volljährig war.
Unsere Familienverhältnisse sind typisch für unser Land. Die
Männerwelt ist verrückt. Das will nicht heißen, dass es auch
seine Vorteile hat. Die Männer sind unkompliziert, lieben das
leichte Leben, arbeiten nur hart, wenn es wirklich sein muss,
aber sind immer gut aufgelegt. Die meisten haben keine Fest96
anstellung und wollen eigentlich auch gar keine. Das würde
sie nur in ihrer Freiheit einengen.
Sie geben sich also mit relativ wenig zufrieden. Das hat natürlich Auswirkungen auf Familien, Mütter und Kinder. Gute
Schulen können nicht bezahlt werden, das Haus ist meist recht
einfach, dem dominikanischen Mann ist das Innenleben eines
Hauses egal. Die Matratze kann alt sein und zerfusselt, im
Wohnzimmer steht ein Plastiktisch, einfache Holzstühlchen,
… wozu auch mehr?
Das Leben für den dominikanischen Mann spielt sich draußen
ab. Das Haus ist zum Essen und zum Schlafen da. Gemütlichkeit und Siestas kann man auf der nackten Betonterrasse machen, warum teure Gartenmöbel?
Was wünschen nun wir dominikanischen Frauen wie auch viele
andere Latinas aus Venezuela, Kuba, Brasilien? Sind wir zu
kompliziert? Sind wir zu fordernd? Nein, aber wenn wir mitbekommen, dass es auch Männer gibt, die ihr Haus, ihre Familie, ihre Frau lieben, die alles für sie tun, die ab und zu in
den Urlaub fahren können, die ihren Kindern etwas zeigen
wollen, die sich darum sorgen, dass sie gut erzogen werden,
die nur eine Frau haben wollen und dann auch das Privatleben und die Freizeit mit ihr teilen, dann wird man nachdenklich.
Wir Dominikanerinnen wollen etwas schaffen, wir wollen
sparen, wir haben unseren Nachwuchs im Kopf, wir denken
an die Zukunft. Wieso funktionieren viele Fabriken hier? Sie
sind voll von Frauen wie ich damals. Wir arbeiten dort pünktlich, diszipliniert, wollen etwas lernen, ordnen uns unter, wir
passen uns an, wir wollen etwas erreichen, wir machen etwas
97
aus den gegebenen Umständen.
Viele Frauen, die mit mir damals in der Kleiderfabrik für wenig Lohn ihren Unterhalt mit ihren Kindern sicherten, gingen
sogar noch abends auf die Universität, um dann später als
Lehrerin oder Verwaltungsangestellte, Bürokraft oder Rechtsanwältin arbeiten zu können.
Wieso sind die Unis in den karibischen Staaten von Frauen
voll?
Wieso sieht man so wenig Männer bei Organisationen, die
eine Berufsausbildung anbieten, um einen guten Job zu finden?
Mir ist das mittlerweile egal. Dominikaner sollen leben, wie
sie es für richtig halten. Damit meine ich die Männerwelt. Ich
betrachte das nun aus einer Distanz, die nicht mehr weh tut.
Als kleines Mädchen war ich oft verzweifelt und sehr traurig,
als ich sah, wie meine Mutter litt. Sie hatte damals einfach
keine Chancen mehr. Wir mussten zusammenhalten.
Sie arbeitete, um uns durch zu bekommen, als Verkäuferin in
einer Boutique von 8 – 18 Uhr. Mittags konnte sie nur schnell
etwas kochen, dann ging sie gleich wieder in den Laden. Es
war für sie ein hartes Leben, aber doch schaffte sie es, uns
immer Freude zu stiften und brachte manchmal kleine Geschenke aus der Stadt mit.
Wir Frauen – das waren in unserer Familie meine Mutter und
ich – hielten zusammen. Anders wäre es nicht gegangen. Von
unserem leiblichen Vater bekamen wir alle Monate gerade mal
wieder ein Paket Windeln oder Milch vorbeigebracht. Er brach98
te niemals Geld für den Unterhalt.
Wieso hat meine Mutter damals kein Rechtsanwalt beauftragt,
um Ordnung zu schaffen? Um für sich und uns Kinder einen
monatlichen Unterhalt, Alimente festzusetzen? In Deutschland ist das alles so selbstverständlich und einfach.
Nur leider nicht bei uns in einem armen Land!
Man hätte es nie durchsetzen können, denn zum Pfänden war
nie etwas da, er hatte niemals ein festes Gehalt und obendrein
hätten wir uns keine gerichtliche Auseinandersetzung leisten
können.
So, genau so, ist auch heute noch das Leben vieler junger
Mütter in der Dominikanischen Republik. Ist es da ein Wunder, wenn viele junge Frauen sich erst gar nicht mehr mit den
einheimischen Männern einlassen, sondern gleich nach einem
familienorientierten, netten Mann aus einem zivilisierten Land
Ausschau halten?
Meine Entscheidung, dem Land meiner Vorfahren den Rücken zu kehren ist nun schon einige Jahre her. Es war eine
Woche vor meinem Geburtstag. Irgendeine Freundin hatte
Monate vorher erzählt, dass es da eine Organisation gibt, die
sich darum kümmert, dass nette, gut erzogene Frauen einen
europäischen Mann kennen lernen könnten, wenn sie gewisse
Voraussetzungen erfüllen.
Das interessierte mich sehr und ein paar Tage später ließen
meine Freundin und ich nette Fotos schießen und füllten einen Fragebogen aus: Wer wir sind, wie wir uns eine Beziehung vorstellen. Was wir für Träume haben und ob wir in
einem anderen Land leben könnten mit unserem neuen Schatz
99
und auch seine Sprache erlernen wollten?
Das hörte sich alles normal und positiv an. Ich wurde in der
Agentur akzeptiert. Ich war froh, wenn sie mir auch sagten,
dass die Partnersuche nicht so einfach sei, weil viele, viele,
Frauen in der Agentur sind, die alle die gleichen Träume hegen. Wir sollten damit rechnen, dass wir bis zu 2 Jahre warten
müssten. Ich bin eine Frau, die immer von der Hoffnung zehrte und so ließ ich mich davon nicht entmutigen. Alles kommt
so, wie es sein soll. Mit Gottes Hilfe. Das waren immer meine
Worte.
Eines Tages mit einem anständigen, treuen Mann in Deutschland, Österreich oder der Schweiz zu leben und dort eine Familie aufbauen. Dafür kann man warten, dachte ich.
Ich war eine der Frauen in der Agentur, die rasch ihr Liebesglück fanden. Die Agentur meldete sich 3 Monate später. Sie
brachte die Fotos von Klaus vorbei, einen langen Fragebogen
von ihm, worauf er gezielte Fragen beantwortet hatte, wir
schrieben uns dann hin und her. Alles an ihm gefiel mir, die
Fotos, seine Art zu schreiben, und er kam wirklich gleich vier
Wochen später persönlich, um mich kennen zu lernen.
Für mich waren die vier Wochen Wartezeit schlimmer als sämtliche Lampenfieber zusammen, die ich bis dahin jemals in
Prüfungen oder Referaten auszuhalten hatte. Aber als er dann
ankam, begann unsere Liebe.
Wir sind nun 5 Jahre verheiratet, ich erwarte gerade mein 2.
Kind. Wir wohnen in einem Vorort von Heidelberg. Ich habe
es nie bereut, mich für die Idee zu interessieren, einen Deut100
schen kennen lernen zu können. Auch wenn es etwas ungewöhnlich ist. Aber alles wurde von Anfang an durch unsere
Partnervermittlung bestens betreut und organisiert. Klaus und
ich waren die ersten Tage nur mit dem Betreuer-Ehepaar zusammen, die alles Mögliche mit uns unternahmen, damit wir
zueinander finden konnten.
Die Atmosphäre war immer harmonisch, wir alle hatten immer
gute Laune, und das Sprachproblem war bald beseitigt. Klaus
war volle 2 Wochen hier und es schlug dermaßen bei uns ein,
dass wir uns schon 2 Tage vor seinem Abflug verlobten.
Zwei Monate später landete ich dann in Deutschland. Vorher
machte ich einen Deutschintensivkurs, und für Klaus war es
wie ein kleines Wunder, dass ich in Deutschland dann nur
noch deutsch mit ihm, seinen Freunden, seiner Familie und
den Nachbarn reden wollte. Klaus und ich haben nun fast 2
Kinder. Ich könnte mir keine glücklichere Ehe vorstellen.
Manchmal bin ich allerdings traurig. Meine Mutter hatte diese Chance nie. Sie hatte 4 Kinder und kannte nur den täglichen Kampf, unsere Teller voll zu bekommen. Sie starb vor 2
Jahren. Es war die beste Mutter der Welt. Hätte sie damals
nicht befürwortet, dass ich mich in einer Agentur einschreiben kann, ich hätte es niemals getan. Meine Angst war damals
sehr groß, mich einfach in ein Fotostudio zu stellen und in
einem dicken Fragebogen meine Persönlichkeit darzustellen.
Möge es meine Mutter bei Gott gut haben. Ich werde sie wie
meinen Mann ewig lieben.
Gracia , aus der fernen Karibik und jetzt zuhause bei Heidelberg
101
Die Anderen
Machen Sie sich auch manchmal Gedanken, was Andere über
Sie und Ihren Beruf denken? Die Nachbarn, die Freunde und
auch die Klienten? Jeder Beruf hat sein eigenes Image, welches ihm anhaftet, ob man will oder nicht. Das meiste Wissen
darüber besteht allerdings aus Halbwahrheiten, Hörensagen
und Vorurteilen.
Vor Vorurteilen kann man sich oft nur schwer verschließen
und jeder ertappt sich ab und zu dabei, wie er ein Klischee
strapaziert. Eigentlich ist das auch nicht weiter schlimm –
schließlich ordnen wir unsere Welt indem wir Meinungen über
bestimmte Orte, Länder, Menschen, Berufe oder Tätigkeiten
haben.
Lästig oder ärgerlich werden Vorurteile erst dann, wenn sie
gesellschaftlich verankert und von Medien und öffentlicher
Hand zementiert werden. Deshalb betrachte ich viele Diskussionen über gesellschaftliche Phänomene, Personengruppen
oder Religionen mit Sorge. Denn letztlich entstehen Vorurteile so:
Ein Individuum verhält sich auf eine bestimmte Art und Weise – und fällt damit negativ in seiner Umgebung auf. Dieses
Verhalten wird dann auf alle Vertreter des Berufsstandes oder
der Personengruppe „verallgemeinert“. Und schon sind Tausende von Unschuldigen vor - verurteilt. Als Faulenzer, Verklemmte, Geizhälse oder Verbrecher. Die Folgen reichen von
mangelnder Fairness bis zu echter Bedrohung. Und das macht
Vorurteile so gefährlich.
102
Mein Beruf und meine Reisen haben mich zu der Erkenntnis
gebracht, dass Vorurteile vor allem uns selbst daran hindern,
neue spannende Erfahrungen zu machen. Deshalb habe ich
immer versucht, unvoreingenommen auf die Menschen zuzugehen.
Auch dann, wenn sie erst einmal mir und meinem Beruf eine
skeptische oder negative Haltung entgegen gebracht haben.
Immer geradeaus, direkt auf die Leute zu. Das hat sich für
mich als das erfolgreichste Rezept erwiesen.
Die Behörden
Natürlich wurde ich zuerst vom zuständigen Sachbearbeiter
der Ausländerbehörde misstrauisch beäugt, als ich ihm bei
unserem ersten Treffen mitteilte, dass wir „jetzt öfter“ jungen
Damen bei den notwendigen Formalitäten helfen würden, um
ihnen die Heirat mit ihren deutschen Verlobten zu erleichtern.
Der Beamte – sicherlich mit einer ordentlichen Ehegattin gesegnet, denn seine Krawatte saß wie angenagelt und das Hemd
war frisch gestärkt – zog in vorbeugender Empörung die Augenbrauen hoch. Er kontrollierte mit großer Sorgfalt die Papiere, die ich ihm vorlegte, fand aber keinen Fehler. Also kontrollierte er sie noch einmal. Dann reichte ich ihm das nächste
Dossier. Und das Ganze fing von vorne an. Sichtbar widerwillig schrieb er die notwendigen Papiere aus und setzte seinen Stempel darunter. Dann reichte er mir die beiden Akten
zurück. Nun war ich dran.
Ich blieb auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch sitzen und
schaute ihn mit geduldiger Miene an. Irritiert erwiderte er den
Blick und ich ließ die Pause noch ein wenig wirken. Er schau103
te an mir vorbei, als ob ich verschwinden würde, wenn er nur
fest genug daran glaubte. Schließlich sagte er „Ist noch was?“
Ich nickte. „Lieber Herr Meyer,“ sprach ich und übte mich in
einem regelrecht buddhistischen Lächeln, „mein Name ist gar
nicht ‚ist noch was’, sondern Orlick, Manfred Orlick.
Und ich hätte da einen Vorschlag zu machen.“ „Was denn,
Herr ... Orlick?“ „Sehen Sie, wir helfen gerne Menschen dabei,
ihre große Liebe zu finden und mit ihr bzw. ihm eine gemeinsame Zukunft zu gründen. Halten Sie das für verwerflich?
Nur, weil die Partnerin einen ausländischen Pass hat? Sie sind
doch sicher hier in der Ausländerbehörde, weil sie keinerlei
Vorurteile gegen Menschen anderer Herkunft haben, oder?“
Sanft, wie ein Lamm, nickte ich ihm aufmunternd zu. Und im
gleichen Takt nickte er wie hypnotisiert mit. „Sehen Sie, wir
werden uns jetzt öfter sehen und wir können uns jedes Mal
gegenseitig das Leben schwer machen. Aber was gewinnen
Sie oder ich denn dabei? Das bringt doch nichts. Ich verspreche Ihnen, dass ich sämtliche Anträge und Papiere sorgfältig
und korrekt ausfüllen und herbeischaffen werde.
Können wir uns da nicht auf eine positive Zusammenarbeit
einigen?“ Herr Mayer starrte mich an. So einen wie mich hatte er wohl in mehrfacher Hinsicht noch nicht erlebt. Ich stand
auf und streckte ihm meine Hand entgegen. „Abgemacht?“
Seine Hand kam zögerlich über den Schreibtisch – dann gab
er sich einen Ruck, stand ebenfalls auf und schüttelte meine
Rechte. „Gut, Herr Orlick. Wir sehen uns dann ...“
Als ich die Behörde verließ, hatte ich das Gefühl, eine wichtige Barriere überwunden zu haben. Und je öfter ich mit meinen Anliegen dort einkehrte, umso umgänglicher und gelassener wurde mein Sachbearbeiter. Über die Monate und Jahre
104
erzählte ich natürlich auch immer wieder zu der einen oder
anderen Akte eine kleine Geschichte.
Das gab ihm den nötigen Einblick in unsere Arbeit und zeigte, wie viel Menschliches und oft Rührendes hinter den einzelnen Visumsanträgen und Papieren steckte.
Eines Tages begrüßte er mich: „Hallo, Herr Orlick! Gut dass
Sie kommen. Ich habe hier eine Sache, die kommt mir nicht
ganz koscher vor. Natürlich kann ich mein Dienstgeheimnis
nicht brechen, aber was würden Sie denn zu dieser Geschichte sagen...“
Da wusste ich: Ich hatte einen zuverlässigen Partner gewonnen, der meiner Redlichkeit und meinem Rat vertraute.
Die Emanzen der ersten Stunde
Erinnern Sie sich noch an die Zeit der lila Latzhosen, als sich
in Medien, Politik und Gesellschaft hierzulande plötzlich alles um die Emanzipation der Frau drehte? Sicher war es, wie
auch in anderen Bereichen, wie bei der Einführung des Zivildienstes für die Friedliebenden oder bei der Gleichberechtigung aller, auch der behinderten Menschen, wichtig, hier altbackenen Mief und unfaire Behandlung anzuprangern und zu
beseitigen. Nur haben wir Deutschen ja eine ganz eigenartige
Mentalität.
Wir machen keine „halben Sachen“. Und Dinge von dieser
Tragweite müssen nicht 100%, sondern 200% erledigt werden. Also war nicht ein neuer Konsens zwischen Männern
und Frauen das Ziel der Aktion – nein, „die Chauvischweine“
mussten von kämpferischen „Emanzen“ gefunden, bloßgestellt
105
und ausgerottet werden (bildhaft gemeint natürlich).
Da man also zu dieser Zeit ganz intensiv nach bösen Buben
Ausschau hielt, landeten wir zwangsläufig im Focus dieser
selbst ernannten Inquisition. Das wir ein potentielles Ziel
waren, muss ich wohl nicht weiter erwähnen, da im Denken
dieser Damen ohnehin alle Männer nur auf dieser Welt waren, um die Frauen zu unterdrücken.
So stand auch schon die Meinung der Dame fest, die eines
Tages bei uns anrief. Mit fester Stimme forderte sie uns prompt
allen Ernstes auf, unsere Arbeit einzustellen, weil den armen
Frauen aus dem Ausland hier so viel Furchtbares angetan
würde.
„Woher wissen Sie denn das alles?“ fragte ich. „Aus Presse
und Fernsehen! Das weiß doch jede aufgeklärte Frau,“ antwortete sie. „Also, aus eigener Erfahrung wissen Sie leider
gar nichts?“ fragte ich mit zweifelnder Stimme.
„Sie verlassen sich einfach auf das, was die Medien so publizieren, um die Auflagen oder Einschaltquoten zu steigern.
Haben Sie schon mal daran gedacht, sich selbst ein realistisches Bild zu machen?“
Die Frau am anderen Ende der Leitung schnaubte verächtlich. Gut, das war ich inzwischen von Vertreterinnen der
Emanzipationsbewegung gewohnt. Trotzdem würde ich ihr
ein faires Angebot machen. „Liebe Frau Schmitz (natürlich
hieß die gute Frau anders, aber nicht jeder erinnert sich gern
an seine Jugendsünden), ich habe da eine Idee.
Es bringt doch nicht viel, wenn ich das Gegenteil beteure, das
würden Sie mir doch nicht abnehmen. Daher schlage ich Ihnen Folgendes vor: Kommen Sie her und machen Sie sich
106
doch selbst ein Bild. Sprechen Sie direkt mit einigen Betroffenen.
So haben Sie die Infos aus 1. Hand und wissen, wie es tatsächlich ist. Genau daran haben Sie doch so großes Interesse.“ Nach kurzer Gedankenpause nahm sie meinen Vorschlag
an und erklärte, noch eine Frau mitzubringen.
Ich erzählte Karin von dem Telefonat und bat sie, mir bei der
Vorbereitung des Treffens zu helfen. Wir entschieden uns, vier
der von uns vermittelten philippinischen Frauen einzuladen.
Alle waren seit mindestens einem Jahr hier mit deutschen
Männern verheiratet und konnten entsprechend von ihren Erfahrungen erzählen. Den tatsächlichen Grund der Einladung
beschlossen wir erst gar nicht anzukündigen.
So dachten wir, würden wir am besten das Gebot der Fairness
einhalten und niemanden vorab beeinflussen. Deshalb erklärte ich den jungen Damen, es kämen einige nette deutsche Frauen, die sich gerne mit ihnen darüber unterhalten wollten, wie
es ihnen denn in Deutschland gefällt.
Alle vier freuten sich auf die Talkrunde und besonders darüber,
dass sich deutsche Frauen für sie interessierten, wie sie glaubten.
Als die Damen am folgenden Sonntag auf unserer Terrasse
Platz genommen hatten, konnten die 2+4-Gespräche beginnen. Ich saß zwischen den Fronten und hatte den beiden siegesgewiss dreinschauenden Damen „vom Stamme der „Emanzen“ versprochen, mich nicht einzumischen.
Außerdem hatte ich das deutliche Gefühl, dass ich mich schon
glücklich und zufrieden preisen konnte, nicht aus meinem ei107
genen Hause verwiesen zu werden, denn ihre Blicke sprachen
Bände.
Nach einem kurzen Anlächeln und „Hallo, wie geht’s“ gingen
die deutschen Mädels direkt in Stellung. Frau verlagerte ihr
Hinterteil auf die Vorderseite des Stuhls, um in der 1. Frontreihe dem Gegenüber direkt ins Auge sehen zu können. „Wie
kommt Ihr denn mit Euren Männern klar?“ wollte die eine
wissen.
Ein strahlendes Lächeln ging über die Gesichter der 4er-Gruppe und alle erzählten aufgeregt, wie gut es ihnen gehe, und
dass ihre Männer sie sehr lieben würden.
Die andere Seite stellte natürlich alles in Frage: Zu so etwas
wie echter Liebe wäre „Mann“ doch nicht fähig. Und umgekehrt: Liebevolles Eingehen auf die Männer bringe überhaupt
nichts.
Um die eigenen Forderungen nach Gleichberechtigung, Besitz und Respekt durchzusetzen, brauchten die Männer „Druck“
und wenn das nicht hilft, könnte „Frau“ sich ja auch verweigern. Das klappt dann immer, wussten die Beiden zu berichten.
„Auf die sanfte Tour erreicht Ihr überhaupt nichts bei den
Kerlen.“ In den Augen der Philippininnen standen großes Erstaunen und Ungläubigkeit. Von so einer rabiaten Strategie
hielten sie nicht viel.
Alle vier hatten ihre eigenen, ganz anderen Erfahrung gemacht
und waren sich einig: „Unsere Männer würden doch auch einfach alles für uns tun,“ erklärte Isabel mit gerunzelter Stirn.
Daisy ergänzte mit entwaffnendem Lächeln: „Vielleicht liegt
es ja daran, dass wir liebevoll und nicht fordernd alles an un108
sere Männer herantragen. Und das sie uns deshalb unsere
Wünsche erfüllen?“
So ging es noch eine Weile hin und her. Unsere deutschen
Emanzen verteidigten verbissen ihre Taktik des „Hauen und
Stechens“ als die einzige Sprache die Männer verstehen.
Die Philippininnen dagegen sahen nicht ein, warum sie ihr
Erfolgsmodell für Beziehungen, mit dem sich alle glücklich
und zufrieden fühlten – und bei dem es obendrein aus ihrer
Sicht nur Gewinner gab – aufgeben sollten.
Als unsere beiden Emanzen (so bezeichneten sie sich übrigens
selbst voller Stolz) merkten, dass die Schlacht einfach nicht
zu gewinnen war, holten sie ihre Wimpel ein und mit einem
frustrierten: „Dann macht mal weiter so. Ihr werdet schon sehen“, räumten sie das Feld.
Als die vier jungen Frauen mich später fragten, warum die
Beiden denn so frustriert und unglücklich ausschauten, sagte
ich ihnen: „Ich glaube, sie sind unglücklich, die Ärmsten, und
beneiden Euch ein bisschen, weil sie selbst keinen Mann und
keine Familie haben.“
Alle nickten verständnisvoll und versprachen, die Beiden in
ihre Gebete mit einzuschließen, damit sie auch bald wieder
lachen und glücklich sein könnten.
Persönlicher Nachtrag:
Natürlich wurde und wird von gewissenlosen Verbrechern mit
dem Vertrauen und der Naivität junger ausländischer Frauen
109
eine Menge Schindluder getrieben. Davor habe ich nie meine
Augen verschlossen und in einigen Fällen konnten wir Frauen – wie z.B. Lucy, von der ich schon in einer anderen Geschichte erzählt habe – sogar helfen, wenn sie unter falschen
Versprechungen nach Deutschland gelockt worden waren.
Diese kriminellen Handlungen haben aber absolut gar nichts
gemein mit der legalen und gleichberechtigten Partnervermittlung, die wir seit über 25 Jahren zwischen Deutschen und
ausländischen Frauen betreiben. Dieses aber zu differenzieren, fiel gerade in den Kampftagen der Emanzipation vielen
Streiterinnen für die Frauenrechte doch schwer.
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Der schönste Tag im Leben
Nachdem ich meinen Abschied beim Bundesgrenzschutz genommen hatte und zuhause wieder voll einsatzfähig war, wollten Karin und ich „Nägel mit Köpfen“ machen: Wir wollten
heiraten. Wie unsere Familien dazu stehen würden, wussten
wir allerdings noch nicht so ganz genau.
Deshalb hielten wir es für das Beste, sie einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen. Entsprechend brauchten wir zuerst
einmal eine Wohnung, um für den schlimmsten Fall, dass alle
dagegen wären, ein eigenes Dach über dem Kopf zu haben.
Das war leichter gesagt als getan, denn zu dieser Zeit herrschte in unseren Breiten akuter Wohnungsmangel. Trotzdem
machten wir uns guten Mutes auf die Suche und tatsächlich
fanden wir schließlich nach einigen Enttäuschungen eine wirklich wunderschön gelegene Wohnung am Stadtrand im Grünen. Sie sagte uns beiden Romantikern voll zu und auch der
Vermieter war mit uns einverstanden.
Aber er bestand darauf, unsere Eltern kennen zu lernen. Heute wäre so etwas undenkbar, aber so war das eben damals.
Also weihten wir notgedrungen unsere Mütter, Anneliese und
Rosmarie, genannt: Anna und Rösi, in unsere Pläne ein. Beide
hatten wir zum Schweigen verpflichtet und wir hatten vollstes Vertrauen in ihre mütterliche Loyalität.
Wir hatten Glück und bekamen die Wohnung. Jeden Tag nach
Feierabend fuhren wir hinaus ins Grüne, um zu renovieren
und unser neues Nest so romantisch wie möglich herzurichten.
111
Dann kam „der Tag der Wahrheit“ Ich lud Karins Eltern in
mein Elternhaus zu Kaffee und Kuchen ein, damit sich alle
einmal persönlich kennen lernen sollten. Sie fanden sich auf
Anhieb sympathisch. Diese erste Hürde war also geschafft,
dachte ich. Die beiden alten Kriegsveteranen „Edmund und
Herbert“ hatten sofort genügend Gesprächsstoff.
Der eine erzählte von Stalingrad und der Andere hatte die Stellung in Monte Casino, Italien, gehalten. Bis zum Abend entwickelte sich eine feucht-fröhliche Runde und ich wartete nur
noch auf den passenden Augenblick, um unsere Heiratsabsicht allen kund zu tun.
Plötzlich lieferte Edmund, mein Schwiegervater in spe, mir
das passende Stichwort. Er sagte: „Na, Manni, was habt Ihr
Beiden denn so vor?“ „Ach, weißt Du, Edmund,“ packte ich
die Gelegenheit beim Schopf, „wir wollen heiraten.“ Totenstille...........................
Edmund meinte: „Na ja, da können wir ja noch mal in ein
paar Jahren drüber reden. Ihr habt ja noch nicht einmal eine
Wohnung.“ „Das ist kein Problem“, erklärte ich „die haben
wir schon.“ Unsere beiden Erzeuger schauten sich an und lachten: „Ja, ja, in Tokio“ scherzte Edmund.
„Nein, nur ein paar Kilometer von hier. Also, ich würde vorschlagen, so lange wir noch fahren können, besichtigen wir
die doch gleich! Wir sind wirklich gespannt, wie sie Euch
gefällt.“ Ohne ein Wort zu sagen, standen alle auf, und wir
machten uns auf den Weg.
Bei der folgenden Besichtigung wurden allen klar, dass wir
fest entschlossen waren. Gegenwehr war im Moment keine
zu spüren. Alle waren verblüfft. Sollte das wirklich so einfach
112
gewesen sein? Und tatsächlich:
Es kam auch in den folgenden Tagen zu keinem Eklat. Nach
dem damals schon legendären Weihnachtsfest mit Zigarre hatte
Edmund mich ganz offensichtlich tatsächlich akzeptiert.
Einige Wochen später hatten wir auch die Wohnung in einen
heimeligen Zustand versetzt und konnten uns ganz den Vorbereitungen für die kommende Hochzeit widmen. Mehr als
100 Einladungen wurden verschickt, das Brautkleid genäht,
und eine weiße Hochzeitskutsche bestellt.
Wie gesagt, wir waren unverbesserliche Romantiker, nahezu
Exoten in der „freien Wildbahn“ der späten 60er. So wie die
Tradition es verlangte, fuhr die Braut mit der Kutsche zur
Kirche, wo ich sie dann im Empfang nehmen sollte.
Am Tage der kirchlichen Trauung war Karin sichtlich nervös,
denn wir sollten uns ja erst kurz vor der Kirche treffen. Sie
wusste aber, dass ich die Nacht zuvor noch meinen Junggesellen-Abschied feiern wollte und da all meine Freunde trinkfeste und gestandene Burschen waren, rechnete sie mit dem
Schlimmsten.
Sie gab also dem Kutscher die Anweisung: „Sollte mein Bräutigam nicht vor der Kirche stehen, dann drehen Sie einfach
noch ein paar Ehrenrunden.“
Es fiel ihr, wie sie mir später sagte, wirklich ein Stein vom
Herzen, als sie mich, zwar etwas lädiert, aber in freudestrahlender Erwartung vor der Kirche stehen sah.
Dann klappte alles wie am Schnürchen und am Abend, nachdem wir die Feier mit dem Hochzeitswalzer eröffnet hatten,
ging es munter in die 2. Runde. Gegen Mitternacht verbann113
ten uns unter tosenden Beifall die noch Aktionsfähigen der
Gesellschaft auf unser Zimmer.
Als die Anspannung von uns abgefallen war und wir beide
nebeneinander im Bett saßen, schauten wir uns an und mussten laut lachen.
Durch die Anstrengungen des Tages und das ständige präsent
sein für die vielen Gäste, waren wir einfach platt und unser
beider Mägen verkündeten fast zeitgleich mit lautem Knurren
„Hunger!“ Da klopfte es plötzlich leise an die Tür.
Ich schlich mich aus dem Bett und nach meinem „Wer da?“
meldete sich Edmunds Sekretärin. Sie entschuldigte sich:
„Ohne seinen Autoschlüssel kann ich den Chef und die Chefin nachher nicht nach Hause fahren, aber den haben Sie
dummerweise in der Tasche.“
Das sah ich natürlich ein und versprach, den Schlüssel zu suchen. „In der Zwischenzeit,“ bat ich die Sekretärin, ,,schleichen Sie sich für uns noch einmal leise ans Buffet und organisieren uns noch ein paar Leckereien, o.k.?
Aber pass auf, dass es keiner sieht und den Schampus nicht
vergessen.“ Sie nickte und verschwand im Dunkel des Korridors. Der Schlüssel war schnell aufgefunden, doch es verging
eine ganze Zeit, ohne dass es erneut klopfte.
Aber als ich unser Essen gerade schon abschreiben wollte,
klopfte es doch leise an die Tür und unser williger ServiceGeist stand mit einer großen Schüssel vor uns.
„Was ist denn das?“ fragte ich neugierig „Ich hatte schon 2
Platten mit allerlei Leckereien zusammen gestellt,“ meinte
Christa und sah dabei etwas verzweifelt aus, „aber dann kam
Edmund und fragte, was ich denn da mache? Also erklärte ich
114
ihm, dass Ihr Beiden Hunger habt.
Da nahm er mir die Platten ab und gab mir diese Schüssel.
„Hier, das ist das Richtige, Eiersalat.
Der Junge braucht jetzt Eier“ hat er gefeixt.“ Der peinlich
berührte Blick der Sekretärin sprach Bände.
Karin und ich sahen uns daraufhin an und lachten laut los.
Nachdem wir Christa die Schüssel und den Schampus abgenommen hatten, nahmen wir Beides mit ins Bett.
Ich brauche wohl kaum zu erwähnen, dass 2 hungrige Bäuche
mühelos die Schüssel leer futterten. So fanden wir frisch gestärkt unsere alte Form zurück. Danach läuteten wir die 3.
Runde, die Allerschönste dieses Tages ein.
115
Die Jungfrau Maria ...
Um eine erfolgreiche Vermittlung durchführen zu können, ist
es eine Notwendigkeit, dass die Frauen einen guten Start in
ihrem neuen Heimatland haben. Deshalb ist es von großer
Bedeutung, dass sie eine Chance bekommen, sich gut zu integrieren und sich nicht nur im häuslichen Umfeld, sondern in
unserer hiesigen Gesellschaft wohl zu fühlen.
Die Voraussetzungen dazu schafften wir über unsere ausländischen Mitarbeiter, welche mindestens 1-2 x im Jahr zur Schulung nach Deutschland kamen, um praktisch hier kennen zu
lernen, wie das Leben in unserem Lande abläuft.
Natürlich waren auch wir laufend unterwegs, um “vor Ort“
den suchenden Frauen in Fotos, Filmen und Gesprächen die
deutsche Lebensart näher zu bringen. So hatten diese schon
einen Vorgeschmack und konnten sich auf ihre neue Heimat
einstellen.
Sprachkurse im Goethe-Institut sowie deutsche Bücher rundeten das Bild ab.
Außerdem standen wir als Anlaufpunkt in Deutschland den
Frauen stets mit Rat und Tat zur Seite.
Für die Frauen, die in der Nähe unseres deutschen Büros verheiratet waren, richteten wir eine Sprachenschule ein. Hier
konnten sie auch die praktischen Dinge des täglichen Lebens
sowie deutsche Küche erlernen. Es war schon ein schönes
Erlebnis für uns, wenn die Ehemänner anriefen und begeistert
berichteten, dass es heute „Gefüllte Rouladen“ gegeben hätte.
Viele Einladungen haben wir von den Paaren bekommen und
116
konnten uns im Hause unserer Gastgeber davon überzeugen,
wie harmonisch das Familienleben ablief. Gleichzeitig erkannten wir auch, welche Vorbereitungen durch uns noch verbessert werden konnten und lernten sehr viel dabei, denn das
Leben ist die Praxis und nicht die Theorie.
Doch, wo gibt es schon einen Himmel ohne Wolken??
Eines Tages rief uns Mary, ein bildhübsches Mädchen von 22
Jahren an. Sie war bereits mit Peter, ihrem Zukünftigen, verlobt und seit 2 Monaten in Deutschland. Beide liebten sich
sehr und das Glück wäre perfekt, wenn da nicht „die böse
Schwiegermutter“ gewesen wäre.
Mary erzählte uns unter Tränen, dass die zukünftige Schwiegermutter, die sie eigentlich sehr verehrte, „2 Gesichter“ habe.
So lange Peter in der Nähe war, war sie freundlich und hilfsbereit zu ihr, aber wenn Peter zur Arbeit ging, änderte sich ihr
Verhalten ihr gegenüber sofort und sie konnte ihr nichts recht
machen.
Sie akzeptierte Mary einfach nicht und meinte, sie könne ja
nichts und überhaupt, sie wäre nicht die Richtige für Ihren
Peter. Maria schlief keine Nacht mehr und hatte Angst, wenn
Peter zur Arbeit ging.
Natürlich versuchte sie mit ihm darüber zu sprechen, aber er
lachte nur und meinte, sie bilde sich dies alles nur ein, seine
Mutter wolle doch nur, dass sie Beide glücklich würden.
Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass sie plötzlich so
reagiere, denn sie wäre immer eine sehr gute Mutter gewesen.
117
Hier hatten wir den klassischen Fall, dass eine Mutter nicht
loslassen kann, die zwar ihren Sohn glücklich sehen will, aber
gleichzeitig Angst davor hat und in Panik geriet, ihn an eine
andere Frau zu verlieren.
Peter hatte die Situation einfach nicht begriffen, machte sich
lustig über Mary und meinte, alles sei eben neu für sie und am
Ende werde sich alles in Luft auflösen. Aber Mary wurde von
Tag zu Tag nervöser, verlor an Gewicht und eine Welt brach
für sie zusammen.
Nach ihrem Hilferuf versprach ich ihr, mit Peter zu sprechen.
In einem langen Telefonat erklärte ich Peter, dass es nicht gut
sei, wenn ständig eine 3. Person sich in ihre Beziehung einmische. Ein gewisser Abstand und Respekt sei notwendig, um
ein harmonisches Miteinander zu pflegen. Ansonsten müsse
er damit rechnen, dass er Mary verlieren würde.
Er versprach, sich mit seiner Mutter und Mary auszusprechen.
Leider hatte er aber immer noch nicht den Ernst der Lage begriffen. Es änderte sich nichts.
Marys psychische Lage wurde immer verzweifelter und die
Anrufe bei uns mehrten sich. Eines Tages meinte sie, sie könne das alles nicht mehr ertragen und werde Peter verlassen,
um Abstand zur Situation zu gewinnen.
Wir boten ihr an, doch diese „Auszeit“ in unserem Hause zu
verbringen und schon ein paar Tage später war sie unser Gast.
Nach ca. 3 Wochen gewann sie ihre heitere und fröhliche Art
zurück.
Hier bei uns traf sie auch andere Philippininnen, die zum
Sprachkurs kamen und es wurde viel gescherzt und gelacht.
118
Um sie auch weiterhin zu stabilisieren, vermieden wir es, über
Peter und die Mutter zu sprechen, um keinerlei phantasierreichen Spekulationen Tür und Tor zu öffnen.
Nach einiger Zeit beklagte sie sich plötzlich bei Karin über
Schmerzen im Unterleib. Sie glaubte, dass sie krank wäre und
Krebs hätte, da vor kurzem eine ihrer Tanten ebenfalls an dieser Krankheit verstorben war.
Auf die Frage, ob sie vielleicht schwanger sein könnte, antwortete sie ganz entrüstet, das könne überhaupt nicht möglich
sein, da sie nicht mit Peter geschlafen habe. Um sie zu beruhigen, fuhr Karin mit ihr zu ihrer Frauenärztin.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als die Beiden zurück
kamen. Mary sprang aus dem Auto, lief ganz aufgeregt durch
unser Büro. Ich wusste nichts mit der Situation anzufangen
bis meine Frau hereinkommend erklärte, dass Mary zwar
schwanger, aber dennoch „Jungfrau“ sei.
Also hatte Mary die Wahrheit erzählt. Auf die Frage meiner
Frau, wieso Mary gleichzeitig „schwanger“ und trotzdem
„Jungfrau“ sein könne, erklärte die Gynäkologin, dass dies
auch beim so genannten „Petting“ passieren könne, was aber
selten sei.
O.K. die Situation war nun einfach so. Es dauerte eine ganze
Weile, bis wir Mary beruhigen konnten, denn als religiöse
Frau empfand sie ihre Situation als beschämend.
Ich versprach ihr mit Peter zu sprechen. Zwischenzeitlich
schien Peters Mutter ihren Sohn fast davon überzeugt zu haben, dass Mary doch nicht die Richtige für ihn wäre.
Am Telefon erklärte sie mir, dass Peter nicht zu sprechen sei
und überhaupt, er hätte mit dem Thema „Mary“ abgeschlos119
sen. „O.K“. sagte ich, „wie schade, dass Peter kein Interesse
mehr an Mary hat und dass er nun sein Kind und sie ihren
Enkel niemals sehen werden“.
Daraufhin wurde es ganz still am anderen Ende der Leitung.
„So, das war es, was ich Ihnen sagen wollte“, fügte ich noch
hinzu „und natürlich werde ich Peter persönlich darüber informieren, dass Mary ein Kind von ihm erwartet“.
Wenige Stunden später rief mich Peter an. Er weinte und sagte, bei einer Aussprache mit seiner Mutter habe er erkannt,
dass sie ihre Beziehung nicht gefördert hatte, aber nun waren
beide verzweifelt, er wegen seines Kindes und “Oma“ wegen
ihres Enkelkindes.
Peter bat mich nun eindringlich, mit Mary sprechen zu dürfen, und er wolle alles versuchen, dass sie wieder zusammen
kämen. Mary fiel ein Stein vom Herzen, und sie wollte sofort
zu ihrem geliebten Peter.
Ich habe ihr aber geraten, die Beiden etwas zappeln zu lassen,
damit sie sich klar über ihre bisherige Handlungsweise würden.
4 Tage später rief ich Mutter und Sohn an und teilte ihnen mit,
dass Mary mit ihnen Beiden sprechen wolle und lud Sie zu
uns zum Kaffee ein.
Das Wiedersehen war tränenreich, nicht nur für Mary und
Peter, sondern auch für „Oma“. Die versprach nun, alles zu
tun, dass die Beiden glücklich würden. Doch dazu brauchte
sie eigentlich gar nicht viel zu tun, sondern sich einfach nur
zurück zu halten und ihre Aktionen und Besuche mit den
Beiden abzusprechen. Die Liebe der Beiden wurde eigentlich
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nur kurzfristig durch „die böse Schwiegermutter“ unterbrochen.
Heute verstehen sich alle bestens und die „liebe Oma“ ist ganz
verrückt auf die „kleine Jasmina“ und verbringt jede freie
Minute mit ihr.
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Behindert – Na und ??
Zeitgeist, Antidiskriminierungsgesetze und medizinische
Erkenntnisse helfen heute behinderten Menschen Schritt für
Schritt, einen gleichberechtigten Platz in unserer Gesellschaft
zu erlangen.
Trotzdem ist es noch lange nicht gelungen, alle Hürden und
Vorbehalte abzubauen. Gerade, wenn es um die Frage einer
Lebenspartnerschaft geht, fühlen sich Menschen mit Handicaps oft zurückgewiesen oder gar nicht erst ernst genommen.
Dabei wissen wir doch eigentlich alle, dass wir von einem
Tag auf den anderen schwer krank werden oder einen Unfall
haben können, der unser gesamtes Leben radikal verändert.
Warum also gestehen viele Menschen ihren behinderten Mitbürgern nicht die gleichen Rechte auf eine glückliche Lebenspartnerschaft zu?
Vielleicht muss man erst selbst die Erfahrung machen, wie es
ist, mit einer Behinderung zu leben oder – wie in unserem
Fall – sein eigenes behindertes Kind aufwachsen sehen, um
vom oft „hohen Ross“ der Normalbürger herab zu steigen.
Gemeinnützige Institutionen wie die „Aktion Mensch“ werben dafür, Menschen mit Handicaps als bereichernde Facette
unserer Gattung zu erfahren und die Stärken des jeweils anderen schätzen zu lernen.
Wir selbst können im Rückblick auf unser eigenes Leben sagen, dass wir durch unsere behinderte Tochter einen anderen
Blickwinkel gewonnen haben.
So ist es wohl nicht verwunderlich, dass wir auch Menschen
mit einem Handicap, wenn sie vermittelbar sind, bei der
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Findung ihres Lebenspartners helfen. In den vergangenen 30
Jahren haben wir auf diese Weise vielen dieser Menschen zu
ihrem persönlichen Lebensglück verhelfen können.
Und so fing das Ganze an. Ein Klient meldete sich bei uns,
dessen Vita zuerst einmal gar nicht so ungewöhnlich war. An
einem bestimmten Punkt jedoch, hatte sein Leben eine radikale Wendung genommen: Er hatte sein Augenlicht verloren.
Seine Geschichte ließ mich nachdenklich werden.
Durch unsere Tochter hatte ich die Berührungsängste mit Behinderten fast völlig verloren. Das gehörte einfach zu unserem Alltag. Aber wie stand es um meine Mitarbeiterinnen?
Ich beschloss, die Probe aufs Exempel zu machen und setzte
einen Besprechungstermin für alle an.
Ich erzählte Karin von meinem Plan und wir hielten es beide
für das Beste, keine Vorwarnung zu geben. Wir wollten alle
mit dem angehenden Fall konfrontieren. Da das Thema nicht
bekannt und keine Zeit für Absprachen war, erhofften wir eine
lebhafte und spontane Reaktion. Ich zeichnete das Meeting
auf Video auf, um im nachhinein die sachlichen Argumente
und die emotionale Stimmung auswerten zu können.
Also erklärte ich meinen Mitarbeiterinnen: „Es hat sich ein
Klient bei uns gemeldet, der eine Lebenspartnerin sucht, also
nichts Ungewöhnliches.“ Alle nickten, während ich eine kleine Pause machte. Als sei das gar nichts weiter Bemerkenswertes, fuhr ich in lockerem Plauderton fort:
„Hier seine Vita: 57 Jahre alt, Frührentner, gute Rente, Eigentumswohnung, seit neun Monaten Witwer und blind.“ Nach
diesem letzten Wort folgte „Das große Schweigen“. Ich ließ
das Ganze ein paar Augenblicke so stehen, um dann zu fra123
gen: „Also dann, meine Damen, arbeiten wir für diesen Mann?
Ja oder nein?“
Dann ließ ich einige Minuten vergehen, während die Beraterinnen untereinander Meinungen und ratlose Blicke austauschten. Schließlich beendete ich die leisen Diskussionen: „O.k.
wir stimmen jetzt ab, wer ist dafür, dass wir den Fall übernehmen und wer ist dagegen?“
Das Ergebnis fiel eindeutiger aus als wir erwartet hatten. Fast
alle waren dagegen. Ich schüttelte enttäuscht den Kopf und
fragte nach den Gründen. Die einhellige Meinung war, dass
dieser Mann bei unseren Damen keine Chancen haben würde.
Und wenn es uns – was abzusehen wäre – nicht gelingen würde, den Mann zu vermitteln, dann stünden wir schneller am
Pranger der Öffentlichkeit als uns lieb sein könne.
Eine der Mitarbeiterinnen fasste sich ein Herz und sagte ganz
offen: „Herr Orlick, stellen Sie sich mal vor, was dann die
Leute sagen: ‚Die nehmen einem armen Blinden doch nur sein
Geld ab.’ Das wird doch ein gefundenes Fressen für die Medien.“
Von der Seite hatte ich das noch gar nicht betrachtet. Vielleicht
war ich doch ein bisschen zu blauäugig an die Sache heran
gegangen, als ich mit Karin zusammen beschlossen hatte, unsere Damen auf ihre Weltoffenheit und Behinderten-Toleranz
zu testen. „O.k.“ sagte ich also.
„Wahrscheinlich habt Ihr Recht, aber wenn alle so denken,
dann hat dieser Mann wirklich keine Chancen und keine Zukunft. Was wäre denn dann noch lebenswert an diesem Leben?“ Ich schaute fragend in die Runde. „Und überhaupt:
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Gerade wir Deutschen setzen uns doch überall in der Welt für
die Menschenrechte ein. Wir schicken sogar unsere Soldaten
als ‚Blauhelme’ durch die Weltgeschichte, um Menschen zu
ihren Grundrechten zu verhelfen..
Aber bloß, weil jemand blind ist, sprechen wir ihm das Recht
auf eine Lebenspartnerschaft ab? Wirklich eine tolle Doppelmoral!“
Ich dachte an unsere Tochter Susi. Was wäre wohl mit ihr
passiert, wenn wir nicht jeglichen Versuch unternommen hätten, sie so gut wie möglich täglich zu fördern, so weit es ihr
Handicap zuließ, damit sie später ein einigermaßen normales
und glückliches Leben führen könnte?
Dann stoppte ich und riss mich aus den Gedanken. Schließlich
hatten wir oft genug erlebt, dass Eltern in ähnlicher Situation
dem Ganzen nicht gewachsen waren.
Ehen und Beziehungen brachen zusammen. Manche Eltern
holten ihre Kinder nach einer Operation oder ähnlicher Behandlung einfach nicht mehr aus der Klinik ab. Väter verschwanden über Nacht.
Die Frauen hatten recht. Das Leben mit einem Behinderten
konnte schwer und hart sein. Wem sollte ich da vorwerfen,
dass man sich nicht freiwillig dafür entscheiden würde, einen
Menschen täglich zu betreuen, stets hilfsbereit an seiner Seite
zu sein und dafür natürlich auch ein großes Stück persönlicher Freiheit zu opfern?
Trotzdem wollte ich noch nicht aufgeben.
Ich argumentierte: „Überlegt doch mal. Jeden von uns kann
es doch durch Zufall morgen treffen. Was nutzt uns dann die
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beste medizinische Behandlung, wenn uns anschließend alle
mit unserem Schicksal alleine lassen?
Würdet Ihr auch so denken, wenn Ihr die Betroffenen wärt? Versetzt Euch doch einmal in die Lage dieses blinden Mannes. Würdet Ihr nicht alle erdenkliche Hilfe erhoffen und das
mit Recht?“
Ich sah, wie einige unserer Beraterinnen beschämt zu Boden
blickten und auf ihren Stühlen hin und her rutschten. Anscheinend zeigte mein Appell doch noch Wirkung.
Schließlich brach eine von ihnen das betretene Schweigen.
Mit einem tiefen Seufzer sagte sie: „Warum sprichst Du nicht
einfach mal mit ihm? Wir schaffen das schon.“
So entschlossen wir uns, für Karlheinz zu arbeiten. Ich besuchte ihn in seiner schlichten, aber sehr großzügigen und
gemütlichen Wohnung. Hier fand sich der 57-jährige im wahrsten Sinne des Wortes „blind“ zurecht.
Er bewirtete mich mit Kaffee und Plätzchen. Und ich sah sein
amüsiertes Lächeln über die Verblüffung meinerseits, wie
unkompliziert er mit seiner Blindheit umging.
Plötzlich war ich mir ganz sicher, dass wir für diesen Mann
eine passende Gefährtin finden würden. Natürlich fand seine
besondere Lebenssituation auch in seinen Wünschen und Vorstellungen ihren Niederschlag. Ganz wichtig, sagte er, sei ihm
eine warmherzige, sanfte Stimme.
Auch Verantwortungsgefühl sollte seine Traumfrau mitbringen und Geduld. Außerdem sollte sie gut zuhören können und
Zeit für ihn haben.
Mit diesem Anspruch durchsuchten wir sorgfältig unsere Kartei
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und befragten auch unsere Mitarbeiter „vor Ort“, wen sie denn
besonders empfehlen würden.
Dann gingen wir gezielt auf ein paar Damen zu, die diese
Eigenschaften besaßen. Auf Briefkontakte verzichteten wir.
Statt dessen wurden Tonbänder ausgetauscht.
Karlheinz orientierte sich ganz an den Stimmen der Damen
und an der Art ihrer Ausdrucksweise. Mit seinem sensiblen
Gehör konnte er viele Nuancen im Tonfall wahrnehmen, die
mir persönlich gar nicht so bewusst aufgefallen wären.
So wählte er schließlich die beiden Kandidatinnen aus, die
ihm als herzlich und ihm besonders zugeneigt erschienen.
Für das Kennen lernen „Auge in Auge“ war vorgesehen, dass
Karl-Heinz mit einem Freund auf die Philippinen fliegen würde, um dort die beiden in Frage kommenden Damen und ihre
Familien zu treffen. Wir organisierten die Reise und arrangierten mit unseren Mitarbeiterinnen vor Ort seine Unterbringung.
Einige Tage später dann saß Karl-Heinz, begleitet von seinem
besten Freund, im Flieger nach Manila. Dort ließ er sich viel
Zeit, verbrachte ganze vier Wochen auf den Philippinen und
sammelte in aller Ruhe seine Eindrücke. Dann flog er zurück,
ließ alles erst einmal auf sich einwirken.
Nach einigen Wochen flog er erneut hinunter. Dieses Mal ganz
alleine, denn er wusste, dass er rund um die Uhr von unseren
Mitarbeiterinnen betreut werden würde und sich ganz und gar
auf sie verlassen konnte.
Nach weiteren 4 Wochen hatte er gemeinsam mit der Frau
seines Herzens die Entscheidung getroffen.
Er kehrte nach Deutschland zurück und beauftragte uns da127
mit, alles Notwendige zu veranlassen, damit seine Zukünftige
schnellstens zu ihm und zur gemeinsamen Hochzeit einreisen
könnte.
Nachdem wir den Kampf mit den Behörden erfolgreich hinter
uns gelassen hatten, heirateten die beiden in Berlin. Das machte
uns Mut und überzeugte auch die kritischsten unserer Beraterinnen davon, dass eine Behinderung kein Hindernis für eine
glückliche Beziehung sein muss.
Karlheinz steht hier übrigens als unser persönlicher „Präzedenzfall“. Nach ihm engagierten uns im Laufe der letzten Jahrzehnte viele weitere Männer, mit unterschiedlichsten Behinderungen.
Fast allen konnten wir helfen, eine liebevolle Lebenspartnerin
zu finden. Immer mit dem Anspruch an uns selbst, die besonderen Bedürfnisse des jeweiligen Klienten zu berücksichtigen und nicht die Behinderung, sondern den wertvollen Menschen in den Vordergrund zu stellen.
Und zum Glück gibt es auf der Welt immer wieder liebevolle
Frauen, die das genau so sehen.
Womit sich einmal mehr das alte Sprichwort bewahrheitet:
„Es gibt für jeden Topf einen passenden Deckel.“
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Karin und Manfred Orlick - Gründer der IMP
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Start unseres 1. Büros in Manila
Karin und Manfred Orlick vor dem Büro der IMP
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Karin und Manfred Orlick - Der schönste Tag im Leben
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Kennenlernen - Party im Hause von IMP
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Blacky, Susi und Karin Orlick
Susi der Karaoke Fan
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Susi und philippinische Freundin Cherry beim Karneval
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Karin hoch über Machu Pichu
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SUSI ...
Die Auswahl ist nicht immer einfach, denn in den letzten 30
Jahren haben wir schon einige Tausend Karaoke-Songs aus
aller Welt gesammelt und in unser Repertoire aufgenommen.
Karaoke kennen Sie sicher:
Auf dem TV wird ein Musikstück ausgewählt, statt des ursprünglichen Sängers interpretieren Sie selbst das Stück – damit
das auch gelingt, wird zu Video und Musik der Text zum Mitsingen an der richtigen Stelle eingeblendet.
Das Ganze macht einfach irre Spaß. „O.K., wer ist denn jetzt
dran, Peter Maffay - Tom Jones oder Elvis?“ Ein strahlendes
Lächeln geht über Susis glühendes Gesicht. Mit einem Funkeln in den Augen und fester Stimme entscheidet sie sich für
„den King“. Gut, dann steigen wir mit ‚All shook up‘ ein,“
schlage ich vor, „gehen danach zu ‚Blue suede shoes‘ über
und lassen dann mit ‚Love me tender‘ Elvis langsam ausklingen.
Danach werden wir mit deutschen Schlagern oder mit ‚Julio‘,
unserem spanischen Gefühlsakrobaten, weitermachen.“
Susi ist einverstanden. Die Show kann beginnen. Natürlich
singen Susi und ich alle an die Wand und unsere selbstgebrannten CDs künden von unserem Können. Einfach mitten in der Show abzubrechen, ist nicht drin:
„Gib mehr Gas, Papa!“ feuert mich Susi immer wieder an,
sobald ich auch nur einen kleinen Durchhänger verspüren lasse. Ein Schlückchen Bier ölt uns dann die Kehlen und hilft,
neue Power zu schöpfen.
Nach rund zwei Stunden vollem Einsatz, erschöpft und
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schweißnass, neigt sich die Show dem Ende zu. Ausgepowert,
aber glücklich schleiche ich mich aufs Sofa, während Susi
meint: „Du warst Klasse heute und morgen machen wir weiter, ok!?“
Welche Worte können einen Vater stolzer machen, als diese
aus dem Munde der Tochter? Das Susi mein größter und einziger Fan ist, stört mich nicht. Im Gegenteil, es tut mir gut.
Aber das war nicht immer so. Ich sehe noch das stille drei
Pfund leichte Baby, das rund zwei Monate zu früh unsere Welt
betreten hatte – die winzige Lunge voller Fruchtwasser.
Fast wäre ihr Leben schon hier zu Ende gewesen, doch ihr
starkes Herz und der unbändige Wille zum Leben hielt sie in
unserer Mitte. Allerdings hatte das seinen Preis:
Der akute Sauerstoffmangel bewirkte das Absterben wichtiger Hirnzellen. Das bedeutete für Susi, dass unter anderem
ihr Sprachzentrum schwer beeinträchtigt war. Körperlich
machten spastische Verkrampfungen eine normale Entwicklung unmöglich. Hinzu kam eine 80%ige Sehschwäche.
Das Ganze erfuhren wir allerdings erst als Susi etwa 8 Monate alt war von unserem Kinderarzt – im Krankenhaus hatte
man uns über das Ausmaß der Behinderung noch nichts
Genaues sagen können (oder auch wollen).
Nachdem wir nun wussten, welche Herausforderung Susi und
wir zu bewältigen haben würden, begannen wir mit allen notwendigen Therapien und versuchten auch selbst aussichtsreiche Ideen zu entwickeln, um der Kleinen das Leben zu erleichtern.
Als Susi etwa zwei Jahre alt war, bemerkten wir, dass Melodien und Rhythmen ihr Interesse weckten. Wir beschlossen,
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die Chance zu nutzen, denn zu diesem Zeitpunkt konnte sie
noch nicht einmal „Mama“ sagen.
Neben Krankengymnastik und Sprachtherapie, die Karin jeden Tag durchführte, entwickelte ich deshalb eine Art „SingSprachübung-Show“, mit der ich versuchte, Klein-Susis Interesse an der Musik dazu zu nutzen, sie zum Mitmachen zu
bewegen, selbst Silben und Laute gezielt zu bilden.
Und das ging so: Ich bespielte eine Kassette mit Musik von
der ich wusste, dass Susi darauf mit Freude reagierte. Dann
setzte ich ihr den Kopfhörer auf und ab ging die Post. Ihre
Konzentration erreichte den Höhepunkt, wenn Ihre Lieblingsmelodie (Popkorn) erklang. „Unfairerweise“ schaltete ich dann
ab und überschüttete Susi mit Lauten wie Mamama, Mememe,
Lalala, Lelele etc.
Sobald ich merkte, dass ihr Interesse nachließ, schaltete ich
die Musik wieder ein.
So berieselten wir Susi täglich stundenlang – zuerst einmal
leider ohne Erfolg. Aber ich wollte einfach nicht aufgeben.
Nach einigen Monaten glaubten wir unseren Ohren nicht zu
trauen, als sie plötzlich anfing, Laute vor sich hin zu sprechen
und irgendwann fiel auch das Wort „Mama“ Es dauerte nicht
lange und es folgte „Papa“. Das Tollste daran: sie konnte diese Worte auch richtig zuordnen.
Der Knoten war geplatzt und Susi konnte, wenn auch in kleinen Schritten, die Welt der Sprache erobern. Als ich in den
80er Jahren dann die Karaoke-Maschine in Asien entdeckte,
war mir sofort klar, hier ein Instrument gefunden zu haben,
das durch Freude und Spaß spielerisch das Lernen von Ausdruck und Sprache enorm fördern würde.
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Und ganz nebenbei entwickelt sich für Susi und mich ein schönes Hobby daraus. Wir konnten über die Jahre viel gemeinsame Freude und Verbundenheit daraus ziehen.
Und manchmal Wenn Susi ihre Mitbewohner zur Party einlädt und Mama als „Gastsängerin“ auftritt, dann wackelt die
Hütte und alle machen begeistert mit.
Unser Anfangsmotto, niemals aufzugeben und unsere Ziele
mit Susi immer höher und weiter zu stecken zahlten sich über
mehr als 30 Jahre auf eine Weise aus, die uns zu Anfang kein
Arzt vorher zu sagen gewagt hätte. Im Gegenteil: Die Prognosen waren anfangs regelrecht niederschmetternd gewesen.
Davon haben wir uns aber nie entmutigen lassen.
Wir erreichten, dass Susi sich heute verbal gut mitteilen kann,
ihren Rollstuhl bestens beherrscht und sich zu einem selbstbestimmten, entschlossenen Charakter entwickelt hat. Es ist
schon ein Phänomen, wie optimistisch und lebensbejahend
sie ihre Behinderung meistert. Susis Sozialverhalten ist sehr
stark ausgeprägt.
Sie ist immer gerne bereit, allen zu helfen und hat Talent schnelle optimistische Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen.
Selbst „Blacky“ unser Mix aus Labrador und Rottweiler scheint
ihrem Charme erlegen zu sein. Als Susis bester Freund lässt
er sich knubbeln und zosseln von ihr. Trotzdem hat er immer
ein wachsames Auge auf Susi, denn instinktiv scheint er zu
spüren, das er sie beschützen muss.
Um die Zukunft unserer Tochter über unsere eigene Leistungsfähigkeit und Lebensspanne hinaus zu sichern, bekam sie vor
etwa 10 Jahren noch ein zweites Zuhause: ein hübsches Apartment mit Garten in einem schön gelegenen Wohnheim nicht
weit von uns entfernt.
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Mit anderen behinderten Mitbewohnern, die jetzt auch ihre
Familie geworden sind, werden Freud und Leid des Lebens
geteilt. Tagsüber arbeiten alle in einer „Beschützenden Werkstatt“. Am Wochenende kommt sie uns besuchen, immer gespannt darauf, was wir uns wieder Neues ausgedacht haben.
Die Bewohner haben großes Glück mit ihren Betreuern, denn
„die ganze Crew“ ist hoch motiviert. Die Planung und Strategie der Betreuung in diesem Wohnheim hier im oberbergischen
Wiehl kann man ohne zu übertreiben wohl als Vorzeigemodell
bezeichnen.
Susis Geschichte wird oft unterschiedlich aufgefasst. Die
meisten Menschen hier in Deutschland reagieren mit: „Oh
Gott, das arme Kind“ oder „Da habt Ihr aber Pech gehabt.“
Menschen auf der Südhalbkugel der Erde hingegen scheinen
alles ganz anders zu beurteilen.
Nachdem sie unsere Tochter kennen gelernt haben, hören wir
oft „Susi ist ein ganz besonderes Kind und nun wissen wir
auch, warum ihr so viele glückliche Paare zusammen bringen
konntet.
Durch die Situation mit Susi hat sich ein ausgeprägtes Feingefühl für die wirklichen Bedürfnisse der Menschen bei euch
entwickelt. Diese Äußerungen bestärken uns immer wieder
darin: Wir sind auf dem richtigen Weg.
Fakt ist, dass wir unendlich viel durch Susis offene Art, die
nichts Falsches kennt, gelernt haben. Sie hat uns gezeigt wie
unendlich stark ein Mensch sein kann und gleichzeitig wie
zerbrechlich. Dazu gehören manchmal nur Sekunden im Leben.
Susi profitierte im Laufe ihres Lebens sehr durch die Menschen verschiedener Kulturen und Rassen, die in unserem
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Hause zu Gast waren. Multi-Kulti war von Anfang an die
Normalität für sie.
Noch heute hat sie viele Freundinnen verschiedener Nationalitäten die sie oft besuchen und mittlerweile schon ihre eigenen Kinder mitbringen.
Und wenn wir heute mit unserer Tochter Susi gemeinsam singen und auf diese Weise das Leben feiern können, wissen wir:
Glück ist keine Frage eines perfekten Körpers oder eines
„normgerechten“ Geistes – Glück ist eine Sache des Herzens
und der Liebe, die man mit seinem Partner, seinen Kindern
und seiner Familie teilt.
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Ein indischer Guru in Hongkong
Nachdem wir auf den Philippinen Fuß gefasst hatten, ging es
darum, die einheimischen Mitarbeiterinnen unserer Agentur
mit der europäischen Kultur vertraut zu machen. So sollten
auch sie in die Lage versetzt werden, die partnersuchenden
Frauen umfassend über Deutschland und seine Menschen zu
informieren. Schließlich würde die Partnerschaft mit einem
deutschen Mann in der Regel auch ein Leben in unserem Land
bedeuten – und darauf sollte man schon gut vorbereitet sein.
Wir schickten also Fotos und Filme über Deutschland zu den
Philippinen und sorgten dafür, dass unsere Klientinnen am
Goethe-Institut in Manila Deutschkurse besuchen konnten.
Um schneller und effektiver arbeiten zu können, beschlossen
wir, unser Büro in Manila technisch auf den allerneuesten
Stand zu bringen. Das Telefax war gerade erfunden und stellte eine riesige Erleichterung dar.
Musste zuvor jedes Foto und jedes Dokument mit wochenlanger Verzögerung per Post versandt werden, so konnten wir
nun in Minuten reagieren, was natürlich eine enorme Zeitersparnis für alle Beteiligten war.
Da die neue Technik auf den Philippinen sehr teuer war, kauften wir damals alle elektronischen Geräte, die wir benötigten
(Telefax, Fotoapparate, Video-Kameras, Zubehör etc.) in
Hongkong – damals noch britische Kronkolonie. Hier zahlten
wir nur einen Bruchteil der Summe, die in Deutschland oder
auf den Philippinen fällig geworden wäre.
Bei dieser Gelegenheit besuchten wir auch die anderen südasiatischen Staaten (Thailand, Singapur, Malaysia, Indonesien)
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um auch hier nach neuen Möglichkeiten der Partnervermittlung Ausschau zu halten.
Doch wir stellten relativ schnell fest, dass unsere Wahl mit
den Philippinen einfach optimal war.
Aufgrund der historischen Gegebenheiten hatten die Menschen
hier schlichtweg die meisten Erfahrungen mit der europäischen- und auch der amerikanischen Kultur. Auch die gemeinsame christliche Religion bildete eine tragfähige interkulturelle Brücke.
Obendrein sprachen fast alle Philippininnen neben ihrer Muttersprache Tagalog oder Visayan auch ein brauchbares Englisch. Das beste Argument aber waren die Philippininnen
selbst: Ihr sanfter Charme und ihr Familiensinn bezauberte
jeden. Selbst bärbeißige Kandidaten konnten sich ihrer Anmut nicht entziehen und so mancher grimmigen Schwiegermutter wurde angesichts des entwaffnenden Lächelns einfach
der Wind aus den Segeln genommen.
Also blieben wir einfach dabei: Die Philippinen waren unser
asiatisches Zuhause und sollten es auch bleiben.
Über die Jahre bestätigte sich unsere Entscheidung in Tausenden von glücklichen Beziehungen und Eheschließungen. Wir
arbeiteten schon 10 Jahre sehr erfolgreich mit den Philippinen, als wir wieder mal zum Shopping nach Hongkong flogen.
Neben den üblichen Technik-Einkäufen und Büromaterialien
wollte ich mir noch ein paar Anzüge schneidern lassen.
Hongkong ist berühmt für seine Schneider, die wirklich ihr
Handwerk verstehen und innerhalb von 48 Stunden Maßan144
züge in ausgezeichneter Qualität anfertigen. Das Ganze natürlich zu günstigen Preisen.
(Man sollte sich aber nicht dazu verleiten lassen, den erstbesten Schneider zu engagieren, unbedarfte Touristen werden gern
übers Ohr gehauen, speziell bei der Materialqualität und bei
der Verarbeitung. Wer sich aber ein bisschen auskennt, findet
hier erstklassige Leistung zu unschlagbaren Preisen.)
Auf der Nathan Road, Hongkongs Verkaufsmeile Nr. 1, fand
ich einen indischen Schneider, mit dem ich schnell handelseinig
wurde. Ich wählte Stoffe und Verarbeitungsdetails aus und er
sagte mir in gut verständlichem Englisch, dass ich am nächsten Morgen zur ersten Anprobe kommen solle.
So machten wir uns tags darauf nach einem ausgiebigen Frühstück auf den Weg zur Anprobe. Aber es war wie verhext: ich
fand den Laden des Inders nicht mehr. Da dieser ja nun unmöglich verschwunden sein konnte, beschloss ich, einfach
jemanden anzusprechen, der „indisch“ aussähe.
Das hört sich vielleicht im ersten Moment lächerlich an, aber
Sie müssen sich das so vorstellen: Die Nathan Road ist ein
Meer von Menschen. Tausende schwarzhaariger Köpfe wogen dicht gedrängt auf und ab. Als hochgewachsener Europäer ragt man etwa um Haupteslänge aus diesem Meer heraus
und wird „umspült“ von der Masse der vorbei eilenden Passanten.
Auf gut Glück steuerte ich also auf einen im Menschenmeer
schwimmenden indischen Turban zu. Ich sprach ihn auf Englisch an – in der vagen Hoffnung, Hilfe oder zumindest einen
ungefähren Tipp für meine Suche zu erhalten.
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Tatsächlich kannte der Inder den Schneider und versprach mir,
uns zu ihm zu bringen. Auf dem Wege durch das Gewühl bemerkte ich, dass unser Führer mich unauffällig von der Seite
musterte. Inzwischen war ich Blicke dieser Art aber gewohnt.
Wie üblich in Hongkong erfolgte auf diese Weise eine Art
allgemeiner Check-up, um mich einzuordnen. Dann überlegt
man sich die passende Strategie, um ins Gespräch zu kommen
und mit etwas Geschick am Ende der Geschichte um ein paar
Dollars reicher zufrieden weiter zu ziehen.
Während ich nun meinerseits die Erscheinung dieses Inders
noch einzuschätzen versuchte und den gepflegten Bart, die
elegante, indische Kleidung samt Turban meiner persönlichen
Art von „Qualitätsprüfung“ unterzog, bemerkte ich auch eine
weniger attraktive Gestalt, die uns mit etwas Abstand folgte.
Seine Kleidung war weniger aufwändig und etwas unordentlich.
Später sollte es sich herausstellen, dass dieser Mann der Diener der vornehmen Gestalt des anderen Inders war.
Wir waren schon einige Zeit gegangen und die Musterung und
Einschätzung meiner Person war wohl inzwischen abgeschlossen, als unser gut gewandeter Wegweiser mich ansprach und
sagte: „Sahib, mein Freund, wir sollten uns unbedingt einmal
unterhalten.“ Ich lächelte höflich zurück und sagte, dass das
auch meine Meinung wäre und sich bestimmt noch einmal
eine gute Gelegenheit hierzu bieten würde.
Natürlich war dies eine Ausrede, denn ich wollte tatsächlich
keine Zeit verlieren, nur weil mein Gegenüber ein paar Dollars brauchte. Doch er ließ sich nicht abweisen, lächelte und
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sagte, dass er wirklich Verständnis für die Verschiebung habe,
aber dieses Gespräch sei für mein Leben von großer Bedeutung.
Er sei ein Guru, ein heiliger Mann und könne mir meine Zukunft voraussagen. Das würde er nicht jedem anbieten, aber
als er mich gesehen habe, habe ihm der große Geist mitgeteilt, das ich etwas Besonderes sei und dass er mir seine Fähigkeiten zur Verfügung stellen solle.
Toll, das Schicksal wollte es so, dass ich aus Tausenden von
Menschen, mir diesen heiligen Mann ausgewählt hatte, der
natürlich nur für mich gekommen war. Das ging natürlich runter wie Himbeereis zum Frühstück, aber schnell verließ ich
diese Wolke 7 wieder.
Mir war klar, dass ich ein sehr geschicktes Exemplar im Umgang mit Menschen vor mir hatte. Mit ein paar netten Sprüchen, einem tiefen, viel sagendem Blick in die Augen und der
Übermittlung des Gefühls, mehr zu wissen als die Anderen,
lassen sich doch schnell ein paar Dollar nebenher verdienen.
Mit meiner europäischen Logik hatte ich ihn durchschaut,
dachte ich und außerdem fehlte mir ja jede Kontrollmöglichkeit
des Gesagten. Die Zukunft kann ich nicht kontrollieren. Ich
beschloss, um aus dieser Situation herauszukommen, ein großes Geschütz aufzufahren.
Mit Sicherheit würde er dann nie wieder mit mir darüber sprechen wollen: Also sagte ich ihm, dass ich es ganz phantastisch finde, dass gerade er meinen Lebensweg gekreuzt habe
und fragte ihn ohne Umschweife: „Wie viel Geld wirst Du für
Deine Dienste von mir verlangen?“
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Das war mehr als unhöflich für asiatische Umgangsformen
und löste auch den beabsichtigten Schock aus. Seine Augenlider zuckten etwas und mir tat er schon richtig leid, war er
doch so freundlich und wollte mich zu meinem Schneider bringen. Er musterte mich erneut von oben bis unten und schmunzelte dann zu meiner Überraschung.
„Mach Dir keine Gedanken, Sahib, was ich Dir mitzuteilen
habe, wird Dich keinen Cent kosten und es ist mir eine persönliche Ehre und Verpflichtung.“ Jetzt reagierte ich schnell
und sagte: „ O.k. Du hast Recht, das machen wir jetzt.“
Ich hatte zwar keine Sinneswandlung erfahren, war aber höchst
neugierig, mit welcher cleveren Strategie er am Ende doch
noch an sein Geld kommen wollte.
Also suchten wir uns fern vom Gewühl der Menschen, ein
kleines ruhiges Cafe aus, wo wir uns zusammen setzten. Kaum
hatten wir uns gesetzt, legte sich sein Diener unter den Tisch
in der Ecke, rollte sich zusammen und schlief ein. Dann bat
mich der Guru um meine Hände.
Er zeichnete die Umrisse auf ein Papier auf und fing an, die
einzelnen Linien auf den Innenseiten meiner Hände zu erklären.
An dieser Stelle muss ich sagen, dass er wirklich gar nichts
von uns wusste, außer dass wir aus Deutschland kämen. Das
Gleiche machte er dann mit Karins Händen.
Danach beschrieb er ein Blatt Papier, gab es mir und sagte,
ich möchte es gut aufbewahren. Dann begann er über meine
Familie und meine Vergangenheit zu sprechen. Ich war mehr
als erstaunt. Alles, was er sagte, war so, als wäre er dabei
gewesen.
148
Es war kein: Es könnte mal, vielleicht etc., sondern so klar
und eindeutig, dass ich mir schon Gedanken machte, wer mir
hier einen üblen Streich spielen würde.
Aber niemand konnte mir den Guru untergeschoben haben,
denn ich selbst hatte ihn ja aus der Masse ausgewählt. Also
doch Schicksal?
Im Laufe unseres Gespräches hatte ich natürlich Fragen oder
besser: Ich wollte ihn testen und aufs Glatteis führen. Wir
sprachen über meine Familie und ich fragte ihn, wie groß denn
meine Familie sei. Er antwortete: „3 Personen“ und schon sah
ich die Möglichkeit, in festzunageln, denn wir waren 4 Personen, mein Vater, meine Mutter, mein Bruder und ich. Um keine Ausrede gelten zu lassen, fragte ich in dreimal, und er gab
immer die gleiche Antwort.
Als ich ihm mittelte, dass wir doch 4 Personen sind, sagte er
mir, das könne nicht sein. Na ja, aber ich kenne doch meine
Familie seit meiner Geburt und kann mir doch nicht alles eingebildet haben.
Er blieb aber bei seiner Zahl „3“ - Er war kein bisschen aufgeregt oder nervös, wie wir es wohl wären, wenn wir das Gefühl
hätten, Du bist aufgefallen.
Als ich ihn noch einmal darauf hin wies, lächelte er seltsam
und meinte, er würde alles nur weitergeben und ich müsse
selbst entscheiden, was ich mit seiner Antwort anfange. Deshalb könne er mir auch keine weiteren Erklärungen geben.
Ich fing an, die Dinge anders zu sehen und sagte ihm, dass
mein Vater vor einigen Wochen verstorben war.
Er sagte ohne Triumph in der Stimme, dann ist die Anzahl 3
149
doch richtig, denn Tote gehören nicht mehr in unsere Welt –
sie zählen nicht mehr.
Langsam wurde es für mich spannend und ich hatte längst
nicht mehr den Eindruck, einen Sprücheklopfer, der nur etwas Geld verdienen wollte, vor mir zu haben. Ich war nun
hoch interessiert, was noch passieren würde.
Ich will hier nicht die vielen kleinen Episoden aus meiner
Vergangenheit erzählen, die dieser Mann noch einmal hat aufleben lassen, aber mir war nun klar, dass ich es mit einem
„Könner“ zu tun hatte, wenn man so etwas von einem indischen Guru sagen sollte.
So interessant die Vergangenheit auch war, umso spannender
fand ich es doch, als wir zur Gegenwart und Zukunft kamen.
Da wir ohnehin über Gott und die Welt sprachen, konnten wir
bei Gott direkt weiter machen. Ich fragte ihn: Wer hat denn
nun den richtigen Gott auf dieser Welt? Sind es die Christen,
Moslems, Hindus, Buddhisten oder wer?
Er lächelte wieder und sagte: „Das ist doch ganz einfach.“
„Einfach?“ sagte ich. „Wo sich seit Jahrtausenden die Menschen Kriege liefern um den „richtigen Gott“, und noch nicht
einmal davor zurückschrecken, auch noch zu behaupten, im
Namen Gottes zu handeln, zu richten und sogar zu töten, was
im Kriegsfall natürlich für alle Beteiligten gilt.
Also, alle Krieger haben den richtigen Gott, kämpfen mit
Gottes Hilfe und erflehen den Sieg über die Anderen bzw. die
Vernichtung derselben natürlich durch Gott. Was soll dieser
arme Gott tun, auf welche Seite soll er sich schlagen?
Der Gute muss ja richtig verzweifelt sein, wenn er sich diesen
Schwachsinn anhören muss, danach hat natürlich jede der
150
Kriegsparteien den einzig wahren Gott und die Anderen haben natürlich den Falschen und da sagst Du mir locker, das ist
alles kein Problem und doch so einfach?
Während ein Teil dieser Welt ständig versucht, die anderen zu
vernichten oder bestenfalls zu bekehren?“
„Ja.“ sagte er in ruhigem Ton. „Du hast Recht, aber die Menschen lassen sich verführen. Anstatt in sich selbst hinein zu
horchen, wo sie die Antwort finden würden, laufen sie den
falschen Propheten nach und lassen sich für deren Interessen
einspannen. So geht es am Ende nicht mehr um Gottes Interessen, sondern ausschließlich um die eigenen.“ „Schau,“ sagte er und lächelte wieder.
„Schau Dir all diese Götter an und prüfe sie in Deinem Herzen und zu dem Gott, zu dem Dein Herz drängt und zu dem
Du die besten Gefühle hast, das ist Dein Gott und er ist der
Richtige.
Höre auf ihn und Du wirst glücklich und zufrieden mit ihm
leben können. Ich war verdutzt über diese Antwort, denn so
hatte ich das noch nie gesehen. Aber in meinem Inneren begriff ich, dass er Recht hatte.
Was wäre ich wohl, wenn ich in Bagdad zur Welt gekommen
wäre: Christ oder Moslem? Wahrscheinlich zu 95% Moslem,
umgekehrt gilt das Gleiche für alle Religionen. Es ist also
nicht die Religion dafür verantwortlich, welcher ich angehöre, sondern meine Geburt, mein Umfeld und wie ich erzogen
werde.
Zumindest zu 90 %, denn nur wenige Menschen ändern im
Laufe ihres Lebens ihre Religion, die Meisten bleiben, was
sie sind. Nachdem wir das Thema „Gott und die Welt“ verlas151
sen hatten, sprachen wir über die Zukunft.
Er sagte mir, dass ich viel bewirken könne in meinem Leben
und den Menschen viel Gutes tun würde. Deshalb sähe er auch,
dass ich so viel Liebe schenken würde, wie er es noch bei
keinem Menschen gesehen hätte. Gleichzeitig bemerkte er
auch, dass dies eigentlich nicht möglich wäre, denn ein einzelner Mensch könne nicht so viel Liebe geben.
Ein Widerspruch in sich und sofort hakte ich ein und fragte
ihn wieder drei mal, damit kein Missverständnis zwischen uns
herrsche. Also, ich gebe so viel Liebe - aber das ist für einen
einzelnen Menschen nicht möglich? Also, was nun. Er sagte,
er kann es nicht begründen, aber er sehe es so. Interpretieren
sollte ich selbst.
Langsam dämmerte es bei mir. Da er ja nichts über mich wusste, außer, dass ich aus Deutschland kam, kannte er ja auch
meine berufliche Tätigkeit nicht. Nachdem ich ihm erklärt
hatte, dass ich eine Internationale Partnerschafts- und Ehevermittlung betreibe, sagte er ohne Erstaunen: „Da hast Du ja
Deine Antwort. Deshalb habe ich so viel Liebe gesehen.
Gemeint sind die Partnersuchenden, welche sich an Dich wenden.“ Langsam beschlich mich das fast unheimliche Gefühl,
dass ich das seltene Glück oder „Schicksal“ hatte, hier einen
außergewöhnlichen Menschen getroffen zu haben.
Wir sprachen noch über viele Dinge und irgendwann bemerkten Karin und ich erstaunt, dass es inzwischen Nacht geworden war. Das Anprobieren meiner Anzüge hatte ich total vergessen. Er sagte mir noch, er würde morgen nach Neu Delhi
zurück kehren und auch ich würde Hongkong in 2 Tagen verlassen.
„O.K., dann werde ich Dich im nächsten Jahr, wenn ich nach
152
Asien komme, in Neu Delhi besuchen, und wenn Du damit
einverstanden bist, zwei Wochen bei Dir verbringen.“
Da lächelte er wieder in seiner gütigen und unaufdringlichen
Art und sagte: „Sahib, wir werden uns nicht wieder sehen,
denn das Schicksal hat es anders bestimmt.
„Moment, Moment mal“ erwiderte ich, wir haben doch soeben
besprochen, dass ich noch viele Jahre in meinem Beruf arbeiten werde! Oder fliegen keine Flugzeuge mehr?“ scherzte ich.
„Das schon“ sagte er „aber Du wirst im nächsten Jahr nach
Brasilien gehen. „Brasilien?“
Ich lachte: „Was soll ich in Brasilien, ich kenne das Land nicht
und noch nicht einmal einen Brasilianer.“ „Ich kann Dir nicht
sagen, warum, aber so wird es geschehen?“
Und er sollte Recht behalten. Ein Jahr später umspielten die
Wellen des Atlantiks unsere Füße in Salvador de Bahia in
Brasilien.
Aber das ist eine andere Geschichte. Ach ja, es sei noch erwähnt, dass ich den indischen Schneider wieder gefunden habe
und er wunderbare Anzüge für mich gearbeitet hat. Hongkongs
Schneider sind wirklich die besten auf der Welt.
153
Der größte Luxus ist die Liebe
Es gibt Menschen, die scheinen vom Schicksal mit allem beschenkt, was man sich wünschen kann: Ein großes Vermögen, ein blendendes Aussehen, ausgesuchte Manieren und ein
sonniges Gemüt, das sie zum gern gesehenen Gast in den exklusivsten Kreisen macht.
Zu diesen Lieblingen Fortunas gehörte auch Dr. Marcel M.
aus Süddeutschland: Im Laufe seines Arbeitslebens hatte er
ein durchaus beeindruckendes Vermögen erworben und in ganz
Europa Beziehungen geknüpft.
Seine Freizeit verbrachte er in seiner mondänen Villa in der
Schweiz oder auf seiner Yacht, die vorzugsweise in der Marina
von Cannes auf ihn wartete.
Lange Zeit hatte Dr. M. seine Privilegien unbekümmert genossen, mit einer Frau an seiner Seite, die in jeder Hinsicht
„standesgemäß“ war: Gepflegt, weltgewandt und ganz offensichtlich auch gelangweilt.
Das musste Marcel eines Tages schmerzvoll erfahren, als er
von einer Konferenz in Genf zurück kam und statt seiner Frau
ein paar ironische Zeilen vorfand, sie habe beschlossen, Ihr
Leben lieber mit ihrem persönlichen Fitness-Trainer zu verbringen als mit seinem Büro-Anrufbeantworter.
„Was für ein unglaublich peinliches Klischee!“, sagte er mir.
Aber nach einigen Tagen war der vermeintlich schlechte Scherz
zur bitteren Wahrheit geworden. Seine ehemalig von der Lokalpresse als „Traumhochzeit“ gefeierte Ehe lag in Scherben.
Und erstmals stellte sich der erfolgsverwöhnte Mann die Frage nach dem Sinn seines Lebens.
154
Die Erkenntnis, dass ihn sein bisheriges Leben nicht mehr
ausfüllte traf ihn wie ein Schlag. Er zog sich aus dem aktiven
Geschäft seines Unternehmens erst einmal zurück und machte sich auf die Suche nach einem neuen Sinn.
So flog er kreuz und quer über den Globus, besuchte Rallyes
in Afrika, Modenschauen in Paris, London und New York.
Er war überall dabei, wo etwas los war. Zuletzt landete er in
Tibet und auf Bali, wo er sich in die Religion des Buddhismus
vertiefte. „Drei Jahre nach meiner Scheidung kam ich mit der
Erkenntnis nach Deutschland zurück“, so gestand er, „dass
mein ganzes Vermögen, das ich erworben habe, mir keine
Zufriedenheit geben kann.“
Während mein Gast mir seine Lebensgeschichte erzählte, betrachtete ich ihn in aller Ruhe und versuchte mir ein Bild zu
machen, das mehr über seine inneren Werte als über seinen
Reichtum aussagte.
Er trug seinen Mailänder Maßanzug mit der Gelassenheit eines Mannes, der sich keine Gedanken über seinen Status machen muss.
Eitelkeit und Selbstverliebtheit schienen nicht zu seinen
Schwächen zu gehören – oder sie waren mit den Jahren von
ihm abgefallen.
Er klang aufrichtig als er sagte: „Mir fehlt die Liebe und Zärtlichkeit einer Lebenspartnerin, mit der ich alles gemeinsam
erleben und genießen kann.“
Ich antwortete ihm, dass es in seinem Umfeld, doch ganz bestimmt gut aussehende, intelligente und hochkarätige Damen
zu finden seien.
155
Da kräuselte er den Mund zu einem verschmitzten Lächeln
und sagte, wenn es danach gehe, dann fiele ihm die Wahl nicht
schwer. „Sehen sie, beispielsweise meine Sekretärin: hochqualifiziert, zuverlässig, ich kann sie tagelang alleine lassen,
Sie weiß immer, was zu tun ist und entscheidet in meinem
Sinne, so dass ich mir schon fast überflüssig vorkomme.
Darüber hinaus ist sie sehr attraktiv und kann sich bestens in
meinen Kreisen bewegen, also praktisch perfekt. Das ist aber
nichts für mein Herz und meine Seele. Das Perfekte und Rationale lässt keine wirklichen Gefühle zu.
Ich vermisse das ehrliche Gefühl, die Phantasie und die Fähigkeit, auch einmal ganz unkompliziert zu sein und los zu
lassen. Ich habe wirklich lange gesucht und herausgefunden,
dass nur das einfach Liebevolle und Spontane mein Herz
zutiefst berührt.
In Asien habe ich etwas gefunden, was tiefer geht und eine
große Bereicherung darstellt. Freude und Glücksgefühle, die
ich seit meiner Kindheit nicht mehr kannte, sind zurückgekehrt.
Es ist das richtige harmonische Miteinander der Partner und
Familien. Diese stehen im Vordergrund sagte Dr. Marcel. Ich
war richtig neidisch auf das ehrliche Lachen und die ungezwungene Art, wie die Leute miteinander umgingen.
Ich fühlte plötzlich, dass ich trotz aller materiellen Dinge, die
ich in meinem Leben erworben hatte, innerlich fror und mir
einsam und überflüssig vorkam.
Vielleicht habe ich gerade früh genug noch bemerkt, wie es in
meinem Innenleben aussieht. Ich möchte dieses unbedingt
ändern. Ich will nicht immer eine Art „privates Hof-Zeremo156
niell“ leben müssen, mit vorgeschriebenem Ablauf und einstudiertem Lächeln.“ Ich nickte.
Der Mann war es satt, immer nur schöne Fassaden aufrecht
halten zu müssen ohne dabei echte Liebe zu erfahren. Das
konnte ich bestens verstehen.
Nach gut 3 Stunden intensivem Gespräch waren wir uns einig. Wenn ich heute zurück blicke, sehe ich noch, wie er einige Damen auswählte (nach Alter, Beruf, Hobbys, Größe, Fotos etc.) zu denen er gerne Kontakt aufnehmen wollte. Vier
dieser Damen waren ernsthaft interessiert.
Nach zahlreichen Briefkontakten organisierten wir seine Reise nach Manila. Einige Zeit später hatten Marcel und Mercedes
sich gefunden und gaben sich 5 Monate später das Jawort.
Beide leben heute glücklich abwechselnd in seinen Villen in
Deutschland und der Schweiz.
Woher ich weiß, dass sie glücklich miteinander sind? Jedes
Jahr zu Weihnachten erreicht uns ein Kartengruß und eine
kleine Aufmerksamkeit. Wir wissen auch, dass das Glück der
beiden vollkommen ist, seit mit der Geburt der kleinen Tochter Carmen Imelda ihr Leben noch um ein Vielfaches reicher
wurde.
157
Die Doppelverlobung - Karibik
Diese wunderbare Originalgeschichte wurde mir vor einigen
Tagen von unserem „Mann in der Karibik“ per E-Mail weitergeleitet. Die Doppelverlobung fand Anfang August 2007
statt. Am Schluss der Geschichte lesen Sie deshalb noch einige persönliche Worte vom Leiter unseres Auslandsbüros in
der Dominikanischen Republik – und seiner dort geborenen
Frau.
„Mein Name ist Dieter. Ich bin 41 Jahre alt und tätig bei einer
großen Computerfirma bei Zürich in der Schweiz. Der Job ist
fordernd, man verdient Geld, nur fragt man sich immer wieder
kurz vor Wochenende, wofür das alles, wenn man dann von
Freitagabend bis Montagfrüh mutterseelenallein ist?
Man schlägt sich zwar die Zeit tot, spricht mal in einem Bistro oder im Fitness - Center eine Frau an, …. Manchmal glaubt
man sogar Erfolg zu haben, weil man eine Nacht neben einer
Frau liegen, sie im Arm halten darf, aber sie bleibt noch nicht
mal zum Frühstück und geht wieder ihre eigenen verschlungenen und unnahbaren Karrierewege.
Wann darf ich mich wieder verlieben? Gibt es so etwas noch,
wenn man mal über die 40 ist?
Seit Monaten immer wieder die gleichen Fragen, die mich
manchmal Schlaflosigkeit und Nerven kosteten. Bin ich etwa
schon alt? Was habe ich falsch gemacht? Ist Verlieben nur für
die 20jaehrigen und dann ist alles aus?
Ich sehe ganz normal aus, bin schlank, groß, mittelblonde
158
Haare, mache gerne Sport, sehe mich als aktiven Menschen.
Ich bin groß geworden in einer Kleinstadt am Bodensee und
alles schaute mal so aus, dass ich mal ein ganz normaler Familienvater werden sollte. Vorbild waren immer meine Eltern,
die eine sehr romantische, harmonische Beziehung führten –
aber alles kam ganz anders.
Zum ersten Mal richtig enttäuscht wurde ich noch bevor ich
Dreißig wurde. Da verließ mich meine langjährige Verlobte,
weil sie sich nach 4 Jahren in einen anderen Mann verliebte,
der immer schon früher von der Arbeit zu Hause war als ich.
Aber dann hatte ich eine sehr schöne Beziehung, wo meines
Erachtens alles perfekt war. Sie war hübsch, nett, intelligent,
wir beide hatten einen guten Job, ich wollte sie unbedingt
bald heiraten, wir kamen schon ins dritte Jahr…….
Eines unerwarteten Tages aber kam sie nach Hause und meinte eiskalt, die Liebe sei nun vorbei, denn sie hätte eine neue
Stelle in Norddeutschland und müsste mich dafür in 3 Wochen verlassen. Sie würde ihre Karriere nicht wegen eines
Freundes opfern! Wow! Das musste ich erst mal verdauen!
Wie kann man eine Liebe vergessen wollen, nur weil man in
einer anderen Stadt bessere Chancen hat? Warum machte sie
mir nicht den Vorschlag, dass wir Beide nun in dieser Region
nach einer neuen Stelle für uns Ausschau halten? Sie verschwand Tage später und reagierte nur noch, als ob ich ein
störender Bruder in ihrem Leben gewesen bin.
Ich bin ein sensibler Mensch und das waren meine härtesten
Tage. Ich verlor die Lust am Essen, am Sport, die Freude auf
das Wochenende war tot.
159
Inzwischen ist das zwei Jahre her. In der Zwischenzeit fragte
ich mich immer wieder, wo denn eigentlich noch Menschen
wohnen, die aus Herzlichkeit und Liebenswürdigkeit, mit viel
Fröhlichkeit und positiver Beziehungsenergie ihre Leben und
ihre Liebe zu schätzen wissen? Wo gibt es Paare, die glücklich sind?
Wo findet man Frauen, die noch ganz normale Ehen führen
möchten, die Wert auf Zweisamkeit und Zärtlichkeit legen,
die sich niemals von ihrem Liebsten trennen wollen?
Ich surfte dann eines Abends einfach mal durch verschiedene
Partnerschafts-Portale und wusste gar nicht, dass auf anderen
Kontinenten genau das Gegenteil vorherrscht. Dort gibt es
unzählige hübsche liebevolle Frauen, die treu sind, die sich
nach einer Partnerschaft sehnen, die Kinder haben wollen, …
aber damit in ihrem eigenen Land Probleme haben!
Während ich ziellos suchte, lächelte mir plötzlich ein zartes
karamellfarbenes Frauengesicht entgegen. Es gefiel mir und
ich schaute genauer hin: Wo war ich denn nun genau gelandet. Aha, „Traumfrauen.de“. Und das hübsche girl hieß Sueli.
Sie lebte in der Dominikanischen Republik und suchte einen
treuen Partner. Ich blätterte weiter durch die Galerie der
Partnervermittlung und fand eine weitere wunderhübsche Frau,
die mit gefiel und deren Interessen und Partnerwünsche auch
zu mir passten.
Also entschied ich mich, der Sache eine Chance zu geben.
Über das Portal hatte ich die Möglichkeit, die Frauen anzuschreiben. Das tat ich dann auch. Beide antworteten mir und
eine sandte mir sogar neue Fotos extra für mich. Ich war an160
getan von den Antworten, von ihren Vorstellungen, und machte
mich direkt auf den Weg – ich veranlasste sofort einen Urlaub
und landete wenige Tage später auf einen Flughafen mitten in
der Karibik.
Es war dann alles wie ein Traum.
Ich landete in einer für mich unbekannten Welt, die ich nur
von Filmen kannte. Man denkt da an Piraten, Eroberer. Indianer, die vor Hunderten von Jahren mit Pfeilschwärmen auf
die an Land gehenden Seemänner losgingen, man denkt an
Gold, Tempelstätten, Palmenwälder, Dschungel und verschlungene Flüsse, Ureinwohner, Krokodile, das Schreien von Affen nachts in den Bäumen, wunderhübsche Frauen, die Fremde verheißungsvoll anstrahlen, wenn sie erst mal die Sympathie der Bevölkerung gewonnen haben. Schiffe, mit denen die
spanische Königin Isabel Christoph Kolumbus in unbekannte
Gewässer sandte, ….. Stürme, hohe Wellen, Abenteuer, ein
neues Leben.
So weit meine Phantasie. In der Tat war alles sehr viel entspannter und angenehmer. Ich wurde von einem netten deutschdominikanischen Ehepaar abgeholt, die mir dann die Frau
vorstellten, die eventuell meine Zukünftige sein konnte. Wir
umarmten uns, wir gaben uns einen Kuss und dann fuhr uns
unser deutscher Begleiter mit seiner Frau in ein sehr romantisches Restaurant an einem Strand, wo das Glitzern der Sonne
am Horizont gerade die nahende Nacht verkündete.
Wir unterhielten uns prächtig, alles schien so natürlich, ich
hatte das Gefühl, sie schon lange, lange, zu kennen.
161
In der ersten Nacht schlief ich sehr gut in meinem, von der
Partneragentur gebuchten Hotelzimmer. Ich wusste, dass ich
nicht umsonst gekommen war, ich spürte, dass hier in dieser
fernen Welt der Mensch, die Liebenswürdigkeit und Natürlichkeit noch eine große Rolle spielten. Das Leben auf den
Straßen, immer spielt irgendwo Musik, die Einheimischen lachen einem zu, wenn man irgendwo neu auftaucht, bekommt
man sofort von Jemandem Kaffee angeboten und die Familie
vorgestellt, wird eingeladen, ….. alles ist so anders als bei
uns in der kühlen Schweiz.
Man hat noch Freude an den kleinen Dingen am Leben, spielt
mit Kindern unkompliziert, unterhält sich mit jedem Nachbarn, der gerade gute Laune hat, ist immer für ein Gespräch
offen, tanzt auch mal schnell da, wo eben gerade Leute stehen
und Musik zu hören ist,
Und SIE!!!!
Sueli, sie ist 26 Jahre alt, hat lange glänzende Haare, karibisches Flair, schlank, mittelgroß und vom Lächeln und ihrer
bezaubernden Art genau meine Traumfrau. Sie nimmt sich
jeden Tag für mich Zeit und hat sich von ihrer Arbeit – sie ist
Leiterin eines kleinen Supermarkts – Urlaub geben lassen. Sie
und ihr Wesen haben mich wie ein Schlag getroffen.
Am nächsten Morgen holte sie mich dann ab. Wir fuhren den
ganzen Tag in die Natur, sie zeigte mir die Berge, wir spazierten etwas an Flüssen, machten viele Fotos an einem Wasserfall und lachten viel miteinander. Das deutsch-dominikanische
Ehepaar stand uns immer als Dolmetscher und Eisbrecher zur
Verfügung.
162
Sie unterhielten uns fantastisch und wussten immer alles so
zu organisieren, dass wir uns bestens kennen lernen konnten
und gleichzeitig viel vom Land und den Leuten des normalen
dominikanischen Lebens, fernab vom Massentourismus, zu
zeigen.
Schon nach wenigen Tagen konnte ich viele Spanische Wörter und Sueli war auch ganz darauf aus, dass ich automatisch
viel lernte. Wir sprachen alle Worte, die ich kannte zusammen aus, wir deuteten auf Objekte, die ich dann zu übersetzen
hatte und alleine das war oft ein stundenlanger Spaß.
Am dritten Tag war nun die Vorstellung bei ihrer Familie. Sueli
holte mich frühmorgens ab und wir fuhren mit der deutsch
sprechenden karibischen Frau des Partnerbüro-Leiters – zu
ihren Eltern. Meine Aufregung legte sich schnell, als ich ganz
herzlich bei Vater, Mutter, Oma, Opa, vielen Nichten und
Neffen und Cousins vorgestellt wurde. Sueli zeigte mir vor
dem Mittagessen sämtliche Waldwege, die sie als Kind rauf
und runter getobt war. Wir nahmen uns immer an der Hand
oder hielten eng umschlungen an den idyllischen Plätzen.
Ich fühlte mich so verliebt wie nie zuvor. Hier musste man
nichts erzwingen oder hoffen. Alles war so natürlich und harmonisch. Wir wussten, dass uns nun niemand mehr trennen
konnte. Wir brauchten dazu keine Worte.
Mittlerweile sind wir verlobt und wie es der Zufall so wollte,
lernten wir in der gleichen Woche noch ein weiteres Paar kennen, das sich auch über die Vermittlung unserer „Liebesboten“
von „Traumfrauen.de“ gefunden hatte. Der Name des Mannes ist Torsten, seine Traumkandidatin heißt Desiree. Wir
163
waren für einige Tage fast immer mit diesem neuen Paar aus.
Es war unser Wunsch und es war lustig. Unsere deutschdominikanischen Betreuer brachten uns Vier an alle möglichen Orte. Es fehlte nicht die interessante Kolonialzone in
Santo Domingo, ein Höhlensee, eine kleine Bergtour, diverse
Badestellen in der wundervollen Natur, Picknicks an Lagunen, Erkunden von einsamen Stränden im Nordwesten, …….
Wir verlobten uns am gleichen Tag, und denken, dass wir auch
in Zukunft viel Zeit zusammen verbringen werden, wenn unsere Verlobten erst mal bei uns in der Schweiz wohnten.
Ich kann es kaum erwarten, Sueli meine Heimat zu zeigen, so
wie sie mir die ihre gezeigt hat – voller Liebe und mit treuem
Herzen.“
Nachwort vom leitenden Ehepaar unseres Auslandsbüros
in der Dominikanischen Republik:
Wie gesagt, mittlerweile sind beide Paare verlobt, sie haben
sich entschieden das Ereignis hier vor Ort gemeinsam zu feiern.
Bald werden die beiden Paare ihr Leben gemeinsam in der
Schweiz weiter führen. Wir drücken allen Vier die Daumen,
dass sie das – wie schon Hunderte unserer Paare zuvor tun Mit Verständnis füreinander, mit viel Zärtlichkeit, mit viel
Freundlichkeit, mit gemeinsamen Interessen, mit dem Wunsch,
die Freizeit zusammen verbringen zu wollen, in Harmonie zu
leben.
Wir durften es miterleben und wir sind immer stolz, wenn uns
das gelingt: Alles dafür zu tun, unseren Beruf mit Hingabe
164
auszuüben, für ein Ziel: Eine neue Liebe zu schaffen………….
Das war die kleine Geschichte von Dieter und Torsten.
165
Das Peruanische Abenteuer
Zwei Beamte der Militärpolizei kamen auf mich zu und fragten mich mit einem süffisanten Lächeln, während ich in die
Mündungen Ihrer Pistolen blickte: „Was haben wir denn Schönes im Koffer und was verschafft uns die Ehre Ihres Besuches
hier in Peru, Senhor??“ Mein Hemd war klatschnass und klebte
an meinem Körper.
Interessant war, dass meine Hände trocken waren. Gerade, als
ich nach der Waffe des einen greifen wollte, hörte ich eine
Frauenstimme, die mir befahl, mich anzuschnallen und den
Sitz senkrecht zu stellen, da wir in wenigen Minuten in Lima
landen würden.
Langsam kam ich zu mir und begriff, dass es sich Gott sei
Dank nur um einen Alptraum gehandelt hatte. Das Ende dieses Traumes wollte ich gar nicht mehr wissen.
In ein paar Minuten würde ich ja dann ohnehin die Wirklichkeit erleben. Seit unzähligen Stunden waren wir nun unterwegs
mit einigen Zwischenlandungen und Wartezeiten auf dem
südamerikanischen Kontinent.
Wir waren geschafft und wollten nur noch eins:
Schlafen - schlafen - schlafen. Es war eine der üblichen Inspektionsreisen, um unsere peruanischen Mitarbeiter und langjährigen Freunde zu besuchen, und das dortige Büro auf den
neusten Stand zu bringen.
Kaum hatte die Maschine ihre Parkposition erreicht, sah ich
durch das kleine Fenster der Maschine einen offenen Jeep mit
zwei Personen heranrasen. Das Fahrzeug kam mit einer
166
schwungvollen Wende zu stehen. Vom Beifahrersitz sprang
zu meiner Überraschung „El Lobo“ – so nannten wir unseren
Agenturleiter in Lima.
Sein Fahrer war ein Mann, der seine Augen hinter einer
Sonnenbrille versteckte.
„Die Sonnenbrille“ gehörte, wie ich allerdings erst später erfuhr, zur Geheimpolizei des Landes. Er hielt dem Offizier,
der mit seinen Leuten das Flugzeug umstellt hatte, etwas unter die Nase, bellte einige Worte und zeigte auf den Eingang
der Maschine.
Eine Minute später stand „El Lobo“ neben uns und sagte:
„Herzlich Willkommen im Land des Condors!! Eure Koffer
werden schon geholt, gebt mir eure Pässe alles wird sofort
erledigt. Wir können direkt vom Rollfeld aus abfahren.“
Wie in Trance schlichen wir hinter „El Lobo“ her. Ich nahm
vorne im Jeep neben „der Sonnenbrille“ Platz, Karin kletterte
zu El Lobo auf die Rückbank des Vehikels.
Die „Sonnenbrille“ , der unheimliche Kerl, schien mich einfach zu übersehen, denn weder mein Lächeln noch mein grüßendes Nicken wurden erwidert. Kaum hatten wir unsere Plätze
eingenommen, brauste er auch schon los.
Mittlerweile war die Dunkelheit hereingebrochen, was die
seltsame Atmosphäre noch verstärkte.
Der frische Fahrtwind im offenen Jeep brachte meine Lebensgeister zurück. Ich setzte mich etwas bequemer hin und bemerkte dabei, dass irgendetwas meinen Beinen den Weg versperrte. Als meine Hände nach dem Hindernis in der Dunkelheit suchten, tauchten sie mit einer Maschinenpistole aus dem
Dunklen wieder auf.
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„Habt Ihr heute noch was vor?“, fragte ich entgeistert. „El
Lobo“ lachte. „Nein, die ist nur zur Sicherheit. Das hier ist die
einzige Zufahrtstrasse nach Lima. Ab und zu liegt da schon
mal plötzlich ein Baumstamm auf der Fahrbahn und die Banditos bitten zur Kasse. Deshalb sind wir besser auf alles vorbereitet.“
Ich hob den Daumen und deutete ihm gegen den Fahrtwind
an, dass ich ihn verstanden hatte.
Am anderen Morgen, gut ausgeschlafen und gefrühstückt,
wirkte Peru gleich wieder viel freundlicher. Wir nahmen unsere Arbeit in der Partnervermittlung auf und nach 2 Wochen
hatten wir auch technisch alles auf den neusten Stand gebracht.
Neben der organisatorischen und technischen Aufrüstung hatten wir auch zahlreiche schöne Frauen interviewt, Fotos geschossen und die Heiratskandidatinnen in die Damen-Kartei
aufgenommen.
Eines Abends lud Maria Dolores uns zu einem Abendessen
der besonderen Art in das Restaurant „Maquisapa“ ein. Ein
Wort aus der Indiosprache, das übersetzt in etwa „Zum verrückten Affen“ hieß.
Hier wurde eine Vielfalt von Pflanzen und Tieren aus dem
Regenwald des Amazonas als Delikatesse zubereitet und serviert.
Maria Dolores war Tänzerin in eben diesem Restaurant, das
auch eine sehenswerte Abendunterhaltung bot und hatte unseren Franzl, der sie schon besucht hatte, bereits ihr Wort gegeben, zu ihm nach Österreich zu kommen.
In den schneebedeckten Gipfeln der Anden war sie zuhause,
168
daher war sie regelrecht entzückt, als Franzl ihr Fotos aus
dem österreichischen Vorarlberg und den Alpen zeigte. Sofort
konnte sie sich mit dieser Landschaft anfreunden und war
schon sehr gespannt, dies alles life zu erleben.
Als wir gegen 21.00 Uhr „den verrückten Affen“ betraten,
ging es schon hoch her. Laute Musik und Tänze vom Amazonas
ließen jedes Gespräch verstummen. Dann trat Maria Dolores
auf und sie war eine reine Augenweide.
Sie erntete viel Applaus. Nach dem Tanz ging sie auf unseren
Tisch zu, um uns zu begrüßen. Ganz unvermittelt stellte sich
ihr ein junger Mann in den Weg. Er beschimpfte sie lautstark
und leidenschaftlich.
Dramaturgisch gesehen, legte er gekonnte eine wirklich filmreife Eifersuchtsszene aufs Parkett. Ich bereitete mich in Gedanken schon darauf vor, ihm begeistert Applaus zu klatschen.
Welch eine gelungene Showeinlage nach dem temperamentvollen Tanz. Der junge Mann und Maria Dolores spielten perfekt. So dachte ich jedenfalls.
Doch ganz plötzlich riss er das Tischtusch mit allen Speisen
vom Tisch. Seine Augen glühten vor Wut. Da endlich klickte
es bei uns: Dies war der Mann, von dem Maria Dolores uns
erzählt hatte.
Er belästigte sie seit längerer Zeit ständig und sie hatte große
Angst vor ihm. Im gleichen Moment, wo wir das begriffen
hatten, griffen auch schon die übrigen Tänzer des Ensembles
zu und zogen den jungen Mann aus dem Verkehr.
Nachdem er sich einigermaßen beruhigt hatte, sprach ich mit
ihm. Erstaunlicherweise hörte er ruhig und entspannt zu. Selbst
169
als ich ihm sagte, dass Maria Dolores nun nach Europa gehen
würde, weil sie ihre große Liebe gefunden habe.
„O.k.“ sagte er, das ist doch kein Problem, ich wünsche ihr
das Allerbeste für ihre Zukunft.“
Ich muss wohl ein ziemlich dummes und ratloses Gesicht gemacht haben, denn er lachte und sagte: „Wenn sie endlich
weg ist, habe auch ich meine Ruhe.“ Nun verstand ich gar
nichts mehr. „Moment,“ sagte ich zu ihm „bleib hier schön
sitzen, ich hole uns einen doppelten Whisky“.
Als ich zurück kam, hatte ich mich gefasst, prostete ihm zu
und sagte: „So, Du heißblütiger Nachfahre der Conquistadores,
jetzt bin ich wirklich gespannt auf Deine story.“
Dann erzählte er: Mit ein paar Freunden hatte er Maria Dolores
beim Tanzen gesehen und hatte im angetrunkenen Zustand
vor seinen Kumpanen behauptet, sie zu erobern, wäre für ihn
überhaupt kein Problem.
Die Freunde aber glaubten ihm nicht, wollten natürlich Beweise und lachten über ihn. Er hatte es oftmals probiert, aber
immer eine Abfuhr erhalten. Um seine Macho Ehre zu retten,
heute Abend dann der dramatische Auftritt.
„Bald bist Du ja erlöst, wenn Maria-Dolores nach Europa
geht,“ sagte ich. Dann klopfte ich ihm ermunternd auf die
Schulter und feixte: „Und außerdem bin ich sicher, dass Du
dann mehr Zeit für Deine anderen Freundinnen hast. Sie werden es Dir sicherlich danken.“
Er seufzte tief: „Na ja, hoffentlich!“ Dann stürzte er den Rest
seines Whiskys herunter, tippte sich grüßend an die Augenbraue und verließ den „Verrückten Affen.“
170
Am nächsten Tag wollte ich zusammen mit Karin einmal eine
Exkursion hinein ins Land machen. Zum einen ist Peru kulturell und historisch ein hochinteressantes Reiseland – zum anderen ist es für uns wichtig, in den Ländern für die wir arbeiten, die Menschen ihre Sitten und Gebräuche persönlich kennen zu lernen.
Um so besser können wir die Intentionen der Leute nachvollziehen, mit denen wir in Kontakt kommen und gegebenenfalls
auch angemessen helfen.
In Peru waren die Gegebenheiten zu dieser Zeit recht kompliziert. Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse konnten hier schnell umkippen. Das wurde mir zum ersten Mal
richtig klar, als ich Geld wechseln wollte.
Der Bankangestellte drehte meine 100 US Dollar zweimal in
seiner Hand, dann gab er mir den Greenback mit den Worten
zurück „Wir haben leider kein Geld zu wechseln hier.“ Verdutzt verließ ich die Schalterhalle und versuchte es bei der
nächsten Bank.
Erst als ich bei der Dritten ankam und wieder abgewiesen
wurde, war ich endlich überzeugt, dass dies alles kein Scherz
war. Peru war praktisch Pleite. Auf dem Schwarzmarkt, hinter den Banken, regelte sich Angebot und Nachfrage.
Die Deutsche Botschaft hatte bereits Vorbereitungen getroffen, im Ernstfall alle Deutschen kurzfristig aus dem Lande zu
evakuieren – täglich erhielten wir einen Lagebericht – deshalb waren unsere Freunde nicht gerade begeistert, als ich mit
der tollen Idee aufwartete, nun das Land zu bereisen und kennen zu lernen.
171
Nach einigen Diskussionen stand unser Entschluss aber fest:
Wir wollten diese Reise wagen. Als „El Lobo“ merkte, dass
es uns tatsächlich ernst war, bat er uns, doch wenigstens zur
Sicherheit zwei Bodyguards mitzunehmen.
„Mein Reisegeschenk an Euch,“ sagte er. Ich willigte ein, und
am übernächsten Tag machten wir uns auf den Weg.
Ohne nennenswerte Störungen lief auch erst einmal alles nach
Plan ab. Das Einzige, was sich geändert hatte, war, dass ich
nachts nicht mehr tief einschlief und dass Manni 2 (Sie erinnern sich? mein Unterbewusstsein), mir immer wieder signalisierte, wir seien in Gefahr.
Wieder und wieder checkte ich alle Einzelheiten doch ich
konnte das Problem nicht finden. Und Manni 2 ließ mich nicht
zur Ruhe kommen.
Die rote Gefahrenlampe in meinem Kopf blinkte in einer Tour
und hielt mich auf der höchsten Alarmstufe. Langsam beschlich
mich so etwas, das man wohl „Angst“ nennt., aber wovor?
Um Karin nicht zu beunruhigen, hatte ich ihr nichts von meinen Gefühlen erzählt. Wie sollte ich das auch begründen?
Es war gegen Abend des 3. Tages als mir plötzlich in Sekunden klar wurde, warum „Manni 2“ – der unruhige Geist in
meinem Kopf – mich ständig warnte. Die Gefahr kam nicht
von irgendwelchen Banditen, sondern unsere eigenen Bewacher waren das Problem.
Wir waren in diesem bitterarmen, chaotischen Land eine „fette Beute“, die es lohnte, seine Skrupel fallen zu lassen, um der
eigenen Familie endlich mal wieder etwas bieten zu können.
Fast konnte ich die armen Kerle verstehen.
Aber, was tun? Schließlich war unsere Rolle bei dieser Ge172
schichte nicht gerade die beneidenswerteste. Mein Gehirn arbeitete fieberhaft an einer Lösung.
„Wir machen uns heute einen schönen Abend!“ sagte ich zu
Carlos und Juan und bat sie zum Abendessen an unserem Tisch
Platz zu nehmen. Wir tranken Wein, aber trotzdem wollte keine rechte Stimmung aufkommen.
Als ich die 2. Flasche öffnete, lehnten beide ab. Sie wollten
einen klaren Kopf behalten. Schließlich sei hier alles sehr gefährlich wegen der Banditen. „Wir wollen doch alle morgen
früh nicht ohne Kopf aufwachen,“ scherzte Carlos.
„Jetzt bist Du dran!“, flüsterte „Manni 2“ in mein Bewusstsein und schon hörte ich mich sagen: „Ach Jungs, ich will
Euch mal etwas zeigen.“ Gespannt gingen beide mit auf unser
Zimmer. Ich öffnete die beiden alten Reisetaschen, die Karin
und ich mitgenommen hatten und kippte sie aus.
Eine riesige Enttäuschung spiegelte sich auf den Gesichtern
unserer „Bodyguards“ wieder, als sie sahen, dass im Grunde
nur wertlose Kleidungsstücke aus den Taschen fielen. „Seht
Ihr,“ sagte ich, „wir brauchen eigentlich wirklich keine Angst
zu haben.
Es lohnt sich einfach nicht uns auszurauben. Da wir sämtliche Flüge, Hotels etc. bereits in Lima bezahlt haben, tragen
wir nur wenig Geld bei uns. Gerade so viel, dass wir uns versorgen und Euch gelegentlich zu einer guten Flasche Wein
einladen können. Und dann ist das Risiko für die Banditos,
nicht mit heiler Haut davon zu kommen, zu groß – schließlich
haben wir erfahrene Beschützer bei uns.
Was soll uns da schon Schlimmes passieren, Freunde?“
Totenstille ...................
173
Die Beiden sahen sich gegenseitig an und blickten dann mit
einem gequälten Lächeln wieder auf unsere mickrige Habe
und auf mich. Mir war klar, ich hatte sie Situation richtig erkannt und lächelte arglos zurück.
Ach ja, das Alarmzeichen in meinem Kopf war verschwunden, als wenn es nie da gewesen wäre. Auch mein Puls hatte
seine normale Frequenz wieder eingenommen. Jetzt waren wir
sicher. Aber damit gab ich mich nicht zufrieden, ich wollte
mehr über das Leben von Carlos und Juan wissen.
Wir kehrten wieder zurück an unseren Tisch im Restaurant
des Hotels und ich lehnte mich entspannt zurück. Nun begann
der interessante Teil und ich animierte die beiden Peruaner
dazu, mehr über sich und ihren Alltag zu erzählen. Das Beste
ist man bringt die Familie ins Gespräch. Dafür hat man hier in
Südamerika immer ein offenes Ohr.
Natürlich hatten beide Familie und Kinder und jede Menge
Probleme. Der Eine konnte seinen Sohn und der Andere seine
Tochter nicht zur weiterbildenden Schule anmelden, da das
Geld dazu fehlte. Wir versprachen ihnen, sobald wir wieder
in Lima eintreffen würden, mit unseren Freunden darüber zu
sprechen. Da diese entsprechende Beziehungen und Kontakte
hatten, werden wir das wohl regeln können.
Hey, da kam richtig Freude in die Gesichter. „El Manfredo“
war auf einmal der Größte und der Beste. Nun gut, ich hatte
vor, mein Versprechen auch getreulich in die Tat umzusetzen
– es ist niemals ein Fehler, anderen Menschen etwas Gutes zu
tun.
Doch noch etwas sollte unser Gespräch bewirken: Als wir am
nächsten Tag in ein Indio-Dorf kamen, näherten sich die Leu174
te neugierig uns Ausländern. Gringos, noch dazu einer mit
blonden Haaren und blauen Augen, waren hier wohl noch nicht
durchgekommen. Plötzlich hörten wir Carlos und Juan rufen
und schreien. Sie trieben tatsächlich die Leute auseinander.
Keiner durfte sich uns auf weniger als 10 Schritte nähern.
Aufgeregt und jederzeit zum Eingreifen bereit, kreisten sie
um uns herum. Ich musste schmunzeln, hatten also meine
Worte vom Abend zuvor ihre Wirkung nicht verfehlt.
Jetzt war die Situation umgekehrt: Die Angst, dass uns etwas
zustoßen könnte, war der ständige Begleiter der beiden Männer
geworden. Also war nun die Devise uns rund um die Uhr nicht
mehr aus den Augen zu lassen.
Die Formel war ganz einfach: Wenn „Manfredo und Katarina“
etwas Böses zustößt – gab es keine Hilfe mehr für Familie
und Kinder. Also wachten Sie Tag und Nacht mit Argusaugen
über uns.
Als wir über Puno endlich den Titicacasee erreichten und die
endlose Weite und Stille des Sees bewunderten, sah ich plötzlich eine Gestalt am Horizont. Ganz unbewusst, versuchte mein
inneres Radar sogleich, die Person einzuordnen: Weiblich.
Asiatin? Halt, dafür ist sie zu groß. Seltsam.
Also nachschauen ...Als wir näher kamen, sahen wir das weiblich und Asiatin tatsächlich korrekt war.
So lernten wir Yoko, eine Journalistin aus Tokio kennen, die
für Asiatinnen wirklich eine erstaunliche Größe von 175 cm
vorweisen konnte.
Da sie augenscheinlich alleine reiste, überredeten wir sie, doch
mit uns zu kommen, da das Reisen in der Gruppe ihr doch viel
mehr Sicherheit geben würde. So fuhren wir gemeinsam vom
175
Altiplano mit dem Zug nach Cusco.
Als gegen Mittag der Zug an einer Indio-Station anhielt, schaute ich aus dem Fenster und beobachtete das bunte Treiben.
Plötzlich sah ich links von mir einen kleinen, abgemagerten
und herunter-gekommenen Hund auf einen Knochen zuwanken. Offensichtlich hatte wohl einer der Passagiere den
Essensrest aus dem Fenster geworfen.
Es war ein erbärmlicher Anblick, doch der Kleine erreichte
den Knochen und nahm ihn auf. Jetzt hat er endlich was zwischen den Zähnen, dachte ich mitleidig. Das wird ihm Kraft
geben. Ganz unvermittelt aber blieb der magere Köter wie
angewurzelt stehen und sein Blick starrte nach rechts.
Als ich meinen Kopf wendete, um zu sehen, was ihn zur Salzsäule gemacht hatte, sah ich einen anderen Hund. Er war doppelt so groß wie der Kleine, sein Fell war abgerissen und struppig, Narben bedeckten seinen Körper.
Dieser raue Geselle hatte mit seinem stechenden Blick den
Kleinen vollkommen im Griff.
Langsam, ohne einen Blick von dem Kleinen zu lassen, ging
er Pfote für Pfote auf ihn zu. Ich war gespannt, was nun passieren würde.
Als der Große nur noch ein paar Pfoten entfernt war, ließ der
Kleine plötzlich den Knochen fallen, drehte sich um und
schwankte mit letzter Kraft davon.
Der Große fraß den Knochen an Ort und Stelle auf. Kaum
hatte er den Knochen vertilgt und wollte wieder verschwinden, da fing ihn ein Indio ein. Er fesselte ihn und nahm ihn
mit – ich konnte mir lebhaft vorstellen, dass ein Kochtopf auf
176
das hässliche Tier wartete. Der kleine, knochige Straßenköter
hingegen lag erschöpft aber immer noch frei und lebendig im
Schatten der Station. Merke: Manchmal kann das Aussehen
(in diesem Fall Haut und Knochen) auch das Leben verlängern.
Mir wurde bewusst, dass die Menschen hier im Altiplano täglich um ihr Leben kämpfen mussten.
Ich sehe noch die vom rauen Wind und der starken Sonneneinstrahlung in den Bergen ledern gegerbten Gesichter der
Indios vor mir. Selbst die Kinderhände waren so hart und rau
wie Kamelfüße.
Nach einem scharfen Pfiff setzte sich der Zug wieder in Bewegung.
Als wir Cusco erreichten und dort ein Hotel gefunden hatten,
luden wir Yoko zum gemeinsamen Abendessen ein. Wir hofften, einiges mehr über sie zu erfahren, doch geschickt wich
sie unseren Fragen aus.
Daraufhin griff ich zu einem alten Trick und bestellte Wein
für uns. Nach einigem „nein danke, das geht doch nicht“ sah
sie ein, dass man auf das Gute Gelingen einer gemeinsamen
Reise einfach anstoßen musste.
Schließlich waren wir ja jetzt eine Gemeinschaft. Während
wir Yoko von Deutschland erzählten, konnte ich noch ein
weiteres Glas Wein an sie loswerden.
Langsam fingen ihre Wangen an zu glühen und ein leichter
Glanz kam in ihre Augen. Auf die erneute Frage, warum Sie
denn so ganz allein reise, erzählte sie uns, sie sei unglücklich
in einen verheirateten Mann verliebt und der könne sich nicht
zwischen seiner Frau und ihr entscheiden.
177
Sie sei kopflos einfach ausgerissen, um einen Ausweg zu finden. Deshalb mache sie diesen Trip ganz allein.
Karin meinte ärgerlich, dass dies natürlich die beste Position
für den verheirateten Liebhaber wäre. So könne er die Liebe
mit ihr genießen, aber in der Ehe seinen bequemen Status Quo
erhalten. „Wenn Du die Ungewissheit und Deinen Seelenschmerz loswerden willst, dann zwinge ihn zu einer Entscheidung,“ sagte sie der sympathischen Japanerin.
Und ich ergänzte:
„Wenn seine Liebe zu Dir wirklich so groß ist, wird er alles
tun, um Dich nicht zu verlieren. Gib ihm 4 Wochen Zeit und
bleibe hart in Deiner Entscheidung. Du wirst sehen, es wird
Dir danach so oder so besser gehen.“
Zuerst schaute Yoko uns ganz verdattert und zweifelnd an.
Aber man sah förmlich, wie ihre grauen Zellen heiß liefen.
Ganz unvermittelt bat sie dann um ein weiteres Glas Wein
und wir hatten den Eindruck, sie habe zumindest für den
Moment mit dem Thema abgeschlossen.
Der Abend war dann noch richtig schön. Yoko schien
irgendwie erleichtert und hat mit uns noch viel gelacht.
Später, als wir wieder in Deutschland eintrafen, fiel uns sofort
die bunte Ansichtskarte aus Tokio auf. Darauf stand:
„Habe Euren Rat befolgt und ihn dann zum Teufel geschickt.
Ich fühle mich jetzt bestens. Es geht mir gut. Vielleicht habt
ihr mal Zeit, mich hier zu besuchen. Ich würde mich sehr freuen
Euch Tokio zu zeigen.
Eure Yoko.“
178
Als wir ein paar Tage danach Machu Pichu erreichten, teilte
ich Carlos und Juan mit, dass wir über Nacht auf dem Berg
bleiben wollten, um am frühen Morgen den Sonnenaufgang
zu filmen. Den beiden stand mit einem Mal die Angst ins Gesicht geschrieben. Auf keinen Fall sollten wir das tun, bettelten sie. Die Rebellen des „Leuchtenden Pfad“ würden die
Gegend kontrollieren und wir müssten alle um unser Leben
fürchten.
Ich blieb hartnäckig und Karin packte demonstrativ schon
einmal unsere Rucksäcke zusammen. Nach einigen Minuten
gingen unsere Bodyguards seufzend und leise fluchend daran,
auch ihre Sachen zu packen.
Die Sorge um ihre Familien, für deren Wohl wir heil nach
Lima zurückkehren mussten, war einfach größer. Karin und
ich schliefen gut und tief in dieser Nacht.
Carlos und Juan hingegen waren am nächsten Morgen völlig
übernächtigt. Sie hatten kein Auge zu gemacht und fröhlich
sahen sie im kühlen Morgengrauen hier auf 3000 m Höhe auch
nicht gerade aus.
Wir allerdings hatten großes Glück, denn noch heute erfreuen
wir uns an den Aufnahmen dieses großartigen Morgens: Es
ist mir gelungen den Moment auf Film festzuhalten, als die
Sonne die wässerige weiße Wolkenwand von oben regelrecht
durchbrannte.
Dahinter öffnete sich ein dunkler azurblauer Himmel (solche
Farben habe ich in Europa noch nie gesehen) und die Sonne
strahlte über die Stadt Machu Pichu. Minutenlang tauchte sie
den gegenüberliegenden Berg in ein goldenes Licht.
179
Sofort schoss mir durch den Kopf: „El Dorado“ – vielleicht
haben die Spanier zur Zeit der Eroberung Südamerikas einfach nach dem falschen „Gold“ gesucht. Denn das hier war
viel mehr wert als jede Münze und jede Totenmaske der Welt.
Es war ein eigenartiges, erhebendes Gefühl, das mich hier
beschlich. Auf dem Berggipfel gegenüber Machu Pichu und
hoch über dem Urubamba - dem heiligen Fluss der Inka, der
sich tief unten durchs Tal schlängelte. Die Bilder dieses Morgens haben sich fest in meinem Kopf eingebrannt.
Schließlich machten wir uns auf den Rückweg den Berg hinab. Von hier aus wollten wir auch die Rückreise nach Lima
antreten. Wir erreichten unseren Ausgangspunkt, und damit
auch unsere peruanische Niederlassung schließlich auch wohlbehalten und ohne weitere „Abenteuer“.
Hier in Lima verabschiedeten wir uns auch von Yoko, die zurück nach Tokio fliegen wollte. Als wir abends in gemütlicher
Runde dann unseren Freunden unsere Erlebnisse erzählten,
schüttelten sie nur den Kopf und meinten, wir hätten wohl
ganz besondere Schutzengel gehabt.
Karin lächelte und drückte meine Hand. Ich hatte ihr immer
noch nichts von meinen seltsamen Ahnungen in den ersten
drei Tagen unserer Reise erzählt. Was hätte ich auch sagen
sollen? Vielleicht waren es ja auch nur reine Hirngespinste
gewesen.
Eines mussten wir aber noch tun: Wir baten „El Lobo“ seine
Beziehungen spielen zu lassen, damit die Kinder von Carlos
und Juan auf eine gute Schule gehen konnten. Denn was man
verspricht, sollte man auch halten. Die nächsten Deutschen,
180
denen Carlos und Juan begegneten würden, werden schließlich
an den mit uns gemachten Erfahrungen gemessen werden.
Und Vertrauen wird letztlich darüber entscheiden ob eine Sache die sich mehrere Leute vorgenommen haben, erfolgreich
durchzuführen ist oder nicht.
Und einem Gringo aus Alemanha, der sein Wort hält, wird
man mit Freude und großem Respekt auch gerne wieder helfen.
Unser Agenturleiter versprach also, sich gewissenhaft um passende Stipendien zu kümmern. Wir hatten lange genug mit
ihm zusammen gearbeitet, um zu wissen, dass auch er sein
Wort halten würde.
P.S. Schon 3 Jahre später mussten wir unser Büro in Peru leider
aufgeben. Die Cholera wütete dort und die Einreise nach
Europa wurde durch die Behörden derart erschwert, dass ein
vernünftiger sicherer Ablauf nicht mehr möglich war.
181
Die Prophezeiung wird wahr: Brasilien!
Nachdem wir von unserer letzten Asienreise zurück gekehrt
waren, wartete zuhause ein wahrer Berg an Arbeit auf uns.Wir
stürzten uns kopfüber hinein und in der Hektik des deutschen
Alltags vergaß ich allmählich die Begegnung mit dem indischen Guru (siehe „Der Guru“).
Die Tage vergingen und alles lief in den üblichen Bahnen:
Männer riefen bei uns an, Frauen meldeten sich in unserem
Büro auf den Philippinen – inzwischen hatten wir einen so
ausgezeichneten Ruf, dass unsere Mitarbeiterinnen vor Ort
ausgesprochen wählerisch nur noch die hübschesten Frauen
mit der besten Schul- und Berufsausbildung in die Kartei aufnahmen.
„Siehste mal, Manni“, sagte Karin, “Offenheit und Fairness
machen sich doch immer bezahlt. Und da sag noch mal einer
‚der Ehrliche ist der Dumme‘. Ich finde uns im Gegenteil sogar
ziemlich clever.“
Die Partnervermittlung lief also auf Hochtouren und die Prophezeiung des Guru hatte irgendwo ganz hinten in meinem
Gedächtnis ihren Platz gefunden – unter der Rubrik „Skurriles“. Das sollte sich aber überraschend schnell ändern.
Schon ein paar Tage nach unserer Rückkehr in Deutschland
rief uns nämlich eine Brasilianerin an. Sie hatte unsere
Zeitungswerbung gelesen, mit Partnervermittlung aber eigentlich gar nichts zu tun. Sie kümmerte sich eher um die Probleme der ganz kleinen Brasilianer.
Als Notarin und Rechtsanwältin wachte sie darüber, dass bei
der Adoption brasilianischer Kinder durch seriöse deutsche
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kinderlose Ehepaare alles legal ablief.
Und beim Anblick unserer Zeitungsannonce war ihr die Idee
gekommen, dass sich vielleicht Synergien zwischen den Interessen unserer Paare und denen ihrer Waisenkinder ergeben
könnten.
Im Prinzip clever gedacht, aber letztlich konnte ich ihr keine
Hilfe anbieten, da unsere Paare in der Regel eigene gemeinsame Kinder planten.
Aber Veronica, die Anwältin, war eine aufgeweckte Person
und als sie uns in der Agentur besuchte, hatten wir ein sehr
interessantes Gespräch.
In der herzlichen, kontaktfreudigen Art, die wir erst später als
„typisch brasilianisch“ erkennen sollten, lud sie uns ein, ihr
Land zu besuchen, und Brasilien kennen zu lernen. Natürlich
versprachen wir ihr das – ganz unverbindlich und erst einmal
ohne feste Absichten. Aber die Begegnung hatte uns für das
Thema Brasilien sensibilisiert.
Der Guru fiel mir wieder ein. Und plötzlich sahen wir auch
einige Berichte über Brasilien in Presse und TV.
Der Gipfel der „Brasilo-Manie“ erreichte mich schließlich im
Fitness-Center. Ich hatte mich nach einem anstrengenden Arbeitstag in der Sauna entspannt und ging nun zufrieden und
guter Dinge an die Bar. Während ich mir einen Drink bestellte, schweiften meine Gedanken ab und landeten – wie so oft
in den letzten Tagen – wieder einmal in Brasilien.
Als Hendrik, der Studio-Leiter, neben mir auf der Theke seinen Fruchtsaft abstellte, fragte ich ihn scherzhaft: „Hendrik,
mein Alter, sag mal, kennst Du eigentlich eine Brasilianerin?“
183
„Na klar“, meinte er „Marcilene, die ist hier an der SportHochschule Köln eingeschrieben und kommt ab und zu zum
Training.“
Ich glaubte ihm kein Wort.
Der Kerl war immer schlagfertig und zu allerlei Unfug aufgelegt. Also konterte ich: „Ja sicher, alles klar Du... Dann kannst
Du mir ja mal ihre Telefonnummer geben.“ „Kein Problem“,
sagte er, schaute in die Kartei und gab mir die Nummer.
Ich traute ihm immer noch nicht, ließ mir aber das Telefon
geben und rief einfach an. Am anderen Ende meldete sich
eine tiefe, wohlklingende Stimme: „Hallo?“
Ich war, wie man so schön sagt, „platt“. Nach einigen Momenten hatte ich mich wieder gefasst und fragte: „Hi, spreche
ich mit Marcilene? Hier spricht Manfred Orlick.“ – „Oh, das
ist schön,“ schnurrte die rauchige Stimme am anderen Ende
der Leitung. „Bist Du das von der Party von gestern Abend?“
Nein, leider nicht.“, lachte ich. „Das müsste schon etwas länger her sein. Darf ich eine indiskrete Frage stellen:
Woher kommst Du?“ „Aus Salvador de Bahia, Brasilien,“ erwiderte die angenehm weiche Stimme amüsiert. Ich beschloss,
Nägel mit Köpfen zu machen. „Ich benötige dringend einige
Informationen über Brasilien, könntest Du mir vielleicht helfen?“ „Gerne, kein Problem“, meinte sie.
Also lud ich sie für einige Tage später in unser Haus zum
Essen und Plaudern ein. Wir verbrachten einen amüsanten,
hochinformativen Abend und sie erzählte uns viel von ihrem
wunderschönen Heimatland.
Als ich mich sehr spät in dieser Nacht im Bett neben Karin
184
ausstreckte, beschlich mich wieder dieses seltsame Gefühl der
Unruhe. Nun war mir klar, dass ich diesen Wink des Schicksals nicht ignorieren durfte. Die Prophezeiung des Gurus begann sich zu erfüllen.
Am nächsten Morgen rief ich kurz entschlossen die Rechtsanwältin Veronica an und sagte ihr, dass wir sie gerne in Brasilien besuchen würden. Sie freute sich herzlich und lud uns
ein, im Hause ihrer Familie am Meer zu wohnen.
Einige Wochen später saßen wir im Flieger und Veronica holte uns in Recife am Airport ab.
In den nächsten Tagen lernten wir auf vielen Partys und Zusammenkünften eine Menge neuer Leute kennen. Die offene,
spontane und herzliche Art der Brasilianer, auf andere Menschen zuzugehen, faszinierte uns total.
Schon nach kurzer Zeit war uns klar, dass wir hier ein neues
Büro eröffnen würden. Denn in einem Punkt waren Karin und
ich uns absolut sicher: Solche herzlichen und äußerst attraktiven Damen wie die Brasilianerinnen wären mit Sicherheit im
„Alten Europa“ mehr als willkommen.
185
Brasilianisches Feuer
Einige Monate später: Es war 18.00 Uhr und noch immer betrug die Temperatur gute 34 Grad Celsius im Schatten. Langsam brach die Dunkelheit über Recife herein. Wir warteten
am Ankunftsterminal des kleinen Airports, um Dietmar abzuholen.
Der wollte, nach einigen email-Kontakten, Marluce, seine
brasilianische Herz-Dame nun persönlich kennen lernen.
Durch die Fenster im Wartebereich sahen wir die Maschine
aus Deutschland landen und langsam auf ihre „Parkposition“
rollen. Dann schlenderten wir gemütlich hinüber zu der kleinen Bar schräg gegenüber der „Arrival-Area“. Dort hatten wir
uns mit Dietmar verabredet.
Jetzt hieß es warten, denn die brasilianische Pass- und Zollabfertigung arbeitete erfahrungsgemäß nicht gerade im Samba-Tempo.
Wir orderten also erst einmal einen eiskalten Mangosaft,
klemmten uns auf die Bar-Hocker und verfielen in einen leichten Dämmerzustand, den die brütende Hitze uns aufdrängte.
Nachdem fast 1 Stunde vergangen war, kamen die ersten Passund Zollbeamten heraus, ein Zeichen, dass die Passagiere so
gut wie alle abgefertigt waren. Ich verscheuchte die Schläfrigkeit und ging hinüber zum Abfertigungsschalter. Dort fragte ich die Männer, ob noch jemand im Office wäre.
Sie verneinten und erklärten mir, dass alle Passagiere bereits
durch seien. Unruhig schaute ich mich um und entschloss mich,
Karin zu holen, damit wir uns auf die Suche nach Dietmar
machen konnten.
186
Aber wo war Dietmar? Wir klapperten über eine Stunde lang
sämtliche Restaurants, Bars und Toiletten auf dem Airport ab,
aber Dietmar blieb wie vom Erdboden verschwunden.
„DEUTSCHER VERSCHWUNDEN IN BRASILIEN!“ sah
ich im Geiste schon von der Titelseite unseres größten Boulevard-Blatts in großen Lettern schreien. „Unseriöse Heiratsvermittler legen gutgläubigen Metzgermeister rein“. Obwohl
die Temperaturen mittlerweile etwas gesunken waren, wurde
mir wieder heißer. Es half alles nichts.
Wir konnten ihn nicht finden. Ratlos kehrten wir ins Hotel
zurück und beschlossen, das Einzige zu tun, was wir tun konnten: Warten und jeden Tag am Flughafen und bei der Polizei
nachfragen.
Es war der 4. Tag nach Dietmars Verschwinden. Wir saßen
gerade beim Frühstück, als das Telefon schellte. Ich nahm ab
und eine glückliche, gut aufgelegte Stimme sagte: „Hallo, Herr
Orlick, wie geht es Ihnen? Ich auf jeden Fall fühle mich Klasse und wollte mich nur kurz bei Ihnen bedanken. Es ist alles
noch schöner, als ich es mir vorgestellt habe.
Marluce ist wirklich ein Schatz und mit Sicherheit die Richtige für mich“ Es war Dietmar ohne Zweifel. Mein Angstgefühl verflog innerhalb von Sekunden und wich kaum unterdrückbarem Groll. „Das ist ja toll!“, hörte ich mich sagen und
dann:
„Wo sind Sie denn?“ „Na ja, mit Marluce, im Appartement
ihrer besten Freundin.“ Ich atmete tief durch und sagte, dass
ich in einer halben Stunde bei ihm sein würde.
Was war geschehen? Marluce hatte ihn am Airport abgefan187
gen und sofort in das Appartement gebracht. Danach hatten
die beiden Turtel-Tauben das Telefon abgestellt und natürlich
alles um sich herum vergessen. Im Prinzip konnte ich das ja
auch verstehen.
Wenn ich mir Marluce vor dem geistigen Auge vorstellte und
dann in den Spiegel blickte... ja, wer interessiert sich denn
noch für einen „Orlick“, wenn der Inbegriff rassiger Weiblichkeit vor einem steht?
Trotzdem. Ich war sauer. Warum musste diese TurteltaubenAktion auf Kosten unserer Nerven sein?
Nachdem wir die beiden „Unzertrennlichen“ mit einem Trick
„entzweien“ konnten, stellte sich heraus, dass Marluce ganz
einfach Dietmar „einkassiert“ hatte, damit er gar nicht erst in
Verlegenheit käme, vielleicht noch andere Frauen kennen zu
lernen.
„Bravo,“ dachte ich, „das hat ja auch hingehauen.“ Dietmars
verliebter Blick war so fixiert, dass er gar nicht wahrnahm,
was sich links und rechts von Marluce abspielte.
Zumindest im Hinblick auf den Erfolg seiner Reise hatten wir
also eine Sorge weniger und mein Ärger verflog, während ich
die beiden „Helden“ anschaute. Beruhigt verabschiedeten wir
uns und kehrten zurück in unser Hotel, um nicht weiter zu
stören.
Nach einigen Tagen meldete Dietmar sich wieder und sagte:
„Herr Orlick, ich habe mir fest vorgenommen, als verheirateter Mann mit meiner Frau nach Deutschland zurück zu kehren. Die notwendigen Dokumente habe ich gleich mitgebracht.“
Auch gut! Jetzt war der Einsatz unserer brasilianischen Mit188
arbeiterin gefragt. Ich übergab ihr den Fall und war sehr gespannt, denn in 14 Tagen wollen die beiden verheiratet nach
Deutschland fliegen.
Nur durch den Einsatz unserer inzwischen wirklich guten
Beziehungen zu den örtlichen Behörden, gelang es schließlich
die Trauung von Dietmar und Marluce auf den letzten Tag vor
dem Abflug fest zu setzen. Auf dem Standesamt erfuhren wir
dann, dass unsere Mitarbeiterin dem Beamten klar gemacht
hatte, dass es sich hier um eine Notsituation handele und deshalb die Zeit so kurz sei. Aber genau betrachtet, war es das ja
auch:
Nur so konnte Marluces Familie bei der Hochzeit vollzählig
anwesend sein. Nach der Trauung und der Verabschiedung
von Marluces „Clan“ fuhren wir alle gemeinsam ins Hotel.
Hier feierten wir noch ein wenig weiter und schon bald mussten die beiden Verliebt-Verlobt-Verheirateten sich zurückziehen. Nicht für die Hochzeitsnacht, sondern um schnellstens
ihre Sachen für die Heimreise nach Deutschland zu packen.
Karin, unsere brasilianische Mitarbeiterin und ich brachten
das frisch gebackene Paar am nächsten Tag zum Airport,
wünschten ihnen „einen guten Flug und einen glücklichen Start
in Deutschland“.
Im Laufe der Jahre machten noch viele Partnersuchende Gebrauch von der Möglichkeit, in Brasilien zu heiraten. Der Einfachheit halber blieben wir bei „unserem“ Standesbeamten,
der noch viele Notfälle trauen sollte.
Besonders kurz vor Jahresende wurde viel Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht, denn im alten Jahr noch zu heira189
ten, hieß für viele noch eine Menge Steuern zu sparen. Und so
geschah noch etwas Gutes, denn für manche finanzierte das
Finanzamt die gesamte Hochzeitsreise.
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Die Entscheidung der Frauen
Es gibt ja viele spannende Theorien darüber, warum sich Frauen aus exotischen Ländern an deutsche Männer „partnervermitteln“ lassen. Je nach dem, wen man fragt, fallen die
Vermutungen über die Gründe mehr oder weniger schmeichelhaft für die Beteiligten aus.
Von „Flucht aus der Armut“ wird gerne gesprochen oder von
„falschen Hoffnungen“, die wir Partnervermittler wecken
würden. Ich habe mir da über die Jahre hinweg oft Gedanken
gemacht und bei zahlreichen Gelegenheiten die Chance genutzt, die Damen, die sich in unsere Kartei eintrugen auch
selbst zu befragen.
Sicher erhoffen sich alle eine schöne, unbeschwerte Zukunft
mit einem liebenden Mann – aber: Ist das verwerflich? Oder
ist das nicht der Traum jeder Frau und jedes Mannes, wenn es
um die persönliche, familiäre Zukunft geht?
In Brasilien hatte ich eines Abends die Gelegenheit, noch eine
ganz andere Begründung kennen zu lernen, warum deutsche
Männer dort um Längen besser abschneiden als die brasilianischen. Und das kam so:
Immer, wenn wir unsere Auslandsbüros besuchen, wollen wir
auch Kontakt zu den Interessentinnen und den Damen in unserer Kartei pflegen. Schließlich entscheiden die sich für einen gravierenden Neuanfang in einem fremden Land.
Wir bemühten uns deshalb stets so viele Damen wie möglich
persönlich zu treffen und deren Wissensdurst über Deutschland und Europa zu stillen.
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Gerade in Brasilien entwickelte sich daraus eine Art „Stammtisch-Tradition“; witzigerweise in einem italienischen Restaurant. Bis zu 20 interessierte Damen stellten sich dort während
unserer Besuchsdauer an jedem Spätnachmittag ein.
Ein großer Tisch, an dem ca. 25 Personen Platz hatten, war
ständig für uns direkt am Strand im weichen Sand gedeckt.
Die Sonne versank gerade im Meer, wenn Giovanni den großen Ofen anfeuerte. Seine Spezialität war „Pizza Grande do
Mundo“.
Das war eine große Pizza von ca. 80 cm Durchmesser. Hierauf
waren Genüsse aus der ganzen Welt vertreten, so dass jeder
nach seinem Geschmack schnell fündig wurde.
Es war schon ein einladendes Bild, all die schick gekleideten
Frauen im Abendrot zu sehen. Auch die Ohren kamen nicht
zu kurz, denn sie durften sich an den fröhlichen, gelösten und
lachenden Stimmen der jungen Damen erfreuen. Nach einer
Weile bemerkte ich mir gegenüber am Tisch ein attraktives
männliches Gesicht.
Ich war etwas erstaunt, denn bisher hatten wir nur weibliche
Gäste.
Als ich ihn fragte, was er denn hier mache, erklärte er mir, er
hätte seine Schwester zum Treffen gefahren – aber er verstehe
beim allerbesten Willen nicht, warum sie und all die anderen
Frauen am Tisch unbedingt einen deutschen Mann heiraten
wollten.
„Was ist an denen denn so anders?“ fragte er gerade heraus.
Mit dieser Frage hatte er fast sein „Todesurteil“ ausgesprochen. Die Frauen sprangen von ihren Stühlen auf, umringten
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ihn aufgebracht und redeten lautstark auf ihn ein.
Über den Strand schwirrten Worte wie „Ihr Machos, ihr könnt
doch nicht treu sein!“ „Ihr Kerle habt an jeder Ecke eine Geliebte!“ „Hallodris! Ihr verlasst die Familie, kümmert Euch
nicht um die Kinder, lasst Eure schwangeren Frauen sitzen...“
Erbarmungslos prasselten die Anklagen auf ihn nieder. Was
erst einmal komisch wirkte, hatte durchaus einen regelrecht
wütenden Unterton und nach ein paar Minuten fand ich es an
der Zeit einzugreifen. Ich griff in das Knäuel wedelnder
Frauenhände, in die Mitte, in der ich den armen Kerl vermutete, um ihn aus seiner misslichen Lage zu befreien.
Unter Karins und meinem Schutz schaffte er es schließlich
bis zu seinem Auto und wir luden ihn für den nächsten Tag zu
einem Drink ein. Schließlich war die Frage ja noch nicht hinreichend beantwortet.
Wir kehrten zum Restaurant zurück und nach einiger Zeit gelang es uns, die Senhoritas wieder zu beruhigen. Nach der
unerwarteten Aufregung genossen nun alle die leichte kühle
Brise, die nach Sonnenuntergang zu spüren war.
Giovanni hatte die Strandfackeln angezündet und einem romantischen Abend, an dem wir von Deutschland erzählten,
stand endlich nichts mehr im Wege. Während der Unterhaltung stellten wir auch an diesem Abend wieder fest, welches
Vertrauen die Frauen der südlichen Hemisphäre uns entgegen
brachten.
So sehr uns das freute – es barg eine riesige Verantwortung in
sich.
Schließlich übernahmen wir mit der Vermittlung auch ein Stück
der Sorge für die Zukunft dieser wunderbaren jungen Frauen.
193
Während uns das fast naive Vertrauen immer wieder bis ins
Herz berührte, so bewunderten wir auf der anderen Seite die
innere Stärke, die sie ausstrahlten.
Angst vor dem noch fremden Land empfanden die Frauen fast
nie, der starke Glauben an Gott und daran, dass es das Schicksal bestimmt gut mit ihnen meinen würde, zauberte eine Art
von Unbeschwertheit und Zuversicht, die den meisten pessimistischen Westeuropäern gänzlich fremd ist.
Darüber hinaus war natürlich immer auch eine gewisse Neugierde auf das Neue vorhanden.
Am nächsten Tag trafen wir den jungen Mann, dessen Haut
wir vor der weiblichen Attacke retten konnten, wieder. Er hatte
einen Freund mitgebracht. Wir setzten uns im Schatten einer
Palme an den Strand und tranken einen Caipirinha.
Ich musste gar nichts mehr erklären, denn seine Schwester
hatte ihn schon ins Gebet genommen und die Unterschiede
zwischen einem deutschen Mann und einem Latino klar gemacht.
Aber da er diesen „Unsinn“, den seine Schwester ihm erzählt
hatte, einfach nicht glauben konnte, wollte er mich dann jetzt
noch einmal persönlich fragen: „Sag mal, stimmt das wirklich, dass die deutschen Männer in der Küche mithelfen, mit
dem Kinderwagen spazieren gehen und in der Regel nur eine
einzige Frau haben?“ fragte er mich.
Als ich das alles bejaht hatte und versuchte, ihm das Prinzip
der Gleichberechtigung zwischen den Partnern zu erklären,
bemerkte ich, dass mein Ansehen in seinen Augen schwand.
Ich fühlte mich etwas hilflos, als er sagte: „Nein, nein, ich
194
meine nicht heiraten... Meine Schwester sagt, Ihr habt nur eine
Frau insgesamt – also keine Freundinnen oder Geliebte
nebenher? Das stimmt doch nicht, oder?“ Ich räusperte mich
und nahm noch einen Schluck von meinem Caipi.
„Doch, in der Regel ist das wirklich so,“ sagte ich. Aus dem
zuvor etwas mitleidigem Lächeln wurde ein verachtender
Blick.
Er wandte sich seinem Freund zu und tuschelte mit ihm. Auch
der war fassungslos. „So etwas kann es doch nicht geben. Wo
bleibt da die Männlichkeit, nur eine Frau, einfach unvorstellbar!“
Ihr verächtlicher Blick wandelte sich mit einem bedauernden
Achselzucken in den klassischen „Du armes Schwein-Blick“
Beide wollten nun auch keine Zeit mehr mit mir verschwenden und drängten zum Aufbruch.
Sie gestanden beim Abschied: „Nein, das wäre nichts für uns.
Und tauschen? Mille Graçias – das bleibt uns erspart.“ Es
sollte doch besser alles so bleiben, wie es ist.
Er müsse sich nun beeilen, meinte er, eine seiner Freundinnen
warte schon auf ihn und heute Abend müsse er schließlich
auch bei seiner Frau sein. Der Andere hatte größere Probleme, denn auf seinem Nachhauseweg wohnten gleich zwei
Geliebte, welche von ihnen er heute noch beglücken würde,
wusste er noch nicht. Das wäre „Gottesurteil“, sagte er.
„ Ich sage Dir morgen, welche es gewesen ist,“ meinte er grinsend zu seinem Freund. Beide verabschiedeten sich und verschwanden im Getümmel der Uferpromenade.
Ich – das „arme Schwein“ – schlenderte langsam zurück zum
Hotel. Mir war im Laufe unserer Unterhaltung klar gewor195
den, warum die brasilianischen Frauen so bereitwillig und freudig auf die Aussicht reagierten, mit uns nach Deutschland zu
kommen. Auch wenn hier in Brasilien erst einmal alles einfacher, sonniger und paradiesischer zu sein schien.
Als ich später dann mit Karin auf der Terrasse unseres Hotels
saß und wir noch gemütlich die Abendsonne genossen, sagte
sie plötzlich:
„Was ist los, Manni? Warum siehst Du mich so seltsam an?“
„Ach nichts,“ antwortete ich. „Mir ist nur gerade eingefallen,
dass ich Dich liebe.“
Hintergrund:
Das „Herzstück“ – in mehr als nur einer Hinsicht – jeder Partnervermittlung sind möglichst viele, attraktive Frauen. Die
allermeisten Partnervermittlungen kranken leider daran, dass
das Verhältnis von Männern zu Frauen nicht ausgeglichen ist.
In der Regel befinden sich 3 – 5 x soviel Männer wie Frauen
in den Dateien.
Daraus resultiert nicht nur weniger Auswahl, sondern der gesamte Erfolg der Vermittlung wird fraglich. Schließlich sind
nur für 20-30 % aller angemeldeten Männer überhaupt genügend Frauen in der Kartei vorhanden – die Mehrheit bezahlt
die Beiträge in der Vermittlungskartei schlicht umsonst. Ein
Glücksspiel, das sich für die wenigsten Männer wirklich lohnt.
Wir selbst mussten uns glücklicherweise darüber nie Gedanken machen. Durch unser gutes System vor Ort in den Heimatländern werden die Frauen von einheimischen qualifizierten Mitarbeiterinnen betreut, welche außerdem über entspre196
chende Kenntnisse betr. Deutschland und Europa verfügen.
Das führte schnell dazu, dass es sich überall im Umland herumsprach, dass wir nicht nur als seriöse Partnervermittlung
Frauen nach Deutschland vermittelten, sondern dass wir auch
die nötige „Starthilfe“ geben. Obendrein hielten die meisten
der von uns vermittelten Damen ja auch regen Kontakt zu
ihren Familien in den Heimatländern.
Und da die Mehrheit mit ihren deutschen Männern einen „guten Griff“ gemacht hatte, nicht zuletzt deshalb, weil wir unsere Partnersuchen beiderlei Geschlechts stets auf Herz und
Nieren prüfen, gab es oft eine Art Kettenreaktion: Wir vermittelten Anna, die schwärmte dann Belinda von ihrem deutschen Liebsten vor, Belinda kam zu uns, wurde vermittelt und
empfahl uns an Chloé weiter und so fort.
Kurzum: wir haben eigentlich immer mehr wunderbare Frauen in unserer Kartei als aktuell gesucht werden. Damit sind
wir in der – von vielen Mitbewerbern beneideten – Situation,
sowohl für die Frauen in unseren Herkunftsländern als auch
für unsere Kunden „DER“ Anlaufpunkt für die Partnersuche
auf internationaler Ebene zu sein.
Nicht schlecht eigentlich, wenn man bedenkt, dass wir auf
aggressive Werbung und Kundenakquisition stets verzichtet
haben.
197
Alles eine Frage des Temperaments
Am frühen Nachmittag eines ziemlich frostigen Januartages
erreichte uns aus Brasilien eine ungewöhnliche E-Mail. In
aufgeregtem Telegrammstil alarmierte uns eine Mitarbeiterin
aus Recife: „Werner ist verschwunden. Sachen noch hier im
Hotel, aber von ihm fehlt jede Spur. Keiner hat ihn mehr gesehen. Polizei benachrichtigen? Dringend!“
Das klang nicht gut. Karin und ich schauten uns mit einem
fast zeitlichen „Oh. Oh.“ auf den Lippen an. Seit der Geschichte
zwischen Marluce und Dietmar (s. „Brasilianisches Feuer“)
hatten wir unsere Mitarbeiter in Brasilien angewiesen, stets
sehr sorgfältig die Aufenthaltsorte unserer Kunden im Blick
zu halten. Damit wir von wilden, unüberlegten Liebeskapriolen
unter südamerikanischer Sonne einigermaßen sicher wären.
Und jetzt war uns wieder ein Kunde „abhanden gekommen“.
Hoffentlich gab es auch hier letztlich einen so simpel-harmlosen Grund wie beim letzten Abenteuer dieser Art.
Werner, unser „verlorenes Schäfchen“ war ein netter Wurstfabrikant aus Hamburg der nun, mit Mitte 30, beschlossen
hatte, sich seinen Lebenstraum mit einer rassigen Brasilianerin an seiner Seite zu erfüllen. Entsprechend war er mit großen Erwartungen nach Brasilien gestartet und auch wir hatten
alles bestens vorbereitet.
Als super-korrekter, zuverlässiger Mensch überließ er nichts
dem Zufall, sondern plante alles bis ins kleinste Detail. Auch
auf einen präzisen Zeitplan und minutiöse Pünktlichkeit legte
er großen Wert. Weil wir das wussten, hatten wir ihm im Vor198
feld immer wieder eingeschärft, dass die Uhren in Brasilien
einfach anders gehen.
So lebensfrohe Menschen wie die Brasilianer lassen sich
ungern von Uhren den Takt ihres Tages diktieren und selbst
größere Probleme werden einfach mit einem „Tudor beim!“
oder „Easy“ weggelächelt. „Kein Problem“, meinte Werner,
er wäre auch tolerant.
Dies alles ging mir durch den Kopf, während ich überlegte,
was wir nun tun könnten.
Am besten, dachte ich, wäre es, unsere eigenen Ratschläge
selbst zu beherzigen und der Sache noch ein bisschen Zeit zu
geben. Wir mailten also zurück, doch noch etwas mit der Polizei zu warten und Ruhe zu bewahren.
Als nächstes holten wir uns Werners Akte auf den Tisch, in
der Hoffnung, irgendeinen Hinweis zu finden, wo wir ansetzen konnten. Wir beschlossen nach einiger Überlegung,
sicherheitshalber einmal bei seiner Schwester anzurufen. Sie
wohnte in der gleichen gediegenen Villa an der Alster wie
unser Vermisster – es lag nahe, dass er sich im Notfall bei ihr
gemeldet haben könnte.
Und falls nicht, so könnten wir schon einmal vorsichtig ankündigen, dass die Partnerschaftsreise vielleicht nicht ganz
nach Plan verliefe. Also wählte ich die Hamburger Telefonnummer und wartete darauf, die mir noch unbekannte Stimme von Werners Schwester zu hören.
Zu meiner sprachlosen Überraschung erklang jedoch eine mir
absolut bekannte Männerstimme. Ich sammelte mich und fragte: „Werner?“ „Ja,“ antwortete die Stimme: „Herr Orlick?“
199
„Was machen Sie denn in Hamburg, halb Brasilien ist auf der
Suche nach Ihnen!“ Aus dem Lautsprecher des Telefons ertönte ein gequälter Seufzer. „Mein Gott, Herr Orlick, Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was ich durchgemacht habe.“
Seine Stimme zitterte: „Ich bin auch erst vor ein paar Minuten
wieder hier zuhause angekommen.“ Nun war ich erst recht
gespannt, welche Geschichte Werner zu erzählen hatte. Mit
auf der Schulter eingeklemmtem Telefonhörer balancierte ich
meine Kaffeetasse in unseren Besprechungsraum, goss mir so
leise wie möglich nach und nippte vorsichtig am brandheißen
Kaffee, während der Mann seine Leidensgeschichte erzählte:
Werner war sehr herzlich am Flughafen in Recife empfangen
worden. Senhorita Cecilia, die ihn sehnlich erwartet hatte
machte direkt einen großen Eindruck auf ihn. Sein Herz sei
ihr regelrecht entgegen geflogen.
Das muss Cecilia wohl auch so gefühlt haben, denn sie ließ
keinen Blick mehr von Werner und wich nicht mehr von seiner Seite.
Beide waren bis über beide Ohren verknallt und wie weggetreten.
Schon nach kurzer Aufwärmphase hatten die Beiden ihre persönliche Betreuerin nach Hause geschickt, um alleine sein zu
können. Der Himmel hing voller Geigen – Werner war am
Ziel seiner Träume und wähnte sich mit Cecilia im Paradies.
„Aha,“ sagte ich. „Und was ist dann passiert? Das hört sich
doch richtig perfekt an.“
„Jaaa,“ druckste Werner herum. „Das war es ja auch. Dachte
ich bis Dienstagmorgen“An diesem Morgen beim gemeinsa200
201
Karin und Manfred in BRASILIEN
Feierabend in Brasilien bei einem Sonnenuntergang
202
203
Auch uns inspirierte der Karneval in Brasilien
Kein Weg zu unseren Klientinnen ist uns zu weit
204
Fernando de Noronha
205
Karibik Lebenslust pur
206
Moskau – „Roter Platz“
207
Moskau Anfang der 90er Jahre vor dem Bolschoi Theater
208
men Frühstück, sagte Cecilia: „Ich muss jetzt nach Hause, um
meiner Familie zu erzählen, wie verliebt ich bin.
Ich werde sie bitten, mit mir zu kommen, um Dich kennen zu
lernen. Morgen früh kommen wir alle zu Dir ins Hotel.“ Sie
küsste ihn leidenschaftlich und machte sich mit einem glücklichen Lächeln auf den Weg.
Als Cecilia dann aber weg war, überkam Werner plötzlich die
Angst. Alles ging so rasend schnell und er hatte gar nicht über
alles nachdenken, geschweige denn etwas planen können. So
etwas hatte er noch nie erlebt.
Das Ganze war ein Erdrutsch seines aufgestellten Lebensmodells. Heiß und kalt liefen ihm die Schauer über den Rücken und er lief wie ein gefangener Tiger in seinem Hotelzimmer hin und her. Wollte er das jetzt wirklich?
Wie würde sein Leben sich ändern, mit dieser energiesprudelnden, aufregenden Frau an seiner Seite? Angst, Unsicherheit und Panik wechselten sich ab. Er konnte das nicht.
Sein Fluchtreflex wurde stärker als die Anziehungskraft, die
Cecilia auf ihn ausübte.
Plötzlich wollte er nur noch eines: Weg ganz schnell weg!
Aber wie? Einfach aus der Vordertür des Hotels heraus zu
spazieren, erschien ihm als zu großes Risiko. Dort riskierte er
Cecilia und ihrer Familie in die Arme zu laufen. Also schlenderte er hinunter in die Lobby und bezahlte sein Hotelzimmer
für eine weitere Woche, damit ja keiner Verdacht schöpfte.
Dann flitzte er zurück in sein Zimmer, packte nur das Wichtigste in eine Tragetasche und ließ sich für ein paar Real vom
Kellner durch den Hinterausgang lotsen. Eine Straßenkreu209
zung weiter erwischte er ein Taxi und ließ sich zum Flughafen chauffieren.
Sein Rückflugticket erwies sich als wenig hilfreich – es ging
an diesem Tage keine Maschine mehr nach Deutschland. Geistesgegenwärtig checkte er statt dessen per Kreditkarte nach
New York ein. In den letzten Minuten vor dem „Boarding“
hatte Werner einen Schweißausbruch nach dem anderen – die
Angst, Cecilia könne mit ihrer Familie am Flughafen auftauchen, saß ihm im Nacken.
Selbst in New York blickte er sich bei jedem unerwarteten
Geräusch hektisch um. Hier bekam er endlich eine Maschine
zurück nach Deutschland. Und kaum hatte er in Hamburg seine Koffer abgestellt, hatte ich ihn auch schon am Telefon „erwischt“. Werner war fix und fertig mit den Nerven.
Nachdem er sich so die ganze Geschichte von der Seele geredet hatte, bedankte er sich bei mir. Wir hätten uns so viel Mühe
gemacht und nun sei ja leider doch alles umsonst. Werner bat
mich, mit Cecilia zu sprechen. Er habe noch nie in seinem
Leben so viel Liebe und Zärtlichkeit empfangen, gestand er.
Das alles sei ihm wie ein schönes Märchen vorgekommen.
Die intensive, vorbehaltlose Emotionalität Cecilias hatte ihn
praktisch „umgehauen“. So schön und leidenschaftlich diese
Frau auch war - Werner wusste nun, dass er nicht aus seiner
Haut heraus konnte. Er hatte gelernt, dass es besser für ihn
sein würde, seine Partnerin in hanseatischen Gefilden zu suchen.
So verabschiede ich mich nach diesem langen Telefonat dann
210
auch mit einer Erkenntnis: Jeder Mensch braucht seine individuelle Dosis an Liebe und Leidenschaft.
Und auch, wenn man hier in Deutschland oft das Gefühl hat,
es dürfe schon gern etwas mehr sein, so ist eine Überdosis
Liebe doch auch nicht gut für Herz und Kreislauf. Und deshalb bin ich auch heute noch ganz sicher, dass es für Werner
die richtige Entscheidung war, dafür zu sorgen, dass sein Herz
nun wieder im Takt norddeutscher Zurückhaltung schlägt.
211
Der bayrische Draufgänger
Das war doch Bernie, ein blonder blauäugiger bayrischer
Naturbursche, der in Brasilien seine Adriana kennen und lieben gelernt hatte, ganz anders gestrickt. Nun sollte er uns am
Flughafen in Recife abholen, damit wir gemeinsam seine Verlobung feiern konnten.
Der Flug war wie immer lang und als die Maschine endlich
ihre Parkposition am Ende des Rollfeldes erreicht hatte, musste
ich erst einige Male herzhaft gähnen, um überhaupt wieder
richtig wach zu werden. Noch immer ein bisschen benommen
gingen wir über das Flugfeld.
Als wir die Abfertigungsgebäude erreichten, blitzte es plötzlich aus allen Ecken und wir sahen uns einigen Fotografen
und Fernsehkameras gegenüber. Verwundert schaute ich mich
um und überlegte, welche wichtige Person wohl mit uns angekommen sei. Dann plötzlich liefen zahlreiche Frauen auf
uns zu, alle redeten auf uns ein und es hagelte „Bussis“.
Nachdem die letzte „abgeküsst“ war, fingen auf einmal alle
an herzlich zu lachen. Immer noch total überrumpelt, lachte
ich natürlich zurück – mein vom Jetlag geplagtes Gehirn wollte
mir immer noch keine sinnvolle Erklärung für das ganze Geschehen liefern.
Zumindest aber bemerkte ich nach einigen Momenten, was
der Grund für das spontane Gelächter war: Kurz vor der Landung hatte ich mich etwas frisch gemacht und meine Jeans
gegen einen weißen leichten Anzug getauscht.
Dieses durchaus stattliche Produkt eines anständigen Hongkonger Schneiders sah nun aus als hätte es die „Masern“. Der
212
Kontrast war phänomenal: Roter Lippenstift ist auf weißem
Leinen – ein Bild für die Götter.
Auf einmal hörte ich eine bekannte Stimme rufen: „Hallo Herr
Orlick! Hierher, hier sind die Kameras!“ Und da waren sie
wieder, die Fotografen und Kameramänner. Nun aber angeführt von unserem bayrischen Sunnyboy Bernie.
Dieser Satansbraten hatte es – unter heimlicher Mittäterschaft
unserer Mitarbeiterin hier in Recife – geschafft, Presse u. TV
zu mobilisieren.
„Sie kriegen kostenlose Werbung und ich eine kostenlose
Verlobungsfeier.“ freute sich das gestandene Mannsbild.
Was sollten wir da noch sagen? Ich setzte also mein Sonntagsgesicht auf, nahm Karins Hand in meine und wir gingen mit
einer lächelnden Begrüßungsgeste auf die versammelten
Presseleute zu.
Wir verabredeten uns mit dem TV für die Verlobungsfeier
und sprachen die geplanten Aufnahmen kurz durch.
Dann kämpften wir uns durch Getümmel und Kabelgewirr
ins Freie, um erst einmal die Flucht ins Hotel anzutreten.
Auf dem Weg dorthin schwebte der Gedanke an eine kühle
Dusche und ein riesiges Glas kalten Fruchtsaft wie eine Fata
Morgana vor mir her.
Ein paar Stunden später trafen wir uns – inzwischen erfrischt
und umgezogen – im Hause unserer Agenturleiterin. Rund ein
Dutzend äußerst attraktive junge Damen hatte sie eingeladen.
Damit sei ein würdiger Rahmen fürs TV geschaffen, meinte
sie.
Bernie und Adriana übten schon mal ihr Interview fürs TV,
213
die Kameras wurden in Stellung gebracht und die Scheinwerfer strahlten. Gemeinsam mit der ohnehin nicht gerade niedrigen Außentemperatur des brasilianischen Frühsommers brachten die riesigen Scheinwerfer des Fernsehteams das Innere
des Hauses auf gut über 40 °C.
Jeder versuchte so gut es ging, die sprießenden Schweißperlen
unauffällig mit Taschentüchern in Schach zu halten – ein völlig aussichtsloses Unterfangen. Schließlich war der Aufnahmeleiter zufrieden mit seinen Einstellungen und alle atmeten auf.
Aber zu früh gefreut:
Der Sender überließ das Feld lediglich einer anderen TV-Anstalt. Also, das Ganze noch einmal mit Gefühl! Schweiß abtupfen, lächeln, schnell abdrehen, bevor kleine Bäche übers
Gesicht ins Hemd rinnen.
Lindi unsere Agenturleiterin hatte alles wirklich sehr gut vorbereitet und nachdem Bernie u. Adriana zum 3. Mal sich die
Ringe ansteckten, die Verlobungstorte durchschnitten und sich
wieder und wieder geküsst hatten, waren alle mit dem Ergebnis zufrieden, welches wir in den nächsten Tagen über drei
Fernsehkanäle zu sehen bekamen.
Einige Tage später luden wir Bernie und seine Adriana zu
einer Küstentour ein. Mit einem kleinen Schoner stachen wir
in See. Wir ankerten in malerischen Buchten und schwammen hinüber zu den wunderschönen Stränden der brasilianischen Küste. Die Sonne hatte inzwischen sommerliche Intensität erreicht und das glitzernde Wasser verstärkte den Effekt
noch.
Da wir bereits einige Jahre Erfahrung mitbrachten, hatten wir
ausreichend Sonnencreme mit hohem Schutzfaktor eingepackt.
214
Bernie hatte unseren Rat befolgt, sich gut einzucremen – dachten wir. Umso mehr erschraken wir, als wir ihn mit Adriana
im Arm an der Reling lehnen sahen:
Karin hieb mir ihren Ellenbogen in die Rippen und schlug
eine Hand vor den Mund: „Manfred! Da! Bernies Füße!“
Ich blickte an Karins ausgestrecktem Zeigefinger entlang auf
die Füße unseres draufgängerischen Freundes. Mein Gott, seine
Füße waren ja doppelt so dick wie normal! Er hatte vergessen
sie mit einzucremen und der Sonnenbrand hatte regelrecht
beängstigende Dimensionen angenommen.
Aber er war so verliebt, anscheinend spürte er keine Schmerzen. Wir opferten das Eis an Bord, das eigentlich für Caipirinha
gedacht war, für seine Füße. Es sah schon schlimm aus, wie
er in den folgenden Tagen auf seinen Elefantenfüßen herumstakste, aber es gelang uns nur mühsam, seine „Verletzung“
mit dem gebührenden Ernst zu behandeln.
Aus dieser Episode entwickelte sich eine langjährige Freundschaft.
Wenn wir heute die Filmaufzeichnungen „von damals“ sehen,
müssen wir nicht mehr alleine lachen. Denn auch Klara und
Toni, die aus der Verbindung zwischen Bernie u. Adriana hervorgingen lachen heute herzlich mit.
215
Eine Indianerin muss es sein...
Jahr für Jahr zieht es unzählige Menschen zum legendären
Karneval nach Brasilien. Obwohl Rio de Janeiro die wohl
bekannteste Hochburg der Festivitäten ist, so hat doch jede
Region ihren eigenen, individuellen und unverwechselbaren
Karneval. Stundenlanges Redenschwingen, wie man es aus
Deutschland kennt, ist den Brasilianern fremd.
Sie setzen voll auf die Körpersprache: Tanzen, Singen und
jede Art von antreibendem Rhythmus. Das beherrschen alle
aus dem „FF“. Kein Wunder, wenn die Kleinen schon auf den
rollenden Hüften ihrer Mütter im Samba-Takt hin und her
schweben.
Armin, Peter, Heiko und Antonio – vier unternehmungslustige Junggesellen – waren bereits auf alles bestens vorbereitet.
Die Kontakte mit den ausgewählten Damen hatten sich gut
angelassen und nun standen sie vor dem persönlichen Kennenlernen.
Und weil die Gelegenheit günstig war, wollten Sie sich gleich
mit ihren zukünftigen Lebenspartnerinnen in den Karneval von
Olinda stürzen.
Wir hatten also unsere Beziehungen in Deutschland und Brasilien dazu genutzt, noch kurzfristig Flüge und Hotelzimmer
für die ansonsten vollständig ausgebuchte Karnevalszeit zu
ergattern.
Während drei unserer Schützlinge bereits die „Richtige“ angepeilt hatten und sich darauf freuten, ihre Liebe in die Arme
zu schließen, stand für Heiko der sich erst eine Woche vor
unserer Abreise nach Brasilien gemeldet hatte noch eine wich216
tige Frage offen. Und die hatte eine ganz besondere, ungewöhnliche Vorgeschichte:
Jahre zuvor war der Theologe als Entwicklungshelfer bereits
in Brasilien gewesen. Hier hatte er eine Indianerin kennenund lieben gelernt. Zwei ganze Jahre war er mit ihr zusammen gewesen, doch der Häuptling verweigerte schließlich die
Heirat der Beiden.
Kurzerhand hatte Heiko seine Geliebte dann entführt, doch
ihre Brüder fanden das „verbotene Paar“ und brachten die Frau
fort. Fast zwei Jahre lang versuchte er verzweifelt seine Geliebte wieder zu finden, aber sie blieb verschwunden.
Heiko schwor bei allem, was ihm heilig war, dass es keine
besseren Frauen gäbe als diese Indianerinnen – und dass er
keine andere Frau haben wolle als eben eine Solche.
Damit stellte er uns eine ganz schön kniffelige Aufgabe. Wir
befragten unsere Mitarbeiterin vor Ort und sie fand das Ganze gar nicht so schwierig: Also teilten wir ihr mit dass wir in 8
Tage den besonderen Fall persönlich mitbringen würden.
Natürlich: Schöne indianische Frauen gibt es in Brasilien eine
ganze Menge. Aber die Frage ist: Wie weit würde sie sich in
unser Gesellschaftssystem integrieren können? Und könnten
wir es verantworten, eine solche Vermittlung zu übernehmen?
Nach einiger Überlegung entschieden wir uns für einen gesunden Mittelweg: Indianerin – ok.
Aber es kam auf jeden Fall nur eine indianisch-stämmige Brasilianerin in Frage, die aus der Großstadt kam und eine gute
Schul- und Allgemeinbildung besaß.
In unserer Damengalerie gab es doch schon eine sehr anzie217
hende junge Dame namens Jeani, deren Familie indianischer
Abstammung war und die in Salvador de Bahia lebte.
Heiko hatte die bildhübsche indianische Lady inzwischen
ebenfalls in unserer Kartei aufgespürt und sie erschien ihm
als die Antwort auf alle seine Wünsche. Seit er sie gesehen
habe, gestand er uns, vergehe keine Nacht in der er nicht von
Jeani träume. Er bat uns inständig, unser Bestes zu geben,
damit er sie kennen lernen könnte.
Während sich also unsere deutschen Jecken mit ihren Damen
schon auf den Karneval einstimmten, flogen wir nach Salvador
de Bahia um mit Jeani über Heiko zu sprechen. Solange blieb
er solo bei den anderen. Wir hatten uns mit der jungen
Indianerin am Strand von Bahia verabredet. Da wir aber zu
früh ankamen, nutzten Karin und ich die Zeit für einen gemütlichen Strandspaziergang.
Als wir so Hand in Hand durchs Wasser wateten, fiel mir plötzlich die Prophezeiung des indischen Gurus ein. „Siehst Du“,
sage ich „es ist unglaublich, erinnerst Du Dich an die Worte
des indischen Guru, dass wir nach Brasilien gehen würden?
Für diesen Spruch hätte ich damals keinen Cent gegeben.
Jetzt stehen wir wirklich hier.“ Wir gingen weiter und jeder
hing so seinen Gedanken nach. Nur das leise Kräuseln der
Wellen und der angenehme leichte Wind, der unsere Haut streichelte, waren zu hören.
Plötzlich blitzte ein Name in meinem Gedächtnis auf und ich
lächelte unwillkürlich. „Dr. Nidi“ so hatten wir den amerikanischen Psychologen genannt, den wir eingestellt hatten, als
wir noch Mitarbeiterinnen im Außendienst beschäftigten, um
218
unsere Klienten in Deutschland zu betreuen.
Damals bauten wir gerade unsere innerdeutsche Partnervermittlung auf und suchten einen Betreuer und Koordinator für
unsere Außendienstlerinnen. Ich sehe ihn noch vor mir, wie
er zum Einstellungsgespräch eine große schwarze Tasche, die
schon mehr einem Koffer glich, vor sich hertrug.
Nachdem er Platz genommen hatte, deutete ich auf das Monstrum und sagte: „Ich hoffe, da sind nicht nur Bewerbungsunterlagen drin.“ „Nein, nein, keineswegs, dies sind Unterlagen, Strategien und ein erfolgreiches Managementkonzept für
eine Partnervermittlung. Sie müssen wissen, ich habe 5 Jahre
in den Staaten am Aufbau einer namhaften US-Partnervermittlung mitgearbeitet.“
Das hörte sich natürlich gut an und wir hatten auch gleich
einen guten Draht zueinander.
Im Laufe des Tages arbeiteten wir also seinen „schwarzen
Koffer“ durch. Ich war begeistert – fand ich in seinem Fundus
doch viele Ideen und Arbeitsweisen bereits entwickelt und in
der Praxis bewährt, die ich bis dahin erst als Zukunftsideen in
meinen Überlegungen gesammelt hatte.
Kein Zweifel, „Dr. Nidi“ war ein Könner auf seinem Gebiet.
Wir besiegelten unsere Zusammenarbeit mit einem herzlichen
Handschlag. Und später natürlich auch mit einem ordentlichen Vertrag.
Unsere erfolgreiche Zusammenarbeit wurde auch der spätere
Grundstein für die internationale Partnervermittlung.
Ein herzliches „Hallo Alemanha“ brachte mich in die Gegenwart zurück. Jeani, die junge Frau, deretwegen wir nach
219
Salvador de Bahia gekommen waren, war eingetroffen. Ihr
charmantes Lächeln und ruhige bestimmte Art bestätigten in
mir sofort das Gefühl, dass wir richtig lagen. Mit einem schnellen Blick signalisierte Karin auch ihre Zustimmung.
Nach den vielen Jahren, in denen wir alles gemeinsam erlebt
hatten, waren wir schon ein super eingespieltes Team. Die
Reise nach Bahia hatte sich offensichtlich gelohnt. Nach einem langen ausführlichen Gespräch mit der jungen Frau, beschlossen wir ihr Heikos Fotos und seine Biografie zu präsentieren.
Sie las und betrachtete das Porträt des angehenden Pfarrers
mit einer Ernsthaftigkeit, die uns sprachlos daneben sitzen ließ.
Als wolle sie sich jedes Brauenhärchen und jedes kleine
Augenfältchen einprägen, lies sie ihren ruhigen, intensiven
Blick auf den Bildern ruhen.
Dann teilte sie uns ihren Entschluss mit: „Ich möchte hören
wie seine Stimme klingt und dann werde ich mich entscheiden.“ Ich nickte und machte mich daran, das erste Gespräch
per Telefon zu organisieren. Einige Telefonate später war alles geklärt und Jeani flog mit uns nach Recife, um Heiko persönlich kennen zu lernen. Das war also geschafft.
Der Karneval wartete auf uns und wir stürzten uns voller Erleichterung hinein.
Nach einigen Nächten des Feierns war dann jegliche Power
aus uns gewichen und ich sagte zu unserer Agenturleiterin:
„Lindi, weißt Du was, wir sind so fertig, wir sind reif für die
Insel.“ Sie lachte und sagte:
„O.k., warum ruht Ihr Euch nicht ein paar Tage aus? Da gibt
220
es eine Insel, zwei Flugstunden von hier. Der Name ist
Fernando de Noronha. Natur pur, nur ein paar Einheimische.
Die Insel war bis vor kurzem Sperrgebiet, alles unter Naturschutz, keine Touristen. Aber ich habe Beziehungen! Wenn
Ihr wollt hake ich sofort nach.“ Und schon griff sie zum Hörer.
Schon bald waren wir mit einem kleinen, etwas angejahrten
Flieger, der nur acht Leuten Platz bot, unterwegs auf dem Wege
in die totale Ruhe. Bevor wir uns aber so richtig entspannen
konnten, wurde es noch einmal richtig aufregend.
Netterweise durfte ich dem Piloten über die Schulter schauen
und fand das auch recht interessant.
Und nach etwa zwei Stunden konnten wir dann die Umrisse
der Insel vor uns im Meer erkennen. Während ich ganz verzaubert vom Anblick der grünen Oase im tiefen Blau des Ozeans war, klopfte der Pilot einige Male ganz lässig auf eine der
Anzeigen vor sich.
Irritiert folgte mein Blick dem pochenden Zeigefinger. Und
landete auf der links am unteren Ende klebenden Nadel der
Anzeige „Fuel“. Ich atmete wohl hörbar laut ein und schluckte vernehmlich. Da klopfte mir mein Transporteur auch schon
beruhigend auf den Arm „Kein Problem.
Ist nur ein bisschen kaputt, keine Sorge.“ Ich war trotzdem
irgendwie froh, als wir endlich mit leicht stotterndem Motor
auf der Piste aufsetzten. Trotz seiner Beteuerungen hatte nämlich auch unser Pilot einige Schweißperlen auf der Stirn stehen.
Wir wohnten bei einer Fischerfamilie und da man hier Selbst221
versorger war, gab es jeden Tag frischen Fisch in jeglicher
Form der Zubereitung direkt aus dem Meer. Schnell fanden
wir heraus, dass diese Insel ein seltenes Kleinod war: Außer
den Einheimischen gab es hier nur noch eine Meeresforschungsstation, die mit sieben Personen besetzt war.
Wir waren auf einer Art Klein-Galapagos gelandet. Die Pflanzen und das Meer sind hier noch 100% rein, erklärten uns die
Wissenschaftler. Wir erlebten, dass die Tiere keine Angst vor
den Menschen hatten.
Wir konnten wirklich bis auf wenige Meter an die Tiere herangehen.
Landschaftlich bot die Insel alles, was man sich nur wünschen
konnte: Weißer, feiner Sandstrand, grün bewaldetes Hinterland und kleine Berge, eine wahre Augenweide. Wir hatten
schon viele Inseln gesehen, aber diese war mit Abstand die
Schönste.
„Fernando de Noronha“ hat uns in ihren Bann gezogen und
verzaubert, denn hier bestimmt die Ruhe und der Rhythmus
der Natur den Ablauf auf der Insel.
Uns hat es gut getan und da wir in der Fischerfamilie gute
Freunde gefunden hatten, erklärten sie sich damit einverstanden, dass wir von Zeit zu Zeit Paare zu ihnen schicken konnten, die ihren „Honeymoon“ fernab von allen Geräuschen und
Lauten der Zivilisation auf dieser Trauminsel verleben wollten.
Als wir schließlich ausgeruht und voll frischem Tatendrang
das Festland wieder betraten, hatten sich Jeani und Heiko
bereits „gefunden“. Die drei übrigen Karnevalsreisenden
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Armin, Peter und Antonio waren schon mit ihren Partnerinnen auf dem Wege nach Europa.
So verabschiedeten wir dann das ungewöhnliche Paar allein –
den angehenden Pfarrer und die anmutige Indianerin, die sich
nun auf den Weg nach Deutschland machen wollten, um sie
seiner Familie vor zu stellen.
Beide verband wohl eine innige Seelen-Verwandtschaft. Denn
sie benahmen sich und agierten, als ob sie sich schon lange
kennen würden. Einer schien dem Anderen die Gefühle und
Wünsche, von den Augen abzulesen. Mit einem guten Gefühl
sahen wir das junge Paar auf dem Weg zur Gangway und winkten ihnen nach.
Das gute Gefühl hat uns übrigens nicht getäuscht: Heiko und
Jeani sind heute miteinander verheiratet, haben 3 Kinder und
er ist Pfarrer in einer Gemeinde in Süddeutschland.
Hintergrund:
Drei Jahre lang bauten wir gemeinsam mit Dr. Nidi unsere
deutsch/deutsche Partnervermittlung erfolgreich auf und legten damit die Grundsteine für unsere internationalen „Expeditionen“. Gleich nach seiner Einstellung machte er sich mit
Feuereifer daran, den Mädels in unserem Außendienst ein
Stück kalifornischen Optimismus und reichlich Motivation für
die tägliche Arbeit mitzugeben. Selbst an trübesten Wintertagen versprühte er eine Lebensfreude und ein Engagement
für die Sache, die uns alle mitriss.
Leider konnten wir damals nur einen kleinen Teil seiner ge223
sammelten Werke verwenden. Hier in Deutschland tickten in
den 70er-Jahren die Uhren noch erheblich anders als in den
USA Während die Partnervermittlungen in den U.S.A. schon
mit Fernsehwerbung und regelrechten Partnersuch-Sendungen arbeiteten, schlief die deutsche Gesellschaft noch den
Schlaf der Ahnungslosen. Partnersuche galt als reine Privatsache – wer einsam war, der „machte einfach was falsch“ oder
war der geborene Junggeselle.
Partnervermittlungsfirmen galten als irgendwie anrüchig, was
sich teilweise so artikulierte, das Interessenten am Telefon
ernsthaft sagten, sie würden doch lieber erst zu uns kommen,
wenn es dunkel geworden sei. Damit sie ja niemand sehe,
wenn Sie unser Büro beträten. Derartige Verklemmtheiten
kamen für uns aber von Anfang an nicht in Frage.
Wir erklärten den Interessenten dann einfach: „Unser Büro
können Sie jederzeit im Hellen und auch durch den Haupteingang aufzusuchen. Weder wir noch Sie haben doch etwas zu
verbergen. Partnersuche ist eine wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe – nichts Anrüchiges.“
Dr. Nidi half uns die persönlichen Motivationen unserer Klienten besser zu verstehen und zu berücksichtigen. Er half den
Mitarbeiterinnen in den Kennenlern-Gesprächen schneller und
sicherer das Eis zu brechen.
Ohne diese Erfahrungen wäre es wohl für uns wesentlich
schwieriger geworden, die Auslandsbüros erfolgreich aufzubauen und gute Mitarbeiter zu finden. Und weil zufriedene
Mitarbeiter mit ihren guten Beziehungen in den Herkunftsländern absolut unersetzlich sind, geben wir uns damals wie
heute alle Mühe, ihnen die bestmögliche Sicherheit, gute
224
Vertragsbedingungen und angemessene Einkommen zu garantieren. Deshalb arbeiten z.B. in Brasilien die Mitarbeiter schon
in der 2. Generation mit uns.
225
Mein neues Leben im Paradies - Karibik
(Dies ist der Original-Bericht eines unserer Klienten, den ich
mit seiner Erlaubnis hier für Sie veröffentliche. Um seine
Identität zu schützen, haben wir selbstverständlich die Namen
aller Beteiligten verändert. Ich freue mich aber sehr, Ihnen
auf diese Weise einen Einblick in unsere Arbeit – aus der Sicht
eines unserer „Opfer“ geben zu können.)
Hatte ich eigentlich noch eine Chance, mich noch einmal richtig
verlieben zu können? Die meisten Männer in meinem Alter
geben einfach auf, denn die Erfahrungen, die sie hier zulande
machen, geben keinen Anlass zur Freude. Liebe, Zärtlichkeit
und gemeinsame Lebensgestaltung, alles was ich mir so sehr
wünschte, hatte ich inzwischen abgehakt.
Gefühlsmäßig war ich in der Eiszeit angekommen. Ich war 48
Jahre jung, bereits seit 4 Jahren geschieden und wirklich
frustriert.
Für die schönsten Wochen des Jahres entschied ich mich, in
die Karibik fliegen, um der Tristesse meines Alltags zu
entfliehen. Abseits der Hotels und Touristen lernte ich,
nachdem ich die Schwätzer und Trinker hinter mir gelassen
hatte, die nur darauf warteten, dass die nächste Bar aufmachte,
die wirkliche Dominikanische Republik kennen.
Ich war verblüfft über die Schönheit dieser Insel und erinnerte
mich daran, im Reiseführer gelesen zu haben, dass Kolumbus
beim Betreten der Insel ausrief, er habe nie etwas Schöneres
in seinem Leben gesehen. Dies sei das Paradies. Der Mann
hatte wirklich Recht kann ich nur sagen. Das Leben und die
226
Leichtigkeit der Leute, dort mit Problemen umzugehen und
sie zu meistern, wo wir als verwöhnte Europäer schon aufgeben
würden, beeindruckte mich sehr.
Die natürliche Ausstrahlung und einfache außergewöhnliche
Freundlichkeit, das nette Lächeln, wenn man mit den
Einheimischen spricht. Die Wärme der Herzen, die immer
vorhandene Hilfsbereitschaft und vieles mehr faszinierten und
ließen mich regelrecht wieder aufblühen. Lateinamerikaner
haben eben ein ganz anderes Verhältnis zu ihren Mitmenschen.
Hektik und Stress sind Fremdworte für sie.
Sollte mal etwas nicht sofort klappen, sieht man keine sauren
Gesichter, sondern man lacht und versucht, so gut wie möglich
zu improvisieren. Was dann auch meistens gelingt. Es ist
einfach liebenswert, in strahlende und hilfsbereite Gesichter
zu schauen. So erlebte ich die Inselbewohner.
Doch auch der schönste Urlaub geht einmal zu Ende und ich
war wieder gefangen im Alltagstrott.
Eines Morgens, als ich erwachte, war sie dann da, die Idee:
Kolumbus hatte Recht mit dem Paradies! Vor meinem geistigen
Auge sah ich sie wieder: die karibischen Schönheiten, die
lachend und winkend an mir vorbei schlenderten.
Schon vor meinem Urlaub hatte ich mir Infos über die
Dominikanische Republik aus dem Internet geholt und dabei
auch eine Partnervermittlung entdeckt, die Europäer mit
Karibischen Schönheiten zusammen brachte. Ich fand die
Agentur wieder und schrieb mich als Mitglied ein.
227
An einem ruhigen Abend bei einer Flasche Wein wurde ich in
der Internet Damen-Galerie von „Partnervermittlung.de“ fündig. Mir fielen einige wunderhübsche Frauen ins Auge, die
ich unbedingt kennen lernen wollte. Also schrieb ich sechs
Kontaktanfragen und sandte diese mit meinen Fotos über die
Agentur in Deutschland direkt an meine Traumfrauen. Meine
Erwartungen waren groß und voller Spannung wartete ich auf
die Antworten. Ich war ein Glückskind, denn ich bekam 2
positive Antworten und wie das Schicksal es wollte, schien
ich als „Gringo“ auch noch einen Bonus zu haben, denn genau
diese Beiden waren auch noch meine Favoritinnen.
Nun gab es für mich kein Halten mehr. Ich rang meinem Chef
zwei weitere Wochen Urlaub ab, versorgte mich mit neuen
Badehosen und leichter Kleidung. Zwischenzeitlich hatte
„Partnervermittlung.de“ meine Reise (Hin- u. Rückflug, Hotel,
persönliche deutschsprachige Betreuung vor Ort) bestens und
auch noch günstig geregelt – solchen Top-Service hatte ich
gar nicht erwartet.
Ich war so aufgeregt, dass ich beinahe die zwei kleinen
Geschenke für meine „Schönen“ vergessen hätte. Wenig später
saß ich schon im Flieger auf dem Weg nach Puerto Plata. Noch
im Flugzeug dachte ich, dass das alles doch etwas komisch
sei. Meine Schüchternheit nahm wieder von mir Besitz. Den
ganzen Flug über war ich angespannt. Was würde mich
erwarten. War das überhaupt vernünftig, was ich da vorhatte?
Ich war nicht mehr Herr meiner Sinne und Gefühle und an
einen klaren Gedanken war nicht zu denken. Ich musste über
mich selber lachen, denn ich fühlte mich wie ein kleiner Junge
an Weihnachten. Was war nur mit mir los?
228
Und dann passierte es gleich nach der Landung.
Ich war sprachlos, denn Srta. Marlen – meine Traumfrau Nr.1
– war gemeinsam mit dem Mitarbeiter der Partnervermittlung
zum Airport gekommen. Im Original war sie noch schöner als
auf den Fotos und ich war so begeistert von ihr, dass ich die
andere Kandidatin gar nicht mehr zu Gesicht bekommen sollte.
Ich hatte mich total verknallt, verschossen, verliebt wie auch
immer. Dieses Gefühl und das in meinem Alter, machte mich
total fertig. Marlen lachte nur, für sie war alles o.k. Ich war
wohl der Einzige, in dessen Bauch die Gefühle voller Selbstzweifel Achterbahn fuhren.
Wir verlebten zwei wunderbare Wochen. Die Menschen um
uns herum lachten uns zu und schienen sich mit uns zu freuen,
wenn wir zwei schmusend und lachend am Strand entlang
schlenderten. Die Betreuung durch die Mitarbeiter der Partnervermittlung vor Ort war intensiv und gut. Wir unternahmen
viele Tagestouren zusammen. Das war gut, denn hierbei hatten wir Gelegenheit, uns richtig kennen zu lernen.
Nach meinem Abschied und der Rückreise nach Deutschland
ging alles ziemlich schnell. Marlen hatte über die Partnervermittlung einen Deutschkurs belegt. Die Mitarbeiter der PV
besorgten auch die für die Ausreise und Heirat notwendigen
Dokumente. Dann kam sie nach Deutschland und wir heirateten. Das war vor 3 Jahren.
Mittlerweile hat es auch 2 gute Freude von mir erwischt. Auch
sie haben das große Glück mit einer Karibischen Schönheit
gefunden. Manchmal muss man sich einen Ruck geben und
das eine aufgeben, um das Glück zu finden.
229
Unser aller Leben hat sich gewaltig zu unserem Vorteil
verändert. Lebensfreude, Wärme und echte Gefühle machen
jetzt das Leben wieder lebenswert. Wir leben zwar nicht in
Kolumbus Paradies, aber fast jedes Jahr im Urlaub fliegen wir
dorthin. Und wenn ich es recht betrachte, dann haben wir schon
das Paradies auf Erden durch unsere wundervollen Frauen.
Das war’s.
Euer glücklicher
Markus
230
Perestroika
Nachdem Glasnost und Perestroika die ehemalige Sowjetunion
umgekrempelt hatten, kam endlich Tamara aus Moskau zum
Zug. Sie hatte vor einigen Jahren Kontakt zu uns auf genommen, aber damals war eine Zusammenarbeit noch nicht möglich. Jetzt war die Zeit gekommen, also rief ich sie an.
Ich verabredete einen Besuchstermin und wenige Tage später
saßen Karin und ich bereits im Flieger nach Moskau. Es war
Winter und bitter kalt. Die Temperatur lag bei – 25° Celsius
und der Schneefall wollte einfach nicht enden.
Wir checkten in unser Hotel ein und am Abend trafen wir uns
mit Tamara zum Essen, um über das Projekt einer russischdeutschen Partneragentur zu sprechen. Wir trafen uns um 19.00
Uhr im Hotelrestaurant.
Hier war für ca. 200 Leute schon wunderschön gedeckt und
die Kapelle spielte dezente russische Volksmusik. Es war eine
angenehme Atmosphäre zumal der offene Kamin ein paar
Meter entfernt anheimelnd knisterte.
Ein gut gekleideter Kellner kam an unseren Tisch und überreichte die Speisekarte. Etwas sonderbar fand ich, dass wir,
Tamara, Karin und ich die einzigen Gäste waren – aber es war
ja auch noch früh am Abend.
Wir studierten die Karte und bestellten. „I am very sorry, Sir,“
teilte uns der Kellner in geübtem, ein wenig schnarrendem
Englisch mit,„leider können wir Ihnen das heute nicht servieren. Eine kleine Schwierigkeit unseres Lieferanten.“ „Macht
nichts, das kann ja mal passieren,“ nickte ich. Schließlich
wusste wir, dass die Versorgungslage im damaligen Russland
teilweise als etwas abenteuerlich galt.
231
Wir wählten also erneut aus. Leider war auch dieses Menü
nicht zu bekommen, also noch einmal auswählen.
Nachdem wir zum 3. Mal den Kellner bemüht hatten, dämmerte es mir: Ich hatte die falsche Strategie. Also fragte ich
ihn: „Was haben Sie denn da?“
Mit einer leichten Verbeugung, ohne auch nur einen Blick auf
die Karte zu werfen, erwiderte er: „Ich empfehle Ihnen die
Nr. 38, Sir.“ Wir wussten zwar nicht so recht, was Nr. 38 denn
sein sollte, aber ich beschloss meinem knurrenden Magen
zuliebe zu lächeln und sagte: „O.k. dann Nr. 38.“
Die Getränkekarte wollte ich nach dieser ersten Lektion gar
nicht erst sehen und fragte lieber gleich ganz gerade heraus,
ob wir 3 Bier bekommen könnten.
Unser Kellner antwortete zu meiner Überraschung: „Deutsches
Bier oder dänisches Bier?“ Das klang vielversprechend und
ich bestellte zuversichtlich drei deutsche Bier. Er nickte und
verschwand aus dem Saal.
Eine ganz schön lange Weile später tauchte der Mann im eleganten Frack wieder auf. Er trug ein Tablett vor sicher her, auf
dem er uns drei ganz gewöhnliche Bierdosen wie einen Schatz
präsentierte: Eine Dose deutsches Bier, eine Dose dänisches
Bier und eine Dose holländisches Bier. Als er unsere verblüfften Gesichter sah, errötete er ein wenig. Er entschuldigte sich,
dass er leider nicht mehr Bier hätte auftreiben können.
In diesem Moment begriff ich, dass er für uns sein Bestes
getan und diese Dosen irgendwie „organisiert“ hatte. Es gab
kein anderes Bier außer diesem. Schnell bat ich ihn, die Dosen abzustellen und bedankte mich.
Zwischenzeitlich war die Band zur Höchstform aufgelaufen
232
und spielte wie der Teufel. Wir verzichteten auf unsere Besprechung, lauschten der Musik und überlegten vereint, wie
wohl unser Essen aussehen würde. Nach der Vorwarnung mit
dem Bier schraubte ich meine Erwartungen um einiges tiefer.
Trotzdem war ich nicht auf die „Nr. 38“ vorbereitet.
Auf dem übergroßen Teller, der jedem Sterne-Restaurant alle
Ehre gemacht hätte, begrüßten uns Kartoffeln in sechs hübsch
drapierte Scheiben zerteilt, ein paar grau – grüne Erbsen, wohl
aus der Dose, sowie ein einfaches dünnes Stück Fleisch.
Es sah ein wenig aus wie eine gebrauchte Schuheinlage und –
wer hätte nun noch etwas anderes erwartet – es schmeckte
auch so. Mit dem Messer hatten wir keine Chance, das Fleisch
zu durchtrennen, also versuchten wir es mit den Zähnen. Der
Kampf gegen die Konsistenz dieses sicher uralten Veteranen
einer russischen Kolchose war hart.
Aber irgendwann war er gewonnen und das zähe Ding hatte
seinen Weg in unsere Mägen gefunden. Unnötig zu sagen,
dass wir auf die kommende Rechnung wirklich gespannt waren.
Und wie schon erahnt, hatten wir eines – für die damaligen
Verhältnisse in Moskau – echtes Luxusmahl genossen. Mit 86
US-Dollar weniger in der Tasche und leider immer noch knurrendem Magen, verließen wir das Restaurant. Noch immer
hatten sich außer uns keine Gäste eingefunden, aber noch
immer spielte die Band so herzerwärmend sie konnte.
Die ersten 5 Stunden in Moskau erschienen uns absolut bizarr. Wir gingen zurück ins Hotel. Am nächsten Morgen wollten wir uns einige Geschäfte und Märkte ansehen, aber erst
einmal beschlossen wir, richtig auszuschlafen. Das gelang auch
233
ganz hervorragend: In unseren wirklich guten Betten schliefen wir tief und fest und erwachten frisch und gestärkt.
Beim Frühstück setzten sich dann unsere am Vorabend gemachten Erfahrungen fort: Außer Weißbrot, einfachster Marmelade und heißem Tee war nichts Essbares zu bekommen.
Also machten wir uns auf den Weg in die Einkaufsstraßen der
Metropole. Irgendwo würden wir sicher die Gelegenheit zu
einem ausgiebigen Brunch finden, dachten wir.
Wir liefen durch eine Menge Geschäfte, überall war es sauber
und aufgeräumt, nur von Lebensmitteln war nichts zu sehen.
Ich erinnere mich noch gut an eine Traube voller Menschen,
die an einer Kühltheke standen. Natürlich war ich neugierig.
Nachdem ich mich zum Rand der Traube durchgekämpft hatte, sah ich in der Kühltruhe einsam und verlassen 4 Hühnerbeine liegen.
Die Leute starrten auf die Beine, es war ganz still und sie
machten keine Bewegung. Nach ca. 5 Minuten verließen wir
den Laden. In dieser Zeit hatte sich nichts verändert. Mir wurde plötzlich klar, dass dieser Zustand ganz Moskau betraf.
Aber wovon leben 10 Millionen Menschen?
Tamara sagte, „Kommt! Ich zeige es Euch.“ Und sie führte
uns zum Eingang der Metro. Hier standen Hunderte von Menschen und boten alles Mögliche zum Tauschen gegen Essbares an.
Ein altes Mütterchen bot sogar eine einzige Apfelsine an – wo
auch immer sie die her hatte. Sie wärmte die Apfelsine mit
ihren Händen, damit sie nicht erfror. Andere boten Küchengeräte, Bilder, Porzellan an. Ehemalige ausgezeichnete Vete234
ranen der Sowjetunion boten ihre Orden an.
Als wir später noch einmal an der Metro vorbei kamen kniete
die alte Frau mit gesenktem Kopf und ausgestreckter Hand, in
der sie noch immer die Apfelsine hielt, im Schnee. Ich fühlte
mich schlecht und hilflos. Aber diese Bilder waren keine Seltenheit zu dieser Zeit in Moskau.
Ich begriff Perestroika war für den Großteil der Menschen
kein Aufbruch, sondern erst einmal der Zusammenbruch in
die absolute Hoffnungslosigkeit.
Tamara, die mit ihren Eltern zusammen lebte, lud uns an diesem Abend zu sich nach Hause ein. Der Tisch im Arbeitszimmer der kleinen Wohnung war nett gedeckt. Als sie nach längerer Zeit aus der Küche kam, brachte Sie einen Teller, auf
dem einige Streifen durchwachsener Speck lagen.
Sie entschuldigte sich und sagte:“ Ich habe das Fleisch extra
nicht gebraten, sonst wäre es noch kleiner geworden. Dazu
gab es Weißbrot, Wodka und ein Glas Bier.
Dann bat Sie uns, doch zuzulangen. Wir nahmen 1 Stück Brot
und tranken etwas Bier. Ihr müsst das „Fleisch“ essen sagte
sie und legte es uns auf den Teller.
Plötzlich merkte ich, wie mein Magen sich zusammenzog vor
Verlangen, denn meine Nase hatte den kleinen Streifen von
Energie sofort „gewittert“. Ich versuchte mich zusammen zu
reißen, während tausende von Gedanken durch meinen Kopf
schossen.
Wir waren in vielen Ländern der 3. Welt gewesen. Überall
gab es Engpässe, aber irgendwie ließ sich immer etwas organisieren und eine Palette von Grundnahrungsmitteln war stets
verfügbar gewesen.
235
Hier in Moskau hingegen, war selbst für die so begehrten „kleinen grünen Scheinchen“, also für Amerikanische Dollar fast
nichts zu bekommen. Es war einfach nichts da.
Tamara und ihre Eltern drängten uns, zu essen. Ich nahm ein
Glas und sagte „Na Sdorowje“. Dann teilte ich die Scheiben,
die mit Sicherheit kein Kind satt gemacht hätten, in gleiche
Teile und beschloss: „Menschen, die zueinander stehen und
gut zusammen arbeiten, trinken und essen auch gemeinsam.“
Ich hatte Glück. Unsere Gastgeber akzeptierten und zum ersten Mal ging ein kleines Lächeln über ihre Gesichter. „Na
denn: Na Sdorowje! Auf die Freiheit und dass alles besser
wird,“ ergänzte ich voller Erleichterung.
„Freiheit?“ fragte Tamaras Mutter, die einige Jahre als Mitarbeiterin der sowjetischen Botschaft in Australien gearbeitet
hatte. „Was ist das? Wir haben immer viel gearbeitet, nie viel
besessen, aber dennoch waren wir zufrieden. Jetzt aber stehen wir hier und haben nichts mehr zu essen. Noch nicht einmal
unsere Rente können sie uns im Moment zahlen.
Ist das die neue Freiheit?“ Die Eindrücke dieses Abends haben mich sehr aufgewühlt und ich ließ kein Glas Wodka an
mir vorbeigehen. Denn, was das Essen nicht vermochte, schaffte der Alkohol (wenn auch nur vorübergehend): Mein Bauch
schien glücklich und zufrieden, jedenfalls meldete er sich nicht
mehr.
In dieser Nacht schlief ich tief und traumlos. Inmitten all der
Trostlosigkeit und des Elends dieser ersten, chaotischen Tage
nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hatte ich tief in meinem
Herzen ein gutes Gefühl.
Und auf mein Gefühl konnte ich blind vertrauen. Nicht nur
236
gute Geschäftspartner hatten wir gefunden, sondern auch gute
Freunde, auf die wir uns verlassen konnten. Das war mir klar.
Vieles hat sich seither in Moskau verändert, ein bescheidener
Wohlstand ist inzwischen auch beim Durchschnitt der Bevölkerung „angekommen“. Ihre gute Schul- und Ausbildung nützt
vielen Russen bei der Gründung eigener Existenzen im Inund Ausland.
Die gesamte Lage im Land hat sich sichtbar verbessert und
auch wenn Worte wie „Russenmafia“ immer wieder in der
Presse Anlass zum Gruseln geben:
Putins Politik, die Korruption einzudämmen, ist erfolgreich.
Russland erwirtschaftet viel Geld durch seine natürlichen
Rohstoffe Gas und Öl und gibt sich ehrbar und demokratisch
auf dem Weg hin zu den europäischen Nachbarn.
Was nicht zuletzt in so skurrilen Auswüchsen wie dem Einstieg von Gazprom beim Traditions-Fußballverein Schalke 04
gipfelt.
Nur einmal in diesen Jahren direkt nach dem Zusammenbruch des Kommunismus schien unsere Arbeit ernsthaft in
Gefahr. Als der Motor von Perestroika und Glasnost, Michail
Gorbatschow, vom Militär festgenommen wurde und die Panzer in Moskau einrollten.
An diesem Tag jedoch hatte ein Mann seine große Stunde und
wuchs über sich hinaus: „Zar Boris“ (Boris Jelzin) war es, der
auf den Panzer kletterte und es tatsächlich schaffte, dass diese
aus Moskau verschwanden.
Das Gespenst der „alten“ Sowjetunion war endgültig gebannt.
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Die Welt hatte von nun an ein etwas freundlicheres Gesicht,
aber auch neue Probleme bekommen.
Sie hatte aber einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung zu mehr Demokratie und Freiheit für Millionen von
Menschen getan.
238
Na Sdorowje!
Einige Tage nach unserer Ankunft in Moskau – ebenfalls während unseres ersten Besuches dort – unternahmen wir einen
zweiten Ausflug in die russische Gastronomie. Ich hatte zwei
Mitarbeiterinnen der Deutschen Botschaft, die wir bereits gut
kannten, zum Essen eingeladen.
Die simple Überlegung hinter dieser Einladung: Beide waren
bereits seit drei Jahren in Moskau und müssten sich also
inzwischen recht gut auskennen. So würde es uns sicher gelingen, eine anständige Mahlzeit auf den Teller zu bekommen. Ich verkündete also:
„Ihr Lieben, ich lade Euch zum Essen ein. Sucht was Gutes
aus und wir werden uns heute einen schönen Abend machen.
Egal, was es kostet!“ Die beiden Frauen freuten sich, dem
tristen Alltag entfliehen zu können und gemeinsam schippten
wir ein paar Stunden später ihr Auto von fast einem ganzen
Meter Schnee frei.
Damit fuhren wir dann hinaus an den Stadtrand. Hier betraten
wir ein gemütliches Lokal im Landhausstil mit urigen Balken.
Im Kamin prasselte ein Feuer und die Petroleumlampen auf
den Tischen funkelten. Es war außergewöhnlich gemütlich.
Die fast filmreife Atmosphäre wurde durch den Klang einer
Balalaika noch untermalt.
Mit der Essensbestellung hatten wir auch keine Schwierigkeiten, denn die gastfreundliche Wirtin erklärte uns kurzerhand,
heute gäbe es Borschtsch und danach so eine Art Gulasch.
Jedenfalls hatten wir das so verstanden. Aber erst einmal tranken wir auf den schönen Abend einen Wodka „Na Sdorowje!“
239
Und damit die Zeit bis zum Borschtsch nicht so lang wurde,
genehmigten wir uns noch einen. Dann kam der Borschtsch.
Der war so „dick“, dass – hätte man ihn durch ein Sieb geschüttet – mit Sicherheit nichts hängen geblieben wäre.
Egal, Na Sdorowje !!!!
Da zwischen unserem Tisch und der Küche ein paar Meter
und eine lange Zeit lagen, verkürzten wir die Wartezeit um
ein weiteres Glas Wodka. Wir fühlten uns wohl, die Augen
unserer beiden Gäste strahlten im weichen Glanz.
Ach, wie war das Leben schön!
„Bevor der Hauptgang kommt, lasst uns noch einmal auf unsere Gesundheit anstoßen!“ Ja aber sicher. „Na Sdorowje!“
Das musste unbedingt sein. Doch dann musste der Wodka einem großen, schwarzen, dampfenden Topf weichen.
Die Wirtin strahlte und mit einem Ruck entfernte sie den Deckel. Sofort erfüllte eine Wolke von köstlichem Duft unseren
Tisch. Da meine Nase nun so angenehm überrascht war, wollte ich meine Augen auch glücklich sehen.
Aber ich konnte nichts im Topf erkennen. Seltsam – ich beugte mich ein Stück weiter vor. Und noch weiter... erst als ich
mit dem Kopf schon über dem Topf war, sah ich auf dem
Grund etwas brodeln. Der Topf war aber zu ¾ leer.
Ich ließ mir nichts anmerken und lobte das wunderbare Menü.
Angst, dass wir den großen Löffel, der am Topf hing, benutzen mussten, brauchten wir aber zum Glück nicht zu haben.
Es gelang der Wirtin wirklich, den Inhalt des Topfes so gleichmäßig zu verteilen, dass jeder seinen Tellerboden bedeckt
bekam.
240
Also, alles prima. „Na Sdorowje!“
An diesem Abend habe ich eine Neue und satt machende Technik kennen gelernt, nämlich: Viel Reden und Wodka trinken.
Nachdem wir gegessen hatten, schauten wir uns an und bestätigten uns, dass das Essen einfach Klasse war.
Und wenn man so richtig auf seinen Bauch hörte und fühlte,
dann gab er auch ein Sättigungszeichen von sich.
Na dann „Na Sdorowje!“
Der Tisch wurde abgeräumt und nach einer Weile stimmten
wir gemeinsam mit den übrigen Gästen in die russischen Volkslieder ein, die der Balalaika-Spieler vortrug. Unsere Kommunikation mit den anwesenden Russen klappte immer besser
und wir schauten uns tief in die blanken Augen.
Vielleicht habe ich dort die russische Seele entdeckt, aber die
Bilder, die mir am Morgen nach dem Aufwachen in Erinnerung geblieben waren, hatten einen doch arg verschwommenen Rand. „Alles Quatsch, schlecht geschlafen und geträumt,“
verscheuchte ich die Folgen der Wodka - Seeligen Feier.
Irgendwann musste ich ja auch bezahlt haben, dachte ich und
checkte – wie jeden Morgen seit unserer Ankunft – unsere
Papiere und die Brieftasche. Es waren gut 700,-- DM weniger
drin als vor unserem Ausflug.
Da ich mich an das Ende des Abends nicht mehr so recht
erinnern konnte, fragte ich bei nächster Gelegenheit unsere
Freunde. Die lachten und meinten, es sei uns an dem Abend
noch, trotz aller Widrigkeiten der Zeit, nach allen Regeln der
Kunst gelungen „die Sau durchs Dorf zu treiben“.
Na, wie auch immer, der Zustand meines Kopfes passte
durchaus zu der Beschreibung. Ich füllte also meine Briefta241
sche wieder auf und buchte die vergangene Nacht als deutschrussische Freundschaft auf mein Lebenskonto.
Na dann: „Na Sdorowje!“
242
Dosvedanja
Je länger wir in Moskau waren, umso mehr gewöhnten wir
uns daran, den Ausnahmezustand der Stadt und des Landes
als gegeben hinzunehmen. Und nach einigen Tagen verspürte
ich ein Gefühl, dass ich bis dahin noch gar nicht in dieser
Form gekannt hatte.
Ich war hellwach, meine grauen Zellen verblüfften mich damit, dass ich doppelt so schnell und besser denken konnte.
Die Erklärung war ganz einfach: Ich hatte Hunger.
Jetzt fielen mir auch die Worte wieder ein, die mir die Mitarbeiterin am Telefon sagte, als ich noch in Deutschland war
und mich beklagte, dass ich etwas tun müsse, um mein altes
„Kampfgewicht“ wieder zu erreichen.
Lachend hatte sie damals in den Hörer gerufen: „Komm nach
Moskau, dann hast Du bald diese Probleme nicht mehr.“
Darüber hatte ich nicht nachgedacht, aber von Tag zu Tag merkte ich, dass meine Hosen und Hemden „angenehmer und lockerer meinen Körper umhüllten.“ Dankbar nahm ich dies
wahr, doch auf der anderen Seite trieb mich eine seltsame
Unruhe zu weiteren Unternehmungen an. Jetzt zählte ich jeden Tag, der mich dem Verlassen Moskaus näher brachte.
Und nach weiteren spannenden, aber hungrigen Tagen kam er
dann auch. Es herrschte Dauerschneefall und die Straßen waren kaum noch zu erkennen. Zwei bis Drei Meter hohe Schneewände sahen wir an den Rändern des Rollfeldes, als wir uns
endlich bis zum Airport durchgekämpft hatten.
Pausenlos waren die Räumkolonnen im Einsatz, um die Start243
bahn von Schnee und Eis frei zu bekommen, eine Sisyphusarbeit.
Bei diesem Wetter starten wir nie, dachte ich mir und sah mich
schon meine unfreiwillige Diät fortsetzen. Doch das russische Flughafenpersonal blieb völlig gelassen. Wir checkten
ein und mit einem Blick aus dem Fenster murmelte ich Karin
zu: „In Deutschland wäre der Flugverkehr jetzt garantiert schon
längst eingestellt.“
Trotz meiner Unkenrufe begann das Boarding in unserer
Aeroflot-Maschine die uns zurück in die Heimat bringen sollte.
Dann, als die Motoren starteten, erzitterte das Flugzeug. Na
das hatte ja schon mal geklappt, aber wie wir starten und abheben sollten, war mir immer noch schleierhaft. Trotzdem blieb
ich zuversichtlich. Ich hatte während meiner vielen Auslandsreisen gelernt, Vertrauen in die Leute vor Ort zu haben.
In aller Regel wissen die sehr gut, was sie sich selbst, der
einheimischen Technik und der Physik zumuten können. Und
so war es dann auch: Ein paar Minuten später konnte ich mich
zurücklehnen, die Anspannung ließ nach. Wir hatten tatsächlich Moskau verlassen und flogen gen Westen.
Leise Musik ertönte aus dem Lautsprecher und plötzlich beugte
sich ein fröhlich lächelndes Gesicht zu mir herunter und fragte mit sanfter Stimme: „Was darf ich Ihnen zu essen bringen,
Sir?“ Ich schluckte. War das ein schlechter Scherz oder „Vorsicht Kamera“? Vorsichtig fragte ich also: „Na ja, was haben
Sie denn Gutes anzubieten?“„Mögen Sie Hühnchen oder
Shrimps?“ kam die Gegenfrage.
Ich überlegte nicht lange und schlug beim Hühnchen zu. Dies
244
wurde auch prompt mit einem Glas Wein serviert. Unfassbar.
Ich war tatsächlich im Himmel.
Schon wenige Minuten später signalisierte mir mein Magen,
dass alles wieder Bestens sei und was hinter mir lag, waren
nur böse Träume. Vom Fenster aus war während des gesamten Fluges nichts als eine eisige Schneewüste zu sehen.
Ich erinnerte mich an die Geschichten, die mir mein Vater
über die endlosen schneebedeckten Weiten des letzten Krieges in Russland erzählt hatte und verstand, dass kein Mensch
eine Chance hatte, dieser Einöde zu entfliehen.
Doch das war zum Glück ein halbes Jahrhundert her. Nach 3
Stunden Flug schwebte ich warm und mit einem wohligen
Gefühl im Bauch mit Aeroflot in Köln ein und war wieder um
einige Erfahrungen reicher.
Heutzutage haben sich Moskau und St. Petersburg total verändert. In nichts steht man hier anderen Großstädten der Welt
mehr nach. Nichts erinnert mehr an den Zusammenbruch der
Sowjetunion, Glasnost und Perestroika.
Als wir Sylvester in St. Petersburg 2 x in das neue Jahr tanzten (einmal zur russischen Zeit und zwei Stunden später zu
deutscher Zeit) und das Buffet mit allem, was das Herz begehrt, (Steaks, Kaviar, Krimsekt, Wein, Wodka etc.) bestückt
war, erinnerte ich mich an das erste McDonalds, das in Moskau
eröffnet wurde. Eine Menschenschlange von mindestens 50
Metern hatte sich vor dem Eingang gebildet.
Neugierig betrat ich den Laden. Ich schob mich durch die
Menschenmasse, um zur Theke zu gelangen. Ich wollte sehen, was der amerikanische Burger-Gigant seinen russischen
Kunden anbieten würde, wo doch kaum Lebensmittel in die245
ser Zeit zu bekommen waren.
Die Bilanz war enttäuschend, nicht ein Bruchteil des Angebotes, wie wir es kennen, war zu haben. Die Qualität hätte in
Deutschland obendrein jeden „Burger-Freund“ zum offenen
Aufstand aufgerufen. Dabei waren die Preise fast unerschwinglich. Kaum jemand konnte sich eine Mahlzeit dort leisten.
Aber man war ja geübt darin, sich mit dem Hinsehen zu begnügen.
Das Seltsame und Erstaunliche war: Alle Gesichter um mich
herum wirkten zufrieden und entspannt. Und in den Augen
der Menschen leuchtete ein seltsames Feuer. Es brauchte einige Zeit bis ich den Grund dafür erkannte:
McDonalds verkörperte für die russischen Gäste den Fresstempel des Westens und die Freiheit. Es war wie ein Netz von
unsichtbaren Fäden das sich von Mensch zu Mensch durch
die Räume zog und sie alle miteinander verband:
An dem schimmernden Glanz in ihren Augen erkannte ich,
das sie fest daran glaubten, mit dem Eintritt in die FastfoodFiliale beginnt das neue, das bessere Leben, das sich alle
wünschten.
246
Leben hier und jetzt! – Alfreds 2. Chance
Alfred M., 56 Jahre alt, Handwerksmeister hatte unsere
Informationsbroschüre gelesen und war auf der Suche nach
einer Lebenspartnerin. Vor 3 Jahren war seine Ehefrau, mit
der er 27 Jahre glücklich verheiratet war, an Krebs gestorben.
Es war ein langer Leidensweg für beide, denn seine Frau war
fast 4 Jahre bettlägerig, bevor sie starb.
Alfred und seine Frau waren ihr ganzes Leben fleißig gewesen und hatten sich nichts gegönnt, weil man ja später, wenn
das Haus bezahlt wäre und die gute Rente gezahlt würde, das
Leben so richtig genießen wollte.
Das Schicksal meinte es aber ganz anders. Alfred machte sich
jetzt Vorwürfe und beklagte, dass sie Beide nicht früher angefangen hätten, auch etwas von den schönen Seiten des Lebens
zu genießen.
Nun, was war zu tun? Die Zeit zurückzudrehen und die Weichen anders zu stellen, war ja leider nicht mehr möglich, aber
aus dieser Erfahrung (wenn auch negativ) die Alfred gemacht
hatte, konnten wir nun eine neue Strategie für eine bessere,
glücklichere und zufriedenere Zukunft entwickeln.
Das taten wir dann auch.
Gelöst, begeistert und voller Optimismus nahm Alfred Kontakt zu einigen Damen aus Weißrussland auf. Dies alles ist
nun schon einige Jahre her. Alfred ist heute einer unter Tausenden von Klienten, denen wir helfen konnten, ihre Lebenspartnerin zu finden.
Und er hatte sich von Anfang an geschworen, mit seiner Irina
wirklich jeden Tag bewusster und intensiver zu leben, ließ er
247
uns wissen.
Von Zeit zu Zeit ruft er noch einmal an und diese Gespräche
enden immer mit derselben Feststellung: „Es war richtig und
gut mein Leben so zu verändern. Heute weiß ich, dass nur das
Hier und Jetzt zählt. Wir sind glücklich und genießen jeden
Tag unser Lebens und unserer Zweisamkeit bewusster.
Mein Leben hat noch einmal einen Sinn bekommen, aber das
wissen Sie ja schon, Herr Orlick. Also, bis zum nächsten Mal“.
248
Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an...
Es war eine kräftige Umarmung und ein intensiver Kuss vor
dem Standesamt in Aachen. Endlich hatten Malgorzata und
Harald ihr Ziel erreicht. „Die Einsamkeit ist der größte Feind,
den man im Alter hat“, sagte Harald, „wenn man nicht mehr
berufstätig ist und allein. Eine gute Rente ist ein Segen, aber
macht doch noch lange nicht glücklich.“
Bis es zu diesem Happy End kam, hatte es eine ganze Zeit
lang gar nicht so gut für Harald ausgesehen. Einige Monate
zuvor war sein Sohn Kurt in unserem Büro erschienen. Mit
einem Blick, der zu allem entschlossen aussah, ließ er sich in
den Sessel vor meinem Schreibtisch fallen und ächzte:
„Herr Orlick, danke für den Termin, Sie müssen mir helfen.“
Das „müssen“ klang schon sehr nach letzter Hoffnung und
ich blickte erst einmal ostentativ auf den Ehering an seinem
Finger.
„Alte Gewohnheit oder noch verheiratet?“ fragte ich. „Ach
nein!“ Heftig schüttelte mein Gast den Kopf. „Ich doch nicht!
Ich bin glücklich verheiratet. Naja, ich war es jedenfalls. Bis
meine Frau angefangen hat, sich über meinen Vater immer
mehr aufzuregen.“ „Ja, und was kann ich dagegen tun?“
Mit großen Augen sah er mich flehendlich an: „Bitte, finden
Sie eine Frau für meinen Vater! Sie retten damit meine Ehe!“
Das Ganze erschien mir doch ein bisschen verworren und so
bat ich ihn, mir in Ruhe die ganze Geschichte zu erzählen.
Alles hatte neun Jahre zuvor mit der Scheidung seines Vaters
angefangen. Nachdem die ganze unerfreuliche Geschichte
ausgestanden war, hatte dieser versucht eine liebevolle Lebens249
partnerin zu finden.
Er hatte Annoncen aufgegeben und auf Anzeigen geschrieben
und sich auch im Internet in eine freie Datenbank eingeschrieben. Wenn es aber dann zum persönlichen Treffen kam, war
die Enttäuschung jedes Mal groß gewesen. Zwei oder dreimal
hatte es dann doch erst ganz gut ausgesehen und Kurt hatte
sich schon echte Hoffnungen für seinen alten Herrn gemacht.
Aber dann stellte sich nach ein paar Monaten heraus, dass Sie
doch noch nicht „so richtig geschieden“ war und eine der Frauen hatte den Senior sogar gebeten ihre hohen Schulden abzuzahlen.
Irgendwann hatte der ältere Herr auch die Lust verloren sich
„zum Narren zu machen“. Den Ausschlag hatte eine Begegnung mit einer Dame gegeben. Die war wohl eine ganz Schnelle
und brachte es gleich beim ersten Treffen in wenigen Minuten auf den Punkt: „Ich habe heute leider nicht so viel Zeit“,
sagte sie, „aber ein paar Dinge können wir sofort klären.
Sie sagen doch, Sie haben ein schönes Haus mit Garten. Wie
hoch sind denn da noch die Hypotheken und was bleibt Ihnen
nach Abzug aller Verpflichtungen denn noch zur freien Verfügung?“ Kurt erzählte, sein Vater habe auf diese Dreistigkeit
kein Wort mehr heraus gebracht.
Daraufhin habe die Frau ihm mit erhobener Nasenspitze gesagt: „Gut, überlegen Sie es sich noch einmal in Ruhe. Sie
können mich ja jederzeit anrufen.“
„Wow!“ brach es aus mir heraus. „Das ist ja mal richtig hart.
Und ich verstehe auch gut, dass sie Ihrem Paps helfen wollen,
auf seine alten Tage nicht einsam zu sein.
250
Aber was hat das mit Ihrer Ehe zu tun?“ „Ja Moment,“ erwiderte Kurt. „Das kommt ja jetzt.“
Sein Vater kam immer öfter deprimiert und niedergeschlagen
zum Kaffee und Abendessen. Er brachte auch seine Sachen
zum Waschen und Bügeln mit, weil er selbst nicht mit der
Wäsche klar kam. Immer öfter stritten sich Kurt und Simone
über den Vater, obwohl sie normalerweise bestens miteinander
auskamen.
Simone hielt es einfach nicht mehr aus, gleichzeitig berufstätig zu sein, ihren Ehemann, zwei Kinder und obendrein noch
ihren Schwiegervater zu umsorgen.
Außerdem wollte Sie am Wochenende ihren Mann auch einmal
für sich alleine haben. Es kriselte also stark. „Deshalb hat mir
Simone den Auftrag verpasst, etwas zu unternehmen. Sie kann
nicht mehr. Und ich ehrlich gesagt auch nicht. Es reicht.
Der Mann ist erst 66 Jahre. Das ist doch heute kein Alter mehr!“
Ich nickte und Kurt fuhr fort, die Geschichte zu erzählen.
Eines Tages landete Kurt bei seiner Suche auf unserer Seite
im Internet. Nachdem er sich informiert hatte, rief er bei uns
an. Es war ihm klar, dass sein Vater wieder sein eigenes Leben führen sollte und das ging nur mit einer neuen Lebenspartnerin. Dann hören die Hochs und Tiefs, die permanenten
Enttäuschungen und Frustrationen auf, dachte er.
Aber die Frage ist: „Hat mein Vater überhaupt noch eine Chance, jemanden zu finden?“
„Fälle wie ihren Vater haben wir sogar recht häufig. Schenken Sie ihm doch einen Gutschein“, erwiderte ich. „Vermittlung bis zum Erfolg – Zeit spielt keine Rolle und sie zahlen
251
nur einmal einen Grundbetrag für ihn.“ Dann erzählte ich ihm,
dass mittlerweile das verschenken von Gutscheinen an Väter,
Söhne oder gute Freunden zu Geburtstagen, Weihnachten und
anderen Anlässen zur echten Geschenkidee geworden ist.
Und dass sich in unserer großen Damen-Galerie auch jede
Menge attraktiver, gebildeter Damen ab 50 eingetragen hätten. Das Ganze sei also viel einfacher, als er wahrscheinlich
vermutet hätte.
„Ihr Vater wählt aus unserer großen Damen – Galerie die Damen, die er anhand der Fotos und persönlichen Daten
besonders attraktiv findet aus, dann schreibt er sie über unser
System an und in ca. 8 Tagen kann er die Antworten in seinem Album lesen.
Die Frauen die ihm positiv antworten, besucht er dann persönlich oder lädt sie zu sich ein.
Natürlich helfen wir ihm gerne bei der gesamten Abwicklung.“
Kurt sah mich ganz verblüfft an und in seinen Augen schimmerte die Hoffnung.
Also gab ich ihm noch ein paar Tipps. „Gerade mit polnischen Damen haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Da
Polen zur EU gehört, gibt es auch bei der Einreise keinerlei
Probleme. Die meisten unserer Klienten fahren übers Wochenende nach Polen, um die Damen zu treffen und kennen zu
lernen.“
Mit einem herzlichen Händedruck, einem Gutschein für seinen Vater und beschwingten Schrittes verließ Kurt mein Büro.
Und einige Tage später sah ich unter den Neuanmeldungen
den Eintrag seines Vaters Harald.
Entweder beherrschte der Senior den Umgang mit PC und
252
Internet recht gut oder sein Sohn hatte ihm aktive Hilfe im
Gesamtpaket mit dem Gutschein angeboten – auf jeden Fall
ging die Vermittlung von da an richtig zügig voran.
In unserer großen Damen-Galerie fand Harald schnell eine
ganze Reihe von Damen, die ebenfalls ernsthaft einen Lebenspartner suchten. Über den Briefkontakt fand er recht schnell
heraus, mit welcher davon ihn gegenseitige Sympathie verband. Dann konnte es ans persönliche Kennenlernen gehen.
Schon nach 2 Besuchen in Polen folgte Malgorzata seiner Einladung nach Deutschland. Beide hatten sich gesucht und gefunden.
Nach 7 Monaten des Zusammenlebens haben sie sich nun das
„Ja-Wort“ gegeben. Und Kurt freut sich auf die „zweiten Flitterwochen“ mit seiner Frau – wenn sein Vater endlich die
Hochzeitsreise angetreten hat.
253
Internet und Partnervermittlung
Durch das Internet sind heute viel mehr Menschen zu erreichen. Das machten sich natürlich einige clevere Techniker
zunutze. Es werden Plattformen kreiert, auf welchen sich Leute
treffen können. Eine wirklich gute Idee, leider mit dem Nachteil, dass keine Kontrolle über Daten und Angaben stattfinden.
So sorgen immer wieder Leute mit falschen Angaben oder
solche, die sich nur einen Spaß erlauben und sich ihre Zeit
vertreiben möchten, dafür, dass der wirklich ehrlich Suchende recht wenig Chancen hat, seinen Lebenspartner zu finden.
So kann schon einmal aus der schlanken, gut aussehenden 26jährigen, weltoffenen Bewerberin beim Treffen im „real life“
eine mollige 42-jährige, noch in Scheidung lebende Hausfrau
mit 2 Kindern werden. Meistens sind keine Fotos vorhanden
und wenn, dann ist es noch die Frage, ob es sich hier wirklich
um die gleiche Person handelt.
Wie uns Klienten immer wieder berichten, tummelt sich hier
alles, dass selbst Transvestiten und Homosexuelle versuchen,
an Kontakte zu kommen.
So sehen wir in diesen Plattformen eine nette Idee zum Spaßund Zeitvertreib, aber nicht die Möglichkeit, ernsthaft einen
Lebenspartner kennen zu lernen. Bei uns sind alle Partner suchenden Damen nach einem persönlichen Interview und Überprüfung ihrer Angaben in die Damengalerie aufgenommen
worden.
Alle diese Damen suchen ernsthaft einen Lebenspartner und
sind auch mit mehreren Fotos in unserer Galerie vertreten. So
254
sind wir über die Jahre mit den technischen Möglichkeiten
mit gewachsen.
Was für ein Fortschritt, als wir das Telex zur Kommunikation
nach Übersee einführten. Brauchte doch die Post von Übersee nach Deutschland durchschnittlich 4 – 6 Wochen. Wenn
wir dann gespannt die Post öffneten und nach ein paar Minuten feststellten, dass die Dokumente nicht zu verwenden waren, so war dies natürlich sehr enttäuschend.
Auch verging viel Zeit beim gegenseitigen Briefaustausch und
oftmals wurden unsere deutschen Klienten dann ungeduldig.
Durch die Arbeit mit dem Telex waren wir nun in der Lage,
innerhalb kurzer Zeit alle Nachrichten und Anfragen in den
Lochstreifen zu stanzen. Und dann ratterte das Telex los und
in wenigen Tagen lagen uns die Antworten vor.
Was für ein Glück als dann das Telefax erfunden wurde. So
waren wir endlich in der Lage, schnellstens Dokumente auszutauschen. Dies beschleunigte die technische Abwicklung
einer Vermittlung um ein Vielfaches.
Mit dem Beginn des Internet-Zeitalters waren wir von Anfang an dabei. Sofort hatten wir erkannt, welch ungeheure
Arbeitsentlastung und Schnelligkeit von nun an in die Abwicklung einzog. Jetzt waren wir rund um die Uhr mit unseren Mitarbeitern weltweit in Kontakt.
Wenn im asiatischen Kontinent die Sonne untergeht und der
Feierabend naht, geht in Südamerika die Sonne auf und die
Bürozeit beginnt. Wir waren also jederzeit auf dem Laufenden.
Und unser eingespieltes Team kann schnellstens Nachrichten
255
und Infos vom Partnersuchenden an seine Herz-Dame weiterleiten.
Dadurch, dass alles digital in Bits und Bytes gespeichert, bearbeitet und versendet wurde, war der benötigte Aufwand für
die Verwaltungsarbeiten geringer und wir konnten mehr Zeit
für die Partnersuchenden zur Verfügung stellen. Auch unsere
Zeitungs-Werbung stellten wir ein.
Heute werben und kommunizieren wir nur noch übers Internet.
Der Partnersuchende hat dadurch viele Vorteile. Neben der
Schnelligkeit der Abwicklungen und ständigen Erreichbarkeit
ist aufgrund der E-Mail – Versendung auch ein schnelleres
persönliches Kennenlernen möglich.
Und nicht zuletzt konnten wir durch Internet, Rationalisierung der Arbeitsvorgänge und einer ausgefeilten neuen Strategie die Kosten für eine Vermittlung drastisch senken und an
den Partnersuchenden weitergeben.
Uns ist keine seriöse Partnervermittlung bekannt, die in diesem Umfang dieses Preis-Leistungsverhältnis vorweisen könnte.
So hat sich diese Entwicklung vom Postverkehr, der oft wochenlang dauerte, bis zum E-Mail - Sekunden-Klick für alle
Beteiligten sehr positiv ausgezahlt und wir können nun in
weniger Zeit ein Vielfaches leisten. Unser Internetportal steht
heute rund um die Uhr weltweit allen Partnersuchenden zur
Verfügung.
Diese können bequem vom eigenen PC oder Internet-Cafe
Kontakte zu anderen Partnersuchenden knüpfen. Hierbei können sie minutenschnell ihre persönlichen Daten, Wünsche und
Vorstellungen austauschen.
256
Das Ganze können sie mit ihren persönlichen Fotos und Fotos aus ihrem Umfeld (wie u. wo sie leben, Hobbys etc.) dem
Anderen zeigen.
Sicherheit und Datenschutz hat natürlich dabei Vorrang, so
dass nur der angesprochene Partner Zugang zu diesen Daten
hat.
Vor über 30 Jahren haben wir als Pioniere begonnen und heute sind wir die Profi - Partnervermittlung in Europa. Wir
bieten Vollservice und Betreuung durch die Büros im Heimatland„
Vom 1. Kontakt bis zum glücklichen Zusammensein.“
Viele Tausende Partnersuchende haben sich unser bewährtes
Vermittlungssystem zu nutze gemacht und ihre große Liebe
gefunden.
257
Mabuhay* und Abschied
Es ist schon erstaunlich: Mit tausenden von Menschen habe
ich gesprochen, zu vielen davon habe ich spontan einen „guten Draht“ entwickelt, aber nur mit einer Handvoll unserer
ehemaligen Klienten haben sich Freundschaften entwickelt.
Gemeinsam mit dreien der Paare haben wir über 20 Jahre lang
eine lebhafte, wunderbare „Clique“ gebildet.
So verschworen war unsere Viererbande, dass die anderen
unserer Freunde und Bekannten uns spaßeshalber „das Kleeblatt“ nannten. Wir haben die Feste gefeiert, wie sie kamen,
mal bei dem Einen und dann beim Anderen. Und ich erinnere
mich noch genau daran, wie alles anfing:
Leah sah bezaubernd aus in ihrem zartlilafarbenen Kostüm
mit weißem Blütenschmuck im tiefschwarzen Haar und ihr
Klaus im Smoking mit Fliege machte das schöne Bild komplett. Zwei Menschen hatten sich gefunden. Auf ihren Gesichtern spiegelten sich Glück und Zufriedenheit wieder.
Das war nicht immer so, denn...
...an einem verregneten Novembertag, morgens gegen 10.00
Uhr hatte Klaus sich dazu durchgerungen, uns anzurufen. Seine
Stimme klang verhalten, als er sagte: „Ich bin Arzt im Ruhestand und Witwer. Meine liebe Frau ist vor vier Jahren an
Krebs verstorben und ich konnte ihr nicht helfen.
Ich habe Ihre Unterlagen über die Partnervermittlung gelesen
und jetzt möchte ich gerne wissen, wie alles in der Praxis
abläuft.“ In kurzen Zügen erklärte ich ihm daraufhin unsere
Vorgehensweise.
Er war begeistert, wie er sagte, aber plötzlich klang seine Stim258
me müde und brüchig, als er gestand: „Es ist zwar mein größter Wunsch, wieder eine liebevolle Partnerin an meiner Seite
zu haben, aber ich habe in den letzten Jahren so viel Pech
gehabt, dass ich kaum noch daran glauben kann.
Außerdem sind da ja auch noch meine 2 erwachsenen Söhne.
Was werden die dazu sagen?“ Er klang niedergeschlagen und
war kurz davor, emotional abzurutschen.
Also rief ich regelrecht in den Hörer: „Halt, halt! Ob Sie Chancen haben, können Sie nach einem persönlichen Gespräch in
unserem Hause viel besser beurteilen.“ Am liebsten hätte ich
ihn sofort in meinem Büro gebeten, aber der früheste Termin,
den ich anbieten konnte, war am übernächsten Tag.
Mir war klar, dass ich den Arzt für einen Moment aus seiner
depressiven Stimmung gerissen hatte, aber ob der Optimismus über die nächsten zwei Tage anhalten würde? Gewettet
hätte ich nicht. Alle meine Spekulationen verflogen, als Klaus
pünktlich eintraf.
Im Laufe des Gespräches merkte ich, dass ich einen feinfühligen Menschen vor mir hatte, den die Realität des Lebens eingeholt hatte und der nun nicht mehr daran glauben konnte,
noch einmal eine harmonische Beziehung eingehen zu können.
Auf der anderen Seite machte ihn die Einsamkeit regelrecht
fertig. Ich habe viele dieser Fälle kennen gelernt. Meist ältere
Männer, die kaum glauben können, dass es noch eine glückerfüllte Zukunft für sie geben kann.
Aber mit Motivation und Willen kann man nicht nur Berge
versetzen, sondern auch seine Träume verwirklichen. Wir
259
waren uns einig, dass nur dies der Weg zum Glück sein konnte, also „packen wir es an“ sagte ich.
Klaus entschied sich am Ende, nachdem er mehrere Frauen
kennen gelernt hatte, für Leah. Beide haben ihr Ja-Wort nie
bereut, denn wo immer wir uns trafen (auf Hochzeiten, Taufen, Geburtstagen, Verlobungen etc.) betonten sie und er immer
wieder, dass sie gemeinsam so glücklich seien.
Und die Depressionen, die Klaus nach dem Tod seiner ersten
Frau gequält hatten, waren ohne eine Medizin durch die Liebe verflogen. Klaus wurde in unserer freundschaftlichen Runde
als „der Doc“ bezeichnet.
Da war auch noch Walter, der sich durch seinen Handel mit
ostasiatischen Zierfischen einen Namen gemacht hatte. Er war
geschieden. Nach einigen Versuchen fand er in unserer Kartei
seine Marina – und damit die Lebenspartnerin, die mit ihm
durch dick und dünn ging.
Walter, der nicht nur von Berufs wegen viel herumreiste, hatte immer ein paar neue Geschichten auf Lager und manchmal
fragten wir uns, ob seine stories denn nun wahr sind oder
vielleicht doch eher von Münchhausen entliehen wurden.
Jedenfalls passten er und seine Marina ausgezeichnet in unser
Kleeblatt“ und er trat unter dem Spitznamen „the fishman“ in
die Runde ein.
Robert unser „Rennfahrer“, Chef eines Autohauses, war und
ist der beste Gastgeber den man sich vorstellen kann. Nachdem er seine Frau nach schwerer Krankheit verloren hatte,
nahm er sein Leben noch einmal in die Hand und wurde mit
Diana glücklich. Seine Weisheit und Logik waren bestechend.
260
Er ist immer bereit, Anderen zu helfen und sein Wissen so
einzusetzen und weiterzugeben, dass alle in seinem Umfeld
davon profitierten. Ich kann mir bis heute keinen besseren
Freund vorstellen.
Als viertes Paar im „Kleeblatt“ vollendeten Karin und ich die
Runde. Dass ich alles immer sehr ausführlich erklären muss,
liegt wohl in meiner Natur ebenso wie in der meines Jobs.
Schließlich hat mich die Erfahrung gelehrt, dass selbst kleinste Versäumnisse oder Missverständnisse einen ganzen Berg
von Problemen auslösen können.
Da ich also nicht locker ließ, jede Information sehr nachdrücklich und bis ins Detail durch zu diskutieren, nannten mich alle
anderen kurzerhand „den Prediger“.
Damit also war das Kleeblatt (4 Paare) komplett und wir erlebten in den letzten 20 Jahren viele schöne Stunden zusammen. In dieser Zeit pflegten die drei Paare neben unseren regelmäßigen Treffen und Unternehmungen auch noch gemeinsam wunderschöne Philippinenreisen zu unternehmen. Von
diesen wurde dann bei der nächsten Feier ausgiebig geschwärmt.
13 Jahre pflegten wir diese Freundschaft bereits, als wir
schließlich, nach einer langen bösen Krankheit, Abschied von
Klaus, dem Doc, nehmen mussten. Leah war jeden Tag bei
ihm im Krankenhaus gewesen, versorgte ihn liebevoll mit allem, was er benötigte, um ihn dann am Ende in Frieden einschlafen zu sehen.
Wenn wir heute Leah treffen, sagt sie uns immer wieder, wie
sehr sie ihn doch vermisst. Einige Jahre später folgten ihm
261
Walter und Marina. Auf einer eisglatten Straße beendete ein
ins Rutschen gekommener LKW das Leben und Glück zweier
so wertvoller Menschen.
Wenn wir heute Robert und Diana besuchen, ob im Sommer
zum Grillen oder im Winter am warmen Kamin sitzend, erinnern wir vier uns, wie wir gemeinsam so manches Fest mit
einem edlen Tropfen gefeiert haben. Wir feierten und diskutierten bis in den frühen Morgen. Es war schön, einfach schön,
glückliche Menschen um uns zu haben.
Seit mehr als 20 Jahren verbindet uns nun mit Robert und
Diana eine enge Freundschaft und wir freuen uns jedes Mal
riesig auf ein Wiedersehen. Auch heute debattieren und philosophieren wir noch nächtelang. Das wird uns nie langweilig. Die Gastfreundschaft der Beiden ist einfach phänomenal
.
Robert hat bei jeder Einladung eine Überraschung in Form
eines von ihm neu kreierten Cocktails parat, den er kurzerhand
herbei zaubert. Wir hoffen sehr, dass wir uns noch viele schöne Jahre treffen können.
Gerne erinnern wir uns an die Menschen, mit denen wir so
lange in tiefer Freundschaft verbunden waren. Unsere Traurigkeit darüber, dass sie heute nicht mehr bei uns sein können,
hält sich dabei in Grenzen, denn wir sind davon überzeugt,
wir haben sie nicht verloren, sondern sie sind uns nur vorausgegangen.
Und das Leben, die Einmaligkeit des Seins, das sagen wir
auch immer wieder unseren Partnersuchenden, ist leider kein
Gummiband, das sich unendlich dehnen lässt.
*Mabuhay ist ein philippinischer Willkommensgruß.
262
„Wir – die Orlicks“
Wir, Karin und Manfred gaben uns das „Ja“ im Frühjahr 1968.
Im Spätherbst des gleichen Jahres wurde unsere Tochter
Susanne geboren. Ein Geburtsunfall führte bei unserem Baby,
das 2 Monate zu früh geboren wurde, zu einer folgenschweren Sauerstoff-Unterversorgung des Gehirns, welches eine
Mehrfachbehinderung nach sich zog.
Diese Situation sollte unser bisheriges Leben total verändern
und uns vor eine der größten Herausforderungen unseres Lebens stellen. Erst nach 8 Monaten diagnostizierten die Ärzte
das ganze Ausmaß von Susis Behinderungen. Danach konnte
der 1. wichtige Schritt zur gezielten Förderung unserer Tochter getan werden.
Karin gab ihren Beruf als Großhandelskauffrau auf und konzentrierte sich ganz auf die Förderung von Susi. Tägliche Krankengymnastik, Wahrnehmungsübungen, Beschäftigungstherapie, Sprachtherapie, Unterwassergymnastik etc. bestimmten
von nun an den Alltag unserer jungen Familie.
Nach dem Dienst beim Bundesgrenzschutz nahm ich wieder
meine Tätigkeit als Versicherungskaufmann in meiner eigenen Generalagentur auf. Da mich diese Arbeit nicht ausfüllte
und Susis Förderungsmöglichkeiten nicht zufriedenstellend
beantwortet werden konnten, entschlossen wir uns 1978, der
Großstadt Essen den Rücken zu kehren.
Wir kauften auf dem Land in Nümbrecht (Oberbergischer
Kreis) ein schönes Haus mit Garten.
Hier gab es nicht nur einen Platz zum Durchatmen für unsere
263
Familie, sondern auch eine sehr gute schulische Förderung
sowie insgesamt bessere Entwicklungsmöglichkeiten für unsere behinderte Tochter als in der Enge der Großstadt. Sogar
eine Reittherapie konnte ins individuelle Förderprogramm mit
einbezogen werden.
Nachdem wir uns im Oberbergischen gut eingelebt hatten, stellte sich mir die Frage, ob es nicht eine bessere Möglichkeit
gäbe, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen und dabei
auch meiner Frau Karin eine Möglichkeit zu geben, sich über
die Betreuung von Susi hinaus zu engagieren.
Nachdem verschiedene Alternativen durchdacht waren, beschlossen wir eine Partnervermittlung als Franchisenehmer zu
gründen. So entstand 1979 die „Moderne Partnervermittlung“
als innerdeutsches Angebot.
Die Büroräume fanden Platz im Souterrain des eigenen Hauses, dessen Hanglage hierfür ausgezeichnete Voraussetzungen bot. Obwohl uns bereits nach kurzer Zeit klar wurde, dass
das Franchise-Angebot wenig seriös und mit dem vom Franchise-Anbieter gestellten Adressenpool kaum etwas anzufangen war, beschloss ich, diese Idee zum Erfolg zu führen.
Mit Unterstützung eines Fachpsychologen, der aus der Partnervermittlung kam und einigen engagierten Mitarbeiterinnen
stellten wir unser Konzept auf eine solide, weit blickende
Basis. 1982 war es dann soweit:
Aus der ursprünglich deutsch-deutschen Vermittlung wurde
die „Internationale Moderne Partnervermittlung“ IMP. Während in den ersten Jahren die Vermittlung auf deutsch – phi264
lippinische Verbindungen beschränkt war, bauten wir in den
folgenden Jahren weitere Auslandsverbindungen auf und eröffneten lokale Büros mit einheimischen Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern.
1982
1990
1992
1999
2000
2001
Aufbau des Büros in Manila - Philippinen
Aufbau des Büros in Recife-Brasilien
Aufbau des Büros in Moskau-Russland
Beginn der Zusammenarbeit in der Karibik /
Dominikanische Republik
Beginn der Zusammenarbeit mit Weißrussland –
Minsk
Beginn der Zusammenarbeit mit Polen – Breslau
Das Ergebnis unserer Arbeit und vieler spannender Jahre ist:
Tausende erfolgreich vermittelte Paare, unzählige einzigartige Erlebnisse und das Bewusstsein vielen Menschen bei der
Neugestaltung ihres Lebens helfen zu können.
265
Eine erfolgreiche Vermittlung
In den letzten drei Jahrzehnten habe ich über 20.000 Gespräche mit Menschen geführt, die ihr Leben verändern wollten.
Sollte ich die Charaktere aller dieser Männer und Frauen beschreiben, so gleicht das Gesamtbild einem gigantischen Regenbogen, in dem jeder Einzelne seine eigene ganz besondere
Farbe besitzt.
Im Dialog mit den Frauen, die sich in unsere Damenkartei
eingetragen haben und den Männern, die bei uns die Frau ihres Lebens kennen lernen wollten bin ich den erstaunlichsten
Lebenseinstellungen begegnet.
Extrovertierte, in sich Gekehrte, Ängstliche, Draufgängerische,
Selbstsichere, Schüchterne, Bescheidene, Anspruchsvolle,
Exzentrische, Sanfte, Kernige, Naturverbundene, Erfolgsverwöhnte,... es gibt nicht genug Worte, um allen meinen Partnersuchenden gerecht zu werden.
Natürlich waren auch ein paar schräge Vögel dabei – im Großen und Ganzen kann ich aber behaupten, fast jeden Tag Einblick in „gute Seelen“ bekommen zu haben. Und das ist ein
Geschenk, dass nur wenigen Menschen – meist Ärzten, Seelsorgern und Pfarrern – vergönnt sind. Wie bringt man nun –
unter diesen vielen Menschen – die „Richtigen“ zusammen?
Wen stellt man wem vor? Wie hilft man den Unentschlossenen und Schüchternen? Voraussetzung ist natürlich zuerst
einmal, dass die Chemie stimmt und das Vertrauen vorhanden
ist.
Ehrlichkeit und Ernsthaftigkeit spielen deshalb eine außerordentlich große Rolle. Denn wer schon mit Unwahrheiten be266
ginnt (Angaben bezüglich seines Alters, Berufes, Anzahl der
Kinder, Gesundheit etc.) und bewusst falsche Aussagen macht,
wird sein Ziel aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreichen.
Denn, mal ganz ehrlich:
Würden Sie sich auf eine Beziehung mit jemandem einlassen,
der Sie schon vor dem Kennenlernen absichtlich in die Irre
geführt hat?
Es mag altmodisch klingen, aber genau aus diesem Grund halte
ich persönlich nicht allzu viel von Internet-Chats und Flirtforen.
Hier macht sich jeder vorsätzlich zum Superhelden und zur
Traumfee. Da keinerlei Kontrolle stattfindet, sind die Enttäuschungen vorprogrammiert, sollte man sich auf ein reales Treffen einlassen.
Natürlich gibt es auch dort immer wieder Zufallstreffer – und
unterhaltsam mag das virtuelle Anbandeln auch sein – aber
wer einen zuverlässigen Partnerschaftsvermittler beauftragt,
der erwartet zu Recht mehr als nur ein Lotterie-Spiel.
Eine große Hemmschwelle zwischen den Partnersuchenden
ist sicherlich die gegenseitige Unsicherheit. Natürlich hat fast
jeder in seinem Leben schon einmal einen Flirt begonnen. Aber
wie nähert man sich einer Frau, die man noch nicht persönlich kennt? Und wie nimmt man Rücksicht auf die kulturbedingt unterschiedlichen Mentalitäten?
Der Eine ist äußerst zurückhaltend, will auf keinen Fall etwas
falsch machen, während der Andere den Angriff als bestes
Mittel sieht und direkt zeigt, wie toll er doch ist (Mein Haus,
meine Yacht, meine Pferde etc.) Beides ist unmöglich und
267
kommt bei den Damen, die Sie ja nicht kennen, nicht an.
Wer will denn schon einen übernervösen Hasenfuß oder einen selbstverliebten „Macho“ als Lebensgefährten haben?
Im Laufe der Jahre haben wir gelernt, Brücken zu schlagen
und zu erkennen, wer zu wem passt. Denn im Gegensatz zum
Handwerk, wo schon einmal etwas „passend gemacht“ werden kann, muss es in einer Beziehung von Anfang an rund
herum stimmen. Sonst sieht die Zukunft düster aus.
Also tun wir das, was normalerweise nur langjährige, gute
Freunde tun: Wir beraten. Wir versetzen uns in die Lage der
Frauen und Männer, die miteinander ihre Zukunft gestalten
wollen und versuchen einzuschätzen, ob aus der spontanen
Attraktion auch dauerhafte Liebe werden kann.
Dafür sind wir da – und das haben wir schon tausende Male
erfolgreich hinbekommen.
Damit wir nicht „ins Blaue hinein“ raten müssen, haben wir
Grundsätze für unsere Arbeit und für unsere Kunden entwickelt, die sich als wichtig und wertvoll erwiesen haben:
So beginnt eine erfolgreiche Vermittlung:
1. Alle Angaben der Partnersuchenden müssen der Wahrheit entsprechen, wer „mogelt“ wird nach entsprechender Warnung aus der Kartei entfernt. Das gilt sowohl für
die Damen, die sich bei uns bewerben, wie auch für die
Herren.
2. Gute Fotos sind eine wichtige Voraussetzung, denn
sie prägen den ersten Eindruck. Schlechte Fotos (unscharf, über- oder unterbelichtet, mehrere Leute auf dem
268
Foto, zu lässige Kleidung etc.) kosten den Partnersuchenden nach unserer Erfahrung bis zu 80% der positiven Antworten.
Deshalb überprüfen wir jeden Neueintrag persönlich und
beraten zur Auswahl der Fotos. Im Grunde ist es doch
ganz einfach: Wie würden Sie denn reagieren, wenn Sie
Fotos im Netz sehen, mit denen Sie im Grunde nichts
anfangen können. Überhaupt nicht oder verärgert, da der
Andere es anscheinend nicht für nötig hält, sich etwas
Mühe zu geben, um Ihnen zu gefallen.
Warum sollte man einem solchen Menschen antworten.
Ausreden sollten wir nicht gelten lassen, denn überall
auf der Welt gibt es gute Fotografen, wo Sie Ihre Fotos
auch direkt mitnehmen können.
3. Je mehr Sie über sich selbst aussagen und mitteilen,
umso interessanter sind Sie. Deshalb interviewen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Herkunftsländern unserer Damen die Bewerberinnen gleich vor
Ort. Umgekehrt ist es für die jungen Frauen natürlich
sehr wichtig, möglichst viele und umfassende Informationen über die Männer zu erhalten, die auf der Suche
nach einer Lebenspartnerin sind.
Zwischen Mitteilungen, Fotos und der Phantasie im
Kopfe des Betrachters entstehen neue Zusammenhänge
und hiervon hängt schließlich auch die Antwort ab. Was
kann ich von dem Typ erwarten? Ist das der Mann meines Lebens? Wird es interessant sein, ihn persönlich
kennen zu lernen?
Wer sich also etwas Mühe bei der Selbstdarstellung gibt, hat
269
schon die erste Schlacht gewonnen und kann sich auf das
Kennenlernen per E-Mail und wenn sich die Sympathie verdichtet auch „Auge in Auge“ freuen. Auch wenn inzwischen
moderne Kommunikationsmedien den Partnervermittlungsprozess erheblich beschleunigt haben, so ist uns doch eines
ganz wichtig geblieben:
Die persönliche Begleitung unserer Damen und Herren.
Damit haben wir über 30 Jahre lang viele Menschen glücklich
machen und mit Sicherheit auch viele Enttäuschungen vermeiden oder abmildern können.
Auch das gehört zu unserem persönlichen Geheimnis einer
erfolgreichen Partnervermittlung: Immer ein offenes Ohr und
ein sehendes Auge für die Sorgen und Träume der Partnersuchenden zu haben.
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Schwarze Schafe lauern überall
Ob in der Politik oder beim Händler um die Ecke „Schwarze
Schafe“ lauern heute überall. Doch wenn Sie unsere „7 goldenen Regeln“ beachten, werden Sie Licht und Schatten gut erkennen können und unseriöse Vermittler schnell entlarven.
Finger weg von Agenturen, die
1) keine Anschrift, keinen Namen des Betreibers, keine
Steuer-Nummer und AGB in ihrem Internetauftritt vorweisen und nur über eine Handy-Nummer. agieren.
2) mit Tausenden von Mitgliedern werben, aber nur eine
kleine Anzahl vorweisen können.
3) Damen die sich in äußerst aufreizenden Posen präsentieren - Hier finden Sie alles – nur keine Lebenspartnerin
4) Ihnen keinen schriftlichen Vertrag anbieten – Ihr Geld
ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
5) keinen Firmensitz in Deutschland haben. Hier nutzen
Ihnen auch Verträge in der Regel wenig, denn es dürfte
für Sie äußerst schwierig sein, Ihr Recht im Ausland
durchzusetzen.
6) Ihnen zu Spottpreisen Vermittlungen anbieten. Das kann
nur Jemand, der keine Kosten hat, keine Leistungen erbringen muss und keine Steuern zahlt. Die einzige Leistung, die hier erbracht wird, ist die Annahme Ihres Geldes und das war es dann auch schon.
271
7) .......die nicht wenigstens 5 Jahre Erfahrung nachweisen
und keine Referenzen vorweisen können oder würden
Sie einem frischgebackenen Assistenzarzt ihre größere
Operation anvertrauen?
Wenn Sie diese 7 Punkte beachten, ersparen Sie sich viel Enttäuschung, Zeit- und Geldverlust.
Wir hoffen, dass unsere Tipps Ihnen unangenehme Erfahrungen ersparen werden.
Ausführliche Informationen über seriöse Partnervermittler
erhalten Sie vom
BvP
Berufsverband für Partnervermittler in Europa
Rottstr.31, 44793 Bochum
Home: www.bvp-berufsverband.de
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