Wertschöpfungsverteilung in Produktionsnetz werken optimieren zur

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Wertschöpfungsverteilung in Produktionsnetz werken optimieren zur
Titelthema – Bericht
Planung, Produktionsmanagement
Wertschöpfungsverteilung in Produktionsnetzwerken
optimieren zur Senkung der Gesamtkosten
A. Prinz, S. Ost
Viele Betriebe produzieren heute in geografisch verteilten Netzwerken, die durch Zukauf
von Unternehmen und Outsourcing entstanden sind. Innerhalb dieser gewachsenen
Strukturen besteht häufig keine Transparenz
über das Gesamt-Netzwerk. Bei den derzeitigen Methoden zur Gestaltung und Analyse
von Produktions- und Logistiksystemen werden weder die wechselseitige Beeinflussung
von Produktions- und Logistiksystem noch
die Auswirkungen von qualitativen Faktoren
auf die Kosten berücksichtigt. Deshalb stehen Unternehmen häufig vor dem Problem,
strategische Entscheidungen ohne fundierte
Grundlagen treffen zu müssen. Hier setzt das
vom Fraunhofer IPA in einem Forschungsprojekt entwickelte Verfahren zur Senkung
der Gesamtkosten eines Produktionsnetzwerks durch optimale Verteilung der Wertschöpfungsstrukturen an.
Das Vorgehensmodell des Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und
Automatisierung (IPA), Stuttgart, unterteilt sich in die fünf Planungsphasen
– Projektinitialisierung,
– Ist-Analyse,
– Szenarienentwicklung,
– Szenarienanalyse und
– Modellierung eines Soll-Szenarios
(Bild 1).
Innerhalb der „Projektinitialisierung“
werden die Unternehmensziele detailliert identifiziert und dokumentiert.
Die „Ist-Analyse“ besteht aus der
Abbildung des Netzwerks, einer Datensammlung und der Einarbeitung dieser
Daten in eine vom Fraunhofer IPA entwickelte Visualisierungstechnik. Diese
bildet die entscheidende Grundlage des
Verfahrens, welches die vollständige
Transparenz über alle notwendigen
quantitativen und qualitativen Informationen des Produktionsnetzwerks ermöglicht (Bild 2). Auf der waagerechten Achse befinden sich die einzelnen
Wertschöpfungsstufen, auf der senkrechten Achse wird das Netzwerk des
Unternehmens mit den relevanten Zulieferern und Kunden abgebildet. In jedem
Feld, das sich jeweils durch eine Wertschöpfungsstufe und ein Unternehmen
definiert, wird der Wareneingang (hell-
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Bild 1. Durchgängiges Vorgehensmodell
grünes Feld) und der Warenausgang
(dunkelgrünes Feld) dargestellt. So ist
zu erkennen, welche Produkte als Input
in die Wertschöpfungsstufe einfließen
und welche als Output mit einer Wertsteigerung aus der Wertschöpfungsstufe
herauskommen. Die einzelnen Felder der
Wertschöpfungsstufe enthalten den Namen des Rohstoffs der Einzelteile oder
Komponenten. Über das Verbinden des
Warenausgangs einer Wertschöpfungsstufe mit dem Wareneingang der darauf
Dipl.-Math. oec. Andrea Prinz
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefanie Ost
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA)
Nobelstr. 12, D-70569 Stuttgart
Tel. +49 (0)711 / 970-1986 oder -1954
Fax +49 (0)711 / 970-1927
E-Mail: [email protected]
oder [email protected]
Internet: www.ipa.fraunhofer.de
Info
Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesverband Mediation
in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA) über die Arbeitsgemeinschaft
industrieller Forschungsvereinigungen „Otto von Guericke“ (AiF)
gefördert.
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Fraunhofer-Gesellschaft
Bild 2. Durch die Visualisierung des Netzwerks Transparenz schaffen
folgenden Wertschöpfungsstufe werden
die Transporte im Netzwerk abgebildet.
Diese Art der Visualisierung hat den Vorteil, dass sie – ähnlich einem Baukasten
– beliebig durch andere Produktvarianten und Wertschöpfungsstufen erweitert werden kann.
Darauf aufbauend wird bei der „Szenarienentwicklung“ identifiziert, welche Veränderungen im Netzwerk zu welchen Potentialen führen.
Eine weitere „Datenanalyse“ mit anschließender Berechnung und Aufbereitung ermittelt, welche dieser Veränderungen wie viel Kosten einspart und
welches Risiko sie birgt. Zur Kostenaufnahme und -berechnung wurde eine Methode entwickelt, die Aufschluss darüber gibt, wie viel Kosten pro Wertschöp-
fungsstufe anfallen. Die strukturierte
Vorgehensweise hat den Vorteil, dass
sich die notwendigen Daten in kurzer
Zeit aufnehmen und analysieren lassen.
Es können dabei sowohl Vergangenheitsdaten als auch zukünftige Entwicklungen betrachtet werden. Die Daten
werden auf die einzelnen Wertschöpfungsstufen über einen speziellen
Schlüssel aufgeteilt, der für jedes Unternehmen neu definiert werden muss. Die
qualitativen Faktoren wie Fluktuation,
Flexibilität oder Sprachbarrieren werden
anhand eines Risikofaktors pro Wertschöpfungsstufe und Standort aufgenommen. Die Visualisierung der Kosten und Risikofaktoren erfolgt in Blockdiagrammen. Dies gestattet eine
schnelle Ermittlung von Kostentreibern
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je Standort, Wertschöpfungsstufe und
Jahr.
Durch die anschließende transparente Aufbereitung möglicher Szenarien mithilfe der in Bild 3 gezeigten
Darstellungsform, können Szenarien auf
einer fundierten Basis verglichen und
nachhaltige strategische Entscheidungen getroffen werden („Modellierung eines Soll-Szenarios“). In Zusammenarbeit mit einem Automobilzulieferer
wurde das neu entwickelte Verfahren bereits validiert. Mit der gezielten Gestaltung des Wertschöpfungsnetzwerks lassen sich Risiken wie Produktionsausfall
oder Lieferverzögerungen minimieren,
die Gesamtkosten bis zu 20 % senken
sowie interne und externe Abläufe harmonisieren.
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Bild 3. Visualisierung von Kosten und Risiken im Netzwerk
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