Die Welt zu Gast in Bayern - Bayern Genetik Bayern Genetik
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Die Welt zu Gast in Bayern - Bayern Genetik Bayern Genetik
Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress Eindrücke vom Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress Die Welt zu Gast in Bayern l Dr. Thomas Grupp Fast 25 Jahre nach dem 1. Weltkongress auf deutschem Boden, versammelte sich wiederum eine große Zahl ausländischer Gäste in Bayern, entweder im offiziellen Programm, auf eigene Faust oder auf Einladung von Zucht- und KB-Organisationen, um der Rasse Fleckvieh in ihrer ursprünglichen Heimat einen Besuch abzustatten. Mit einem „Strauß an Einblicken“, der die ganze Spannbreite der Verwendungsmöglichkeiten dieser Rasse aufzeigte, von der extensiven Mutterkuhhaltung, der intensiven Bullenmast, über traditionelle Familienbetriebe mit klassischer Doppelnutzung bis hin zu Milchbetrieben mit über 10.000 kg Herdenleistung, aber auch Vollerwerbshöfen in Extremlagen mit lediglich 12 Kühen, wurde den Besuchern die ganze Leistungsbreite von Fleckvieh nachhaltig demonstriert. lGabriel – 3. Kalb.(V: Enrico) Leistung: 3/2,3 8.475 – 4,64 – 3,55 Züchter: Wimmer, Feichten. 12 FLECKVIEHWELT 4/2012 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress lLondon – 8 Kälber. (V: Hochtor) Leistung: 8/6,7 9.659 – 4,65 – 3,85 Züchter: Pfaller, Dünzing. Keine Nachzucht der BAYERN-GENETIK Für die BAYERN-GENETIK GmbH bot sich auf der weiblichen Seite keine Möglichkeit, ihr Zuchtziel im Rahmen des Weltkongresses zu präsentieren. Die vorgesehene Plattform mit bis zu 30 Kühen bei der „Nachzuchtschau in Mühldorf“ zu beschicken, fiel einer unterschiedlichen Auffassung über das Schaukonzept zum Opfer. Nachdem sich in der AugustZuchtwertschätzung keine wirklichen „Kracher“ befanden, gingen unsere Überlegungen in eine andere Richtung. Wir stellten uns die Frage: „Was wollen die Gäste sehen, wenn Sie zu uns FLECKVIEHWELT 4/2012 kommen?“ Deutschland, so unsere Überlegung, hat nicht nur eine lokale Bedeutung im Zweinutzungsbereich, sondern eine globale Verantwortung für die Rasse Fleckvieh, ausgelöst durch die starke Ausdehnung der Kreuzungszucht in den Hochburgen der Holsteinzucht. Andererseits wollen die starken Fleischerzeugerländer den Typ Fleckvieh sehen, der momentan in Deutschland verfolgt wird. Da die BAYERN-GENETIK fast zeitgleich Fleckviehkühe für die weltgrößte Schau in Madison/ Wisconsin/U.S.A. selektierte, war es unser Anliegen, das zu zeigen, was Milcherzeuger und Fleischproduzenten in Bayern sehen wollten. Zu vermitteln und zu demonstrieren, dass „Doppelnutzung“ in einem Tier kein Widerspruch in sich ist, war unser gemeinsamer Anspruch. Unseren Mitarbeitern blieb nicht viel Zeit für die Selektion von Tieren, die unserem „Zukunftstyp“ entsprechen, noch dazu, wenn man Sekundärmerkmale berücksichtigt, wie Pigment, Augenflecken, feines Haarkleid, Beckenlage und Beckenform, die für die gesamte Fleckviehzucht zu einer Herausforderung werden. Am 31. August spät abends wurde die letzte Kuh inspiziert, damit rechtzeitig am 3. September die Meldung erfolgen konnte. An diesem Montagmorgen wurden unsere Vorarbeiten und Bemühungen durch einen Anruf der staatlichen Zuchtleitung ad absurdum geführt. Die BAYERN-GENETIK, die der Rasse Fleckvieh in der Milch erst zum internationalen Durchbruch verholfen und das Interesse in den klassischen Milcherzeugerländern geweckt hat, wurde dadurch der Möglichkeit beraubt, zu zeigen, was Südbayern für „tolle Typen“ zu bieten hat. Glücklicherweise war es einem Teil der internationalen Gäste vergönnt, einige der selektierten Kühe im Züchterstall zu begutachten. Niemand konnte verstehen, dass man solche Tiere dem internationalen Publikum vorenthielt. 13 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress 14 FLECKVIEHWELT 4/2012 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress BAYERN TYP Ein Blick sagt mehr als tausend Worte. FLECKVIEHWELT 4/2012 15 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress TYPisch BAYERNDiese Kühe hatte die BAYERN-GENETIK GmbH zur Präsentation auf der Nachzuchtschau anlässlich des Weltfleckviehkongresses vorgesehen. lArnika – 3 Kälber. (V: Wahnfried PS) Leistung: 3/2,6 8.692 – 4,31 – 3,64 Züchter: Moser, Anning. lUmbra – 2 Kälber. (V: Waldbrand) Leistung: 1. La., 305 Tage: 8.783 – 4,37 – 3,49 Züchter: Blieml, Herrngiersdorf. lEuter Umbra. 16 FLECKVIEHWELT 4/2012 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress GENETIK lAnamirl – 1. Kalb. (V: Holzmichl) Leistung: 1. La., 100 Tage: 2.794 – 3,60 – 3,19 Züchter: Ginter, Haunshofen. lWendy – 1 Kalb. (V: Ilion) Leistung: 1. La., 200 Tage: 5.266 – 2,84 – 3,24 Züchter: Schlude, Pöcking. l Euter Wendy. FLECKVIEHWELT 4/2012 17 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress Begeisterung und Kritik Das Zentrale Landwirtschaftsfest in München in Verbindung mit dem Oktoberfest ist immer eine große Attraktion für Besucher von nah und fern. Deshalb hat die BAYERN-GENETIK anlässlich dieser Veranstaltungen zwei Studienfahrten organisiert, um das Potenzial der Fleckviehzucht in Bayern zu demonstrieren. Natürlich kamen dabei auch die touris- tischen Attraktionen nicht zu kurz. Der zweite Teil der Reise war eher als Nachprogramm zum Weltfleckviehkongress gedacht und führte die Teilnehmer zunächst in die Region Miesbach und dann nach Südtirol. Über 100 Besucher aus 12 Nationen hatten sich zu dem bunten Programm aus Betriebsbesuchen, Fleckviehschauen, Trachten- und Schützenzug, Zentrallandwirtschaftsfest und Oktober- Mohammad Mansourian und Arash Taherian aus Iran Wir waren sehr beeindruckt von der Doppelnutzungsrasse Fleckvieh. Wir sehen in dieser Rasse ein Riesenpotenzial für unser großes Land mit rund 90 Millionen Einwohnern. Die Verbindung von Milch und Fleisch in einem Tier ist genau das, was wir brauchen! Das Land hat einen enormen Nachholbedarf im Bereich landwirtschaftlicher Produktion und leidet unter dem Wirtschaftsembargo. Deshalb werden große Anstrengungen unternommen, die Grundversorgung der Bevölkerung zu verbessern. Bezüglich der Struktur der Betriebe besteht ein extremer Gegensatz: riesige Milchviehställe mit intensivster Milchproduktion und Millionen von Kleinbauern auf dem Land, die mit wenigen Kühen ihr Überleben sichern – eine riesige Chance für die Doppelnutzungsrasse Fleckvieh. l Mohammad Mansourian und Arash Taherian aus Iran mit Stationsleiter Dr. Grupp auf dem Oktoberfest. 18 fest angemeldet. Alle Gäste kamen mit hohen Erwartungen, denn Bayern ist ja bekanntlich die „Wiege der Fleckviehzucht“ und viele hatten eine lange Anreise auf sich genommen, um sich vor Ort über den aktuellen Stand zu informieren. Die Begeisterung für Bayern, seine Kultur, die Menschen und insbesondere die Bauern zog sich wie ein roter Faden durch das Besuchsprogramm. Allerdings hatten sie auch ein paar kritische Anmerkungen zu machen, hauptsächlich zu der Richtung, die die Fleckviehzucht zu nehmen scheint. Egal, ob die Besucher aus den benachbarten EU-Staaten, aus Nordamerika, dem südlichen Afrika, dem nahen Osten oder Australien kamen – überall wird die Beibehaltung des Doppelnutzungstyps in der Reinund Kreuzungszucht als essentiell für die Rasse Fleckvieh erachtet. Dr. Jan Popp, Big Bear Genetics, Canada Vertreter der BAYERN-GENETIK in Nordamerika Obwohl ich wegen der World Dairy Expo in Madison, USA, wo wir einen Stand hatten und Tiere ausstellten, nur 5 Tage nach Deutschland kommen konnte, war die Reise in das Stammgebiet der Fleckviehzucht wieder voll mit Ideen und Eindrücken für mich. Am Freitagabend fand im Rahmen des Weltfleckviehkongresses die Präsentation von Nachzuchtgruppen dreier verschiedener Stiere statt. Als Resumée möchte ich anmerken – mir waren die Tiere schon zu scharf und zu milchbetont. Eine Nachzuchtgruppe erinnerte mich doch sehr an Red Holstein, genau das, was wir nicht brauchen können. Auch die Nervosität der Tiere ist ein Merkmal, dass in der aktiven Zuchtarbeit besser berücksichtigt werden sollte. Weniger Fleisch bedeutet nach unseren Erfahrungen immer auch mehr „Schreckhaftigkeit“ und damit Stress und Ärger für die Bauern. Gerne hätten meine Begleiter und ich etwas mehr Tiere gesehen. Am Samstag standen drei Betriebsbesichtigungen auf dem Programm. Die Tiere, die wir dort gesehen haben, haben uns sehr beeindruckt. Das sind Kühe, mit denen man wirtschaftlich produzieren kann. Sie entsprechen genau dem Typ, den wir in Nordamerika auch benötigen. Wir arbeiten bereits mehr als 10 Jahre als Vertreter für Bayern-Genetik in der Vermarktung von bayerischem Fleckvieh in Nordamerika. Wir schafften es sogar dieses Jahr zum ersten Mal bei der World Dairy Expo in Madison/Wisconsin, eine reine Fleckviehkuh (Ruakana-Tochter) im Ring vorzustellen. Seit Anbeginn erklären wir unseren Kunden, dass der Einfluss von Fleckvieh die Kuh gesund und stark macht. Die größte Enttäuschung beim Weltkongress war für uns FLECKVIEHWELT 4/2012 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress deshalb zu sehen, dass sich die Fleckviehzüchter immer weniger einig sind darüber, wo es mit der Rasse hingehen soll. Dies wurde bei der Präsentation der Nachzuchtgruppen am Freitagabend besonders deutlich. Obwohl man ja weiß, was passiert, wenn man nur in Richtung Milch züchtet, scheint es mir, als ob auch Fleckvieh diesen Fehler machen will. Ich hoffe inständig, dass die Fleckviehzüchter nie vergessen, was ihre Rasse so begehrt für die Rein- und Kreuzungszucht macht. Wir brauchen Stiere wie Enrico und Round Up, auf solche Stiere können die Züchter stolz sein! l Im Rahmen des Programms des Weltfleckviehkongresses wurde auch der Fleckviehzuchtbetrieb von Stephan und Sofie Riedl, Unterglaim, besichtigt. Hier übernahm Dr. John Popp die offizielle Übersetzung ins Englische für die ausländischen Gäste des Kongresses. George Cassar, Karova Simmentals, Australien Vertreter der BAYERN-GENETIK in Australien Wir kamen mit sehr großen Erwartungen nach Deutschland, weil wir überzeugt waren, dass der Weltfleckviehkongress die größte Fleckvieh-Schau auf der Welt werden würde! So nahmen mein Sohn Robert und ich den 24-StundenFlug von Australien auf uns, um am Kongress teilzunehmen. Wie wir es schon erwartet hatten, klappte alles wie am Schnürchen, ganz so, wie man es von l Weit gereist: (v.l.) Thys Swart aus Südafrika, Nathan und Renata Middlebrook, George und Robert Cassar aus Australien mit Annika Bunz (Deutschland) auf dem ZLF in München. FLECKVIEHWELT 4/2012 deutscher Organisation und Genauigkeit gewohnt ist. Die Tage waren ausgefüllt mit Aktivitäten für die Teilnehmer von Betriebsbesichtigungen über Schauen bis hin zu touristischen Attraktionen, ganz zu schweigen vom Oktoberfest und dem vielen guten Essen! Wir haben einige wirklich gute Betriebe mit hervorragenden Kühen und Bullen besucht und es war sehr interessant für uns zu sehen, welche Wege diese Züchter einschlugen, um ihre Betriebe wirtschaftlicher zu machen. Für uns war es am interessantesten, die Nachkommen der Bullen zu sehen, die wir selber eingesetzt haben, das gab uns wertvolle Hinweise auf Typ und Aussehen der Tiere. Weil wir in Australien eine 19 Welt-Simmental-Fleckvieh-Kongress weidebasierte Fütterung haben, müssen unsere Rinder viel laufen, gute Verwerter von Gras sein (Milch und Fleisch) und mit der heißen Sonne gut zurechtkommen. Unsere Kühe müssen daher sehr robust sein und gute Fundamente und Augenpigment aufweisen. Wir denken, dass die Kälber der einzelnen Stiere schon einen guten Hinweis darauf geben, ob deren Väter robust und konstitutionsstark sind. Im Gespräch mit Besuchern aus Österreich und Deutschland haben wir erfahren, dass das „genomische Zeitalter“ Einzug hält und dass daran gearbeitet wird, schnellen Zuchtfortschritt bei der Milch zu bekommen, das Aussehen der jungen Bullen selbst ist nicht mehr wichtig. Als Gäste sollte man nicht kritisieren, aber wir haben Sorge, dass sich die Rasse so von der Doppelnutzung verabschiedet, die doch unsere Rasse Fleckvieh so einzigartig und begehrenswert macht! Wir haben zu unserer Enttäuschung festgestellt, dass die Rasse sich immer mehr zu dem Typ hin entwickelt, den man von typischen Milchrassen gewöhnt ist, die im Vorderviertel schwe- rer und im Hinterviertel leichter sind. Alles in allem war die Reise für uns eine große Erfahrung und hat uns sehr viel gebracht hinsichtlich unserer Selektionsentscheidungen bezüglich des Typs. Außerdem erhielten wir einen Einblick in die unterschiedlichen Zuchtphilosophien und -strategien der Verbände und Besamungsstationen. Am Samstag besuchten wir drei Fleckviehzuchtbetriebe, die unser Bild vom Fleckvieh wieder etwas zurechtrückten. Die Betriebe Faltermayer, Obergaulinger und Riedl zeigten uns Tiere, die das ausdrücken, weshalb wir auf unseren Betrieben mit der Einkreuzung von Fleckvieh begonnen haben. Kräftige, typ- und leistungs- starke Doppelnutzungskühe, an denen man Spaß hat und mit denen man Geld verdienen kann! Wir hoffen, dass die Verantwortlichen in der Zucht sich darauf besinnen, dass wir gesunde, gut bemuskelte, fruchtbare Tiere brauchen und nicht die gleichen Fehler machen dürfen, wie sie in der Holstein-Zucht passiert sind. Ein weiteres Highlight war die Tierschau auf dem ZLF und speziell das Schaubild am Ende mit typstarken Bullen und Kühen sorgte dafür, dass wir mit dem erhofften positiven Schwung nach Hause fuhren und weiter überzeugt Fleckvieh einsetzen. Gäste vom Niederrhein Mit großen Erwartungen reisten wir im September nach Waldkraiburg/Bayern, um uns dort vier Tage mit Fleckvieh zu beschäftigen, aber auch bayerische Tradition und Kultur zu erleben. Die Bayern-Genetik hatte ein sehr abwechslungsreiches Programm für uns gestaltet, das auch Programmpunkte des Weltfleckviehkongresses enthielt. Abgerundet wurde das Programm durch einen lustigen Wiesn-Abend im Hippodrom, der uns sicher lange in Erinnerung bleiben wird! Bei der Nachzuchtschau anlässlich des Weltfleckviehkongresses in Mühldorf konnten wir Nachkommen des Bullen Resolut sehen, die als einzige unseren TypVorstellungen entsprachen. Darüber hinaus wurde diese Nachzucht sehr kompetent kommentiert. Die direkte Begrüßung und Ansprache auf Spanisch verlieh dieser Gruppe auch den internationalen Hauch, den man sich von einem Weltkongress erwartet. 20 l l Südtirol – Eine große Erfahrung für die internationalen Gäste. Auf den Bergbauernhöfen sieht man, was Fleckvieh leisten kann. FLECKVIEHWELT 4/2012