In der Barbarossa Klinik - Magdeburger Stadtmission eV

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In der Barbarossa Klinik - Magdeburger Stadtmission eV
Ganzheitlichkeit und Nachhaltigkeit im
Kontext erfolgreicher
Entwöhnungstherapie bei
Abhängigkeitserkrankungen
Fachtag: „Gemeinsam – Gestalten“
Magdeburger Stadtmission e.V. 12.9.2012
Dr. Dr. Klaus von Ploetz
Chefarzt der Barbarossa Klinik
Inhaltsangabe
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Übersicht zum Thema
Grundstrukturen psychischer Störungen
Psychodynamische Belastungen in der Sucht
Körpertherapeutische Aspekte
Konzepte
Ausblick
Barbarossa Klinik Kelbra
Bindungsebene (OPD)
Bindung:
- Internalisierung
– Loslösung
– Variabilität der Bindung
– Abschiednehmen
– Fähigkeit Hilfe anzunehmen
DAK Studie 2009
„Zwei Millionen gesunde Menschen greifen
nach einer Umfrage für den DAK-Gesundheitsreport 2009 für
bessere Leistungen im Job manchmal zu aufputschenden oder
beruhigenden Pillen und zu Arzneien gegen Konzentrationsprobleme. 800 000 dopten sich inzwischen regelmäßig mit
Medikamenten, die für depressive, demente oder hyperaktive
Menschen gedacht sind.“
2003
Psychische Störungen
Psychische Störungen resultieren aus
misslungener Inkonsistenzregulation.
Inkonsistenz meint die Unvereinbarkeit gleichzeitig ablaufender
psychischer Prozesse.(Förster & Strack 1996; Neumann & Strack 2000)
Harry Harlow
Nahrung oder Bindung? Harlows Studie zur Bindung von kleinen Affen
LEBENSLANGE FUNKTIONEN VON OXYTOCIN
Lee et al 2009
increase
of pain
tolerance
Strukturbezogene
Psychotherapie
G. Rudolf
Kognitive Ebene
1.Selbstwahrnehmung: Selbstbild – Identität - Affektdifferenzierung
2. Objektwahrnehmung: innere und äußere Realität –objektbezogene
Affekte – ganzheitliche Objektwahrnehmung
Regulative Ebene
3. Selbststeuerung: Affekttoleranz – Selbstwertregulierung –
Impulssteuerung-Abwehr
Emotionale Ebene
4. Kommunikation Kontaktaufnahme – Verstehen von Affekten –
Mitteilung von Affekten.
Bindungsebene
5. Bindung: Internalisierung – Loslösung – Variabilität der
Bindung – Abschiednehmen – Unfähigkeit Hilfe
anzunehmen
Wer ist unser Patient ?
Zwei Ressourcen
… die bei Abhängigkeitserkrankung wieder neu
gefunden werden müssen :
Mentalisierungsfähigkeit
Somatisierungsfähigkeit
sex. Missbrauch
Trauma
andere Gewalterfahrungen
Vernachlässigung
psychisch krankes Elternteil
Bindungsstörung
genetischer Polymorphismus
Psychodynamische Belastungen
Adverse Childhood Experiences and the Risk of Premature Mortality
Brown et al 2009, Am J Prev Med 2009; 37(5): 389-96
N=17 300 Versicherte von Kaisers
Permanente, Rekrutierung 1997-99,
8 Kindheitsbelastungsfaktoren (ACE);
Verlaufsbeobachtung über 10 Jahre
Results: Overall, 1539 people died during follow-up; the crude death rate
was 91.0 per 1000; the age-adjusted rate was 54.7 per 1000.
People with six or more ACEs died nearly 20 years earlier on average
than those without ACEs (60.6 years, 95% CI=56.2, 65.1, vs 79.1 years,
95% CI=78.4, 79.9).
After multivariable adjustment, adults with six or more ACEs were 1.7
(95% CI=1.06, 2.83) times more likely to die when aged ≤75 years and 2.4
(95% CI=1.30, 4.39) times more likely to die when aged ≤65 years.
Bei 6 und mehr Kindheitsbelastungsfaktoren ist die Lebenserwartung
fast 20 Jahre geringer im Vergleich zu jenen mit unbelasteter Kindheit!
Adverse Childhood Experiences (ACE) Studie von
Vincent J. Felitti (2002).
Die Studie zeigt die Ergebnisse einer über 11 Jahre laufende Studie (1991 in San Diego, USA)
durchgeführt an einem internistischen Klinikum (www.acestudy.org) mit einer aufgenommenen
Teilnehmerzahl von 17 000 aus dem Querschnitt der Bevölkerung, durchschnittliches Alter 57
Jahre. Mit jedem Punkt mehr im Fragebogen erhöht sich das Risiko einer Alkoholerkrankung.
GESUNDHEITLICHES RISIKOVERHALTEN UND
EINWIRKEN VON ≥ 4 FRÜHEN STRESSFAKTOREN
Felitti et al 1998, Am. J. Prev. Med. 14: 245-258 (N= 17 000, Altersdurchschnitt 57 J.)
OR*
Alkoholabusus
 Drogenkonsum
 Drogen i.v.
 Promiskuität (≥30
(≥3 Sexualpartner; lebensl.!)
 sexuell übertragene Erkrankungen16,7%
 Rauchen
 BMI ≥ 35
 weitreichender Bewegungsmangel
 > 2 Wo depressiv im letzen Jahr
 Suizidversuche

16,1%
28,4%
3,4%
6,8%
7,4
4,7
10,3
3,2
2,5
16,5%
12,0%
26,6%
50,7%
18,3%
* korrigierte Odds Ratio (Alter, Geschlecht, Rasse, Bildung)
2,2
1,6
1,3
4,6
12,2
STRESS UND ALLOSTASE
(Sapolsky 1996; McEwen 2003)
Disstress
Eustress
Hypothalamus
Amygdala,
HYPERTROPHIE
Hippocampus,
Cortex
DER präfrontalis
AMYGDALA
CRH/AVP
HPA
LC-NE
CRH/AVP
BD-NF
BD-NF
Glukocorticoide
Adrenalin
Noradrenalin
Synaptogenese
Synaptogenes
e
Adaptives
Verhalten,
adaptives Lernen
Verhalten
Lernen
Glukocorticoide
Somatisierung
HIPPOCAMPUS-VOLUMENVERÄNDERUNGEN
AUFGRUND ANHALTENDER STRESSEINWIRKUNG
Andreasen 2002, Vyas et al 2002
vorher
18 Monate sex. Missbrauch
durch Stiefvater
nachher
GENE, FRÜHES LERNEN UND HIRNREIFUNG
Braun et al 2005
Umwelt
postnatal
Erfahrungen
Emotionen
Lernen
Geburt
pränatal
genetische
Programme
„Grobvernetzung“
„Formatierung“,
Feinvernetzung
Vorteil:
Optimal an die Umweltbedingungen angepaßte
Schaltkreise des Gehirns (sensorisch, motorisch und emotional)
Nachteil: Vulnerabilität, d.h. Anpassung an negative oder fehlende
Um-weltstimulation („funktionelle Narben“), die die intellektuellen
und emotionalen Fähigkeiten langfristig einschränkt
Neurophysiologische Übersicht
Insula
Proto-Selbst – Somatischer Marker
Antonio Damasio
Sucht – Somatischer Marker
Antonio Damasio
Das Neue
Konzept
Klassische
Therapien
Neue
Körpertherapien
Klassische
Somatik
Die Neuen Körpertherapien geben
dem Betroffenen direkten Zugang zu
seinem Abhängigkeitserleben
Somatic Experiencing SE
Die meisten Therapiemethoden berücksichtigen in der Regel nicht in ausreichender Weise
die während eines bedrohlichen Ereignisses ablaufenden Reaktionen in Körper und
Nervensystem.
Somatic Experiencing nutzt Verhaltensbeobachtungen aus der der Tierwelt. Der zugrunde
liegende biologische Mechanismus geht auf das Jäger-Beute-Verhalten zurück, einen
ursprünglichen Reiz-Reaktions-Zyklus mit grundsätzlich drei Optionen: Flucht-, Angriff- und
Totstell-Reflex.
Ein seelisch verletzendes Ereignis ist im Nervensystem gebunden. Es ist somit eine
biologisch unvollständige Antwort des Körpers auf eine als bedrohlich erfahrene Situation.
Das körperliche System hat dadurch seine volle Flexibilität verloren.
Somatic Experiencing SE
Mit SE wird das traumatische Ereignis körperlich und geistig „neuverhandelt“. Dabei ist nicht
das Ereignis selbst entscheidend, sondern die Reaktionsweise des Nervensystems, d.h. wie
die physiologischen Regulationskräfte des Nervensystems mit der Bedrohung fertig
geworden sind. Mit SE ist es möglich, ohne Inhalt oder Erinnerung zu arbeiten, wenn das
Ereignis emotional zu belastend erscheint. Eine mögliche Re-Traumatisierung bei der
Aufarbeitung wird vermieden, indem die „eingefrorene“ Energie in kleinen Dosen „aufgetaut“
wird und schrittweise zur Entladung kommt. Durch das Aufspüren und Wiederbeleben dieser
biologischen, körperlichen Abwehrkräfte, entsteht aus dem trauma bedingten Gefühl von
Lähmung und Erstarrung ein Gefühl von Lebendigkeit und eine Eröffnung von neuen
Möglichkeiten und Lebensfreude. Die tief verankerten Nachwirkungen von Trauma können
sich schonend auflösen.
Energetische Psychotherapie
Fred Gallo
Asha Clinton
Die energetische Psychotherapie deutet psychische Probleme als Störungen im Energiesystem des
Organismus und "balanciert" sie mit verschiedenen Techniken - ein systemischer Ansatz,
der zu neuer Selbstregulation führt. In Orientierung an die vielfach fundiert beforschten
Konzepte der Akupunktur geht man davon aus, daß die zu behandelnden Probleme in
Zusammenhang stehen mit Prozessen, die man als "Energie-Blockaden" bezeichnen kann.
Emotionsfokussierte Therapie
Emotionsfokussierte Therapie (EFT) ist ein durch Leslie
Greenberg wissenschaftlich fundiertes
Psychotherapieverfahren. Auf der Basis aktueller
neurowissenschaftlicher Erkenntnisse (Bindungsforschung
etc.) sowie der Psychotherapieprozess- und –
ergebnisforschung bietet die Emotionsfokussierte Therapie
Therapeuten Prinzipien zur wirksamen Arbeit mit Emotionen
in der Psychotherapie an. Über die direkte Arbeit mit
emotionalen Prozessen hat die Emotionsfokussierte Therapie
zum Ziel, dysfunktionales emotionales Erleben zu
transformieren, adaptive Emotionen zu nutzen und die
emotionale Intelligenz der Patienten zu verbessern.
In der Barbarossa Klinik :
Vo Dao Vietnam
Atemtechnik
Trommeln
Bo-Stab
Kampfkunst
Meditation
Körperdisziplin
Selbstregulationsspirale
Dysregulation - Suchtspirale
Die Neuen Konzepte
1.
Konzept Alkoholabhängigkeit
Eingangsdiagnostik
2.
Behandlungspfade
Konzept Drogenabhängigkeit
Eingangsdiagnostik
Behandlungspfade
3. Konzept Mutter-Kind
Eingangsdiagnostik
Behandlungspfade
4. Konzept Adaption
Eingangsdiagnostik
Behandlungspfade
Behandlungspfade
Fallbeispiel 1
Patientin 49 Jahre.
Die Eltern waren Alkoholiker, der Vater wird als aggressiv besonders unter Alkohol
erinnert. Gewalterfahrungen( Vergewaltigungen) ziehen sich durch das weitere
Leben, hauptsächlich verursacht durch Partnerschaften mit Alkoholikern. In frühen
Jahren wird ein eigener Alkoholabusus begonnen. Dazu entwickelt sich eine
Essstörung mit dem Fokus Bulimie. Eine wichtige Partnerschaft zerbricht in
mittleren Jahren durch eigene Alkoholrückfälle, aus Angst vor Enttäuschung kann
eine intensive zum Partner nicht ausgehalten werden. Beginn von Angstattacken
in trinkfreien Phasen. Zusätzlich wird eine Krebserkrankung diagnostiziert.
Diagnosen: Alkoholerkrankung ICD 10 F 10.2
Andauernde Persönlichkeitsstörung nach Extrembelastung F62.0
Bulimie ICD 10 F 50.2.
Behandlungspfad: Gruppentherapie-Einzelgespräche, Stabilisierungsgruppe – Somatic experiencing- SHG – Betreutes Wohnen (SGB XII)
Fallbeispiel 2
Patient 27 Jahre.
Nach eigenen Angaben stamme er aus geordneten Verhältnissen, er sei eher
überbehütet worden. Mit 13 Jahren, Erstkontakt zu Drogen. Zunächst nur
Cannabis im weiteren Verlauf „so alles ausprobiert“ mit Schwerpunkt
Amphetamine und zuletzt Heroin i.v.. Verschuldungstendenz.Die Partnerin ist
ebenfalls drogenabhängig.
Im Rahmen von massiven und gewalttätigen Auseinandersetzungen mit
Drogendealern kommt die Partnerin zu Tode, erstochen.
In einer Art Selbstmedikation hohe Steigerung des Drogenkonsums um
Triggersituationen zu vermeiden. Wiederholt treten Flash-backs (Plötzliches
Wiederleben) Vermeidungsverhalten und Hyperarousals (Übererregtheit) auf.
Diagnosen: Polytoxikomanie ICD 10 F 19.2
Posttraumatische Belastungsstörung F43.1
Behandlungspfad: Gruppentherapie, Einzelgespräche
Stabilisierungsgruppe– energetische Psychotherapie– SchuldenberatungArbeitspraktikum - Adaption
Fallbeispiel 3
Patientin 22 Jahre.
In einer Stieffamilie aufgewachsen. Der Stiefvater sei Alkoholiker gewesen.
Der Stiefvater betrieb über viele Jahre sexuellen Mißbrauch mit seiner Stieftochter.
Die leibliche Mutter habe dies wohl billigend in Kauf genommen. Frühe
Ausreißversuche enden selbst nach stationärer Behandlung in der Kinder-und
Jugendpsychiatrie wieder mit der Rückkehr zur Familie. Früher Drogenkonsum,
Somatiersungen, Selbstverletzungen und Suizidversuche. Immer wieder gerät die
Patientin in Ausnahmezustände, in denen sie zittert, nicht mehr ansprechbar ist,
meist ausgelöst durch besondere Triggerthemen.
Diagnosen: Polytoxikomanie ICD 10 F 19.2
Dissoziative Störungen ICD 10 F 44.0
Borderline-Persönlichkeitsstörung ICD 10 F 60.3
Behandlungspfad:Gruppentherapie- höhere Frequenz Einzelgespräche
Stabilisierungsgruppe – Somatic Experiencing-Arbeitspraktikum – RPK
(Reha psychischer Kranker)
Nachsorge-Netzwerk-Abstinenz
INITIA-
-TIVE
Ausblick- Zukunftsprojekt
SobeR
Sicher trocken im Übergang
aus der Reha
Zukunftsprojekt
SobeR
Sicher trocken im Übergang
aus der Reha
Drei Phasen:
1.Vorbereitungsphase in der Klinik durch den Gruppentherapeuten selber, an den durch die
Behandlungszeit ein enges therapeutisches Bündnis geknüpft wurde. Diese Vorbereitung umfasst
einerseits ein persönliches Management eigener Gefährdungsthemen und auch andererseits ein eigenes
Copingverhalten zu einem möglicherweise eintretenden Rückfall (Notfallkoffer etc.)
2. Nach der Entlassung wird eine wöchentliche Rückmeldeschleife durch den Patienten vereinbart (email,
Telefon) zusätzlich gibt es die Möglichkeit monatliche „Auffrischungsgruppen“in der Klinik
3. Kooperationspartner in der Region (Suchtberatungsstellen, SPDi, Niedergelassene und Kliniken)
werden eingeladen bei eintretenden Rückfall hier zeitnah Auffangbehandlungen anzubieten, um einem
malignen Rückfall vorzubeugen.
Mit wissenschaftliche evaluativer Begleitung
Innovation:
Kombinationsbehandlung für
Abhängigkeitserkrankungen in
Mitteldeutschland
Unser Anliegen:
Eine ganzheitlichere und nachhaltigere
Behandlung in der Sucht
Klassische Therapien
Neue
Körpertherapien
Das Neue
Konzept
Klassische
Somatik
Noch Fragen ??
Dr. Dr. Klaus von Ploetz
Nervenfacharzt
Facharzt für Kinder-und Jugendpsychiatrie
Facharzt für psychotherapeutische Medizin
Psychoanalyse – Psychotherapie
Systemische Familientherapie (IGST)
Sozialmedizin – Rehabilitationswesen
Barbarossa-Klinik
Langestr.111
06537 Kelbra
email [email protected]