- Haus kirchlicher Dienste

Transcrição

- Haus kirchlicher Dienste
Nur der Vater kennt sie. Seht zu,
dass ihr wach bleibt! Denn ihr wisst
nicht, wann der Zeitpunkt da ist.“
(so beim Evangelisten Markus 13)
Einführung
„Alles hat ein Ende!“
Einer der drei Maya-Kalender, mit
denen das mittelamerikanische Volk
die Zeit maß, endet zur Wintersonnenwende und beschließt damit
auch das „vierte Zeitalter“.
Angeregt durch diese Information
wird wieder mal über das Ende der
Menschheit diskutiert – laut „wunderwelt wissen“ wurde das schon
183 mal in den letzten 2000 Jahren
vorhergesagt. Apokalyptische
Schriften, zu denen man ja auch die
Offenbarung des Johannes, das
letzte Buch der Bibel, zählt, haben
solche Diskussionen immer wieder
angeheizt. Heutzutage lässt die gefühlte Häufung von Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis und
Tornados die angenommene Wahrscheinlichkeit einer Vernichtung der
Erde durchaus steigen.
Auch astronomische Ereignisse wie
Sonnenstürme oder Meteoriteneinschläge können immer besser
beobachtet werden und erhöhen die
Spekulationen über eine Endzeitkatastrophe.
Und natürlich führt die aktuelle
Lage der Welt mit Finanzkrisen und
Unfällen in Atomkraftwerken wie in
Fukushima dazu, dass sich viele
Menschen zunehmend unsicher
fühlen.
Auch technische Fortschritte hinterlassen bei einigen Menschen eher
Endzeitstimmung, darunter z.B. die
Nachstellung des Urknalls im
europäischen Kernforschungszentrum in Genf oder das Entweichen
eines nicht beherrschbaren Krankheitserregers aus irgendeinem
Labor.
Fast logisch, dass man dann in
Internetforen unter der Angabe
„2012“ eine Uhr findet, die bis zum
21. Dezember rückwärts zählt. In
aktuellen Filmen - wie 2012 von
Lothar Emmerich oder schon etwas
älteren wie „Armageddon – Das
jüngste Gericht“ mit Bruce Willis wird ein möglicher Untergang in
gewaltigen Bildern in Szene gesetzt.
Na, „das will ich sehen!“
Ein ganz anderes, ein friedlicheres
Ende der Welt, wie der Seher
Johannes es in der Offenbarung
(Kapital 21) erzählt, besingt die
Rapperin Sabrina Setlur in ihrem
Lied „Das will ich sehen!“:
“Ich will sehen, wie sein Zelt bei
den Menschen ist und er bei ihnen
weilt: Das will ich sehen!
Ich will sehen, wie seine Völker sind
und er selbst bei ihnen ist.
Ich will sehen, wie Wolf und Lamm
einträchtig weiden
und der Löwe Stroh frisst wie der
Stier.
Ich will sehen, wie kein Schaden
gestiftet wird, noch irgendwie Verderben auf seinem ganzen heiligen
Berg.
Ich will sehen, wie er Kriege aufhören lässt bis an das äußerste Ende
der Erde,
- wie sie ihre Schwerter zu Pflugscharen schmieden,
- wie er jede Träne von ihren Augen
abwischt und der Tod nicht mehr ist,
- wie die Augen der Blinden geöffnet
werden und die Ohren der Tauben
aufgetan werden,
- wie der Lahme klettert wie ein
Hirsch und der Stumme jubelt - das
will ich sehen.”
Glücklicherweise kann man ja schon
jetzt manches sehen, dass nämlich
Menschen getröstet und Kriege verhindert werden, dass Blinde sehen
lernen und Taube hören. Viele
empfinden das schon als Himmel
auf Erden.
Trotzdem bleiben einige Fragen
offen und die Welt und ihre Zukunft
unsicher.
Ž Schon Jesus Christus redet doch
davon, dass der Kosmos keinen
Bestand hat. „Himmel und Erde
werden vergehen, aber meine Worte
vergehen nicht; sie bleiben gültig für
immer und ewig. Doch den Tag oder
die Stunde, wann das Ende da ist,
kennt niemand, auch nicht die Engel
im Himmel – nicht einmal der Sohn.
2
Ž „Gibt es eine Chance für alle
Menschen, in den Himmel zu
kommen?“
Ž „Und was ist denn mit den Menschen, die vor uns gestorben sind,
und Gott nicht glauben konnten?“
Ž „Kommen wir oder Jesus irgendwie wieder?“ (Reinkarnation /
Parusie Christi)
Ž „Und was denken die anderen
Religionen zu diesen Themen?“
Ž Welche WEGE kann man jetzt
noch gehen?
„Ginge morgen die Welt unter,
würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen!“
Diese optimistische Sichtweise, die
man Martin Luther zuschreibt, ist
eine Form mit unserer Zukunft umzugehen. Einige andere möchten wir
in diesem Heft aufzeigen.
Pastor Martin Römer, HkD,
Archivstr. 3, 30169 Hannover
Lebensgefühl entspricht, so spiegelt
es doch eine gesamtgesellschaftliche Grundstimmung wider.
Bibelarbeit
Der Anfang vom Ende?
Bibelarbeit zu Markus 13,1 -27
Überlegungen zum Text
Für ein angemessenes Verständnis
von apokalyptischen Texten in der
Bibel und damit auch für den Abschnitt aus Markus 13 ist es unerlässlich, sich über die ursprüngliche
Absicht des Verfassers Gedanken zu
machen. Wenn wir solche Texte
lesen, dann lesen wir sie auf unserem zeitgeschichtlichen Hintergrund
mit der Frage etwa: Wann passiert
das? Was wird passieren? Wird das
alles genau so eintreffen? Und im
Hinterkopf haben wir Weltuntergangsszenarien, sowohl inszenierte
Bilder aus Hollywood, als auch
authentische Aufnahmen von Katastrophen des wirklichen Lebens.
Aber welche Bilder, Fragen und
Vorstellungen hatten die Menschen
in der Mitte des ersten Jahrhunderts
im Kopf? Auf welche Fragen und
Nöte antwortet der Text wirklich?
Zu den großen Herausforderungen,
vor die sich die Christen zur Abfassungszeit der apokalyptischen
Texte des NT gestellt sahen, gehört
die Situation der Verfolgung wegen
ihres Glaubens.
Genau in die Zeit, in der das Markusevangelium entstand, fällt aber
auch die Katastrophe der Zerstörung
des Tempels in Jerusalem und des
furchtbar grausamen Jüdischen
Krieges (66-70 n Chr.), der zur
Einnahme Jerusalems durch die
Römer führte, und der brutale
Exzesse gegenüber der Zivilbevölkerung mit sich brachte.
Wenn man auf diesem Hintergrund
den Text liest, fällt zum einen auf,
dass die im Text angekündigten
Ereignisse bereits stattgefunden
haben und zum anderen, dass der
Text feststellt, dass diese Ereignisse
nicht das Ende aller Dinge sind
(Vers 7), aber auch nicht außerhalb
von Gottes Machtbereich geschehen.
(Vers 20: „Wenn der Herr diese
Tage nicht verkürzt hätte…“).
Damit lässt der Text aber die
drängenden Fragen offen, warum
Gott nicht eingreift und die schlimmen Ereignisse verhindert oder ob
es vielleicht sogar Gott selbst ist, der
als Strafe für den Unglauben diese
Verwüstung anrichtet.
Wenn also von Dingen berichtet
wird, die bereits geschehen sind,
dann kann man daraus zwei Erkenntnisse ableiten: Zum einen: Was
geschehen ist, ist mit Gottes Wissen
geschehen – Jesus wusste es ja vorher!
Und zum anderen: Uns wird hier
kein zeitlicher Ablauf der zukünftigen Ereignisse geschildert. Aber das
noch ausstehende heilvolle Geschehen, nämlich das Kommen des Menschensohnes und damit das Ende
aller weltlichen Schreckensherrschaften, ist damit umso gewisser zu
erwarten: Wenn das Eine, was vorhergesagt worden ist, doch schon
eingetroffen ist, dann wird das
Andere umso gewisser auch
geschehen.
Der Schwerpunkt bei der Bibelarbeit
im Hauskreis liegt auf den heutigen
Fragen: Welche Hoffnung und
welchen Trost können wir heute
angesichts der Herausforderungen
unseres Lebens aus diesem Text
gewinnen. Entsprechend setzt auch
der gedankliche Weg der Bibelarbeit
bei den eigenen Ängsten und Fragen
an und bringt diese mit dem Text ins
Gespräch.
Bibelarbeit im Hauskreis:
Einleitung:
Im Dezember soll angeblich die
Welt untergehen. Und wenn nicht,
man hat auch ohne Maja-Kalender
das deutliche Gefühl, dass wir
schwer daran arbeiten, die Welt
kaputt zu bekommen. Unser Planet
ist bedroht, unsere alltägliche Welt
auch. Gestern standen wir mit einem
Fuß am Abgrund, heute sind wir
schon einen Schritt weiter!
Selbst wenn das nicht Ihrem
3
Einstieg:
Am Anfang des SciencefictionRomans „Per Anhalter durch die
Galaxis“ von Douglas Adams
überlebt der Hauptcharakter die
Zerstörung der Erde in einem
Raumschiff. Er versucht, die
Katastrophe zu begreifen, aber das
Ausmaß seines persönlichen Verlustes wird ihm erst deutlich, als ihm
aufgeht, dass er nie wieder einen
Hamburger bei Mac Donalds essen
wird und niemals mehr einen Film
mit Humphrey Bogart wird anschauen können.
Versuchen Sie sich in seine Lage zu
versetzen. Welcher Verlust würde
Sie am meisten schmerzen?
Welches ultimative „nie wieder“ ist
für Sie das tragischste?
Überleitung zum Bibeltext:
Wir alle erleben endgültige Verluste
schon mitten im Leben und auch das
Zerbrechen von Lebenswelten. Auch
in unserem Bibeltext geht es um
dramatische Verluste. Aber der Text
weist noch darüber hinaus. Er stellt
die erlebten Verluste in einen kosmischen Zusammenhang. Heute
geht es um den Anfang vom Ende,
um das Zerbrechen von allem Vertrauten und Bekannten und um das
Ende der Zeiten.
Der Text:
Bitte lesen Sie Markus 13, 1-27
Erste Reaktionen:
º Was löst der Text bei Ihnen aus?
º Welche Gedanken? Welche
Gefühle?
º Welche Verluste werden hier
beschrieben? Kennen Sie ähnliche
Verluste von sich selbst? Es gibt
Menschen, die solche Verluste und
Katastrophen jetzt und hier schon
erleben. Es werden ja zum Teil ganz
irdische Ereignisse beschrieben.
Inhaltliche Schwerpunkte:
Evtl. notwendige Klärungen:
Vers 14: das „Gräuelbild der Verwüstung im Tempel“ ist wahrscheinlich ein Götterstandbild oder ein
Altar eines fremden Gottes (vgl.
Dan. 9, 27; 11,31; 12,11), der den
jüdischen Tempel vor seiner Zerstörung entweiht.
Vers 26: der Menschensohn – ist
ebenfalls ein Zitat aus dem DanielBuch (Dan. 7,13f), wo der Menschensohn der Repräsentant von
Gottes Gerechtigkeit auf Erden ist.
In diesem Sinne gebraucht Markus
den Titel Menschensohn für Jesus in
Mk. 2,10.28. Neu ist allerdings bei
Markus, dass er den Titel Menschensohn mit Jesu Leiden und
Sterben verknüpft (Mk. 8,31;
10,33). Beides gehört bei Jesus
untrennbar zusammen: das Kreuz
und der Thron, Leiden und Herrlichkeit.
Auch für die Gemeinde gibt es
keinen anderen Weg, als den, den
Jesus selbst gegangen ist. Die
schrecklichen Kriegserlebnisse, die
Zerstörung des Tempels und die
Verfolgung wegen ihres Glaubens
stehen nicht etwa im Widerspruch
dazu, dass Jesus der Herr über Leben und Tod ist und der Herr dieser
und der zukünftigen Welt, sondern
sie sind eine Folge daraus, dass
Jesus als der Gekreuzigte Herr
dieser Welt ist! Seine Herrschaft, die
jetzt schon Tatsache ist, wird sich
erst bei seinem endzeitlichen Kommen für alle sichtbar erweisen und
offenbar werden (so auch in Mk.
9,9; 14,62).
Wahrscheinlich spiegelt der Text die
furchtbare Erfahrung der Eroberung
Jerusalems und der Zerstörung des
Tempels im Jahre 70 n. Chr. wider.
Das Markusevangelium ist etwa zur
gleichen Zeit entstanden und
schreibt an Menschen, die diesen
Erfahrungshintergrund hatten und
die nun versuchen, ihr Erleben und
ihren Glauben in Einklang zu bringen. Der Text versucht den Menschen dabei zu helfen.
Dazu folgende
Textbeobachtungen:
º Welche Anweisungen enthält der
Text für die Leser und Leserinnen?
º Welche Absicht scheint daher
hinter dem Text zu stehen?
º Was will er bei seinen Lesern/bei
uns erreichen?
º Welche Zeitworte finden Sie?
Was sagen die Zeitworte über die
Absicht des Textes aus?
º Wer handelt hier? Was tut Gott?
Weitergehender Impuls:
Vor allem die Verse 14-18 schildern
etwas, was für die ersten Leser bereits geschehen ist.
º Wie kann man die Zeitaussagen
des Textes dann heute interpretieren? Immerhin ist die Zerstörung
des Tempels in Jerusalem ja schon
vor fast zwei Jahrtausenden passiert!?
º Handelt es sich um ein reales
Zukunftsszenario? Was denken Sie?
Die Warnung vor denen, die fälschlicher Weise behaupten werden:
„Hier ist der Messias!“ scheint
wichtig zu sein, da sie zweimal auftaucht. In ihr scheint sich die Unsicherheit zu spiegeln: „Ist Jesus
wirklich der Messias? Kann es sein,
dass die Botschaft von seiner Auferstehung und seiner Königsherrschaft
stimmt, wenn wir solche Dinge
erleben? Wo ist er denn jetzt?“
Mit ähnlichen Fragen und Zweifeln
schlagen wir uns auch immer wieder
herum.
º Worin besteht heute die Versuchung?
º Was hilft Ihnen persönlich, wenn
Sie solche Fragen haben oder zu
beantworten versuchen?
Fazit:
So sehr es in dem Text um das Ende
der Zeit und Welt geht, so sehr geht
es aber auch um die Frage, wie wir
angesichts von Unrecht und Gewalt
in dieser Welt am Glauben an Jesus
festhalten können. Darauf bietet der
Text drei Perspektiven als Antwort
an:
1. Das Leiden verbindet uns mit
Jesus, der auch gelitten hat. Es kann
uns nicht von Jesus trennen, denn in
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allem Leiden ist er da und hinter
allen Geschehnissen baut er an
seinem Reich.
2. Leiden und Elend werden nicht
das letzte Wort haben. Die Macht
des Stärkeren wird nicht auf ewig
das unwidersprochene Prinzip der
Herrschaft bleiben. Es ist nicht egal,
wenn Menschen einander jetzt Unrecht antun. Wie wir uns jetzt verhalten hat Folgen, die über diese
Welt hinausreichen. Die Zukunft
gehört Jesus und mit ihm auch uns.
3. Unsere Zukunft heißt nicht:
Chaos, Zerstörung, Niedergang,
Desaster – die Zukunft dieser Welt
auch nicht! Die Zukunft heißt
Leben, Sammlung, erkannt und
gekannt werden (Vers 27). Es gibt
offensichtlich eine Kontinuität
zwischen der Welt hier und dem,
was kommt, weil es derselbe ist, der
jetzt schon hier ist und der dann
kommt. Um dieser Kontinuität
willen, lohnt es sich auch, sich hier
für diese vergängliche Welt und für
die Menschen um uns einzusetzen.
Diese andere Perspektiven auf das
Leben sollen den Glauben stärken,
Mut machen und die Hoffnung wach
halten.
Denn in Wahrheit ist das Ende aller
Dinge gar nicht das Ende aller
Dinge, sondern die Tür zu etwas
Neuem. Und vor allem: die Tür zu
Jesus. Wir erwarten nicht das Ende
aller Dinge, sondern wir erwarten
Jesus.
Mag das, was kommt, erschreckend
sein – wir kennen den, der kommt.
Und ihm zu begegnen und in seiner
Gegenwart zu sein, bedeutet jetzt
wie dann wirklich zu leben.
Pfarrerin Kerstin Ofermann,
Missionsstr. 9a, 42285 Wuppertal
Thema
2012 (K)ein Ende der Zeit
– Gottes neue Zeit
„Kein Ende der Zeit“, heißt ein groß
aufgemachter, gut recherchierter
Artikel in der Berliner Tageszeitung
„Tagesspiegel“ (9.9.2012).
Darin werden alle düsteren Prognosen, die besagen, dass nach dem
Maya-Kalender am 21. Dezember
2012 der Weltuntergang bevorsteht,
entkräftet. Nicht um das Ende der
Zeit ging es den Maya damals, sondern um das Anzeigen des Endes
einer Dynastie, nämlich der 13. und
das am 21.12.2012. Nichts deutet, so
der Autor des Artikels, darauf hin,
dass die Maya damals das Weltende
ankündigen wollten; alles spricht
dafür, dass der Fernblick auf den 12.
Dezember 2012 nur einen neuen
400-Jahrezyklus, nämlich die
14. Dynastie, ankündigen sollte.
Also ist es nichts mit dem Weltuntergang am 21. Dezember.
Trotzdem ist es gut und heilsam,
sich klar zu machen, dass unser
eigenes Leben einmal aufhört und
dass auch diese Welt einmal zu
ihrem Ende kommt.
Was dann? Was bleibt dann?
Was bleibt von uns, wenn wir gestorben sind?
Was wird aus der Welt, in der wir
heute leben?
Viele von uns glauben gar nichts
und erwarten nichts mehr, weder für
sich noch für die Welt. Das alte
römische Motto „Lasst uns essen
und trinken, denn morgen sind wir
tot“, ist ihre Losung.
Andere meinen, dass die sog.
Seelenwanderung ihr Schicksal ist.
Wieder andere sehen für sich nach
dem Tode ein Paradies vor Augen,
das eine glanzvolle Verlängerung
des eigenen Lebens hier bedeutet.
Wieder andere sehen sich als Teil
der kosmischen Energie und meinen, dass sie dann wieder darin
aufgehen.
Wieder andere möchten sich in ihren
Kindern verewigen.
Andere suchen die Verewigung in
den Leistungen des eigenen Lebens.
Welche biblischen Bilder und Texte
sind uns schon begegnet, die etwas
von der christlichen Hoffnung erkennen lassen?
Wie haben sie unser Leben geprägt?
Aus all dem sehen wir, dass der
Mensch nur begrenzt ohne Religion
sein kann. Er sehnt sich nach Ewigkeit und kann sich nicht recht vorstellen, auf dem Abfallhaufen der
Geschichte zu landen. Die, denen
das egal ist, sind deutlich in der
Minderheit. Stattdessen gibt es einen
Kult der Verewigungssehnsucht im
Diesseits („Hauptsache gesund!“)
und ein banges oder leidenschaftliches Fragen nach dem Jenseits.
Wie sieht es mit unserer eigenen
Hoffnung aus?
Welche Zuversicht haben wir für
unser persönliches Leben nach dem
Tode – und für die Welt, in der wir
leben?
Was hat der christliche Glaube hier
anzubieten? „Warum in die Ferne
schweifen, liegt das Gute doch so
nah!“, - möchte ich manchmal formulieren, wenn ich den Reichtum
der Bibel betrachte, der sich als
Antwort auf unsere Frage auftut. Es
ist zum Schaden der Kirche, dass sie
so selten und so wenig fröhlich über
das Geschehen spricht, das Luther
nicht nur einmal als „den lieben
jüngsten Tag“ bezeichnet hat, über
die Zukunft des Glaubens, über das
kommende Reich Gottes, über Gottes Herrlichkeit und seine Ewigkeit.
Was also haben wir zu hoffen?
Deutlich ist: Ja, es wird einmal alles
aufhören, nur Gottes Wort bleibt in
Ewigkeit. Aber das Aufhören ist
nicht alles, sondern ein Neues wird
sich auftun. Es wird einen neuen
Anfang geben, und der hat eigentlich schon heute begonnen.
Drei biblische Textzusammenhänge
möchte ich heranziehen, um zu erklären, was die Bibel ankündigt und
verheißt.
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1. Die Ankündigung des Neuen
(Jes. 60-66 u.a.)
Als die Kapitel 60-66 im Buch
Jesaja geschrieben wurden, war die
Stimmung in Israel mehr als mies,
ganz anders als vorher. Vorher nämlich, da war Freude, Aufbruchstimmung, Staunen, Hoffnung: Die
Leute, die im Jahr 587 v. Chr. nach
Babylon hatten ziehen müssen und
die dort 40 Jahre aushalten mussten,
durften endlich nach Hause (vgl.
Jes. 40-55). Jedenfalls konnten die
nach Hause, die noch übrig waren,
zusammen mit denen, die in Babylon geboren worden waren. War das
damals eine Aufbruchstimmung!
Endlich nach Hause. Aber dann, wie
war es zuhause? Der Tempel war
zerbrochen, Freunde und Verwandte, die damals zurückgeblieben
waren, lebten nicht mehr. Die Landschaft war unwirtlich geworden, die
Häuser in desolatem Zustand.
Resignation machte sich breit.
Wie sollte das alles weitergehen?
Die Kraft war doch gar nicht mehr
da.
Wie lässt sich die Stimmung in unserem Land, in unserer Gesellschaft,
in unserer Kirche zeichnen?
Ist sie von Hoffnung, oder auch von
Resignation geprägt?
Da hinein kommt ein neuer Klang,
eine neue Botschaft.
Ein unbekannter Prophet in der
Autorität des Jesaja meldet sich zu
Wort und kündigt Neues an: „Mache
dich auf, werde licht; denn dein
Licht kommt und die Herrlichkeit
des Herrn geht auf über dir“ (Jes.
60,1), ruft er dem verstörten Volk
Gottes zu. Und nicht nur das, er
wird immer konkreter und spricht:
„Er, Gott, hat mich gesandt, den
elenden gute Botschaft zu bringen,
die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkünden den Gefangenen die Freiheit… Sie werden die
alten Trümmer wieder aufbauen, …
sie werden die verwüsteten Städte
erneuern.“ (Jes. 61,1.4)
Und dann wird es noch gewaltiger,
was der Prophet als Gottes Wort ankündigt: „Denn siehe, ich will einen
neuen Himmel und eine neue Erde
schaffen, dass man der vorigen nicht
mehr gedenken und sie nicht mehr
zu Herzen nehmen wird… Ich will
Jerusalem zur Wonne machen und
sein Volk zur Freude.“ (65,17f)
Mit all dem ist ein Doppeltes gesagt:
% Zum einen spricht Jesaja die
direkte Zukunft an und will dem so
niedergedrückten Volk Gottes Trost
bringen und Hoffnung vermitteln.
Es wird nicht so bleiben, wie es jetzt
ist. Habt Mut und erwartet viel von
eurem Gott!
% Zum anderen aber weist er weit
über diese Zeit hinaus und spricht
vom Ende der Zeit: Gott wird diese
Welt nicht verkommen lassen. Es
wird einen neuen Anfang geben, ja,
etwas ganz Neues wird entstehen,
Gottes neue Welt, in der seine
Herrlichkeit überall sichtbar wird.
Es ist nichts mit dem Ende der Zeit
und Ende allen Lebens. Am Ende
steht Gott und schenkt einen neuen
Anfang.
Diese gute Nachricht findet sich an
verschiedenen Stellen in der prophetischen Botschaft des Alten
Testaments (vgl. Jes. 2,2-5; Mi. 4,13; Jer. 31,31ff; Hes. 36,26ff; Dan.
12,1-3 u. ö.). Immer wieder wird
deutlich: Gott schenkt einen neuen
Anfang! Und es klingt auch schon
an, dass dieser Anfang mit dem
kommenden Messias verbunden sein
wird, vgl. Jes. 9,1-6!
Bitte lesen Sie die verschiedenen
Aussagen über Gottes Zukunft im
Alten Testament:
Welche der Aussagen bewegen Sie
am meisten, mit welchen können Sie
weniger anfangen?
2. Das Neue hat schon
begonnen (2. Kor. 5,17)
In eine viel spätere Zeit gehört das
Wort aus dem zweiten Korintherbrief, das da lautet: „Ist jemand in
Christus, so ist er eine neue Kreatur;
das Alte ist vergangen, siehe, Neues
ist geworden.“
Der Apostel Paulus befindet sich in
einer scharfen Auseinandersetzung
mit seiner Gemeinde in Korinth. In
der griechischen Hafenstadt wollten
die Leute immerzu mit Neuem zu
tun haben. Danach würde zwar
nichts mehr kommen, aber in diesem
Leben könnte man gewissermaßen
wie ein Schmetterling von Blüte zu
Blüte fliegen. Da gab es ja auch Einflüsse genug, Korinth war Handelsstadt, und da wurden immer neue
Kulte und religiöse Praktiken bekannt, mal aus dem Westen, mal aus
dem Osten. In der Stadt hieß es:
„Alles ist erlaubt“; und danach
wollte man leben.
Wie sehen Sie heute unsere Gesellschaft:
Lassen sich Verbindungen ziehen?
Welche Kulte und religiösen Praktiken bestimmen unser Leben?
Mitten hinein in diese aufgeregte
und oberflächliche Lebenshaltung,
die leider auch in der christlichen
Gemeinde ihren Niederschlag fand,
kommt Paulus mit seinem provozierenden Wort von dem, was wirklich neu ist. Neu und wirklich umwerfend ist es, so Paulus, dass
Christus gekommen ist, um Menschen aus ihrer Verlorenheit und
Sinnlosigkeit zu befreien. Wirklich
neu werden Menschen, die sich
diesem Christus anvertrauen, ja,
noch mehr: Wer Christus gehört, der
gehört schon heute zur neuen Welt
Gottes. Mag vieles an ihm alt sein
6
und werden, so ist er doch auch im
hohen Alter Teilhaber der neuen
Schöpfung Gottes. „Wenn auch
unser äußerer Mensch verfällt, so
wird doch der innere von Tag zu
Tag erneuert“ (2. Kor. 4,16), sagt
Paulus an anderer Stelle.
Diese Botschaft ist so ganz anders
als die, die uns täglich eingetrichtert
wird – und die auch in Korinth bekannt war. Wer sich Christus anvertraut, der kann sich schon heute vorfreuen auf den Tag, an dem Christus
ihn in seine Herrlichkeit aufnehmen
wird. Er kann in diesem Leben gelassener werden, er muss nicht mit
allem fertig werden und vor allem:
Er muss nicht jeder Modeströmung
nachrennen und sich nicht krampfhaft zu verewigen suchen.
3. Was wirklich neu wird
(Offb. 21)
Und wieder später, irgendwann gegen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr.
tritt der Seher Johannes auf, dieser
alte weise Mann, der Jünger, der,
den Jesus besonders lieb hatte und
der an seiner Brust lag, wie es im
Johannesevangelium mehrfach
heißt.
Dieser Mann sieht die Gegenwart im
Licht der Zukunft. Auf der so schönen und stillen Insel Patmos in der
griechischen Ägäis empfängt er
Gottes Worte und Bilder im Blick
auf die kommende Welt Gottes.
Was wünschen wir uns eigentlich
persönlich, wenn wir an ein Leben
nach dem Tode denken?
Was sollte sein und was sollte nicht
mehr sein?
Und was hört er?
Vertrautes für den, der das Alte
Testament kennt. Begeisterndes und
Aufregendes für jeden, der das liest
und hört. Wenn alles, auch das
Weltgericht vorbei ist (vgl. Offb.
20,11ff), dann wird, so Johannes,
Gott einen neuen Himmel und eine
neue Erde schaffen (Offb. 21,1).
Und weiter heißt es: „Und ich sah
die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel
herabkommen, bereitet wie eine
geschmückte Braut für ihren Mann.
…Und ich hörte eine große Stimme
von dem Thron her, die sprach:
Siehe da, die Hütte Gottes bei den
Menschen! Und er wird bei ihnen
wohnen, und sie werden sein Volk
sein und er selbst, Gott mit ihnen,
wird ihr Gott sein; und Gott wird
abwischen alle Tränen von ihren
Augen, und der Tod wird nicht mehr
sein, noch Leid noch Geschrei noch
Schmerz wird mehr sein; denn das
Erste ist vergangen. Und der auf
dem Thron saß, sprach: Siehe, ich
mache alles neu … Wer überwindet,
der wird es alles ererben, und ich
werde sein Gott sein und er wird
mein Sohn sein.“ (Offb. 21,2-7).
So steht vieles in der Bibel, was uns
das Herz weiten kann. Gott wird
einmal alles neu machen, und wir,
die wir an Jesus Christus glauben,
sollen an seiner neuen Schöpfung
teilhaben. Was für eine Botschaft in
einer immer stärker säkularisierten
Welt. Die gehört unter die Leute,
auch unter die Christenleute!
Das für mich vielleicht tröstlichste
Wort steht in Joh. 14,1-2. Da sagt
Jesus: „Euer Herz erschrecke nicht!
Glaubt an Gott und glaubt an mich!
In meines Vaters Hause sind viele
Wohnungen. Wenn´s nicht so wäre,
hätte ich dann zu euch gesagt: Ich
gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?“.
Pfarrer i.R. Hartmut Bärend, Berlin
Literatur
Hauskreismagazin (HKM)
16 (Oktober-Dezember 2010)
Das Beste kommt zum Schluss!
Eschatologie - was kommt da auf
uns zu?
Jesus blickt in die Zukunft
(Mk. 13,1-36)
Bereithalten - Paulus und das Ende
(1.Thess. 5,1-8 und 2.Thess. 2,1-12)
Der Himmel auf Erden
(Offb. 21,1-22,5)
Worauf lohnt es sich zu warten?
(Lukas 2,25-33)
Hauskreismagazin (HKM)
12 (Oktober-Dezember 2009)
Post von Jesus: Die sieben
Sendschreiben
Zurück zur ersten Liebe! - Ephesus
(Offb. 2,1-7)
Treu bis in den Tod - Smyrna
(Offb. 2,8-11)
Keine faulen Kompromisse Pergamon (Offb. 2,12-17)
Kein Platz für falsche Lehren Thyatira (Offb. 3,7-13)
Wachwerden, bevor es zu spät ist Sardes (Offb. 3,1-6)
Gottes Möglichkeiten nutzen Philadelphia (Offb. 3,7-13)
Ganz für Jesus brennen - Laodizea
(Offb. 3,14-22)
Zeitschriften:
Apokalypse - Die Offenbarung an
Johannes
Welt und Umwelt der Bibel 2/09
(katholisches Bibelwerk; www.
Bibelwerk.de)
Das Wort „Apokalypse“ beschwört
Bilder von Gewalt, kosmischen
Katastrophen und Weltuntergangsszenarien. Dabei ist in den Hintergrund getreten, dass das letzte Buch
des Neuen Testaments, die Offenbarung an Johannes, geschrieben
wurde, um Hoffnung zu wecken. Es
setzt sich mit den konkreten
politischen Gegebenheiten seiner
Zeit auseinander und fragt:
7
Wem gehört die Erde?
Wer regiert diese Welt?
Bilder-Macht. Die Johannesapokalypse
Bibel und Kirche 2/12 (katholisches
Bibelwerk; www.bibelwerk.de)
Das Heft gibt einen Einblick in neue
Forschungen zur Johannesoffenbarung und ihrer wortgewaltigen
Bildsprache. Diese wird inzwischen
nicht mehr so stark in Zusammenhang mit frühchristlichen Verfolgungssituationen gebracht, sondern
als Auseinandersetzung mit dem
römischen Kaiserkult verstanden.
Auch Verbindungen zur alttestamentlichen Prophetie werden herausgearbeitet, deren Bilder der Verfasser dieser besonderen Schrift
verarbeitet.
Hermann Lichtenberger: Die
Apokalypse
Kohlhammer Verlag, 2012, 400
Seiten, 978-3-17-016828-2
Die Herrschaft Gottes und Christi
kommt entgegen allem Augenschein
und geschichtlicher Erfahrbarkeit;
Text und Bilder halten eine Zukunft
offen, die nicht von der Herrschaft
durch Menschen bestimmt ist; sie
werfen Licht aus einer Welt, in der
Gottes Wille geschieht, auf diese
Welt, in der der Wille Gottes geschehen wird.
Theologischer Kommentar zum
Neuen Testament (ThKNT) Band 23
Thema
Allversöhnung –
Die Wiederbringung aller
Dinge
Gibt es am Ende ein Gericht, das mit
einem doppelten Ausgang endet,
d.h. ewige Erlösung für die einen
und ewige Verdammnis für die
anderen oder folgt die Versöhnung
aller Menschen?
Eine Frage, die seit Beginn des
Christentum die Gemüter beschäftigt. Um die Frage schon hier
vorweg zu nehmen:
Wir wissen es nicht.
Aber spannend ist es allemal, sich
mit den so genannten letzten Dingen
zu beschäftigen, weil sie auch etwas
für das Leben im Vorletzten, also
hier und jetzt, austragen.
Versuchen Sie doch einmal im
Hauskreis ein „Streitgespräch“, in
dem sie versuchen, Argumente sowohl für die eine, wie die andere
Alternative zu suchen.
Eine kleine Hilfe:
Gründe für den doppelten
Gerichtsausgang
Gründe für die Allversöhnung
U „Die christologisch zu behauptende Radikalität und Universalität der Gnade und Liebe
Gottes“.
¸ Christologische Begründung mit
biblischen Stellen, die für eine Allversöhnung angeführt werden können: Joh. 12,32; Röm. 5,18; 11,32;
1.Kor. 15,21f; 2.Kor. 5,14.18f;
1.Tim. 2,6; Eph. 2,16; Kol. 1,20.22;
1.Joh. 2,2.
U „Die alle Unterschiede zwischen
Menschen einebnende Radikalität
und Universalität der menschlichen
Sünde“.
¸ Begründung mit der grundlegenden Ernsthaftigkeit der Sünde.
U „Die Belastung des Gottesbildes
(Sadismus/Rachsucht) bei der Ablehnung“.
¸ Begründung aus der (eschatologischen) Theodizeefrage.
U „Die Undenkbarkeit wirklicher
Seligkeit der Geretteten im Wissen
um die ewigen Qualen der Verdammten“.
¸ Anthropologische Begründung.
O „Das Neue Testament spricht klar
von einem Endgericht mit doppelten
Ausgang.“ (z.B. Mk. 13, Röm. 3,33;
10,4)
¸ Biblische Begründung
„Die wahre christliche Begründung
der Hoffnung auf Allversöhnung ist
die Kreuzestheologie, und die einzig
realistische Konsequenz aus der
Kreuzestheologie ist die Wiederbringung aller Dinge. Die allversöhnende Gnade Gottes ist für die
Menschen keineswegs ‚billig‘, sondern, weil sie durch den Tod Jesu
Christi geschenkt wird, ist sie „umsonst, gratis“ bzw. eben gerade deswegen „teuerste Gnade“. Das
jüngste Gericht wird also nicht die
Sünder, sondern allein die Sünden
verdammen (Jürgen Moltmann).
Ist somit also eine als häretisch eingestufte und bis heute fast vollständig verworfene Lehre zu vertreten?
Eine explizite Behauptung der Allversöhnung lässt sich nicht durchführen. Damit kann sie als Lehre
nicht verkündet werden. Aber
ebenso steht es mit dem doppelten
Gerichtsausgang. Auch dieser ist
aufgrund der Schrift, wegen der zur
Allversöhnung tendierenden Belege,
nicht als einzig zu vertretende
Möglichkeit des Jüngsten Gerichts
und somit als Lehre, zu halten.
Vielmehr ist der sogenannte dritte
Weg wohl eher die zu vertretende
und zu verkündende Lösungsmöglichkeit. Er lässt die Entscheidung
des Menschen offen und überlässt
sie Gott allein.
Allerdings darf (und soll) der
Mensch bzw. der Christ hoffen, dass
Gott alle Menschen errettet. Diese
Hoffnung ist mit dem Glauben verbunden. Was der Glaube in der
Heilsgewissheit für sich selber
erhofft, das darf er auch für alle
seine Menschenbrüder erhoffen.
O „Die Freiheit und Unverfügbarkeit der Gnade und Liebe Gottes.“
¸ Systematisch-theologische
Begründung
Wie schon zu Anfang, kann gesagt
werden, dass die Allversöhnung
keine Lehraussage ist und werden
kann – genauso wenig wie der
doppelte Gerichtsausgang. Sie ist
aber eine Hoffnung, die Christen
haben dürfen.
O „Die Relativierung der Verkündigungssituation durch die Allversöhnungslehre.“
¸ Anthropologische
(missionarische) Begründung
O „Die Verleitung der Glaubenden
zu Sicherheit und sich nicht in der
Liebe betätigendem Glauben“.
¸ Ethisch-theologische Begründung
Der sog. dritte Weg: „Lehre –
nein, Hoffnung – ja“ ist der Weg,
der auch in der Verkündigung begangen werden kann, ohne Menschen zu einer Sicherheit zu ver-
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leiten, die jede ethische und moralische Handlung ersterben lässt.
Auch die missionarische Relativierung der Verkündigungssituation
wird dadurch nicht beeinträchtigt.
Selbst das Zitat „Wer die Allversöhnung lehrt, ist ein Ochs, wer sie
nicht glaubt, ist ein Esel.“ (C.G.
Barth), kann so seine besondere
Schärfe verlieren.
Im Endeffekt bleibt die Entscheidung am Ende allein bei Gott – und
das ist gut und richtig. Auch für
einen selbst kann es aber die Angst
vor dem Gericht nehmen, wenn wir
es nicht im Sinne von „hinrichten“
verstehen, sondern als „aufrichten“
– also als Art „Richtfest“.
Wenn wir im Vater Unser beten:
„Dein Reich komme!“ und „Erlöse
uns von dem Bösen“, dann ist damit
auch die Bitte gemeint, dass Gott
uns von der Möglichkeit des Bösen
erlösen kann und soll.
Nachdenkenswerte Zitate:
CHRISTIAN GOTTLOB BARTH:
„Wer an die Wiederbringung nicht
glaubt, ist ein Ochs, wer sie aber
lehrt, der ist ein Esel“.
Der Glaube an wiederholte Erdenleben steht bei vielen Menschen in
Deutschland hoch im Kurs. Bei den
Esoterikern gehört er sozusagen zum
Grundbestand. Umfragen haben aber
herausgefunden, dass auch viele
Christen eher an die Reinkarnation
glauben als an die Auferstehung.
Damit wird ein zentraler Punkt in
der christlichen Lehre in Frage
gestellt.
Westliche Religionen wie Judentum,
Christentum oder Islam kennen, von
Ausnahmen abgesehen, die Lehre
von der Seelenwanderung nicht. Sie
gehen von einer einmaligen, von
Gott geschenkten Existenz aus, die
mit dem Tod endet. Danach kann
Gott die Toten wieder zum Leben
erwecken. Dabei gehen einige von
WILHELM STAEHELIN: „Die
Geschöpfe werden aus der Gottesferne herausgeliebt!“
SÖREN KIERKEGAARD: „Alle
werden mit Leichtigkeit selig – nur
ich nicht“.
KARL BARTH: „Christus als der
einzig verworfene Mensch“ - die
Hölle ist leer.
CHRISTOPH BLUMHARDT:
„Karfreitag ist der Generalpardon
über die ganze Welt - eine Hölle zu
statuieren, in der Gott in Ewigkeit
nichts mehr zu sagen hat, heißt, das
Evangelium aufzulösen.“
DIETRICH BONHOEFFER:
„Apokatastasis ist Hoffnung, sie
geht in kein System ein“.
Pfarrer Stephan Zeipelt, AmD
Westfalen, Olpe35, 44135 Dortmund
NIKOLAJ BERDJAJEW: „Vom
Standpunkt der Menschen aus, sind
die Höllenqualen zu bejahen, vom
Standpunkt Gottes aus nicht.“
Religionen und den modernen
Esoterikern. Das ist vielen Menschen gar nicht klar.
Thema
Reinkarnation –
Die Lehre von der
Seelenwanderung
JAMES MICHAEL GABRIEL: „Es
gibt eine Hölle, weil Gott es gesagt
hat, aber wir sind nicht verpflichtet,
zu glauben, dass jemand drin ist!“
einer unsterblichen Seele aus, die im
Jenseits weiter existiert.
Andere teilen diesen Glauben nicht
und vertrauen darauf, dass Gott aus
dem Tod neues Leben schaffen
kann.
Die Überzeugung von der Seelenwanderung kann verschiedene Formen annehmen. Sie gehört zu den
Grundlehren der Religionen indischen Ursprungs wie Hinduismus
und Buddhismus. Aber auch in der
europäischen Antike und bei einigen
späteren Dichtern und Denkern in
Europa taucht sie auf. Ob es Einflüsse aus Asien gegeben hat, ist
nicht geklärt.
Ganz sicher sind sie wirksam in der
esoterischen Bewegung, die in Europa eine Entwicklung von ca. 150
Jahren hinter sich hat. Allerdings
gibt es beträchtliche Unterschiede in
den Ansichten über die Reinkarnation zwischen den indischen
9
Ein weiteres Problem ist, dass vielfach behauptet wird, auch die frühen
Christen wären von der Seelenwanderung überzeugt gewesen und
erst in späteren Jahrhunderten hätte
man diese Lehre unterdrückt. Dafür
gibt es aber keine Anhaltspunkte.
Der grundsätzliche Unterschied
zwischen West und Ost liegt darin,
dass sowohl der Hinduismus wie der
Buddhismus die Reihe der Wiedergeburten beenden möchten, weil
nach ihrer Überzeugung nur so die
Erlösung des Menschen möglich ist.
Westliche Esoteriker sehen das ganz
anders. Ihnen geht es um die Weiterentwicklung und die Höherentwicklung. Jede Wiedergeburt ist eine
Chance noch eine höhere Stufe zu
erreichen.
Auch wenn Hinduismus und
Buddhismus einige grundsätzliche
Annahmen teilen, gibt es wichtige
Unterschiede.
Hindus glauben: Es gibt eine Seele
in Mensch und Tier, die von einer
Existenz zur nächsten wandert.
Diese Seele (atman - wie deutsch
Atem) ist von göttlicher Natur. Das
Streben der Seele geht dahin, sich
wieder mit dem Göttlichen zu vereinen, von dem sie nur ein Teil ist.
Diese Vereinigung bedeutet die Erlösung (moksha). Denn das Leben
ist von Leid bestimmt, jede Wiedergeburt führt in eine neue leidvolle
Existenz. Erlösung gibt es darum
nur, wenn die Kette der Wiedergeburten beendet wird.
Dabei stellt man sich die Reihe der
Wiedergeburten wie einen Kreislauf
(samsara) vor. Dieser Kreislauf
führt durch verschiedene Reiche des
Lebens wie Tier- und Menschenwelt. Auch die Hölle oder der Himmel der einfachen Götter sind mögliche Stationen. Dabei wird die
nächste Existenz durch das Karma
bestimmt. Karma bedeutet Tat. Es
ist nach der Vorstellung der indischen Religionen die Konsequenz
der guten oder bösen Taten, die man
begangen hat. Es ist so etwas wie
die Bilanz eines Lebens, die positiv
oder negativ sein kann. Je nachdem,
wie die Bilanz ausfällt, kann man
mit der nächsten Existenz auf- oder
absteigen. Führt der Weg in die
Menschenwelt, ist die Erlösung
näher als bei einer Wiederverkörperung in der Tierwelt. Denn nur
Menschen können endgültig den
Weg zur Erlösung finden.
Vorzugsweise den Angehörigen der
höchsten Kaste, den Brahmanen,
steht er offen.
Buddhisten glauben nicht an eine
Seele. Trotzdem vertreten sie die
Karmalehre und sprechen vom
Kreislauf des Samsara. Wie das
möglich ist, kann man sich an einem
Bild deutlich machen. Wenn eine
Billardkugel, die angestoßen wurde,
auf eine andere trifft, gibt sie einen
Impuls weiter und die andere Kugel
bewegt sich. So wird durch ein Lebewesen am Ende mit seinem
Karma eine neue Existenz und damit
neues Leid in dieser Welt des Leidens ausgelöst. Erst wenn der Impuls erlischt, wenn alles Karma verbraucht ist und die letzte Kugel aus-
läuft, dann ist das Ende, dann ist der
Zustand des Nirvana erreicht.
Während Erlösung im Hinduismus
also Vereinigung der unsterblichen
Seele mit dem Göttlichen bedeutet,
geht es im Buddhismus um das Verlöschen. Was bleibt, ist Leere.
Westliche Anhänger der Seelenwanderungslehre berufen sich zwar
auf die östlichen Religionen, aber
sie übernehmen ihre Sichtweise
längst nicht immer.
Westliche Buddhisten folgen selbstverständlich der klassischen Lehre.
Vertreter der vielfältigen Esoterikszene aber denken nicht an Erlösung
und Verlöschen sondern an eine
fortlaufende Höherentwicklung der
einzelnen Existenz. In solchem Denken lebt der alte Fortschrittsglauben
des Abendlandes weiter.
Solche Ansichten waren schon
Goethe und Lessing sympathisch.
Sie sind über die Theosophie, die im
19. Jahrhundert entstand, und die
Anthroposophie, die auf Rudolf
Steiner zurückgeht, in das Denken
vieler Menschen eingewandert.
Mehrere Punkte machen die Reinkarnationsvorstellungen für den
heutigen Menschen attraktiv:
1. Der Fortschrittsglaube in der
esoterischen Sichtweise.
2. Die rationale Erklärung des Weltverlaufs: Unfreiheit, Ungleichheit
und Ungerechtigkeit lassen sich zurückführen auf Reinkarnation und
Karma. Der Mensch ist für all das
selbst verantwortlich und bleibt
gleichzeitig Herr seines Schicksals.
3. Der Traum von einer neuen Chance: Eine große Zahl von Menschen
ist von ihrem Leben enttäuscht.
Wenn das Leben noch einmal gelebt
werden könnte, dann könnte man es
besser machen.
4. Heilung: Wenn die Gründe für
Probleme im gegenwärtigen Leben
in einer früheren Existenz ausfindig
gemacht werden können, dann besteht die Hoffnung auf eine
10
Änderung der Situation.
5. Wissen statt Glauben: Die Anhänger der Reinkarnationslehre behaupten, dass die Wiedergeburt aufgrund von Forschungsergebnissen
aus Parapsychologie oder Psychotherapien bewiesen werden kann.
Sie wollen den religiösen Glauben
durch vermeintlich sicheres Wissen
ersetzen und ihre Überzeugung
damit unangreifbar machen.
Eine Langfassung dieses Artikels ist
beim Autor erhältlich.
Jürgen Schnare, HkD, Archivstr. 3,
30169 Hannover
zum apokalyptischen Denken ein
Rettungswissen. Wie ist das für die
Gegenwart zu gewinnen?
Literatur
Gerhard Maier: Die Offenbarung des Johannes - 1-11
R. Brockhaus Verlag, Haan, Brunnen Verlag, 2009, 576 Seiten, 9783-417-29727-0
Gerhard Maier: Die Offenbarung des Johannes - 12-22
R. Brockhaus Verlag, Haan, 2012,
978-3-417-29728-7
Zweiter Teil des Kommentars zur
Offenbarung des Johannes.
Gründliche wissenschaftliche Auslegung.
Mit praktischem Bezug zu Verkündigung und Seelsorge,
aus der Reihe Historisch Theologische Auslegung - HTA
Klaus von Stosch: Offenbarung
UTB, 2010, 128 Seiten, 978-38252-3328-0
Das Christentum versteht sich als
Offenbarungsreligion. Klaus v.
Stosch stellt in seiner Einführung
die wichtigsten offenbarungstheologischen Konzepte seit der Aufklärung vor und bezieht vergleichend auch jüdische und islamische Sichtweisen in die Darstellung ein.
Aus der Reihe Grundwissen
Theologie
Klaus Wengst: Wie lange
noch...?
Schreien nach Recht und
Gerechtigkeit - eine Deutung
der Apokalypse des Johannes
Kohlhammer Verlag, 2010, 320
Seiten, 978-3-17-021103-2
Die Apokalypse des Johannes enthüllt, wem die wirkliche Macht gehört: dem biblisch bezeugten Gott.
Das verdichtet sich in der Gestalt
Jesu, diesem Ohnmächtigen, der
seine Macht schließlich durchsetzen
wird. In Entsprechung zu Jesus sieht
Johannes die von ihm angeschriebenen Gemeinden, in einer bedrängten
Situation am Rande der Gesell-
schaft. Die Lektüre der Apokalypse
kann zu einer Wahrnehmung der
Wirklichkeit von unten und vom
Rande her anleiten. Die vielfältigen
Gerichtsaussagen dieses Buches
werden als das sichtbar, was sie in
biblischer Tradition sind: Schreie
nach Recht und Gerechtigkeit.
Traugott Holtz: Die Offenbarung des Johannes
Vandenhoeck & Ruprecht, 2008,
978-3-525-51387-3
Das Neue Testament Deutsch, NTD,
Neues Göttingen Bibelwerk Band 11
Hubert Ritt: Offenbarung des
Johannes
Echter Verlag, 2000, 124 Seiten,
978-3-429-01042-3
Der Neue Echter Bibel - Kommentar
zum Neuen Testament mit Einheitsübersetzung, Band 21
F. Schuller H.G. Gradl/G.
Steins (Hg): Am Ende der Tage
Apokalyptische Bilder in Bibel,
Kunst, Musik und Literatur
Pustet Verlag, 2011, 192 Seiten,
8 farbige Bildseiten, gebunden,
23,6 x 16,4 cm, 978-3-7917-2386-0
"Apokalypse" ist ein Thema unserer
Lebenswelt: Die Angst, das Leben
könnte in einer globalen Katastrophe enden, treibt viele um. Die
Möglichkeiten der Selbstvernichtung des Menschen sind in der
Moderne enorm gestiegen, die
Ängste aber sind alt.
Es gibt in der Bibel und ihrem Umfeld in Judentum und Christentum
eine ganze Literaturgattung, die
diese Thematik bearbeitet. Vieles
daran ist fremd: die Bildwelten, die
Ausdrucksformen, der Gottesbezug.
Aber in ihnen kann ein Orientierungs- und Hoffnungpotential neu
erschlossen werden. Die "halbierte
Apokalyptik" der Gegenwart, die
nur die Katastrophe sieht, ist nicht
das letzte Wort: Seit jeher gehört
11
Otto Böcher: Johannesoffenbarung und Kirchenbau - Das
Gotteshaus als Himmelsstadt
Neukirchener Verlag, 2010, 250
Seiten, 80 s/w Bilder und 16 Farbtafeln, gebunden,
978-3-7887-2455-9
Die 22 Kapitel der Apokalypse werden in ihrer ursprünglichen Bedeutung kurz erklärt; ausgewählte
Beispiele aus der Architektur- und
Kunstgeschichte, die auf Bilder und
Visionen der Offenbarung zurückgehen, werden vorgestellt und teilweise auch abgebildet. Erstmals
wird die prinzipielle Rolle der Apokalypse als »Baubuch« deutlich.
(Sonderband innerhalb der Reihe
Evangelisch-Katholischer Kommentar, EKK)
Michael Tilly: Apokalyptik
UTB, 2012, 128 Seiten, 978-3-82523651-9
So fremd manche apokalyptischen
Vorstellungen erscheinen, haben
doch gerade diese Elemente des
Christentums Eingang in die populäre Kultur gefunden. Und häufig
lässt sich eine Beziehung von religiösem Fundamentalismus und
Apokalyptik beobachten.
Der Band bietet eine verständliche
Aufarbeitung des komplexen
Themas.