Sorgsam gepflegter 1972er BMW E9 3.0 CS
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Sorgsam gepflegter 1972er BMW E9 3.0 CS
ERBSTÜCK Sorgsam gepflegter 1972er BMW E9 3.0 CS Auf richtig gute E9 trifft man zusehends seltener. Fehlende Technikteile sind dafür wohl kaum verantwortlich. Schließlich teilen sich die Modelle viele Komponenten mit den Reihen E3, E12 und E24. Doch die für den E9 seinerzeit bei Karmann in Rheine gebauten Rohkarossen haben ein maßgebliches Minus: die Blechqualität. Und da alle Teile miteinander verschweißt sind, ist es äußerst aufwändig, eine E9-Rostlaube zu restaurieren. Wobei Karosseriebleche zudem noch teuer sind und teilweise eine schlechte Passform haben. Doch Korrosion hatte bei Marco Maubachs tipptopp erhaltenem 1972er 3.0 CS niemals eine allzu große Chance. Denn sein schnittiges Coupé ist von Anfang an als Zweit- oder Drittfahrzeug nur im Sommer und bei gutem Wetter gefahren worden! 70 BMWSCENE D er BMW wurde von Marcos Vater 1972 als nur wenige Monate alter Gebrauchtwagen erstanden und war fortan ausschließlich ein Freizeitfahrzeug. Nach dem leider plötzlichen und unerwarteten Tod seines Vaters ging der über die Jahre sorgsam gehegte und gepflegte BMW 2010 in Marcos Besitz über. Lange davor hatte Marco aber bereits bei Arbeiten an dem Auto geholfen. Was nicht zuletzt auch durch seine absolvierte KFZ-Lehre beflügelt wurde. Heute ist der Willicher KFZ-Technikermeister und absolviert gerade eine Fortbildung zum KFZ- sowie Motor-Sachverständigen. Marcos Vater war Maschinenbaumeister, so dass es an technischem Know-how niemals mangelte. Stets wurde das Auto perfekt gewartet und alle Verschleißteile erneuert. Da der Vater ein nicht weniger großer BMW-Fan war wie sein Sohn, gönnte er dem Wagen schon früh einige Tuning-Teile. So wurde etwa ein Alpina-Frontspoiler sowie der originale Heckspoiler eines BMW 3.0 CSL verbaut. Das L der Buchstabenkombination CSL (Coupé Sport Leichtbau) verweist darauf, dass es sich bei dem Spenderfahrzeug um eines jener unter Einbezug konsequenter Gewichtssparmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Alpina entstandenen Fahrzeuge handelte, die als Homologationsserie für den Tourenwagensport gedacht waren. Aus dem CSL-Regal stammt auch das schwarze Folien-Dekor. Von den Ziffern 3.0 darf man sich allerdings nicht täuschen lassen. Im Zuge 1998 durchgeführter größerer Instandsetzungsmaßnahmen wurde dem CS ein aus einem 633 CSi stammender BMWSCENE Hat noch nie einen Winter gesehen: Das schnittige Coupé wurde stets nur im Sommer bei gutem Wetter gefahren. 71 3,2-Liter-Alpina-Motor inklusive zugehörigem 5-Gang-Schaltgetriebe implantiert. Das Triebwerk war zuvor von Marco unter Zuhilfenahme originaler Alpina-Teile komplett revidiert worden. So hatte der Reihensechszylinder neben neuen Lagersätzen etwa auch neue Kolbenringe erhalten. Darüber hinaus musste ein Kolben wegen eines Wasserschadens komplett gerauscht werden. Weiterhin wurden sowohl auf der Einlass- als auch Auslassseite entsprechende neue Alpina-Spezialventile eingebaut. Wie Marco berichtet, war die Beschaffung der Ersatzteile nicht allein sehr kostenintensiv, vielmehr erwies es sich als schwierig, überhaupt an die Komponenten heranzukommen. Das Ganze lief über BMW Hammer in Mönchengladbach (heute BMW Kirsch), die seinerzeit noch eine Alpina-Vertretung hatten. Marcos Vater kannte dort jemand aus dem Lager, der sehr engagiert war und sich bemühte, alles zusammenzubekommen. Was schließlich drei Monate in Anspruch nahm. Über die genannten Teile hinaus musste eine andere Nockenwelle eingebaut werden, da der Motor nicht mehr mit der Bosch-L-Jetronic als Einspritzer, sondern mit drei WeberDoppelvergasern betrieben werden sollte. Schwer zu finden waren die notwendigen Ansaugbrücken, wobei glücklicherweise einer der befreundeten E9-Fahrer noch entsprechende originale Alpina-Teile in seinem Fundus hatte. Gleichermaßen verhielt es sich mit dem Hartge-Fächerkrümmer. Problemlos konnten die 304°-Schrick-Nockenwelle sowie die standartmäßigen Weber-45-DCOE-Vergaser geordert werden. Der zum Einsatz gebrachte Edelstahlauspuff ist selbstgefertigt, genauer gesagt der Nachbau einer Sportauspuffanlage, die es für den E9 gab. Besonders erwähnenswert ist noch die Hinterachse mit 25-%-Sperrdifferential und separatem Ölkühler, welche dem 633 CSi entnommen wurde, aus dem auch der Motor stammt. Angetrieben wird die Pumpe, welche das Hinterachs- Originalteil: Der Heckspoiler stammt von einem BMW 3.0 CSL. Feines Zubehör: Lederlenkrad aus den Regalen von Alpina. Ersatz: Anstelle der Bosch-L-JetronicEinspritzanlage sind jetzt drei WeberDoppelvergaser neben der seltenen originalen Alpina-Ansaugbrücke zu finden 72 BMWSCENE Standesgemäße Rundlinge: Alpina-Felgen in 7x16 vorn und 8x16 hinten. BMWSCENE 73 ReportFacts 1972er BMW E9 3.0 CS (Halter- bzw. Herstellerangaben) Motor: Alpina-3,2-Liter-Reihensechszylinder, 3 Weber-45-DCOE-Vergaser, 304°-SchrickNockenwelle, Hartge-Fächerkrümmer, 63-mm-Edelstahlsportauspuff ohne Vorschalldämpfer Leistung: 256 PS Kraftübertragung: 5-Gang-Schaltgetriebe, Hinterachsdifferential mit 25-%-Sperre und Ölkühlung Fahrwerk: Bilstein-Gasdruckdämpfer mit gekürzten Federn Räder: 7x16 Alpina-Felgen mit 225/50 VR 16 Reifen (v.), 8x16 Alpina-Felgen mit 245/45 VR 16 Reifen (h.) Karosserie: Alpina-Frontspoiler, BMW3.0-CSL-Heckspoiler, Neulackierung in VWMarsrot, CSL-Folien-Dekor Interieur: weitestgehend original, AlpinaLederlenkrad, Zusatzinstrumente zur Motorüberwachung Neulackierung: Das hier verwendete Marsrot stammt aus der VWFarbpalette. öl durch den Kühler drückt, mittels eines mit dem Differential gekoppelten Keilriemenantrieb. Die Vorderachse sowie die Bremsanlage wurden vom Aufbau her original belassen. Alles ist jedoch komplett überholt worden, in dem die Scheiben, Klötze und Sättel sowie die Gummilager in den Achskörpern ausgetauscht wurden. Ebenfalls hat Marco Bilstein-Gasdruckdämpfer inklusive gekürzte Federn eingebaut. Angesichts der zahlreich verwendeten Alpina-Teile könnte es für den BMW wohl kaum etwas passenderes wie die montierten 7 x 16 beziehungsweise 8 x 16 Alpina-Felgen geben, auf die vorne 225/50-VR-16- und hinten 245/45-VR-16-Reifen aufgezogen sind. Auf das Jahr 1998, in dem der E9 technisch umfassend überholt beziehungsweise modifiziert wurde, geht auch die Neulackierung zurück. Wobei der vorher Henna-rote BMW in dem leuchtenden Marsrot aus der VW-Farbpalette erstrahlte. Die weit verbreiteten Korrosionsprobleme des E9 und die aufgrund der allesamt verschweißten Bleche wohl nur von erfahrenen Karosseriebauern zu bewältigenden Restaurationsarbeiten wurden eingangs bereits erwähnt. Eng kann es bei der Instandsetzung eines derartigen Coupés aber auch werden, wenn das Interieur heruntergekommen ist oder einzelne schwer zu beschaffende Teile fehlen. Doch hier gab es im Falle von Marcos BMW keine Probleme. Immer bestens gepflegt, zeigt sich der Innenraum, in dem ein Alpina-Lederlenkrad sowie in die Konsole implantierte Zusatzinstrumente zur Motorüberwachung auffallen, in tadellosem Zustand. Keine Frage, ein überaus ansehnliches Erbstück, dass es noch lange zu erhalten gilt. In diesem Sinne, allzeit knitterfreie Fahrt … Text: Michael Stein Fotos: Frank Schwichtenberg Motorüberwachung: Hierzu beherbergt die Konsole beherZusatzinstrumente. Ein bis ins Interieur überaus ansehnliches Erbstück: Der 1972er BMW E9 3.0 CS von Marco Maubach aus Willich 74 BMWSCENE BMWSCENE 75