Neue multivariate Prozessbeurteilung - QZ
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Neue multivariate Prozessbeurteilung - QZ
MESSEN UND PRÜFEN Fähigkeitsnachweise TO L E R A N Z Z O N E N M O D E L L I E RU N G M AC H T P RO Z E S S E F Ä H I G Neue multivariate Prozessbeurteilung Christian Beck, Chemnitz, und Jochen Ester, Limbach-Oberfrohna Die klassischen Prozessfähigkeitskenngrößen sind ungeeignet, wenn mehrere Qualitätsmerkmale und ihre Wechselbeziehungen – wie unter anderem bei der Maximum-MaterialBedingung – gleichzeitig betrachtet werden müssen. Mit der Modellierung des multivariaten Toleranzgebiets und einem neuen statistischen Bewertungsansatz lässt sich dieses Problem lösen. Dies bringt wirtschaftliche Vorteile in der Teile- ie zuverlässige Erfüllung der Funktionseigenschaften der Bauteile und -gruppen wird wesentlich bestimmt vom komplexen Zusammenwirken der funktionsbestimmenden Geometrieelemente. Demzufolge werden an Bauteilen von Fahrzeugen, Maschinen usw. zur Gewährleistung der Funktionseigenschaften – einschließlich der Fügbarkeit in der Montage – Maß-, Form und Lagetoleranzen angegeben, die D in den Fertigungsprozessen unter Beachtung ihrer Wechselbeziehungen prozesssicher eingehalten werden müssen. Von Bedeutung ist dabei die Maximum-Material-Bedingung (maximum material requirement – MMR), die vom Konstrukteur bei der Bemaßung und Tolerierung angewendet werden kann [1, 2]. Sie besagt, dass Form- und Lagetoleranzen für Achsen und Mittelebenen in Abhängigkeit von der Ausnutzung der mit diesen Toleranzen in Verbindung stehenden Maßtoleranzen vergrößert werden können, ohne dass die Fügbarkeit des Teils mit einem Gegenstück beeinträchtigt wird. Eine mögliche Toleranzvergrößerung erleichtert die Fertigung. Die Kennzeichnung der MMR in den technischen Dokumentationen erfolgt mit dem Symbol hinter dem Zahlenwert der betreffenden maßabhängigen Form- oder Lagetoleranz oder dem Bezug © Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 55 (2010) 9 Fotos: BMW AG; 123rf – Montage: QZ fertigung und Montage. © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 56 © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv A ø 0,2 M A M D2 ø 18 ± 0,2 D1 ø 20 ± 0,3 © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit Bild 1. Maßabhängige Positionstolerierung an einem Bolzen © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern Fähigkeitsnachweise = Position 0,5 - 0,3 0,2 - 0,2 0,1 0,3 0_ Sollpunkt DD2 DD1 Bild 2. 3D-Toleranzgebiet für das Merkmalsmuster „maßabhängige Positionstolerierung“ mit Messwerttupeln beziehungsweise hinter beiden. Bild 1 zeigt beispielsweise ein derartiges Merkmalsmuster, bestehend aus tolerierten Durchmessermaßen sowie der Positionstoleranz für die Achse des größeren Bolzenzylinders. Der Bolzen soll mit einem Gegenstück gefügt werden. Multivariater Toleranzraum – Probleme und Möglichkeiten Falls der Konstrukteur das Unabhängigkeitsprinzip [3] für die tolerierten Merkmale – in der Zeichnung ohne Angabe der Symbole – gewählt hat, gilt die Hüllbedingung, und es müssten sowohl die Durchmesserabweichungen vom Sollwert als auch die Positionsabweichungen innerhalb ihrer eigenen univariaten Toleranzzonen (–0,3 „DD1 „0,3 mm / –0,2 „DD „0,2 mm / Positionsabweichung 2 „0,1 mm) liegen. In Bild 2 ist das der untere flache Quader bis zur Höhe 0,1 mm. Bei Nutzung der Maximum-Material-BeQZ Jahrgang 55 (2010) 9 dingung, beispielsweise mit der Angabe des Symbols hinter dem Zahlenwert der Positionstoleranz und hinter dem Bezugsbuchstaben A (Bild 1), ist die angegebene durchmesserbezogene Positionstoleranz maßabhängig und wie folgt zu interpretieren: Wenn die Istdurchmesser D1 und D2 in der Fertigung unter Einschluss der Messunsicherheit im Grenzfall an ihren zulässigen Höchstmaßen (maximum material size) liegen, darf die größte zulässige Positionsabweichung der tolerierten Achse von der Bezugsachse A 0,1 mm betragen. In dem Fall, dass die Istmaße von D1 und D2 an ihren Mindestmaßen liegen, darf die Positionstoleranz um die radial nicht ausgenutzten Maßtoleranzen auf 0,6 mm vergrößert werden, ohne dass die Fügbarkeit des Bolzens beeinträchtigt wird. Damit ergibt sich das dreidimensionale Toleranzgebiet (Bild 2 mit Abweichungstupeln als Beispiel), das nach oben ¹ MESSEN UND PRÜFEN Fähigkeitsnachweise D2 β − BS 0 19,500 Mittelwert: 19,854 Stand. abw.: 0,067 Schiefe: -0,134 Exzess: -0,304 20,500 Cm=1,49 Cmk=0,77 Pos β − BS 0,240 0 17,500 0 0,000 18,500 Mittelwert: Stand. abw.: Schiefe: Exzess: 17,908 0,040 0,411 -0,112 Cm=1,66 β − BS 0,180 0,500 Mittelwert: Stand. abw.: Schiefe: Exzess: Cmk=0,90 0,198 0,039 0,103 -0,542 Cm=0,43 Cmk= -0,84 © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit D1 0,240 Bild 3. Univariate statistische Auswertung der Merkmalswerte des Bolzens aus Bild 1 und univariate Fähigkeitskenngrößen durch die schräg liegende Ebene begrenzt ist. „Klassische“ Prozessfähigkeitskenngrößen versagen Die im Rahmen der Maschinen- und Prozessqualifikation zu ermittelnden Fähigkeitskenngrößen [4, 5, 6] besitzen derzeit einen hohen Stellenwert im Qualitätsmanagement der Automobilhersteller- und Zulieferindustrie und bei der Abnahme von Maschinen. Die Vorgehensweise bei der Ermittlung der Maschinen- und Prozessfähigkeitskenngrößen unterscheidet zwischen Fähigkeitskenngrößen für die Maschinenfähigkeit (Kurzzeitprozessfähigkeit) Cm, Cmk, der Prozessleistung PP, PPK und der Langzeitprozessfähigkeit CP, CPK. Unterschiede bestehen unter anderem in den für die Schätzung der Erwartungswerte und Streuung der Merkmalswerte zugrunde gelegten Stichprobenumfängen und Schätzverfahren, deren Schärfe sowie in den Randbedingungen. Diese statistischen Prozessfähigkeitskenngrößen, die immer paarweise betrachtet werden müssen, besitzen Unzulänglichkeiten, und sie versagen gänzlich, wenn die Qualitätsfähigkeit von Herstell- 1. Schritt Modellierung des multivariaten Toleranzbereichs prozessen bei Produkten mit mehreren funktionsbestimmenden und in Wechselbeziehung stehenden Qualitätsmerkmalen zu beurteilen ist. Grundsätzliche Arbeitsschritte zu ihrer Berechnung sind die Stichprobenentnahme aus dem zu untersuchenden Prozess sowie die statistische Auswertung im univariaten Merkmalsraum mit Schätzung des Mittelwerts und der Standardabweichung, meist unter Annahme einer Normalverteilung. Anschließend erfolgt eine deterministische Bewertung der ermittelten statistischen Parameter durch Vergleich des geschätzten 6s-Streubereichs mit den Toleranzgrenzen beziehungsweise bei Ermittlung der kritischen Fähigkeitskenngrößen zur Kennzeichnung der Lage der Verteilung durch Vergleich des geschätzten Erwartungswerts mit den Toleranzgrenzen. Daraus folgt, dass alle bei der Parameterschätzung und bei Abweichungen von der hypothetischen Verteilungsfunktion auftretenden Fehler ungefiltert in die Kenngrößenberechnung eingehen. Bei nichtnormalverteilten Merkmalswerten stützt man sich auf den Vergleich des 6s-Bereichs der Normalverteilung mit dem dazu adäquaten Bereich der vorliegenden Verteilung, in dem sich 2. Schritt Stichprobenentnahme aus dem Prozess 3. Schritt 99,73 % aller Werte der Gesamtheit befinden. Man verwendet zur Berechnung der Prozessfähigkeitskenngrößen die Percentile (p(X<xU) = F(xU) = 0,135 %, p(X<xO) = F(xO) „99,865 %) der vorliegenden Verteilung. Festgelegt wurde als Mindestforderung, dass zum Beispiel eine Werkzeugmaschine „fähig“ ist, wenn aus 50 Stichprobenwerten die Schätzwerte Cm und Cmk ‰ 1,67 sind. Das bedeutet eine Toleranzeinschränkung um 40 % (s „T/10) bei normalverteilten Messwerten. Bild 3 zeigt die statistische Auswertung einer Stichprobe von 50 Messwerten der beiden Durchmesser und der Positionsabweichungen des Bolzens aus Bild 1. Die univariaten Fähigkeitskenngrößen zeigen, dass die untersuchte Maschine nicht qualitätsfähig ist. Die Verteilung der Positionsabweichungen liegt sogar außerhalb der Positionstoleranz. Diese univariate Beurteilung des Merkmalsmusters ohne Beachtung von MMR entspricht nicht der Realität, weil die Funktionseigenschaft „Fügbarkeit“ der Bolzen trotzdem in hohem Maße gewährleistet ist. Die Frage zu Fertigungsbeginn lautet deshalb: Ist die betreffende Maschine in der Lage, sowohl die beiden Ist-Durchmesser als auch die Positionsabweichun- 4. Schritt exemplarische Bewertung der Messwerte im Toleranzbereich 5. Schritt Schätzung der Verteilungsfunktion Bild 4. Multivariate Prozessbewertung – Vorgehensweise © Carl Hanser Verlag, München Berechnung einer univariaten Prozessfähigkeit angewendet auf die univariate Bewertung © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 58 QZ Jahrgang 55 (2010) 9 Fähigkeitsnachweise MESSEN UND PRÜFEN Bild 5. Beispiel für ein modelliertes zweidimensionales Toleranzgebiet mit eingezeichneten Niveaulinien der Bewertungsfunktion B Autoren B = 0,6 B = 0,5 Doz. Dr.-Ing. habil. Christian Beck (†), geb. 1943, ist seit 1992 Leiter Fertigungsmesstechnik und Forschung der TEQ Training & Consulting GmbH, Weinheim (vorher: TEQ GmbH, Chemnitz). Prof. Dr.-Ing. habil. Jochen Ester, geb. 1945, ist freiberuflicher wissenschaftlichtechnischer Unternehmensberater. 0,1 X2 0,0 -0,1 gen unter Beachtung der Wechselbeziehungen und der Funktion toleranzhaltig zu fertigen? Muss die Qualitätsfähigkeit eines Prozesses oder der Maschine bei mehreren Merkmalen eines funktionsorientierten Merkmalsmusters eingeschätzt werden, sind die bisherigen statistischen Fähigkeitskenngrößen ungeeignet – wie das Beispiel zeigt. Geht man vom Grundgedanken ihrer Berechnung auch im multivariaten Fall aus, muss, so wie in QZ Jahrgang 55 (2010) 9 0,0 0,1 X1 © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit Kontakt -0,1 © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 59 [7, 8], eine mehrdimensionale Normalverteilung mit zu schätzender Kovarianzmatrix angenommen werden, um zu entsprechenden Fähigkeitskoeffizienten zu gelangen. Außerdem wird dabei der Toleranzkubus in einen Toleranzellipsoiden überführt, was nur in Sonderfällen der angestrebten Funktion des Bauteils angemessen ist. Diese Überführung wiederum schränkt das Toleranzgebiet mit wachsender Zahl der Merkmale immer stärker ein. Prof. Dr.-Ing. habil. Jochen Ester [email protected] www.qm-infocenter.de Diesen Beitrag finden Sie online unter der Dokumentennummer: QZ110257 Beispielsweise bleiben davon bei drei Merkmalen nur noch 52,36 % – bei fünf lediglich 16,45 % übrig. Die Berechnungen sind unübersichtlich und werden vom Praktiker kaum verstanden. Wendet man die in [7] vorgeschlagene Methode zur Berechnung einer multivariaten Prozessfähigkeit auf das Beispiel mit den Bolzen an, ergibt sich eine kritische Fähigkeitskennzahl Cmk = –0,6. Die Nachteile der bekannten statistischen Verfahren zur Prozessbeurtei¹ MESSEN UND PRÜFEN Fähigkeitsnachweise © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 60 Literatur 1 DIN EN ISO 2692: 2007-04, Geometrische Produktspezifikation (GPS), Formund Lagetolerierung, Maximum-Material-Bedingung (MMR), Minimum-Material-Bedingung (LMR) und Reziprozitätsbedingung (RPR) 2 Trumpold, H.; Beck, C.; Richter, G.:Toleranzsysteme und Toleranzdesign. Qualität im Austauschbau. Carl Hanser Verlag, München, Wien 1997 3 DIN ISO 8015: 1986-06, Technische Zeichnungen; Tolerierungsgrundsatz 4 DIN ISO 21747: 2007, Statistische Verfahren – Prozessleistungs- und Prozessfähigkeitskenngrößen für kontinuierliche Qualitätsmerkmale 5 VDMA 8669:2001-01, Fähigkeitsuntersuchung zur Abnahme spanender Werkzeugmaschinen. Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V., 2001 6 Dietrich, E.; Schulze, A.: Statistische Verfahren zur Maschinen- und Prozeßqualifikation. Carl Hanser Verlag, München, Wien 2006 7 DIN 55319-2:2007 (Entwurf), Statistische Verfahren – Teil 2: Qualitätsfähigkeitskenngrößen zur Beurteilung von Prozessen bei multivariat normalverteilten Merkmalswerten (siehe dazu auch ISO/CD 22514-6:2009). 8 Reinert,U.; Klär, P.: Besser zweidimensional. Prozessindizes zur Zuverlässigkeitssicherung in der Entwicklung. Qualität und Zuverlässigkeit QZ 45 (2000) 2, Carl Hanser Verlag, München, S. 200-203 9 Jahn, W.: Prozesse sensibler steuern. Qualität und Zuverlässigkeit QZ 42 (1997) 4, Carl Hanser Verlag, München, S. 440-448 10 Ester,J.: Systemanalyse und mehrkriterielle Entscheidung. Verlag Technik, Berlin 1986 11 Zadeh, L.: Fuzzy Sets. Inform. and Control 8 (1965), S. 338-353 12 Beck, C.; Ester., J.: Mehrkriterielle Fähigkeitsbewertung. OR Spektrum (1998) 20, Springer Verlag, S. 179-187 13 Kühl, B.: Zur Theorie und Anwendung nicht-Gaussscher stochastischer Vorgänge. Dissertation, TU Hannover, Fakultät für Maschinenwesen, 1970 B = 0,6 B = 0,5 DD1 = 0 DD2 = 0 0,1 0,1 0,0 0,0 0,0 -0,3 0,3 -0,2 DD1 0,0 0,2 DD 2 B=Bewertung 0,2 1 =0 =0 DD1 = 0 DD2 -0,2 0 -0,3 0,0 0,3 DD1 -0,2 0,0 0,2 DD2 © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit Bild 6. Grafische Darstellung des modellierten 3D-Toleranzgebiets (Beispiel Bild 1) für das Merkmalsmuster „maßabhängige Positionstolerierung“ in den Merkmalsebenen mit Messwertcluster lung sowie die möglichen Wechselbeziehungen zwischen Maß-, Form- und Lagetoleranzen und auch die von der Merkmalsgeometrie selbst bestimmten Formen der Toleranzgebiete führen zu der Überlegung, ob im Fall einer multivariaten Prozessbeurteilung eine Modellierung des Toleranzgebiets und eine neue multivariate Bewertungsmethode zweckmäßiger wären. Schritte zur multivariaten Prozessbewertung Mit dem Ziel einer differenzierten Bewertung von Maschinen und Fertigungsprozessen aus Sicht der Realisierung von funktionsbestimmenden Merkmalsmustern und von merkmalsabhängig geformten Toleranzgebieten, wie zum Beispiel bei Hyperellipsoiden in [7], wurde das Prinzip der multivariaten Bewertung entwickelt. Die Vorgehensweise vereinigt in sich Methoden der mehrkriteriellen Entscheidung [10], der Fuzzy Sets [11] und der Statistik [13], ist in Anwendersoftware umgesetzt und in ihren Grundzügen bereits in [12] beschrieben. Im 1. Schritt erfolgt die Modellierung des multivariaten Toleranzbereichs (Bild 2) unter Beachtung der Zusammenhänge zwischen den Merkmalen, deren funktionsoptimalen Sollwerten und den genormten Toleranzzonen. Die Grundlage für die Modellierung des Toleranzbereichs bildet die Aisermann´sche Potenzialfunktion [12] als Bewertungsfunktion. Die Zugehörigkeit jedes Messpunkts zum Toleranzbereich und seine Abweichung vom funktionsoptimalen Sollwert werden im Schritt 3 anhand einer Bewertungszahl B beurteilt. Die repräsentative Stichprobenentnahme (Schritt 2) aus dem laufenden Prozess erfolgt, indem in Fertigungsfolge nacheinander n Bauteile entnommen und mit „fähigen“ Messsystemen die Messwerte für die Abweichungen bereitgestellt werden. Im Beispiel wurden 50 Bolzen in Fertigungsfolge gemessen, um die multivariate Maschinenfähigkeit bewerten zu können. Lage und Verstreutheit der gemessenen Abweichungstupel im Toleranzraum zeigt Bild 6. Der innovative Schritt 3 im Zusammenhang mit Schritt 1 ist die exemplarische Bewertung der Abweichungstupel im Toleranzgebiet. Die jedem Abweichungstupel zugeordnete Bewertungszahl B stellt eine Zufallszahl dar. Durch eine einheitliche Transformation der Toleranzgrenzen auf den Wert B = 0,5 (rote © Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 55 (2010) 9 © 2010 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Niveaulinien in Bild 5 und 6) wird erreicht, dass alle im Toleranzgebiet liegenden Exemplare zwischen B = 0,5 und B = 1 bewertet werden, wobei B = 1 Übereinstimmung mit den Sollwerten bedeutet. Der Wert B geht gegen null, falls das Abweichungstupel immer weiter außerhalb des Toleranzgebiets liegt. Mithilfe der Häufigkeitsverteilung der Zufallsgröße B kann im Schritt 4 eine statistische univariate Verteilungsfunktion für B geschätzt werden. Zur Schätzung der Verteilung und Berechnung einer Fähigkeitskennzahl wird eine Methodik verwendet, die prinzipiell auch bei nichtnor- relative Häufigkeit Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern Fähigkeitsnachweise festgelegt, ist es möglich, im Schritt 5 einen Fähigkeitsindex Cmk/Pearson beziehungsweise Cpk/Pearson, der nicht auf einer Normalverteilung beruht, zu berechnen. B ist einseitig nach unten toleriert mit dem unteren Grenzwert 1/2. In Bild 7 ist das Ergebnis dieser Vorgehensweise für das Beispiel dargestellt. Der zu erwartende Anteil nicht zu fügender Bolzen beträgt circa 1,6 %. Vergleicht man das mit den univariaten Fähigkeitskenngrößen und der multivariaten nach [7], die die völlige „Unfähigkeit“ des Fertigungsprozesses nachweisen, so zeigt das deutlich die Dichte 0,396 0,300 β − BS σ µ C mk/Pearson : 0,80208 0 0 © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit 1/2 1 B = Bewertungsindex Bild 7. Dichtefunktion von B im Beispiel (beidseitig begrenzte b-Verteilung) malverteilten Zufallsgrößen eingesetzt werden kann. Die Erweiterung auf eine nichtnormalverteilte Zufallsgröße B ist erforderlich, da über die Abbildung B(— x ) des mehrdimensionalen Toleranzraums in einen eindimensionalen Bewertungsraum die Bewertung dort meist nicht normalverteilt sein wird. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, Verteilungen vom Pearson-Typ zu schätzen [13]. Damit können insgesamt fünf Grundtypen für Verteilungen unterschieden werden, darunter die b-Verteilung, die c-Verteilung und die Normalverteilung. Ist der Verteilungstyp bestimmt und durch die geschätzten Momente erster bis vierter Ordnung die Verteilungsdichte fPearsontyp (B), im Bild 7 für das Beispiel, QZ Jahrgang 55 (2010) 9 realistischeren Ergebnisse, die mithilfe des MMR-Prinzips und der Modellierung des multivariaten Toleranzbereichs mit anschließender univariater statistischer Auswertung erzielt werden können. Durch die Verwendung der Pearson-Verteilung und der Percentile der adäquaten Normalverteilung ist gewährleistet, dass bei einem Fähigkeitsindex von Cmk/Pearson = 1,67 beziehungsweise Cpk/ Pearson = 1,33 die gleichen Anteile von Toleranzunterschreitungen zu erwarten sind, wie wenn eine Normalverteilung vorläge. Der Fähigkeitsindex Cmk/Pearson = 0,8 zeigt allerdings, dass im Beispiel Verbesserungen der Maschineneinstellungen notwendig wären, um die oben genannten Forderungen zu erreichen. l A-Qualität kommt nicht von ungefähr: Mit dem richtigen Antrieb liefern Sie erstklassige Bauteile – und verbessern dadurch Ihre Marktposition. Was aber befördert Ihren Absatz? Prüftechnik, die exakt, flexibel und kostengünstig misst. Und ein Messtechnik-Dienstleister, der mahrgenau den Service bietet, den Sie brauchen. Wir von Mahr sorgen dafür, dass Messen und Prüfen auch für Sie ein Nano-Präzisions-Genuss wird! www.mahr.com