Reisekosten als Werbungskosten

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Reisekosten als Werbungskosten
Reisekosten bei beruflichen Auslandsgruppenreise und
Fortbildungsveranstaltung sind anteilig Werbungskosten
BFH gibt in zwei Urteilen Hinweise zum Aufteilungsmaßstab
Der große Senat des Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 21.09.2009 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG einer Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen
nicht entgegen steht. Grundsätzlich sind Aufwendungen für gemischt beruflich und privat
veranlasste Reisen in abziehbare Werbungskosten und nicht abziehbare Aufwendungen für
die private Lebensführung nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile
der Reise aufzuteilen, wenn die beruflichen Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Es kann aber auch ein anderer Aufteilungsmaßstab herangezogen
oder ganz von einer Aufteilung abgesehen werden, wenn die unterschiedliche Gewichtung
der Veranlassungstatbestände dies im Einzelfall erfordern. Hierzu hat der VI. Senat des BFH
in zwei Urteilen vom 21.04.2010 entschieden.
Im ersten Fall ging es um eine von einer Lehrervereinigung angebotenen und durchgeführten
achttägigen Studienreise einer Englischlehrerin nach Irland. Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts (FG), das noch auf das Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2
EStG beruhte und deswegen den Abzug als Werbungskosten versagte, auf. Da das FG allerdings keine Tatsachenfeststellung zum Aufteilungsmaßstab getroffen hatte, konnte der
BFH nicht selbst abschließend entscheiden und verwies die Sache an das FG zurück. Dabei
hat er in seinen Hinweisen an das FG klargestellt, dass zur Ermittlung des Veranlassungstatbestände bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise die vom Großen Senat entwickelten Abgrenzungsmerkmale weitergelten.
Voraussetzung für die berufliche Veranlassung einer solchen Gruppenreise ist also, dass
neben einer fachlichen Organisation das Programm auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse der Teilnehmer zugeschnitten und der Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartig
(homogen) ist. Der BFH führt weiter aus, dass es unschädlich ist, wenn die im beruflichen
Interesse gewonnenen Erkenntnisse auch im privaten Bereich angewendet werden können.
Auch dürfe die berufliche Veranlassung nicht mit der Begründung abgesprochen werden, bei
anderen Steuerpflichtigen seien solche Aufwendungen privater Natur. Somit sind die einzelnen Abschnitte und Veranstaltungen der Reise nach objektiven Maßstäben der beruflichen
bzw. privaten Sphäre zuzuordnen. Gemischte Aufwendungen sind somit nur noch solche für
die Beförderung, Unterbringung und Verpflegung. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab ist
das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile anzusetzen.
Der zweite Fall betraf eine ärztlichen Fortbildungsveranstaltung (Wochenkurs) eines angestellten Unfallchirurgen, die von der Ärztekammer für den Erwerb der Zusatzbezeichnung
„Sportmedizin“ anerkannt wurde. Hierzu musste an sportmedizinischen Kursen von insgesamt 120 Stunden teilgenommen werden. Das Programm beinhaltete Vorträge in der Frühe
und am Spätnachmittag sowie tagsüber Theorie und Praxis in verschiedenen Sportarten.
Das Finanzgericht hatte der Klage bereits teilweise stattgegeben und die Hälfte der Reisekosten als beruflich veranlasst zum Werbungskostenabzug zugelassen. Der BFH folgte der
Entscheidung des FG und bestätigte das Urteil. Allerdings gab der Senat in seiner Urteilsbegründung deutlich zu verstehen, dass er möglicherweise zu einem anderen Aufteilungsmaßstab gekommen wäre oder die Kosten auch in vollem Umfang als Werbungskosten zu berücksichtigen seien. Dies sei zum einen dann der Fall, wenn alle Maßnahmen der Veranstaltung, also auch die Ausübung „verbreiteter Sportarten“, beruflich veranlasst wären oder
auch, wenn der privat veranlasste Teil der Fortbildungsveranstaltung als von untergeordneter
Bedeutung (Zeitanteil von weniger als 10 % ) zu würdigen sei. Da das FG aber eine Aufteilung der Aufwendungen mit einzelner Begründung vorgenommen hatte, war der BFH insoweit an diese Feststellungen gebunden.
Sollten Steuerpflichtige Kosten für Reisen, die auch oder überwiegend der beruflichen Fortbildung dienen, als Werbungskosten geltend machen, so ist darauf zu achten, dass die erforderlichen Nachweise, wie z.B. das Fachprogramm mit Stundenangaben, Teilnahmebescheinigungen etc. vorliegen. Die Nachweispflichtig liegt hier beim Steuerpflichtigen. Auch
sollte im Streitfall darauf geachtet werden, dass ein sachgerechter Aufteilungsmaßstab bereits im Rechtsbehelfs- bzw. Klageverfahren vorgetragen und begründet wird.

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