Skript 1 Nervensystem Schüler 2012

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Skript 1 Nervensystem Schüler 2012
DAS NERVENSYSTEM
1. Übersicht: Allgemeines, Vorgänge im Nervensystem:
a. Was ist das Nervensystem?
Es ist die Gesamtheit des Nervengewebes (Nerven- und Gliazellen) des Menschen.
b. Allgemeine Aufgabe:
Es dient der Erfassung, Auswertung, Speicherung und Aussendung von Informationen
(Computer). Es dient allgemein der Steuerung und Regelung der Körpervorgänge.
c. Verschiedene Vorgänge des Nervensystems:
-> Steuerung und Regelung aller Körpervorgänge
-> Afferenzen vom Peripheren Nervensystem zum Zentralen Nervensystem
-> Efferenzen vom Zentralen Nervensystem zum Peripheren Nervensystem
-> Empfindungen (z. B. Freude)
-> Gedächtnis
-> Kreativität (z.B. Tanz)
-> Innerer Antrieb, Trieb (z.B. Spielimpuls, Spieltrieb)
-> Tag- und Nachtrhythmus, Biorhythmus (z.B. Leistungskurve)
-> Bewußtsein, Reflexion, bewußtes Handeln. (z.B. Nachbesprechung)
-> Sprache, Kommunikation.
-> Abstraktes Denken (z. B: Theoretische Spielzüge)
2. Aufbau und Organisation der Nervensystems:
2.1. Unterteilung aufgrund des Aufbaus in Zentrales und Peripheres Nervensystem:
- ZNS (Gehirn und Rückenmark)
- PNS (alle außerhalb liegenden Nerven- u. Nervenbahnen (Rückenmarks- u. Hirnnerven).
2.2 Unterteilung aufgrund der Funktion und Art der Steuerung in willkürliches und
unwillkürliches Nervensystem:
- Willkürliches Nervensystem (steuert die Skelettmuskulatur)
- Unwillkürliches (steuert die inneren Organe)
2.3. Nervensystem und Hormonsystem:
Beide Systeme dienen gemeinsam der Steuerung und Regelung der Körpervorgänge.
Das Nervensystem arbeitet schnell, die Hormone arbeiten langsam über das Blut.
Das zentrale u. periphere Nervensystem
3. Das Rückenmark = Medulla spinalis (Übergeordnetes Zentrum des Nervensystems):
3.1. Aufgaben:
- Leitet Nervenimpulse über auf- und absteigende Bahnen zwischen Gehirn und Rückenmark
- Schaltzentrum
- Reflexzentrum
- Dort liegen Zentren für den Sympathicus und den Parasympathicus
3.2. Aufbau des Rückenmarks:
- Es ist der mächtigste Nervenleitungsstrang des Menschen. Das Nervengewebe ist ca. 40-50
cm lang und hat ca. 1 cm Durchmesser
- Es grenzt oben an das Verlängerte Rückenmark.
- Es reicht nach unten bis ca. Höhe des L 2 (2. Lendenwirbel)
- Verläuft im Wirbelkanal
- Über die gesamte Länge entspringen 31 Nervenwurzelpaare und bilden die Spinalnerven.
- Durch die Nervenwurzeigänge wird das Rückenmark in 31 Rückenmarksegmente unterteilt.
Jedes dieser Segmente hat ein eigenes Reflex- und Verschaltungszentrum.
Die Segmente und ihre Versorgungsgebiete:
- 8 Halssegmente (Cl -C8): Sie versorgen die oberen Extremitäten und die Atemmuskulatur.
- 12 Brustsegmente (Th1 -Th12): Versorgen die Rumpfwand
- 5 Lendensegmente (L1-L5): Untere Extremitäten, äußere Genitalien, Anus, Blase, Rektum
- 5 Kreuzbeinsegmente (S1-S8): s.o.
- 1 Steißbeinsegment (Co 1): Haut über Steißbein
Rückenmark
Aus jedem Segment entspringt jeweils rechts und links je eine vordere und eine hintere
Nervenwurzel, die sich zu einem Spinalnerv zusammenschließen. Sie verlassen den
Wirbelkanal durch die Zwischenwirbellöcher. Die Spinalnerven gehören zum Peripheren
Nervensystem.
Da die Wirbelsäule schneller als das Rückenmark wächst, endet das Rückenmark beim
Erwachsenen auf Höhe L2.
Die Spinalnerven haben aber ihre feste Austrittsteilen an ihren zugehörigen Wirbeln. Deshalb
müssen die Nervenwurzeln aus den unteren Abschnitten des Rückenmarks im Wirbelkanal
schräg nach unten ziehen, um zu ihren Zwischenwirbellöchern zu gelangen (bis zu 15 cm).
Dieses nach unten verlaufende Nervenfaserbündel wird Pferdeschweif = Cauda equina
genannt.
3.3. Die Innere Struktur des Rückenmarks:
a. Graue Substanz mit Nervenzellkörpern, sie liegt innen und ist schmetterlingsförmig.
Sie besteht aus Vorder-, Seiten-, Hinterhorn.
b. Weiße Substanz mit auf- und absteigenden Fasersystemen; sie liegt außenherum.
a.1. Das Vorderhorn:
Hier liegen die motorischen Nervenzellen. Deren Axone (= efferente Nervenzellfortsätze =
Neuriten) bilden die Vorderwurzel und versorgen über die Spinalnerven und deren Äste die
Skelettmuskulatur.
a.2. Das Hinterhorn:
Hier liegen die sensiblen Nervenzellen. Sensible Nervenimpulse aus der Peripherie gelangen
über sensible (afferente) Nevenfasern über den Spinalnerv in die Hinterwurzel und schließlich
ins Hinterhorn. In der Hinterwurzel liegt eine Umschaltstation, das Spinalganglion. (Ganglion
= Eine Ansammlung von Nervenzellkörpern außerhalb des ZNS). Dort können sensible Reize
umgeschaltet werden.
a.3. Das Seitenhorn:
Hier liegen die afferenten und efferenten Nervenzellen des Vegetativen Nervensystems.
Efferente Reize gelangen über die Hinterwurzel ins Seitenhorn. Axone der efferenten Zellen
verlassen das Rückenmark, wie motorische Nervenfasern über die Vorderwurzel.
Sympathische Zentren liegen in den Segmenten C8 bis L2. Deren Axone trennen sich dann
wieder und treten ins Grenzstrang-Ganglion ein. Dort werden sie dann umgeschaltet und ein
weiteres Axon führt zum Erfolgsorgan (z.B. Herz, Magen…).
Parasympathische Zentren liegen im Sakralseitenhorn der Segmente S2 bis S4. Die Axone
haben ihr Ganglion jeweils in der Nähe des Erfolgsorgans.
Die Bahnen bestehen aus marklose Nervenbahnen mit langsamer Nervenleitung: 1 m/sec.
Es gibt also jeweils präganglionäre und postganglionäre Fasern.
b. Die weiße Substanz besteht vorwiegend aus markhaltigen Nervenfasern (weiß) zur
schnellen Nervenleitung (50-100m / sec.). Sie wird durch einen vorderen Graben und eine
hintere Furche in 2 Hälften geteilt. Diese wird wiederum durch Aus- bzw. Eintritt der Vorderbzw. Hinterwurzel in 3 Teile aufgeteilt: Vorderstrang, Seitenstrang und Hinterstrang.
Jeder Strang enthält aufsteigende bzw. absteigende Bahnen, die auch zu Bündel (Tractus)
zusammengefaßt werden.
b.1. Aufsteigende Bahnen:
Afferente Bahnen des Rückenmarks übermitteln Infos aus der Außenwelt und dem Körper an
das Gehirn. Diese sensiblen Reize gelangen über den Spinalnerv ins Spinalganglion. Von dort
gibt es verschiedene Wege:
- Die Hinterstrangbahn: Axone der Spinalganglionzelle ziehen zum Verlängerten
Rückenmark, kreuzen dort, werden auf ein zweites Neuron umgeschaltet und zum Thalamus
(ist die wichtigste sensible Meldesammelstelle) geleitet.
Übergeordnete Hirnzentren erhalten Infos zu Tast- und Tiefenempfindungen in Haut,
Muskeln, Sehnen und Geweben.
- Die Vorderseitenstrangbahn (3 Bahnen): Die Impulse gelangen ins Hinterhorn, kreuzen auf
die andere Seite und gehen von dort hoch zum Thalamus und zum Kleinhirn.
Tast- und Tiefenempfindungen gelangen somit ans Kleinhirn.
Großer Druck, Schmerz- und Temperaturempfindungen gelangen an den Thalamus.
- Ins Hinterhorn, von dort werden sie in benachbarte Segmente oder direkt ins Vorderhorn
geschaltet, z.B. bei Reflexen, dies geschieht ohne willkürliche Kontrolle des Gehirns.
b.2. Absteigende Bahnen:
- Die Pyramidenbahn: Sie entstammt aus Neuronen (Nervenzellkörpern) des primären
motorischen Rindenfeldes im Großhirn. Sie zieht durch das gesamte Hirn abwärts und teilt
sich im Verlängerten Rückenmark in die Pyramidenseitenstrangbahn und in die
Pyramidenvorderstrangbahn, zieht dann durch das gesamte Rückenmark zu den
Motoneuronen (a1,a2,y) in den Vorderhörnern.
(-> Spinalnerv, Muskelfasern, Muskelbew. bzw. Haltefunktion, bzw. Muskelspindel).
Dient der Steuerung der bewußten Bewegungen!
- Extrapyramidale Bahnen: Sie stammen aus den Kerngebieten im Gehirn und verlaufen vom
Großhirn über das Rückenmark zum Vorderhorn. Sie sind für die unwillkürlichen
Bewegungen zuständig (Haltung, Stellung, Tonus, reflektorische und automatische
Bewegungen, Ausdrucks- und Mimikbewegungen)
4. Der Reflex:
Vorteile: Sie sorgen für die Entlastung des Gehirns und für eine schnelle Leitung.
DEF.: Eine vom Willen unabhängige Reaktionen auf Reize. Sie erfolgen automatisch und
sind die einfachste Form der Betätigung des Zentralen Nervensystems.
Es handelt sich um eine motorische o. sekretorische Antwort auf einen sensiblen Reiz.
Es gibt 2 Arten von Reflexen, den Eigenreflex und den Fremdreflex.
Ein Reflexbogen sieht wie ein Regelkreis aus und besteht immer aus 5 Teilen:
- Rezeptor (Empfänger), nimmt Reiz auf und übersetzt ihn in neuronale Erregungen
(Aktionspotentiale)
- Sensible Nervenfaser (zuführende Leitung), leitet den Impuls des Rezeptors zum
Schaltzentrum
- Reflexzentrum mit Synapse, im ZNS, bildet die Reflexantwort
- Motorische Nervenfaser (Wegführende Leitung), übermittelt die Reflexantwort an das
Organ
- Effektor (Ausführendes Organ), z. B. eine Muskelkontraktion
a. Eigenreflex:
b. Fremdreflex:
5. Die Rückenmarkshüllen:
Die Wirbelsäule bildet den knöchernen Schutz des Rückenmarks. Es wird aber außerdem
direkt noch von 3 Hüllen umgeben:
5.1. Gehirnrückenmarksflüssigkeit (Liquor cerebrospinalis)
Das Rückenmark schwimmt nahezu schwerelos im Duralsack (Prinzip eines Schiffes). Das
Rückenmark ist gegen Schlag und Stoß, und gegen Wärmeschädigung geschützt.
Sie hat also außerdem eine Ernährungsfunktion und eine Abwehrfunktion.
Bild Bandscheibenvorfall:
Druck auf Rückenmark (2) oder Spinalnerv (1 + 3)
6. Das Gehirn (Cerebrum):
Das Gehirn liegt in der Schädeldecke (Schutz) und ist das menschliche Steuerungszentrum
von bewußten und unbewußten Vorgängen. Es ist der Träger des menschlichen Bewußtseins.
Ca. 1,5 kg schwer. Es enthält ca. 10 Milliarden Nervenzellen und gehört neben dem
Rückenmark zum ZNS.
6.1. Die Hirnhäute:
Wie auch das Rückenmark hat das Gehirn neben seinem knöchernen Schutz noch 3 Hüllen:
Funktionen: Schutz gegen Stoß und Wärmeeinwirkung, Ernährung, Abwehr
DIE FUNKTIONEN DER EINZELNEN HIRNABSCHNITTE:
A. Großhirn: Aufnehmen von Sinneswahrnehmungen, Denkvorgänge, Erteilen von Befehlen
an Skelettmuskulatur.
B. Zwischenhirn: Sitz vieler vegetativer Zentren. Zusammenhang mit dem Hormonsystem
durch die Hypophyse.
C. Mittelhirn: Wichtige Schaltzentrale für das optische und Akustische System.
D. Kleinhirn: Koordination von Körperbewegungen (Feinmotorik) im Zusammenhangmit der
Extrapyramidalbahn. Stabilisierung des Gleichgewichts.
E. Verlängertes Mark: Sitz wichtiger Zentren wie Atemzentrum, Kreislaufzentrum (Formatio
Reticularis), Schluckzentrum, Hustenzentrum.
F. Limbisches System: Seelische Vorgänge (Wie z.B. die Nahrungssuche, -aufnahme,
Partnersuche, Fortpflanzung, Instinkt).
Medikamente wirken auf das Limbische System, z.B. Valium, Psychopharmaka.
6.2. Das Endhirn:
Wichtigste Funktionen sind Bewußtsein, Intelligenz, Wille, Gedächtnis, Motorik, Sensorik.
6.2.1. Der Aufbau:
- Außen liegt die Hirnrinde (1 cm). Sie besteht aus Zellkörpern als graue Substanz
- Darunter liegt das Hirnmark, es besteht v.a. aus Fortsätzen als weiße Substanz
Es besteht aus verschiedenen Lappen und Furchen (Sulcus) und Windungen (Gyrus)
a. Stirnlappen, Schläfenlappen, Scheitellappen, Hinterhauptslappen
b. Vordere Zentralwindung, Hinter Zentralwindung
c. Zentralfurche u.a.
6.2.2. Die Rindenfelder der Hirnrinde:
Der Cortex cerebri ist ca. 1,5 - 10 mm dick. Er enthält etwa 200 verschiedene Rindenfelder
zur Aufnahme, Verarbeitung, Speicherung und Weiterleitung von Wahrnehmungen der Sinne
und der Muskulatur.
a. Motorische Rinde (Regio motoria):
b. Körperfühlbereich (Regio sensoria):
c. Sekundäre motorische Zentren:
- Broca-Sprachzentrum: Bewegungsabläufe beim Sprechen.
- Schreibzentrum: Planung der Bewegungsabläufe beim Schreiben
d. Sekundäre sensorische Zentren:
- Erinnerungszentren der sensorische Wahrnehmungen, zum Vergleich mit früheren
Wahrnehmungen (z.B. Gelenkstellung, Muskellänge, Gleichgewicht)
e. Rindenfelder der Sinnesorgane:
- Verschiedene Sehzentren
- Verschiedene Hörzentren
f. Assoziationsgebiete:
Der Großteil der Hirnrinde ist zur Integration der Sinneseindrücke und motorischer
Handlungsentwürfe, für logisches Denken, die Kreativität und für die Verhaltenskontrolle.
- links: Abstraktes, logisches Denken, Sprache, Zahlen
- rechts: Kreativität, Vorstellungskraft, künstler. Begabung
Motor. + Sensor. Rindenfeld:
Motorisches Rindenfeld und Pyramidenbahn:
6.3. Motorische Bahnen:
- Pyramidenbahn von der Motorischen Rinde über die Pyramidenbahnkreuzung nach unten
- Extrapyramidalen Bahnen: Aus den Kerngebieten des Hirnstamms nach unten