TO ROME WITH LOVE

Transcrição

TO ROME WITH LOVE
August 2012
www.trailer-ruhr.de
www
TO ROME WITH LOVE
www.toromewithlove.de
EIN FILM VON WOODY ALLEN
FESTIVAL AM HENGSTEYSEE IN HAGEN
FREITAG, 31.08.2012
SAMSTAG, 01.09.2012
JUPITER JONES
BOSSE
AULETTA
THOMAS GODOJ
MADCON
FRIDA GOLD
THE PUSHER
STEREOLOVE
Einlass: 16:00 Uhr / VVK: Erw. 29,50 € / Jgdl. bis 17 J. und Schüler 24,50 € /// Kombiticket Fr. + Sa. 49,50 € / 39,50 € / AK zzgl. 2 €
Tickets und Infos unter: www.seegefluester-festival.de
www.westfalenbad.de
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EIN GANZER
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DEN PREIS VON
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. August
7. Juli - 21
Stadionstr. 15 | 58097 Hagen | Tel. 02331-208-600 | [email protected]
5
trailer-Thema: KULTURFÖRDERUNG, Foto: Boris Golz, Arnsberg
www.trailer-ruhr.de I August 2012
trailer-Thema.
5 KULTURFÖRDERUNG
Ruhrgebiets-Theater im Finanz-Dilemma
Themeninterviews
„Eine gezielte Aufgabenkritik muss möglich sein“
6 „Das Zentrum einer Stadt verteidigen“
„Die Stadt wird nicht wiederzuerkennen sein“
Bühne.
9 Micro!Festival Dortmund
10 Theater Ruhr
Das arabisch-deutsche Episodenstück „Irgendwo
müsste es schön sein“
11 Cabaret Queue
Ebertbad
12 Komikzentrum Ruhr
Quer durch die Republik mit dem Zeltfestival Ruhr
RuhrTanz
Grenzüberschreitung als Prinzip
13 Festival
Beim Micro!Festival wird es international
15 Festival zur Internationalen Tanzmesse NRW
17 Theater demnächst
„No Education“ bei der RuhrTriennale 2012
Theater im Rathaus Essen
18 Theater-Kalender Ruhr
Kino.
Kunst.
21 Film-ABC
Vorspann
22 Film des Monats „We need to talk about Kevin“
Lynne Ramsays brisantes Mutter-Sohn-Drama
23 Kritikerspiegel Ruhr
Kino-Kalender Ruhr
24 Hintergrund
„To Rome with Love“
25 weitere Film-Kritiken
Foyer
„Louisa“ im Kino im U Dortmund/„Work hard –
play hard“ im Endstation Bochum/„Bis zum Horizont, dann links“ in der Lichtburg Essen
26 Hintergrund
„Samsara“
28 Roter Teppich
Channing Tatum über „Magic Mike“
30 Gespräch zum Film
Marten Persiel über „This ain‘t California“
31 culture clubs
Kino-Café: „Best Exotic Marigold Hotel“
Open-Air-Kino am Schloss Strünkede
33 culture clubs
Shadowland
Seegeflüster Hagen
36 Kino.Ruhr.
Jörg Kluge über das Kino im Walzenlager
41 Kunstsommer Arnsberg
42 RuhrKunst
Ian McKeever im Museum Quadrat Bottrop/Zwei
Fotografen im Kunstmuseum Mülheim/Kongolesische Kunst in Dortmund
43 RuhrKunst
Die Duisburger Küppersmühle zeigt Papierarbeiten von Beuys und Kiefer
44 Sammlung
Die Ausstellung „Fluxus – Kunst für Alle!“ im
Dortmunder U über grundlegende Ideen des
Fluxus
45 Kunstwandel
Zehn Tage lang Kunstsommer in Arnsberg
46 Kunst-Kalender NRW
www
Kultur in NRW. überregional Literatur.
14 Tanz in NRW
Tanzmesse lockt das Publikum aus NRW
Theater in NRW
Der Stärkungspakt nagt an kultureller Substanz
16 Oper in NRW
Jetske Mijnssen inszeniert Mozart in Essen
Musical in NRW
Musical-Leckerbissen auf Freiluftbühnen
37 Popkultur in NRW
Warum nicht alles Retro ist
45 Kunst in NRW
T. Schütte in Düsseldorf/B. Riley in Siegen
BÜHNE
© Mammalian Diving Reflex
RuhrTanz
12
KINO
38 Literatur-Portrait
Der Essener Autor Stefan Sprang beleuchtet die
Liebe im 21. Jahrhundert
39 Poetry
Die Kolumne von Sebastian23
40 Wortwahl
Buch-Empfehlungen des Monats
ComicKultur
Comic-Neuerscheinungen im August
41 Textwelten
Kindheiten als Spiegel des Lebens
Hintergrund
24
MUSIK
Musik.
37 Kompakt Disk
Neue Alben im August
trailer spezial.
4 Intro
8 Über Tage
Heike Dahlheimer vom Kulturzentrum Wichern über
Engagement im Dortmunder Norden
47 Impressum
Magenbitter
Kolschewsky
Innovation
Mikro-Kredite können Existenzgründungen stützen
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Dieses Icon zeigt Ihnen den Weg.
Popkultur in NRW KUNST
37
© VG Bild-Kunst, Bonn 2012
RuhrKunst
42
Intro
-ruhr.de
August 2012
trailer + trailer-ruhr.de
Magic Bus
Im Doppelpack mehr Service, Meinung und Hintergrund
Thema
6
Neid ist die falsche Haltung
Anselm Weber, Intendant des Schauspielhauses Bochum, weiß: „Was einmal weg ist, ist
weg.“ Bei aller – zum Teil berechtigten – Kritik
gelte es daher vor allem, die Kulturinstitutionen zu erhalten.
Anselm Weber
Über Tage
Foto: Diana Küster
8
Grüner als man denkt
Heike Dahlheimer, Programmplanerin im Kulturzentrum Wichern, über den berüchtigten
Dortmunder Norden: „Die Realität entspricht
nicht dem Bild, das die Medien zeichnen.“
Heike Dahlheimer
Film
Foto: Jonas Martinetz
28
Vortanzen an exponierten Stellen
Obwohl Schauspieler Channing Tatum früher
selbst einmal Stripper war, befremdeten ihn
die Dreharbeiten im String-Tanga zu seinem
aktuellen Film „Magic Mike“ durchaus.
Channing Tatum
Film
30
Ein Skater-Paradies im Osten
Seit er acht ist, fährt Regisseur Marten Persiel Skateboard. trailer sprach mit ihm über
sein Langfilmdebüt „This ain’t California“,
das einen Blick in die Skaterszene der DDR
wirft.
Marten Persiel
Kunst
44
Besucher zu Teilnehmern machen
Fluxus ist noch immer aktuell, das weiß Kurt
Wettengl, Direktor des Museums am Ostwall.
Wichtig war und ist die Verbindung von Alltag
und Kunst. Nicht umsonst trägt die aktuelle
Ausstellung den Titel „Kunst für Alle!“.
Kurt Wettengl
Wasserdampf oder Sweet Smoke?, Foto: Francis Lauenau
Das passiert schon mal zur Urlaubszeit. Da legt man viele hundert Kilometer zurück um dem Alltag zu entfliehen, und da trifft man auf alte Bekannte. Ich schlendere nichtsahnend mit meinem Töchterchen die Spanische Treppe in Rom hinab, da rollt lautlos ein Stummel von einem Bus
vorbei. In trailer haben wir bereits von diesem Wunderwerk – made im
Ruhrgebiet – berichtet. Etwa 20 Sitzplätze und null Emission. Ich erkläre
der Tochter, dass dieses Gefährt mit Wasserstoff betrieben und deshalb
so leise und so umweltfreundlich sei. Hinten komme nur Wasserdampf
heraus, höre ich mich sagen. In diesem Moment tauchen wir mit unseren
Köpfen in eine dichte Wolke ein, die von einer Gruppe sitzender Jugendlicher aufsteigt. Die Tochter guckt mich zweifelnd an. Vielleicht steht
das große H auf dem Bus doch nicht für Wasserstoff, sondern für einen
anderen Stoff: Hanf.
In diesem Heft gibt es wieder viel Theater mit dem Theater. Große Festivals wie RuhrTriennale und Ruhrfestspiele feiern Erfolge, während
die angestammten kommunalen Häuser ihre Etats zusammengestrichen
bekommen. Gibt es eine Schieflage bei der Kulturförderung im Revier?
Zum August-Thema KULTURFÖRDERUNG sprach trailer unter anderem
mit Kulturministerin UTE SCHÄFER. Nicht immer im Namen des Herrn
wird Kultur im Dortmunder Norden angeboten. Im ÜBER TAGE-Interview
erklärt HEIKE DAHLHEIMER den Zusammenhang von Kirche und Dorf im
dort ansässigen KULTURZENTRUM WICHERN. Die in diesem Monat startende RuhrTriennale stellt Kinder auf die Bühne und nutzt sie auch als
Kulturkritiker. Aber nicht nur die Grenzen zwischen Erwachsenen und
Kindern verschwimmen, sondern auch die zwischen den Genres. Wo beginnt Tanz, wo endet Ausstellung? Verwandelt sich das Außengelände
der Bochumer Jahrhunderthalle in einen Abenteuerspielplatz für Erwachsene und Kinder? In einen solchen Abenteuerspielplatz verwandelt
sich auch ein kleiner Regierungssitz im Sauerland, und zwar während
des KUNSTSOMMERS ARNSBERG. Aus Essen kommt der Autor STEFAN
SPRANG, dessen Romane trailer vorstellt. Liebe und Jazz in den Zeiten
des Strukturwandels.
www
Im Kino wird in diesem Monat Tragödie gezeigt. WE NEED TO TALK
ABOUT KEVIN illustriert detailgetreu die destruktiven Verstrickungen innerhalb einer amerikanischen Mittelschichtsfamilie. Können sich Mutter
und Sohn von Beginn an hassen? Eher lustig ist die Geschichte eines
18-jährigen Strippers, die der Film MAGIC MIKE erzählt. trailer sprach
mit Hauptdarsteller CHANNING TATUM über seine eigenen Erfahrungen
als Akttänzer und sein inzwischen gereiftes Bedürfnis nach Intimsphäre.
Tänzer auf vier Rollen stellt der Film THIS AIN’T CALIFORNIA vor. Ausgerechnet in der DDR spielt die Geschichte vom Skater namens Panik.
trailer sprach mit Regisseur MARTEN PERSIEL über seine Zeit als Skater
und über den Mut der kleinen Filmemacher. Mut beweist auch das KINO
IM WALZENLAGER im Zentrum Altenberg in Oberhausen. Dessen Leiter
JÖRG KLUGE erklärt, warum es keine Premierenvorstellungen braucht,
um gutes Kino zu machen.
LUTZ DEBUS
Foto: Ostwall Museum, Dortmund
4
Thema
Viel Harmonie bei der Kulturförderung? Foto: Presseamt Essen
Operation geglückt, Patient tot?
Die Kulturförderung des Landes möchte auch gefährdeten Theatern helfen
Norbert Lammert sagt ja nicht immer das, was mit der Verteilung eines erhöhten Landeszuseine Kanzlerin erfreut. Der Bundestagspräsident schusses für die Stadttheater beschäftigt hat,
und CDU-Politiker aus Bochum hielt beim Festakt aber sich in der Folgezeit auch mit Strukturfragen
anlässlich des zehnten Geburtstages der Bundes- beschäftigen soll. Auch ein Kulturfördergesetz ist
kulturstiftung ein flammendes Plädoyer für die in Düsseldorf in der Diskussion. Ob die Maßnahmen ausreichen werden
Theater der Republik.
und rechtzeitig greifen,
Die Häuser seien in ihtrailer-Thema im August:
bevor ein großes Thearen Wurzeln bedroht.
tersterben einsetzt, ist
Zur Konsolidierung der
aber noch unklar.
Haushalte der BundesDie Städtischen wie Freien Theater stecken im Ruhrgebiet im Finanz-Dilemma, während Leuchtturmprojekte
länder und Kommunen
wie die RuhrTriennale großzügig Gelder zugesprochen
wären weitere Einbekommen. Winkt der nächste große Konflikt?
schnitte im Kulturetat völlig ungeeignet.
Schließlich machten die Kulturausgaben nur 0,4 Die Landesregierung ist – anders als in vieProzent des Bruttoinlandsproduktes aus. Tatsäch- len anderen Bundesländern – nicht für die
lich aber leiden auch die Theater im Revier an der Theater verantwortlich
klammen Haushaltslage der Städte. Die rot-grüne Mancher intellektuelle Stammtischbesucher ärLandesregierung versprach nach der Wahl, not- gert sich indes schon länger über die Politik aus
leidenden Kommunen zu helfen. Doch diese Hilfe Düsseldorf. Millionenschwere Zuschüsse komhilft zunächst nicht den bedrohten Theatern. In men den sogenannten Leuchtturmprojekten wie
manchen Städten werden die Kulturetats zusam- der RuhrTriennale zugute, während die lokalen
mengestrichen, um zu sparen, damit die Hilfsvor- Häuser in ihrer Existenz bedroht sind. Leicht
gaben der Landesregierung erfüllt werden können werden hier allerdings Äpfel mit Birnen verund die Kommune Geld aus dem Landeshaushalt rechnet. Die Landesregierung ist – anders als in
bezieht. Um solche paradoxen Entwicklungen zu vielen anderen Bundesländern – schlicht nicht
vermeiden, ist vor gut einem Jahr die Theaterkon- für die Theater verantwortlich. Dieter Kükenferenz ins Leben gerufen worden, die sich zuerst höner, Geschäftsführer vom Musiktheater im
Kulturförderung
www
Revier Gelsenkirchen, mag eine Konkurrenz zwischen RuhrTriennale und den etablierten Einrichtungen auch aus einem anderen Grund nicht
überbewerten: „Die Stadttheater stellen über das
Jahr die ‚Grundversorgung‘ in den Kommunen
sicher und geben aufgrund der Dichte im Ruhrgebiet auch die Möglichkeit, dass für jeden Geschmack etwas dabei ist. Wenn darüber hinaus
das Land sich ‚Großprojekte‘ leistet, so finden
diese sicher auch ihr Publikum und stellen auch
eine Außenwirkung für das Land her, von der die
gesamte Kulturlandschaft NRW wiederum profitiert.“ Ähnlich antwortete auf unsere Anfrage
auch die Theaterleitung des Westfälischen Landestheaters Castrop-Rauxel, Günter Wohlfarth
als Kaufmännischer Direktor und Ralf Ebeling als
Künstlerischer Direktor: „Eine Entweder-oderFrage führt in der Tat nicht weiter. Ohne Frage
sind Großprojekte wie die RuhrTriennale für das
Land NRW und sein kulturelles Profil immens
wichtig. Gleichzeitig sind aber die Kultur in der
Fläche und die tägliche Kulturarbeit vor Ort in
den Kommunen unverzichtbar. Es wäre fatal, das
eine gegen das andere ausspielen zu wollen.“ Das
wollen wir natürlich auch nicht.
LUTZ DEBUS
„Eine gezielte Aufgabenkritik muss möglich sein“
Ute Schäfer zur Kulturförderung der Landesregierung
trailer: Frau Schäfer, ist die Kulturpolitik in
Zeiten der Haushaltskonsolidierung nicht zuallererst ein „Streichkonzert“?
Ute Schäfer: Nein, das darf auf keinen Fall passieren. Der Kulturetat im Landeshaushalt wird
nicht gekürzt. Allerdings muss wie für alle anderen Politikfelder auch für die Kultur gelten:
Eine gezielte Aufgabenkritik muss möglich sein.
Legt die Kulturförderung des Landes in den
nächsten Jahren mehr Wert auf Großprojekte, oder hilft sie nach dem Gießkannenprinzip?
Weder das eine noch das andere. Wir haben sowohl die kulturelle Förderung in der Breite als
auch die Spitzenförderung im Auge. Einen zentralen Schwerpunkt bildet dabei die kulturelle
Bildung. Denn ich glaube, wir müssen die Tür
zu Kunst und Kultur so früh wie möglich und so
weit wie möglich öffnen.
Die schwarz-gelbe Vorgängerregierung siedelte sind. Mit dem Stärkungspakt Stadtfinanzen will
die Kulturpolitik in der Staatskanzlei an. Ist das die Landesregierung bis zum Jahr 2020 insgesamt
sinnvoll, oder liegt darin die Gefahr der Selbst- 5,85 Milliarden Euro aufbringen. Damit sollen die
Kommunen wieder handlungsfäprofilierung?
„Wir haben eine Theaterlandhig werden. Darüber hinaus haben
Seit dem Regierungswechsel
schaft, die wir mit vereinten
wir mit den kommunalen Theatern
2010 hat die Kultur nicht mehr
Kräften erhalten sollten“
und Orchestern einen Theaterpakt
nur einen Staatssekretär, sondern mit mir als Ministerin auch endlich wieder geschlossen und unterstützen sie zusätzlich mit 4,5
eine Stimme im Parlament. Als solche werde ich Millionen Euro. Wir haben eine international einauch in den kommenden Jahren die Interessen der zigartige Theaterlandschaft, die wir mit vereinten
Kräften erhalten sollten.
Kultur offensiv vertreten.
Viele Theater in kommunaler Trägerschaft stehen vor herben Einschnitten. Ist die Unterstützung der klammen Kommunen in diesem Fall
nicht die beste Kulturförderung?
Absolut richtig. Wir haben keine Krise der Kultur,
sondern eine kommunale Finanzkrise. Und wir haben in NRW die Tradition, dass die Hauptträger
von Kunst und Kultur die Städte und Gemeinden
5
ZUR PERSON
Ute Schäfer (58) ist Ministerin für
Familie, Kinder, Jugend, Kultur und
Sport des Landes NRW und in der
SPD.
Foto: Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW
Thema
In Moers hat man weniger Angst vor Virginia Woolf als vor der Haushaltslage, Foto: Jakob Studnar
„Das Zentrum einer Stadt verteidigen“
Anselm Weber über die Zukunft des Schauspielhauses Bochum
trailer: Herr Weber, wie geht es dem Schau- liche Kraftanstrengungen leistet, muss es in Zuspielhaus Bochum finanziell? Alles im grünen kunft wie andere städtische Kultureinrichtungen
behandelt werden. Kürzungen im Kulturhaushalt
Bereich?
Anselm Weber: Nach einer außergewöhnlichen können keine kommunalen Finanzen sanieren.
Kraftanstrengung der letzten anderthalb Jahre Kürzungen sind immer ein psychologischer Obolus.
haben wir über 1,7 Millionen Euro eingespart.
Was bleibt von einer Stadt übDas sind fast 10 Prozent des Zuschusses. Wir sind auf dem Weg „Kürzungen im Kulturhaushalt rig, die keine Kulturangebote
mehr macht?
der Gesundung.
sind immer ein psycholoEs geht darum, das Zentrum
gischer Obolus“
einer Stadt zu verteidigen. Wir
Warum schaffen Sie das und
haben vor dem Schauspielhaus eine Solidaritätsandere Theater nicht?
Wir haben wirklich jeden Stein umgedreht und demonstration für den Erhalt von Opel in Bohaben das Maximum an Einsparungen heraus- chum durchgeführt. Herbert Grönemeyer hat im
geholt. Das bedeutet: keine Neueinstellungen, vergangenen Jahr im Schauspielhaus gespielt. In
keine Aushilfen im Krankheitsfall, die Kinder- und diesem Monat haben wir vor dem Haus ein wunJugendbühne wurde geschlossen, Personal wurde derschönes Tana Schanzara-Denkmal enthüllt. All
das macht das Theater zum emotionalen Zentrum
innerhalb der Stadtverwaltung versetzt …
der Stadt.
Manchmal sind Kommunen nimmersatt. Was
passiert, wenn durch wegbrechende Steuerein- Hilft da eine Neiddebatte? Die RuhrTriennale
wird staatlich und stattlich unterstützt.
nahmen weiter gespart werden muss?
Wenn ein Institut wie dieses solch außergewöhn- Nach wie vor gilt das Gesetz: Was einmal weg ist,
ist weg. Sie können keine Bühne, keine Bibliothek,
kein Museum schließen und nach ein paar Jahren
wieder öffnen. Bei aller teilweise auch berechtigten Kritik an den Kulturinstitutionen gilt es jetzt
erst einmal, diese zu erhalten. Neid ist natürlich
die falsche Haltung.
Was ist denn zu tun?
Machen Sie es auch unter der HundertmillionenDollar-Frage? Wir müssen noch mehr vermitteln,
dass diese Kulturorte tolle Orte sind, die auch für
die nachfolgenden Generationen erhalten werden
müssen.
ZUR PERSON
Anselm Weber (48) ist Intendant
des Schauspielhauses Bochum.
Foto: Diana Küster
www
„Die Stadt wird nicht wiederzuerkennen sein“
Ulrich Greb zu der Zukunft des kulturellen Lebens in Moers
trailer: Herr Greb, wie geht es dem
Schlosstheater Moers?
Ulrich Greb: Künstlerisch ist das Schlosstheater Moers sehr gut aufgestellt, finanziell sind
wir von der Stadt Moers abhängig, der es wie
vielen NRW-Kommunen nicht gut geht. Bereits
2010 haben wir mit der Stadt ein Konsolidierungskonzept erarbeitet, mit dem wir ohne den
Verlust größerer künstlerischer Substanz leben
konnten. Die Situation in diesem Jahr stellt sich
radikal anders dar, da der Haushalt nicht genehmigt wurde. Der Kämmerer der Stadt Moers hat einen Sanierungsplan aufgestellt, um in
den Stärkungspakt 2 des Landes zu kommen,
der nun in die politische Beratung geht. Dieser
Plan setzt die viele „freiwilligen Leistungen“ im
Sport-, Sozial- und Kulturbereich auf null, d.h.
das Theater wäre ab 2015 geschlossen und das
renommierte Moers-Festivals schon ab 2014.
Wenn dieser Plan umgesetzt werden sollte, wird
die Stadt nicht wiederzuerkennen sein.
Ist das letzte Wort denn schon gesprochen?
Hat denn der Moerser etwas von seinen LeuchtIch hoffe nicht. 61,5 Millionen Euro müssen in türmen?
den nächsten zehn Jahren gespart werden. Das Bei der Schließungsdiskussion wird leicht überArbeitspapier des Kämmerers übersteigt deut- sehen, wie stark das Theater und auch das Festilich die Vorgaben des Landes.
val mit der Stadt vernetzt sind.
Es werden in dem Entwurf 47
„Ausgerechnet von den
Das Theater hat 11 KooperatiMillionen Euro mehr gespart Leuchttürmen kann man sich onsverträge mit Schulen jeden
als erforderlich. Da gibt es also
am leichtesten trennen“
Schultyps. Wir arbeiten bei
noch einen VerhandlungsspielProjektreihen, zum Beispiel zum
raum.
Thema Demenz, zum Thema Sterben, zum Thema
Armut, intensiv mit sozialen und anderen kultuWird denn gerecht gespart?
rellen Einrichtungen zusammen. All das ist auch
Ich finde die Vorschläge unausgewogen. Die gefährdet.
Ausgaben für Kultur in Moers machen etwa
INTERVIEWS: LUTZ DEBUS
4,35 Prozent des Gesamtetats aus. Nun soll die ZUR PERSON
Kultur 65 Prozent sparen. Und im Kulturbereich
Ulrich Greb (53) ist Intendant des
sind das Theater und das Festival zu 100 ProSchlosstheaters Moers.
zent betroffen. Ausgerechnet von den Leuchttürmen, die weit über die Grenzen von Moers
hinaus strahlen, kann man sich am leichtesten
trennen.
Foto: Christian Nielinger
6
Thema
Das Schlosstheater in Moers spielt „Todesstation“, Foto: Christian Nielinger
Das Glück liegt auf der Bühne
Helga Scharmin arbeitet im Dortmunder Theater im Depot
Wie ein typischer Tag im Theater aussieht, das kann
Helga Scharmin gar nicht sagen. „Das Typische
ist“, erklärt sie, „dass jeder Tag anders ist.“ Oftmals
seien es nur Kleinigkeiten, die den Tag besonders
machen. „Künstler vergessen immer irgendetwas“,
sagt sie und schmunzelt. Wenn Helga Scharmin
dann helfen kann, macht sie es natürlich. Und
so besorgt sie die fehlenden Kleinigkeiten für die
Schauspieler und steht einmal sogar selbst auf der
Bühne. In der vergangenen Spielzeit hatte sie eine
Rolle als Komparsin. In „Verehrt und angespien –
Das Testament des Francois Villon“ unter der der
Regie von Stefan Schroeder spielt sie Karten und
trägt in einer anderen Szene ein Glas Wasser auf
die Bühne. Ihr Gesicht strahlt, wenn sie über ihre
Arbeit erzählt. Ihre Rolle hat ihr Spaß gemacht,
wie so vieles in ihrem Job. Um zehn Uhr in der
Früh beginnt ihre Tätigkeit, um achtzehn Uhr endet sie normalerweise. Acht Mitarbeiter sind beim
Theater im Depot beschäftigt, davon arbeiten drei
in Vollzeit. Helga Scharmin arbeitet als Finanzbuchhalterin in der Verwaltung. „Da unterscheidet
sich ein Theater nicht von einem Wirtschaftsun-
ternehmen“, sagt sie. Dennoch ist ihr Job in einem
der größten Freien Theater NRWs in vieler Hinsicht
anders. Sie wäscht und spült – täglich anfallende
Arbeiten, die alle Mitarbeiter ausüben. Das Theater im Depot muss schließlich laufen. Mancher
Tag fordert mehr als acht Stunden. „Ich verliere
mich in der Zeit. Sie vergeht doppelt so schnell wie
normal“, sagt Helga Scharmin. Manchmal weiß sie
gar nicht, welcher Tag heute ist, denn sie hilft ehrenamtlich abends und an den Wochenenden an
der Theaterkasse aus. Helga Scharmin lässt die
Besucher ins Theater, reißt Eintrittskarten ab und
kümmert sich um ihre Belange. Bei den Premierenfeiern schenkt sie Sekt ein und sammelt Gläser.
Sie muss immer aufmerksam sein: „Ich warte darauf, ob einer der Gäste einen Wunsch hat.“
Vielfältige Theater- und Tanzprojekte jenseits der klassischen Stücke
Über zufriedene Theaterbesucher freut sie sich
besonders: „Auch wenn es nur zwanzig Besucher
sind, sehe ich, dass wir die Menschen glücklich gemacht haben.“
Mit dem Ehrenamt hat alles begonnen. Lange
bevor sie im September des vergangenen Jahres
eine feste Stelle bekam, engagierte sich Helga
Scharmin im Theater. Als eine Kollegin erkrankte, sprang sie ein. Es war purer Zufall, wenn auch
für Helga Scharmin ein glücklicher, dass sie diese
Stelle bekam. „Ich bin einfach da gewesen.“ Angst,
aufgrund klammer Kassen ihren Job zu verlieren,
hat sie nicht: „Es geht immer weiter.“ Schließlich
sei das Theater darauf angewiesen, dass es durch
die öffentliche Hand unterstützt werde. An einem
Freien Theater reizt sie die Möglichkeit, vielfältige
Theater- und Tanzprojekte jenseits der klassischen
Stücke zu sehen. Regelmäßig zeigt das Theater
im Depot ein genreübergreifendes Gastspielprogramm und beteiligt sich an Festivals. Seine Bühne, das Herzstück eines jeden Theaters, ist auch
für Helga Scharmin etwas Besonderes. Bei ihren
täglichen Wegen schreitet sie bewusst über das
Parkett. „Wenn ich zweimal am Tag über diese
Bühne gehen kann, dann bin ich glücklich.“
ANKE-ELISABETH SCHOEN
www
Schutthaufen statt Stadttheater
Was macht die Halde Haniel außerhalb der Theatersaison?
Preisfrage: Was macht ein RuhrTriennale-Spielort, wenn gerade keine RuhrTriennale stattfindet?
Er spendet keinen Schatten – aber Trost. Denn
anstatt Bäumen findet man auf der Halde Haniel im Bottroper Nordwesten in erster Linie Totholz. 15 Stationen hat das Erzbistum Essen hier
1995 als Kreuzweg aufstellen lassen, jede davon
besitzt die Form eines Förderturms. Denn verantwortlich für die Halde ist letztlich die Ruhrkohle
AG. Die betreibt direkt nebenan eine Zeche namens – Überraschung –Prosper Haniel mit einer
Förderung von vier Millionen Tonnen Kohle. Als
Nebenprodukt der prosperierenden Kohleförderung, die in den nächsten Jahren ein jähes Ende
finden wird, brachte sie die Masse an Abraum
hervor, die heute als Industriekulturdenkmal in
jedem Reiseführer steht. Und um nicht nur die
Leiden Christi, sondern auch die der Bergleute
für die post-montanen Ruhrgebietsbewohner und
ihre touristischen Gäste nachfühlbar zu machen,
beginnt jeder Besuch der 159 Meter hohen Halde
mit einem etwa 25minütigen Aufstieg per pedes.
Zumindest gefundenes Fressen für Hobbyfotografen
Einmal dort angekommen hat man eine wirklich fantastische Aussicht über die angrenzenden
Städte: Dinslaken, Gladbeck, Oberhausen, Gelsenkirchen und selbstverständlich Bottrop selber. Nur
das Kohlekraftwerk in Gelsenkirchen-Scholven
drängt sich beim Blick nach Osten ein wenig unangenehm ins Sichtfeld. Der wahre Blickfang ist
aber die für das Ruhrgebiet typische Haldenkunst.
Diese folgt dem tradierten Muster. Man nimmt ein
eher zweckmäßiges Material mit Verbindung zum
Schweiß der alten Arbeitswelt und stellt es leicht
verfremdet in die Gegend. Auf der Halde Haniel
durfte der baskische Bildhauer Agustín Ibarrola
alte Eisenbahnschwellen als „Totems“ in einem
Halbkreis aufstellen. Welche Gruppe genau diese Totems eigentlich repräsentieren sollen, bleibt
dagegen ein wenig unklar, aber seine Installation
7
ist zumindest gefundenes Fressen für Hobbyfotografen und hat damit den primären Zweck von
Kunst im Ruhrgebiet gleich erfüllt: Sie lockt Touristen an. Der größte Trostspender inmitten dieser
„Wahnsinnswüstenlandschaft“ (Wim Wenders) ist
jedoch das 800 Plätze umfassende Amphitheater, in dem die einheimischen Bildungsbürger die
Einheit von Zeit, Raum und Handlung im faux-authentischen Ambiente genießen dürfen. Vielleicht
ist es aber auch einfach nur eine Verneigung vor
der Kultur der ‚Gastarbeiter‘ aus Italien. Auf Sizilien steht so ein Amphitheater schließlich auf jedem Hügel, der ein wenig was auf sich hält. Am
Eröffnungswochenende der Triennale werden die
Japanoiser Boredoms hier ihren proto-schamanistischen Trommelzirkel abhalten. An den 51 anderen Wochenenden ist das Vollrund dann die Kulisse
für alltägliche Ausflugsaktivitäten: eine Brotzeit
auf dem Halbrund und eine Schnappschusslocation für den geliebten Vierbeiner.
CHRISTIAN WERTHSCHULTE
Über Tage
Das Wichern: Suppenküche und Kleinkunstbühne, Foto: Lutz Bahrmüller, Teamdesign Schwerte
„Die Realität entspricht nicht dem Bild, das die Medien zeichnen“
Heike Dahlheimer über soziales, kulturelles und kirchliches Engagement im Dortmunder Norden
trailer: Frau Dahlheimer, im Dortmunder Nor- Sie verbarrikadieren sich also nicht hinter diden engagieren sich das Diakonische Werk und cken Kirchenmauern?
Nein, die Kirche hat den Andie Evangelische Kirche sowohl
„Johann Hinrich Wichern
spruch, auch die Rechte der
sozial, kulturell wie auch spiriwar Begründer der Diakonie
Schwächeren zu vertreten. Und
tuell. Funktioniert das so wie
und auch Erfinder des
sie will fröhlich sein. Da gibt
in dem Film „Sister Act“?
Adventskranzes“
es in der Tat Parallelen zu der
Heike Dahlheimer: Es gibt da
schon deutliche Unterschiede. Wir sind nicht Handlung von „Sister Act“.
katholisch. Deshalb gibt es im Kultur- und Tagungszentrum Wichern auch keine Nonnen und Protestanten können fröhlich sein? Ich dachte,
Mönche. Unser Umfeld ist vielleicht ähnlich bunt die gehen zum Kichern in den Keller.
wie das des Klosters in dem Hollywood-Film. Der Bei uns gehen die Protestanten und auch andere
Dortmunder Norden hat durch Negativschlag- Menschen zum Kichern ins Wichern.
zeilen in den letzten Jahren für Aufmerksamkeit
Ich muss nicht getauft sein, um zu Ihnen komgesorgt.
men zu dürfen?
Der Dortmunder Norden, so liest man, ist ge- Nein, sie müssen auch nicht evangelisch sein, um
prägt von bulgarischen Prostituierten und Al- zu uns zu kommen. Es ist natürlich bei uns auch
nicht verboten, evangelisch zu sein. Für mich ist
koholikern. Stimmt das?
Nein, die Realität entspricht nicht dem Bild, es völlig selbstverständlich, dass diakonische Andas die Medien zeichnen. Wenn Sie hier durch gebote uneingeschränkt allen Menschen zugängdie Straßen gehen, dann merken Sie, wie grün lich sind.
der Dortmunder Norden ist. Es gibt den Fredenbaumpark, den Hoeschpark, den Stollenpark. Der junge Mann, auf den Sie sich beziehen,
Auch stehen hier viele restaurierte alte Häuser. hat ja vor 2000 Jahren auch allen Menschen
Die Nordstadt ist das größte zusammenhän- geholfen …
gende Altbaugebiet der Stadt. Hier leben ganz Ja, natürlich. Und dann gibt es ja noch eine zweiviele unterschiedliche Ethnien. Die Menschen, te Persönlichkeit, auf die wir uns im Wichern
die für die negativen Schlagzeilen sorgen, sind beziehen. Besucher aus Berlin fragten mich mal,
in der absoluten Minderheit. Ganz viele Künstler warum das Haus „Wichern“ heißt. Die dachten,
sind hierhin gezogen. Ich möchte die bestehen- dass das vielleicht der Stadtteil hier ist. Johann
den Probleme nicht verharmlosen, aber ich fin- Hinrich Wichern war Begründer der Diakonie
de das Leben hier sehr bunt, lebendig und auch und auch Erfinder des Adventskranzes. Er setzte
sich für mittellose Kinder und Jugendliche ein,
friedlich.
gründete vor 180 Jahren das „Rauhe Haus“ in
Hamburg. Unser Haus hieß übrigens immer schon
Aber die Kirche wurde stillgelegt?
Gerade in Stadtteilen, die zunehmend multikul- Wichern-Haus. Als wir vor 10 Jahren unser Kulturell geprägt sind, werden die evangelischen tur- und Tagungszentrum eröffneten, haben wir
Gemeinden immer kleiner. Viele Standorte wur- diesen Namen übernommen, weil er sehr deutlich
den deswegen schon von der Kirche aufgege- macht, woher wir kommen. Auch wir engagieren
ben. Das Wichernhaus hätte auch geschlossen uns für die, die sonst keine Lobby haben.
werden sollen. So ist vor zehn Jahren die Idee
entstanden, hier ein Kulturzentrum zu etablieren Mal ganz provokant gefragt: Könnten die Leuund dieses Haus für den Stadtteil zu bewahren. te, die Ihre Suppenküche besuchen, nicht einSo verbinden wir Kultur mit Stadtteilarbeit. Viele fach arbeiten gehen?
Organisationen treffen sich hier. Und wir bieten Dieses Totschlagargument höre ich Gott sei Dank
an jedem Mittwoch mit Hilfe von 18 Ehrenamt- nicht so oft. Jeder, der Dortmund und das Ruhrlichen eine Suppenküche für 250 bedürftige gebiet kennt, weiß, dass das so nicht stimmt. Für
die 34.000 Menschen, die früher hier in der MonMenschen aus dem Stadtteil an.
www
8
tanindustrie gearbeitet haben, gibt es einfach
keine adäquaten Arbeitsplätze mehr. Manche
versuchen natürlich, gesellschaftliche Probleme
zu individualisieren. So was regt mich auf.
Apropos aufregen. Sie bieten in Wichern Kultur an. Hat die immer einen Gottesbezug?
Sonst wäre das am Ende, zumindest nach der
Definition von Erzbischof Meisner aus Köln, entartete Kunst. Diese Äußerung disqualifizierte diesen Mann so sehr, dass ich mich damit gar nicht
auseinandersetzen mag.
Also ist Ihre Kultur nicht mit Gottesbezug ausgestattet?
Zunächst sehe ich Wichern als ganz normalen
Kulturanbieter. Vielleicht ist es bei uns etwas
familiärer als woanders. Wir präsentieren Musik,
Theater und Kabarett sowohl hier aus dem Stadtteil wie auch bekanntere Künstler. Hier finden
Nachwuchswettbewerbe, Schultheaterprojekte
und auch Gastspiele von hochkarätigen Leuten
statt. Mit dem Theater 36 haben wir ein hauseigenes Ensemble, das sich jedes Jahr eine neue
Produktion erarbeitet. Einmal im Jahr findet hier
ein Kirchenkabarett-Festival statt. So viel dazu,
dass Protestanten zum Lachen in den Keller gehen würden.
Wichern ist jetzt 10 Jahre alt geworden. Was
wünscht sich das Geburtstagskind?
Wir wünschen uns Geld, immer viele Besucher,
und dass dieser Standort lange erhalten bleibt.
INTERVIEW: LUTZ DEBUS
ZUR PERSON
Heike Dahlheimer ist Programmplanerin im Wichern.
Foto: Jonas Martinetz
Mikro-Kredite können bei Existenzgründungen wertvolle Unterstützung leisten:
Lesen Sie auch trailer „Innovation“:
www.trailer-ruhr.de/gruene-seiten
D O W N T O W N O N S TA G E
17. - 19. August 2012
Friedensplatz Dortmund
Freitag, 17.08
17.00 CHIHA
Tunesien
18.00 Theater Irrwisch
Österreich
19.00 Mikail Aslan Ensemble
Ost-Anatolien
20.00 Cia Mar Gomez
Spanien
21.00 Fanfare Ciocarlia
Rumänien
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Samstag,18.08
16.00 Aldona
Polen
17.00 Cia Mar Gomez
Spanien
18.00 Romengo
Ungarn
19.00 Compagnie DAAD
Niederlande
20.00 Hot Water
Südafrika
22.00 Compagnia Teatrale Corona
Italien
Sonntag,19.08
16.00 Kindertheater Wundertüte
Deutschland
17.00 Duo Diagonal
Deutschland
18.00 Sväng
Finnland
19.00 Kluster
Belgien
20.00 Tamikrest
Mali
Informationen
KulturInfoShop Dortmund
Tel. 0231 / 50- 2 77 10
www.kis.dortmund.de
[email protected]
I n t e r n a t i o n a l e s S t r a ß e n t h e a t e r u n d We l t m u s i k
Theater Ruhr
Keine Chance, den Scanner zu überwinden, auch nicht nackt, Foto: Folkwang Universität der Künste
Überall könnte es schön sein
Essener Folkwang-Studenten haben mit Absolventen der palästinensischen Drama Academy Ramallah ein Episodenstück uraufgeführt
Eine Menschenmenge stolpert auf die Bühne der Bochumer Kammerspiele.
Die puppenspielhafte Choreografie lähmt das Gehen, Ziel ist ein Scanner an
der Rampe, wie er an Flughäfen und in Gerichtsgebäuden üblich ist. Einer
aus der Gruppe traut sich nach vorn, der Alarm ertönt. Klar, irgendwo muss
es wohl noch eine metallische Gürtelschnalle oder Ähnliches geben, der
Mann entkleidet sich, Alarm, er wird weiter ausgezogen, bis er nackt ist.
Alarm. Der Mann sackt zusammen, „sieht aus wie jemand, der versucht, sich
an etwas zu erinnern, an irgendetwas, an etwas Wichtiges, das er verloren
hat“. So die Auftakt-Regieanweisung von den Autoren Moritz Rinke, Mario Salazar und dem Dichter Ghassan Zaqtan, der die arabischen Passagen
geschrieben hat.
Gleich für 17 Schauspieler taugt das Episodenstück. Es erzählt von der
Sehnsucht, von verlorenen Schicksalen – und Palästina. Irgendwo in den
palästinensischen Autonomiegebieten im Westjordanland gibt es seit drei
Jahren eine Schauspielschule, die Drama Academy Ramallah mit Sitz in
Al Kasaba, einem alten Theater mit Kinosaal. Die Essener Hochschule der
Künste ist mit dieser einzigen Ausbildungsstätte für Schauspiel in Palästina verbunden, deren Budget von der Essener Stiftung Mercator und dem
Auswärtigen Amt gesichert wird. Gerade haben die ersten Studenten in Ramallah ihren Abschluss gemacht, einen Teil davon bildet die Inszenierung
von „Irgendwo müsste es schön sein“ von Johannes Klaus, Professor für
praktische Theaterarbeit, und Katrin Lindner. Erstmals stehen deutsche und
palästinensische Studierende darin als ein gemeinsames zweisprachiges Ensemble auf der Bühne.
Auf der Bühne hat die Szenerie gewechselt. Jetzt geht es um eine Reise
nach Jerusalem. Fünf Freunde haben in ihrem Grand Voyager Hamburg verlassen und fahren auf Landstraßen nach Jerusalem, wo sie die Holocaustgedenkstätte Yad Vashem besichtigen wollen. Ihr endloser Weg wird per LiveVideo und Straßenschilder dokumentiert. Die diskutierten Probleme sind die
der westlichen Jugend. Studium, Liebe, Sex, Musik und ein bisschen Politik.
Doch die Reise ist lang, und so gibt es erst einmal eine schnelle Blende ins
palästinensische Flüchtlingslager. Ghassan Zaqtan blickt zurück ins für den
barbarischen Konflikt bedeutsame Jahr 1949, wo ein Postbote mit seinen
Töchtern dort die Briefe der Angehörigen vorlesen muss. Er wird zum Informationsknotenpunkt und zum Ausreiseexperten. Sein ganzes Glück ist
seine Uniform, die er ins Lager gerettet hat und die ihm das Gefühl von
Autorität verleiht. Nur noch die Alten sind geblieben, alle anderen wandern
weg, können nach Schließung der Grenzen nicht mehr so einfach zurück.
Das ist auch das Problem von Fatima und Said, die sich kennen und lieben
gelernt haben in Amman (Jordanien). Dort haben sie Hals über Kopf geheiratet. Dann kehrte er in die Wüste zurück und sie wieder ins Lager. Nun
stellt sie einen Antrag auf Familienzusammenführung nach dem anderen,
doch die israelischen Beamten torpedieren das – bis Said gestorben ist und
sie sich mit seiner Urne begnügen muss, die eine Flasche ist, und mit der sie
am Schluss eine bewegende Zwiesprache hält. „Mit dir hätte es hier schön
sein können“ ist der letzte Satz, während sie Said aufs Fensterbrett stellt.
www
Alle Passagen der Schauspielschüler aus Ramallah sind auf Arabisch gesprochen worden, die Essener dolmetschten die Dialoge. Doch dieser Sprachenmix hatte einen unheimlichen Reiz, vermittelte er doch auch Authentizität
und kulturelle Unterschiede. Das Fragmentarische im Schlaglicht führte zu
ungewöhnlichen Choreografien, die live auf der Bühne stattfindenden Kostümwechsel und die offene Technik machten diese Schlaglichter auf einen
unmenschlichen Konflikt visuell überaus reizvoll. Nach der Uraufführung
gehen Moritz Rinke und Mario Salazar nach Palästina und arbeiten an den
Szenen weiter, bis zur nächsten Uraufführung in Ramallah.
PETER ORTMANN
„Irgendwo müsste es schön sein“, eine Koproduktion der Folkwang Universität der Künste Essen und der Drama Academy Ramallah I Al Kasaba,
Theatre & Cinematheque, Ramallah
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rt:
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prä
Highlights AUGUST / SEPTEMBER
Fr. 03. 08. bis So.19. 08.
1
Cabaret Queue
1
Fr./Sa. 24./25.08.
2
Cabaret Queue
2
Sa. 01.09.
Cabaret Queue
Sa. 08.09.
Cabaret Queue
ab Mi. 12. 09. Cabaret Queue
3
4
Sa. 15. 09.
Cabaret Queue
Sa. 22. 09.
Cabaret Queue
ab Fr. 28. 09. Cabaret Queue
Do. 08. 11.
3
4
5
Pottsäue
Hermannstr. 74 · Dortmund-Hörde
Di.-Sa.18°°-1°°
Tickets + Gastro 0231-413146
6
NEU: „Fettverbrennung“ Lioba Albus & Andrea Badey
Peter Vollmer „Frauen verblühen – Männer verduften“
Schrader / Griesbach NEU: „Götterspeisendämmerung“
René Steinberg „WDR 2 Lachen Live – jetzt neues Solo“
Dinner Attacke
„Die Dinner-Show: satirisch, kulinarisch, lustisch!“
Stephan Bauer
„Warum heiraten – leasing tut´s auch“
Emmi & Herr Willnowsky „Staying alive in concert“
Sea & Dance „Die neue Tanz-Party für Leute ab 40“
6
7
7
8
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Rohrmeisterei Schwerte
Fritz Eckenga
5
www.CabaretQueue.de
Dienstags
Cabaret Queue
Mittwochs
Cabaret Queue
Donnerstags Cabaret Queue
„Alle Zeitfenster auf Kippe“
Tango Salon mit DJ Topolino
Dinner Attacke Italienisches Buffet mit Überraschungskünstler
Lachen, Live & Lecker Menue am Donnerstag mit Live-Programm
www
9
9
Komikzentrum Ruhr
RuhrTanz
Blödeln auf hohem Niveau: Eure Mütter
Allora and Calzadilla Revolving Door, Foto: Alan Seabright / Manchester Art Gallery 2011
Das Beste aus dem Land des Lächelns Grenzüberschreitung als Prinzip
Beim Zeltfestival Ruhr geht es quer durch die Republik
Die RuhrTriennale hebt Grenzen zwischen den Kunstgattungen auf
Von wegen nix los in der Region: Das Spiegelzelt am Dortmunder U bietet
auch im August ein tolles Programm, im Cabaret Queue laden die Pottsäue
alias Andrea Badey und Lioba Albus (vom 3. bis 19.8.) mit „Fettverbrennung“ zum ultimativen Sommer-Special ein, und am Bochumer Kemnader
See sorgt (vom 17.8. bis 2.9.) das Zeltfestival Ruhr für jede Menge Unterhaltung. Obwohl hier der Schwerpunkt auf musikalischen Acts liegt, kann
sich die Auswahl der Kabarettisten, die in den großen weißen Zelten auftreten, sehen lassen. Als da wäre Konrad Beikircher, der behauptet „Schön
ist es auch anderswo ...“ (19.8.). Der Titel stammt von Wilhelm Busch und
wird von diesem mit den Worten „... und hier bin ich sowieso“ ergänzt.
Der aus Südtirol kommende Wahl-Rheinländer befasst sich in seinem Programm mit den sprachlichen Eigenheiten deutscher Zunge und fragt sich,
wie diese gewachsen und zustande gekommen sind. Dass ein Bochumer
wie Frank Goosen nicht fehlen darf, versteht sich von selbst, oder wie es
in der Ankündigung heißt: „Goosen und das ZFR, das gehört zusammen“.
„Ein bisschen was vom Besten“ garantiert (19.8.) einen gelungenen Abend,
an dem vermutlich auch der Versager Toto, sein brutales Herrchen Diggo,
die Verwirrmaschine Karin und last but not least auch Omma Luise teilnehmen werden. Kurz: Goosen ist der anbetungswürdigste Bochumer weit und
breit. Einen waschechten Kölner haben die Veranstalter mir Jürgen Becker
eingeladen, der mit seinem jüngsten Programm „Der Künstler ist anwesend“
(am 22.8.) die verschlungenen Pfade der Kunstgeschichte aufspürt: Da lernt
man was und lacht sich nebenbei schlapp. Ähnliches lässt sich über Piet
Klocke alias Professor Schmitt-Hindemith und seine bezaubernde Partnerin Angelika Kleinknecht (Simone Sonnenschein) behaupten – mit dem
Unterschied, dass der zerstreute Wissenschaftler „den Herrschaften“ nichts
beibringt, sondern sie lediglich in willenlose Lachsäcke verwandelt.
„Das Leben ist schön – gefälligst“ heißt das Programm, in dessen Verlauf
Fräulein Kleinknecht zum Saxophon greift, verlegen mit ihren Haaren spielt
und den Eindruck erweckt, sie säße mutterseelenallein auf der Bühne und
warte nur darauf, dass jemand sie aus ihrem Tagtraum weckt (22.8.). Aus
Berlin angereist kommt Kurt Krömer mit „Der nackte Wahnsinn“ (23.8.),
um dem Ruhrgebiet seine sehr eigene Form des Humors näherzubringen.
Der Familie Popolski legt mit „Get the Polka startet ...“ nicht nur die zweite Show vor, sondern wartet mit weiteren skandalösen Enthüllungen auf.
Wurde bereits ruchbar, dass die Hits der Pop-Größen ursprünglich in Polen
entstanden sind und schamlos abgekupfert wurden, so beweist die Band
um Achim Hagemann einmal mehr, dass Witz und Musik keine Gegensätze
sind.
Typisch: „Nix da ‚Leck mich!‘ auf geht’s!“ – so der Titel der dritten Show – ist
das Ergebnis monatelanger Proben und geistiger Schwerstarbeit von Andi
Kraus, Don Svezia und Matze Weinmann, besser bekannt als „Eure Mütter“ (30.8.). Das Trio blödelt nicht nur auf hohem Niveau, es kann einfach
alles, was man braucht, um ein Publikum zu berauschen: singen, tanzen
und spielen. Bis zur Ekstase – die stellt sich nämlich regelmäßig sowohl
auf der Bühne als auch im Zuschauerraum ein. Anders gesagt: Auf geht’s!
Für Gerburg Jahnke und ihre Gäste („... mal gucken, wer kommt“, 31.8.)
und Bülent Ceylans „Wilde Kreatürken“ (31.8.) gibt es leider keine Karten
mehr. Was angesichts des vielseitigen Programms am Freizeitbad durchaus
zu verschmerzen sein dürfte. Meint zumindest Ihre stets über Tage lebende
Wenn sich am 17. August der Vorhang zur RuhrTriennale 2012 hebt, werden auch Kinder unter den Zuschauern sein. Ungewöhnlich ist das nur deshalb, weil diese Kids mit einer ganz bestimmten Aufgabe noch bei vielen
Aufführungen dabei sein werden. Sie sind die Experten einer Festivaljury,
die einen ebenso unbestechlichen wie unverdorbenen Blick nicht nur auf
die zahlreichen Beiträge zum Thema
„So konsequent wie bei der
Kind, Kindheit, Wachstum haben wer- RuhrTriennale ist die Aufheden. Dahinter steht der Gedanke, dass
bung der Grenzen noch nie
jeder Mensch – auch ein Kind – in der
gezeigt worden“
Lage ist, die Sprache der Kunst zu verstehen. Am Ende der RuhrTriennale werden die kindlichen Experten, die von
der kanadischen Performancegruppe Mammalian Diving Reflex unterstützt
werden, einen Preis verleihen: The Children‘s Choice Award (30. September).
Kinder stehen auf ganz verschiedene Weise im Mittelpunkt der RuhrTriennale. Sie beobachten, und sie werden beobachtet. Werden Fragen der Kindheit zum Inhalt von Inszenierungen gestellt, dann stehen sie auch selbst
auf der Bühne. Bei Boris Charmatz sind sie sowohl handelndes Subjekt als
auch passives Objekt (siehe www.trailer-ruhr.de/das-schicksal-der-kinder).
In einem Workshop über „Bewegungslosigkeit“ mit Kindern aus dem Ruhrgebiet wird Charmatz dieses Spannungsverhältnis weiter ausloten (24. August). Auch Heiner Goebbels, Intendant der RuhrTriennale, wird in seiner
Musiktheater-Inszenierung „When the mountain changed its clothing“ mit
den vierzig Mädchen der Carmina Slovenica im Alter von zehn bis 20 Jahren
vielen Geschichten und Fragen zum Abschied von der Kindheit nachgehen
(26. bis 29. September).
Die RuhrTriennale 2012 lebt von Grenzüberschreitungen dieser und anderer
Art. In den zeitgenössischen darstellenden Künsten sind die einzelnen Genres kaum noch voneinander abgrenzbar. Das Schauspiel, das Musiktheater,
ja selbst die bildenden Künste haben die choreografierte Bewegung längst
übernommen. Umgekehrt hat der zeitgenössische Tanz seit Pina Bausch mit
dem Tanztheater ein neues Genre mit Tanz und Sprache geschaffen.
In „Marketplace 76“, einem Theaterstück von Jan Lauwers & Needcompany
über einen tragischen Unfall, werden Sprache, Tanz und Gesang ineinander verwoben und die Grenze zwischen Bühne und Publikum aufgehoben
(7. bis 15. September). In den „12 Rooms“ im Museum Folkwang in Essen
(das erstmals mit der RuhrTriennale kooperiert) gerät der Zuschauer in eine
Ausstellung lebender Objekte, wo Raum und Bewegung, Körperskulptur
und Formation (siehe Foto) eine neue Kunstform schaffen: Live Art – eine
Fortführung der klassischen Performance. Nach Feierabend kann das Kunstwerk nach Hause gehen. Bei den 12 Rooms mit dabei sind renommierte
Performancekünstler von Marina Abramovi bis Xu Zhen. Wo die Grenzüberschreitung zum Prinzip wird, bedarf es eigentlich keiner Zuordnung zu
einem bestimmten Genre. So finden sich in der Programm-Rubrik Theater
auch Tanz und Bewegungstheater, in der Rubrik Bildende Kunst die erwähnten lebenden Bewegungskunstwerke und mit der Rubrik No Education
wurde gar ein neues Genre eingeführt. Längst haben also choreografische
Prinzipien auch in den anderen Kunstgattungen Einzug gehalten. Doch so
konsequent wie bei dieser RuhrTriennale ist die Aufhebung der Grenzen
zwischen der darstellenden und der bildenden Kunst bei einem Festival
noch nie gezeigt worden.
ANNE NÜME
KLAUS KEIL
12
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Mitreißend.
Festival
Unsere Grugahalle
Good-Feeling-Produzenten: „Hot Water“ aus Südafrika
Der Urlaub geht weiter
Vom 17.-19.8. wird es beim Micro!Festival international
Das letzte Ferienwochenende dürfte für viele die Drehtür aus der stressfreien
Zone sein. Genau in dieser Zeit schlägt das Dortmunder Micro!Festival seit
nun schon 20 Jahren seine Zelte auf. Am Friedensplatz gelegen, sei das Umsonst-und-draußen-Fest konzipiert, um sich nach der Rückkehr aus dem Urlaub zu treffen, so Michael Hoppe, künstlerischer Leiter des Micro!Festivals
und Kulturreferent Dortmunds. Da es „so gut wie keine Sponsoren gab“, sei
man froh, dennoch ein internationales Programm aus Theaterkompanien
und Weltmusik-Bands aufbieten zu können, sagt Hoppe.
Neben den spektakulären Lichtinstallationen und Plastiken der Compagnia Teatrale Corona (18.8. 22 Uhr) sind die Katalanen von Cia Mar Gómez zu sehen,
die das Thema Leidenschaft an einer Waschmaschine abtanzen. „Heart Wash“
heißt das gute Stück (17.8. 20 Uhr). Bebende Balkan Beats gibt es von der
„Fanfare Ciocarlia“ (17.8. 21 Uhr), während „Hot Water“ vom Reggae angehauchten Sommer-Pop mitbringen (18.8. 20 Uhr). Ob das Micro!Festival auch
im nächsten Jahr als Ferienausklang besteht, hänge vom neuen Rat der Stadt
Dortmund ab, so Hoppe. Der wird Ende August gewählt. DAWID KASPROWICZ
06 | 09 | 2012 –
08 | 09 | 2012
Mario Barth
auft!
Ausverk
„Männer sind schuld, sagen die Frauen!“
15 | 09 | 2012
Subergs Ü-30 Party
Mehr als eine Party
28 | 09 | 2012
Bülent Ceylan
„Wilde Kreatürken“
29 | 09 | 2012
Musical Allstars
Tickets exklusiv bei KODi
13 | 10 | 2012
Grobschnitt
HEINZ Kult Rocknacht
14 | 10 | 2012
Second Hand Modemarkt
Ladies- & Kidsfashion
20 | 10 | 2012
Koncert Gwiazd
Kombii, Wilki & Dzem
Micro!Festival Dortmund I 17.8.-19.8. I Friedensplatz Dortmund I 0231 502 77 10
Vote N Win
ge.de
www
s
Monster Beat
5 iPads und 10
nnen!
wi
ge
zu
r
re
Kopfhö
21 | 10 | 2012
CD- & Schallplattenbörse
im Foyer
03 | 11 | 2012
Wise Guys
Spezialnacht
04 | 11 | 2012
Ina Müller & Band
Tournee 2012
10 | 11 | 2012
Presseball RheinRuhr
das Ball-Ereignis
14 | 11 | 2012
Olaf
Erste Solotour nach den Flippers
06 | 12 | 2012
Ehrlich Brothers
MAGIE, Träume erleben
14 | 12 | 2012
Matthias Reim & Freunde
Das Live-Konzert mit Band
15 | 12 | 2012
22. Oldie-Night
mit Tony Christie & Band,
Hermans Hermits u.v.a.
Terminstand: Juli 2012 . Änderungen vorbehalten
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– ARTS –
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Geschäftsbereich Grugahalle
Norbertstraße . D-45131 Essen
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Theater in NRW
Tanz in NRW
Luc Petton: „Swan“, Foto: Laurent Philippe
Kulturelle Eiszeit in Moers, Foto: Christian Nielinger
Tanz satt und jede Menge Schwäne
„Wir müssen retten, was zu retten ist“
Von Thomas Linden
Keine der klassischen Künste muss in der Moderne so beständig um ihre
Anerkennung kämpfen wie der Tanz. Kein Wunder, dass sich die Förderung des Tanzes als ein so zähes Ringen darstellt. Tatsächlich fehlt vielen
Menschen – darunter manchen „Entscheidungsträgern“ der öffentlichen
Hand – die Begegnung und das Erlebnis
„Die Sprache des Tanzes in ihrer
mit jenem Füllhorn an künstlerischer Inüberraschenden Vielfalt erleben”
novation, das der zeitgenössische Tanz
zu bieten hat. An Gelegenheiten, diesen Zustand zu ändern, mangelt es
jedoch nicht. So richtet das NRW Landesbüro Tanz vom 29. August bis 1.
September in Düsseldorf die alle zwei Jahre stattfindende Internationale
Tanzmesse NRW aus. Mehr als 50 internationale Kompanien kommen an
den Rhein, um sich zu zeigen, Kontakte zu knüpfen, Produzenten auf sich
aufmerksam zu machen oder Freundschaften mit hiesigen Kompanien zu
schließen und im Austausch ihre Produktionen zu spielen. Ein idealer Einstieg ins Metier für ein interessiertes Publikum, das die Sprachen des Tanzes
in ihrer überraschenden Vielfalt erleben möchte. „Schwanensee“ war gestern und ist heute. So stellt das Tanzhaus NRW die aufsehenerregende
Produktion „Swan“ von Luc Petton vor, in der seine Tänzer auf der Bühne
mit Schwänen agieren. Jahrelange Beschäftigung mit den Gewohnheiten
der Tiere ging der Choreographie voraus, die Struktur und Spontaneität auf
verblüffende Weise miteinander verbindet. In der Deutschen Oper am Rhein
ist zur Eröffnung die Maschinen-Choreographie „Robocygne“ der Schwedin
Unander-Scharin zu sehen, in der die Gefühle der Menschen über der Bewegung eines mechanischen Tiers entfacht werden.
Die Messe nutzt die Möglichkeit, uns die Ästhetik von Tanztraditionen zu
zeigen, die nur selten Eingang in den hiesigen Veranstaltungskalender finden. So präsentiert die Eröffnung Kostproben aus Taiwan, dem Schwerpunktland dieses Jahres. Formationstanz in Perfektion verspricht Cloud
Gate 2 mit seiner Produktion „The Wall“, und die legendäre Choreographin
Lee-Chen Lin zeigt puristische, aber gleichwohl bildgewaltige Choreographien, die mit den Phänomenen Langsamkeit und Expressivität arbeiten.
Auch Martin Schläpfer ist mit seinem Ballett am Rhein und der Produktion
„Forellenquintett“ auf der Messe vertreten. Wobei sich bei Kompanien wie
Schläpfers Ensemble die Frage stellt, ob die Großen der Branche tatsächlich die Messe als Kontaktbörse benötigen angesichts ihrer ohnehin üppig
gebuchten Gastspieltourneen. Erfreulich, dass den Künstlern aus NRW die
Möglichkeit geboten wird, sich in den „Open Studios“ zu präsentieren und
über ihre Arbeit zu berichten. Andererseits könnten die NRW-Kompanien
durchaus ein wenig nachdrücklicher in die erste Reihe der Messe geschoben werden, denn der Tanz gehört zu den interessantesten Exportgütern,
die NRW im Kulturbereich zu bieten hat.
Eine Trumpfkarte des Messe-Programms sind die kleinen Formate. Der Koreaner Nam Jim Kim zeigt etwa
seine verstörende Performance „Crazy Swan Lake“, in
der vom Schwan angesichts der grassierenden Umweltverschmutzung nur noch Knochen übrig bleiben.
Der Russe Alexander Andriyashkin mischt das Publikum
Thomas Linden
Journalist und Jurymitglied des Kölner Kinder- in „I will try“ mit seiner spontanen Street-Performance
u. Jugendtheaterpreises auf, die mit jeder Vorstellung eine andere Story erhält.
Von Hans-Christoph Zimmermann
Eigentlich ist der Stärkungspakt Stadtfinanzen, den die rot-grüne Landesregierung im Dezember 2011 verabschiedet hat, eine gute Sache: Er soll überschuldete Kommunen oder solche, die kurz davor stehen, vor dem finanziellen Kollaps bewahren. 350 Mio. Euro stehen dafür jährlich zur Verfügung,
34 Städte kamen 2011 bereits in den Genuss des Geldsegens, im Mai 2012
kamen 27 weitere hinzu. Die Stadt Moers hat im zweiten Anlauf die Aufnahme in den Pakt geschafft, muss jetzt „Steht jetzt die Seele der Stadt
aber einen Fahrplan vorlegen, wie sie bis
Moers auf dem Spiel?“
2021 insgesamt 61,5 Mio. Euro einsparen
will. Die Finanzspritze gibt es nämlich nicht umsonst. Alle Kommunen, die
am Stärkungspakt teilnehmen, müssen sich auf konkrete Maßnahmen mit
dem Ziel ausgeglichener Haushalte verpflichten.
In Moers kursiert dazu ein Arbeitspapier der Verwaltung, das alle (!) freiwilligen Leistungen zur Disposition stellt: die Sportförderung genauso wie
die Offene Ganztagsschule und Kultureinrichtungen vom Jazzfest bis zum
Schlosstheater, wo 2015 der Vertrag von Intendant Ulrich Greb ausläuft.
Würde der Vertrag nicht verlängert, sparte die Stadt immerhin jährlich 1,258
Millionen Euro. Der Löwenanteil der freiwilligen Leistungen fällt ins Ressort
von Hans Gerhard Rötters. Der Dezernent für Schule, Sport und Kultur besteht allerdings darauf, dass es sich bei dem Papier um eine Arbeitsgrundlage und keine Sparliste handelt. Wie fühlt man sich, wenn alle freiwilligen
Leistungen des eigenen Ressorts zur Diskussion stehen? „Kämpferisch!“, sagt
Rötters entschlossen und fügt hinzu: „Wir müssen retten, was zu retten ist.“
Wer allerdings sein kulturelles und sonstiges Tafelsilber ohne politischen
Gestaltungswillen infrage stellt, riskiert den Ausverkauf. Offenbar gibt es
darüber in der Stadtspitze einen Dissens. „Die Verwaltung hat vorgeschlagen, einen Sanierungsplan zu erarbeiten, das wollte die Politik nicht“, sagt
Rötters unmissverständlich. Dass die ganze Sparliste im Internet für ein Bürgervotum steht, das ins endgültige Sparkonzept einfließen soll, macht die
Sache nicht einfacher.
„Kultur ist die Seele der Stadt“ heißt es auf der Homepage der Kulturbetriebe Moers. Steht jetzt also diese Seele auf dem Spiel? Für Chefdramaturg
Justus Wenke vom Schlosstheater stellt sich die Frage grundsätzlich: „Die
Stadt stellt das infrage, was sie überhaupt erst lebenswert macht.“ Festivals,
Theater, Museen machen erst die Attraktivität der Kommune aus. Wo gespart werden soll, weiß auch Justus Wenke nicht zu sagen. Den Gürtel enger
schnallen könne man jedenfalls nicht mehr: „Das Schlosstheater ist finanziell an der Grenze dessen, was einzusparen ist.“ Das Haus
verfügt über gerade einmal fünf fest angestellte Schauspieler. Die Frage bleibt also, inwieweit der Stärkungspakt Stadtfinanzen die kulturelle Substanz der Städte
antastet. Das Schlosstheater und der deutsche Bühnenverein laden deshalb zu einer Diskussion unter dem Titel
„Stärkungspakt trifft Stadtkultur“ am 31. August, an der
Hans-Christoph
Zimmermann
unter anderem Regierungspräsidentin Anne Lütkes und
Journalist u.
Rolf Bolwin vom Deutschen Bühnenverein teilnehmen.
Theaterkritiker
Tanzmesse lockt das Publikum aus NRW
Tanzmesse NRW I 29.8.-1.9. I Düsseldorf I www.tanzmesse-nrw.com
Stärkungspakt Stadtfinanzen nagt an Moers’ kultureller Substanz
www
„Stärkungspakt trifft Stadtkultur – Wirkungen und Nebenwirkungen eines
Rettungsversuchs“, Podiumsdiskussion I 31.8. 19 Uhr I Theaterhalle Moers
8
14
TH EATE R IM
Saisoneröffnung
*PIPAPO*
E I N E H O M M AG E A N
G E O RG B ÜC H N E R
DIE NEUE
PRODU K T ION DES
C H A R O L I J A T E ATA R
recoil performance group © N Rodriguez-Smith / Imperiet
PREMIERE
MI 29.08.2012 um 20 Uhr
DO 30.08.2012 um 20 Uhr
FR 14.09.2012 um 20 Uhr
SA 15.09.2012 um 20 Uhr
Und im Dezember natürlich wieder:
A Christmas Carol …unser Weihnachts-Dauerbrenner
von Charles Dickens
FESTIVAL zur
internationalen
tanzmesse nrw
www
Düsseldorf · 29.08.– 01.09.2012
Deutsche Oper am Rhein
Düsseldorfer Schauspielhaus
Central
Capitol Theater
tanzhaus nrw
Hans Peter Zimmer Stiftung
Fabrik Heeder Krefeld
www.tanzmesse-nrw.com
Die internationale tanzmesse nrw ist ein Projekt des nrw landesbuero tanz
getragen von der Gesellschaft für Zeitgenössischen Tanz NRW e.V.
Tel. +49 (0) 221 888 95 394 · [email protected]
gefördert von:
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Oper in NRW
Beziehungsstress: B. Berchtold, R. Astakhov und A. Kludszuweit, Foto: B. Duin
Musical in NRW
„Crazy for You“; Foto: Freilichtbühne Meppen/A. Schneiders
Party-People mit Chaos im Kopf
Von Gershwin bis Wecker
Von Karsten Mark
Zu seinen Lebzeiten war sie Mozarts größter Opernerfolg. Genau 230 nach
ihrer Uraufführung ist „Die Entführung aus dem Serail“ ein Graus für jeden
Regisseur. Die bunte Türken-Maskerade,
„Christoph Poppen arbeitet
zu Mozarts Zeiten ein großer, komischer viele Feinheiten der Partitur
Renner, wirkt heute nur noch merkwürdeutlich heraus“
dig, die Handlung ist verworren, und die
gesprochenen Zwischendialoge engen auch noch jeden Spielraum für Umdeutungen auf ein Minimum ein. Wer mit einer Inszenierung der Entführung
etwas reißen will, darf im Umgang mit der Vorlage nicht zimperlich sein. Die
Niederländerin Jetske Mijnssen hatte den Willen zur eigenen Handschrift
und legte ordentlich Hand ans Original. Die ursprünglichen Dialoge von
Johann Gottlieb Stephanie strich sie vollständig und ersetzte sie teilweise
durch eigene. Den Exotismus verbannte sie so radikal von der Bühne, dass
es in ihrer „Entführung aus dem Serail“ weder mehr ein Serail noch eine
Entführung gibt.
Stattdessen landet sie – wie alle Regisseure, denen nichts Besseres einfällt –
bei einer schicken Party in besseren Kreisen. Bassa Selim feiert seinen 40. Geburtstag. Warum? Weil die Essener Solisten allesamt in etwa so alt sind und
sich Regisseurin Mijnssen (Jahrgang 1970) wohl auch darin wiederfindet. Die
existentiellen Probleme ihrer Party-People haben nichts mehr mit den Bedrohungen der Mozartschen Figuren zu tun. Diese waren noch handfest entführt und eingesperrt worden, mussten Tod und Folter fürchten. Mijnssens
Wohlstandsclique dagegen hat nur „Chaos im Kopf“, wie es in einem ihrer
Zwischendialoge heißt. Sie hat schlimme Bindungsängste und ist unfähig,
sich zwischen potenziellen Partnern zu entscheiden.
Zugegeben, den Kern der Handlung in der Dreiecksgeschichte von Konstanze, Belmonte und Bassa Selim zu suchen, ist keine schlechte Grundidee –
und durchaus im Sinne Mozarts. Doch kommt sie im Kreise der modernen
Partygesellschaft nicht über ein theoretisches Konstrukt hinaus, das sich in
Verbindung mit dem Originallibretto hartnäckig gegen die szenische Umsetzung sperrt. So bleibt der Regie alsbald nicht anderes übrig, als sich in
zunehmende Abstraktion zu flüchten. Sanne Danz schafft als Kulisse ein
strahlend weißes Nirgendwo, das weit in die Tiefe des Bühnenraums hineinführt. Selbst die Geburtstagsparty mit holländischem Dosenbier verflüchtigt
sich alsbald in diesem Nichts. Es bleiben betroffen dreinblickende Gestalten,
die darin umherwandeln und letztlich auch oft an der Rampe stehen. Man
würde sich zu Tode langweilen, gäbe es nicht das wirklich aufsehenerregende Pult-Debüt von Christoph Poppen. In der Philharmonie gleich nebenan hat der Spezialist für historische Aufführungspraxis schon vor einigen
Jahren große Erfolge eingefahren. Am Pult der Aalto-Oper aber steht er zum
ersten Mal und lässt auch als Operndirigent kaum Wünsche offen. Poppen arbeitet viele Feinheiten der Partitur
überraschend deutlich heraus und stellt ebenso überzeugend übergreifende wie innere Sinnzusammenhänge her.
Gesanglich bewegt sich diese Produktion auf gewohnt
hohem Essener Niveau. Simona Šaturová ragt als Konstanze allerdings noch einmal daraus hervor. Ihre TechKarsten Mark
nik, Strahlkraft und Dramatik sind stellenweise atembeJournalist mit Schwerpunkt (Musik-)Theater raubend.
Von Rolf-Ruediger Hamacher
Nicht nur, dass die deutschen Musical-Bühnen wegen der Erweiterung
des Funk-Frequenz-Netzes technisch aufrüsten mussten und dadurch so
manches Theater in der Ton-Qualität in
„Freiluftbühnen
den Schatten stellen – sie erweisen auch geben deutschen Komponisten
mehr Mut als die meisten Stadttheatereine Chance“
Intendanten hierzulande, wagen sich an
deutsche Erstaufführungen von Broadway-Musicals und geben deutschen
Komponisten eine Chance.
Waldbühne Kloster Oesede: Zum vierten Mal schon inszeniert Musical-Darsteller Max Messler hier mit seinem kongenialen Choreographen Brady Stephan Harrison. Diesmal ist es die deutsche Erstaufführung des BroadwayHits „The Wedding Singer“. Und wieder holen sie aus der durch Studierende
der Musical-Akademie Osnabrück verstärkten Laienspielschar Erstaunliches
heraus. Durch die temporeiche Inszenierung, die fetzige Choreographie und
die kraftvollen Songs von Matthew Sklar wird man geradezu süchtig auf die
Musik der 80er Jahre.
Emsländische Freilichtbühne Meppen: Auch hier scheint man mit der Regisseurin und Choreographin Iris Limbarth die ideale Besetzung gefunden zu
haben. Für ihr „Verflixtes 7. Jahr“ in Meppen wählte sie George Gershwins
„Crazy for You“ aus dem Jahre 1930, das ja irgendwie auch ein musikalischer Kommentar zur damaligen (und heutigen) Finanzkrise ist. Aber auch,
weil sie die im vorigen Jahr mit Cole Portes „Anything Goes“ begonnene
Hinwendung zum Stepp-Musical fortsetzen will. Schon die mit Stepp-Einlagen gewürzte Ouvertüre lässt einem vor Staunen den Mund offenstehen.
Die Freilichtbühne Coesfeld gab mit der Welt-Uraufführung von „Der große
Gatsby“ einem deutschen Komponisten eine Chance. Und Claus Martin beweist mit seiner Partitur, dass er sich vor seinen angelsächsischen Kollegen
nicht verstecken muss. Martins Kompositionen, die die Musik der Roaring
Twenties mit modernen Pop-Elementen verbinden, haben durchaus Ohrwurm-Qualität.
Auch hier trifft das nach dem gleichnamigen Roman – der gerade mit Leonardo de Caprio neu verfilmt wurde – von F. Scott Fitzgerald entstandene
Musical den Zeitgeist: Denn es wirft nicht nur die Frage „Geld oder Liebe“
auf, sondern geißelt auch die damals wie heute kriminellen Börsenspekulationen.
Auch bei den Burgfestspielen Mayen ist große Literatur angesagt: Niko
Kazantzakis „Alexis Sorbas“ als Musical. Leider griff Indendant, Regisseur
und Hauptdarsteller Peter Nuesch nicht auf das Musical-„Original“ des
„Cabaret“-Teams Fred Ebb/John Kander zurück, sondern wählte Konstantin
Weckers uninspirierte Neu-Komposition aus, von der nichts im Ohr hängenbleibt. Immerhin liefert die auf sich zugeschnittene Inszenierung von
Peter Nuesch einen kraftvollen Theater-Abend in imposanter Burg-Kulisse,
der allerdings ohne Musik mehr überzeugt hätte.
Beim „Schinderhannes“-Musical auf der Open-Air-Bühne Schloß Simmern ist es ähnlich. Das geschichtsträchtige Stück( nach Zuckmayer) um einen deutschen „Robin
Hood“ überzeugt mehr durch die Inszenierung von Joerg
Steve Mohr als durch die musikalische Aufarbeitung,
R.-Ruediger Hamacher wobei die Kompositionen von Carsten Braun deutlich
Hochschuldozent und mehr Talent verraten als die unsäglichen Liedtexte von
Vorstand des FilmkriMichel Becker.
tikerverbandes
Jetske Mijnssen inszeniert Mozart in Essen
„Die Entführung aus dem Serail“ I So 23.9. 18 Uhr
Aalto-Theater Essen I 0201 812 20
Musical-Leckerbissen auf Freiluftbühnen
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Theater demnächst
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„links“, Foto: © J. Thézac/Musée departmental Breton, Quimper/Fonds de Thézac Abris du Marin
Kinder an die Macht
„No Education“ bei der RuhrTriennale 2012
Kulturelle Bildung hat sich die Politik auf die Fahnen geschrieben, zahlreiche geförderte „kindgerechte“ Kulturveranstaltungen sind dadurch
entstanden. Die diesjährige RuhrTriennale geht einen anderen Weg. Das
Programm heißt „No Education“, Schirmherr ist der unvergessene Gründungsintendant Gerard Mortier. Wieso keine Lehre? Etwa nur Genuss?
Aber mit Überforderung? Mortier gibt die Zielrichtung vor und schreibt,
dass es keinen Grund gebe, einem Zuschauer Komplexität zu ersparen.
Egal, wie klein er sein mag. „No Education“ basiere auf der Beobachtung, dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen offen
sind für solche vielfältigen Wahrnehmungen. Es müsse Schluss sein „mit
den ‚adults only‘-Bezirken!“
Und so wird auch die Mega-Installation „Our CenturY“ vor der Bochumer Jahrhunderthalle keine dieser Areas werden. Ab dem 17. August
verwandelt das Berliner Künstlerduo Folke Köbberling/Martin Kaltwasser mit freiwilligen (jungen) Bauenthusiasten aus dem Ruhrgebiet das
Gelände rund um die ehemalige Maschinenhalle in eine urbane Landschaft. Am Anfang steht nur eine Architekturküche, in der die nötigen
Baumaterialien gesammelt, sortiert und zubereitet werden. Danach sind
alle eingeladen, eigene Ideen und Knowhow einzubringen, mit Akkuschraubern, Hämmern, Sägen und anderen Utensilien anzurücken.
Zu einem Workshop über Bewegungslosigkeit, der den Blick auf unsere
Idee von Kindheit lenken soll, auf die Probleme, auf die Spannungsverhältnisse, denen Kinder ausgesetzt und für die sie zugleich oft die Auslöser sind, lädt der französische Tänzer und Choreograf Boris Charmatz
ins Museum Folkwang. Seine Arbeiten bewegen sich immer wieder in
der Nähe der bildenden Kunst und Philosophie. Eine künstlerische Haltung, die auch zu „No Education“ passt. Der Workshop „links“ entsteht
im Kontext der Live Art-Ausstellung „12 Rooms“.
Und die RuhrTriennale stellt sich den gnadenlosesten Kritikern der Welt.
Die sind nämlich die wahren Anarchisten, lieben das Chaos, kennen keine Rechte, keine Pflichten. Diese ungebeugte Kraft voll ungestümem
Stolz (Herbert Grönemeyer 1986), die die „Children’s Choice Awards“
verleihen wird, ist die freiwillige Selbstkontrolle der RuhrTriennale. Hundert Kinder aus der Metropole Ruhr werden dafür von Stadt zu Stadt
und von Aufführung zu Aufführung reisen und dabei Musik, Theater,
Tanz, Performance und Video einer kritischen Prüfung unterziehen. Mit
dem Blick geborener Experten und der Offenheit unvorbereiteter Kinder
prallen sie auf zeitgenössische Kunst. Und sie sind wichtig. Sie erhalten
einen roten Teppich und sie sind (hoffentlich) unbestechlich. Die feierliche Preisverleihung findet Ende September in der Jahrhunderthalle
Bochum statt. Dann werden wir wissen, wer in diesem Jahr die coolste
Tänzerin war oder wo das pappigste Pausenbrot gereicht wurde. Damit
werden die Kinder wohl nicht überfordert sein.
PETER ORTMANN
Folke Köbberling/Martin Kaltwasser: „Our CenturY“
ab 17.8. I Jahrhunderthalle Bochum
Boris Charmatz: „links“ I Musée de la danse – Ein Workshop mit Kindern
20. bis 24.8. I Museum Folkwang Essen I 0209 60 50 71 47
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beste Unterhaltun
31. August, 10. November 2012, 10. Juni 2013 Thomas Glup Noch’n Gedicht LUSTIG
2. bis 22. September 2012 Der dressierte Mann SCHAUSPIEL
23. bis 27. September 2012 sowie 17. bis 20. März 2013 Ein Fall für Pater Brown KRIMI
29. September bis 18. Oktober 2012 Arsen und Spitzenhäubchen KRIMI
7. Oktober, 2. November 2012, 3. Februar 2013 Oper Légère MUSIKALISCH
13. Oktober 2012, 6. März 2013 Thomas Glup Total verglupt LUSTIG
22. bis 31. Oktober 2012 Der alte Mann und das Meer SCHAUSPIEL
1. bis 13. November 2012 Achterbahn AMÜSANT
17. November 2012 Thomas Glup Ach du lieber Himmel LUSTIG
16. November bis 13. Dezember 2012 Möwe und Mozart AMÜSANT
24. November 2012 Thomas Glup Der Kontrabass AMÜSANT
8. Dezember 2012 Don Kosaken Chor Viktor Kuleschow MUSIKALISCH
15. Dezember 2012 bis 12. Januar 2013 Die Wahrheit AMÜSANT
16. und 23. Dezember 2012 Humorvolle Weihnachtslesung mit Thomas Glup LUSTIG
13. Januar 2013 Haus, Frauen, Sex. SCHAUSPIEL
14. bis 20. Januar 2013 Heiße Zeiten Weiblich, 45plus NA UND!?! Wechseljahre MUSIKALISCH
20. Januar 2013 Soloprogramm Inez Timmer: Musicals und Jazz! MUSIKALISCH
21. bis 28. Januar 2013 Ein Heimspiel LUSTIG
23. Januar 2013 Thomas Glup Lesung über das alte Essen
27. Januar 2013 Thomas Glup Best of Heinz Erhardt LUSTIG
1. bis 28. Februar 2013 Reimanns Family MUSIKALISCH
3. und 4. Februar 2013 Thomas Glup Beamte sind auch nur Menschen LUSTIG
3. bis 16. und 21. März bis 17. April 2013 Gut gegen Nordwind SCHAUSPIEL
21. bis 29. April, 4. bis 12. Mai 2013 Motown – Die Legende MUSIKALISCH
30. April bis 3. Mai 2013 Suche impotenten Mann fürs Leben LUSTIG
14. und 15. Mai 2013 Thomas Glup Runter zum Fluss LUSTIG
17. Mai bis 6. Juli 2013 Alles auf Krankenschein LUSTIG
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20.00, So. 26.8. 17.00
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20.00, So. 5.8. 19.00, Do. 9.8. 20.00,
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12.8. 19.00, So. 19.8. 19.00, Do. 23.8.
20.00, Fr. 24.8. 20.00, Sa. 25.8. 20.00,
So. 26.8. 19.00
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guten Fee
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Fr. 17.8., Sa. 17.8., So. 19.8., Do. 23.8., Fr. 31.8. 20.00
Sa. 25.8., So. 26.8.
THEATER IM DEPOT DORTMUND
0231 982 23 36, Beginn: 20.00 Uhr
PACT ZOLLVEREIN ESSEN
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Life and Times – Episode 2
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0231 42 27 79
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Ich war noch niemals in New York
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Fr. 31.8. 19.30
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Peter Vollmer machte schon Männerkabarett, als andere noch von
schlecht geschmierten Butterbroten
und Computerabstürzen erzählten.
Und nun hat er den Salat. Seine Frau
hat auf vegetarische Zwangsernährung umgestellt und die erste Prostatauntersuchung steht an. „Frauen
verblühen, Männer verduften“ ist
schnelles, blitzgescheites Kabarett
über das endgültig zu Ende gehende
Macho-Zeitalter.
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Film-ABC
Vorspann
Gefährlich gestörtes Mutter-Sohn-Verhältnis: „We need to talk about Kevin“, S. 22
KULTUR.KINO.RUHR.
August 2012
FILMKRITIK-ÜBERSICHT
FILMSTART-TERMINE
26.7. 2.8.
9.8. 16.8. 23.8.
25
360
X
36
Bavaria – Traumreise durch Bayern
27
Das Schwein von Gaza
X
27
Der Vorname
X
34
Die Stooges – Drei Vollpfosten drehen ab
31
Entre les Bras – 3 Sterne. 2 Generationen. 1 Küche.
X
30
Familientreffen mit Hindernissen
X
34
Frisch gepresst
32
Jeff, der noch zu Hause lebt
36
Karen llora en un bus
34
Katy Perry: Part of me
29
Magic Mike
31
Merida – Legende der Highlands
31
Miss Kicki
33
Nachtlärm
X
34
ParaNorman
X
32
Prometheus – Dunkle Zeichen
X
34
Red Lights
X
36
Roman Polanski: A Film Memoir
32
Rum Diary
26
Samsara
27
Starbuck
34
Ted
34
The Dark Knight Rises
X
27
The United States of Hoodoo
X
30
This ain’t California
24
To Rome with Love
36
Total Recall
34
Was passiert, wenn’s passiert ist
X
22
We need to talk about Kevin
X
32
Wer‘s glaubt wird selig
29
Who Killed Marilyn?
X
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X
X
X
30.8.
X
X
X
Freut sich auf Open Airs im historischen Pott: Lisa Mertens
Unter den Wolken
Neben Hochöfen, Brauereien & Co.
In dem Film „Solino“ erzählt Regisseur Fatih Akın von einer italienischen
Familie, die in das Ruhrgebiet der 1960er auswandert und eine der ersten Pizzerien aufmacht. Die beiden Söhne der Familie wenden sich jeweils mehr oder weniger dem Film zu. Der Ältere bleibt in Deutschland
und erntet bei den Ruhrfilmtagen falsche Lorbeeren für einen Kurzfilm
über den Strukturwandel im Ruhrgebiet, der Jüngere zieht zurück nach
Italien und macht ein Freiluftkino auf. Mit ein bisschen Mühe lässt sich
in „Solino“ vieles finden, was das Ruhrgebiet ausmacht: 1. Pizza und
Döner Kebab gehören heute ebenso zum typischen Stadtbild wie Currywurst-Pommes-Majo und die unzähligen Buden. 2. Der Strukturwandel
des Ruhrgebiets ist allgegenwärtig. Die Zeit, als der Pott noch kochte,
wird romantisiert, musealisiert und dennoch oft nicht mehr herbeigewünscht. RUHR.2010 setzte ein offizielles Zeichen, wie sich das Ruhrgebiet von einem Industriezentrum zu einem Kulturzentrum gewandelt hat
oder es doch zumindest versucht. Zechen und Industriegelände stehen
mittlerweile für Konzerte, Theater und Installationen. 3. Kino und Film
sind im Ruhrgebiet tief verwurzelt. Dortmund und Gelsenkirchen haben
beide Schauburgen, die auf eine lange Tradition zurückblicken können.
Die Lichtburg in Essen gehörte bereits vor dem Zweiten Weltkrieg zu
den wichtigsten Kinos Deutschlands. Und mit dem Kinoboom der 50er
schossen weitere Kinos aus dem Boden.
Wenn Gigi, der jüngere Bruder aus Solino, noch ein paar Jahre gewartet
hätte, hätte er möglicherweise eines der vielen Freiluftkinos im Sommer mit organisiert. Das Ruhrgebiet weist wunderschöne Kulissen für
Filmvorführungen auf: Hinterhöfe, Industriebrachen und vieles mehr. In
Bochum bietet das Hofgelände der Brauerei seit 13 Jahren mit Sitzsäcken und Klappstühlen Gelegenheit, große Filme an frischer Luft sehen
zu können. In Duisburg wird der Landschaftspark im Sommer nicht nur
von den Lichtinstallationen erhellt, sondern auch von der Leinwand, auf
der neben aktuellen Streifen auch immer ein Klassiker flimmert. Dass
die Geschichte des Ruhrgebiets nicht nur von Kohle und Stahl bestimmt
wird, beweist das Freiluftkino in Herne, wo es sich die Zuschauer im
romantischen Innenhof von Schloss Strünkede bequem machen können.
Auch der Rand des Ruhrgebiets, das kulturell wenig beachtete Hagen,
nutzt im Hinterhof des 25 Jahre alten Kulturzentrums die Möglichkeit,
sich unter der größten Kuppel unterhalten zu lassen. Pompöser geht es
in Dortmund im Stadion des amtierenden Fußballmeisters zu, in dem
unter anderen der Kultfilm des Ruhrgebiets schlechthin, „Bang Boom
Bang“, läuft. Open Airs sind beliebt, bei Musik wie Filmen gleichermaßen. Und immer kommen Neue hinzu. Dieses Jahr zieht beispielsweise
auch das Endstation Kino mit. Schön im Ruhrgebiet ist, dass die Open
Airs auch immer die historischen ruhrgebietstypischen Kulissen mit einbinden und so ein unverwechselbares Flair erzeugen. Mindestens genauso viel Flair wie Gigis kleines Freiluftkino in Italien.
www
LISA MERTENS
Wertung unter den Filmkritiken:
1(
) bis 6 (
) 6 Punkte = Höchstwertung
Lesen Sie mehr: www.trailer-ruhr.de / news
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
21
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
Film des Monats
Eva (Tilda Swinton) und Franklin (John C. Reilly) wissen nicht mehr weiter
Blutige Tragödie
„We need to talk about Kevin“ von Lynne Ramsay
Das Verhältnis zwischen Eva und ihrem Sohn Kevin scheint von Anbeginn gestört. Auch
die Geburt der Tocher Celia ändert daran nichts.
C Alptraumhaftes Mutter-Kind-Drama
Die Reisejournalistin Eva lernt Franklin kennen – sie werden ein glückliches
Paar. Mit der Geburt des ersten Kindes Kevin scheint dieses Glück zu enden:
Eva gibt für die kommenden Jahre ihre Karriere auf, mit dem Abschied von
ihrer Reiselust scheint auch ihre Lebenslust zu weichen. Schon im Kindbett
wirkt sie wie versteinert, als sich der Säugling zum Schreikind entwickelt,
schlägt die unterschwellige Depression in schiere Verzweiflung um. Einmal
nutzt sie den Lärm eines Presslufthammers an einer Straßenbaustelle, um für
einen kurzen Augenblick das Geschrei von Kevin zu übertönen. In der kommenden Zeit entfaltet sich ein Kräftemessen: Schon bald scheint Kevin mit
voller Absicht das Nervenkostüm von Eva zu strapazieren. Es sieht aus, als
verweigere er sich demonstrativ einer adäquaten Entwicklung. Seine Verweigerungshaltung schlägt bald in offene Aggression um. Der berufstätige
Franklin kriegt davon kaum etwas mit, Eva um so mehr. Als Kevin eine kleine Schwester bekommt, die im Gegensatz zu Kevin für Eva ein echtes
Traumkind ist, erfährt auch sie gleich die Aggression des Bruders. Derweil
verstehen sich Vater und Sohn prächtig. Gemeinsam üben sie im Garten des
großzügigen Anwesens Bogenschießen.
Von Anfang an eine Tragödie
Kevins Entwicklung von der Geburt bis kurz vor seinen 16. Geburtstag ist nur
eine von drei Zeitebenen des Films. Einige wenige verstreute Bilder zeigen Eva
vor der Geburt: entweder lachend mit Franklin, oder entrückt bei dem Tomatenfest Tomatina in Valencia. Hier sind die Bilder in ein prächtiges Rot
getaucht, und dieses Rot ist einerseits die Verbindung zum Hauptplot und
andererseits die Verbindung zur Gegenwart, in der wir Eva alleine, ohne ihre
Familie, sehen. Sie arbeitet nun nicht mehr in einem schicken Office, wie am
Ende des Hauptplots, sondern in einem schäbigen Reisebüro. Sie wohnt nicht
mehr in der großen Vorortvilla, sondern alleine in einem kleinen Häuschen.
Die verschiedenen Handlungsstränge sind kunstvoll ineinander verwoben, die
Tonspur verbindet sie mitunter auf surreale, fast alptraumhafte Art, die
Bildmotive gleiten ineinander über. Die genauen Zusammenhänge entfalten
sich dem Zuschauer zwar erst nach und nach, aber es ist schon früh klar, dass
in der Beziehung zwischen Eva und Kevin nicht nur einiges schief läuft, sondern dass die Geschichte zielstrebig auf eine blutige Tragödie hinaus läuft.
Es gibt einen anderen, sehr artifiziell erzählten Film über aufs Schlimmste
entgleiste Heranwachsende: Gus Van Sant hat seinen vage an das SchulMassaker in Columbine angelehnten Film „Elephant“ multiperspektivisch angelegt. Auch er zerlegt die Chronologie der Ereignisse. Und er geht gegen eine
simplifizierende Ursachensuche vor, zeigt, dass die amoklaufenden Täter
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
gemobbt wurden und Ego-Shooter gespielt haben – dass sie aber auch wunderschön Klavier spielen konnten. Lynne Ramsay blendet in ihrem Film fast
jeglichen sozialen Kontext jenseits der Familie aus. Und auch innerhalb der
Familie dreht sich fast alles nur um das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn.
Das liegt daran, dass alles, was wir als Zuschauer sehen, die Erinnerungsfetzen von Eva sind. Einer Mutter, der ihr Sohn von Anfang an fremd ist und die
ihn als vorsätzlich böse wahrnimmt. Wenn der Zuschauer Kevin sieht, dann
sieht er ihn mit Evas Augen. Im Gegensatz zu ihr kann der Zuschauer jedoch
erkennen, dass in der Mutter-Kind-Beziehung von Anfang an einiges schief
läuft. Eva selbst erkennt das erst nach und nach im Zuge ihrer Erinnerungsarbeit.
Scheinbar perfekte Familie
Anders als das monokausale Erklärungsmuster derjenigen, die die Familie
als heiligen Gral der Gesellschaft verteidigen, sucht der Film die Ursachen
und Übeltäter für die Tat nicht in Computerspielen oder Horrorfilmen. Der
Film sucht die Schuld auch nicht ganz allgemein in der Gesellschaft, die
kommt in diesem hermetischen Familienfilm nämlich gar nicht vor. Er konzentriert sich radikal und komplett auf die Familie, eben jenen vermeintlich guten, unschuldigen Kern der Gesellschaft. Mit dem Fokus auf die
Mutter-Kind-Beziehung – der Vater kommt nur am Rande vor und glänzt
vor allem durch Abwesenheit – geht der Film noch einen Schritt weiter.
Während die Mutter den Gedanken des unschuldig geborenen Lebens in
Frage stellt, stellt der Film provokant die Idee von grenzenloser Mutterliebe
in Frage. Und stellt zugleich die Frage nach der Schuld in den Raum, ohne
sie zu beantworten.
Sowohl Lionel Shriver, die Autorin der Romanvorlage, als auch Lynne
Ramsay liefern als mögliche Ursache nur das Beziehungsgeflecht innerhalb
der Familie. Die Kleinfamilie – großes Haus in den Suburbs, glückliche,
erfolgreiche Eltern und zwei Kinder – älterer Sohn und jüngere Schwester
– alles sieht so perfekt aus. Doch ohne eine funktionierende zwischenmenschliche Beziehung ist all das nichts wert und kann direkt in einen
Alptraum führen. Das langsame Abgleiten in diese Tragödie hat Ramsay
mit Hilfe einer – wieder einmal atemberaubenden – Tilda Swinton und den
drei Furcht erregend diabolisch agierenden Darstellern des heranwachsenden Kevin als visuell fesselnden, surrealen Alptraum inszeniert.
www
CHRISTIAN MEYER
WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN
Europäischer Filmpreis 2011: Beste Darstellerin Tilda Swinton
GB 2011 - Drama / Thriller - Regie: Lynne Ramsay - Kamera: Seamus McGarvey - mit:
Tilda Swinton, John C. Reilly, Ezra Miller - Verleih: Fugu
Start: 16.8.
BO: Endstation, E: Filmkunsttheater
22
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
Kritikerspiegel Ruhr
August 2012
Die häufigsten Nennungen
Herausragend
Bemerkenswert
Arnold
Hohmann
Ingrid
Bartsch
R.-Ruediger
Hamacher
Sascha
Westphal
Marieke
Steinhoff
Christian
Meyer
Verena
Lueken
Katja
Nicodemus
Cristina
Nord
WAZ
ARD
Morgenmagazin
film-Dienst
EPD-Film
Schnitt
choices
Kultur.Kino.
Köln.
FAZ
Die Zeit
taz
We need to
talk about
Kevin von
L. Ramsay
Keine
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abgegeben
Keine
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Who Killed
Marilyn? von
G. HustacheMathieu
Roman
Polanski (...)
von
L. Bouzereau
Magic Mike We need to
talk about
von
S. Soderbergh Kevin von
L. Ramsay
Roman
Polanski (...)
von
L. Bouzereau
Daniel
Kothenschulte
Frankfurter
Rundschau
Hartmut
Ernst
Lars Olav
Beier
Frank
Brenner
engels
Kultur.Kino.
Wuppertal.
Spiegel
trailer
Kultur.Kino.
Ruhr.
Who Killed
Marilyn? von
G. HustacheMathieu
Magic Mike
von
S. Soderbergh
Miss Kicki
von
H. Liu
Prometheus
- Dunkle
Zeichen von
R. Scott
Merida (...)
von
M. Andrews
Prometheus
- Dunkle
Zeichen von
R. Scott
Ted
von
S. MacFarlane
Der Vorname
von
A. de la
Patellière
Das Schwein
von Gaza
von
S. Estibal
Who Killed
Marilyn? von
G. HustacheMathieu
Das Schwein
von Gaza
von
S. Estibal
Jeff (...)
von
J. Duplass
Rum Diary
von
B. Robinson
Jeff (...)
von
J. Duplass
Best of
Drama
Jeff (...)
von
J. Duplass
Prometheus
- Dunkle
Zeichen von
R. Scott
We need to
talk about
Kevin von
L. Ramsay
This ain‘t
California
von
M. Persiel
We need to
talk about
Kevin von
L. Ramsay
Familientreffen mit
Hindernissen
von J. Delpy
Besondere
Erwähnung
Merida (...)
von
M. Andrews
Das Schwein
von Gaza
von
S. Estibal
This ain‘t
California
von
M. Persiel
Das Schwein
von Gaza
von
S. Estibal
Best of
Comedy
Magic Mike This ain‘t
California
von
S. Soderbergh von
M. Persiel
This ain‘t
California
von
M. Persiel
Merida (...)
von
M. Andrews
The United
States of
Hoodoo von
O. Hardt
We need to
talk about
Kevin von
L. Ramsay
The United
States of
Hoodoo von
O. Hardt
Who Killed
Marilyn? von
G. HustacheMathieu
Roman
Polanski (...)
von
L. Bouzereau
Merida (...)
von
M. Andrews
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Kino-Kalender Ruhr
PREVIEWS, FILMREIHEN, FESTIVALS & SONDERVORFÜHRUNGEN
29.7., 20 Uhr GREENPEACE MULTIVISIONS SHOW, Fiege OpenAir
Europas Natur eingefangen in den Bildern von Markus Mauthe
13.8., 21.30 Uhr HUGO CABRET, Filmforum Duisburg
Oscarprämiertes Werk von Scorsese
31.7., 17.15/20 Uhr THE YELLOW SEA, Schauburg Gelsenkirchen
Koreanischer Gangsterfilm
14.8., 17.15/20 Uhr MARLEY, Schauburg Gelsenkirchen
Dokumentation über die Legende Robert Nesta Marley, OmU
1.8., 14.30 Uhr NUR FÜR PERSONAL, Filmwelt Herne
Französischer Klassenkampf mal komödiantisch
15.8., 20.15 Uhr FRISCH GEPRESST, Cinemaxx Essen
Leben und Lieben von Single-Frauen, Preview, s.S. 34
1.8., 14.30 Uhr JANE EYRE, UCI BO/DU
Verfilmung des englischen Klassikers
17.8., 22.30 Uhr FAUSTRECHT DER FREIHEIT, Metropolis BO
Von und mit Rainer Werner Fassbender
www
1.8., 20.30 Uhr DER VORNAME, Lichtburg Oberhausen
Mädelsabend mit einer Preview, s.S. 27
„Jane Eyre”
17.8., 23 Uhr URBAN EXPLORER, Schauburg Dortmund
Berlins dunkelste Seite: unter Tage. Mitternachtskabinett, OmU
1.8., 21.30 Uhr TED, Filmzeche Hollywood
Komödie mit Mark Wahlberg und Mila Kunis, Preview, s.S. 34
17.8., 23 Uhr THE RUNNING DEAD, UCI BO/DU
Genre-Film mit Zombies
2.8., 14 Uhr FAMILIENTREFFEN MIT HINDERNISSEN, Lichtburg E
Delpys gefühlvolle Familienstudie als Preview, s.S. 30
18.8., 21.30 Uhr SOUND IT OUT, Endstation Bochum
Doku über die letzte Festung gegen den Musikeinheitsbrei
3.8., 23 Uhr TRUE GRIT, Casablanca Bochum
Zynische Neuauflage des alten Western, OmU
18.8., 21.30 Uhr ZIEMLICH BESTE FREUNDE, Filmwelt Herne
Herzerwärmender Film gezeigt vor Open Air-Kulisse
5.8., 18/22.30 DETLEF, Astra Theater Essen
Vorpremiere im Rahmen von Ruhr.CSD 2012
19.8., 15 Uhr PIPPI LANGSTRUMPF, Endstation Bochum
Der Kinderbuchklassiker im KinderKino
6.8., 20 Uhr THE DARK KNIGHT RISES, Lichtburg Essen
Nolans dritter Batman in Originalversion, s.S. 34
„True Grit“
20.8., 14.30 Uhr IN GUTEN HÄNDEN, Casablanca Bochum,
Hysterie im verklemmten England
8.8., 19.45 Uhr WAS PASSIERT, WENN’S PASSIERT IST, Cinemaxx E
Preview, s.S. 34
20.8., 20 Uhr DIRTY DANCING, UCI BO/DU
25jähriges Jubiläum: Grey und Swayze tanzen wieder
8.8., 20.15 Uhr PROMETHEUS, Cinestar Dortmund
Michael Fassbender im Kampf um die Menschheit, Preview, s.S. 32
21.8., 20 Uhr NORTH BY NORTHWEST, Rio Mülheim
Der gute alte Hitchcock in OmU
10.8., 23 Uhr VIER IN ROTEM KREIS, Casablanca Bochum
Französischer Krimi-Klassiker, OmU
22.8., 20 Uhr TOTAL RECALL, Cinestar Dortmund
Preview mit Colin Farrell und Jessica Biel, s.S. 36
10.8., 23 Uhr BAD BEHAVIOUR, Apollo Gelsenkirchen
Tiefböser schwarzer Humor mit viel Blut
23.8., 20.30 Uhr UNTER MÄNNERN – SCHWUL IN DER DDR, Schauburg DO
Dokumentation über das Leben von sechs Männern
11.8., 21.30 Uhr PUSHED, Endstation Bochum
Passion no Fashion: Skateboardfilm beim Open Air
„The Dark Knight Rises“
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
23
29.8., 20 Uhr THE EXPENDABLES 2, Cinemotion Mülheim
Zeit für Chuck Norris-Witze, Preview
„Marley“
„Faustrecht der Freiheit“
„Der unsichtbare Dritte“
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Hintergrund
Flugangst? Ehrensache! Aber nach Italien wollte er doch
Komisch ironisch
„To Rome with Love“ von Woody Allen
Woody Allen begleitet in Rom allerlei Zeitgenossen durch Liebe und Karriere.
Smarte Boulevard-Komödie
„Midnight in Paris“ hieß Woody Allens letztes Werk, eine beseelte Komödie, die sich gewitzt der Realität entzieht und poetisch durch die Zeit
reist. Nun ist der 76jährige New Yorker Regisseur nach England („Matchpoint“), Spanien („Vicky Cristina Barcelona“) und Frankreich in Italien angekommen und widmet sich vergleichbar nostalgisch der ewigen Stadt.
Italien – dieses Land und seine Leute scheinen wie geschaffen für eine
beseelte Quasselstrippe wie Woody Allen. Und ja, der vielen fixen Dialoge ist der Autorenfilmer immer noch nicht müde, diesmal darf er gar
selbst wieder mitquasseln. Als Opernregisseur im Ruhestand besucht er
mit seiner Frau (Judy Davis) die Tochter und den Schwiegersohn in spe.
Der Ruhestand lässt dem Künstler auch in Rom keine Ruhe, entsprechend
hartnäckig und aufdringlich sucht er im Alltag die große Inszenierung
und die Chance auf ein Karrierehoch im Alter. Allerlei weitere Charaktere
leben und geistern in und durch die Stadt: Ein Architekturstudent (Jesse Eisenberg) verguckt sich in die Freundin (Ellen Page) seiner Freundin
(Greta Gerwig) und wird auf seinem Irrweg von einem Architekten begleitet (Alec Baldwin). An anderer Stelle kommt Biedermann Leopoldo
(Roberto Benigni) unverhofft zu Starruhm und kann sich schon bald nicht
mehr der Paparazzi-Schar erwehren.
Ein turbulenter, dialogfreudiger Episodenreigen, den Allen mit sommerlichen Bildern und verträumt touristischem Blick einfängt. Anders als sein
vergleichbar inspirierter „Midnight in Paris“ bewegt sich Allen diesmal
eher im intellektuellen Boulevard: Kurzweil, Tempo und amüsante Verwechslungen bestimmen den Kurs, nicht immer gelingt der intendierte
Schritt zur Satire, zu klamaukhaft bleiben die Ansätze, und bloßes Tempo
entspricht nicht automatisch gelungenem Timing. Komisch ironisch wird
es, wenn sich der Regisseur in seiner Rolle als gealterter Künstler beharrlich dem Ruhestand verweigert. Da spielt Allen gelungen schlitzohrig mit
seinem Alter Ego und den Publikumserwartungen.
Trotzdem: Auch wenn die Komödie oberflächlicher angelegt ist als seine letzten Werke, eher episodisch und weniger als rundes Ganzes – sie
bewahrt sich noch immer die Qualität eines Woody-Allen-Films. Und der
ist nicht nur gewohnt gelungen und prominent besetzt, sondern bleibt
immerzu sympathisch geerdet und liebenswert, selbst wenn er sich Klischees bedient, italienischer Klischees in diesem Falle. Und da darf man
jetzt vielleicht einmal kleinlaut nachhaken: Hat Woody Allen auf seiner
cineastischen Europatour eigentlich auch irgendwann mal Deutschland im
Visier? „Midnight in Berlin“, „To Dresden with Love“, „Vicky Cristina Colonia“ – der Gedanke drängt sich vielleicht nicht direkt auf. Andererseits,
Woody Allen in der Bundeshauptstadt: exotisch, delikat, jüdisch, kafkaesk.
Mit anderen Worten – da wäre großes Kino drin. Das deutsche Kinopublikum mag Allens Witz und belegt damit, dass es ihn entgegen vieler Vorurteile irgendwo hat, den Humor. Also, Mr. Allen – finden Sie ihn. Wir freuen
uns auf Sie.
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HARTMUT ERNST
TO ROME WITH LOVE
I/USA 2012 - Komödie - Regie: Woddy Allen - Kamera: Darius Khondji
mit Woody Allen, Alec Baldwin, Roberto Benigni - Verleih: Tobis
Start: 30.8.
BO: Metropolis/Casablanca, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater,
GE: Schauburg
TO ROME WITH LOVE – Am Rande
Der Titel für die romantischste Stadt ist bereits vergeben, und das ziemlich
endgültig. In vermutlich vielen Köpfen schimmert das Wort „Liebe“ auf, wenn
der Name „Paris“ fällt. Rom liegt immerhin noch über tausend Kilometer weiter
südlich, die Tage sind wärmer, die Nächte milder. Die geschichtsträchtigen,
antiken Bauten und kopfsteingepflasterten Gassen üben einen ganz eigenen
Charme aus; ein guter Nährboden für sich anbahnende Liebesbeziehungen,
frisch Verliebte, und für Geschichten, die sich um solche drehen. Den Rang
abzulaufen droht Rom Paris so schnell nicht, keine Frage. Zumindest 2010
aber war Rom populärstes Reiseziel verliebter Paare, das zeigten ReiseportalBuchungen über den 13. und 14. Februar. Auch Roms Beiname „Ewige Stadt“
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hat per se durchaus Romantisches an sich, Paare in der Realität (ebenso wie
in Woody Allens neuester Komödie) hoffen sicher nicht selten, dass eine durch
die Rom-Reise verbriefte Beziehung ewig besteht. Außerhalb des Valentinstags findet man Rom zwar ebenfalls unter den obersten Zehn des TourismusRankings europäischer Hauptstädte. Spitzenreiter ist und bleibt aber Paris. Die
italienische Hauptstadt landete 2011 sogar noch hinter Berlin (Studie „European Capital City Tourism“ von Roland Berger Strategy Consultants). Auch,
wenn Berlin nicht unbedingt für mediterranes Flair bekannt ist, zeigt das doch:
„Midnight in Berlin“ ist kein allzu schlechter Vorschlag für Allens nächstes
Projekt.
MAREN LUPBERGER
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Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
Foyer
Neue Filme
Ein globales Kommen und Gehen
Globaler Liebesreigen
„360“ von Fernando Meirelles
In verschiedenen Metropolen verweben sich verschiedene Schicksale auf komplexe
Weise miteinander und zeigen so unsere Verbundenheit und Verwundbarkeit auf.
C Hintergründiges Beziehungsdrama
Die Erzählung beginnt und schließt in Wien, eine Reminiszenz an Arthur
Schnitzler, dessen berühmter „Reigen“ dem Drehbuchschreiber Peter Morgan
(„Die Queen“, „Frost/Nixon“) als Inspiration diente. Ähnlich dem damals
skandalösen Fin de siècle-Stück, tritt auch hier eine Vielzahl an Protagonisten auf, deren amouröse Verstrickungen schließlich ein netzwerkartiges Gesellschaftsporträt ergeben. Hier ist es zu Beginn der britische Geschäftsmann Michael Daly (Jude Law), der in einer tiefen Ehekrise steckt
und kurz davor steht seine Frau Rose (Rachel Weiz) mit einem slowakischen Callgirl zu betrügen. Doch die Verabredung in der Hotellobby wird
auf unerwartete Weise von seinem deutschen Kollegen (Moritz Bleibtreu)
gestört. Emotional aufgewühlt ruft Daly, der sich entschlossen hat nun
doch nicht fremdzugehen, zuhause an, nicht ahnend, dass Rose hingegen
tatsächlich schon länger eine intensive Affäre mit dem brasilianischen
Fotografen Rui (Juliano Cazarré) pflegt, dessen Freundin Laura (Maria Flor),
die einst mit ihm zusammen nach England immigrierte, sich über das
Verhältnis sehr wohl im Klaren ist. Enttäuscht macht sie sich auf die Reise
in die Heimat. Im Flugzeug trifft sie auf den charmanten Witwer John
(Anthony Hopkins), dessen Tochter verschwunden ist. Er muss sich auf den
Weg machen, eine Leiche zu identifizieren. Ein Schneesturm zwingt die
Passagiere in Denver zu landen, doch an Bord ist auch ein frisch aus der
Haft entlassener Sexualstraftäter, mit dem Laura ins Gespräch kommt.
Dem Prinzip des Domino-Effekts folgend, zieht Fernando Meirelles („City of
God“, „Der ewige Gärtner“) die Handlungsstränge noch über Paris und Rio,
Bratislava und Phoenix, bevor sie in unerwarteter Weise in Wien zusammenlaufen. Dabei ist ihm zusammen mit Autor Morgan ein interessanter
Kommentar auf zeitgenössische Beziehungsprobleme und menschliche
Schwächen gelungen. Die komplexe Struktur, die er dabei gewählt hat, ist
mehr als nur ein Episodenfilm, sondern steht in einer Reihe mit Globalisierungsdramen wie „Babel“, „Syriana“ oder auch dem ausgezeichneten
„L.A. Crash“ und stellt einen weiteren Versuch dar, ein für das 21. Jahrhundert so bezeichnendes Lebensgefühl auf den Punkt zu bringen: Räumliche und zeitliche Grenzen sind zunehmend unklarer geworden, globale
Finanztransaktionen lassen nationale Gefüge einstürzen, durch technische
Neuentwicklungen sind wir in der Lage, früher undenkbare Relationen einzugehen. Stellenweise verliert sich Meirelles ein wenig in der Vielzahl an
Geschichten, die gelegentlich nicht komplett ausgeführt werden, da sich,
durch interessante Split-Screen-Konstruktionen, bereits der Übergang zum
nächsten Schicksal ankündigt. Dennoch ist „360“ ein bewegendes und
schauspielerisch beeindruckendes Mosaik, das Fernando Meirelles Ausnahmetalent ein weiteres Mal unter Beweis stellt.
SILVIA BAHL
360
GB/A/BRA/F 2011 - Drama - Regie: Fernando Meirelles - Kamera: Adriano Goldman mit: Sir Anthony Hopkins, Jude Law, Rachel Weisz - Verleih: Prokino
Start: 16.8.
BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater
Flucht nach vorn
„Louisa“ im Kino im U Dortmund
Dortmund, 28. Juni – „Nur Mut, fragen
Sie!“ fordert Louisa Pethke die ZuschauerInnen im Kino im U immer wieder freundlich nach der Filmführung von „Louisa“ auf.
Sie macht diese Aufmunterung in Gebärdensprache, eine Dolmetscherin übersetzt
ins Mikrofon für das hörende Publikum,
das tatsächlich viel nachfragt. In dem
L. Pethke im Filmgespräch auf Gebärden- Dokumentarfilm begleitet ihre Schwester
sprache, Foto: B. Schiel
Katharina Pethke die junge Frau mit der
Kamera für die Abschlussarbeit an der KHM Köln. Entstanden ist ein intensives
Portrait einer Emanzipation. Zentrales Thema des Films und auch des Publikumsgesprächs ist Louisas Entscheidung, als Gehörlose nicht mehr immer lautsprachlich zu reden, sondern sich lieber in Gebärdensprache zu verständigen.
„Work hard – play hard“ im Endstation Bochum
Bochum, 28. Juni – Propagierte die Bochumer Band „Die Kassierer“ wenige Wochen vor Vorführung der Dokumentation
„Work hard – play hard“ nebenan noch
„Arbeit ist Scheiße!“, war die Quintessenz
des Filmabends zumindest, dass unsere
moderne Arbeitswelt bestenfalls schädlich für den Einzelnen sei. Regisseurin
Ausgiebige Diskussion über den Umgang Carmen Losmann erklärte im anschliemit der neuen Arbeitswelt, Foto: L. Mertens
ßenden Filmgespräch, dass sie bewusst
eine sehr ästhetisierende Form gewählt habe, um eine „schöne, neue (Arbeits-)
Welt zu generieren, die sich ohne eine Stimme aus dem Off selbst demontiert“.
Die Zuschauer waren schockiert über selbst entlarvende Begrifflichkeiten der
Managements wie „positiver Leidensdruck“ und diskutierten hitzig, ob und in
wieweit die Ausbeutung der Individualität sich allein auf das Heute bezieht.
www
„Bis zum Horizont, dann links“ in der Lichtburg
Essen, 5. Juli – Bernd Böhlich konnte für
seine melancholische Komödie um eine
Gruppe von flüchtigen Senioren ein hochkarätiges Ensemble verpflichten. Neben
Herbert Feuerstein, Monika Lennartz, Robert Stadlober und Anna Mühe u.a. sorgen
vor allem zwei Schauspiel-Legenden für
vergnügliche eineinhalb Stunden: Otto
Zurückhaltend, aber fröhlich: Angelica Sander und Angelica Domröse. Letztere
Domröse auf der Bühne der Lichtburg
Foto: A. Thiemer war gemeinsam mit dem Regisseur, der
Produzentin und Torsten Frehse vom Neue
Visionen Filmverleih zur Premiere ihres ersten Kinofilms nach fast zehn Jahren
ins Ruhrgebiet gekommen. Und die wunderschöne Lichtburg bot ihren Premierengästen einen entsprechend feierlichen Empfang. Auf roten Teppich und
Sektempfang folgte dann ein Film, in dem die Bewohner eines Altenheims noch
einmal den Aufbruch ins Ungewisse wagen.
BETTY SCHIEL/ LISA MERTENS/ ANN KATRIN THÖLE
trailer verlost 3x2 Karten.
E-Mail bis 10.8. an [email protected], Kennwort: „360“
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
Nach langer Zeit wieder im Kino: die großartige Angelica Domröse neben Regisseur Bernd Böhlich,
Foto: A. Thiemer
Lesen Sie auch die Langfassungen unter www.trailer-ruhr.de/foyer
25
Foyer
Nachrichten aus der Kino-Welt
Hintergrund
Optisch beeindruckend: Bagan in Myanmar
Weltreise
„Samsara” von Ron Fricke
Ein Bilderfänger reist rund um den Globus, spiegelt das Schöne, das Erhabene, das Gemeine.
Visuell beeindruckendes Kaleidoskop unserer Welt
Ron Fricke begab sich bereits 1982 als Kameramann für Godfrey Reggios
„Koyaanisqatsi“ auf die Suche nach eindrucksvollen bewegten Bildern von
unserer Mutter Erde, die kunstvoll und kommentarlos, unterlegt von der
hypnotischen Musik von Philip Glass, miteinander verwoben wurden. Eine
zeitgenössische, meditative Montage, die die Spuren des Ursprungs mit den
absurden Auswüchsen des Fortschritts kontrastierte. 1992 führte Fricke
Regie bei „Baraka“. Ein ähnliches Konzept, allerdings mit radikaleren Nuancen. So ließ Fricke auch historische Aufnahmen aus Konzentrationslagern
einfließen. Den Blick auf Ursprung, Natur und die menschlichen Einflüsse
in Sachen Industrialisierung und Urbanisierung ergänzte er durch Szenen
des Unmenschlichen.
Nun hat Ron Fricke die Erde erneut bereist, „Samsara“ bildet das Ergebnis
einer fünfjährigen Tour durch 25 Länder. Dem Konzept von „Baraka“ bleibt
er treu: Aufnahmen ergreifender Schönheit werden irgendwann hässlich
von den kranken Auswüchsen unserer Zivilisation gebrochen. Fricke konfrontiert uns mit Einblicken in die Massentierhaltung und -schlachtung
oder in unmenschliche Arbeitsbedingungen. So erhält dieser sinnliche Trip
irgendwann einen Beigeschmack, entfernt sich vom reinen Wundern und
Staunen und wird sehr destruktiv für eine „geführte Meditation“, als die
Fricke sein Werk verstanden haben will. Hinzu kommt, dass in diesem Werk
die Ästhetik im Mittelpunkt steht, die Suche nach dem perfekten Bild. Dies
bedingt ein Problem, sobald der Film Missstände anstößt. Das Konzept, das
anfangs augenscheinlich auf Erhabenheit ausgerichtet ist und die Wohlstandswelt allenfalls über Massenphänomene in Totalen und Zeitraffer iro-
nisiert, bekommt Risse, moralisiert und dämonisiert. Man ahnt, dass Fricke
bloß allumfassend abbilden möchte, doch wenn er schockiert, entsteht ein
emotionales Rhythmusproblem, das auch die folkloristisch angehauchte
New-Age-Weltmusik nicht kitten kann. In einem kommentarlosen Stückwerk wie diesem können Bilder des Schocks und der Verstörung in ein Opus
mit 100 Zeigefingern ohne Aussagekraft münden.
Andererseits ist Ron Fricke vermutlich gar nicht der Gesellschaftskritiker,
den man hinter seinem Medley an Impressionen vermuten mag. Vielleicht
ist er nur ein Sammler von Eindrücken, der optisch begeistern will. Und er
begeistert optisch! Die Einblicke in menschliche Abgründe erscheinen nur
sporadisch, ansonsten sind die Bilder, die er mit seiner 70 mm-Kamera
einfängt, die Perspektiven, Kompositionen, die Zeitrafferaufnahmen, Massenszenen und Stillleben schlichtweg betörend. Fricke betrachtet seinen
Film als Kunstwerk, „und wie jedes andere Kunstwerk auch kann man den
Film nicht auf eine schlichte ‚Message‘ vereinfachen“. Unterm Strich bleibt
ein visueller Trip durch Zivilisation, Religion, Massen, Fortschritt, Elend,
Schöpfung, Zerstörung, Kreativität, Perversion, Geist, menschliches und
Naturschauspiel. Nicht weniger, und doch mehr.
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HARTMUT ERNST
SAMSARA
Internationales Film Festival Dublin: Preis der Filmkritik
USA 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Ron Fricke - Kamera: Ron Fricke Verleih: Busch Media
Start: 23.8.
SAMSARA – Am Rande
Ein außergewöhnlicher Film erfordert außergewöhnliche Technik. Viele professionelle Fotografen schwören auf Mittelformatkameras, deren Negativfläche größer ist als die der herkömmlichen Kleinbildkameras, daher mehr
Informationen speichern und im Allgemeinen detailreichere und brillantere
Resultate hervorbringen. Fotografen verstehen sich immerhin nicht selten
als Künstler. Und auch Ron Fricke sieht sein neuestes Werk „Samsara“ ja als
Kunstwerk, das in erster Linie visuell Maßstäbe setzen will. Das schafft Fricke
auch über technische Parameter. Statt, wie heute üblich, auf 35-mm-Filmen
zu drehen, entschied er sich für einen 70-mm-Film, also ein Breitfilmformat,
mit dem inzwischen nur noch selten gearbeitet wird. Vor allem zwischen den
50er und 70er Jahren kam das Format zum Einsatz, u. a. bei „Ben Hur“ (1959),
Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait …
„West Side Story“ (1960), oder „2001: A Space Odyssey“ (1968). Neben dem
Vorgänger „Baraka“ zählt „Samsara“ also gerade einmal zu einer Handvoll
Langfilmen, die innerhalb der letzten 40 Jahre in diesem Format gedreht wurden. Das umfangreiche Ausgangsmaterial zu digitalisieren, das mit 70 mm
immerhin doppelt so viel Fläche bietet wie die üblichen 35-mm-Aufnahmen,
war ein langwieriger Prozess – am Ende sahen sich die Macher 20 Terabyte
Filmmaterial gegenüber. Doch der Aufwand dürfte sich gelohnt haben. Das
Breitfilmformat bietet nach wie vor herausragende Projektionsqualität, die
sicherlich dazu beiträgt, dass „Samsara“ seine intendierte Wirkung nicht verfehlt: Ein optisches Erlebnis, das in seiner lebhaften Ästhetik berauscht
MAREN LUPBERGER
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Neue Filme
David (Patrick Huard) übt schon mal für seine neue Rolle
Die Stimmung steigt, und bald kippt sie
Plötzlich Vater
Schlagabtausch der Eitelkeiten
„Starbuck“ von Ken Scott
„Der Vorname“ von Bernard Murat
David hat als junger Mann fleißig Sperma gespendet – rund 20 Jahre später erfährt er,
dass daraus 533 Kinder entstanden sind.
C Modernes Großstadtmärchen
Fünf wohlsituierte Zeitgenossen liefern sich einen aufreibenden Schlagabtausch
im bürgerlichen Wohnzimmer.
C Bissiges Kammerspiel
Man mag sich gar nicht ausmalen, was Hollywood aus dieser schlüpfrigen
Idee gemacht hätte, die solch ein enormes Fremdschämpotenzial bietet.
Aber in den Händen des kanadischen Independentfilmers Ken Scott ist daraus
ein überaus liebenswertes Großstadtmärchen mit sympathischen Figuren geworden. Der von Patrick Huard mit verschmitztem Lächeln angelegte David wird
plötzlich in eine Verantwortung getrieben, vor der er sich ein Leben lang gedrückt hat. Die Wandlung, die er durchläuft, kommt allen Beteiligten zugute.
Und das Publikum wird dabei gut unterhalten.
FRANK BRENNER
Vincent ist Immobilienmakler und Zyniker — jetzt wird er Vater. Bei einem
Dinner bei seiner Schwester, an dem auch Vincents Frau, sein Schwager
und Jugendfreund Claude teilnehmen, kommt es bei der Diskussion über
den Vornamen des Babys zum großen Streit. Weitere, über die Jahre schwelende Konflikte brechen auf, Geheimnisse werden gelüftet, am Ende stehen
die fünf Erwachsenen vor einem Scherbenhaufen. Ein Kammerspiel, das
dem zeitgenössischen Bürgertum den Spiegel vorhält und das somit an
Polanskis „Der Gott des Gemetzels“ erinnert. „Der Vorname“ stolpert gelegentlich inhaltlich, ist mal anregend, mal trivial, mal wirkt er konstruiert.
Inszenatorisch aber ist das Drama rundum gelungen, darstellerisch trefflich besetzt.
HARTMUT ERNST
STARBUCK
Valladolid 2011: Preis für den besten Nachwuchsregisseur
CDN 2011 - Komödie - Regie: Ken Scott - Kamera: Pierre Gill - mit: Patrick Huard,
Julie LeBreton, Antoine Bertrand - Verleih: Ascot Elite
Start: 16.8.
BO: Metropolis/Casablanca, Union, DO: Cinestar, E: Filmkunsttheater, GE: Apollo
trailer verlost 3x2 Karten.
E-Mail bis 10.8. an [email protected], Kennwort: „Starbuck“
DER VORNAME
F/B 2012 - Komödie - Regie: Bernard Murat - Kamera: David Ungaro - mit: Patrick Bruel,
Valérie Benguigui - Verleih: Warner
Start: 2.8.
BO: Union, E: Filmkunsttheater, OB: Lichtburg
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Die Utensilien of Hoodoo
Das Schwein bringt den Fischer in eine missliche Lage
Rituale im Alltag
Unrein
„The United States of Hoodoo“ von Oliver Hardt
„Das Schwein von Gaza“ von Sylvain Estibal
Eine Reise zu den spirituellen Enklaven afroamerikanischer und indianischer Kultur
in den USA.
C Ethnografisches Roadmovie
Einem palästinensischen Fischer geht ein Schwein ins Netz. Wohin mit dem unreinen
Tier?
C Satirische Komödie
Der afroamerikanische Schriftsteller Darius James („Negrophobia“) begibt sich
auf eine Reise durch die USA, um Verbindungslinien zum Voodoo zu orten und
deren popkulturelle Durchdringung im Hoodoo. Die Entdeckungsreise führt ihn
von intellektuellen Gesprächen an der Ostküste bis in den tiefen Süden nach
New Orleans – zum Blues, wo spirituelle Rituale im Alltag zu finden sind.
Regisseur Oliver Hardt, der neben James auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, begleitet seinen Co-Autoren mit schön gefilmtem Bildmaterial
durch das Land und zeichnet die Gespräche auf, die er führt. Artho Lindsay hat
den leicht tribalistischen Soundtrack gemacht.
Es waren einmal ein glückloser Fischer (Sasson Gabai) und seine Frau. Mit
der Fischerei lief es nicht gut. Eines Tages aber geht ihm ein Schwein ins
Netz. Nun gelten diese Tiere am Gazastreifen sowohl auf israelischer als
auch auf palästinensischer Seite als unrein. Der Fischer wird das Schwein
nicht los. Also versucht er, spitzbübisch wie er ist, aus der misslichen Lage
Profit zu schlagen. Der Film ist ein amüsanter, satirisch angehauchter Schildbürgerstreich, ein Märchen, aber damit nicht automatisch verklärt. Vielmehr eine Komödie, die sich dem politischen Konflikt mit Leichtigkeit und
Optimismus annähert und darlegt, dass diese Annäherung an die Tragik
nicht nur legitim, sondern ein kluger Weg sein kann.
HARTMUT ERNST
CHRISTIAN MEYER
THE UNITED STATES OF HOODOO
DAS SCHWEIN VON GAZA
D 2010 - Dokumentarfilm - Regie: Oliver Hardt - Kamera: Harald Schmuck
Verleih: RealFiction
Start: 26.7.
César 2012: Bestes Debüt
F/D/B 2011 - Komödie - Regie: Sylvain Estibal - Kamera: Romain Winding - mit:
Sasson Gabai, Baya Belal, Myriam Tekaïa - Verleih: Alamode
Start: 2.8.
BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater
DO: Cinestar
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
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www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
Roter
Roter Teppich
Teppich
Nachdenken über ein Leben als Stripper: Channing Tatum in „Magic Mike“
„Ich wollte auf die dunkle Seite des Mondes gelangen“
Channing Tatum über „Magic Mike“, seine Vergangenheit als Stripper und seine jüngsten Karrieresprünge
1980 wurde Channing Tatum in Alabama Aussehen beurteilt, genau wie Stripper. Wie
geboren. Als Achtzehnjähriger verdiente er fühlt sich das denn an?
sich seinen Lebensunterhalt als Stripper in Unser Film soll doch einfach nur Spaß machen,
Tampa, Florida. Über diese Erfahrungen hat wir wollten damit das Rad nicht neu erfinden.
er zusammen mit Steven Soderbergh den Frauen werden doch schon seit Ewigkeiten zu
Objekten degradiert, wir wollten
Film „Magic Mike“ gedreht,
der nun in den Kinos anläuft. „Man kann als Stripper leicht da einfach mal einen anderen
Tatum ist mittlerweile durch auf die schiefe Bahn geraten“ Aspekt ins Spiel bringen. Aber
als Schauspieler fühle ich mich
Filme wie „G.I. Joe – Geheimakte Cobra“, „Für immer Liebe“ oder keineswegs zum Objekt degradiert, ich liebe meidas Filmrevival der Johnny-Depp-Serie „21 ne Arbeit wirklich.
Jump Street“ zu einem der kassenträchHatten Sie also nie den Eindruck, Sie müssten
tigsten Stars in Hollywood aufgestiegen.
in einem Film Ihr Hemd nur deswegen auszietrailer: Mr. Tatum, der Film spielt in Ybor, hen, weil die Zielgruppe Sie so sehen möchte?
Tampa, einem der Hot Spots für schwules Wenn es im Drehbuch steht und sinnvoll ist,
Nachtclubentertainment. Als Sie selbst dort dass ich das Hemd ausziehe, dann mache ich
aufgetreten sind, war das tatsächlich vor das auch. Das stößt mir nicht sauer auf. Wenn
die Handlung an einem Strand spielt, würde man
einem rein weiblichen Publikum?
Channing Tatum: Ja. Es gibt in ganz Florida eine dort ja auch nicht mit einem hochgeschlossenen
Menge Clubs und Bars für eine schwule Klientel, Anzug auftauchen.
besonders in Ybor, aber wir sind dort vor einem
ausschließlich weiblichen Publikum aufgetreten. Hat das Strippen damals Ihren Charakter verEinige der Stripper sind auch als Go-Go-Tänzer ändert, haben Sie dabei etwas gelernt?
in den schwulen Clubs aufgetreten. Das war Ich habe gelernt, dass man dabei leicht auf die
dann kein Strippen oder revueartiger Auftritt, schiefe Bahn geraten kann. In Wirklichkeit ist
sondern das übliche Vortanzen an exponierten das ein düsteres Metier, das wir im Film weniger
Stellen. So etwas habe ich nie gemacht. Nicht, düster dargestellt haben, als es tatsächlich ist.
dass ich etwas dagegen hätte, es hat sich nur Ich war achtzehn, neunzehn Jahre alt und total
verrückt, suchte nach einem Kaninchenloch, in
nie ergeben.
das ich hineinspringen konnte, um sozusagen auf
Wie seltsam ist es, im Stringtanga zu drehen? die dunkle Seite des Mondes zu gelangen. Und
Das ist sehr seltsam, besonders für einen Kerl. ich habe eines gefunden (lacht). Ich wollte in eiEs war wirklich äußerst befremdlich für mich, ner Welt aus Sex, Drugs und Rock’n’Roll leben.
obwohl ich es ja tatsächlich schon einmal getan Aber ich habe, Gott sei Dank, rechtzeitig den Abhatte. Aber damals war ich wahrscheinlich zu sprung geschafft. Ich hatte weder mit Drogenjung, um die Verrücktheit dahinter zu erkennen. problemen zu kämpfen noch mit ungeplanten
Als Achtzehnjähriger hatte ich einfach meinen Kindern (lacht).
Spaß dabei, aber mittlerweile hatte ich die Zeit,
Wie weit würden Sie hinsichtlich Nacktszedarüber nachzudenken (lacht).
nen vor der Kamera gehen? Könnten Sie sich
Gibt es in den Berufen eines Schauspielers auch echten Sex vor der Kamera wie bei Lars
von Trier vorstellen?
und eines Strippers nicht auch Parallelen?
Außer der Tatsache, dass beide auf einer Bühne Ich glaube nicht, dass ich vor der Kamera echarbeiten, erkenne ich da eigentlich keine Paral- ten Sex haben würde, ich glaube, dass dazu keilelen. Schauspielerei entspricht der Wirklichkeit, nerlei Notwendigkeit besteht. Ich mag generell
das Strippen ist überlebensgroß. Man spielt da- Sexszenen in Filmen nicht besonders. Wenn ich
bei Rollen, die es in der Wirklichkeit meiner Mei- Angelina Jolies Brüste sehe, dann lenken die
mich nur von ihrer Filmfigur ab. Wenn sich zwei
nung nach überhaupt nicht gibt.
Charaktere im Film ineinander verlieben, besteht
Aber Schauspieler werden auch manchmal doch noch lange nicht die Notwendigkeit, dass
zum Objekt degradiert und nur nach ihrem man sieht, wie sie miteinander ins Bett gehen.
www
Mit Filmtrailer, Hintergrund, Interview, Portrait …
28
Ich würde jetzt nicht generell ausschließen, mich
komplett nackt vor der Kamera zu zeigen, aber,
wie gesagt, es müsste schon eine inhaltliche
Notwendigkeit dazu bestehen.
Sie schwimmen derzeit auf einer Erfolgswelle
– fühlt es sich für Sie selbst auch so an, wie
wenn eine neue Phase Ihrer Karriere begonnen hätte?
Es kommt mir tatsächlich ein wenig so vor, als
würde ich gerade in eine neue Phase eintreten
oder mich in eine neue Richtung weiterentwickeln. Vor ungefähr achteinhalb Jahren sagte
mir meine Schauspiellehrerin, dass es zehn Jahre dauern würde, bis ich ein guter Schauspieler
sei. Ich glaube, dass ich so langsam an diesen
Punkt komme. Mit jedem Film glaube ich, besser
zu werden. Am Anfang hatte ich ja auch kaum
irgendwelche Erfahrungen, ich habe das Ganze
während des Filmens gelernt. Heute produziere
ich auch Filme, und erst dabei bekomme ich
nach und nach einen umfassenden Einblick darüber, wie eine Geschichte aufgebaut ist, welche
Funktion meine Figur innerhalb der Geschichte
hat, wie man einen Film plant, und wie man ihn
anschließend verkauft. Mir gefallen all diese
verschiedenen Aspekte des Berufes. Man kann
einen wirklich tollen Film drehen – wenn ihn
anschließend niemand sieht, ist er bedeutungslos, liegt einfach in irgendwelchen Regalen rum.
Deswegen sollte man auch als Schauspieler aktiv
werden, wenn einem etwas an einem Film liegt.
Wenn man Zeit damit verbrachte, ihn zu drehen,
sollte man auch Zeit investieren, die Leute dazu
zu bringen, ihn sich anzuschauen.
Sie sind also Produzent geworden, um Ihre Figuren und die Arbeit des Regisseurs vor dem
Studio zu schützen?
Ja, diese Punkte spielen alle mit hinein. Aber ich
liebe auch einfach den Entstehungsprozess eines
Films. Das hat schon bei dem Film „Das Leuchten
der Stille“ angefangen, bei dem ich lediglich als
Schauspieler involviert war. Aber ich habe mitgeholfen, den Drehbuchautoren zu finden und
gemeinsam im Team die Geschichte in die richtigen Bahnen zu lenken.
INTERVIEW: FRANK BRENNER
Lesen Sie die Langfassung unter:
www.trailer-ruhr.de/roter-teppich
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
„G E R M A N Y ‘S N E X T
Neue Filme
KIN OW UND ER !“
Mike (Channing Tatum) und sein Boss Dallas (Matthew McConaughey) haben Stress
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KINO-ZEIT.DE
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Es regnet Stripper
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„Magic Mike“ von Steven Soderbergh
Adam sucht einen Job und landet über Mike in einem Strip-Club. Dort tanzt er für die
Frauen im Publikum und findet Gefallen daran. Mike hingegen will aussteigen.
C Realistisches Drama über männliche Stripper
Soderbergh hält sich gerne am Independent-Rand von Hollywood auf, und das
auf sehr raffinierte Art. Das Szenario schielt auf Scharen von weiblichen Kegelclubs und Junggesellinnenabschiedstrupps. Zugleich stülpt Soderbergh mit seinen männlichen Strippern Geschlechterklischees ein wenig um. Wenn Channing Tatum, der selbst mal Stripper war, zu „It's raining Men“ im Dubstep-Mix
sein Becken schüttelt, ist das wunderbar albern. Daneben erzählt der Film eine
recht konventionelle, aber berührende Geschichte. Die visualisiert Soderbergh
anders als die perfekt glänzenden Tanzszenen weich und in zarten Brauntönen.
Dass der Regisseur, der auch für Kamera und Schnitt verantwortlich zeichnet,
durch und durch Ästhet ist, zeigt sich in jeder Einstellung. CHRISTIAN MEYER
VATER
UND
VON
1 42
5 3 3 KINDERN
WOLLE
DLICH
KENNENLERNEN!
MAGIC MIKE
USA 2012 - Komödie - Regie: Steven Soderbergh - mit: Matthew McConaughey,
Channing Tatum, Olivia Munn - Verleih: Concorde
Start: 16.8.
BO: UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo,
HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion
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Die Marilyn von Mouthe im Schnee
Twin Peaks à la Français
„Who killed Marilyn?“ von Gérald Hustache-Mathieu
Ein Starlett stirbt, die Gemeinde schweigt, ein Fremder wird zu neugierig.
C Unterhaltsam-absurd erzählter Krimi
Als Krimi-Autor David Rousseau (Jean-Paul Rouve) wegen einer Erbschaft
im verschneiten, französischen Mouthe landet, gerät er in einen mysteriösen Mordfall. Die Dorfschönheit wird tot aufgefunden. Rousseau entdeckt
hinter dem Fall Inspiration für seinen nächsten Roman, der Polizeichef
jedoch sieht es gar nicht gern, dass der Fremde recherchiert. Eine hübsche
Tote, verschwundene Tagebücher, geheimnisvolle Ziffern, absurde Typen
und trügerische Natur-Idylle: Gérald Hustache-Mathieu entwirft ein winterliches „Twin Peaks“. Dabei bleibt er aber, nicht zuletzt mit Referenzen zu
Marilyn Monroe und ausgebremsten Coversongs, eigensinnig genug, um
als originell durchzugehen. Absurd, spannend, berührend, erfrischend.
HARTMUT ERNST
WHO KILLED MARILYN?
F 2011 - Komödie - Regie: Gérald Hustache-Mathieu - Kamera: Pierre Cottereau - mit:
Jean-Paul Rouve, Sophie Quinton, G. Gouix - Verleih: Koch Media
Start: 2.8.
BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
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Gespräch zum Film
Neue Filme
Regisseur Marten Persiel
„Ich wollte den als Held“
Regisseur Marten Persiel über sein Filmdebüt „This ain‘t California“
Marten Persiel, Jahrgang ’74, studierte an der HfBK in Hamburg Dokumentarfilm, in Portsmouth Mixed Media Art und in London Regie. Er
drehte in verschiedenen Ländern Werbefilme, Musikvideos und Dokumentationen. 2008 kehrte er für seinen ersten Kinofilm „This ain‘t California“
nach Deutschland zurück.
trailer: Herr Persiel, wie sind Sie auf das Thema Skaten in der DDR gekommen?
Marten Persiel: Seit ich acht bin, fahre ich Skateboard, dadurch ist die Geschichte auch zum großen Teil meine Geschichte des Aufwachsens. Vor drei
Jahren waren wir in Berlin skaten, und an der Schräge des Fernsehturms haben wir gedacht, eigentlich muss das hier im Osten doch perfekt gewesen sein
zum Skaten. Ich wollte dann eine Komödie daraus machen, in der es plötzlich
Skateboarder im Osten gibt. Bei der Recherche habe ich aber tatsächlich einige
gefunden, die damals gefahren sind, und dann gemerkt, dass das keine Komödie
sein sollte, weil es eine ganz tolle Geschichte ist, die noch nicht erzählt wurde.
Warum haben Sie sich entschieden, Fiktionales in den Film zu nehmen?
Wir haben zum Beispiel bei der Hauptfigur „Panik“ Ecken abgerundet und Sachen nicht erzählt. Ich wollte den als Held haben, wenn man aber alles erzählt hätte, was der damals und auch später noch gemacht hat, dann wäre das
sehr zweifelhaft. Wir nennen das „dokumentarisches Erzählen“ im Gegensatz
zu einer Reportage. Wir wollten vor allem eine gute Erzählung machen mit
Spannungsbogen und Figuren, die soweit ausgeschnitzt sind, dass sie für etwas
stehen. Ich habe eigentlich wie ein Spielfilmregisseur gehandelt. Das ist kein
Film für Leute, die sich informieren wollen, das ist ein Film für Leute, die verstehen wollen, wie sich das angefühlt hat. All diejenigen, die damals dabei waren,
sagen, der Film stellt das genauso dar, wie es war. Und dass es zum Glück kein
geradliniger, regelgetreuer Film sei, denn darum könne es schon mal gar nicht
gehen, wenn es um sie geht. Das ist das Hauptargument, wenn mir ein Dokumentarfilmpurist sagt, das könnt ihr alles nicht machen.
Hat Sie die Skate-Doku „Dogtown & Z Boys“ von Stacy Peralta beeinflusst?
Nicht nur der Film, sondern alles, was Peralta gemacht hat. Der hat ja schon
vorher Skatevideos gedreht, und die habe ich schon ganz früh gesehen. Der hat
einen ganz bestimmten Humor, der nichts ernst nimmt und alles ineinanderschmeißt. Der hat auch den Ansatz, alles möglichst fett zu machen, was ja auch
nicht gerade einer Dokumentarfilmethik entspricht.
Wie geht es mit dem Film jetzt weiter?
Der Festivalerfolg ist unglaublich, jetzt hoffen wir auf einen Kinoerfolg. Viele
Leute – auch ich – sind ja noch nicht bezahlt. Das war für viele von uns der erste
Langfilm, und ich habe viel dabei gelernt. Vorher habe ich zehn Jahre Werbung
gemacht, das war jetzt das erste Mal, dass das Geld überhaupt nicht stimmte
und alles schwierig war. Mit dem Ergebnis, dass ich wieder zu schätzen weiß,
wie das ist, wenn Leute einem vertrauen und Sachen in die Hand geben, damit
man arbeiten kann. Man sollte in der Filmwirtschaft, aber auch im Leben insgesamt, den Leuten, die etwas anderes machen wollen, mehr Vertrauen geben. In
Deutschland hat in der Kultur alles so sehr seinen Platz gefunden, dass es echt
schön ist, wenn es mal anders läuft und totale Newcomer eine Chance kriegen.
INTERVIEW: CHRISTIAN MEYER
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
Panik in der DDR
Subversive Kraft
„This ain't California“ von Marten Persiel
Auf dem Alexanderplatz bildet sich Mitte der 80er Jahre eine Skaterszene. 'Panik' ist
einer der wagemutigsten Fahrer. Auch zwischenmenschlich neigt er zum Extrem und
legt sich gerne mit der Staatsmacht der DDR an.
C Dokumentarischer Spielfilm über die Skaterszene in der DDR
Zu Beginn erfährt man, dass der Vater von einem der Jungs gute Westkontakte
hatte und immer an Filmmaterial kam. Wir sehen also recht lückenlos die
Entstehung der Skaterszene bis zum Ende der DDR. In wunderbar atmosphärischen Bildern erleben wir das erste Ausprobieren der Tricks, das Werkeln an den
Boards Marke Eigenbau, die wilden Parties und den Konflikt mit der Staatsmacht. Dass dann am Ende nicht jedes Gesicht zur historischen Person gehört,
und nicht jede Filmszene aus den 80ern ist, sondern für den Film gedreht wurde
– es macht einen kurz stutzig und wirft Fragen nach der Authentizität auf. Aber
das mitreißende Filmerlebnis und beseelte Gefühl gegenüber der subversiven
Kraft der Jugendkultur kann das nicht dauerhaft stören.
CHRISTIAN MEYER
THIS AIN'T CALIFORNIA
Berlinale 2012: Dialogue en Perspective - D 2012 - Dokumentarfilm
Regie: Marten Persiel - Kamera: Felix Leiberg - Verleih: Farbfilm
BO: Endstation
Start: 16.8.
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Die Großfamilie unter einem Dach – das kracht
Sommerleicht
„Familientreffen mit Hindernissen“ von Julie Delpy
Julie Delpy lädt ein zu einem tragikomischen Sommertag auf dem Lande, ein
Familientreffen.
C Beschwingte, idyllische Komödie
Die Bretagne im Sommer 1979: Die Großfamilie trifft sich – Oma, Opa, Eltern,
Enkel. Ein großes, buntes Potpourri, so unterschiedlich, mitunter zerstritten
– und zugleich geeint über das Band der Familie. Äußerst charmant führt
Delpy durch einen Tag und eine Nacht, trifft dabei das Zeitkolorit, dass man
aus dem Schmunzeln nicht herauskommt, und findet dazu hinreißend idyllische Bilder und Momente. Die Leichtigkeit fängt sogar den Umstand auf, dass
beinahe ununterbrochen geredet wird. Aber das wissen die Franzosen ja
schon immer unangestrengt zu inszenieren. Regisseurin Delpy gibt sich hier
merklich geistreicher als mit ihrem vergleichsweise plumpen „2 Tage New
York“. Die Französin gehört eben einfach nach Frankreich. HARTMUT ERNST
FAMILIENTREFFEN MIT HINDERNISSEN
F 2011 - Komödie / Drama - Regie: Julie Delpy - Kamera: Lubomir Bakchev
mit: Lou Alvarez, Julie Delpy, Eric Elmosnino - Verleih: NFP
Start: 9.8.
BO: Metropolis/Casablanca, E: Filmkunsttheater
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culture club
präsentiert: Kino-Café
Viktor und Didi streunen umher
Fragile Fremde
„Miss Kicki“ von Håkon Liu
Miss Kicki und Viktor erleben eine interkulturelle Mutter-Sohn-Geschichte der besonderen Art, untermalt von einem stimmungsvollen Soundtrack.
C Leises Familiendrama
Miss Kicki (Pernilla August) kehrt nach langem Aufenthalt in den USA in ihre
Heimat Schweden zurück, wo sie ihren 16jährigen Sohn Viktor zurückgelassen
hat. Sie schlägt dem Jugendlichen, der bei seiner Großmutter aufwuchs, eine
Reise nach Taiwan vor, um sich wieder anzunähern, verschweigt ihm jedoch
ihre wahre Motivation. Die unglückliche Miss Kicki setzt nämlich all ihre
Hoffnung in die Beziehung zu dem taiwanesischen Geschäftsmann Chang.
In Taipei lernt der Sohn den jungen Didi kennen. Zwischen den beiden entwickelt sich langsam eine zaghafte Romanze. Doch Didi steckt in Schwierigkeiten. Håkon Liu entwickelt in ruhigem Erzählfluss und eindringlichen
Bildern eine emotional dichte Geschichte von enttäuschten Hoffnungen,
Einsamkeit und den Möglichkeiten neuer Begegnungen.
SILVIA BAHL
MISS KICKI
S/TW 2009 - Drama - Regie: Håkon Liu - Kamera: Ari Willey - mit: Pernilla August,
Ludwig Palmell, He River Huang - Verleih: Barnsteiner
Start: 26.7.
BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar
culture club
präsentiert: Open-Air-Kino
BEST EXOTIC
MARIGOLD HOTEL
SCHLOSS STRÜNKEDE
Eine Gruppe britischer Senioren reist aus den
verschiedensten Gründen nach Indien, um
dort den Lebensabend zu genießen. Zunächst
voller Vorfreude, müssen sie bald feststellen,
dass das Marigold Hotel, ein einstiger Palast,
seine besten Tage schon weit hinter sich hat.
Obwohl das neue Heim nicht den Erwartungen entspricht, entdecken die rüstigen
Rentner, dass das Leben immer wieder neue
Überraschungen parat hält.
Vom 15. bis 18.8. findet im romantischen Innenhof von Schloss Strünkede
wieder das Herner Open-Air-Kino statt.
Auf dem Programm stehen „The Best
Exotic Marigold Hotel“ (15.8.), „Ice Age
4“ (16.8.), „Fast verheiratet“ (17.8.) und
„Ziemlich beste Freunde“ (18.8.). Einlass
ist jeweils ab 19.30 Uhr, zum Film werden leckere Brat- und Currywürste sowie
Kinoknabbereien und Getränke kredenzt.
UCI Kinowelt Ruhr Park
Am Einkaufszentrum,
Bochum | Karten 0234 239 02 34
UCI Kinowelt Duisburg
Neudorfer Straße 36-40 | Karten 0203 301 91 91
Open-Air-Kino auf Schloss Strünkede
Karl-Brandt-Weg 5, Herne.
Karten: (023 23) 14 777-0
trailer verlost 3x2 Karten
E-Mail bis 30.8.an
[email protected], Kennwort: „Marigold Bochum“ oder „Marigold Duisburg“
Mi, 5.9. 14.30 Uhr
trailer verlost für alle vier Abende jeweils
3x2 Karten E-Mail an bis 10.8.
[email protected], Kennwort:
Strünkede (plus jeweiliger Filmtitel)
15.-18.8. 19.30 Uhr
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Der Vater beäugt seinen Erben
Merida trainiert mit ihrem Papa, die Mama ist nicht begeistert
Verhext
Kochkunst
„Merida – Legende der Highlands“ von M. Andrews u. Br. Chapman
„Entre les Bras – 3 Sterne. 2 Generationen. 1 Küche.“ von Paul Lacoste
Eine junge Prinzessin ist lieber Raufbold und kommt den Plänen ihrer Eltern in die
Quere.
C Prinzessinnen-Märchen von Pixar
Aus Altersgründen muss ein berühmter Koch sein Restaurant an den Sohn abgeben.
Die Kamera begleitet die beiden.
C Doku über zwei beseelte Köche
Vorbildfunktion, Pflichten und Etikette bestimmen das langweilige Leben der
kleinen, rebellischen Schottenprinzessin Merida. Als ihre Eltern eines Tages
drei blöde Prinzen auffahren, die beim Bogenschießen um ihre Hand werben
sollen, platzt dem Mädchen der Kragen: Sie wendet sich an eine Hexe, die
ihre strenge Mutter zur Vernunft zaubern soll. Schon bald bereut Merida den
Schritt – zu spät. Der neue Pixarfilm braucht ein wenig Zeit, bis er in die Gänge kommt. Doch spätestens mit dem Besuch im Hexenhaus bekommen Groß
und Klein wieder bewährte Pixel-Qualität vorgesetzt. Passend zum Film gibt
es in der Kunst- und Ausstellungshalle in Bonn übrigens eine Ausstellung zum
25-jährigen Jubiläum des Trickfilmstudios Pixar.
HARTMUT ERNST
Michel Bras ist in Frankreich als Drei-Sterne-Koch eine lebende Legende. Die
Dokumentation begleitet den Familienvater bei der Arbeit, in der Freizeit und
mit seiner Familie. Zugleich richtet der Film den Fokus auf seinen Sohn, der
das Talent des Vaters geerbt hat, das Restaurant übernimmt und die Kunst des
Kochens in die neue Generation überführt. Ein Film nicht nur über die
Kunstfertigkeit des Kochens und über das Loslassen von einer lebenslangen
Leidenschaft, sondern ebenso ein Portrait über die, mitunter widerborstige,
Liebe zwischen Vater und Sohn, die sich, beide naturverbunden und gleichermaßen verschlossen, vor der Kamera öffnen. Ein Fünf-Sterne-Film in vier Gängen, schmackhaft, appetitlich und anregend angerichtet. HARTMUT ERNST
MERIDA – LEGENDE DER HIGHLANDS
ENTRE LES BRAS – 3 STERNE. 2 GENERATIONEN. 1 KÜCHE
USA 2012 - Trickfilm - Regie: Mark Andrews, Brenda Chapman - Kamera:
Robert Anderson - Verleih: Disney
Start: 2.8.
BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, Schauburg,
HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg
F 2011 - Dokumentarfilm - Regie: Paul Lacoste - Kamera: Yvan Quéhec, R. Carcanade
- mit: Michel Bras, Sebastien Bras - Verleih: mindjazz
Start: 9.8.
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E: Filmkunsttheater
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
Neue Filme
Style wird hier groß geschrieben: Johnny Depp als Paul Kemp
Jeff sucht nach Zeichen — und findet sie sogar im Supermarkt
Stylischer Säufer
Lacher ohne Brechstange
„Rum Diary“ von Bruce Robinson
„Jeff, der noch zu Hause lebt“ von Jay und Mark Duplass
Ein amerikanischer Journalist in Puerto Rico zwischen Alkoholsucht, Frauen und
Korruption.
C Hübsch inszenierte Literaturverfilmung
Der Titel sagt bereits das Wichtigste. Daneben sucht der 30-jährige Jeff vor allem nach
Zeichen, die sein Leben lenken könnten. Sein Bruder nimmt alles selber in die Hand, hat
dadurch aber nicht weniger Probleme.
C Sanftmütige Tragikomödie
Der Journalist Paul Kemp landet in Puerto Rico bei einer englischsprachigen
Zeitung. Zwischen durchzechten Nächten und Liebesabenteuern muss sich
Kemp gegen korrupte Machenschaften und die Abwicklung der Zeitung durchschlagen. Dass Regisseur Robinson ebenfalls reiche Erfahrung als Alkoholiker
vorzuweisen hat, müsste ihm zu Gute gekommen sein. Doch seine Verfilmung
des erst in den 90er Jahren erschienenen Frühwerks von Hunter S. Thompson
ist weniger dem Wahnsinn geweiht, als die ebenfalls mit Thompson-Freund
Johnny Depp realisierte Adaption „Fear and Loathing in Las Vegas“, dafür aber
sehr schön bebildert. Dem Film hätten mehr Schmutz und ein rauerer Tonfall
gut getan, aber: Es ist ein ordentlicher Säufer-Film mit einigen tollen Szenen
vor schöner Kulisse geworden.
CHRISTIAN MEYER
Die Brüder Duplass kommen aus der Mumblecore-Bewegung und haben teilimprovisierte Low-Budget Filme mit HD-Camera gemacht, bevor sie ihren
letzten, bereits starbesetzen Film „Cyrus“ größer anlegen konnten. Nun haben
sie mit den Comediens Jason Segel („How I met your mother“) und Ed Helms
(„Hangover“) sowie Susan Sarandon gedreht. Ein überdrehter Komödien-Brüller ist ihr Film trotz der Besetzung nicht, Realismus ist aber auch nur zum Teil
die Grundlage. Zurückhaltend inszeniert, wie beispielsweise „Our Idiot Brother“,
sucht er die Lacher nicht mit der Brechstange, sondern wird im Gegenteil
zunehmend ernster und zeigt gleichermaßen Interesse und Verantwortung
für seine Protagonisten. Am Ende entlässt der Film den Zuschauer vor allem
mit Hoffnung.
CHRISTIAN MEYER
RUM DIARY
USA 2011 - Abenteuer / Drama - Regie: Bruce Robinson - Kamera: Dariusz Wolski mit: Johnny Depp, Aaron Eckhart, Michael Rispoli - Verleih: Wild Bunch Start: 2.8.
BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo,
HE: Filmwelt
JEFF, DER NOCH ZU HAUSE LEBT
USA 2012 - Komödie - Regie: Jay Duplass, Mark Duplass - Kamera: Jas Shelton - mit:
Jason Segel, Ed Helms, Susan Sarandon - Verleih: Paramount
Start: 9.8.
BO: Metropolis/Casablanca, UCI, DO: Cinestar
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Georg (Christian Ulmen) trinkt ein Schlückchen mit dem Papst (Nikolaus Paryla)
Die Mannschaft tappt bei ihrer Suche im Dunkeln
Die heilige Daisy
Schöpfer
„Wer’s glaubt, wird selig“ von Marcus H. Rosenmüller
„Prometheus – Dunkle Zeichen“ von Ridley Scott
Georg möchte die Touristen in sein schneefreies Heimatdorf locken. Warum nicht die
verstorbene Schwiegermutter heilig sprechen lassen?
C Slapstickhafte Religionssatire
Ridley Scott führt uns zurück zum Ursprung und erzählt von Schöpfern, Menschen
und Aliens.
C Mitreißendes Weltraumabenteuer
Marcus H. Rosenmüller („Wer früher stirbt, ist länger tot“) bleibt seinen Lieblingsmotiven treu: bayerische Lebensart, breiter Dialekt, die Bedeutung von
Religion im Allgemeinen und Katholizismus im Besonderen, sowie surreale
Elemente. Im Laufe der letzten sechs Jahre, in denen der Regisseur Filme fast
schon am Fließband drehte, ist er immer publikumswirksamer geworden, worunter die feineren Nuancen mitunter etwas leiden. Auch diese Provinzposse
setzt eher auf bodenständige Slapstickkalauer und Verwechslungskomik. Wer
für diese Art Humor empfänglich ist, wird sicherlich auch hier wieder seinen
Spaß haben, denn Rosenmüller hat zweifellos Talent für Timing sowie einen
rasanten Inszenierungsstil. Und ihm steht ein sichtlich gut aufgelegtes Starensemble zur Seite.
FRANK BRENNER
Ridley Scott übertrifft sich auf seine alten Tage noch einmal selbst: Science
Fiction in betörendem 3D, ein sinnlicher, aufregender, beängstigender Trip durchs
All, ein Prequel, das den Regisseur zurück führt zu „Alien“, mit dem er 1979
Filmgeschichte schrieb. Das Prequel ist im Jahr 2089 und damit etwa 30 Jahre
früher angelegt als das Original: Archäologin Shaw (Noomi Rapace) reist durchs
All, um auf die Schöpfer der Menschheit zu stoßen – und auf die Brut, die eines
Tages der Besatzung der Nostromo die Hölle heiß machen wird. Scott verleiht
seiner Mär neben einer würdigen, zeitgemäßen Fortsetzung auch eine neue
Dimension. Eine filmische Offenbarung, die zugleich nach einer weiteren Fortsetzung schreit.
HARTMUT ERNST
PROMETHEUS – DUNKLE ZEICHEN
WER’S GLAUBT, WIRD SELIG
D 2012 - Komödie - Regie: Marcus H. Rosenmüller - Kamera: Stefan Biebl - mit:
Christian Ulmen, Marie Leuenberger, Nik. Paryla - Verleih: Constantin Start: 16.8.
E: Filmkunsttheater, GE: Apollo, MÜL: Cinemotion
USA 2012 - Science Fiction - Regie: Ridley Scott - Kamera: Dariusz Wolski - mit:
Noomi Rapace, Michael Fassbender, Guy Pearce - Verleih: Fox
Start: 9.8.
BO: Bofimax, UCI, Union, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo, Schauburg,
HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
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Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
culture club
Gangsterduo mit versehentlich geklautem Baby
Wohin mit dem Kind?
„Nachtlärm“ von Christoph Schaub
Ein Baby liefert seinen Eltern schlaflose Nächte und wird unverhofft von einem Gaunerpärchen entführt.
C Komödiantisches Roadmovie
Regisseur Christoph Schaub und Drehbuchautor Martin Suter melden sich
zurück: 2009 brachten die beiden Schweizer erfolgreich „Giulias Verschwinden“ in die Kinos, ein poetisches Drama, in dem Corinna Harfouch eine Frau
spielt, die gerade fünfzig wird und sich nicht mehr von der Umwelt wahrgenommen fühlt. In „Nachtlärm“, dem gemeinsamen neuen Projekt, beschäftigen sich Schaub und Suter nicht mehr mit dem Älterwerden, sondern mit
dem Schicksal eines Pärchens, das dem lautstarken Terror ihres Nachwuchses
ausgesetzt ist – und dabei unorthodoxe Lösungen findet. Von groß zu klein, von
der Unsichtbaren zum Unüberhörbaren - ein merklicher Wechsel.
Der acht Monate alte Tim (Tiziano Jähde) bringt in diesem Film den Stein ins
Rollen, als er mit seinen nächtlichen Schreitiraden erneut seine Eltern Livia
(Alexandra Maria Lara) und Marco (Sebastian Blomberg) dazu zwingt, mitten in der Nacht aus der Wohnung zu fliehen und sich ins Auto zu setzen.
Denn dort, im Auto, surrt der Motor – und das scheint das einzige Geräusch
Di, 14.8. 20 Uhr
zu sein, welches das Baby zur Ruhe bringt. 130 km/h sind seine Einschlafgeschwindigkeit. Vielleicht bieten sie ja damit Lebenshilfe für junge Eltern im
Publikum, wie man den Nachwuchs besänftigt, wenn er des Nachts zum krakelenden Nervtöter mutiert. Autofahren klingt nachvollziehbar und abwegig
zugleich und ist damit trefflich geeignet für ein Roadmovie. In dieser Nacht
aber geht etwas schief: Ein Gauner (Georg Friedrich, „Import – Export“, „Sommer in Orange“) und seine Freundin (Carol Schuler) klauen kurzentschlossen
den Wagen, übersehen dabei allerdings den kleinen Fahrgast. Ein Umstand,
der in einer turbulenten Nacht endet.
Ein Schreikind, zwei gestresste Eltern, zwei unfreiwillige Kindesentführer: Ein
„Roadmovie, in bester alpenländisch-skurriler Tradition“, verspricht der Verleih, worauf auch immer er sich damit beziehen mag. Wie schon „Giulias
Verschwinden“, in der Corianna Harfouch unter anderem Bruno Ganz begegnete, vereint Christoph Schaub auch hier wieder deutschsprachige Darstellergrößen verschiedener Nationalitäten. In diesem Fall ist es die jüngere
Generation: Alexandra Maria Lara („Der Untergang“, „Vom Suchen und Finden der Liebe“, „Rubbeldiekatz“) gilt hierzulande inzwischen als Institution
und darf auch gelegentlich im Ausland mitmischen („Control“). Sebastian
Blomberg fiel erstmals in „Anatomie“ auf, um sich im Laufe der Zeit durch
Filme wie „Alles auf Zucker!“, „Das letzte Schweigen“ oder „Wer wenn nicht
wir“ auch für anspruchsvolles Mainstream-Kino zu qualifizieren. In „Nachtlärm“ finden die zwei Darsteller nun als Elternpaar zusammen. Und wenn
harte Jungs, in diesem Fall der Österreicher Georg Friedrich, unverhofft zum
Babysitter avancieren, birgt das gleichermaßen Lacher und Thrill. Derartige
Begegnungen haben schließlich schon Arnold Schwarzenegger („Der Kindergarten-Cop“) oder Vin Diesel („Der Babynator“) salonfähig gemacht. Nur hatten die nicht auch noch die Eltern im Nacken.
HARTMUT ERNST
NACHTLÄRM
Der Film konnte vor Redaktionsschluss nicht gesehen werden
CH/D 2012 - Komödie - Regie: Christoph Schaub - Kamera: Nikolai von Graevenitz mit: Alexandra M. Lara, Seb. Blomberg, C. Schuler - Verleih: X-Verleih Start: 23.8.
BO: Union, E: Filmkunsttheater
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
33
culture club
Foto: Emmanuel Donny
Foto: Emmanuel Donny
präsentiert: Tanztheater
präsentiert: Festival
SHADOWLAND
SEEGEFLÜSTER
HAGEN 2012
Im April 2011 begeisterte die amerikanische
Tanzkompanie „Pilobolus“, die 1971 als experimentierfreudige Tanzgruppe gestartet
war, die deutschen Fernsehzuschauer mit
einem unglaublichen Auftritt bei „Wetten,
dass …?“. Das Ensemble besticht durch
Weltklasse-Tänzer; „Pilobolus“ gilt mittlerweile nicht nur als Institution, sondern ist
– auch dank „Shadowland“ – ein eigenes
Genre geworden, das auf intensiven Improvisations- und Spielerlebnissen basiert.
Sommertraugliche Livemusik bietet
auch dieses Jahr das Seegeflüster-Festival in Hagen. Neben Madcon, Bosse
oder Frida Gold treten u.a. auch die
Jungs von Jupiter Jones auf. So steht
die 8. Ausgabe des Festivals nicht nur
für großes Entertainment, sondern auch
für erstklassige Musik. Drei der Künstler sind aktuell für den Echo nominiert.
Insgesamt lockt das Open Air-Fest an
beiden Tagen rund 12 000 Besucher in
das Event-Bad Hengstey.
Konzerthaus Dortmund
Brückstr 21
Karten an allen VVK-Stellen
Familienbad Hengstey
Seestraße 4, Hagen
Karten an allen VVK-Stellen
trailer verlost 3x2 Karten bis 10.8
E-Mail an [email protected],
Kennwort: Shadowland
Di, 14.8. 20 Uhr
www
trailer verlost 3x2 Karten bis 26.8.
E-Mail an [email protected],
Kennwort: Seegeflüster
Fr, 31.8. /Sa, 1.9. 16 Uhr
Neue Filme
The Dark Knight Rises
Die Stooges – Drei Vollpfosten drehen ab
USA 2012 - Action/Krimi - Regie: Christopher Nolan - Verleih: Warner - Start: 26.7.
USA 2012 - Komödie - Regie: Bobby und Peter Farrelly - Verleih: Fox - Start: 23.8.
Regisseur Chr. Nolan etablierte sich spätestens mit „The Dark Knight“ als ingeniöser Blockbuster-Garant. Sein neues Batman-Abenteuer bildet den Abschluss
der Trilogie. Gegen Christian Bale in der Rolle des Titelhelden tritt diesmal Tom
Hardy als Schurke Bane an, der Gotham City den Garaus machen will.
HE
The Three Stooges beehrten das vornehmlich amerikanische Publikum seit den
ausgehenden 1920er Jahren mit vergleichsweise grobschlächtigen SlapstickKurzfilmen. Ein Genre, das Hollywood bis hin zu den Brüdern Bobby und Peter
Farrelly („Dumm und dümmer“, „Unzertrennlich“) beeinflusste. Da ist es nur
konsequent, dass sich die beiden der Drei auf Spielfilmlänge annehmen.
HE
BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater, GE: Apollo,
Schauburg, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg
BO: UCI, MÜL: Cinemotion
Red Lights
Frisch gepresst
E/USA 2012 - Thriller - Regie: Rodrigo Cortés - Verleih: Wild Bunch - Start: 9.8.
D 2012 - Komödie / Lovestory - Regie: Christine Hartmann - Verleih: Disney - Start: 23.8.
Dr. Margaret Matheson (Sigourney Weaver) kennt die Tricks der Mentalisten,
Hellseher und Uri Gellers. Gemeinsam mit Tom Buckley (Cillian Murphy) entlarvt sie moderne Scharlatane. Nur Simon Silver (Robert De Niro) ist ihr noch
nicht ins Netz gegangen. Als der nach 30 Jahren sein Comeback feiert,
kommt es zum Duell. Mystery-Thriller. Spannend, zunehmend hanebüchen,
netter Twist.
HE
Ein gutherziges Dusselchen (süß: Diana Amft), eine oberflächlich emanzipierte
Freundin, ein naseweises Mädchen, zwei Männer (gut: Tom Wlaschiha, schlecht:
Alexander Beyer), eine Schwangerschaft, das Ganze ergänzt durch KuschelrockClips – der Film lässt keine Romantic-Comedy-Standards aus, verzichtet allerdings auf Til Schweiger. Verlässliches Kuschelfilmchen mit Köln-Idylle.
HE
BO: UCI, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, Filmkunsttheater
BO: UCI, Union, DO: Cinestar, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion,
OB: Lichtburg
Was passiert, wenn’s passiert ist
Katy Perry: Part of me
USA 2012 - Komödie - Regie: Kirk Jones - Verleih: Universal - Start: 16.8.
USA 2012 - Musikfilm - Regie: Dan Cutforth, Jane Lipsitz - Verleih: Paramount - Start: 23.8.
Fünf Elternpaare, fünf Episoden, eine Komödie. Jede Menge Stars (darunter
Cameron Diaz, Elizabeth Banks und Jennifer Lopez) treten als frische oder angehende Eltern an, die sich dem Baby oder der Idee dahinter stellen müssen. Und
das ist in unserer seltsam zivilisierten Gegenwart mitunter eigensinnig abenteuerlich. Adaption des Sachbuch-Bestsellers „Ein Baby kommt“.
HE
Nach Kirchenchor und ersten Erfolgen in der christlichen Musikszene öffnete sich
Kate Perry äußerst erfolgreich dem Mainstream („I kissed a girl“). Dan Cutforth und
Jane Lipsitz begleiten den Star in 3D auf Tournee. Ihr Film reiht sich damit ein in die
zeitgenössischen Dokus über Justin Bieber & Co – mit dem Unterschied, dass Perry
auf und hinter der Bühne mehr zu sagen hat.
HE
BO: UCI, Union, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion
BO: UCI, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, MÜL: Cinemaxx
Ted
ParaNorman
USA 2012 - Komödie - Regie: Seth MacFarlane - Verleih: Universal - Start: 2.8.
USA 2012 - Trickfilm - Regie: Chris Butler, Sam Fell - Verleih: Universal - Start: 23.8.
Die Kombination Männer & Stofftiere funktioniert ja ganz gut, seitdem Mel
Gibson in „Der Biber“ Trost beim Plüschkumpel suchte. Teddybär Ted ist so etwas
wie des Bibers Mr. Hyde: Ein zum Huren und Saufen mutierter, sprechender Mr.
Pelz, der seinem Besitzer John (Mark Wahlberg) das Leben schwer macht. HE
Dass Animationsfilme auch schaurig gruseln dürfen, demonstrierte Chris
Butler bereits 2005 mit „Tim Burton’s Corpse Bride“. Gemeinsam mit Chris
Butler erzählt er in diesem 3D-Stop-Motion-Abenteuer von Norman, der die
paranormale Gabe besitzt, mit Toten zu kommunizieren. Als Zombies die Stadt
heimsuchen, setzt Norman zum humanoid-morbiden Dialog an.
HE
BO: Bofimax, UCI, Union, DO: Cinestar, E: Cinemaxx, GE: Apollo, HE: Filmwelt,
MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg
www.trailer-ruhr.de/heute-im-kino
www
GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion
34
Alle Filme, alle Kinos, alle Filmkritiken, alle Termine im Ruhrgebiet
PATRICK
BRUEL
VALÉRIE
BENGUIGUI
CHARLES
BERLING
UNTER MITWIRKUNG VON
JUDITH GUILLAUME
EL ZEIN
DE TONQUÉDEC
,PUNYVLZ=VYIPSK,PUT`Z[LYP€ZLY;VKLZMHSS
<UKLPURSLPULZ+VYMPUKLY7YV]PUa
FRANÇOISE FABIAN
,PUL2YPTPRVT€KPLH\Z-YHURYLPJO
JEAN-PAUL ROUVE
SOPHIE QUINTON
JEDER HAT EINE MEINUNG …
DOCH DIE SOLLTE MAN FÜR SICH BEHALTEN.
EIN FILM VON MATTHIEU DELAPORTE & ALEXANDRE DE LA PATELLIÈRE
DANS CERTAINES SALLES
AB 2. AUGUST IM KINO
Highlights in Dortmund
25. + 26. August 2012
221. – 29. September 2012
01. Oktober 2012
06. Oktober 2012
27. Oktober 2012
27. Oktober 2012
01. November 2012
02. November 2012
07. November 2012
0 – 11. November 2012
09.
DORTMUNDER ANTIK- UND
SAMMLERMARKT
OKTOBERFEST
HELENE FISCHER
SYNDICATE
SÖHNE MANNHEIMS
GLAMOTION
FREI.WILD
KRAFTKLUB
CHIPPENDALES
TABALUGA
www
und die Zeichen der Zeit
OLAF MALOLEPSKI
8. KINDERLACHEN-GALA
IN EXTREMO
APASSIONATA
CINDERELLA
Das märchenhafte Popmusical
14. Dezember 2012
18. Dezember 2012
20. Dezember 2012
SASCHA GRAMMEL
BUDO-GALA
SILBERMOND
EIN FILM VON GÉRALD HUSTACHE-MATHIEU
Änderungen vorbehalten
18. November 2012
24. November 2012
07. Dezember 2012
0 + 09. Dezember 2012
08.
09. Dezember 2012
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AB 2.08. IM KINO
filmfest
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berlin
london
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Kino.Ruhr.
Neue Filme
Total Recall
USA 2012 - Action / Science Fiction - Regie: Len Wiseman - Verleih: Sony - Start: 23.8.
1990 reiste bereits Arnold Schwarzenegger durch die Illusion und auf den Mars.
Eine intelligente Identitätssuche durch Manipulations-Mechanismen, basierend
auf dem Roman von Philip K. Dick („Blade Runner“). Jetzt ist es Colin Farrell, der
unter der Regie von Len Wiseman („Stirb langsam 4.0“) Urlaub in der digitalen
Phantasie sucht und dabei gefährliche Tatsachen aufdeckt.
HE
BO: Union, E: Filmkunstth., GE: Apollo, HE: Filmwelt, MÜL: Cinemotion, OB: Lichtburg
Kinobetreiber Jörg Kluge im Walzenlager
„Kino hat kein Verfallsdatum“
Kino im Walzenlager
Jörg Kluge, der Theaterleiter des Kinos im Walzenlager, liebt Filme und
macht ein Programm, für das er wenige Kompromisse eingeht. Mit einer
Kinogruppe gestartet, ist er mittlerweile vom Zentrum Altenberg angestellt, um in Personalunion den Laden zu schmeißen.
Bavaria – Traumreise durch Bayern
D 2012 - Dokumentarfilm - Regie: Joseph Vilsmaier - Verleih: Concorde - Start: 26.7.
Nach „Deutschland von oben“ und „Die Nordsee von oben“ müssen natürlich auch die Bayern ihren Beitrag liefern, der die bajuwarische Schönheit
auf die Leinwand bannt. Mit Joseph Vilsmaier („Rama dama“, „Nanga Parbat“)
liefert ein entsprechend heimatverbundener Regisseur märchenhafte und
urige Einblicke ins Bayernland und seine Bewohner. Haindling, wer sonst,
musiziert dazu.
HE
BO: Metropolis/Casablanca, DO: Cinestar, E: Cinemaxx
Karen llora en un bus
COL 2011 - Drama - Regie: Gabriel Rojas Vera - Verleih: Arsenal - Start: 26.7.
Ángela Carrizosa Aparicio verkörpert in diesem kolumbianischen Drama Karen,
eine Frau, die nach zehn Ehejahren ihren Mann verlässt und sich auf eine Reise
begibt, an deren Ende sie sich Selbstfindung und Erfüllung herbeisehnt. Ihre
Weggefährten auf dem Weg sind eine junge Friseurin und ein Schriftsteller.
Philosophische Reise weg von der Abhängigkeit - hin zum Ich.
HE
DO: Cinestar
trailer: Herr Kluge, seit wann arbeiten Sie für das Kino im Walzenlager?
Jörg Kluge: 1999 wurde im Zentrum Altenberg gefragt, ob nicht irgendwelche
Leute enthusiastisch genug wären, das Kino im Walzenlager wieder ehrenamtlich zu eröffnen. Dann gab es ein Jahr Diskussionen, wie das so ist in soziokulturellen Zentren. Im Jahr 2000 haben wir gestartet, und seitdem bin ich dabei,
erst ehrenamtlich, dann selbstständig und jetzt angestellt.
Das Programm ist sehr hochkarätig.
Wir haben nur 45 Plätze, und deswegen ist das Kino nicht für Premieren geeignet. Die Filmverleiher wollen mehr Eintrittskarten am ersten Wochenende
verkauft wissen. Jedes Mal, wenn ich frage, ob ich einen Film in der 3. Woche
haben kann, sagen sie „Nein, wir warten ab.“ Und daraus haben wir irgendwann
mal die Regel gemacht: Es ist uns egal, wir wollen hier gutes Programm, egal
wie alt. Kino hat kein Verfallsdatum.
Das ist ja eigentlich kein Programm zum Geldverdienen. Das ist eher ein
Kino zum Lieben. Was ist Ihre Motivation?
Als ich 2000 hierhin kam, um das Kino wiederzueröffnen, gab es kein anständiges Programmkino in Oberhausen. Jetzt gibt es hier jede Woche vier bis fünf
Programmkinofilme zu sehen. Ich finde aber auch, wenn man nicht allein vom
Publikum, sondern auch von Subventionen lebt, sollte man eine Art kulturellen Standard hoch halten. Unterhaltung kann jeder, Kultur darbieten nicht. Ich
glaube, solche kleinen Oasen braucht man.
www
Was interessiert Sie an den Filmen?
Film ist die Kunst, viele Kunstarten, Musik, Bildgestaltung und Schauspiel, zusammenzubringen. Wenn ein Film das gut verspricht, ist er hier auf jeden Fall
interessant. Ich bin groß geworden im Programmkino mit „Blade Runner“. Für
viele Männer zwischen 40 und 50 war „Blade Runner“ der Film, der sie ins Programmkino geholt hat, dann ging es weiter über Kaurismäki, Tarantino und viele
andere, die Anfang der 90er aktiv waren. Dann will man aber auch noch tiefer
eindringen. Kino ist so vielfältig, und das ist das Schöne daran. Es ist ja auch
schwer zu sagen, was ein Arthousefilm ist. Diese Frage ist ganz schrecklich.
Die ist ja auch eigentlich überflüssig, oder?
Zwischen Mainstream und hoher Kunst liegt irgendwo was dazwischen, was
faszinierend ist, und ich glaube, das ist es.
Roman Polanski – A Film Memoir
GB 2012 - Dokumentarfilm - Regie: Laurent Bouzereau - Verleih: Eclipse - Start: 23.8.
„Ekel“, „Rosemaries Baby“ – Roman Polanski lehrte dem Kino inspiriert das Gruseln, ohne sich im Genre-Trash zu verlaufen. Stilsicher wanderte er durch die Genres, ob Komödie („Tanz der Vampire“) oder Film Noir („China Town“). Bis heute tragen seine Werke eine eigene Handschrift. Der Film erzählt vom Werk und vom
kontroversen Leben eines ebenso gefeierten wie verfluchten Filmemachers. HE
Schlägt sich die linke politische Ausrichtung des Zentrum Altenberg bei den
Kinobesuchern nieder?
Eher im Programm, glaube ich. Manche sagen, hier laufen nur Schlechte-Laune-Filme (lacht) …, was nicht stimmt! Wenn man zwei Filme mit verprügelten Frauen und gequälten Kindern im Programm hatte, hat man den Ruf ganz
schnell weg. Glücklicherweise interessieren sich dafür auch Leute
INTERVIEW/FOTO: BETTY SCHIEL
E: Filmkunsttheater
Lesen Sie die Langfassung unter www.trailer-ruhr.de/kino-ruhr
36
Kompakt Disk
Popkultur in NRW
Sehnsüchtiger Echonebel
Dass Köln eine Hochburg der elektronischen Musik ist, ist weltweit bekannt. Mit der Rockmusik steht es nicht so gut. Die wohl einzige Band
von Weltruhm ist Can. Dementsprechend bekannt ist das Werk, und echte
Fans haben fast alle ihre Alben (außer vielleicht „Out of Reach“ und „Can“).
Doch es gibt noch mehr Material. Als ihr altes Tonstudio in Weilerswist
ins Museum kam, wurden Bänder mit 50 Stunden Material gefunden, von
denen jetzt 30 Stücke auf drei CDs veröffentlicht werden. Klar hört man da
zum Teil bekannte Motive, lange Improvisationen, Liveaufnahmen, Versions
und Exzerpts – und das macht alles viel Spaß. Aber unter den Stücken sind
auch etliche Perlen, die selbst auf den Studioalben herausgestochen hätten (Mute). Die Berliner Neo-Krautrocker Camera spielen gerne mal nachts
auf der Straße oder in der U-Bahn und mogeln sich mit ihrem Set auch
mal in öffentliche Veranstaltungen. Offizielle Weihen haben sie durch ihr
Zusammenspiel mit Michael Rother und Dieter Moebius erhalten. Für ihr
erstes Album „Radiate!“ mussten sie damit klarkommen, dass alle widrigen
Umstände fehlten. Dafür klingen ihre ausladenden Improvisationen noch
ansprechend rau, sie nutzen aber auch die Gelegenheit, um ruhigere Passagen auszukosten (bureau b).
Sie sind beste Freunde, und sie haben beide neue Platten draußen: „A Collection of Rarities and previously unreleased Material“ ist die erste Retrospektive vom irren John Maus. Sie durchstreift wieder die übelsten Regionen der 80er Jahre und lässt einen all das lieben, was man einst gehasst
hat. Wie er das macht? Die fiesesten Sounds taucht er in die besten Farben,
Synthie-Chart-Pop wird bei ihm zu einem sehnsüchtigen Echonebel vertaner Chancen, und die Texte dazu sind abgründig. Abgründig kann sein
Buddy Ariel Pink auch, nur klingt es bei ihm nicht nach neonpinker Nacht
in Miami, sondern nach gesättigten 70ern. Auch hier gilt: alles wunderbar
wattig und fantasievoll, aber Vorsicht: Auch auf „Mature Themes“ kann
hinter jedem Wohlklang ein kleines Unbehagen auftauchen (4 AD). „Cut the
World“ ist eine Sammlung von Stücken, die Anthony and the Johnsons im
letzten Jahr in Kopenhagen live mit dem nationalen dänischen Kammerorchester eingespielt haben. Die Stücke stammen von allen vier Studioalben,
die Streicherarrangements betonen den dramatischen Aspekt der Musik
von Anthony Haggerty. Das Titelstück ist ein Teaser zu seiner kommenden
Zusammenarbeit mit Robert Wilson und Marina Abramovic (Rough Trade).
Wenn Gabor Schablitzki alias Robag Wruhme, ehemals eine Hälfte des
Duos Wighnomy Brothers, eine Mix-CD macht, dann hat das nicht viel mit
einem herkömmlichen DJ-Mix zu tun. Das gilt auch für „Olgamikks“, die
erste CD zum Nachtdigital-Festival im Spreewald. Zum einen verwendet er
nur Remixe, die er selber von Stücken von Dntel, Modeselektor, Gui Boratto,
Extrawelt, Audiovision, Claude VonStroke, Romboy u.a. gemacht hat. Zum
anderen verstreut er über den gesamten Mix seine Soundpartikel, arbeitet
sie in den komplexen Funk ein und lässt einen unvergleichlichen Fluss entstehen, in dem sich auch noch drei neue Stücke verstecken (Pampa). Die
in Rumänien geborene, in Toronto aufgewachsene und in Berlin lebende
Simina Grigoriu hat Paul Kalkbrenner auf seiner letzten Tour supportet.
Da konnte sie schon zeigen, wie sie eine Party rockt. Auf ihrem Album „Exit
City“ unterstreicht sie, dass sie nicht als Freundin von Kalkbrenner gefördert wird, sondern weil ihr minimal melodisch aufgeladener Techno warm
und mächtig den Raum füllt (Susumu).
CHRISTIAN MEYER
Passt schon!
Musikkritiker lieben den Vorwurf des „Retro“ (Shoreline Is)
Warum nicht alles Retro ist
Von Christian Werthschulte
Unter Musikkritikern ist gerade eine sehr spezielle Haltung der – wie man
früher einmal sagte – letzte Schrei. Zusammengefasst geht sie ungefähr so:
„Alles schon mal dagewesen, Retromanie allerorten.“ Und so richtig diese
Einschätzung auch ist, so wenig stimmt sie dennoch. Denn die Sammelnund-Sortieren-Perspektive der Kritiker kann nur wenig mit dem zu tun
haben, was dem Musikernachwuchs im Proberaum durch die Finger geht.
Eisbaer aus Essen sind dafür ein gutes Beispiel. Sie spielen einen schnörkellosen Bass, mit dem sie ihre zielsicher zirkulierenden Post-Punk-Gitarren
grundieren. So weit, so frühe 80er. Aber wenn Sänger André Hörmeyer seine zwischen Introspektion und Anklage
„Die 1980er sind die immer
pendelnden Texte rauskramt, ist es vorneue Blaupause für die immer
bei mit der Retro-Gemütlichkeit. „Nach
gleichen Sehnsüchte“
der Arbeit ist vor der Arbeit“ singt er,
und dass dies einmal stimmen würde, hätte vor 30 Jahren kaum jemand gedacht. Für junge Musiker sind die 1980er eine Blaupause für die immer neue
Formulierung der immer gleichen Jugendsehnsüchte. Aber das entwertet
die Sehnsüchte nicht, sondern ist eher klassische Bildung. Man arbeitet
sich halt am Kanon ab. Das Kölner Trio Xul Zolar schickt seine verhallten
Gitarren ins Niemandsland zwischen den New Romantics der 4AD-Schule
und den zaghaften Rockversuchen der C86-Generation. So entsteht die
Kunst der unterkühlten Gitarrenmanipulation, die dennoch niemals kaltherzig ist. Ihre Dortmunder Shoegaze-Kollegen Shoreline Is, mit denen sie
sich auch schon eine Bühne geteilt haben, rollen die 1980er dagegen vom
Ende des Jahrzehnts auf. Damals verbanden sich die Shoegaze-Gitarren
langsam mit der aufkommenden Sample-Technologie, und auf den zwölf
Stücken ihres Debütalbums „Deal Kindly“ wird dieser Periode detailverliebt
Hommage gezeugt. Shoreline Is pendeln zwischen der Gitarrenwand mit
ausgewachsenem Effektspektrum und dem spärlichen Einsatz von Drummaschine und Sequencer und sind bei aller Soundbastelei dennoch in erster Linie Songwriter. Auf „I‘d Hear the Clouds Move“ umschmeicheln kurz
vor der Schrammelei stehende Hallgitarren den butterweichen Gesang und
flüstern ihm leise „Hit“ ins Ohr. Das Kölner Synthiepop-Trio Tourist hat dagegen ein wenig gebraucht, um sich mit der Songform zurechtzufinden.
Begonnen haben sie als Elektro-Pop-Act mit Club-Background. Über gradlinigen Sequenzen lag die Stimme von Sängerin Inky Timez – der perfekte
Soundtrack für die Night out. Mittlerweile haben Synthesizer, Drumcomputer und Gesangsspuren besser zueinandergefunden, die Tracks haben sich
zu Songs entwickelt, kleine Hooks umschmeicheln die Melodien, und das
bleibt nicht ohne Wirkung. Auf dem Eröffnungsabend der c/o pop haben
sie im voll besetzten Millowitsch-Theater den Hauptact
locker an die Wand gespielt, was nicht zuletzt der unprätentiösen Bühnenpräsenz von Sängerin Inky Timez
zu verdanken ist, die wie kaum jemand zweites auf der
Kölner Pop-Leistungsschau eine seltene Eigenschaft an
den Tag legte: Sie hat sich herzlich über ihren Applaus
gefreut. Und das wäre in den 80ern nun wohl wirklich
Christian Werthschulte
das Letzte gewesen. Oder was immer man damals geJournalist und
Musikkritiker
sagt haben mag.
www
Eisbaer: www.eisbaerband.de I Xul Zolar: soundcloud.com/xul-zolar
Shoreline Is: shorelineis.bandcamp.com
Tourist: soundcloud.com/touristontour
37
Literatur-Portrait
Stefan Sprangs Werk „Fred Kemper und die Magie des Jazz“
Vom Heldentod über den Jazz zum Liebestaumel
Der Essener Autor Stefan Sprang beleuchtet die Liebe im 21. Jahrhundert
„Boy meets Girl“ – auf diese Grundkonstellation
lassen sich alle (gemischtgeschlechtlichen) Liebesgeschichten reduzieren. Als Titel für eine Geschichtensammlung erscheint diese Formel sehr
unspektakulär – und auch der Untertitel „Die Liebe
der hiesigen Menschen im 21. Jahrhundert“ deutet
eher auf eine wissenschaftliche Abhandlung. Zehn
ineinander verzahnte, jedoch vom Sound her sehr
unterschiedliche Geschichten erzählen revueartig von den melancholischen und tragikomischen
Nuancen der Paarfindung. Und der 1967 in Essen
geborene Stefan Sprang weiß genau, wo er in einer Buchhandlung seinen Erzählband unterbringen
würde: „Im Titel steht ja das mächtige Wort ‚Liebe’.
Und deshalb würde ich das Buch auf einen Tisch
legen, wo es um Liebe und Beziehungen geht, auch
wenn meine Storys keine rosaroten Lovestorys
sind.“
Kohlenstaub im Blut
Stefan Sprangs schriftstellerischer Werdegang beginnt 1985, als der damalige Gymnasiast gemeinsam mit Freunden die „Initiative junger Autor(inn)
en Essen“ ins Leben ruft, die mit den „Essener Literaturflugblättern“ und vielen Lesungsprojekten
für einige Jahre das literarische Leben in Essen und
darüber hinaus mit prägt. In den 1990er Jahren
drängt das eigene literarische Schreiben für Sprang
etwas in den Hintergrund, er arbeitet überwiegend
als freier Kulturjournalist, Hörfunkautor und -redakteur. Nach mehreren Jahren als freier Mitarbeiter hat er beim Hessischen Rundfunk eine Heimat
als freier Hörfunkredakteur und Autor für verschiedene Redaktionen gefunden. Daher wundert es
nicht, dass Sprang seinen Wohnort mit Frankfurt
und Essen angibt. Der Bezug zu Essen bleibt dem
Autor aber sehr wichtig: „Für mich ist und bleibt,
wenn ich den so schwierigen und immer wieder
viel diskutierten Begriff nutzen darf, Essen meine
Heimat. Ich habe da auch eine geradezu klischeehafte Biographie und sozusagen noch Kohlenstaub
im Blut. Der eine Opa hat bei Thyssen malocht, der
andere war unter anderem auch Bergmann. Zwei
meiner Onkels haben bei Krupp gearbeitet, dann
aber schon als Angestellte. Meine Eltern haben
sich in den Büros des RWE kennengelernt. Aber
wie das so ist heutzutage: Mein Geld als Journalist
muss ich, kann ich, darf ich auswärts in Frankfurt
verdienen. In Essen oder immerhin Köln war kein
Unterkommen.
Aber es ist immer eine Beziehung ohne große Leidenschaft geblieben, sozusagen eine Geschäftsbe-
ziehung – sieht man von den Freunden ab, die ich
dort habe. Als freier Mitarbeiter versuche ich, so
oft wie möglich und jeweils so lange wie möglich
in Essen zu sein, wo ich noch eine kleine Wohnung
im Südviertel habe.“
Die Jazz-Session zwischen Buchdeckeln
Im Jahr 2005 nimmt Stefan Sprang wieder sein
literarisches Schreiben auf. Sein Hörspiel „helden:
tot“ wird für den Deutschen Hörspielpreis 2008 nominiert. 2011 folgt dann nach all den Veröffentlichungen von Lyrik und Kurzprosa der erste Roman,
„Fred Kemper und die Magie des Jazz“, eine Liebeserklärung an eben diese Musik. „Der ‚Fred’ war ein
Herzensprojekt, das seit Ewigkeiten schwelte. Dank
eines Musiklehrers, der selber Jazzer war, habe ich
in der Mittelstufe diese Musik entdeckt.“ „Besonders inspiriert haben mich dann noch dazu die legendären Jazz-Sessions im ‚Bahnhof Süd’ vor über
zwanzig Jahren. Da kam Helge Schneider noch
vorbei und spielte alle verfügbaren Instrumente.
Ich habe die alle beneidet. Kurze Absprache, und
alle konnten einfach zusammen spielen. Die Musiker brauchten keine Worte, um mühsam Emotionen beim Publikum zu schüren. Das ging direkt
und ohne Umweg übers Hirn in den Körper und die
Seele. War schon bewegend. Das ‚Süd’ rappelvoll.
Im Winter gibt es die Session jetzt wieder, aber es
kommt nicht mehr viel Publikum. Und das neigt
stark zu grauen Haaren. Immerhin: Es gibt tollen
Nachwuchs auf der Bühne. Empfohlen worden ist
mir auch die Session im Essener ‚Lichtburg’-Kino.
Und eine Adresse ist und bleibt das ‚domicil’ in
Dortmund. Aber mein Eindruck: Man muss etwas
mehr suchen. Jazz hat leider nicht mehr den ganz
hohen Rang wie früher.“
www
Das Revier von oben
Die Literaturszene des Ruhrgebiets hingegen
nimmt Sprang nicht so stark wahr: „Dank Internet und Social Media habe ich Kontakt zu Autorinnen und Autoren in Berlin, in München, in Norddeutschland. Nur im Pott habe ich seltsamerweise
keine Kontakte mehr. Dabei gibt es hier ja viele Autorinnen und Autoren. Literarisch tot ist das Ruhrgebiet sicher nicht. Vielleicht fehlt der zentrale
Treffpunkt, fehlt ein Literaturhaus, wo man einfach
mal hingeht, ein Pils trinkt und andere Schreiberinnen und Schreiber treffen kann. Ich will jetzt
auch kein allzu großes Medien-Bashing betreiben,
schließlich bin ich selber einer von denen. Aber es
ist schon interessant: Neulich hat eine bekannte
38
Regionalzeitung mal wieder den von mir überaus
geschätzten großartigen Ralf Rothmann im Interview präsentiert anlässlich einer Lesung. Es war
rührend, wie hier immer noch der Versuch gemacht
wurde, Rothmann als Ruhrgebiets-Autor zu vereinnahmen, obwohl er seit Jahrzehnten nicht mehr
im Pott lebt und kaum noch zu Besuch kommt. Als
wäre da seitdem niemand gefolgt, den man nach
vorne stellen kann.“
Im Sog der Heimat
Ob Stefan Sprang nun derjenige ist, der Rothmann
seinen Status als Vorzeige-Revier-Autor streitig
machen kann, sei zunächst dahingestellt. Er lässt
jedenfalls durchblicken, dass das Ruhrgebiet sein
Leben und Schreiben weiterhin stark beeinflussen
wird: „Im Ruhrgebiet bin ich aufgewachsen. Viele
Dinge sind dort zum ersten Mal geschehen. Und
das sind die Dinge, die sich tief ins Gedächtnis einschreiben. Wenn ich in Essen bin, versuche ich, viel
unterwegs zu sein. Ich frische damit auch meine
Erinnerungen auf. Und das ist die Basis fürs Schreiben. Wenn ich schreibe, muss ich Plätze, Straßen,
Häuserzeilen vor mir sehen, muss ein Gespür für
die Atmosphäre haben. ‚Fred Kemper und die Magie des Jazz’ hat Essen als Schauplatz. Ich wollte
es offener und sinnbildlicher halten. Außerdem
konnte ich mir dann so auch ein paar geografische
Freiheiten erlauben. Heißt: Nirgendwo anders hätte ich meine Geschichte spielen lassen können.
Im Storyband spielt der Pott keine so große Rolle.
Kenner werden Szenerien aber zuordnen können.
Im Moment schreibe ich am zweiten Roman. ‚Henrys Sommer’ spielt in Essen. Im Süd- und Moltkeviertel. Der Baldeneysee und die Ruhr werden eine
wichtige Bedeutung haben. Ich sehe das einfach
als ganz normale Bühne für die Figuren und will
das auch nicht aufladen mit besonderer RuhrpottNostalgie/-Sentimentalität. Eine Zeche wird dieses
Mal – wahrscheinlich – auch nicht vorkommen.
Was sicher auch einfließt in die Figuren ist eine
gewisse Mentalität und eine Sicht auf die Welt, die
es so nur, oder sagen wir, vor allem im Ruhrgebiet
gibt.“
FRANK SCHORNECK
Stefan Sprang: Boy meets Girl: oder Die Liebe der hiesigen Menschen im 21. Jahrhundert.
Kulturmaschinen, 161 Seiten
Lesen Sie die Langfasssung unter
www.trailer-ruhr.de/literatur
Poetry
30.08.2012
Sommerfest
Lesung und Gespräch mit dem Autor F. Goosen
Frank Goosens neuer Roman zelebriert ein Heimatwochenende voller skurriler Figuren – mit Fußball und
Musik, mit großen Entscheidungen und viel Gefühl.
Ein rasanter Roadtrip durch den »Pott« von heute;
ein urkomischer Roman voller Wehmut und Tiefgang.
Cool und sentimental, derb-witzig und warmherzig.
Frank Goosen ist ein Meister der Zwischentöne
und versteht es wie kein anderer, auf unbeschwerte
Weise die großen Lebensthemen zu verhandeln.
Eintritt: 15,00 € - 19.30 Uhr
12.09.2012
„Wenn wir Tiere wären“
Lesung und Gespräch mit dem Autor W. Genazino
Alles ist da, Beruf, Wohnung, Einkommen, Urlaub,
Frau. Aber schon eins davon wäre manchmal weitaus
genug, und das wundervolle Alles ist mehr, als einer
erträgt. Aber wie befreit man sich vom Privatleben,
wenn man nicht mal die Arbeit loswird? Wilhelm
Genazino erzählt von einer Gegenwart, die jeden
tagtäglich überfordert, und er erzählt von einem
Mann, der dem Druck nur widerstehen kann, indem
er das ordentliche Regelwerk durchbricht. Wilhelm
Genazino ist auf der Höhe seiner Kunst.
Eintritt: 9,00 € - 19.30 Uhr
14.09.2012
„Wir in Kahlenbeck“
Lesung und Gespräch mit dem Autor Christoph
Peters aus seinem neuen Roman
Ein tiefgründig aber auch aberwitziger und komischer
Pubertäts- und Internatsroman über Religion und
Spiritualität, über Freundschaft und Rivalität, über das
Fegefeuer der Pubertät und die Fallgruben der Liebe.
Wie Christoph Peters diese Themen und Motive
miteinander verknüpft, das ist höchste erzählerische
Kunst. Eintritt: 9,00 € - 19.30 Uhr
Nicht hängen lassen!
Pilze für die Leiste
Sebastian23 zählt an: Dreiundzwanzig
Viele fragen sich, warum ich meine Kolumne immer mit der Frage anfange,
warum ich immer eine Mütze trage. Dabei ist der Grund doch eigentlich ganz
leicht zu erraten.
Es gibt so viele Sachen, die wesentlich schwieriger zu erraten sind. Privat
frage ich mich z. B. gerne, was wohl zuerst fertig wird: die Hamburger Elbphilharmonie, der Berliner Flughafen oder Bodenfrost in Satans Sommerresidenz?
Mich interessiert auch die Frage, ob man eigentlich alles in Komparativ und
Superlativ steigern kann? Geht das auch mit Worten wie „ob“? Ist dann die
Steigerung „Ob, Ober, Obst“? Und was ist mit „Für, Führer, Fürst“?
Und dann frage ich mich, warum da ein „H“ im „Fürer“ ist? Obst das wohl
ein besonders geschmackloser Witz ist? Braucht man eigentlich zwischen
jedem Absatz einen Zusammenhang oder reicht meiner Albernheit mentaler
Zuckerguss?
Japan liegt im Pazifik und steht im Atlas
Und dann las ich neulich einen Zeitungsbericht aus Japan. Jemand hatte dort
einen seltenen Pilz im Wald entdeckt und die lokalen Medien alarmiert. Die
haben das Fundstück dann groß fotografiert und gefilmt und berichtet. Am
Ende stellte sich jedoch raus, dass es sich nicht um einen Pilz handelte, sondern um ein Sexspielzeug. Seitdem frage ich mich, wer schließlich dahinter
gekommen ist, und wie er diese Erkenntnis den anwesenden Pilzsuchern und
Journalisten mitgeteilt hat.
Wie fängt man das an? „Viele fragen sich, warum ich immer eine Mütze
trage. Aber bevor ich das beantworte, liebe Freunde, muss ich euch da was
über diesen Pilz sagen …“?
Warum solche Sachen überhaupt in der Zeitung stehen, frage ich mich. Obst
das wohl aus dem Sommerloch geschlüpft ist? Aus eben jenem kam wohl
auch der Artikel darüber, dass Bushido zum Idiotentest musste. Da frage ich
mich wiederum, was da wohl als nächstes kommt? Muss der Papst zum Katholikentest oder Facebook zum Zeitverschwendungstest?
www
Das Sommerloch ist eine bodenlose Frechheit
Das sind so Sachen, die ich mich frage!
Wer sind Hempels und warum räumen die nicht unter ihrem Sofa auf?
Warum wird der Hund in Pfanne verrückt? Was zum Teufel macht ein lebender Hund in einer Pfanne? Hat der Koch einen an der Pfanne? Kommt der aus
Pfanne-Eickel oder aus der Pfann Factory?
Und was machen drei Chinesen mit einem Kontrabass? Warten sie darauf,
dass das Essen fertig wird? Wollen sie wissen, ob der Ober ihnen Obst bringt
oder auf den Hund gekommen ist?
Und ihr? Fragt ihr euch nicht auch manchmal Sachen? Z. B. obst es einen
Grund gibt fürst all die Albernheiten in dieser 23. Kolumne? Oder ob Bushido
manchmal Pilze sucht? Oder obst dieser Wahnsinn denn kein Ende hat?
Da zumindest kann ich euch beruhigen.
FOTO/TEXT: SEBASTIAN23
Sebastian23 – Die Video-Kolumne: Auf youtube und auf
www.trailer-ruhr.de/literatur-nrw
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27.09.2012
125 Jahre Sherlock Holmes
Die Abenteuer des Sherlock Holmes
Szenische Lesung voll prickelnder Spannung und
bestem Humor. Mit den Schauspielern Roland Kalweit
(Dr. Watson) und Danny Richter (Sherlock Holmes)
Eintritt: 10,00 € - 19.30 Uhr
Kartenvorverkauf
Medienforum des Bistums Essen
Zwölfling 14 / 45127 Essen
Tel.: 0201 / 2204-274
Fax: 0201 / 2204-272
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ComicKultur
Lesewetter
Psychedelische Alpträume
Wenn diese Zeilen das Licht der Welt erblicken, sprich: aus der Druckerpresse
rattern, mag das Wetter – so Zeus will – womöglich doch noch ein sommerlicheres sein. Aber ehrlich gesagt: Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses, zwei
Wochen zuvor, ist davon nichts, rein gar nichts zu spüren. Den Wetterdienst hat
die Bild schon mal für überflüssig erklärt. Den alten Bauernregeln kann man
auch nicht mehr vertrauen. Und was der unzähligste Alligator oder Kaiman bei
diesen Temperaturen in einem Regensburger (nomen est omen!) Tümpel will, ist
ebenfalls nicht mehr mit dem gesunden Menschenverstand zu erklären. Vermutlich hat er angesichts des depressiven Klimas den Glauben an die Jahreszeiten
verloren und sich kurzerhand höchstselbst im Sommerloch versenkt. Zu verdenken wär‘s ihm kaum.
Andererseits: Hätte er Boris Johnsons köstliche Politthrillerfarce „72 Jungfrauen“ (Haffmanns & Tollkemit, 411s, € 19,95) zur Hand gehabt, wäre ihm
die Idee zu diesem lemminghaften Abgang vermutlich erst mal erspart geblieben. Nur so strotzend vor britisch-bissig-bösem Humor und voll des kongenial
adaptierten Insiderwissens lässt der in diesem Jahr ‚in echt‘ wiedergewählte
Bürgermeister Londons vier Möchtegern-Terroristen in einem gestohlenen Krankenwagen durch die englische Hauptstadt kurven, während der verantwortliche
Politiker angesichts der Schutzsperren mit seinem Rad nicht mal mehr zum
Gipi unterstreicht mit der autobiografischen Geschichte „S.“ seine Meisterschaft auf allen Ebenen: Die Zeichnungen mit Aquarell-Kolorierung
sind schön und stimmungsvoll. Und die Geschichte erzählt er ebenso
spannend wie gefühlvoll. Es geht um traumatische Kriegserlebnisse seiner Eltern, wie sie deren Liebe zerstören und sich bis in die nächste Generation – zu Gipi – fortpflanzen. Der Generationskonflikt lässt sich hier
darauf runterbrechen: Die einen erleben Krieg, die anderen spielen ihn
auf dem Computer – und keiner versteht den anderen (Reprodukt). Auch
Paul Hornschemeier ist ein Meister seines Faches, der aber stilistisch
kaum weiter von Gipi entfernt sein könnt. Er steht mit seinen klaren,
flächigen Farbzeichnungen in der Tradition von Daniel Clowes oder auch
Chris Ware. Bereits in seinem letzten Werk „Die drei Paradoxien“ hat er
mit Bildzitaten gespielt. Dort waren es Comics, in „Mein Leben mit Mr.
Dangerous“ ist es die Lieblingsserie der nerdigen Protagonistin, die sich
darüber im Klaren werden muss, für wen und für was ihr Herz schlägt.
Nicht nur die Zeichnungen sind wieder einmal toll, auch Hornschemeiers
Spiel mit den Mitteln des Mediums ist virtuos. Und bei all dem vergisst
er nie das Wichtigste: dem Leser die Gefühle der Protagonisten nahezubringen (Carlsen).
Parlament durchkommt. Kultig-komisch, dem Wetter den Krieg erklärend. / Geradezu melancholisch wird man hingegen bei Jean-Claude Izzos „MarseilleTrilogie“ (Unionsverlag, 669s, € 14,95). Die drei Bände des Klassikers der „Total Cheops“, „Chourmo“ und „Solea“ beschwören nicht nur als letzte Ode das
mediterrane, multikulturelle Lebensgefühl dieser Hafenstadt, die sich langsam
aber sicher zwischen Unterwelt und Großkapital aufreibt, sondern stellen den
erodierenden gesellschaftlichen Prozessen in Gestalt des untersetzten Polizisten
Fabio Montale einen energischen Verfechter des Genusses und der Menschenliebe entgegen. Unfair ist nur, dass sich derartige Maximen bei Sonnenschein einfach besser leben lassen. / Vielleicht sollte man es dann doch lieber handhaben
wie das Alter Ego von HF Coltello, seines Zeichens Gitarrist der Band „Mutter“,
dem deutschen Schweinewetter den Mittelfinger zeigen und sich mit Klampfe,
Dosenbier sowie ner abgehalfterten Band in nem abgehalfterten Tourbus aufmachen, um „Einige Abenteuer und seltsame Begegnungen (im Leben des
Stillen Kommandeurs)“ (Salis, 450s, € 12,99) zu erleben, statt gänzlich in der
verregneten geistigen Einöde zu versauern. Punx not dead, das ist keine Frage
des Klimas, höchstens des sozialen. / Allerdings ist auch das Revoluzzertum kein
Zuckerschlecken, wie „Die Briefe: Ruhm tötet Alles“ (Rogner & Bernhard, 500s,
€ 22,95) von Jack Kerouac und Allen Ginsberg beweisen. Dabei geht es weniger
um den Widerspruch zwischen Erfolg und Unabhängigkeit als vielmehr um den
persönlichen Kampf mit sich selbst und seiner sozialen Umwelt, der dem beschworenen Beat nicht selten zuwiderläuft. Zwischen grenzenloser Selbstüberschätzung und gnadenloser Selbstzerfleischung gehören hier Blitz und Donner
einfach zum Lebensstil, genauso wie die unfassbar schönen Momente des ersten
Sonnenscheins nach dem reinigenden Gewitter. / Wirklich anarchisch (und damit wetterunabhängig) wird‘s allerdings erst, wenn man sich mitsamt Panz und
den „Bären vom Hügelwald“ (Gerstenberg, 256s, € 14,95) unter die kuschelige
Decke verkriecht. Mag das Buch offiziell empfohlen ab 8 bis 10 Jahren auch als
Freundschaftsgeschichte durchgehen; der Übermut, mit dem Henri van Daele
den staatlichen Überbau als für das Individuum groteskes Sozialkonstrukt implodieren lässt, zwingt einen förmlich – ob mit oder ohne Kind –, all seine Sichtweisen mal wieder einer gründlichen Revision zu unterziehen. Und mit ein bisschen
Glück herrscht danach tatsächlich auch wieder der Sommer.
Arne Jysch legt mit „Wave and Smile“ einen Comic zum AfghanistanKonflikt vor. Er behandelt das Thema zwar ‚embedded‘, also aus der Perspektive der Armee, aber es ist keine der zurzeit so beliebten Comicreportagen. Die Story um einen Bundeswehrsoldaten, der bei einem Einsatz
einen Mann als Gefangenen der Taliban verliert und ihn daraufhin auf
eigene Faust sucht, ist fiktiv und neigt zur Action. Doch andererseits ist
Jysch mit zahlreichen Wendungen bemüht, möglichst viele Seiten des
Konflikts aufzuzeigen. Für ein Debüt ist ihm das überraschend elegant
gelungen (Carlsen). „Metro“ von Magdy El-Shafee ist in Ägypten verboten. Nicht nur moralisch für die Region kaum haltbar, auch die Abrechnung mit der Korruption im Land spricht eine deutliche Sprache. Künstlerisch ist das vielleicht das Problem des Comics, der nur wenig subtil ist,
sondern recht grob alle dem Autor wichtigen Themen einbaut. Auch der
wilde Zeichenstil ändert sich scheinbar willkürlich. Aber einerseits kann
man nur froh sein, dass ein solches künstlerisches Dokument überhaupt
erscheint. Andererseits ist der atemlose, wilde und zuweilen wirre Stil
vielleicht auch das adäquate Mittel, die atemlosen, wilden und wirren
Ereignisse in Nordafrika abzubilden (Edition Moderne).
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Alan Moore und Kevin O‘Neill versetzen nach „1910“ ihre „Liga der
außergewöhnlichen Gentlemen“ nun ins Jahr „1969“. O‘Neill kann sich
da farbenprächtig austoben, während Moore die Aufmerksamkeit des
Lesers wieder mächtig fordert. Psychedelische Alpträume und Schwarze
Messen sorgen nicht gerade für klare Verhältnisse, als unsere inzwischen
unsterblichen Helden gegen einen tödlichen Magier antreten. Turbulent
und mal wieder bis zum Bersten aufgeladen mit literarischen, philosophischen und popkulturellen Anspielungen (Panini). Nach „Faust“ nimmt
sich Flix „Don Quijote“ vor und verlegt den Stoff ins Hier und Jetzt.
Don Quijote ist ein Querulant vor dem Herrn – eine nörgelnde Plage, die
in ihrem spleenigen Enkel einen Verbündeten sieht für ihre wahnhaften
Feldzüge zwischen Altersheim, Berlin-Mitte und dem Umland. Flix macht
daraus ein surreales Spektakel allererster Güte (Carlsen).
LARS ALBAT
CHRISTIAN MEYER
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Textwelten
„Kindheiten“, Foto: Diogenes Verlag
Sonne und Finsternis
Kindheiten als Spiegel des Lebens
Als Natalia Ginzburg 1946 in Rom eine Arbeit sucht, fällt einer Freundin
auf, dass sie ganz schlechte, alte Schuhe trägt. Ihre Kinder hatte die italienische Schriftstellerin auf dem Lande in Betreuung gegeben, ihr Mann war
von den deutschen Besatzern im Gefängnis ermordet worden. Die Schuhe
waren das Letzte, an das sie einen Gedanken verschwendete. Aber sie erinnerte sich, als Professorentochter in Turin immer die besten Schuhe getragen zu haben. Wer als Kind in guten Schuhen durch die Welt gegangen
ist, dem sind die Schuhe später nicht mehr wichtig, schloss sie daraus. Die
Erfahrungen der Kindheit schreiben sich in unsere Erinnerung besonders
tief ein. Die Literatur schöpft aus dem, was wir er-innern, es ist das, womit
wir nie so ganz fertig werden und das wir deshalb nicht vergessen können.
Segen und Fluch einer jeden Lebensgeschichte mag das sein. Der Literatur
hat diese Tatsache ungezählte Schätze beschert. Natalia Ginzburgs „Familienlexikon“ ist so ein unvergessliches Kompendium der Kindheit. Oder
Vladimir Nabokovs „Sprich, Erinnerung, sprich“, das von seinem Leben als
Sohn einer märchenhaft reichen Adelsfamilie erzählt. Alles hatte Nabokov
mit der Revolution in Russland verloren, und doch hat er diesem Vermögen
keine Sekunde nachgeweint, denn in dieser Kindheit wurde auch seine Faszination für die Schmetterlinge, die Sprache und die Literatur entzündet,
ein Feuer, das nie mehr in ihm erlosch. Es gibt aber auch die nachtschwarzen Kindheiten. Jean-Jacques Sempé, dessen Zeichnungen zum Synonym
für Glück und Lebensfreude wurden, durchlitt ein Martyrium gleich zu
Beginn seines Daseins. Dem Journalisten Marc Lecarpentier erzählt er in
seiner Autobiographie, dass ihm manchmal, wenn er sah, dass die Mutter eines Freundes ihrem Jungen einen Kuss gab, selbst die Tränen kam,
weil es bei Sempé zu Hause nur Ohrfeigen gab. Er erinnert sich, dass seine
Mutter so feste zuschlug, „dass mein Kopf gegen die Wand knallte, und
das ergab dann zwei Ohrfeigen“. Heute lacht er über solche Szenen, aber
vergessen hat er sie nicht. So enthält der wunderbar elegant gestaltete
Band, der jetzt unter dem Titel „Kindheiten“ bei Diogenes erschienen ist,
auf der einen Seite Sempés Berichte über eine gnadenlose Mutter und die
infernalische Streiterei, die seine Eltern zum Gespött der Nachbarschaft
machten. Auf der gegenüberliegenden Seite prangen hingegen seine durchsonnten Zeichnungen. Sind Kindheiten für Erwachsene nur Projektionsflächen ihrer Sehnsüchte? Paulus Hochgatterer, deutschsprachiger Krimiautor
und im Hauptberuf Kinderpsychiater, kennt die Realität des Kindseins. Er
weiß, dass Kinder auch geschützt werden müssen, nicht zuletzt vor den
romantischen oder leistungsgeilen Vorstellungen der Erwachsenen. In seiner klugen, eigenwillig ironischen Sprache präsentiert er in „Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe“ eine Sammlung von Essays über das Frech- und das
Bravsein der Kinder, über die Erotik, die in Kinderbuchklassikern versteckt
ist, und vor allem über den Blick auf diese Welt aus der Perspektive der
Kinder. Ein Blick, den wir selbst nie so ganz verlieren. Deshalb besteht noch
Hoffnung, das Kind, das wir einmal waren, neu kennenzulernen.
THOMAS LINDEN
N. Ginzburg. Familienlexikon. Deutsch von A. Vollenweider.
Wagenbach. 10,90 Euro
V. Nabokov: Erinnerung, sprich. Deutsch von D. E. Zimmer. Rowohlt. 10 Euro
Sempé: Kindheiten. Deutsch von Patrick Süßkind. Diogenes Verlag. 39,90 Euro
Paulus Hochgatterer: Katzen, Körper, Krieg der Knöpfe. Deuticke. 18,90 Euro
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www
RuhrKunst
Ian McKeever, Hartgrove, Ausstellungsansicht Museum Quadrat Bottrop, © I. McKeever, Foto: Werner J. Hannappel
Heiner Schmitz, Stationen einer Reise, Frisör in Lykien, 1992,
s/w-Fotografie, © H. Schmitz, courtesy Kunstmuseum Mülheim
Bewegung und Schatten Menschen und Gärten
Ian McKeever im Museum Quadrat Bottrop
Zwei Fotografen im Kunstmuseum Mülheim
Ein Anliegen des Museum Quadrat ist die Vermittlung des Werkes von Josef Albers, der, aus
Bottrop stammend, als Bauhauskünstler in Amerika weltberühmt war. Seine Farbfeld-Malerei lotet,
ausgehend vom Quadrat, die Beeinflussung der
Farbtöne aus. Dem entsprechend stellen nun die
Wechselausstellungen vor allem reduzierte ungegenständliche Positionen vor, die mit Licht und
der Nuancierung von Farben handeln. Ian McKeever, der derzeit im Museum ausstellt, hat diesen
Verweis auf Albers aber ganz und gar nicht nötig.
Seine so eigenständige Malerei ist ein Erlebnis, obzwar der 1946 geborene Engländer meist nur eine
Farbe, oft Schwarz, Weiß und Grau, verwendet und
diese als freien Gestus und Fließen in autonomen
Setzungen vor Augen führt: als Prozess und Resultat gleichzeitig. Das Museum Quadrat zeigt
– begleitet von kleineren s/w-Fotografien – großformatige Malereien aus den letzten zehn Jahren.
Was als kreiselnde Bewegung oder gegenläufiges
Übereinander auftritt, ist lässig souveräne Malerei,
die im Detail feine Sensationen bereithält. Da ist
schon die unterschiedliche Wirkung von Öl- und
Acrylfarben, die übereinander aufgetragen sind.
Ian McKeever entwickelt daraus ein atmosphärisches Geflecht, durchdrungen von Licht aus der
Bildtiefe. Seine Malerei handelt unmittelbar vom
Sehen als erkenntnistheoretischem Vorgang – und
urplötzlich stellen sich Assoziationen ein, etwa an
Phänomene der Natur, wenn mitten im Dickicht
das Sonnenlicht durchkommt oder sich die Gischt
zwischen Felsen Bahn bricht. Aber das ist ebenso
eine subjektive Vorstellung wie die Affinität eines
Bildes mit kreisenden schwarzen Strichen zur
Plastik von Bernard Venet, die durch die Fensterscheibe draußen im Park zu sehen ist. Dies gehört
zu den eindrucksvollsten Momenten einer beglückenden Ausstellung. Und dann ärgert man sich
doch. Der Katalog, der für das Publikum, das teils
weit reist, zur Vertiefung bestimmt ist, lag auch
Wochen nach der Eröffnung nicht vor. In Bottrop
ist das mittlerweile eine ungute Tendenz. Wie
schade und wie achtlos gegenüber den Besuchern!
Es ist eine sinnvolle Klammer, die sich um die
Landschafts-Fotografien von Etta Gerdes im Archivraum legt. Das Erdgeschoss und die beiden
Räume unterm Dach werden von Heiner Schmitz
bespielt. Heiner Schmitz wurde 1940 in Oberhausen geboren, er hat Fotografie an der Essener Folkwangschule studiert und war dann selbst Professor
an der FH Dortmund. Er lebt in Mülheim und auf
Reisen, wo er viele seiner Themen findet; zumeist
nimmt er Portraits auf. Gegenstand des Projektes
von Etta Gerdes wiederum sind die Landschaftsgärten von Cornelia Hahn Oberlander, die 1921 in
Mülheim geboren wurde, in Berlin aufgewachsen
und mit ihrer Familie 1938 ins Exil geflüchtet ist
und 1953 in Vancouver ein Büro für Landschaftsarchitektur gegründet hat, mit dem sie in Kanada
bekannt wurde. In Etta Gerdes‘ Fotografie ist jedes
ihrer Projekte eine eigene Attraktion. Der fotografische Blick wechselt aus der Ferne in die Nähe.
Gerdes‘ Sache ist vor allem das Naturdetail: Sie
betont mehr den Kern der gestalterischen Maßnahmen von Hahn Oberlander als das Ganze. Es
geht ihr um die Erfahrung des Landschaftlichen,
nicht das kartographische Erfassen. Das ist poetisch, behutsam und vertiefend.
Ein bisschen mehr versteht man diese Fotos noch,
wenn man weiß, dass Etta Gerdes Schülerin von
Heiner Schmitz ist. So verbindet Beide das sensible Oszillieren zwischen Annäherung und Abstand.
Heiner Schmitz ist in dieser Hinsicht ein meisterlicher Fotograf. Er arbeitet in Serien und kehrt
immer wieder zu seinen Sujets zurück. Vor allem
portraitiert er Ausländer in Deutschland oder andernorts sowie das Leben in China. Für jede Werkgruppe hat Schmitz eine eige ne Darstellungsform
gefunden. Bei einzelnen Serien sind die Menschen
ganz in ihr Geschehen eingebunden; bei anderen
nehmen sie inmitten ihres Tuns den Kontakt mit
dem Fotografen auf, und in neueren Serien befindet sich der Portraitierte dominant im Bild ... Hier
die zurückhaltende Etta Gerdes mit Naturstücken;
dort Heiner Schmitz mit seinen so präsenten Menschen – ein anregender Dialog, leider nur noch
wenige Tage.
THOMAS HIRSCH
„Ian McKeever – Hartgrove“ I bis 2. September
Josef Albers Museum. Quadrat Bottrop
www.quadrat-bottrop.de
www
THOMAS HIRSCH
„Heiner Schmitz – Menschenbilder“/„Etta Gerdes
– Landschaftsarchitektur von Cornelia
Hahn Oberlander“ I bis 5.8. I Kunstmuseum Mülheim I www.kunstmuseum-mh.de
42
Katembom Survivre, Foto, 2009, Foto: MKK
Bunt gebanntes Chaos
Kongolesische Kunst in Dortmund
Menschen hängen außen an einem Linienbus.
Wer in Kongos Hauptstadt kein Geld hat, muss
eben so sein Fahrtziel erreichen. Dies ist ein beliebtes Sujet der populären Künstler, die mit ihren
grellbunten Bildern die Geschichten der Stadt erzählen und es damit auch in international hochkarätige Ausstellungen geschafft haben.
Rund neun Millionen Einwohner zählt die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo Kinshasa. Gegründet 1881 als belgischer Handelsposten, war sie auch als Léopoldville bekannt. Heute
muss die afrikanische Metropole nicht nur mit
der traurigen Hinterlassenschaft des belgischen
Kolonialregimes, sondern auch mit den Auswirkungen der jahrzehntelangen Diktatur des Mobutu Sese Seko leben.
In diesem Sommer sind junge Künstler aus der
kongolesischen Megastadt in Dortmund, mit
Bildern, aber auch Installationen, Plastiken,
Fotos, Videos und Filmen. Die Ausstellung „Le
surréel Congo“ im Museum für Kunst und Kulturgeschichte/MKK ist eine Präsentation zeitgenössischer kongolesischer Kunst. Darunter auch
Werke der sogenannten „Artistes populaires“, das
sind Straßenkünstler mit ihren bunten Bildern im
Stil der Schilder- und Werbemalerei.
Wie dem Kurator Aimé Mpane, selbst ein wichtiger Künstler der Gegenwart, ist es den meisten
Beteiligten im MKK gelungen, mit ihren Arbeiten
auf mehreren Kontinenten vertreten zu sein. Für
Mpane lassen sich die europäischen und afrikanischen Lebensvorstellungen nicht vergleichen.
So sehr die kulturellen Äußerungen kongolesischer Völker durch eine projektionsbeladene
Rezeption historisch ihren Beitrag zur Entwicklung der modernen Kunst in Europa geleistet haben, so fremd sind den Europäern trotzdem die
afrikanischen Lebensverhältnisse geblieben. Mit
der Ausstellung „Le surréel Congo“ will der Kurator auch eine Vermittlung dieses Defizits erreichen, mehr noch darauf hinweisen, dass sich das
riskante Leben für viele im Kongo eher durch die
Karikatur, die Verfremdung bewerkstelligen lässt
als durch konventionelle Alltagsorganisation.
PETER ORTMANN
„Le surréel Congo“ I bis 3.9. I Museum für Kunst
und Kulturgeschichte Dortmund
0231 5 02 55 22
RuhrKunst
Anselm Kiefer, Deutschlands Geisteshelden, 1973, Kohle und Ölfarbe auf Sackleinen über Leinwand, 306 x 680 cm, The Broad Art Foundation, Santa Monica,
Foto: © Anselm Kiefer, courtesy Museum Küppersmühle
Helden der Gegenwartskunst
Die Duisburger Küppersmühle zeigt Papierarbeiten von Beuys und Kiefer
Anselm Kiefers monumentales Bild „Deutschlands Geisteshelden“ (1973), auf das
man in der Küppersmühle frontal zuläuft, ist ein Schlüsselwerk dieser Ausstellung. Trotz seiner graphischen Wirkung mehr Malerei als Zeichnung, zeigt es
eine riesige Dachkammer, die perspektivisch in die Tiefe fluchtet. Die brennenden
Fackeln an den Seiten sind die einzige Farbigkeit im Bild. Das Gebälk schließt
den Raum atmosphärisch dicht und hermetisch zusammen, als konserviere er ein
Geheimnis für die Ewigkeit. Oben, über den Dachbalken ist von Hand der Titel
geschrieben, unten, auf den Bohlen stehen klein die Namen von „Geisteshelden“
des 19. Jahrhunderts wie Hölderlin, Böcklin, Stifter. Dazwischen als einziger
Künstler der Gegenwart: Joseph Beuys. – Für Kiefer ist Beuys der bedeutendste
Künstler des 20. Jahrhundert; zu ihm ist er 1971 aus dem Odenwald nach Düsseldorf gefahren und fühlte sich von ihm bestätigt. Beuys wurde für Kiefer (der
zuvor an der Karlsruher Akademie studiert hatte) zum Lehrer und Mentor, ohne
dass sich die beiden oft sehen mussten … Umso mehr überrascht es, dass die
zwei Künstler, die mit ihren Ausstellungen in Amerika wesentlich zur internationalen Etablierung der deutschen Kunst beigetragen haben, noch nie in einer
dialogischen Ausstellung präsentiert wurden. In der Küppersmühle wird dies nun
anhand von Arbeiten auf Papier nachgeholt.
Für die Rezeption des Werkes von Anselm Kiefer sind Zeitpunkt und Ort ideal.
Kiefer stellt derzeit umfassend in der Bundeskunsthalle in Bonn aus – mit Werken
aus der Sammlung Grothe und kuratiert von Walter Smerling – und im Museum
Küppersmühle in Duisburg befinden sich im zweiten Obergeschoss permanent
die vier kapitalen, wandfüllenden Materialbilder der Reihe „Sternenlager“ (1998).
Anselm Kiefer erweist sich hier als Künstler der großen Geste und des Pathos, der
mit viel Aufwand monumentale Werke schafft, die von der deutschen Geschichte
und deren Mythologie handeln. Die Malerei ist in dicken Schichten aufgetragen,
aber sie ist auch außerordentlich feinteilig. Auf etlichen dieser Bilder sitzen noch
Schlacke, Pflanzen, Holz oder Stücke aus Blei. Zumal vor dieser Erfahrung – und
mit den riesigen, schweren Installationen und den viele Meter langen Bildern,
die es in Bonn zu sehen gibt, im Kopf – konzentriert sich nun die Ausstellung im
Erdgeschoss der Küppersmühle auf die im Format moderaten Papierarbeiten von
Anselm Kiefer, die freilich immer noch präsenter als die Blätter von Joseph Beuys
auftreten. „Eine Konfrontation, die keine Konfrontation ist“, sagten Walter Smerling und Götz Adriani als Kuratoren bei der Pressekonferenz, an der Anselm Kiefer
selbst nicht teilnahm. Immerhin soviel: Die Ausstellung, die er mit arrangiert hat,
verstehe Kiefer als Ehrung für Joseph Beuys.
Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Eingeleitet mit Künstlerbüchern, die sich oft aus Fotografien zusammensetzen,
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konzentriert die Ausstellung einzelne Werkblöcke im steten Wechsel der Künstler. Für Beuys ist die Zeichnung auf Papier ein wesentliches Medium. Im Zentrum
von Kiefers Schaffen steht von Anfang an das Künstlerbuch, als Prozess der Veränderung im Umblättern und des „buchhalterisch“ Archivarischen – dies führt
dann zu seinen Plastiken aufeinander getürmter Bleibücher.
Das Blatt Papier selbst ist bei Kiefer ganz mit Malerei besetzt. Schon um 1970
legt er auch bei den Papierarbeiten eine sogartige landschaftliche Weite an. Die
deutsche Geschichte mit der christlich-jüdischen Kultur ist bereits Thema. In dieser Zeit entstehen auch die fotografischen „Heroischen Sinnbilder“, bei denen
er an historisch aufgeladenen Orten den Hitlergruß aufführt und dadurch den
Umgang mit unserer Vergangenheit und dem Holocaust thematisiert.
Beuys ist in der bildnerischen Umsetzung ganz das Gegenteil. Seine Maßnahmen
auf dem Blatt sind zart, oft mit Bleistift in prozesshafter Vervollkommnung begriffen. Das Papier wird zum Informationsträger, es ist billig, angeschnitten, und
die Figur ist in es hinein gesetzt, Farbigkeit findet sich kaum. Trotzdem sind die
Darstellungen autark und elaboriert. Die Kunst von Joseph Beuys (1921-1986),
der 1961 auf den Lehrstuhl für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf
berufen wurde, basiert auf der anthroposophischen Lehre; er hat diese mit seiner Biographie und den Riten von Naturvölkern verwoben und in alchimistisch
anmutenden Prozessen plastisch umgesetzt. Diese individuelle Mythologie hat
Beuys mit einem außerordentlichen politischen Engagement verbunden. Von all
dem aber unterscheidet sich Anselm Kiefer (geb. 1945) entschieden. Kiefer, der
mit seinem Atelier 1993 in das südfranzösische Barjac übergesiedelt ist und seit
2007 in Paris lebt, vertritt die radikale Position des Künstlers, der zur Gesellschaft
auf Distanz bleibt und an seiner Vision arbeitet. Er bildet das solitäre Zentrum
eines Netzes aus Mythen unterschiedlicher Völker und Kulturen. Aber Kiefer geht
es wie Beuys immer ums Ganze, um die Existenz des Menschen in der Welt und
seine Einrichtung in der Schöpfung. Im übertragenen Sinne teilt das auch das
Bild „Deutschlands Geisteshelden“ mit: Sowohl Kiefer als auch Beuys begeben
sich in ihrer Kunst auf eine Spurensuche jenseits ausgetretener Pfade; beide definieren den Umgang mit Geschichte neu und arbeiten dazu mit der Verletzlichkeit
der Oberfläche. Sie entwickeln hoch komplexe mythisch und mystisch aufgeladene Philosophien und werden damit zu kompromisslosen Forschern, denen man
mitunter nur schwer folgen kann. Wie gut, dass es diese Ausstellung gibt.
www
THOMAS HIRSCH
„Joseph Beuys und Anselm Kiefer. Zeichnungen – Gouachen – Bücher“
bis 30. September I Museum Küppersmühle, Duisburg
„Anselm Kiefer – Am Anfang“ I bis 16. September I Bundeskunsthalle Bonn
Sammlung
Gut für Schachversager: Die Spielschachtel ist leer, „Optimistic Box No. 3” von Robert Filliou © M&P Ortmann, Bochum
„Fluxus hat nicht nur die historische Dimension“
Eine Ausstellung im Dortmunder U über grundlegende Ideen des Fluxus, die auch die Kunst unserer Gegenwart prägen
Vor 31 Jahren ratterte der Fluxus-Zug von Wolf ließ. Der Sammler vermachte uns immer wieder –
Vostell durchs Ruhrgebiet. Machte mit dem so auch kürzlich – bedeutende Werke als SchenMeister Station an unbedeutenden Orten des kungen. Dazu kommen die Dauerleihgaben aus
Reviers und brachte den Menschen die Kunst ins dem Nachlass des 2009 verstorbenen Sammlers
Haus, viele hielten den Pionier des Fluxus und Hermann Braun.
Happening damals für einen Spinner mit Havanna-Zigarre. Seit 1989 steht auf dem Mittel- Ist die Ausstellung auch eine historische Rückstreifen des Hohenzollernrings in der Ford-Stadt schau auf linke Kunst der 1970er Jahre?
Die Ausstellung stellt die verKöln seine Auto-Betonskulptur
schiedenen Facetten von Fluxus
„Ruhender Verkehr“ von 1969.
„Wir versuchen, die Besucher
Vostell vergoss aber interessan- durch Handlungsanweisungen zu vor. Es war eine Bewegung, die
terweise einen Opel Kapitän. Teilnehmern an der Kunst in der Kunst und Alltag miteinander
verbinden wollte. Die Kunst von
Das Museum Ostwall zeigt nun
Ausstellung zu machen“
Fluxus zeichnet sich dadurch aus,
mit der Ausstellung „Fluxus –
Kunst für Alle!“ seinen Bestand an Werken, Ob- dass sie verschiedene Materialien und Medien verjekten und Dokumenten aus der Zeit der Fluxus- bindet und auch unterschiedlichste Strategien hat:
Bewegung der 1960er und 1970er Jahre. trailer Dazu gehört das Subversive, das Ironische, das Husprach mit dem Museumschef und Kurator der moristische, das vom Zen-Buddhismus Beeinflusste,
das Spielerische, das Modellhafte, das Musikalische,
Ausstellung Kurt Wettengl.
aber eben auch das Gesellschaftskritische. Insofern
trailer: Herr Wettengl, warum darf man in einem kann man Ihre Frage nicht mit dieser Ausschließlichkeit beantworten. Wenn Sie aber mit links eine
Museum umgraben?
Kurt Wettengl: Sie spielen auf die Kunstinstallati- gesellschaftskritische Haltung meinen, dann gilt
on „Umgraben“ von Wolf Vostell in unserer Fluxus- das sehr wohl auch für diese Ausstellung.
Ausstellung an. Der erdachte diese wichtige Aktion,
in der die Besucher mit Spaten in einem ursprüng- Die Objekte waren eigentlich funktionslose
lich realen und nun im Museum nachgebauten Ware und die Kunst des Fluxus wollte nie bürTorfbeet graben und dabei elektronische Klänge gerlicher Fetisch sein. Wie verträgt sich das mit
erzeugen. Vostell war einer der wichtigen Fluxus- einer Museumsausstellung?
Künstler in Deutschland. Der aus Litauen stammen- Die Ausstellung zeigt insgesamt etwa 300 Expode US-amerikanische Grafiker und Künstler George nate. Aber, das ist richtig, Fluxus lebte – wie die
Maciunas organisierte ab 1962 Fluxus-Ereignisse Kunst und die Aktionen der hierfür wichtigen Daund erfand die Bezeichnung Fluxus. Darunter ver- daisten der 1920er Jahre – sehr von der Aktion der
stand er insbesondere den Akt des Fließens. Wir Künstler und der Handlung auch des Publikums.
erinnern mit der Ausstellung an die Anfänge vor 50 Aber das reizt uns gerade an dieser Ausstellung.
Jahren in Wiesbaden, Düsseldorf und Wuppertal, an Natürlich wollen wir auch den Aktions- und Hapdie Fluxus-Bewegung der 1960er und 1970er Jahre peningcharakter von Fluxus zeigen. Und wir versuchen, die Besucher immer wieder zu Teilnehmern
und deren heutige Aktualität.
an der Kunst in der Ausstellung zu machen, durch
Bestreiten Sie die Ausstellung ausschließlich aus Handlungsanweisungen beispielsweise. Wir werden
Fotografien, Texte oder auch Flugblätter auf Folien
eigenen Beständen?
Wir zeigen Bestände des Museums Ostwall, die sich reproduzieren, das Publikum kann diese dann selbst
aus zwei Quellen speisen. Die wichtigste ist die von mittels Overheadprojektoren an die Wand projizie1968 bis heute bestehende Verbundenheit mit dem ren, und sich das Thema assoziativ oder durch seine
Remscheider Sammler Wolfgang Feelisch. Wir ha- besonderen Interessen geleitet erschließen.
ben mit Mitteln der Freunde des Museums und der
Stadt Dortmund im vergangenen Jahr – wie früher Fluxus ist tot – wie aktuell ist Fluxus in der
schon einmal – bedeutende Kunstwerke, Doku- Kunst heute?
mente, Fotografien und Relikte der Fluxus-Kunst- Fluxus ist sehr aktuell in der Kunst. Es ist ja schon
aktionen aus seiner Sammlung erwerben können. problematisch, von „der“ Fluxusbewegung zu spreHinzu kommen wichtige Dauerleihgaben Feelischs, chen, denn es war ja ein mal engeres, mal loseres
die er heute wie früher dem Museum Ostwall über- Netzwerk von Künstlerinnen und Künstlern, die ins-
www
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besondere in den USA, West- und Osteuropa künstlerisch gemeinsam oder einzeln agierten. Wichtig
für diese inzwischen historische Phase des Fluxus
war die Idee der Verbindung von Alltag und Kunst,
das Intermediale sowie die Offenheit des Kunstwerks, der Prozess, das Modellhafte, das Performative unter Beteiligung des Publikums. Das alles
sind Momente, die heute von Künstlern, die auch
in gesellschaftlichen Zusammenhängen denken,
immer wieder als wichtig erachtet werden. Insofern
hat Fluxus eben nicht nur die historische Dimension, sondern auch eine ganz aktuelle, und das macht
es so spannend.
Ist Beuys immer noch das Highlight?
Für bestimmte Künstler schaffen wir in der Ausstellung „Fluxus – Kunst für Alle!“ eigene Räume: für
George Brecht, Robert Filliou, Milan Knížák, Dick
Higgins, Allan Kaprow, Alison Knowles und Wolf
Vostell. Die Arbeiten von Joseph Beuys sind – wie
manch andere Arbeiten des Fluxus – parallel dazu
weiterhin in den Räumen des Museums zu sehen,
so dass die Sammlungspräsentation des Museum
Ostwall auf den Ebenen 4 und 5 im Dortmunder
U und unsere Sonderausstellung auf der Ebene 6
verbunden sind. Beuys ist dabei ein zentraler Punkt.
Und die Verbindung von Fluxus und Ruhrgebiet
ist ja auch nicht ungewöhnlich?
Überhaupt nicht. Man denke gerade daran, wie
wichtig die Galerie von Inge Becker in Bochum gewesen ist, die ja mit Allan Kaprow und Wolf Vostell
in den 1970er Jahren eng zusammengearbeitet
hat. Auch Remscheid mit seinem VICE-Versand war
nicht weit vom Ruhrgebiet entfernt. Ein weiteres
wichtiges Zentrum war 1962 für die Fluxuskonzerte
Düsseldorf und in den Folgejahren auch die Galerie
Parnass in Wuppertal. INTERVIEW: PETER ORTMANN
ZUR PERSON
Prof. Dr. Kurt Wettengl, geboren 1954
in Dieburg/Hessen. Studium der Kunst/
Visuellen Kommunikation, Geschichte
sowie Erziehungswissenschaften und der
Kunstgeschichte in Marburg, Osnabrück
und Kassel. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum für Kunst- und Kulturgeschichte in Dortmund (1988-90); danach
stellvertretender Kustos und zuletzt Kommissarischer Direktor
am Historischen Museum in Frankfurt am Main. Seit Januar
2005 Direktor des Museums am Ostwall.
Foto: Ostwall Museum, Dortmund
Kunstwandel
Kunst in NRW
Kunstsommer-Gäste: Die „Old Blind Dogs“ am 12.8.
Mitten im Sauerland
Bridget Riley, Red with Red 1, 2007, Öl/Lw, 169 x 251 cm (Ausschnitt), © B. Riley
Zwei Charaktere in ihrem Fach
Ausstellungen mit Thomas Schütte und Bridget Riley
Zehn Tage lang Kunstsommer in Arnsberg
Kunst ist Kommunikation. Dazu gehören in Arnsberg alljährlich zehn
Tage lang Open-Air-Aktionen, Lichtspiele, Konzerte. Die Stadt wird dafür
zwischen Klosterbezirk und Glockenturm, zwischen Neumarkt und Sauerland-Theater zur Bühne mit ungewohnten Klängen und außergewöhnlichen Einblicken. Alljährlich in der letzten Woche der Sommerferien wird
der Sitz des gleichnamigen Regierungsbezirks mit dem „Kunstsommer“
zum kreativen Zentrum Westfalens. In mehr als 40 Workshops unterrichten unter dem Motto „Bei den Besten lernen“ auch weltweit bekannte
Dozenten.
Der Kunstsommer 2012 steht unter dem Motto: Kommunikation. Im Vordergrund soll das gemeinsame Erleben und Schaffen von Kunst stehen.
Das ist auch eine historisch bedeutsame Entwicklung, gehörte doch der
Umgang mit den schönen Künsten nie zum Erlebnishorizont der einfachen
Bürger. Inzwischen existiert der Gegensatz zwischen Kunst und Gesellschaft in seiner alten Form nicht mehr. Die Kunst ist zu einem eigenständigen sozialen System geworden, anerkannt ist sie in Zeiten knapper Kassen deshalb noch lange nicht. Dennoch kann man im Arnsberger
Kunstverein zumindest ihre Ursprünge und ihre Wirkungsweisen erkennen.
Von Anbeginn an, siehe die einschlägige Höhlenmalerei weltweit, hat sich
die Geschichte der Kunst aus dem Abstraktionsvermögen Einzelner entwickelt. Die Ausstellung „Public Abstraction, Private Construction IV und V“
untersucht im Kunstverein das gedankliche Verfahren von Abstraktion am
Beispiel von Projekten in öffentlich erfahrbaren Situationen. Von Marco
Bruzzone & Patrick Tuttofuoco über Santiago Sierra bis zum Altmeister
der Aktionskunst Timm Ulrichs reicht die Palette der 15 Künstler, die sich
dort mit der Situation des öffentlichen Raums auseinandersetzen. Die
Kuratoren und Künstler sind dabei nicht so sehr an formalistischen Entwicklungen oder an Abstraktion als bildnerischem Ergebnis interessiert,
sondern vielmehr an dem Weg und Entstehungsprozess des Kunstwerks.
Die Wahrnehmung der Arbeiten findet also nicht in der Galerie, sondern
eher in den Köpfen der Künstler statt, mit all ihren Ideen und Turbulenzen.
Ganz anders geht es da schon im Märchenwald zu. Schließlich ist 2012
auch das Jahr der Gebrüder Grimm. Auch Märchen erzählen ist Kommunikation im Sinne des Mottos. Tatort ist das Wiesenstück zwischen dem
RWE-Gebäude und dem Wohnhaus Förster am Verbindungsweg zwischen
dem Ruhrradweg und dem Europaplatz an der Johanneskapelle. Hier soll
dann die StabART-Installation stehen, bei der auch Zwerge und andere
Waldbewohner zu Zuhörern gemacht werden. Unter dem Laubdach der
dort stehenden Rotbuche sind dann zwei Meter hohe Stabreihen entlang
der vorgegebenen Rasenkante aufgestellt. Dazwischen werden aus Stäben, Stahl und Drahtgeflecht konstruierte „Bäume“ platziert. Ein ziemlicher Kontrast zum geheimnisvollen „Guerilla Knitting“, über das es noch
keine offiziellen Informationen gibt, genauso wenig wie über die kommunikativen Drahtbügel, dem Mitmachprojekt im diesjährigen Kunstsommer.
PETER ORTMANN
Kunstsommer Arnsberg I 10. bis 19.8.
Infos: 02931 893 11 20
Von Thomas Hirsch
Vielleicht hängt es mit der Popularität von Kunst im Jahr der documenta zusammen, dass derzeit so viele Ausstellungen auf höchstem Level stattfinden. Leverkusen stellt Rosemarie Trockel im Dialog mit Paloma Varga Weisz aus, das
Kunstmuseum Bonn zeigt Lewis Baltz, Köln Claes Oldenburg und die Küppersmühle Duisburg und die Bundeskunsthalle Bonn Anselm Kiefer und die Langen
Foundation in Neuss Sofia Hultén. Und im Ständehaus der Kunstsammlung NRW
in Düsseldorf ist eine Ausstellung mit Thomas Schütte (geb. 1954) zu sehen, der
vor einigen Jahren mit dem Goldenen Löwen der Biennale Venedig ausgezeichnet
wurde. Gezeigt wird seine Arbeit „Watt„Wesen und Basis unserer
wanderung“ aus dem Jahr 2001, bestehend
Existenz“
aus 138 Radierungen. Thomas Schütte hat
einzelne Dinge, Gesichter, Natur knapp notiert und teils um Worte ergänzt. Gerade dieses Lapidare zwischen Alltag und spürbarer Umkreisung erweist sich als
Sensorium und Trauerarbeit zu den so schrecklichen Ereignissen von 2001. Und
indem die Radierungen an Spannleinen aufgehängt sind, wird die Bewegung dazwischen zu einem Impuls der Bildfolge. Der Betrachter bahnt sich einen Weg,
er wechselt seinen Kurs, blickt zurück und schaut auf die weißen Rückseiten.
Im Ständehaus hat Schütte zwischen den Räumen mit den Radierungen überdies zwei seiner überlebensgroßen „Krieger“ aus Holz platziert, die das Thema
von privatem Frieden und öffentlicher Katastrophe als Skulptur vertiefen. Thomas Schütte, dieser wirklich bedeutende, dabei so zurückhaltende und lakonische
Künstler benennt gesellschaftliche Anliegen und thematisiert sie auf eindringlich
anschauliche Weise.
Wie anders wirkt doch die Ausstellung mit Bridget Riley in Siegen! Dort zeigt das
Museum für Gegenwartskunst anlässlich der Verleihung des Rubenspreises ihre
gegenstandsfreien üppigen Farb-Malereien seit den 1980er Jahren. Man kann der
81jährigen Engländerin ewig zuhören. Sie ist eine präzise und charmante Vermittlerin ihrer Werke und ihrer Sicht auf die Kunstgeschichte; ein Buch mit ihren
Texten umfasst 400 Seiten. Aber birgt das nicht die Gefahr, dass die Kunst selbst
zu theoretisch oder didaktisch ausfällt? Indes geht bei Bridget Riley alle Malerei
vom Sehen aus, einsetzend mit der Erfahrung von Landschaft und Natur. Mit
ihrer Kunst gilt sie als Klassikerin der Op Art und heute als Vertreterin einer organischen Konkreten Kunst. Die Ausstellung in Siegen aber belegt, wie vielschichtig
dieses Werk ist, und warum Riley zu den großen Malern der Gegenwart gehört,
ausgezeichnet mit dem Großen Preis für Malerei der Biennale Venedig und dem
Praemium Imperiale. Ihre Gemälde und Wandmalereien umfassen, als All-Over
ohne Zentrum, vertikale, teils diagonal gebrochene Reihen farbiger Streifen oder
Kurven und geschwungene Farbformen, die sich umlagern. In
Siegen geht es immer wieder um Rottöne. Die Bilder strahlen
Ruhe, Stabilität und Dynamik zugleich aus … Während Thomas Schütte den Zustand unserer Zivilisation wie leichthin
in verschiedenen künstlerischen Medien reflektiert, thematisiert Bridget Riley das Wahrnehmen unseres Lebensraumes
mittels akkurater Malerei. Beide Künstler forschen nach dem
Thomas Hirsch
Wesen und der Basis unserer Existenz, über alle politischen
Kunsthistoriker,
Kurator und Journalist und ästhetischen Fragen hinaus.
www
„Thomas Schütte – Wattwanderung“ I bis 9. September
K21 Ständehaus, Düsseldorf I www.kunstsammlung.de
„Bridget Riley – Rubenspreis der Stadt Siegen“ I bis 11. November
Museum für Gegenwartskunst Siegen I www.mgk-siegen.de
45
Kunst-Kalender
FREUNDESKREIS
KUNSTWERKSTATT
AM HELLWEG
WATTENSCHEIDER HELLWEG 9
44869 BOCHUM
TEL 02327 957433
FAX 02327 957434
[email protected]
www.kunstwerkstatt-am-hellweg.de
Konzerttermine
Klavierabend mit Chiara Montelatici
Beethoven, Chopin
17. August 19:30
19. August 16:00
David Reed, #581, 2007-08, Öl und Alkyd auf Leinen, 66 × 127 cm,
© VG Bild-Kunst, Kunstmuseum Bonn
Die Kunst-Termine NRW
Franz Schubert – Festival
s!LLE7ERKEFÌR6IOLINEUND+LAVIER
s$IE+LAVIERTRIOS
AACHEN – Ludwig Forum
www.ludwigforum.de
"ORIS+UCHARSKY6IOLINE
Hauke Hack, Cello
Elizabeth Hopkins, Klavier
24. August 19:30
25. August 19:30
26. August 16:00
Joseph Beuys und Anselm Kiefer 29.6.Phyllida Barlow bis 26.8.
Installationen mit Farb- und Formgespür 30.9.
Papierarbeiten und Bücher der beiAACHEN – Suermondt-Ludwig-Museum
den Hauptvertreter der Individuellen
www.cornelis-bega.de
Mythologie
Cornelis Bega bis 10.6.
ESSEN – Museum Folkwang
Virtuose holländische Malerei des 17. Jh. www.museum-folkwang.de
2EINHARD#EBULLA+ULTURPROGRAMMAUF
hohem Niveau 2007
BIELEFELD – Kunsthalle
www.kunsthalle-bielefeld.de
n unter
Ticket s sicher
m.de
co
es
w w w.gam
Bild des Monats
Die in der Kunstwerkstatt entstehenden Bilder stehen zum
Verkauf. Preise nach Vereinbarung. Der Erlös dient der Finanzierung der Konzertveranstaltungen. An dieser Stelle stellen
wir monatlich ein Bild vor.
DUISBURG – Museum Küppersmühle
www.museum-kueppersmuehle.de
Geschichten zeichnen bis 15.7.
Positionen der zeitgenössischen Grafik
Sou Fujimoto 3.6.-2.9.
HAGEN – Osthaus Museum
Der japanische Architekt (geb. 1971) mit www.osthausmuseum.de
seinen verblüffenden neuartigen RaumMarkus Lüpertz bis 29.7.
entwürfen
Werküberblick der Malerei und Plastiken
BOCHUM – Kunstmuseum
www.bochum.de/kunstmuseum
KÖLN – Museum für Angewandte Kunst
www.makk.de
Johannes Brus 2.6.-26.8.
Werkschau der Skulpturen und Fotoarbeiten Architekturteilchen bis 19.8.
Eine Geschichte des Bauens mit Modulen
16.–19.8.2012 KÖLN
Statik Elastik
BONN – Kunst- und Ausstellungshalle
www.kah-bonn.de
KÖLN – Käthe Kollwitz Museum
www.kollwitz.de
Romy Schneider bis 24.6.
Loth bis 10.6.
Eine dokumentarische Ausstellung mit Wilhelm
figürliche Bildhauerei nach
vielen Zeugnissen vom Filmstar und der Reduzierte
1950
Privatperson
BONN – Kunstmuseum
www.kunstmuseum-bonn.de
Lewis Baltz bis 2.9.
Werkgruppen des amerik. Fotografen
BRÜHL – Max Ernst Museum des LVR
www.maxernstmuseum.de
www
KÖLN – Museum Ludwig
www.museum-ludwig.de
Yvonne Rainer bis 29.7.
Moderner Tanz und Avantgardefilme der
New Yorker Künstlerin und Choreographin
KÖLN – Wallraf Richartz Museum
www.wallraf.museum.de
Niki de Saint Phalle bis 3.6.
der Linie bis 10.6.
Das malerische und plastische Werk der Artisten
Niederländische Grafik des 17. Jahrhunberühmten Avantgarde-Künstlerin
dert
Sofia Hultén
Langen Foundation, Raketenstation Hombroich 1, 41472 Neuss
Telefon +49(0)2182/5701–15, www.langenfoundation.de
Installationsansicht Sofia Hultén – Statik Elastik, 2012
Courtesy Langen Foundation/Konrad Fischer Galerie, Düsseldorf/Berlin
7/7-7/10
2012
DORTMUND – Museum Ostwall
www.museumostwall.dortmund.de
KREFELD – Museum Haus Lange
www.kunstmuseenkrefeld.de
Heinz Mack bis 29.7.
Fabián Marcaccio bis 19.8.
Arbeiten und Entwürfe aus sechs Jahr- Kritische Malerei zwischen Fläche und
zehnten des Pioniers der ZERO-Bewegung Raum
DORTMUND – Zeche Zollern
www.ausstellung-zwangsarbeit.lwl.org
LEVERKUSEN – Museum Morsbroich
www.museum-morsbroich.de
Zwangsarbeit bis 30.9.
R. Trockel, P. Varga Weisz 17.6.-30.9.
Eine historische Ausstellung zu den Zwei Positionen aktueller Skulptur
Verbrechen der Zwangsarbeit durch die
NEUSS – Langen Foundation
NS-Diktatur
DÜSSELDORF – K20 Grabbeplatz
www.kunstsammlung.de
Fresh Widow bis 12.8.
Das Fenster als Motiv der Kunst seit 1912
DÜSSELDORF – Museum Kunstpalast
www.smkp.de
www.langenfoundation.de
Jan Albers: parcOurs mOrtale bis 24.6.
Bildobjekte des Düsseldorfer Künstlers
(*1971)
OBERHAUSEN – Ludwiggalerie
www.ludwiggalerie.de
El Greco und die Moderne bis 12.8.
Der berühmte manieristische Maler im
Dialog
At Home bis 16.9.
Künstlerische
Beschreibungen
und
Aussagen zum Leben und Alltag im
Ruhrgebiet
DÜSSELDORF – Kunsthalle
www.kunsthalle-duesseldorf.de
REMAGEN – Arp Museum Rolandseck
www.arpmuseum.de
Yüksel Arslan: Artures bis 24.6.
Werkschau der Malereien auf Papier
Köstlich! bis 14.10.
Stillleben alter Meister aus der Sammlung Rau
DUISBURG – LehmbruckMuseum
www.lehmbruckmuseum.de
WUPPERTAL – Von der Heydt-Museum
www.von-der-heydt-museum.de
Paul Thek bis 29.7.
Der legendäre amerikanische Künstler Der Sturm bis 10.6.
(1933-88) mit Plastiken und einer
Meisterwerke der Avantgarde der 1920er
Dokumentation
Jahre
Empfehlungen von Thomas Hirsch
46
46
Magenbitter
IMPRESSUM
Mitten im Spreewald
Über die Saure-Gurken-Zeit
Herausgeber: trailer Verlag
Joachim Berndt
Von Peter Ortmann
Und es war Sommer das erste Mal im Leben, es war Sommer, das allererste
Mal. Scheiß-Wetter, Scheiß-Sommer, Scheiß-Maffay, da hilft auch kein Magenbitter mehr. Saure-Gurken-Zeit zum Ärgern, selbst mitten im Spreewald
hat man keine Ruhe mehr. Touristen, wohin das Auge schaut, Nachen voller
Bermudashorts lärmen durch die Wälder, kein Vogel, der mehr zwitschert,
kein Rehkitz, das blöd um die Ecke schaut. Ärger, Ärger, Ärger, wohin man
auch sieht. Laptop an: Ankleiden der Olympioniken. Wen sehe ich? Michael
Vesper, braun gebrannt und fintenreich zwischen Tonnagen an nagelneuen Klamotten. „Fröhliche Kleidung“ nennt das der ehemalige grüne NRWKulturminister, der Erfinder der RuhrTriennale, der Klempner der alternativen
Szene, der flugs umsattelte ins schicke Generaldirektorenamt des Deutschen
Olympischen Sportbundes (DOSB).
Jetzt will er beim Medaillensammeln Weltspitze bleiben. Vesper fordert auch
eine bessere finanzielle Ausstattung der Anti-Doping-Agenturen. Das Geld
solle von den Bundesländern und aus der Wirtschaft kommen. Da wird sich
Nordrhein-Westfalen freuen, und wie bitteschön sollen wir dann beim Medaillensammeln Weltspitze bleiben? Schnell weiterzappen und die nächste
saure Gurke in den Mund schieben. Ach ja, jetzt geht es um Korruption im
Weltfußball und um einen gewissen Herrn Blatter, der angeblich nichts gewusst hat. Kriminaltango in der FIFA, wer schaut sich den Scheiß eigentlich
noch an, immerhin protzt dieser Verband damit, über angeblich 1,3 Milliarden Dollar Rücklagen zu verfügen. Soll der doch die Anti-Doping-Agenturen
finanzieren. Ärgern auf ganz hohem Niveau ist im Sommer kaum möglich,
es passiert einfach nichts. Mal was Außergewöhnliches bei der Kultur wenigstens. Dass das Klavierfestival Ruhr angeblich wieder schwarze Zahlen
schreibt, ist auch nicht so der Bringer, denn die meisten Zahlen, die das untermauern könnten, bleiben unter Verschluss.
Der Leichenskandal in Köln ist längst abgekocht, dass die Nachwuchsautorin Helene Hegemann (20), ich kenne ihren Vater, dort ein experimentelles
Musiktheaterstück inszenieren wird. So what. Die Mühlen der kulturellen
Seilschaften mahlen schnell und geschmiert wie eh und je. Warum sollte das
dort anders sein als bei der FIFA? Und bei der Gähn-Tour de France in diesem
Jahr wurde ja auch nicht mehr gedopt. Ganz bestimmt. Die zweite Flasche
Magenbitter schmeckt schon nicht mehr so mies wie die erste beim Regen.
Und so findet der Mensch-ärgere-dich eher Gefallen an dieser Posse aus dem
ostwestfälischen Werther. Dort ist bei Aufräumarbeiten im Wohnhaus des
Malers Peter August Böckstiegel ein seit Kriegsende verschollenes Familienbild des westfälischen Expressionisten aufgetaucht. Das zwei Meter mal ein
Meter große Gemälde aus dem Jahr 1924 ist eine doppelte Überraschung:
Nicht nur, dass es sechsmal gefaltet war, auf der Rückseite der Leinwand fand
man auch zwei bisher unbekannte weibliche Akte aus dem Jahr 1914. Und das
beim ollen Böckstiegel, der doch so was sonst nie, oder eher nur selten ... Na,
dann den Laptop im Spreewald zuklappen.
Wo sind die letzten Gurken?
Redaktion: Linda Hoemberg (v.i.S.d.P.),
Maren Lupberger
47
Mitarbeit an dieser Ausgabe:
Lars Albat, Siliva Bahl, Raymond Boy,
Frank Brenner, Lutz Debus, Hartmut
Ernst, Rolf-Ruediger Hamacher, Thomas
Hirsch, Dawid Kasprowicz, Klaus Keil,
Thomas Linden, Anne Nüme, Karsten
Mark, Lisa Mertens, Christian Meyer, Peter Ortmann, Betty Schiel, Anke-Elisabeth Schoen, Frank Schorneck, Sebastian23,
Ann Katrin Thöle, Christian Werthschulte,
Hans-Christoph Zimmermann
www.trailer-ruhr.de
www.facebook.com/trailerRuhr
Projektleitung:
Ralf Schiessl
16.–19.8.2012 KÖLN
Grafik: Michael Hennemann, Martin Johna,
Mira Moroz, Thomas Müller
Gestaltung:
PS Grafik GmbH, 40213 Düsseldorf
Anzeigenverwaltung:
Berndt Media
Joachim Berndt www.berndt-media.de
Dr.-C.-Otto-Str. 196, 44879 Bochum
Tel. 0234-94191-0
Fax 0234-94191-91
E-Mail: [email protected]
Buchhaltung: Karin Okniewski
Druck: Henke Druck
Verbr. Auflage:
IVW II/2012 30.847
Alle nicht gesondert gekennzeichneten
Bilder sind Pressefotos.
www
August 2012
www.trailer-ruhr.de
www
SAMSARA
barakasamsara.de
EIN FILM VON RON FRICKE
ab 23.8. im Kino

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