Mac OS X ist anders: Auch im Schriftmanagement

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Mac OS X ist anders: Auch im Schriftmanagement
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Publisher 2 · 2002
Fokus
Fontverwaltung unter Mac OS X
Mac OS X ist anders:
Auch im Schriftmanagement
Mac OS X lockt mit Stabilität, echtem Multitasking einer neuen Oberfläche. Der Preis
dafür ist die Umstellung auf ein UNIX-basiertes System, das gerade bezüglich Schriften
anders funktioniert, als man es sich vom klassischen Mac OS gewohnt ist.
DAVID UHLMANN Schriftenverwaltung ist ein zentrales Thema auf
einer Publishing-Workstation. Bei der
heutigen Vielfalt an Schriften ist die
Übersicht nicht einfach zu behalten.
Der folgende Artikel soll zeigen, wie
das Fontmanagement unter Mac OS X
funktioniert und wie man hier Ordnung
in seine Schriften bringt.
Einschränkungen
Unter Mac OS Classic (das sind alle
Systemversionen zwischen 8.1 und 9.x)
haben wir uns daran gewöhnt, nicht
zu viele Schriften offen zu halten.
Ebenfalls bestens bekannt ist die Tatsache, dass ein defekter Font das ganze
System zum Absturz bringen kann.
Unter Windows NT und 2000 kennt
man diese Unzulänglichkeiten nicht.
Unterstützung unter Classic
Es gibt drei verschiedene Schriftenformate: TrueType, Type1 und OpenType.
Mac OS Classic unterstützt nativ, d.h.
von Haus, aus nur TrueType. Damit wir
mit Type1-Schriften arbeiten können,
benötigt es einen Postscript-Renderer,
der von Adobe entwickelt wird und
Adobe Type Manager heisst. Davon
gibt es zwei Versionen, das Schriftenverwaltungstool ATM deluxe und
die Light-Version. Diese wird benötigt,
falls man mit Extensis Suitcase oder
anderen Fontmanagern arbeitet. Bisher
konnten nur die neuen Adobe- und
Microsoft-Pakete mit dem neuen Schriftenformat OpenType vollumfänglich
umgehen. Mehr zu diesem Thema
finden Sie weiter unten.
Mac OS X, bitte!
Mac OS X bietet dank dem 2D-Layer
Quartz wie Windows 2000 von Haus
aus eine native Postscript-Unterstützung. Damit aber nicht genug: Das
neue Schriftenformat OpenType wird
ebenfalls unterstützt. Für Dienstleister
in der grafischen Branche ist das
Problem von Windows-Daten meist
nur in der Inkompatibilität der Windows- und Macintosh-Schriftenformate
begründet. Mac OS X unterstützt nun
ebenfalls Windows-TrueType-Schriften,
d.h., das Grauen von nicht bemerktem
Übersatz beim Ersetzen einer Schrift
hat ein Ende! Man kann beliebig viele
Schriften offen halten, ein defekter
Font reisst ganz sicher das System nicht
runter.
Schriften und die Rechte
In diesem Abschnitt geht es nicht
um die vielfach verletzten Copyrights
durch das hemmungslose Kopieren von
Schriften. Es geht um die Rechteverwaltung von Mac OS X. Das neue System
hat als Boden einen Unix-Kern. Unix
ist ein Multiuser-Betriebssystem: Jeder
Benutzer hat seine eigenen «Home»Verzeichnisse. Dort ist der ebenfalls
benutzerabhängige Schreibtisch, einige
von Apple bereitgestellte Ordner (Dokumente, Movies etc.) sowie das Verzeichnis «Library» untergebracht. In diesem
Ordner befindet sich ein weiterer mit
dem Namen «Fonts». Diese Fontsordner
kann man mit den Zeichensätzen unter
Mac OS Classic vergleichen. Unter Mac
OS X gibt es im Minimum drei verschiedene Fontsfolder:
• /System/Library/Fonts
• /Library/Fonts
• /Users/ich/Library/Fonts
Unter /System/Library/Fonts hat der
Benutzer (auch der Administrator) keine
Schreibrechte. Das ist auch gut so,
denn diese Schriften werden zwingend für das Betriebssystem benötigt.
Das Verzeichnis /Library/Fonts stellt
allen Benutzern Schriften zur Verfügung, die auf dieser Station arbeiten.
Und schliesslich /Users/ich/Library/
Fonts, wobei «ich» für den Benutzernamen steht. Dort speichert man die
Schriften, auf die nur der jeweilige
Benutzer Zugriff hat. Sobald ein anderer User angemeldet ist, stellt auch der
Library-Ordner ein anderes Objekt dar.
In der Praxis
Wenn man wie bis jetzt unter Mac OS X
arbeiten will, müsste man seine Schriften immer in /Library/Fonts stellen,
damit jeder Benutzer darauf zugreifen
kann. Leider gibt eine gravierende Einschränkung: Schriften dürfen nur offen
in diesen Ordnern platziert werden,
sonst werden sie nicht gelesen. Und
das macht die Mac-OS-X-eigene Fontverwaltung nur für Bereiche mit einigermassen konstanten Schriftsätzen
interessant. Im Datenhandling sowie
im Inseratebereich dürfte dieses System
wenig Zustimmung finden, da mit offenen Schriften kein Schriftenmanagement möglich ist.
Back to the roots?
Adobe kündigte Mitte 2001 an, ATM
werde nicht mehr weiterentwickelt.
Braucht es ja auch nicht, das Betriebssystem stellt Postscript-Unterstützung
zur Verfügung, und das ohne leidige
Systemerweiterungen und Kontrollfelder. Aber der fehlende Schriftenmanager war und ist eine Lücke, die Adobe
hinterlässt. Extensis sprang in die Bresche und entwickelte Flugs Suitcase
10.1 für Mac OS X. Das Schriftenmanagement gestaltet sich nun auch
unter Mac OS X wieder so, wie wir es
uns gewohnt sind. Zeichensätze können
aktiviert und deaktiviert werden. Die
Features von Mac OS X hinsichtlich
der Unterstützung für Windows-Fonts
bietet auch Suitcase. Am besten erstellt
man als Administrator einen neuen
Ordner auf der obersten Ebene mit
dem Namen «Schriften».
OpenType, eine Synergie
Herkömmliche Schriftenformate sind
etwas Lästiges: TrueType wird nicht von
allen RIPs korrekt umgesetzt, Type1 ist
komplizert im Handling, Screen- und
Printfonts müssen immer zusammen
vorhanden sein. Das neue Format OpenType wurde von Adobe und Microsoft
1996 angekünigt. Die Ziele sind vielfältiger Natur:
• Zusammenfassen der Print- und
Screenfonts in eine Datei
• ein einheitliches Fontformat für Mac
und Windows
• Unicode-Unterstützung für PS-Fonts
• einheitliches Dateiformat für PSFonts
• leistungsfähige typografische Funktionen, z.B. automatische Ersetzung
von Ligaturen und Kapitälchen
OpenType basiert auf der Struktur
von TrueType und enthält sämtliche
Informationen, es werden also keine
AFM- oder PFM-Dateien benötigt. Dazu
kommt eine vollständige Unicode-
Unterstützung, d.h., es können endlich
mehr als 245 Zeichen in einer Schrift
verpackt werden. Bei der Ausgabe
werden auf älteren Betriebssystemen
(dazu gehört Mac OS 9.2) die Outlines
der OpenType-Fonts (Type2) in das
alte Type1-Format umgesetzt, so wie
es Postscript-Drucker erwarten. Level-1
Drucker werden nicht mehr unterstützt.
Adobe InDesign kann mit OpenType
vollumfänglich umgehen, da Adobe
seinen Produkten eine eigene Fontrasterengine eingebaut hat. Und das
unter Mac und Windows. Die Funktionen beinhalten zum Beispiel die
automatische Ersetzung von Buchstabenkombinationen durch passende
Ligaturen, echte Kapitälchen, Tabellenziffern, um die Ausrichtung zu erleichern, usw.
Verfügbarkeit
OpenType wird von allen Schriftenherstellern unterstützt, bereits verfügbar
sind jedoch erste vereinzelte Schriftfamilien wie die Palatino bei der Linotype Library. Auch Adobe liefert bereits
Schriften im OpenType-Format aus,
zum Beispiel mit dem InDesign-Programmpaket.
Fazit
Schriftenverwaltung wird anders in
Mac OS X. Zusammen mit dem neuen
Format OpenType und den hinzugekommenen Unterstützungen für Windows TrueType-Schriften dürfte manch
kampferprobtem, vom Schriftenchaos
gezeichnetem Mac-User ein Stein vom
Herzen fallen. Auf der gegenüberliegenden Seite finden Sie eine
Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie Schriftenmanagement unter Mac OS X funktionieren kann.
Der Autor
David Uhlmann – Computerkenner schon zu
MS-DOS Zeiten – ist schliesslich beim Macintosh gelandet und stellt sich heute gegen
die notorischen Mac-OS-X-Kritiker, die allzuoft
fehlendes Wissen mit einer Portion
Selbstüberschätzung kompensieren. Er führt
Kurse im Bereich Mac OS Classic, Mac
OS X, Schriftenverwaltung sowie Datenhandling durch. Er arbeitet bei der Firma
Ulrich-Media GmbH in Meikrich (CH).
Infos unter www.ulrich-media.ch
Step by Step
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Publisher
2002
Publisher 22·· 2002
1 Zuerst wird auf der obersten
Ebene ein neues Verzeichnis mit
dem Namen «Schriften» angelegt.
Dies ist nur möglich, wenn man
als Administrator
angemeldet ist.
2 Darin erstellt man wie gewohnt
die Ordner mit den Hausschriften,
den Kundenschriften usw.
3 Die erstellten Ordner werden mit
Drag and Drop nach Suitcase
befördert. Wie man hier sieht,
gestaltet sich das Handling übersichtlich und einfach.
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4 Unter dem Menü Suitcase > Pre-
ferences sind die Voreinstellungen
abrufbar. Unter anderem wird hier
festgelegt, ob Suitcase automatisch nach dem Anmelden gestartet wird. Suitcase muss immer
laufen, sonst werden sämtliche
Schriften deaktiviert.
5 Unter «Activation» setzt man die
Aktivierungsoptionen fest. Hier
wird auch festgelegt, ob die aktivierten Fonts bis zum Neustart
oder permanent aktiv sind.
6 «Preview Text» setzt die Standard-
werte für Voransicht und Ausdruck
eines selektierten Fonts fest.
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7 Unter «Server Connection» findet
man Optionen im Zusammenhang
mit Suitcase Server, der Schriften
für verschiedene Arbeitsgruppen
zur Verfügung stellt, womit
Lizenzprobleme umgangen werden
können.
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