Das Weserstadion im Rampenlicht

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Das Weserstadion im Rampenlicht
Foto: nordphoto
Fotos: Martin Rospek
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REPORTAGE
Stadion
licht
Königsklassen-Outfit | Das Weser-Stadion
erstrahlt im charakteristischen ChampionsLeague-Blau – bis dahin sind bei jedem Spiel
fast zwei Tage dauernde Umbauarbeiten
erforderlich.
Erfahren | Jürgen Formella, Veranstaltungs­
leiter bei Eurest Sports and Food, überprüft
sogar die Fotos in den Cateringbereichen im
Weser-Stadion auf unerlaubte Werbung.
Jedes Mal, wenn Werder
in der Champions League
spielt, erhält das WeserStadion ein komplett neues
Aussehen. Der Aufwand
ist groß, die Vorgaben der
UEFA sind streng.
N
ormalerweise fällt das WeserStadion zwischen zwei Spieltagen in einen Dornröschenschlaf. Die meisten Zuschauer
verlassen die Ränge unmittelbar nach dem Abpfiff, das Reinigungspersonal säubert schnell die Spuren des
Bundes­liga-Spektakels. Dann wird es bis
auf wenige Ausnahmen ruhig, ehe allmählich die Vorbereitungen für das nächste
Spiel beginnen. Normalerweise. Es sei denn,
Werder hat ein Heimspiel in der Champions
League. Dann gleicht das gesamte Stadion
tagelang einer Baustelle, auf der nahezu
permanent geschraubt, geklebt, gearbeitet
wird. Die UEFA ist zu Gast, und sie stellt
hohe Ansprüche an den Hausherrn.
Als Ausrichter der Champions League
übernimmt die UEFA für die Dauer des
Spieltags die Regie im Stadion. Ihren Sponsoren hat sie exklusive Rechte zugesichert,
und entsprechend penibel achtet sie darauf,
dass diese an den Spielorten auch eingehalten werden. Für die Vereine, die in der
Königsklasse spielen, bedeutet das unter
anderem, dass keine andere Werbung als
die der UEFA-Partner zu sehen sein darf.
Wo sonst die Banner bremischer Unternehmen im Weser-Stadion hängen, prangt an
den Champions-League-Abenden das Logo
einer anderen Firma. Wo während eines
Bundesligaspiels Beck‘s ausgeschenkt wird,
bekommen die Gäste der UEFA Heineken
serviert.
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Jürgen Formella ist Veranstaltungsleiter
bei Eurest Sports and Food, dem CateringService, der bei Werder-Spielen für die Verpflegung der Gäste zuständig ist. Seinem
Blick entgeht bei den fälligen Umbaumaßnahmen in der Business-Loge nichts. Noch
strenger als seine Blicke sind nur die der
UEFA-Mitarbeiter, die abschließend prüfen, ob der gastgebende Verein sämtlichen
Verpflichtungen nachgekommen ist. Wenn
Werder am Dienstag in der Champions
League aufläuft, beginnt Formellas Arbeit
bereits am Sonntagmorgen. Gemeinsam
mit 40 Mitarbeitern sorgt er dafür, dass
alles verschwindet, was der UEFA missfallen
könnte. Firmenlogos an TV-Geräten werden überklebt. Preisschilder, auf denen das
Logo des Catering-Service zu erkennen ist,
­werden entfernt. „Was wir ändern können,
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Fleißige Hände | Werbeflächen werden
überklebt, der Medienbereich eingerichtet,
mehrere Kilometer Kabel verlegt und das
Champions-League-Logo angebracht.
REPORTAGE
Koordiniert und überwacht werden die
Arbeiten am Stadion in der Südtribüne.
Das ,Team Marketing‘ der UEFA hat hier
sein Büro errichtet. Drei Mitarbeiter aus
Luzern halten die Fäden in der Hand und
delegieren die mehreren hundert Helfer.
Man kennt sich mittlerweile aus bei Werder,
weiß um die Zuverlässigkeit des Clubs: „Der
Verein ist prima organisiert und weist eine
sehr gute Struktur auf“, lobt Christoph Jung,
der die Hauptverantwortung im Büro trägt.
Immer in greifbarer Nähe hat Jung das ‚Club
Manual’, eine ca. 150 Seiten starke ,Bibel für
Vereine‘. Hier stehen die präzisen Vorgaben,
die die UEFA jedem Champions-LeagueTeilnehmer zuschickt.
Vereinfacht dargestellt umfassen die
ge­for­derten Maßnahmen vier Punkte: Zum
einen muss das gesamte Erscheinungsbild
des Stadions verändert werden. Neben den
Firmenlogos werden auch alle Wegweiser
ausgetauscht. Die komplette Beschilderung
hat einheitlich in den Farben der UEFA zu
erscheinen. Der zweite Punkt bezieht sich
auf die Technik zur Aufzeichnung und Übertragung der Fernsehbilder. Vor jedem Spiel
werden mehrere Kilometer Kabel verlegt
und Kameras aufgebaut. Der Raum für die
Pressekonferenz wird ebenso neu gestaltet
wie die Pressetribüne, auf der zusätzliche
Plätze geschaffen werden. Der dritte Aufgabenbereich umfasst den Aufbau eines
UEFA-eigenen Akkreditierungssystems.
Als vierter und letzter Punkt ist schließlich zu jedem Spiel die Einrichtung eines
so genannten ,Champions Club‘ ge­fordert.
Dabei handelt es sich um einen Bereich im
Stadion, der am Spielabend nur erlesenen
Gästen der UEFA geöffnet wird.
Fotos: Martin Rospek
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ändern wir. Alles andere machen wir komplett neu“, sagt Formella, der seine Erfahrungen mit den Prüfern gemacht hat. „Es
ist meine fünfte Saison in der Champions
League. Wir wissen inzwischen, worauf die
UEFA achtet“, erzählt er. An einer Wand hinter ihm hängen Fotos, auf denen berühmte
Persönlichkeiten aus der Geschichte von
Werder Bremen abgebildet sind. Auf einem
sieht man im Hintergrund die Bandenwerbung im Weser-Stadion Anfang der 1990er
Jahre. Jürgen Formella nimmt das Bild ab.
Die Arbeiten am Stadion dauern bis
unmittelbar vor Anpfiff des Spiels an.
Kaum ist die Partie beendet, kehrt sich
der aufwändige Prozess wieder um. Aus
dem Champions-League-Stadion in Bremen
wird Schritt für Schritt das vertraute WeserStadion – bis zum nächsten Heimspiel in der
europäischen Königsklasse.
Gordon Päschel
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