Forschungsprojekte

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Forschungsprojekte
Philosophische Fakultät
Editorial
Im Rahmen einer technischen Hochschule stellen die Geisteswissenschaften eine elementare Ergänzung der naturwissenschaftlichen und technischen Disziplinen dar. Dies gilt für den Bereich der Lehre ebenso wie für den Bereich der Forschung.
Geisteswissenschaften untersuchen den menschlichen Geist und seine Produkte: Kognition und Handeln, Kommunikation und
Medien, Erkenntnis und Moral, Individuum und Gesellschaft, Vergangenheit und Gegenwart von Kultur und Ästhetik. Es versteht
sich von selbst, daß diese Untersuchungsgegenstände von Technik und Naturwissenschaften beeinflußt werden, das Internet
veränderte unsere Kommunikation, neue Materialien die Ästhetik, neurophysiologische Erkenntnisse die Definitionsvarianten von
Geist. Umgekehrt müssen aber auch Errungenschaften der Technik und der Naturwissenschaften geisteswissenschaftlich gelesen
werden. Automobile verbrennen nicht nur Kraftstoff, sie zirkulieren in Städten und sind kulturelle Symbole; bessere Medizin ermöglicht nicht nur ein höheres Alter, sondern stellt auch neue soziale und ethische Herausforderungen.
Eine Besonderheit der Geisteswissenschaften liegt in ihrer Reflexivität. Sie erforschen Sinnzusammenhänge, die in Wort, Schrift,
Bild, Handlung, Gesellschaft und Artefakten (technischen und ästhetischen) gegeben sind und zwar auf dem Wege sprachlicher
Interpretation, das heißt durch Kritik und Hermeneutik. Wo solche Nähe zwischen Untersuchungsobjekt und Untersuchungsinstrument herrscht, ist ein hohes Maß an reflexiver Distanz, interpretatorischer Selbstkontrolle und theoretischer Fundierung unabdingbar. Gerade ihr Reflexionswissen macht die Geisteswissenschaften zu einem kreativen und vielseitigen Partner für die interdisziplinäre Zusammenarbeit.
Liber scriptus proferetur,
in quo totum continetur,
unde mundus iudicetur.
(Dies irae)
Interdisziplinarität ist aber nur dort stark und nachhaltig, wo sie sich aus gesunden Disziplinen speisen kann.
Das Zusammenspiel zwischen Disziplinärem und Interdisziplinärem spiegelt sich in der Philosophischen Fakultät in ihrer Organisationsform wider, vor allem aber in der Forschung ihrer Mitglieder. Die vorliegende Broschüre präsentiert ausgewählte laufende Forschungsprojekte aus den vier Fakultätsbereichen. Eine umfassende Darstellung der gesamten Forschung findet sich im Forschungsbericht der Fakultät (www.fb7.rwth-aachen.de).
Aachen, April 2011
Univ.-Prof. Dr. Simone Roggenbuck
Prodekanin für Forschung der
Philosophischen Fakultät
Inhalt
Gesellschaftswissenschaften, Geschichte, T heologie
Zukunftsdynamiken in der Biotechnologie
10
Daniel Barben, Politische Wissenschaft, Zukunftsforschung
Komponenten der politischen Urteilskraft
11
Emanuel Richter, Politische Wissenschaft
Menschenrechte und Souveränität
12
Jürgen Förster, Politische Wissenschaft
Klimawandel und Sicherheitspolitik
13
Ralph Rotte, Politische Wissenschaft
FEBiD - Determinanten fremdenfeindlicher Einstellungen
14
Paul B. Hill, Soziologie
Zur Genese des transnationalen Terrorismus
15
Thomas Kron, Soziologie
Tsunamis im Mittelmeerraum
16
Klaus Freitag, Alte Geschichte
Gegenpäpste – Prüfsteine universaler Autorität im Mittelalter
Harald Müller, Mittlere Geschichte
17
Gesellschaft und Kultur in der konfessionellen Stadt –
Die Reichsstadt Aachen und ihre Protestanten in der Frühen Neuzeit
18
Christine Roll, Geschichte der Frühen Neuzeit
"Begriffsgeschichte" als Dekonstruktion gesellschaftlicher und
politischer Kommunikation in Rumänien, 19. und 20. Jahrhundert
19
Armin Heinen, Neuere Geschichte
Herausforderung Sterbehilfe. Theoretische und praktische Studienhilfen
zum Thema "Selbstbestimmtes Sterben"
20
Ulrich Lüke & Guido Meyer, Systematische Theologie & Religionspädagogik
Literatur, Kultur, S prache
Sinne und Synapsen. Gehirnforschung und Literatur der Gegenwart
22
Monika Fick, Neuere Deutsche Literaturgeschichte
Ernst Meister: Gedichte. Textkritische und kommentierte Ausgabe
23
Axel Gellhaus, Neuere Deutsche Literaturgeschichte
Walther von der Vogelweide – Textedition und Internet-Portal
24
Thomas Bein, Ältere Deutsche Literatur
Thomas Murners deutschsprachige Schriften in Auswahl.
Edition und Übersetzung
Thomas Neukirchen, Ältere Deutsche Literatur
25
Early American Literatures and Cultures.
A Bibliography of Bibliographies
26
Ludwig Deringer, Amerikanistik und Kanadistik
Schlüsse in Literatur und Kultur/ Endings in Literature and Culture
27
Peter Wenzel, Anglistische Literaturwissenschaft
INTERcCOM
28
Anne Begenat-Neuschäfer, Romanische Philologie
IKFA - Interkulturelle Kompetenzforen Aachen 29
Angelica Rieger, Interkulturelle Studien Romanistik
Aviation English
30
Frauke Intemann, Fremdsprachendidaktik
PRO-EYES
31
Stella Neumann, Anglistische Sprachwissenschaft
Der Charme der Prototypen
32
Simone Roggenbuck, Romanische Sprachwissenschaft
Anthropologische Universalien – kulturelle Differenzen
33
Christian Stetter, Germanistische Linguistik
Kausalität im Recht
Markus Stepanians, Praktische Philosophie
34
Psychologie, Pädagogik, Kommunikation
Crossmodale Handlungssteuerung beim Multitasking
36
Iring Koch, Psychologie
Kognitive Verarbeitungsprozesse beim Werkzeuggebrauch 37
Jochen Müsseler, Arbeits- und Kognitionspsychologie
Prozessprofiling und Prozessmonitoring
38
Will Spijkers, Psychologie, Berufliche Rehabilitation
Methoden- und Instrumentenentwicklung:
Computeradaptives Testen
39
Otto Walter, Psychologie
Wissenschaftliche Begleitung: Schulverband Aachen-Ost
40
Marold Wosnitza, Erziehungswissenschaft, Schulpädagogik und empirische Bildungsforschung
AILB - Aachener Internet Lernsoftware zur Berufsqualifizierung
Gehörloser
41
Ludwig Jäger, Deutsche Philologie
Interdisziplinäre Methoden industrieller Prozessmodellierung (IMIP)
42
Eva-Maria Jakobs, Textlinguistik und Technikkommunikation
Crossmedia-Implementierung bei Tageszeitungen
Susanne Kinnebrock, Kommunikationstheorie
43
Human T echnology Center (HumTec)
Brain / Concept / Writing
45
Karin Herrmann, Allgemeine Literaturwissenschaft
Ethics for Energy Technology - EET
46
Rafaela Hillerbrand, Angewandte Technikethik
Natural Media & Engineering
47
Irene Mittelberg, Sprachwissenschaft und kognitive Semiotik
Abbildungen
48
Gesellschaftswissenschaften
Geschichte
Theologie
Zukunftsdynamiken in der Biotechnologie
Daniel Barben
Politische Wissenschaft, Zukunftsforschung
Das Neue neuer Technologien rückt immer wieder in den Fokus
jeweils vergangener, gegenwärtiger und zukünftiger Zukunft
gegensätzlicher Erwartungen und Visionen. Die Frage danach,
einer Technologie. Während die neuere Biotechnologie in den
was neu an der Biotechnologie (oder einer anderen Hochtech-
vergangenen Jahrzehnten insbesondere durch Molekularbio-
nologie) ist, macht sich in Kontroversen um die Ausrichtung von
logie und Gentechnik dynamische Potentialerweiterungen
Innovationsstrategien und Regulierungsansätzen geltend und
erfuhr, werden ihre Charakteristika gegenwärtig im Verhältnis
erfasst selbst ihre Definition: abhängig davon, wie man Bio-
zur Synthetischen Biologie einerseits, zu den sogenannten
technologie definiert, werden unterschiedliche Eigenschaften
Konvergierenden Technologien der Nano-, Bio-, Informations-
betont und unterschiedliche Vergangenheits- und Zukunftshori-
und Neurowissenschaften andererseits neu vermessen. Mit
zonte projiziert. Neben den zu einem bestimmten Zeitpunkt
den Perspektiven der Technologieentwicklung wird zugleich
vorfindbaren divergenten Entwürfen technologischer Zukünf-
deren gesellschaftliche Bedeutung neu ausgehandelt.
te interessiert in diachroner Hinsicht die Abfolge zwischen
10
Komponenten der politischen Urteilskraft
Emanuel Richter
Politische Wissenschaft
Die wachsende politische Komplexität moderner westlicher
zu revidieren und ein modelltheoretisch plausibles Neuver-
Regierungssysteme birgt enorme Herausforderungen an die
ständnis von politischer Urteilskraft zu erarbeiten, indem die
politische Kompetenz von Bürgerinnen und Bürgern, wenn
handlungstheoretischen, logischen, anthropologischen und
sie ihrer Rolle als urteilsfähige Wahlbürger und kompetente
praktischen Voraussetzungen, Implikationen und Rahmenbe-
Akteure im Rahmen einer politisch kontrollmächtigen Öffent-
dingungen der Entstehung von „politischer Urteilskraft“ unter-
lichkeit gerecht werden wollen. Bislang fehlt eine konzeptionell
sucht werden. Zum Forschungsverbund gehören: aus der Polito-
plausible und operativ anschauliche Modellvorstellung, wie
logie Harald Bluhm (Halle), Michael Haus (Kassel), Ingo Juchler
sich politische Urteilskraft generieren lässt. Konventionell wird
(Göttingen), Leslie Paul Thiele (Gainsville, Florida), Thorsten
„Urteilen“ als Gegensatz zu wahrheitsfähiger Erkenntnis und zu
Thiel und Christian Volk (Frankfurt a.M.), Emanuel Richter und
Wissen betrachtet und als subjektive Idiosynkrasie disqualifi-
Maike Weisspflug (Aachen); aus der Philosophie Richard Bern-
ziert. „Urteilen“ im politischen Raum ist jedoch eine Prozesska-
stein (New York), Alessandro Ferrara (Philosophie/ Soziologie,
tegorie kognitiven und intuitiven Erkennens, interaktiver Lern-
Rom), Martin Hartmann und Andreas Niederberger (Frankfurt
prozesse und kooperativer Erfahrungen. Ein interdisziplinärer
a.M.), Rudolf Makkreel (Atlanta) und Henrik Walter (Philoso-
und internationaler Forschungsverbund hat sich deshalb zum
phie/ Neurologie, Berlin); aus der Neurologie Ute Habel (Aa-
Ziel gesetzt, das konventionelle Verständnis des „Urteilens“
chen) und Joachim Bauer (Neurologie/ Psychiatrie, Freiburg).
11
Menschenrechte und Souveränität
Jürgen Förster
Politische Wissenschaft
Das Verhältnis von Menschenrechten und Souveränität ist kom-
Letztinstanzlichkeit. Das Schicksal der Staatenlosen verdeut-
plex und spannungsreich. Als naturrechtlich und vorstaatlich
licht die prekäre Stellung der Menschenrechte in diesem Sys-
begründete Abwehrrechte der Bürger gegen den Staat definie-
tem. Spätestens seit der Auflösung des Warschauer Paktes wer-
ren die Menschenrechte einerseits einen Bereich der Unver-
den die Entstehung einer postwestfälischen Weltrechtsordnung
fügbarkeit. Menschenrechte stehen der Politik nicht zur Dispo-
und eine Renaissance der Menschenrechtspolitik postuliert.
sition. Andererseits waren die Bürger darauf angewiesen, dass
Das Habilitationsprojekt untersucht die Bedingungen einer
die souveränen Staaten diese Rechte in den Kanon des posi-
wirksamen Menschenrechtspolitik: Inwieweit lässt sich am
tiven Rechts aufnehmen und sie durch ihre Gewalt schützen.
Status der Staatenlosen der Wandel des Souveräntäts- und
Im Westfälischen System beansprucht der Staat, die einzige
Rechtsverständnisses belegen? Das Habilitationsprojekt
Quelle des Rechts zu sein. Souveränität bedeutet demnach
wird betreut von Helmut König.
12
Klimawandel und Sicherheitspolitik
Ralph Rotte
Politische Wissenschaft
Ausgehend vom gegenwärtigen Stand der Klimaforschung
Rolle. Die sicherheitspolitische Frage nach den Implikationen
untersucht das Projekt die sicherheitspolitischen Konse-
des Klimawandels für das Auftreten und die Intensität zwi-
quenzen der globalen Erwärmung und erarbeitet „policy“-
schen- und innerstaatlicher Konflikte verbindet sich dabei
relevante Folgerungen für die strategische Ausrichtung
unmittelbar mit Problemen wie dem Wandel von Kriegsbil-
insbesondere der Bundesrepublik und der Europäischen
dern, von Kriegsursachen und internationalem Konfliktma-
Union. Dabei spielen neben der politischen Ökonomie des
nagement deren Hintergrund bislang wenig spezifizierte na-
internationalen Klimaregimes und den daraus resultierenden
tionale, europäische oder „westliche“ Interessen bilden.
grundsätzlichen Problemen einer „global governance“ zur
Theoretisch-methodische Grundlagen der Analyse sind
Verhinderung bzw. Dämpfung der globalen Erwärmung nicht
strategietheoretische Perspektiven sowie eine empirisch-
zuletzt geopolitische, ressourcenökonomische, militärstra-
pragmatische Ausrichtung im Sinne der im angelsächsischen
tegische und entwicklungspolitische Aspekte eine zentrale
Raum gebräuchlichen „Strategic Studies“.
13
FEBiD - Determinanten fremdenfeindlicher
Einstellungen
Paul B. Hill
Soziologie
Immer wieder wird in wissenschaftlichen Studien auf eine star-
lichkeit neigen, wenn sie in ihren Bindungen unsicher sind.
ke Verbreitung fremdenfeindlicher Einstellungen in Deutsch-
Zudem wird bei mangelnder sozialer Anerkennung (z.B. un-
land hingewiesen. Doch wie entstehen Abwertung, Misstrauen
befriedigende Erwerbs- oder Einkommenssituation, niedriges
und Feindseligkeit gegenüber Ausländern? Das Projekt "Frem-
Bildungsniveau) und bei starken Benachteiligungsgefühlen
denfeindliche Einstellungen in Abhängigkeit von persönlichem
von einer Zunahme an Fremdenfeindlichkeit ausgegangen.
Bindungsstil, sozialer Desintegration und relativer Deprivation"
Die Forschungsergebnisse unterstreichen insgesamt den
nähert sich dieser Frage unter Berücksichtigung soziologischer
Nutzen des Forschungsmodells. Detaillierte Analysen verdeu-
und psychologischer Aspekte und klammert den Bereich
tlichen außerdem den Einfluss des Bildungsstandes, der
rechtsextremer Gewalttaten bewusst aus. Das zugrunde ge-
materiellen Situation, der Kontakthäufigkeit zu Ausländern
legte Forschungsmodell betrachtet Fremdenfeindlichkeit als
sowie der Sorge um die Lebensbedingungen von Ausländern
ein vielschichtiges Phänomen und berücksichtigt Probleme
und Landsleuten.
bei der Herstellung enger Beziehungen zu anderen Personen,
Für zukünftige Untersuchungen ist vor allem die selektive
fehlende Anerkennung im beruflichen, politischen und familiä-
Befragung von Personen mit einem potentiell hohen Maß an
ren Bereich sowie wahrgenommene Benachteiligungsgefühle.
Fremdenfeindlichkeit interessant.
Es wird angenommen, dass Personen eher zu Fremdenfeind-
14
Zur Genese des transnationalen
Terrorismus
Thomas Kron
Soziologie
Zweifelsohne ist der transnationale Terrorismus eine neuar-
In einem zweiten Schritt wird mit Hilfe der Theorie komplexer
tige, globale Herausforderung von hoher gesellschaftlicher
adaptiver Systeme der Pfad nachgezeichnet, der Al Qaida zu
Relevanz. Im Sinne des RWTH-Konzeptes „Meeting Global
einer bestimmten terroristischen Strategie geführt hat, mit der
Challenges" soll in diesem Projekt das Phänomen der Ent-
wir uns heute konfrontiert sehen. Und schließlich wird empi-
stehung des „neuen transnationalen Terrorismus“ vom Typ
risch anhand von Materialien zu den sogenannten „Sauerland-
Al Qaida soziologisch erklärt werden. Dazu werden in einem
Attentätern“ entscheidungstheoretisch die Entscheidung zur
ersten Schritt gesellschaftstheoretisch die ökonomischen,
Hinwendung zum politisch-religiös motivierten, transnatio-
politischen, gemeinschaftlichen und kulturellen Randbedin-
nalen Terrorismus erläutert. Mitarbeit: Eva-Maria Heinke.
gungen analysiert, die diesen Terrorismus ermöglicht haben.
15
Tsunamis im
Mittelmeerraum
Klaus Freitag
Alte Geschichte
Das Forschungsprojekt hat sich in einem interdisziplinären Zugriff zum Ziel gesetzt, die Hinterlassenschaften von Tsunamis
in den verschiedenen „Archiven“ der Mittelmeerwelt zu untersuchen. Dabei werden Tsunamisedimente, Berichte über historische Tsunamis sowie die Maßnahmen erforscht, die zu Gefährdung und Schutz der Mittelmeerküsten beigetragen haben.
Dem Althistoriker fällt dabei in erster Linie die Aufgabe zu,
die antiken literarischen Quellen zur Thematik zusammenzustellen und zu interpretieren. Darüber hinaus sollen Muster und
Weltbilder herausgearbeitet werden, die in antiken Berichten
die Erwähnung und Positionierung von Tsunamischilderungen
bestimmen.
Zum Projekt soll eine Forschungsgruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eingerichtet werden. Die Vorantragsstellung ist abgeschlossen, die Arbeit soll im Verlauf
des Jahres 2011 aufgenommen werden.
Projektsprecher sind: Andreas Vött (Geowissenschaften,
Mainz), Klaus Reicherter (Neotektonik und Georisiken, Aachen).
Sieben von 14 Projekten der Forschungsgruppe sind über
verschiedene Fakultäten der RWTH verteilt.
16
Gegenpäpste – Prüfsteine universaler Autorität
im Mittelalter
Harald Müller
Mittlere Geschichte
Der Terminus "Gegenpapst" bildet gleichermaßen ein zeitgenössisches Stigma wie ein historisches Urteil. Er schließt den so
bezeichneten Kandidaten um das römische Bischofsamt aus
der Liste der anerkannten Nachfolger Petri aus und raubt ihm
damit plakativ jede Legitimation. Es handelt sich freilich um
eine perspektivabhängige Bewertung, die das Erleben bzw. das
Resultat hartnäckiger Konkurrenzkämpfe um die Leitung der lateinischen Kirche wiedergibt. Diese Konkurrenzen selbst stehen
im Zentrum des von der DFG finanzierten Projekts. Darin werden die tiefgreifenden Autoritätskrisen der umfassend kirchlich
geprägten Welt des Mittelalters erstmals systematisch und in
diachroner Perspektive untersucht. Im einzelnen gilt es, die
Rahmenbedingungen und Wirkungen der Schismen sowie die
Wahrnehmungsmuster, Handlungs- und Bewältigungsstrategien
der Protagonisten bzw. der betroffenen Zeitgenossen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu erfassen und zu analysieren. Unter
diesen Aspekten wird ein mehrtägiges Symposium im September 2011 Spezialisten aus ganz Europa zu einer vergleichenden
Bestandsaufnahme an der RWTH Aachen zusammenführen.
Mitarbeit: Brigitte Holz.
17
Gesellschaft und Kultur in der konfessionellen
Stadt – Die Reichsstadt Aachen und ihre
Protestanten in der Frühen Neuzeit
Christine Roll
Geschichte der Frühen Neuzeit
In der Frühen Neuzeit wurde Aachen zu der katholischen Stadt,
Niederlande, Jülich, Bistum Lüttich), und zwar vor dem metho-
als die sie von ihren Einwohnern lange wahrgenommen wurde
dischen Hintergrund der Auseinandersetzung mit dem die For-
– und zum Teil bis heute wird. Aber auch in Aachen lebten stets
schung weithin bestimmenden Konfessionalisierungsparadig-
Protestanten, und ihr Einfluss auf die Stadtgeschichte zwischen
ma. Aachen zeigt sich dabei schon jetzt, da der Abschluss der
Reformation und Franzosenzeit und ihre Bedeutung für Gesell-
ersten Studie nahe bevorsteht, als gemischtkonfessionelle
schaft, Kultur und Wirtschaft Aachens und seiner Umgebung
Stadt, in der das Zusammenleben mehrerer christlicher Reli-
war bedeutender, als die Forschung lange angenommen hat.
gionsgemeinschaften zumeist problematisch war, aber unter
Hier setzt das Forschungsprojekt an und untersucht in
bestimmten Bedingungen immer wieder auch gelang. Im Rah-
zwei Teilprojekten die Entwicklung und die Lebenswirklichkei-
men des Projektes entstehen zwei Dissertationen: „Zwischen
ten protestantischer Glaubensgemeinschaften in Aachen. Im
städtischer Gemeinschaft und religiöser Entfaltung. Aus-
Mittelpunkt steht die Frage nach den Möglichkeiten und Gren-
einandersetzungen dreier Konfessionsgruppen um ihr
zen des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher
Zusammenleben in der Reichsstadt Aachen (1550 bis 1616)“
konfessioneller Überzeugung und Zugehörigkeit in der Vor-
(Thomas Kirchner, Abschluss 2011) und „Aachener Protest-
moderne. Gefragt wird vor allem nach den Wechselwirkungen
antismus im 17. und 18. Jahrhundert“ (Thomas Richter).
zwischen innerstädtischen Veränderungen (Schulen, Orden,
Industrialisierung) und Einflüssen von außen (Kaiser und Reich,
18
Die Promotionen werden gefördert von der Neumann&Esser
Stiftung der Familie Peters.
"Begriffsgeschichte" als Dekonstruktion gesellschaftlicher und politischer Kommunikation in
Rumänien, 19. und 20. Jahrhundert
Armin Heinen
Neuere Geschichte
Im Herbst 2008 ist in Kooperation mit dem Historischen Insti-
vielfacher Begriffsüberlagerungen. Letztere gilt es herauszu-
tut der RWTH Aachen an der Universitate de Vest in Temeswar/
arbeiten. In Kooperation mit Victor Neumann (Temeswar).
Rumänien ein insgesamt achtsemestriger Studienzyklus für
Das Projekt wird gefördert von der VolkswagenStiftung. Ein
Doktoranden und Postdoktoranden zum Thema „Begriffsge-
erster internationaler Konferenzband ist 2010 erschienen mit
schichte“ angelaufen. Ziel ist die Erprobung einer deutschen
Beiträgen aus den USA, den Niederlanden, Deutschland, Frank-
Perspektive der Geschichtsschreibung auf das rumänische
reich, Ungarn und Rumänien. Neben der Konferenz fanden
19. und 20. Jahrhundert.
weitere Workshops in Temeswar und Aachen statt.
Die NachwuchswissenschaftlerInnen durchlaufen ein
umfangreiches und abgestimmtes Programm zu Geschichtstheorie und historischem Vergleich, zu historischen und politischen Denkstrukturen in Rumänien, zu literatur- und sprachwissenschaftlichen Analysetechniken.
Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit der von
Reinhart Koselleck geprägten „Begriffsgeschichte“, denn
Ziel der Einzelprojekte ist es, begriffsgeschichtliche Veränderungen im Rumänischen bis in die Gegenwart zu verfolgen. Rumänien kann als ein Land von Ungleichzeitigkeiten
beschrieben werden, mit differierenden politisch-sozialen
Regimen und deren sprachlichen Ausformungen, einer bis heute unvollendeten Modernisierung, und sicherlich auch als Ort
19
Herausforderung Sterbehilfe.
Theoretische und praktische Studienhilfen zum
Thema "Selbstbestimmtes Sterben"
Ulrich Lüke & Guido Meyer
Systematische Theologie & Religionspädagogik
Unsere von der deutschen Krebshilfe finanzierte Forschergruppe arbeitet gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Palliativmedizin des Universitätsklinikums Aachen an der Weiterentwicklung der Curricula für Pflegepersonal und Ärzte.
Ziel dieser Zusammenarbeit ist, kulturanthropologische
Ansätze in einen medizinischen Kontext zu übertragen. Wir
entwickeln ein philosophisches Lesebuch mit einem Handbuch für den Ausbildungsunterricht. Das Lesebuch bietet eine
philosophische Einführung in zentrale anthropologische Grundbegriffe. Diese werden auf medizinethische Fragen bezogen.
Das Lehrerhandbuch unterstützt den Lehr- und Lernprozess.
Nach einem ganzheitlich wahrnehmenden Einstieg in die
Thematik folgt eine Anleitung zur Deutung des philosophischen Stoffes. Im Anschluss können mithilfe von Fallbeispielen die ethischen Ausführungen begründet werden. Zuletzt
müssen die Lernenden darüber reflektieren, inwiefern sie
das Gelernte in ihrem beruflichen Alltag integrieren können.
Mitarbeit: Annette Jantzen, Patrick Becker, Nicole Godolt, Sonja Schüller.
20
Literatur
Kultur
Sprache
Sinne und Synapsen. Gehirnforschung und
Literatur der Gegenwart
Monika Fick
Neuere Deutsche Literaturgeschichte
Während es bereits eine Flut von Bänden zum Thema
Zeichenverwendung einsetzen und einen Gegenstandsbereich
„Neurowissenschaft(en) und Philosophie“ gibt, ist ein vergleich-
erfahrbar machen, der alternativ zur naturwissenschaftlichen
barer Band „Gehirnforschung und Literatur“ ein Desiderat.
Gegenstandskonstitution entsteht. Die Studie dient der Kom-
Die Materialstudie soll – konkretisiert am Beispiel der
pilation und Übersicht, stellt aber auch, ausgehend von einem
Literatur der Gegenwart – diese Lücke schließen und damit
hermeneutischen Literaturbegriff, Kriterien der Beurteilung
eine wesentliche Ergänzung zu der rein philosophischen Be-
und Bewertung neuro-ästhetischer und „neuro-poetischer“
zugnahme auf die Neurowissenschaften bieten. Literatur setzt
Ansätze bereit. Von dieser Meta-Ebene aus werden Textana-
einen Bereich in Szene, der von den Kognitionswissenschaften
lysen entwickelt, die für eine Kooperation von Neuro- und
und der Gehirnforschung ausgeblendet und in der philoso-
Literaturwissenschaftlern im Bereich der „Neuro-Ästhetik“
phischen Diskussion marginalisiert wird: Die Leistungskraft
den Charakter von Modellanalysen gewinnen können.
literarischer Sprache bei der Artikulation problematischer
Die Ergebnisse werden in Buchform publiziert.
menschlicher Erfahrung an der Grenze zum Unbekannten
und Unerklärlichen, also gegenüber einem Problemdruck.
Mit ihrer Freiheit zur Fiktion, ihren spezifischen narrativen Verfahrensweisen, ihrer künstlerischen Sprachgestaltung
und Sprachreflexion kann Literatur Störungen der alltäglichen
22
Die Projekthomepage ermöglicht schon jetzt Einsicht
in Ergebnisse, die in neuen Formen der Lehre Anwendung
finden können: http://susy.germlit.rwth-aachen.de/
Mitarbeit: Patricia Derek.
Ernst Meister: Gedichte.
Textkritische und kommentierte Ausgabe
Axel Gellhaus
Neuere Deutsche Literaturgeschichte
Ernst Meister (1911-1979) zählt zu den bedeutendsten
ausgewählter Zustände der Textgenese, einen Kommentar mit
deutschsprachigen Lyrikern des 20. Jahrhunderts. Sein um-
ausführlichen Bandeinführungen sowie lemmatisierte Stellen-
fangreiches Werk umfasst mehr als zwanzig zu Lebzeiten pub-
kommentare zu den einzelnen Gedichten. Ein elektronischer
lizierte Gedichtbände. Meister wurde mit zahlreichen Preisen
Anhang mit Digitalisaten sämtlicher Textzeugen ergänzt die
ausgezeichnet, darunter 1979 posthum mit dem Georg-
Bände. Zwanzig Wissenschaftler aus Frankreich, den Niederlan-
Büchner-Preis.
den und Deutschland sind seit 2001 an dem Projekt beteiligt.
Die textkritische und kommentierte Werkausgabe enthält
Herausgeber: Axel Gellhaus, Stephanie Jordans und Andre-
sämtliche zu Lebzeiten publizierten Gedichtbände von Aus-
as Lohr. Redaktion: Herausgeber, Dominik Loogen, Eckart
stellung“ (1932) bis „Wandloser Raum“ (1979) sowie verstreut
Oehlenschläger, Dierk Rodewald, Mareike Schröder. Die Ausga-
veröffentlichte Lyrik. Die fünf Bände bieten einen kritisch
be erscheint zum 100. Geburtstag des Dichters 2011 im Wall-
revidierten Text auf der Basis der Erstdrucke, eine vollständige
stein Verlag, Göttingen.
Dokumentation der Textentstehung in Form von Verzeichnissen sämtlicher Textzeugen, einen Apparat mit Darstellungen
Eine genaue Projektbeschreibung ist zu finden auf:
http://ema.germlit.rwth-aachen.de/
23
Walther von der Vogelweide – Textedition und
Internet-Portal
Thomas Bein
Ältere Deutsche Literatur
Walther von der Vogelweide ist einer der profiliertesten Lyriker
des Hochmittelalters. Im 19. Jahrhundert haben sich Philologen angestrengt bemüht, aus der Vielzahl an mittelalterlichen
Handschriften und Textfassungen den „Ur-Walther“ herauszuarbeiten. Von solchen eher spekulativen Rekonstruktionen hat
man sich heutzutage verabschiedet. Eine moderne Textedition
muss die einzelnen Textfassungen adäquat und benutzerspezifisch aufbereiten; unterschiedliche Erkenntnisinteressen sind
im Blick zu behalten.
In der Aachener Arbeitsstelle „Walther von der Vogelweide“
wird seit einigen Jahren eine neue Print-Ausgabe der Texte Walthers vorbereitet, die neben synoptischen Fassungseditionen
auch textkritische Kommentare und Erschließungshilfen
enthalten wird (geplanter Abschluss: Ende 2011).
Der Komplexität der Überlieferung kann letzten Endes aber
nur eine webbasierte Aufbereitung gerecht werden. In Vorbereitung befindet sich daher ein „Walther von der VogelweidePortal“, das Handschriftenfaksimiles, Transkriptionen in
differenzierter Abstufung, Tondokumente und Forschungsverlinkungen enthalten wird.
24
Thomas Murners deutschsprachige Schriften in
Auswahl. Edition und Übersetzung
Thomas Neukirchen
Ältere Deutsche Literatur
Die deutschsprachigen Schriften des Franziskaners Thomas
Murner (1475-1537) zählen zu den bedeutendsten literarischen Schriften der ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts.
Sie changieren im Wesentlichen zwischen religiös-erbaulichem,
vor allem aber satirischem und antireformatorischem Schrifttum, das schließlich in seinem bekanntesten Werk „Vom
großen lutherischen Narren“ (1522) kulminiert. Beabsichtigt
ist eine editorische Auswahl und Übersetzung der zentralen
deutschsprachigen Werke Murners, um diesen wichtigen elsässischen Autor weiteren Kreisen wie Studierenden, Theologen,
Kirchenhistorikern und Kulturhistorikern zugänglich zu machen.
Weitere Projektinformation ist zu finden unter: http://
www.mediaevum.de/forschen/projekt_anz.php?id=152.
25
Early American Literatures and Cultures:
A Bibliography of Bibliographies
Ludwig Deringer
Amerikanistik und Kanadistik
Ein Verständnis der USA ist ohne Kenntnis ihrer Anfänge im
Kolonialzeitalter (1492-1776) nicht möglich. Zum Gegenstand
der literatur- und kulturwissenschaftlichen Amerikanistik zählt
daher Grundlagenforschung über das – multikulturell und multilingual geprägte – Nordamerika der Entdeckungs-, Erkundungsund beginnenden Dauerbesiedlungsphase.
Hauptziel des geplanten Projekts ist es, künftiger Forschung erstmals ein Handbuch zur Verfügung zu stellen, das in
kompakter Form einen schnellen Zugriff auf die bereits vorliegende wissenschaftliche Literatur ermöglicht. Weithin verstreut
existierende Spezialbibliographien zu Einzelthemen werden
ihrerseits in der „Bibliographie der Bibliographien“ gebündelt.
Hierzu werden die Bestände zentraler Archive und Forschungsbibliotheken der USA systematisch ausgewertet
(Houghton Library, Harvard; John Carter Brown Library, Providence/Rhode Island und andere).
26
Schlüsse in Literatur und Kultur/
Endings in Literature and Culture
Peter Wenzel
Anglistische Literaturwissenschaft
Nach übereinstimmender Auffassung von Literaturwissen-
sie kulturspezifisch motiviert? Welche Typen des Schlusses
schaftlern, Semiotikern und Kognitionspsychologen zählen
findet man in der Literatur, welche in anderen Textsorten
Schlüsse zu den bedeutungsträchtigsten und einprägsams-
und Medien? Wie verändert sich das Konzept des Schlus-
ten Elementen literarischer Werke und kultureller Artefakte.
ses in historischer Perspektive? Welche Visionen eines
Dennoch hat die Struktur von Schlüssen bislang nur be-
Endes finden sich in der antiken Tragödie, welche in der
grenzte Beachtung gefunden. Das gemeinsame Forschungs-
christlichen Eschatologie? Stimmt es, dass die Postmoder-
projekt von Anglisten der RWTH und Wissenschaftlern der
ne ohne das Phänomen der Schlussbildung auskommt?
University of St Andrews möchte daher aus einer breit an-
An dem interdisziplinären Projekt sind beteiligt: Anke
gelegten Perspektive die Struktur von Schlüssen untersu-
Bauer, Geoffrey Davis, Aljoscha Merk, Sven Strasen, Julia
chen: Inwieweit handelt es sich bei bestimmten Formen der
Vaeßen (Aachen); Bernard Beatty, Trevor Hart, Gavin Hopps,
Schlussbildung um semiotische Universalien, inwieweit sind
Chris Jones, Grant Mac Askill (St Andrews/Großbritannien).
27
INTERcCOM
Anne Begenat-Neuschäfer
Romanische Philologie
Die internationale Projektgruppe INTERcCOM erarbeitet ein
sonderen Deutsch, Französisch, Niederländisch und Türkisch)
innovatives, multimediales Lerninstrument, das den heutigen
sollen neue Lerneinheiten entwickelt werden, die auf eine
und zukünftigen Bedürfnissen der Euregio Maas-Rhein sowie
vertiefte interkulturelle Begegnung im Sinne der Selbst- und
den täglichen Bedürfnissen der Jugendlichen angemessen ist,
Fremdwahrnehmung, sowie der Anleitung zur kritischen Analyse
die grenzüberschreitend studieren und nach ihrem Studium auf
von Stereotypen und Klischees in der Wahrnehmung des Frem-
dem euregionalen Arbeitsmarkt tätig sind.
den hinarbeiten.
Kulturelle Unterschiede innerhalb der Euregio machen
Die Laufzeit des Projektes beträgt zunächst drei Jahre und
„normale“ Sprachkenntnisse unzureichend, wenn man au-
wird von INTERREG über die Stichting Euregio Maas-Rijn sowie
ßerhalb der eigenen Region erfolgreich studieren oder arbei-
dem Land NRW unterstützt. Projektpartner: Provinciale
ten möchte. Die Überzeugung, nur gute Sprachkenntnisse in
Hogeschool Limburg (Leadpartner), Universiteit Hasselt,
Deutsch, Französisch oder Niederländisch würden genügen,
Université de Liège, Gymnasium St.-Leonhard (Aachen),
um erfolgreich zu sein, ist schon längst überholt. Kulturei-
Hogeschool Zuid (Maastricht), CommArt International.
genheiten haben großen Einfluss auf das Verhalten, auf die
www.interccom.eu
Sprachverwendung und die non-verbale Kommunikation.
www.romanistik.rwth-aachen.de/Forschung
Für ein vertieftes sprachliches und interkulturelles Verständnis der Muttersprache wie der Fremdsprache (im be-
28
IKFA - Interkulturelle Kompetenzforen Aachen
Angelica Rieger
Interkulturelle Studien - Romanistik
Im Rahmen dieser neuen Veranstaltungsreihe (www.ikfa.
und der CAIR 2010 in Graz wurde eine empirische Studie zum
culturecom.eu) werden Problemkomplexe im Bereich interkul­
Thema „IK und Unternehmenskultur im deutsch-französischen
tureller Kompetenz (IK) erforscht. Die Foren verfolgen drei
Kontext“ vorgestellt (Download http://www.uni-graz.at/fAIR/
konkrete Ziele: Die Schaffung einer internationalen Austausch-
cAIR10/). Daraus sind inzwischen mehrere Forschungsprojekte
plattform für den Know-How-Transfer aus den Kulturwissen-
hervorgegangen, zuletzt ein Dissertationsprojekt in Cotutelle
schaften in Industrie und Wirtschaft, die Einwerbung von
mit der ENS - Lyon, "IK in deutsch-französischen Hochschul-
For­schungsaufträgen und die Sensibilisierung der RWTH für die
kooperationen.
Dring­lichkeit der Entwicklung von IK zur Erreichung ihrer Leit-
Eine empirische Studie zum Verlauf bilateraler Projekte".
ziele. Das 1. Forum, „Unbekannter Partner Frankreich? IK im
Projektpartner und Mitarbeit: Dominique de Courcelles (Ecole
bilateralen Austausch“, fand am 14.10.09 statt, das 2., „Eu-
Normale Supérieure - Lyon), Otto Iancu (Deutsch-Französische
regio Charlemagne – ein Spannungsfeld dreier Kulturen“ am
Hochschule), Anna Schumacher (Aachen).
13.10.10. In Planung ist Lateinamerika/Mexiko. Beim 1. Forum
29
Etihad 503: […] next time I would like you to be polite with me […]
JFK Ground: […] you don’t understand what I'm saying
Etihad 503: […] polite with me alright!?
Aviation English
Frauke Intemann
Fremdsprachendidaktik
Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit mehreren Frage-
serung der Sprachausbildung von Piloten und Fluglotsen
stellungen, die im Kontext des Fremdsprachenlernens und des
führen. Projektpartner: Markus Bieswanger (Flensburg).
Gebrauchs des Englischen als internationaler Lingua Franca
Demnächst erscheint: Frauke Intemann/Markus Bies-
stehen. Ziel ist eine Beschreibung des Sprachgebrauchs von
wanger, „Aviation English“, in: Ulrike Gut/Konrad Schröder/
Piloten und Fluglotsen unterschiedlicher Muttersprachen, der
Magdalena Wrembel (ed.), English as a Foreign Language.
sich teilweise erheblich von der international standardisierten
An International Handbook, Berlin/New York (de Gruyter).
Phraseologie unterscheidet.
Darüber hinaus soll das Projekt kritische Stellen der
Piloten-Fluglotsen-Kommunikation aufzeigen. Diese Erkenntnisse sollen dann zu konkreten Vorschlägen für die Verbes-
30
PRO-EYES
Stella Neumann
Anglistische Sprachwissenschaft
Im vergangenen Jahrzehnt konnte mithilfe elektronischer
mentellen Methoden in der Übersetzungsforschung an.
Textsammlungen nachgewiesen werden, dass übersetzte
In einem vorhergehenden Experiment wurden Blickbewegungen,
Texte typische sprachliche Eigenschaften aufweisen, die sie
Tastatur- und Mausanschläge kombiniert aufgezeichnet. Dabei
von nicht-übersetzten Originalen systematisch unterschei-
konnten erstmalig in der Übersetzungsforschung quantitative
den. Darüber, wie sie beim Übersetzungsvorgang zustan-
Ergebnisse mit professionellen Übersetzerinnen und Überset-
de kommen, ist noch relativ wenig bekannt. Dies liegt nicht
zern gewonnen werden. In Pro-Eyes wird nun ein spezielleres
zuletzt daran, dass die Erforschung der simultanen kogni-
Blickbewegungsexperiment durchgeführt, das der Vorbereitung
tiven Verarbeitung des Originals und der Herstellung der
einer EEG-Studie dient, die noch gezielter Aufschluss über die
Übersetzung eine besondere Herausforderung darstellt.
Auslöser übersetzungsspezifischer Textproduktion geben soll.
Hier setzt Pro-Eyes mit einer Weiterentwicklung der experi-
Projektpartnerin: Pirita Pyykkönen (Saarbrücken).
31
Der Charme der Prototypen
Simone Roggenbuck
Romanische Sprachwissenschaft
Von „Prototypen“ ist heute in den verschiedensten For-
wicklung? Oder steht hier ein Mittelwert als „bestes Ex-
schungs- und Wissensfeldern die Rede. Für die Prototy-
emplar“ einem utopischen Format gegenüber?
pensemantik sind sie Muster kognitiver Verarbeitung für
Das Forschungsprojekt will dem wissenshistorischen
Sprache und Bilder. In der Technikgeschichte repräsen-
und kognitiven Charme der „Prototypen“ nachgehen, in-
tieren sie eine Etappe in Entwicklungsprozessen von in-
dem es ihre kognitive und praxisrelevante Wirkung als
dustriellen Produkten, die vor der Serienproduktion liegt.
Verdichtung und Antizipation, als „Modell“ und „Ent-
Als interdiskursives Phänomen tauchen „Prototypen“
wurf“, als „Archetyp“ und „Idealtyp“ untersucht.
erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf.
Projektpartner: David Gugerli (ETH Zürich).
Das Projekt nimmt die begriffliche Fährte in zweierlei Hinsicht auf. Markiert die Konjunktur des Begriffes einen „cultural shift“ – hin zum Machbaren, Konkreten,
Experimentellen, Pragmatischen? Bedeutet „Prototyp“
in sprachlichem Denken dasselbe wie in der Produktent-
32
Anthropologische Universalien –
kulturelle Differenzen
Christian Stetter
Germanistische Linguistik
Ziel des interdisziplinären Projekts, einer Kooperation zwischen
zweiter Ordnung. Anhand von Reaktionszeitexperimenten
Germanistischer Linguistik, Neurolinguistik und Psychologie
werden die erarbeiteten, theoretisch fundierten Hypothe-
sowie Partnern der Universitäten Tokio und Chiba in Japan, ist
sen experimentell überprüft und Rückschlüsse auf die Ver-
es, zu eruieren, inwieweit der Gebrauch eines Schriftsystems
arbeitung der unterschiedlichen Schriftsysteme gezogen.
als Symbolsystem durch universale kognitive Mechanismen
Zudem bieten bildgebende Verfahren die Möglichkeit, die
einerseits und kulturelle Einflüsse andererseits bestimmt ist.
jeweils angesprochenen neuralen Netzwerke zu untersuchen.
Dafür wird eine vergleichende Analyse des deutschen
Schließlich werden die Ergebnisse in ein konnektionistisches
Schriftsystems als alphabetischer Orthographie und des
Modell übertragen, welches eine computergestützte Simulation
japanischen Schriftsystems als Kombination von Morpho-
der Verarbeitung innerhalb des spezifischen Symbolsystems
graphie und Silbenschrift durchgeführt. Eine Beschreibung,
erlaubt. Mitarbeit: Elisabeth Birk, Sonja Häffner, Walter Huber,
basierend auf der Symboltheorie Nelson Goodmans, ermög-
Martina Ziefle, Kathrin Hippmann, Anuj Sharma, Christoph
licht die Vergleichbarkeit beider Schriftsysteme jenseits eu-
Wenzel. Projektpartner: Gert Westermann (Oxford Brookes
rozentristischer Auffassungen der Schrift als Zeichensystem
University).
33
Kausalität im Recht
Markus Stepanians
Praktische Philosophie
Hauptziel des Projektes ist eine Beschreibung und Analyse
der wesenhaften Verbindung zwischen Verantwortung und
Kausalität, wie sie in Gesetzgebung (und Moral) für die normative Beurteilung von Handlungen und Handlungskonsequenzen zugrundegelegt wird. Ob ein Angeklagter juristisch
belangt werden kann, hängt in der Regel davon ab, ob er
einen Schaden im Sinne des Gesetzes verursacht hat. Aus
diesem Grund befassen sich gerichtliche Untersuchungen
häufig mit der Klärung der Kausalitätenkette zwischen Handlungen des Beschuldigten und dem Eintreten eines Ereignisses wie zum Beispiel Tod oder Verletzung einer Person.
Obwohl die Gesetzestheorie durchtränkt ist mit der Sprache
der Kausalität, und trotz zahlreicher Versuche, die zugrundeliegenden Konzepte zu erhellen, hat sich der juristische Kausalitätsbegriff bisher einer Analyse entzogen. „Kausalität im
Recht“ versucht hier eine Klärung auf interdisziplinärem Weg.
Das Projekt ist Teil der DFG-Forschergruppe „Kausalität,
Gesetze, Dispositionen und Erklärungen im Schnittpunkt
von Wissenschaften und Metaphysik" (Sprecher: Andreas Hüttemann, Köln). Mitarbeit: Benedikt Kahmen.
34
Psychologie
Pädagogik
Kommunikation
Crossmodale Handlungssteuerung beim
Multitasking
Iring Koch
Psychologie
Zum Forschungsprogramm des Lehrstuhls für Psycho-
Koch, „Crossmodal action selection: Evidence from dual-
logie I gehören unter anderem kognitive Mechanismen der
task compatibility“, Memory & Cognition 38 (2010): 493-
crossmodalen Handlungssteuerung beim Multitasking.
501. Denise Stephan/ Iring Koch, „Central crosstalk in
In zwei DFG-geförderten Projekten geht es darum, wie
task switching: Evidence from manipulating input-output
Handlungen koordiniert werden, bei denen gleichzeitig oder
modality compatibility“, Journal of Experimental Psycholo-
in rascher Abfolge mehrere verschiedene Effektorsysteme
gy: Learning, Memory & Cognition 36 (2010): 1075-1081.
(z.B. Hände, Stimme oder Augenbewegungen) eingesetzt
werden müssen. Dabei werden grundlegende Fragen zur
kognitiven Architektur bei solchen Aufgabenanordnungen
untersucht, etwa ob die Reaktionsauswahl in zwei Effektorsystemen seriell erfolgt oder auch parallel ablaufen kann,
sowie ob und warum bestimmte Kombinationen von Reizund Reaktionsmodalitäten (z.B. visuell vs. auditiv, manuell
vs. vokal) beim Multitasking leichter zu bewältigen sind.
Mitarbeit: Lynn Huestegge, Denise Stephan.
Beispielhafte Projektergebnisse: Lynn Huestegge/ Iring
36
Kognitive Verarbeitungsprozesse
beim Werkzeuggebrauch
Jochen Müsseler
Arbeits- und Kognitionspsychologie
Moderne Technik und damit Werkzeuggebrauch zielt darauf
(z.B. Effekte an der Werkzeugspitze) zu koordinieren. Dadurch
ab, menschliche Informationsverarbeitungsprozesse und deren
entstehen zum Teil hohe Anforderungen an die kognitive Leis-
Umsetzung in motorische Bewegungsabläufe zu erleichtern.
tungsfähigkeit und die feinmotorische Geschicklichkeit.
Vergleicht man heutige Arbeitsplätze mit den Arbeitsplät-
Wir untersuchen diese Anforderungen in mehreren Untersu-
zen, die noch vor ca. 20 Jahren existierten, so sind die viel-
chungsansätzen. Diese Ansätze sind auf dem Kontinuum
fältigen Anforderungen an Muskelkraft und grobmotorischer
zwischen relevanter Grundlagenforschung und Anwendung
Bewegungssteuerungen in der Regel deutlich reduziert.
angesiedelt und erfassen thematisch Fragestellungen der
Auf der anderen Seite entstehen durch die Verwendung mo-
Reiz-Reaktions-Kompatibilität, der multisensorischen Integra-
derner Werkzeuge auch neuartige Probleme, insbesondere was
tion, der Raumwahrnehmung bzw. des Handelns in entfernten
die sensumotorischen Koordinationsprozesse angeht. So sind
Räumen sowie der kreativen Umgestaltung eines Problems mit
beim Werkzeuggebrauch proximale, also körperbezogene Be-
Werkzeugen.
wegungen (z.B. der Hand), mit distalen Werkzeugbewegungen
37
Prozessprofiling und Prozessmonitoring
Will Spijkers
Psychologie, Berufliche Rehabilitation
Start 03/09
Sommer 09
2-jährige Rehabilitationsmaßnahme
Prä-Messung
Entwicklung
PP/PM
V1
V1(start)
PP
Sommer 11
Post-Messung
PM
PM
PM
PM
Anpassungen
kontinuierliche formative Evaluation
Ende 03/12
Reintegrationsstatus
Vx (final)
Identifikation von Reintegrationsfaktoren
Konzeption OutcomeAssessment
Ein Schwerpunkt des Lehrstuhls ist die wissenschaftliche
Stammdaten und Assessmentdaten mit dem Kriterium
Begleitung der Neuentwicklungen in der Beruflichen Rehabi-
Reintegration in Verbindung gebracht und Einflussfaktoren
litation. Im Rahmen des Projekts werden gemeinsam mit 19
ermittelt. Die gewonnenen Erkenntnisse werden für eine
Bildungseinrichtungen beruflicher Rehabilitation (Berufsförde-
Weiterentwicklung des RehaAssessments® verwendet,
rungswerken) drei Forschungsziele verfolgt (siehe Abbildung).
sowie zur Verbesserung der Integrationsorientierung des
Primäres Ziel der wissenschaftlichen Begleitung ist die
Entwicklung und Evaluation eines Steuerungsinstrumentes
Prozessprofilings und -monitorings.
Ein weiteres Ziel ist die Konzeption eines Outcome-
(Prozessprofiling und –monitoring, PP/ PM) zur Planung und
Assessments. Es dient zukünftig der finalen Beurteilung
Überwachung individueller und integrationsorientierter Rehabi-
der Qualität der Rehabilitationsmaßnahme in Form
litationsverläufe. Eine kontinuierliche formative Evaluation be-
eines Vorher-Nachher-Vergleichs, einer Entwicklungs-
zieht dabei sowohl Anwender als auch Rehabilitanden mit ein.
dokumentation und Zufriedenheitsbefragung.
Sekundäres Ziel ist die Untersuchung und Identifikation
integrationsrelevanter Faktoren. Hierzu werden Prozessdaten,
38
Mitarbeit: Viktoria Arling, Christina Schellmann,
Sandra Kleon, Martina Frost.
Methoden- und Instrumentenentwicklung:
Computeradaptives Testen
Otto Walter
Psychologie
Ein Forschungsschwerpunkt am Lehrstuhl Psychologie II befasst sich mit einer Reihe von methodischen und praktischen
Fragen des computeradaptiven Testens auf mobilen und
webbasierten Plattformen. Hierzu zählen optimale Itemselektionsregeln nach inhaltlichen und psychometrischen Kriterien,
Abschätzung des Modellfits, non-parametrische Methoden
(vor allem Kernel-smoothing Ansätze) sowie die automatische,
computergestützte Itemgenerierung. In diesen Rahmen sind
auch zwei größere Kooperationen mit der Universität Hamburg
und dem EMGO Institute for Health Care Research (Amsterdam) zu nennen, die sich mit der Entwicklung und Evaluation
von computeradaptiven Tests für Angst und Depression auf
mobilen Geräten (Universität Hamburg) und für Internetanwendungen (EMGO, Amsterdam) auseinandersetzen.
39
Wissenschaftliche Begleitung:
Schulverband Aachen-Ost
Marold Wosnitza
Erziehungswissenschaft, Schulpädagogik und empirische Bildungsforschung
Um den Schülern optimale Lernchancen bieten zu können,
Alle drei Schulen sind beziehungsweise werden Ganz-
haben sich das Geschwister-Scholl-Gymnasium, die Hugo-
tagseinrichtungen. Das Vorhaben „Schulverband Aa-
Junkers-Realschule und die Hauptschule Aretzstraße in Aa-
chen-Ost“ wird wissenschaftlich durch die Professur
chen-Ost zu einem „Schulverband“ zusammengeschlossen.
für Schulpädagogik und empirische Bildungsforschung
In dem Modellprojekt kooperieren die Schulen sowohl
personell als auch inhaltlich mit dem Ziel, eine qualitative
begleitet.
Die Stiftung Mercator fördert die wissenschaftli-
Verbesserung ihrer Arbeit insgesamt, ihres Unterrichts und
che Evaluation des Prozesses hin zu einer vernetzten
der Abschlüsse zu erreichen. Hierzu vernetzen sie sich zudem
Schul- und Unterrichtsentwicklung mit dem Ziel, wei-
eng mit den Grundschulen sowie weiteren Institutionen,
terführenden Schulen in anderen Regionen letztlich
Vereinen und Unternehmen im Stadtteil.
valide Handlungsanregungen geben zu können.
Unterstützt wird dieses Vorhaben vom Ministerium für
Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen,
von der zuständigen Bezirksregierung Köln sowie der
Stadt Aachen.
40
Mitarbeiterin: Alexandra Imgrund-Witthöft
www.schulverband-aachen-ost.de/
AILB - Aachener Internet Lernsoftware zur
Berufsqualifizierung Gehörloser
Ludwig Jäger
Deutsche Philologie
In dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
se Gehörloser abgestimmten Texte, Grafiken und Lernwerkzeu-
geförderten Projekt wird seit 2003 eine gebärdensprachba-
ge dar, die modulübergreifend und interaktiv genutzt werden
sierte Informations- und Internetlernplattform für gehörlose
können. Didaktik, Informationsverarbeitung und Webdesign
Schüler, Schulabgänger oder Berufssuchende entwickelt.
berücksichtigen die besonderen Anforderungen, die Gehör-
Die Plattform ist unter der Adresse www.vibelle.de (Visu-
lose an barrierefreie Kommunikation stellen und eröffnen
elles zu Beruf Leben und Lernen) im Internet frei zugänglich
gehörlosen Arbeitnehmern somit die Möglichkeit, den Aus-
und bietet gehörlosen Berufseinsteigern sowie Arbeitneh-
tausch und die Kommunikation mit der sie umgebenden hören-
mern die Möglichkeit, sich selbstständig und in Deutscher
den Welt zu verbessern und ihre Ausgrenzung zu überwinden.
Gebärdensprache (DGS) über berufsbezogene Themen,
Das Projekt wird vom BMAS noch bis April 2012 gefördert.
wie beispielsweise Bewerbung, Arbeitswelt, Arbeitsrecht
Interdisziplinäre Projektpartner des Aachener Klinikums und
und Weiterbildungsmöglichkeiten zu informieren und in Ei-
der Informatik: Klaus Willmes von Hinckeldey, Walter Huber,
geninitiative berufsrelevante Fertigkeiten zu erwerben.
Matthias Jarke.
Eine wesentliche Verbesserung zu üblichen Informationsplattformen stellen die vielfältigen auf die visuellen Bedürfnis-
41
Interdisziplinäre Methoden industrieller
Prozessmodellierung (IMIP)
Eva-Maria Jakobs,
Textlinguistik und Technikkommunikation
Das Verbundprojekt von Sprach- und Kommunikationswis-
In dem Unternehmen werden exemplarisch Methoden der
senschaft, Arbeitswissenschaft und Psychologie richtet sich
Prozessmodellierung angewendet, evaluiert und optimiert.
auf die Entwicklung eines integrativen Ansatzes für die Be-
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit erlaubt innovative
wertung, Weiterentwicklung und Anwendung von Prozessmo-
Beiträge für die fachspezifische wie fachübergreifende Ent-
dellierungen in Unternehmen. Prozessmodelle übernehmen
wicklung theoretischer und methodischer Konzepte, etwa die
zentrale Aufgaben des betrieblichen Wissensmanagements,
Erweiterung und Spezifikation von Verfahren für die Analyse
ihre Erstellung und Nutzung sind wesentlich durch sprachlich-
kommunikativer Barrieren und Missverständnisse, ihre ge-
visuelle Verfahren und Mittel geprägt, die in bestehenden
sprächsanalytische Modellierung oder die Optimierung in-
ingenieurwissenschaftlichen Ansätzen aber kaum berück-
dustrieller Notationssysteme. Projektpartner an der RWTH:
sichtigt werden. Ziel des Projekts ist es, Schwachstellen
Christopher M. Schlick (Arbeitswissenschaft), Martina Ziefle
ingenieurwissenschaftlicher Prozessmodelle zu identifizie-
(HumTec, Communication Science). Projektpartner in der Wirt-
ren und Methoden zu entwickeln, die es erlauben, Informa-
schaft: Seidel GmbH+ Co (Marburg). Gefördert vom BMBF.
tions- und Kommunikationsverluste bei Prozessbeschreibun-
www.tl.rwth-aachen.de/forschung/projekte/imip.html
gen zu minimieren und Notationssysteme zu optimieren.
Die Umsetzung des Vorhabens erfolgt in Kooperation mit
einem Sachgüter produzierenden KMU der Seidel GmbH+Co.
42
Crossmedia-Implementierung
bei Tageszeitungen
Susanne Kinnebrock
Kommunikationstheorie
Zeitungshäuser bieten inzwischen mehr als die klassische Zeitung an. Ermöglicht durch die Digitalisierung, haben sie sich zu
Sicherheiten, Hierarchien und Aufgabenfelder schwinden.
Ziel des Forschungsprojektes ist es, diese Wandelprozes-
multimedial agierenden Informationsanbietern gewandelt, die
se innerhalb von Redaktionen forschend zu begleiten und
unterschiedlichste Medienplattformen (z.B. Internet, Handy
Strategien zu entwickeln, wie die Umstellung auf Crossmedia
oder Ipad) bespielen. Redaktionen stellen auf mehrmediale
erfolgreich zu gestalten ist. Wie kann eine Arbeitskultur ge-
Produktion um, integrierte Newsrooms werden eingerichtet,
schaffen werden, die dauerhaft offen für Innovationen ist?
neue digitale Angebote konzipiert. Das erfordert seitens der
Projektpartner: Sonja Kretzschmar (Friedrichshafen),
Journalisten ganz neue Kompetenzen: Sie müssen neue Tech-
Lutz Feierabend (Kölner Stadt-Anzeiger), 25 Studierende
niken lernen, die Logiken mehrerer Kanäle überschauen und
der Master-Programme Sprach- und Kommunikati-
als neue Organisationsexperten Inhalte und Kanäle optimal
onswissenschaft sowie Technikkommunikation.
aufeinander abstimmen. Neue Berufsrollen entstehen, alte
43
Human Technology Center (HumTec)
Brain / Concept / Writing
Karin Herrmann
Allgemeine Literaturwissenschaft
Im Fokus des interdisziplinären Projekts steht die Frage nach
Benutzeroberflächen zur Unterstützung komplexer litera-
literarischen Schaffensprozessen. Das Erkenntnisinteresse
turwissenschaftlicher Arbeitsvorhaben. Zu den bisherigen
gilt dabei dem kreativen Akt als solchem; damit verbindet
Aktivitäten zählen der interdisziplinäre Workshop „Neuroäs-
sich ein anthropologisches Interesse. Am Projekt beteiligte
thetik“, das internationale Symposium „Cognitive Functions
Disziplinen sind die Literaturwissenschaft, die Neurowissen-
of Writing“, die Entwicklung eines Multitouch-Tisches sowie
schaft und die Informatik: Die Literaturwissenschaft unter-
das Design eines Equipments, das die Durchführung von
sucht die Konzeptualisierung von Texten sowie die Funktion
Schreibaufgaben im Rahmen von fMRT-Studien erlaubt.
des Medienwechsels in kreativen Prozessen; der neurowissenschaftliche Part erforscht die neurofunktionellen Grund-
Mitarbeit: Joachim Barthel, Axel Gellhaus, Max Möllers,
Moritz Wittenhagen.
lagen dieser Prozesse; die Informatik entwickelt interaktive
45
Ethics for Energy Technology - EET
Rafaela Hillerbrand
Angewandte Technikethik
Ziel des HumTec-Projektes Ethics for Energy Technology
Verfahrenstechnik und Wirtschaftsingenieurwesen) sowie
(EET) ist eine umfassende Bewertung verschiedener Ener-
den reflexiv-normativen Disziplinen (vertreten durch Philoso-
gieversorgungsstrategien. Die erarbeiteten Kriterien im Um-
phie, im Speziellen durch Ethik und Wissenschaftstheorie) zu
gang mit Risiko und Unsicherheiten, sowie die angewandt-
überbrücken. Fragen nach der Generationengerechtigkeit
ethischen Leitlinien werden auch auf andere Bereiche
werden hier ebenso erörtert wie wissenschafts- und entschei-
der Technikfolgenabschätzung, insbesondere in Form von
dungstheoretischen Fragen danach, welche Rolle den notwendi-
„Social Life Cycle Assessement“ - Analyse angewandt.
gerweise unsicheren Prognosen in politischen Entscheidungs-
Viele Probleme im Umgang mit modernen Energietech-
findungsprozessen zukommen kann bzw. zukommen muss.
niken– etwa die Frage nach der angemessenen Reaktion
Projektpartner und Mitarbeit: Andreas Pfennig, Armin
auf eine globale Erderwärmung – sind in ihrem Kern keine
Schnettler, Thomas Dederichs, Sara Fayyaz, Philipp Frenzel,
rein technischen oder naturwissenschaftlichen Fragen, son-
Nicole Kopriwa, Ave Mets, Baris Özalay, Michael Poznic, Claudia
dern berühren vielmehr immer auch normative Aspekte. EET
Reitinger, Martin Scheufen.
hat sich das Ziel gesetzt, die Kluft zwischen empirischen
www.eet.humtec.rwth-aachen.de
Wissenschaften (im Projekt vertreten durch Elektrotechnik,
46
Natural Media & Engineering
Irene Mittelberg
Sprachwissenschaft und kognitive Semiotik
Die interdisziplinäre Forschungsgruppe Natural Media &
Zudem erstellt der auf Mensch-Computer-Interaktion spezi-
Engineering geht von einem multimodalen Sprachverständ-
alisierte Teil des Projekts Gestenkodes für industrielle Pro-
nis aus und ergründet die kognitiv-semiotischen Prinzipien,
duktionskontexte und ein Repertoire von intuitiven Gesten
die das Zusammenspiel von natürlichen Medien (z.B. Spra-
für das Design von natürlichen Schnittstellen. Im neu einge-
che, Gesten, Gebärdensprache, und Körperhaltung) in der
richteten Natural Media Lab wird mithilfe eines Motion-Cap-
menschlichen Kommunikation motivieren. Semiotiker, Lin-
ture-Systems ein 3D-Modell des Gestenraums entwickelt.
guisten und kognitive Psychologen verbinden qualitative
Weiterhin werden prominente Form- und Bewegungsmus-
Methoden (z.B. Diskursanalyse u. Gestenanalyse) und expe-
ter der multimodalen Interaktion mithilfe von mathematischen
rimentelles Design (z.B. „modality-switching paradigms“).
Analysen identifiziert und für Applikationen nutzbar gemacht.
Neurowissenschaftler untersuchen mit Bildgebungsver-
Mitarbeit: Vito Evola, Sukeshini Grandhi, Simon Harrison,
fahren (fMRI) die Gestenperzeption bei gesunden Sprechern
Julius Hassemer, Gina Joue, Emily Kaufmann.
und an Autismus oder Schizophrenie leidenden Probanden.
www.humtec.rwth-aachen.de/naturalmedia
47
Abbildungen
S. 17 Wikipedia Commons - National Park Service - Public Domain
S. 18 Umgebung von Olympia/Griechenland
S. 19 Antonio Baldana, De magno schismate: Clemens VII. und Urban VI. (1378)
S. 27 Thomas Murner, „Vom großen lutherischen Narren“ (1522), Titelholzschnitt
S. 28 Houghton Library, Harvard University. © 2004 Ludwig Deringer
S. 32 Eigene Grafik. © 2011 Isabella Florea
S. 34 AUTOMUSEUM PROTOTYP/Photographers Hamburg (www.prototyp-hamburg.de)
S. 39 Gerät zur Messung von Blickbewegungen (links) sowie schematische Darstellung des experimentellen Designs (rechts)
S. 40 Meilensteine und Projektziele des Forschungsprojektes „Prozessprofiling und Prozessmonitoring"
S. 42 AILB Webseite (www.vibelle.de)
S. 48 Arbeisgruppe EET. © P. Winandy
S. 49 Von links: Vito Evola, Julius Hassemer, Sukeshini Grandhi, Simon Harrison. © Peter Winandy
48
Impressum
Herausgeber: Philosophische Fakultät der RWTH Aachen
Prodekanin für Forschung
Univ.-Prof. Dr. Simone Roggenbuck
Kármánstr. 17-19, 52056 Aachen
Satz und Grafik: Isabella Florea
Druck: Druck & Verlagshaus Mainz GmbH
© Philosophische Fakultät der RWTH Aachen 2011

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