Iran Praktikumsbericht Teheran 2014

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Iran Praktikumsbericht Teheran 2014
PRAKTIKUMSBERICHT
Teheran - Iran
September – November 2014
Aqa-Bozorg-Moschee, Kashan
Ein Praktikum in der Islamischen Republik Iran ... die Entscheidung dazu fiel sehr
spontan, zwischendurch war es nicht immer einfach, aber im Nachhinein gesehen
hatte ich eine wunderbar bereichernde Zeit und nehme viele tolle Erinnerungen mit
nach Hause. Mein Praktika wurde von IAESTE vermittelt und im Iran durch eine
studentische Gruppe der Universität Teheran betreut. Im Sommer 2014 waren auf
diesem Weg noch etwa 40 weitere Praktikanten in der Stadt und wir waren alle
gemeinsam im Ausländerwohnheim der Universität untergebracht. Die Unterkunft in
Mehrbettzimmern war für uns kostenlos, die Ausstattung des Wohnheims zwar
einfach, aber völlig ausreichend.
Arbeiten im Iran:
Mein Praktikum habe ich bei einem iranischen Ingenieurbüro für Gebäude- und
Klimatechnik absolviert. Die Firma hat etwa 50 Mitarbeiter und realisiert im Großraum
Teheran die technische Ausstattung von großen Gebäuden (Kinos, Krankenhäuser,
Museen, etc.). Meine ursprüngliche Aufgabe war als „Energieeffiziente
Klimatisierung“ beschrieben. In der Zeit bis zu meiner Ankunft hatte sich die
Auftragslage jedoch eingetrübt und ich wurde stattdessen im Projektteam für die
„Iran Mall“ eingesetzt. Dieses Einkaufszentrum ist derzeit im Rohbau und soll später
einmal das zweitgrößte des Mittleren Ostens werden, nach dem Vorbild der Dubai
Mall. Meine Abteilung ist für die Planung und Dimensionierung des Kühl- und
Heizsystems, für Be- und Entwässerung sowie für die Gebäudesteuerung zuständig.
PRAKTIKUMSBERICHT
Bei einem Gebäude mit einer Million m2 Nutzfläche und großen Glasfassaden im
wüstenähnlichen Klima eine anspruchsvolle Aufgabe. Unser Büro befand sich in
Containern im Rohbau der Mall. Der Arbeitsweg zwischen Betonmischern und
Tiefladern sowie die abenteuerlichen Sicherheitsvorkehrungen auf einer iranischen
Baustelle waren am Anfang sehr
gewöhnungsbedürftig, aber im Inneren
waren unsere Container sauber und
sehr gut ausgestattet. Meine Tätigkeit
bestand hauptsächlich in der EnergieSimulation von Teilen des Gebäudes,
um den Bedarf nach Kühl- bzw.
Heizleistung für einzelne Räume
abzuschätzen und anschließend die
Lüftungssysteme entsprechend auszulegen. Es wird im Iran an 6 Tagen in der
Woche gearbeitet, nur der Freitag ist wirklich frei. Aufgrund des schwierigen
Arbeitsmarktes sind vor allem Hochschulabgänger sehr motiviert, häufig wird jedoch
gemacht „was der Chef sagt“ und die Ergebnisse sind eher durchwachsen.
Alltag im Iran:
Der Alltag im Iran ist relativ unkompliziert, man kann hier alle Güter des täglichen
Bedarfs kaufen, das Nahverkehrssystem ist sehr gut ausgebaut und die Geschäfte
haben an sieben Tagen in der Woche geöffnet. Die persische Küche an sich ist
hervorragend, leider findet man sie jedoch meist nur in Restaurants. Das tägliche
Essen ist recht eintönig und besteht meist aus Kebab mit Reis. Dominiert wird das
Alltagsleben von den im Iran geltenden religiösen Vorschriften. Das Alkoholverbot
stellt dabei gar kein so großes Problem dar, aber das Verbot von öffentlichen
Konzerten, die strikte Geschlechtertrennung im Alltag und das komplett fehlende
Nachtleben wurden für mich gegen Ende meines Aufenthalts zur Belastung. Es gab
auch Praktikantinnen hier, ich habe sie jedoch nicht mehr persönlich kennen gelernt.
Das Preisniveau ist recht niedrig, für einen Monat sollte man etwa 200€
Lebenskosten veranschlagen, Restaurant- und Cafépreise dagegen liegen auf
europäischem Niveau.
Land und Leute:
Das wahrscheinlich tollste am Iran sind die
Iraner selbst! Ich habe viele Länder bereist,
aber noch nie habe ich derart freundliche,
gebildete und gastfreundliche Menschen
getroffen. Viele junge Iraner sprechen gut
Englisch, man ist (westlichen) Ausländern
gegenüber sehr interessiert und ausgesprochen
hilfsbereit. Einmal wurde ich spontan während
einer Busfahrt von meinem Sitznachbarn zu sich nach Hause eingeladen und hatte
dort eine wunderbare Zeit. Im Privaten sind viele junge Leute auch sehr liberal und
PRAKTIKUMSBERICHT
alles andere als konservativ. Politik wird häufig kontrovers diskutiert und viele
Menschen vertreten keineswegs die Position der iranischen Regierung. Der Iran war
lange eine der bedeutendsten Kulturen des Mittleren Ostens und die Menschen
legen großen Wert darauf, nicht mit der arabischen Kultur verwechselt zu werden.
Entsprechend gibt es teils sagenhaft
schöne Architektur und Kunst aus vielen
Jahrhunderten zu sehen. Städte wie
Isfahan oder Shiraz und die Ruinen von
Persepolis sind zu Recht weltbekannt.
Auch
die
Landschaft
ist
extrem
abwechslungsreich. Wenn in den Bergen
im Norden bereits Schnee liegt, kann man
am Persischen Golf noch immer baden
gehen.
Resumee:
Ich kann ein Praktikum in Teheran jedem wärmstens empfehlen, der offen ist für
Neues und „den Iran“ aus den Fernsehnachrichten tatsächlich kennenlernen will.
Man wird überrascht sein von der Herzlichkeit der Menschen, der reichen Kultur des
Landes und den unzähligen Möglichkeiten zum Reisen im Iran. Auch bietet ein
Aufenthalt hier eine gute Möglichkeit, um mehr über den Islam und seinen Einfluss
auf die politische Situation in der Region zu erfahren. Ich denke alle Praktikanten hier
haben ihre Zeit genossen und viele werden auch noch einmal als Touristen in den
Iran zurückkommen.
Ein Wort sei noch zum Thema Visum gesagt: Die Visavergabe kann extrem lange
dauern. In meinem Fall sind von der Antragstellung bis zum fertigen Visum in
meinem Pass vier Monate vergangen. Ich musste in dieser Zeit zweimal meinen Flug
umbuchen, verbunden mit den entsprechenden Kosten. Besser ist es, den Flug erst
nach Erhalt des Visums zu buchen und einen gewissen Zeitpuffer einzuplanen. Das
Warten lohnt sich jedoch allemal!
Andreas Uyttendaele,
Studiengang Maschinenbau