Glasgow Robin Fritz WiSe 2012/13 anonymisiert

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Glasgow Robin Fritz WiSe 2012/13 anonymisiert
ERASMUS – Ausführlicher Erfahrungsbericht
September 2012-Dezember 2012
Ich entschied mich für die University of Glasgow, weil zum einen die Erfahrungsberichte nur Gutes
erzählten und weil mich zum anderen die schottische Kultur schon immer gereizt hat und mir auch
das Universitätsgebäude sehr zusagte. Nachdem ich die Zusage beider Unis hatte, kam zunächst die
Frage der Unterkunft auf. Generell würde ich empfehlen sich bei Facebook nach Gruppen
umzuschauen wie zum Beispiel „Jura Erasmus Glasgow 2012“ oder einfach „Glasgow Erasmus 2012“,
etc. In diesen Gruppen bekommt man schon einmal ein Bild der Leute und lernt sie auch teilweise
schon kennen, z.B. im Chat. In meinem Fall habe ich mich sogar schon vor dem eigentlich Aufenthalt
in Glasgow mit einem Spanier in Berlin getroffen, der einer meiner besten Freunde wurde. Nach dem
Treffen in Berlin entschieden wir uns dann schließlich zusammen „Flathunting“ zu gehen, sprich,
nach einer Wohnung zu suchen. Da mein spanischer Freund einen schottischen Freund hatte, der
wiederum in Spanien ein Erasmus-Jahr verbracht hatte, hatten wir eine erste Anlaufstelle in Glasgow.
Er bot sofort an, uns bei der Wohnungssuche zu helfen. Nachdem wir ein wenig bei
www.gumtree.com gesucht hatten, fanden wir eine Wohnung, die uns zusagte, dessen indischer
Vermieter uns jedoch immer wieder hinhielt, sodass ich mich dann doch für den unerwarteten
Wohnheimplatz entschied, um endlich eine feste Bleibe zu haben. Auch wenn die Uni den Studenten,
die nur ein Semester bleiben, fast gar keine Chancen auf einen Wohnheimplatz einräumt, haben fast
alle von diesen, die ich kennengelernt habe, einen solchen bekommen. Nichtsdestotrotz stellt eine
private Unterkunft natürlich eine günstigere Alternative dar, die auch meistens mehr Raum und
Komfort geboten hat als das sehr kleine Wohnheimzimmer mit sehr kleinem Bett und sehr vielen
Verschleißerscheinungen wie Schimmel oder Flecken auf dem Teppich. Der Vorteil des Wohnheims
ist, dass einem viel Papierkram und bürokratische Arbeit abgenommen wird. Um Internet, Council
Tax, Wasser, Strom, Heizung braucht man sich beispielsweise nicht zu kümmern.
Am 7.9.2012 zog ich dann schließlich ins Wohnheim um. Vorher verbrachte ich 7 Tage im Euro Hostel
am River Clyde, das man auch vor Ankunft schon buchen sollte, um sicher ein Einzelzimmer zu
bekommen. Im Wohnheim „Winton Drive“ wohnte ich mit zwei Franzosen, einer Italienerin und einer
Deutschen zusammen, was sehr harmonisch war. Über die diversen Veranstaltungen fand man auch
schnell Anschluss zu anderen Wohnungen des Wohnheims, sodass man auch sich öfters gegenseitig
einlud und sich zusammen Taxis teilte, um günstiger und sicherer nachts nachhause zu kommen.
Endlich ging es dann los mit der sog. Fresher’s week (Einführungswoche), die zunächst mit
Informationsveranstaltungen auch speziell nur für Erasmus-Studenten begann. Zusätzlich wurden
jede Menge Veranstaltungen angeboten, um sich einzuleben und gegenseitig kennenzulernen, wie
z.B. ein traditionell schottischer Abend mit schottischem Essen und Tanz oder diverse Pub-Nights und
Ausflüge in alle Ecken Schottlands. All diese Sachen waren preislich sehr günstig und hilfreich und
erfüllten ihren Zweck, andere Erasmus-Studenten und Schotten kennenzulernen.
In der Uni fand man sich nach und nach immer besser zurecht, wobei es am Anfang schon ein wenig
verwirrend sein konnte, bestimmte Räume zu finden. Manchmal musste man schon fünf Personen
des Personals fragen, um zum richtigen Raum zu gelangen. In den Kursen werden die ErasmusStudenten nicht geschont. Sie müssen dieselben Aufgaben erledigen wie die einheimischen
Studenten, was auch Vorträge und Essays umfasst. Dies kann am Anfang recht schwierig sein, insb.
hinsichtlich des Lesens der Fälle im Studiengang Law. Generell würde ich mir schon im Voraus das
angelsächsische Rechtsvokabular anschauen, damit man sich ständiges Suchen im Dictionary erspart,
effizienter arbeiten kann und auch noch ein wenig Freizeit übrig hat. Ich tat dies leider nicht, weil ich
dachte, dass ich aufgrund eines Auslandsaufenthaltes schon ganz gut Englisch spreche. Hier täuschte
ich mich leider. Das schottische Recht enthält wie auch das Deutsche sehr viele spezielle Vokabeln,
die man vorher noch nie gehört hat. Die Rechtssprache ist ebenfalls dem Deutschen ähnlich und
teilweise in fünf Zeilen lange Schachtelsätze verpackt. Alles in allem ist in meinen Augen das Studium
des schottischen Rechts wesentlich mehr Lesearbeit. Bei den Essays und Klausuren gab es dafür am
Ende nicht so große Schwierigkeiten, da diese zum Teil extra für Erasmus-Studenten entworfen
werden bzw. man in den Klausuren unter ca. 10 Fragen sich 3 aussuchen darf. Da es an der FU Berlin
nur möglich ist, sich die Übung um Öffentlichen Recht und/oder die Seminararbeit anrechnen zu
lassen, belegte ich die drei dafür erforderlichen Kurse, habe aber zum jetzigen Zeitpunkt leider noch
keine Ergebnisse gehabt.
Bevor ab dem zweiten Drittel das große Lernen beginnt, sollte man aus eigener Erfahrung so viele
Gelegenheiten wie möglich nutzen, um das Land und die Leute kennenzulernen. Ich persönlich
empfehle definitiv die Isle of Skye, eine Insel ca. 5 Stunden mit dem Auto von Glasgow entfernt mit
einer atemberaubenden Landschaft. Ansonsten machte ich noch Trips nach Aberdeen, Perth und
Dundee und nach Helensburgh und Loch Lomond und natürlich mehrmals auch nach Edinburgh. Man
fährt entweder mit der International Society, die dann den kompletten Trip organisiert oder
organisiert es sich selber und mietet ein Auto oder benutzt die öffentlichen Verkehrsbetriebe, mit
denen man eigentlich überall mit hinkommt. Einmal nach Edinburgh und zurück von der Buchanan
Bus Station aus kostet zum Beispiel nur 10 Pfund.
Glasgow an sich ist eine echt schöne Stadt und kann meines Erachtens auch mit Edinburgh mithalten.
Die Architektur, insbesondere auch die der Uni, ist sehr beeindruckend. Die Menschen sind sehr
freundlich, aufgeschlossen und hilfsbereit, allerdings manchmal aufgrund des teilweise echt starken
Akzents wirklich sehr schlecht nur zu verstehen, vor allem am Anfang des Erasmus-Semesters.
Glasgow bietet umfangreiche Shopping-Möglichkeiten und Kultur, wie Galerien, Museen, etc. Das
Gute ist, dass all diese Einrichtungen keinen Eintritt kosten und somit definitiv mal reingeschaut
werden sollte. Auch das Nachtleben ist sehr ausgeprägt. In manchen Straßen findet man einen Pub
neben dem anderen. In den Pubs kann man nicht nur trinken, sondern teilweise auch echt lecker und
günstig essen. Studenten bekommen fast überall Rabatt, sowohl in den Pubs als auch in manchen
Drogerien, Restaurants und anderen Einrichtungen.
Finanziell habe ich mich mit Cash versorgt. Da Barclays eine Partnerbank der Deutschen Bank ist,
hielt ich es nicht für notwendig mir eine VISA-Karte zu besorgen. Dummerweise gab es in ganz
Glasgow nur eine Filiale, sodass ich immer in die Innenstadt musste, um Cash zu bekommen. Im
Nachhinein kann ich nur empfehlen sich vorher eine VISA-Karte zuzulegen, falls man eine solche nicht
schon hat. Meine Ausgaben beliefen sich auf ca. 1400 Euro im Monat, Wohnung, Essen, Bücher,
Trips, Taxis, etc. inklusive. Meine Freunde in Glasgow hatten ähnliche Beträge. Aus meiner Erfahrung
kann ich sagen, dass Verpflegung, Miete, Materialien, Ausgehen usw. teilweise fast doppelt so teuer
ist wie in Deutschland. Andere Dinge wie Handy, Taxis und öffentliche Verkehrsmittel sind jedoch
billiger. Man sollte allerdings trotzdem bei der Suche der Unterkunft die Lage als einen wichtigen
Faktor ansehen, da auch günstige Taxis in der Summe teuer werden können und die Verlockung groß
ist, sich ein solches zu nehmen.
Ich hatte eine GiffGaff-Prepaidkarte mit 100 Freiminuten im Monat, Internet-Flat, Giffgaff-Flat und
SMS-Flat für 10 Pfund im Monat. Günstiger geht es glaube ich nicht.
Alles in allem bereue ich keine Sekunde in Glasgow und bin froh, dass ich diesen Schritt getan habe.
Auch wenn es sich im Jura-Studium wegen des Studienverlaufs und des möglicherweise verpassten
Freischusses eigentlich nicht anbietet, würde ich es trotzdem empfehlen, da es einen wirklich
bereichert und man Freunde und Erfahrungen fürs Leben gewinnt. Das Wetter war bis Mitte
November sehr gut, meinem Gefühl nach sogar öfter sonnig als regnerisch. Ab Ende November
wurde es leider seinem Ruf gerecht, aber war immer noch wesentlich besser als erwartet.
Schottland mit seiner Landschaft und Kultur, seinen freundlichen Menschen, seiner Geschichte,
seinen guten Universitäten und seinen schönen Städten ist ein echtes Unikat und ich kann es nur
jedem empfehlen, sei es auch nur für ein verlängertes Wochenende!
Viel Spaß!
Cheers!
Buchanan Street
University of Glasgow
Isle of Skye
Edinburgh Christmas Market