Minimal-invasive Verfahren
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Minimal-invasive Verfahren
CHIRURGIE Minimal-invasive Verfahren bei Leistenbruch- und Gallenblasenoperation Xxxx Eingeweidebrüche (Hernien) sind ein häufiges chirurgisches Krankheitsbild. 2-4 % der Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung, in 75 % der Fälle liegen Leistenbrüche vor. Gallensteine treten noch häufiger auf, im Alter zwischen 45 und 70 Jahren sind 15 % aller Männer und 30 % aller Frauen betroffen. Dr. med. Konstantinos Zarras, Chefarzt der Klinik für Chirurgie des St. Vinzenz-Krankenhauses in Düsseldorf, berichtet über miniDr. med. Konstantinos Zarras war zunächst von 1999 bis 2003 Oberarzt der Abteilung Chirurgie mal-invasive Verfahren bei Leistenbruch- und Gallenblasenoperationen, durch die der jeweils nötige operative Eingriff möglichst schmerzreduziert und ästhetisch vorteilhaft vollzogen wird. am Marienhospital Düsdie Tätigkeit als leitender Der Leistenbruch des Samenstranges beim Mann im Be- Hierbei besteht die Notwendigkeit einer Oberarzt der Chirurgie der Bei einem Leistenbruch handelt es reich der Leiste und der somit bedingten sofortigen Operation. Universitätsklinik, sowie sich um eine sackartige Ausstülpung Schwachstelle treten Leistenbrüche bei des Bauchfells durch eine Lücke in der Männern deutlich häufiger auf (9:1). die chirurgische Leitung des Interdisziplinären Bauchzentrums (IBZ), Bauchdecke im Bereich der Leiste. Ein- jeweils an der Ruhr-Uni- geweideteile (Darm, Bauchfet t, Eier- versität Bochum (Mari- stock, etc.) können durch diese Lücke Wie macht sich ein Leistenbruch bemerkbar? en-Hospital Herne). Seit aus dem Bauchraum austreten und so- Leitsymptom ist ein ziehender oder ste- rationstechnik ohne Netz durch Zusam- mit zu Beschwerden führen. chender Schmerz in der Leistengegend, men- bzw. Übereinandernähen der Mus- der vor allem bei körperlicher Aktivität kel- und Bindegewebsschichten oder mit auftritt. Eine Schwellung ist oft tast- Netz durch Auflage und Aufnähen eines bar, bei größeren Leistenbrüchen auch sich nicht auflösenden Kunststoffnetzes April 2005 ist er Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Unfall- und Viszeralchirur- 1. Offene Operationstechnik Die Bruchlücke wird in der offenen Ope- Schwerpunkt, Zentrum für Welche Risikofaktoren gibt es? Minimalinvasive Chirurgie, Anatomisch vorgegebene oder anlage- deutlich sichtbar. Bei der körperlichen verschlossen. am St. Vinzenz-Kranken- bedingte Schwachstellen der Bauch- Untersuchung durch einen Arzt kann in 2. Minimal-invasive Operationstechnik decken können zu einem Bruch führen. den meisten Fällen ein Leistenbruch er- Bei den minimal-invasiven Techniken wird kannt werden. Gelegentlich ist eine Ul- die Bruchpforte immer mit einem Netz traschalluntersuchung notwendig. verschlossen. Es werden zwei Verfahren gie, Koloproktologischer haus in Düsseldorf. Leitsymptom ist ein ziehender oder stechender Schmerz in der Leistenge- 52 Welche Operationstechniken gibt es? unterschieden: gend, der vor allem bei körperlicher Wann sollte ein Leistenbruch operiert werden? Aktivität auftritt. Jeder Leistenbruch sollte operiert wer- Bei der TEP-Technik wird das Netz eben- den, denn es besteht prinzipiell die Ge- falls über minimal-invasive Zugänge a) TEP-Technik (Total-Extraperitoneale Netzimplantation) fahr einer Darmeinklemmung (Inkarze- durch aufgedehnte Schichten der Bauch- Chronische Erhöhung des Druckes in der ration). Dies kann einen Darmverschluss decke auf die Bruchpforte platziert. Eine Bauchhöhle im Bereich der Leiste (z. B. zur Folge haben. Spiegelung vom Bauchraum aus entfällt. durch Husten, Verstopfung, Blasen- Eine Schwellung in der Leiste, die sich b) TAPP-Technik (Trans-Abdominale- entleerungsstörungen z. B. bei vergrö- auch im Liegen nicht alleine oder durch Präperitoneale Netzimplantation) ßerter Prostata, schwerer körperlicher sanften Druck zurückbildet, und/ oder Das Netz wird laparoskopisch – d. h. Arbeit, Schwangerschaft) begünstigen anhaltende Schmerzen sind Symptome über eine Bauchspiegelung unter Kame- ein Auftreten. Aufgrund des Durchtritts für einen eingeklemmten Leistenbruch. rasicht vom Bauchraum aus – über der medizin für manager Rhein-Ruhr 2008 © Sebastian Kaulitzki, www.shutterstock.com seldorf. Danach folgte medizin für manager Rhein-Ruhr 2008 53 Bruchpforte platziert. Hierbei wird das Abb. 1 Bauchfell zur Platzierung des Netzes aufgeschnitten und anschließend wieder zugenäht. Bei dieser Technik ist gleichzeitig die Untersuchung des gesamten Bauchraumes zum Ausschluss weiterer Abb. 1: krankhafter Befunde möglich. Offene Operationstechnik: Die Bruchlücke Welche Vorteile zeigen Operationsverfahren mit Netz gegenüber Verfahren ohne Netz? wird ohne oder mit Netz durch Zusammenbzw. Übereinanderziehen der Muskel- und Durch die Einlage eines Kunststoffnetzes Bindegewebsschichten konnte eine Verringerung der Rezidivrate verschlossen. (erneuter Leistenbruch) von 50-70 % erAbb. 2 zielt werden. Eine schnellere Schmerzfreiheit sowie deutlich weniger chronische postoperative Schmerzsyndrome sind weitere wichtige Vorteile. Welche Vorteile der minimal-in- Abb. 2: vasiven gegenüber den offenen Operationsverfahren mit Netzimplantationen gibt es? Minimal-invasive Operationstechnik: Hier wird die Bruchpforte immer mit einem Wesentliche Vorteile stellen die schnel- Netz verschlossen. Zwei lere Genesung und Belastbarkeit der Verfahren werden un- Bauchdecke aufgrund geringerer post- terschieden. operativer Schmerzen dar. Bei geringerer Rezidiv- sowie KomplikatiAbb. 3 onsrate (ca. 1-2 % Komplikationsrate, Rezidivquote < 2 %) im Vergleich zu offenen Netzverfahren zeichnen sich die minimal- Abb. 3: invasiven Verfahren durch einen kürzeren Über minimal-invasive Arbeitsausfall und weniger Schmerzzu- Zugänge bei der TEP- stände (< 2 %) aus. Eine vollständige Be- Technik wird ebenfalls lastbarkeit besteht im Normalfall bereits das Netz durch auf- nach zwei Wochen. gedehnte Schichten auf die Bruchpforte Nicht zuletzt wird durch die minimal-inva- platziert. Eine Spiege- siven Zugänge auch ein ansprechendes kosmetisches Ergebnis erzielt. lung vom Bauchraum entfällt. Als Netzmaterial verwendet die Klinik bevorzugt titanisierte Polypropylennetze, Abb. 4 die sehr leichtgewichtig sind (35g/ m²) und sich aufgrund der Titanbeschichtung durch eine hervorragende Gewebeverträglichkeit auszeichnen. Abb. 4: Bei der TAPP-Technik wird das Netz laparoskopisch über der Bruchpforte platziert. Das Bauchfell wird dazu aufgeschnitten und Minilaparoskopie – die (fast) unsichtbare Gallenblasenoperation Im Alter zwischen 45 und 70 Jahren haben 15 % aller Männer und 30 % aller Frauen anschließend wieder Gallensteine. Die meisten Menschen mit zugenäht. Gallensteinen bleiben zeit ihres Lebens beschwerdefrei. Bei jedem vierten bis 54 medizin für manager Rhein-Ruhr 2008 fünften Gallensteinträger kommt es je- pie) angewendet. Wurden bisher Geräte reduziert und das ästhetische Ergebnis doch zu Komplikationen oder Beschwer- mit einem Durchmesser von fünf bis zwölf verbessert. den. Nur dann besteht die Notwendigkeit mm eingesetzt, die kleine Narben hinter- Die minimal-invasiven Verfahren sind zur Operation, die seit nahezu 15 Jahren ließen, werden nun Geräte verwendet, für mittlerweile in der Chirurgie mit einem im Rahmen der sog. Schlüssellochchir- die nur winzige Einschnitte von zwei bis breiten Spektrum ver treten. Neben urgie risikoarm und minimal-invasiv, d. h. drei mm Länge notwendig sind. Zur Ent- mit möglichst kleinen Hautschnit ten, fernung der Gallenblase erfolgt ein zehn Bei der Minilaparoskopie sind nur durchgeführt wird. Millimeter-Schnitt im Schamhaarbereich, An der Klinik für Allgemein-, Unfall- und sodass auch dieser unsichtbar ist. Diese Visceralchirurgie im St. Vinzenz-Kran- Technik kann bei Patienten angewendet winzige Einschnitte von zwei bis drei mm Länge notwendig. © Abb. S. 54, 55: Klinik für Allgemein-, Unfall- und Viszeralchirurgie, St. Vinzenz-Krankenhaus, Düsseldorf kenhaus wird im Rahmen des „Zentrums werden, die nicht zu dicke Bauchdecken den hier beschriebenen Erkrankungen, für Minimalinvasive Chirurgie“ eine welt- und keine ausgedehnten Voroperationen werden diese Verfahren unter anderem weit nur an wenigen Zentren durchge- mit Verwachsungen haben. Durch diese auch erfolgreich bei Schilddrüsenerkran- führte Weiterentwicklung der minimal- Weiterentwicklung der herkömmlichen kungen und bei Eingriffen am Dickdarm invasiven Operationstechnik in Form der Technik werden die Belastung für den und im Bereich des End- und Mastdarms Needlescopic-Chirurgie (Minilaparosko- Organismus und die Schmerzen weiter angewandt. Dr. med. Konstantinos Zarras medizin für manager Rhein-Ruhr 2008 55