Menschenrechte auf Welttournee

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Menschenrechte auf Welttournee
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MENSCHENRECHTE AUF WELTTOURNEE
»Human Rights Now!« Unter diesem Motto tourten Bruce Springsteen, Tracy Chapman
und viele andere 1988 um die Welt. Bis heute ist Musik ein wichtiges Mittel, um
Menschen für Amnesty zu mobilisieren.
2. September 1988. Die Zuschauer im Londoner Wembley-Stadion sind schon längst
durchgeschwitzt. Der Grund: ein fast sechsstündiges Konzert mit Bruce Springsteen,
Sting, Peter Gabriel, Tracy Chapman und Youssou N’Dour. Den letzten Song, »Chimes of
Freedom« von Bob Dylan, spielen die Künstler gemeinsam.
Es ist die Auftaktveranstaltung der »Human Rights Now!«-Tour von Amnesty
International. In den folgenden sechs Wochen geben die Musiker 19 Konzerte in 14
Ländern auf vier Kontinenten. Anlass ist der 40. Geburtstag der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte und der Wunsch, die Arbeit von Amnesty weltweit in den Fokus zu
rücken. Ein Wunsch, der in Erfüllung geht: Mehr als eine Million Menschen besuchen
die Konzerte, knapp eine Milliarde Zuschauer verfolgen die Übertragungen vor den
Bildschirmen.
In Deutschland und anderen Ländern sehen viele Zuschauer eine Dokumentation der
Tournee, die am 10. Dezember 1988 im Fernsehen ausgestrahlt wird. Zur gleichen Zeit
sitzen fünf Amnesty-Mitarbeiter in ihren Büros in Bonn vor knapp 20
Wahlscheibentelefonen. Als die Amnesty-Durchwahl über den Bildschirm flimmert,
greifen hunderte Fernsehzuschauer zum Telefonhörer, um sich über die Arbeit der
Organisation zu informieren. »Vom Konzert haben wir überhaupt nichts mehr
mitbekommen. Die Telefone haben sprichwörtlich im Sekundentakt geklingelt«, sagt
Jupp Regnery, der schon seit 1985 bei Amnesty arbeitet. »Dass sich so viele Menschen
melden würden, damit hatten wir nicht gerechnet. Wir waren begeistert!«
Bereits die US-Konzertreihe »Conspiracy of Hope« von Amnesty im Jahr 1986 hatte
gezeigt, dass Musik und Menschenrechte gut harmonieren. Doch »Human Rights Now!«
war eine andere Größenordnung. Die Musiker gaben Konzerte in Ländern wie Indien,
Simbabwe und der Elfenbeinküste, etliche Gastmusiker wie Joan Baez, Ravi Shankar
und Pat Metheny unterstützten die Tour.
Das Mega-Projekt hatte jedoch seinen Preis. Die Vorbereitungen wurden begleitet von
zahlreichen Diskussionen und Interessenskonflikten. Weil die Tour vom Schuhhersteller
»Reebok« gesponsert wurde, lehnte die deutsche Sektion ein Konzert in Deutschland ab.
Auch sorgte sich Amnesty um die politische Botschaft der Tour: War westliche
Rockmusik überhaupt dazu geeignet, um in Delhi oder Abidjan für Menschenrechte zu
werben? Und was durften die Künstler sagen, wenn sie im kommunistischen Ungarn auf
der Bühne standen? Die Befürchtungen erwiesen sich als unbegründet. Amnesty konnte
Seit 50 Jahren leisten gewöhnliche Menschen Außergewöhnliches. Amnesty International, die größte Menschenrechtsorganisation der Welt,
kämpft gegen Unterdrückung, Gewalt und Folter. Zum 50jährigen Jubiläum lädt Amnesty zum Mitmachen ein. So heißt es am 28. Mai und am
10. Dezember 2011 in Berlin und das ganze Jahr bei etwa 200 Veranstaltungen bundesweit: Sei dabei. Mit Deiner Unterschrift. Deiner Spende.
Deinem Einsatz. www.50Jahre.amnesty.de
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während der Tour rund 2.750.000 Unterschriften in 120 Ländern sammeln. Die Zahl
der weltweiten Unterstützer stieg in den folgenden zwei Jahren um mehr als ein Drittel.
Seitdem gab es viele Kooperationen mit namhaften Musikern. Die traditionelle
Konzertreihe »The Secret Policeman’s Ball« oder der Sampler »Make some Noise« aus
dem Jahr 2007 sind nur einige Beispiele. Ein großer Erfolg war auch die 360°-Tour der
irischen Band U2 von 2009 bis 2011. Amnesty-Mitglieder begleiteten die Konzerte,
machten auf die Kampagne »Mit Menschenrechten gegen Armut« aufmerksam und
stellten die Arbeit der Organisation vor.
So zum Beispiel bei einem Konzert in Hannover im August 2010, als U2 das Lied »Walk
On« der Oppositionspolitikerin Aung San Suu Kyi aus Myanmar widmete. Während die
Band spielte, kamen 40 Amnesty-Aktivisten mit Laternen auf die Bühne. Sänger Bono
rief in die Zuschauermenge: »Amnesty International – keep up the campaign«. Es gab
jedoch auch ernüchternde Momente auf der Tour. Vor dem Konzert in Moskau – U2 hatte
zuvor noch nie in der russischen Hauptstadt gespielt – wurden fünf Amnesty-Aktivisten
vorübergehend festgenommen, weil sie Unterschriften sammelten.
Amnesty profitiert jedoch nicht nur von der Prominenz der Musiker, sondern unterstützt
auch verfolgte Künstler, wie zum Beispiel Igor Koktisch. Weil der belarussische Musiker
in seinen Liedern Präsident Lukaschenko kritisierte, wurde er verfolgt und musste
schließlich seine Heimat verlassen. Auf Drängen der belarussischen Behörden wurde er
in der Ukraine verhaftet. Zweieinhalb Jahre lang saß er im Gefängnis und musste
befürchten, nach Belarus ausgeliefert zu werden, wo ihm wegen einer offenbar
konstruierten Mordanklage Folter und die Todesstrafe drohten.
Amnesty startete eine Eilaktion für ihn. Am 10. Dezember 2009 untersagte der
Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Abschiebung nach Belarus. Zwei
Monate später wurde er freigelassen.