U 212A - rcboot.de
Transcrição
U 212A - rcboot.de
Marine Marine U 212A Lutz Panknier Konventionelle U-Boote der neuesten Generation wie die U-Boote der Klasse 212A der Deutschen Marine können weltweit eingesetzt werden. Ihre vielfältigen Einsatzfähigkeiten hinsichtlich Effizienz und Effektivität sind für das neue Einsatzspektrum der Bundeswehr – weltweite Krisen- und Konfliktbewältigung – unverzichtbar. (Foto: HDW/YPF) Rolle und Perspektive im Aufgabenspektrum der Bundeswehr U 33 der Klasse 212A legt ab D iese U-Boote erfüllen die in der Konzeption der Bundeswehr geforderten sechs Fähigkeitskategorien: Führungsfähigkeit, Nachrichtengewinnung und Aufklärung, Mobilität, Wirksamkeit im Einsatz, Unterstützung und Durchhaltefähigkeit, Überlebensfähigkeit und Schutz in besonderem Maße. Rückblick Der Traum des Menschen sich unter der Wasseroberfläche aufzuhalten, lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Die Pionierarbeit reicht weit in die Geschichte zurück, angefangen von der Durchführung primitiver Tauchversuche bis hin zum Einsatz von Tauchbooten. Jedoch ließen sich wirkliche Erfolge erst mit Beginn des Zeitalters der Industrialisierung erreichen. Die Verwirklichung des Menschheitstraumes wurde endlich Autor Kapitän zur See Lutz Panknier ist Kommandeur der U-Bootflottille in Eckernförde. 58 März 2006 / Strategie und Technik technisch machbar. Letztlich ausschlaggebend war jedoch der Wille, militärische Aspekte zu verwirklichen. Als Beispiel mag der erste erfolgreiche Einsatz eines U-Bootes gegen ein Überwasserschiff im Jahre 1864 dienen, als das mit Muskelkraft angetriebene UBoot HORACE L. HUNLEY der Südstaatenstreitkräfte die 1 200 Tonnen verdrängende Nordstaatenkorvette HOUSATONIC mit sechs Spierentorpedos versenkte. Leider sank das U-Boot mit seiner 9-köpfigen Besatzung ebenfalls in diesem Kampf. Derartigen Rückschlägen konnten immer wieder große militärische Erfolge entgegengesetzt werden. So ver- senkte das deutsche U-Boot U 9 im Ersten Weltkrieg die britischen Panzerkreuzer ABOUKIR, HOGUE und CRESSY. Fortan war die Gefahr aus der Tiefe nicht mehr wegzureden, und ein neues Feld maritimer Rüstung tat sich auf. Auf der einen Seite gab es ein vielversprechendes Seekriegsmittel mit noch weitgehend brachliegendem Leistungspotential, das sich erst im Laufe der Jahrzehnte erschloss; auf der anderen Seite stimulierte die bloße Existenz von U-Booten die Entwicklung immer schlagkräftigerer U-Jagdkräfte. Selbst heute – nach über 100 Jahren erfolgreicher U-Bootentwicklung – kann (Foto: U-Boot Archiv) U 9 versenkte am 22. September 1914 drei britische Panzerkreuzer U-Boote Klasse 205 und 206A Das U-Boot wird heute in allen Gebieten der Meere eingesetzt. Seine unterschiedliche Ausprägung reicht vom in der Tiefsee operierenden ForschungsU-Boot, über den vielseitig einsetzbaren Tauchroboter bis hin zu den militärisch eingesetzten U-Booten. Die Entwicklung der Militär-U-Boote orientierte sich seit dem Zweiten Weltkrieg vorrangig am vorgegebenen Einsatzprofil der jeweiligen Betreibernation sowie den daraus resultierenden Ansprüchen auf eine Einsetzbarkeit dieses Seekriegsmittels in den Seegebieten nationalen Interesses. So war es für die Deutsche Marine eine logische Entscheidung, kleine konventionell angetriebene U-Boote (Klasse 205/206 später 206A) zu bauen, die trotz ihrer geringen Größe über eine hohe Schlagkraft verfügen. Sie wurden während der Zeit des Kalten Krieges äußerst erfolgreich – vorrangig in der Ostsee – eingesetzt. Seit dem Ende dieser Zeit und der daraus resultierenden geografischen Erweiterung des Einsatzgebietes stellt das Waffensystem U 206A nachdrücklich seine Einsatzfähigkeit auch gegenüber den neuen Herausforderungen unter Beweis. Sein Spektrum reicht vom Einsatz gegen andere U-Boote wie auch gegen Überwasserstreitkräfte, über den Einsatz als Minenlegeeinheit für offensive Minenfelder und als Verbringungsmittel für Spezialkräfte bis hin zur verdeckt agierenden Aufklärungseinheit. Ergänzend ist zu erwähnen, dass das Waffensystem sowohl in seiner klassischen Rolle als einzeln fahrendes Boot als auch im Verband eingesetzt werden kann. Konventionelle U-Boote erfüllen also auch heute eine wichtige – ja unverzichtbare – Rolle im Konzert der See60 März 2006 / Strategie und Technik kriegsmittel. Es ist daher eine logische Konsequenz, dem Erfolgsmodell U 206A, das am Ende seiner technischen Lebensdauer angekommen ist, die Klasse 212A folgen zu lassen. Meßlatte für U 212A hinsichtlich seiner Effektivität und Effizienz sind die in der Konzeption der Bundeswehr (KdB) aufgeführten sechs Fähigkeitskategorien (Führungsfähigkeit, Nachrichtengewinnung und Aufklärung, Mobilität, Wirksamkeit im Einsatz, Unterstützung und Durchhalte- (Foto: HDW) festgestellt werden, dass die Einsatzmöglichkeiten des U-Bootes im Allgemeinen und des konventionellen U-Bootes im Besonderen – trotz seiner bereits im Einsatz nachgewiesenen großen Leistungsbreite – immer noch neue Optionen bietet. immer aufwendigeren Seeraumaufklärung – die zum Teil raumgestützt erfolgt – eine besondere Bedeutung zu. Sie stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Fähigkeitskategorien „Überlebensfähigkeit und Schutz“ und „Wirksamkeit im Einsatz“ dar. Ein U-Boot lebt nach wie vor ganz besonders von seiner Unsichtbarkeit, dem Grundgedanken folgend – wenn niemand erkennt, dass es da ist, behindert niemand es bei der Aufgabenerfüllung und niemand gefährdet es. Die bei U 206A im Einsatz in tropischen Gewässern festgestellten technisch bedingten Grenzen der Einsetzbarkeit gelten nicht mehr für U 212A. Die baugleichen Boote der italienischen Marine haben hierfür den Nachweis beim Einsatz im Mittelmeer erbracht. Die Klasse U 212A erfüllt damit ein wichtiges Kriterium für NRF-Einsätze (NRF – NATO Response Force) und somit gleichzeitig die Anforderungen bezüglich Verlegefähig- Operationszentrale von U 31 (Klasse 212A) fähigkeit, Überlebensfähigkeit und Schutz). U 212A wird hier in einigen Teilbereichen neue Maßstäbe setzen und somit ganz im Einklang mit der neuen krisenorientierten Ausrichtung der Bundeswehr stehen. Technologische Auslegung Doch betrachten wir uns nun das U-Boot und seine technologische Auslegung im Einzelnen: U 212A ist ein analog zu U 206A in amagnetischer Bauweise gefertigtes Boot, das etwa die dreifache Verdrängung seines Vorgängers hat. Im Rahmen der Festlegung der baulichen Spezifikationen wurde größter Wert auf Erlangung möglichst geringer Signaturen gelegt. Dieser sogenannten „StealthFähigkeit“ kommt in Zeiten der technisch keit und taktische Mobilität der entsprechenden Fähigkeitskategorie der KdB. Die konsequent weiterentwickelte Fähigkeit, im flachen Wasser zu operieren, muss im Zusammenhang mit der Schwerortbarkeit (Stealthiness) des Systems U 212A betrachtet werden: Die Deutsche Marine verfügt damit über die weltweit fast einmalige Fähigkeit, ihre konventionellen U-Boote im Bereich direkt jenseits der Brandungslinie einzusetzen. Die bereits bei U 206A durch das ausgefeilte Bootsdesign und die Ruder/Maschinenkonfiguration stark ausgeprägten positiven Manövriereigenschaften sind beim System U 212A trotz seiner dreifachen Größe durch die Nutzung von Turm- und dem sogenannten X-Ruder noch verbessert worden. Es gibt derzeit kaum eine andere Möglichkeit, in den schwierigen küstennahen Gewäs- U-Boote werden künftig in die vernetzte Operationsführung eingebunden sern verdeckt zu operieren. Auch daher ist das konventionelle U-Boot und hier im besonderen U 212A das ideale Verbringungsmittel für Spezialkräfte, die es dicht an die Brandungslinie verbringen kann, und das somit die Mitnahme aufwendiger Transportmittel verzichtbar macht. Aufgrund der größeren Kapazität von U 212A erhöht sich gegenüber U 206A die Anzahl der verbringbaren Spezialkräfte signifikant. Dies kann angesichts der vielfältigen Aufgaben von Spezialkräften in Krisenszenarien nicht hoch genug bewertet werden. Fähigkeitsprofil U 212A Die Option, U 212A verdeckt in unmittelbarer Nähe der Küste operieren zu lassen, hat weitreichende Auswirkung auf die Möglichkeiten zur Aufklärung. Wie bereits im Rahmen der Verbringung von Spezialkräften muss auch hier festgestellt werden, dass diese Aufgabe derzeit in ihrer Qualität kaum von einem anderen Waffensystem durchgeführt werden kann. Der Einsatz von Drohnen und der Aufklärungseinsatz von konventionellen U-Booten stehen sich dabei h. E. nicht konkurrierend gegenüber, sondern ergänzen sich. Gemessen am geforderten Fähigkeitenprofil der KdB leistet U 212A hier seine Beiträge in den Bereichen „Wirksamkeit im Einsatz“ und „Nachrichtengewinnung und Aufklärung“. Die vorstehend exemplarisch beschriebenen Einsatzmöglichkeiten des Waffensystems U 212A werden durch den hier erstmalig eingesetzten BrennstoffTurm von U 212A mit geöffnetem Turmschott 62 März 2006 / Strategie und Technik zellenantrieb verstärkt. Er ermöglicht für eine signifikante Dauer den außenluftunabhängigen Einsatz. Das Zusammenspiel der leistungsstarken Batterie mit der Air Independant Propulsion (AIP, Hybridantrieb) bietet hier einen deutlich erweiterten taktisch operativen Handlungsspielraum Der konventionelle UBootbau hat damit einen wichtigen Schritt in Richtung der Fähigkeiten nukleargetriebener U-Boote getan und dabei die Schwächen des nuklearen Antriebs (Geräuschemission, Umweltbedenken) vermieden. War das konventionelle U-Boot bislang taktisch eingeschränkt durch die Notwendigkeit, regel- mäßig schnorcheln zu müssen, so kann U 212A durch die AIP in verschiedenen Warfare Areas freier agieren. Das konventionelle U-Boot ist ein ausgezeichneter akustischer Orter. Bedingt durch die Größe der bisherigen deutschen U-Boote blieb jedoch die Antennengröße und damit das ortbare Frequenzspektrum begrenzt. Zwar kann U 206A mit seiner Antennenkonfiguration andere U-Boote orten und aufgrund seiner Signaturarmut und der daraus resultierenden Schwerortbarkeit diese auch bekämpfen, jedoch findet es seine taktischen und vor allem technischen Grenzen beim Verfolgen anderer U-Boote. Demgegenüber ist U 212A aufgrund seiner herausragenden akustischen Ortungsfähigkeiten, die hauptsächlich durch drei unterschiedliche passive Ortungsanlagen (towed array, flank array, cylindrical array) sichergestellt werden, in der Lage, andere U-Boote frühzeitig zu orten und ihnen auch zu folgen. Dieses gilt sowohl für andere konventionelle als auch für nukleargetriebene U-Boote, die sich im Bereich ihrer besten Ortungsgeschwindigkeit bewegen. Das konventionelle U-Boot mit AIP ist somit ein veritabler U-Jäger. U 212A bekommt durch die AIP ein höheres Maß an „Überlebensfähigkeit und Schutz“ sowie erhebliche Verbesserungen im Bereich „Wirksamkeit im Einsatz“. Natürlich erfährt dieses System wie alle bislang gebauten konventionellen U-Boote seine Grenzen im Bereich der (Foto: PIZ/M) (Grafik: HDW) Marine Aus der Marine Nach Kiel Am 1. Februar 2006 verlegte das 3. Minensuchgeschwader mit sieben Einheiten von Olpenitz in seinen neuen Stützpunkt Kiel (s.Foto). Die ver(Foto: Michael Nitz) do DM 2A4 gehört zu den Spitzenprodukten auf diesem Sektor. Reichweite, Sensorik, Einsetzbarkeit gegen Überund Unterwasserziele und die zuverlässige Wirkung im Ziel geben der Operationsführung in Konflikten mit Waffenein- (Grafik: ARGE U212) schnellen Verlegbarkeit und Schwerpunktbildung. U 212A erfüllt jedoch die Anforderungen aus der Fähigkeitskategorie „Mobilität“ aufgrund seines Hybridantriebes signifikant besser als beispielsweise seine Vorgänger. Den einschlägi- gen NATO-Publikationen der Allied Joint Publications-Serie folgend sollte das UBoot im Rahmen von z.B. Entry-Operations das Seekriegsmittel sein, das „first in and very often last out“ sein wird. Das Waffensystem ist somit vorrangig abhängig von der Entscheidung zur frühzeitigen Dislozierung, um dem Befehlshaber der Operation sein komplettes Spektrum an taktisch operativen Optionen zur Verfügung stellen zu können. Wie schon im Rahmen der Darstellung der AIP beschrieben, ist eben dieser Antrieb Voraussetzung für die zu 100 Prozent verdeckt durchzuführende „Nachrichtengewinnung und Aufklärung“. U 212A vermag die Aufgabe unter anderem im Bereich der „acoustic intelligence“ (acint) durchzuführen und dadurch maßgeblich zum Aufbau eines Über- und Unterwasserlagebildes beizutragen. Aber auch der Bereich der elektromagnetischen Aufklärung wird abgedeckt. Durch die Fähigkeit zu Operationen in unmittelbarer Küstennähe, kommt dem Bereich der optischen Aufklärung mittels der beiden hochmodernen Sehrohre und den damit einhergehenden Aufzeichnungsmöglichkeiten eine hohe Bedeutung zu. U 212A ist in diesem Aufklärungsbereich anders als sein Vorgängermodell auch in der Lage durch die entsprechende Sensorik des Nachts optische Aufklärung zu betreiben. Diese Fähigkeit zur Aufklärung gepaart mit umfassenden Fernmeldemöglichkeiten lässt U 212A in den Fähigkeitskategorien „Nachrichtengewinnung und Aufklärung“, „Wirksamkeit im Einsatz“ sowie „Führungsfähigkeit“ das Anforderungsprofil erfüllen. Wie schon sein Vorgänger, ist auch U 212A mit einem Torpedo als Effektor ausgestattet. Der Schwergewichtstorpe- satz die notwendige Flexibilität und Handlungssicherheit. Natürlich gibt es bei einem neu eingeführten Waffensystem wie U 212A trotzdem noch Raum für Verbesserungen. So sind gerade bei Kriseneinsätzen Szenare vorstellbar, wo ein U-Boot über die Fähigkeit verfügen sollte, auch bei der Waffenwirkung schrittweise zu eskalieren („Eskalationsdominanz“). Dies lässt der Torpedo DM 2A4 nicht zu – er erzielt in der Regel eine letale Wirkung im Ziel. Für abgestufte Wirkungen im Ziel wie auch für Waffenwirkung an Land – ebenfalls eine für Kriseneinsätze geforderte Fähigkeit – sind entsprechende Entwicklungs- und Beschaffungsschritte notwendig und bereits angedacht. FULDA: SNMCMG2 Am 3. Februar lief das Minenjagdboot FULDA ins Mittelmeer aus, um für sechs Monate an der „Standing-NATOResponse-Force-Minecountermeasu(Foto: PIZ/M) U 212A im Überblick bleibenden acht Einheiten des Geschwaders befanden sich zum Verlegezeitpunkt im Einsatz, in NATO-Verbänden und in Ausbildungsvorhaben. Die Verlegung des Geschwaders nach Kiel zur Einsatzflottille 1 ist ein weiterer Schritt zur neuen Flottillenstruktur der Marine. In Wilhelmshaven wird die Einsatzflottille 2 aufgebaut. Fazit Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass das System U 212A als konsequente Fortsetzung seiner Vorgängermodelle den neuen Herausforderungen in hervorragender Weise gerecht wird. Verständlicherweise gibt es am Beginn einer voraussichtlich ca. 30 bis 40 Jahre dauernden Dienstzeit noch kleinere Defizite z.B. im Bereich der Effektoren, mit denen das untere Spektrum der Wirksamkeit noch nicht abgedeckt ist. Dies dürfte jedoch in Abhängigkeit der sicherheits- und verteidigungspolitischen Entwicklung sowie zur Verfügung stehender Haushaltsmittel die Motivation dafür bilden, entsprechende „Upgrade“-Programme durchzuführen. Fazit ist: U 212A ist aufgrund seines individuellen und nur ihm eigenen Leistungsspektrums ein Gewinn für die Fähigkeiten der Flotte und unverzichtbarer Bestandteil im Gesamtkonzert der maritimen Fähigkeiten der deutschen Streitkräfte. 쮿 re-Group 2“ (SNMCMG2) teilzunehmen. Zum NATO-Verband zählen neben der FULDA auch Minenjagdeinheiten aus Griechenland, Türkei, Italien und Spanien. Die SNMCMG2 absolviert die Manöver Italian Minex und Spanish Minex. Zudem verlegt der Verband zu PfP (Partnership for Peace)-Übungen ins Schwarze Meer. Fregatte LÜBECK Die Fregatte LÜBECK ist am 10. Februar 2006 vom Horn von Afrika in ihren Heimathafen Wilhelmshaven zurückgekehrt. Sie hatte am 4. August 2005 Wilhelmshaven in Richtung Ostafrika verlassen, um an der Operation „Enduring Freedom“ teilzunehmen. In den vergangenen über fünf Monaten hat die LÜBECK über 40 000 Seemeilen zurückgelegt. (ds) Strategie und Technik / März 2006 63