Vielfalt im Extrem
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Vielfalt im Extrem
30 Architektur & Technik 11- 06 Hotel Puerta América, ES-Madrid Vielfalt im Extrem Etage 12 – Jean Nouvel Auch unabhängig vom Standort kann der Hotelbesuch ein Erlebnis sein – hat es nur genug Design. Diese neue «Weisheit» trieb die spanische Silken-Gruppe am Stadtrand von Madrid auf die Spitze. Eine ganze Armada von Spitzenleuten aus Architektur und Design wurde aufgeboten. Etage 1 – Zaha Hadid Foto Philippe Ruault Text: Manuel Pestalozzi, Fotos Hotel Puerta América 31 Etage 6 – Mark Newson Etage 3 – David Chipperfield 14 Etagen, viele Autoren Das im vergangenen Jahr eröffnete Fünfsterne-Hotel Puerta América liegt an der mehrspurigen, richtungsgetrennten Avenida América, einem Autobahnzubringer an der nordöstlichen Peripherie der spanischen Hauptstadt. Der insgesamt vierzehngeschossige Bau entspricht einer klassischen Typologie, die man auch im Heimatstil-Grand Hotel Dolder oder bei Le Corbusiers kartesianischem Hochhaus-Projekt antreffen kann: Zwei in einem stumpfen Winkel angeordnete Seitenflügel werden durch ein «Rückgrat» mit Erschliessungsanlagen zu einem streng axialsymmetrischen Ensemble ergänzt. Diese eher konventionelle Architektur stammt vom spanischen Büro SGA Studio, wurde aber vom französischen Stararchitekten Jean Nouvel überarbeitet. Wie dieser bekannte Name vermuten lässt, setzte man alles daran, der bekannten und bewährten Form einen ungewöhnlichen, aufregenden Inhalt zu geben. Die 308 Zimmer, 22 Junior Suites und zwölf Suites, die sich auf zwölf Etagen verteilen, wurden, Etage für Etage, zusammen mit den Korridoren und Lift-Lobbies, von zwölf Gestalterinnen und Gestaltern von internationalem Rang hergerichtet. Mit von der Partie waren neben Jean Nouvel (Fassade, Etage 12 und Dachgeschoss mit Spa-Bereich, Bar-Restaurant und Sonnenterrassen) auch John Pawson (Reception, Lobby und Säle im Eingangsgeschoss), Zaha Hadid (Etage 1), Lord Norman Foster (Etage 2), David Chipperfield (Etage 3), Plasma Studio (Etage 4), Vitorio & Lucchino (Etage 5), Mark Newson (Etage 6 und Bar), Ron Arad (Etage 7), Kathryn Findlay (Etage 8, mit Lichtinstallationen von Jason Bruges in Lobby und Gängen), Richard Gluckman (Etage 9), Arata Isozaki (Etage 10) sowie Javier Mariscal und Fernando Salas (Etage 11). Christian Liaigre entwarf das Restaurant, Teresa Sapey konzipierte die Garage, die über 644 Stellplätze verfügt, die Landschafts- Etage 2 – Lord Norman Foster Etage 1 – Zaha Hadid Lobby – John Pawson 32 Etage 12 – Jean Nouvel Etage 10 – Arata Isozaki Etage 9 – Richard Gluckman planung für den Garten und Park des Hotels übernahmen Harriet Bourne und Jonathan Bell. Die Tatsache, dass sich diese konzentrierte kreative Invasion eigenständiger Geister im Gebäude kontrolliert austoben konnte, rückt die vermeintliche Banalität der Typologie in ein interessantes Licht und lässt das neue, postmoderne Verhältnis zwischen Architektur und Design sowie das Rollenverständnis der Autorinnen und Autoren – und nicht zuletzt der Investoren und Mäzenen – sicht- und spürbar werden. Inszenierung ist alles Etage 8 – Karen Findlay Die Hotelzimmer besitzen einen konventionellen Grundriss: Eingang mit Korridor und Bad, Schlafzimmer, Fenster mit Ausblick. Dieser Rahmen diente zur Inszenierung der verschiedenen «Welten». Grundsätzlich lassen sich bei den Resultaten zwei Konzepte ausmachen: das minimalistische Konzept mit Raumtrennern, die sich beseitigen lassen, und das «Grottenkonzept», in dem verformte, oft raumhaltige Wände ein Höhlengefühl entstehen lassen. Interessant ist, dass verschiedene Autorinnen und Autoren eine surreale Traumwelt entwarfen, die völlig introvertiert ist, überhaupt keinen Zusammenhang mit dem Standort mehr hat und anscheinend die Aufmerksamkeit der Gäste vollkommen unter Beschlag nehmen solle. Eigentlich müsste die Hotelleitung ihre Kundinnen und Kunden bitten, ihre Träume in den jeweiligen Zimmern – unter Garantie der Anonymität – niederzuschreiben. ■ Quellenangabe: www.prnewswire.co.uk, Arte y Cemento 23-2005 Etage 7 – Ron Arad Bauherrschaft: Hoteles Silken, ES-Barcelona Architektur: SGA Arquitectos, ES-Madrid, Ateliers Jean Nouvel, FR-Paris, u. a.