Villa Wuff1

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Villa Wuff1
Annika Senger
Wer rettet die “Villa Wuff”?
Seit 1991 engagiert sich Katrin Kühn im südniedersächsischen Einbeck mit Leib und Seele für
den Tierschutz. Für ihre herausragenden ehrenamtlichen Dienste ist sie kürzlich vom Land Niedersachsen
mit einer Urkunde ausgezeichnet worden. Zusammen mit Holger Niedrig gründete sie 1994 vor den Toren
Einbecks die “Villa Wuff - Hunde in Not e. V.”, ein inoffizielles Tierheim, das Unterschlupf für herrenlose
Hunde bietet.
Niedrig, Besitzer des Grundstücks, ist seit Sommer 2004 ganztags berufstätig, weshalb dem
Hundeheim nun die Schließung droht. Der Grund für dieses Dilemma ist Kühns finanzielle Situation: Zwar
sind die Spendengelder der Vereinsmitglieder von “Hunde in Not e.V” sowie diverser tierlieber
Privatpersonen gesichert, aber Kühns Halbtagsstelle als Tierarzthelferin reicht nicht aus für eine
persönliche finanzielle Basis. Im August 2004 hat eine in Einbeck ansässige Bank 2500 Euro für den
Weiterbestand der “Villa Wuff” gespendet. Spätestens im Februar 2005 werden diese Mittel jedoch
ausgeschöpft sein. Das bedeutet für Kühn, daß sie ihre ehrenamtliche Arbeit für die Tiere aufgeben
müßte, um fortan ganztags einem Beruf nachzugehen. Die Betreuung der vierbeinigen Schützlinge nimmt
in Spitzenzeiten oft mehr als sieben Stunden pro Tag in Anspruch, was neben den Diensten auf dem
Gelände tägliche Spaziergänge und Tierarztbesuche beinhaltet. Da die alleinerziehende Mutter einer
Tochter nun allein für das Wohlergehen der ihr anvertrauten Hunde kämpft, ist es ihr unmöglich
geworden, weitere Tiere in der “Villa Wuff” einzuquartieren. Aufgrund ihres außerordentlich hohen Maßes
an Tierliebe und Einsatzbereitschaft, läßt sich diese Tatsache nur schwer mit Kühns Gewissen
vereinbaren. “Es tut weh, so vielen Tieren in Not nicht mehr helfen zu können”, bedauert sie. Um trotzdem
möglichst vielen Hunden eine Chance auf ein besseres Zuhause zu geben, vermittelt sie nun Tiere, die
von ihren Besitzern nicht mehr versorgt werden können, über Zeitungsinserate. Kühn schickt
Interessenten direkt zu den Vorbesitzern, wo die Hunde bis zu ihrer Vermittlung bleiben. Wegen der
momentanen Wirtschaftslage sei die Vermittlung allerdings schwieriger geworden, so Kühn.
Zur Zeit leben noch zehn Hunde in der “Villa Wuff”, darunter zwei unvermittelbare ältere Tiere, die
von ihren Besitzern grausam mißhandelt wurden. Die sieben Welpen einer Mischlingshündin haben
bereits zum Teil ein neues Zuhause gefunden. Für diese Schützlinge fallen monatlich zirka 500 bis 600
Euro für Tierarztkosten an und 200 bis 300 Euro für Futter. In den Anfangszeiten der Einrichtung hatte
Kühn wesentlich mehr Tiere unter ihrer Obhut: Ostern 1995 betreute sie 18 Hunde, die damals mit ihr
unter einem Dach wohnten. Im selben Jahr wurden die ersten Zwinger auf dem Grundstück errichtet.
Finanziert wurde dieser Bau durch den Tierschutzverein Einbeck e. V. Im Jahr 2000 ermöglichten private
Sponsoren den Bau fester Zwinger mit Heizung und fließendem Wasser. Mittlerweile gehören zur “Villa
Wuff” elf Zwinger mit Auslaufmöglichkeiten, wovon sechs winterfest sind. Für kranke Neuankömmlinge
gibt es eine Quarantänestation mit Duschmöglichkeit, und neben der Futterküche befindet sich eine
Nagerstation, in der zwei Kaninchen untergebracht sind. In der Vergangenheit beherbergte Kühn bis zu
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36 Hunde, darunter desöfteren Mütter mit Welpen. In den Zwingern wurden diese Tiere möglichst in
Rudeln gehalten, um das natürliche Artverhalten zu gewährleisten.
Die Stadt Einbeck sowie Ordnungsamt, Polizei und Veterinäramt des Landkreises Northeim
haben Kühn stets bei ihrer Arbeit für den Tierschutz unterstützt. Viel Hilfe erhält sie außerdem von der
Hundeschule “Dog and Family” vor Ort, die die Nachsorge bei Hunden mit Verhaltensschwierigkeiten
übernimmt. Seitdem aber die Zukunft der “Villa Wuff” ungewiß erscheint, habe die Unterstützung der
Behörden nachgelassen, wie Kühn erklärt. Häufig bekommt sie Futterspenden von Menschen, die das
Kernproblem des Hundeasyls mißverstanden haben. “Das eigentliche Problem ist meine persönliche
finanzielle Lage und daß mir weitere Mitarbeiter fehlen”, so Kühn. “Täglich rufen von morgens bis abends
Menschen wegen Hundefragen an, aber allein bin ich hier völlig überfordert.” Von Zeit zu Zeit bieten
immer wieder Menschen ihre Mitarbeit in der “Villa Wuff” an, aber sobald sie erfahren, daß es sich um ein
Ehrenamt handele, ziehen sie sich zurück. Nur durch den Einsatz ehrenamtlicher Helfer sieht Kühn eine
Chance auf eine Zukunft für ihr Hundeheim nach Februar 2005. Aber wer ist bereit, die “Villa Wuff” zu
retten? Wer gibt freiwillig einen Teil seiner bezahlten Arbeitszeit auf, um das Wohl der Hunde zu
verbessern? Fakt ist, daß die “Villa Wuff” ohne solche Helfer vor dem Aus stünde....
Annika Senger
Erschienen im März 2005 in „Mein Hund“
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