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DIE SAMMLUNG FRIEDEL DRAUTZBURG BEUYS UECKER VOSTELL STAECK ZERO Kunst & Politik UEBER 40 KUENSTLER UND 150 WERKE 10. AUGUST 2014 BIS 31. JANUAR 2015 wohlfein edition BILDER UND WORTE A WITTLICH U S R ST U E N L D LU G A N N G G S- GALERIE IM ALTEN RATHAUS FÜHRUNGEN finden jeden Freitag um 17:30 Uhr statt, mehrmals mit dem Sammler Friedel Drautzburg persönlich. RAHMENPROGRAMM zur Ausstellung (Auszug) > Lars Brandt im Gespräch mit dem Sammler und dem Künstler Detlef Waschkau zu den Portraits von Willy Brandt > Rafael Vostell zur Kunst seines Vaters →Wolf Vostell > Kai Uwe Schlüter über das Buch „Günter Grass auf Tour mit Willy Brandt“, an der auch Friedel Drautzburg beteiligt war. > Klaus Henning Rosen (Ex-Büroleiter von Willy Brandt und Leiter des Willy Brandt-Forums Unkel): Zum Willy Brandt-Portrait von →Georg Meistermann und dessen Vita > Elke Scheid im Gespräch mit dem Künstler →Tony Munzlinger und dem Sammler Drautzburg. > Exkursion nach Berlin (per Bus) für Kunstfreunde mit Kurator Dr. Richard Hüttel und Friedel Drautzburg und umfangreichem Rahmenprogramm: U.a. Mauermahnmale von Ben Wagin, Andachtsraum im Reichstag von Günther Uecker, Akademie der Künste, Museen, Theater und Musik. Portrait des Sammlers Friedel Drautzburg, 2013 von Armin Müller-Stahl Termine siehe: www.kulturamt.wittlich.de und www.sammlung-drautzburg.de DER KATALOG ZUR SAMMLUNG DRAUTZBURG erscheint im Dezember 2014. Gerne informieren wir Sie über unsere Veranstaltungen und Neuigkeiten rund um die Sammlung Drautzburg. Außerdem möchte Sammler Friedel Drautzburg mit Ihnen kommunizieren, Ihre Meinung erfahren! Hinterlassen Sie Ihre Visitenkarte bitte am Ausgang der Galerie und/oder schreiben Sie uns auf Facebook oder senden Sie uns Ihre Kontaktdaten, Ihren Kommentar an: [email protected] ALLE INFOS AUF www.sammlung-drautzburg.de ab 1. September online Impressum: Herausgegeben im Rahmen der Ausstellung in der Galerie Altes Rathaus in Wittlich Kurator: Dr. Richard Hüttel Organisation: Elke Scheid 2 | Gestaltung: Volker Schwennen Scans: Helmut Thewalt Texte, Recherche: F. Drautzburg, V. Schwennen © 2014 Friedel Drautzburg und Wohlfein Verlag Mit der Sammlung Friedel Drautzburg (Berlin) werden in Wittlich Kunstwerke gezeigt, die auf facettenreiche Weise die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland spiegeln. Beuys und Vostell oder Staeck und Uecker zum Beispiel, so vielfältig in ihren Persönlichkeiten, waren und sind im Kern politische Künstler. Mit ihren Werken wollten sie die Welt der Ästhetik und Gesellschaft neu vermessen. Die Kunst als Kommunikation, Ausstieg aus dem Bild, erweiterter Kunstbegriff, Protest, Revolte, Provokation – das waren verbreitete Schlagworte in den Jahren um 1968. Tatsächlich veränderten sich damals das Land und seine Kunst außerordentlich stark. Zero, Happening, Informel, PopArt, Performance, Fluxus sind nur einige Begriffe, die in der deutschen Kunstgeschichte nach 1945 zu lebhaften Auseinandersetzungen in der Kunst führten. | 3 „Kunst war immer politisch. Jedenfalls, seit sie den Ruch der bloßen Kunstfertigkeit hinter sich gelassen hatte. Sie ist schon deshalb politisch, weil sie trotz mal stärker, mal schwächer ausgeprägten Bezügen zur sicht- und erfahrbaren Realität eine andere Wirklichkeit verkörpert und vergegenwärtigt. Insofern birgt Kunst unweigerlich ein Potenzial, das Veränderung signalisiert, gemessen am Zustand des ‚Es ist so‘ der Erfahrung.“, so der Kunstkritiker Prof. Klaus Honnef in seinem Beitrag zum Katalog der Sammlung Drautzburg, der Ende 2014 erscheinen wird und auch den nicht gezeigten Teil der Sammlung abbildet. Eröffnet wurde die Ausstellung „Kunst+Politik“ offiziell von Wittlichs Bürgermeister Joachim Rodenkirch und dem Künstler und heutigen Präsidenten der Akademie der Künste Berlin →Klaus Staeck sowie dem Kunsthistoriker und Kurator der Ausstellung Dr. Richard Hüttel. Hunderte von Besuchern kamen zur Eröffnung, die kurzerhand wegen drohender Überfüllung von der Koordinatorin Elke Scheid auf den Marktplatz verlegt wurde. Für ein ergreifendes musikalisches Erlebnis sorgte die Musikerin Anne Kaftan.Viele Besucher wünschten sich, diese Musik noch einmal hören zu können. Jetzt ist geplant, dass die Musikerin Kaftan ein erweitertes Programm zur Katalog-Erscheinung auf CD aufnimmt, die dem Katalog beigelegt wird. Vor dem Hintergrund der besorgniserregenden geopolitischen Situation sagte Klaus Staeck: „Dies ist eine gefährliche Zeit mit so vielen Brandherden und so viel Ratlosigkeit.“ Demokratie bedeute immer viel Arbeit und so warnte er vor schwindender politischer Beteiligung: „Demokratie kommt nicht von alleine, auch die Bürger sind gefragt.“ 4 | Kurator Dr. Richard Hüttel gliederte die Ausstellung in drei Themenblöcke Den ersten bildet die neue Kunst, die sich in der Bundesrepublik Deutschland um das magische Jahr 1968 entwickelt. Die erste Generation junger Bürgerinnen und Bürger, die Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt hatte, war erwachsen geworden und wehrte sich gegen die verkrusteten Strukturen der Adenauerrepublik. Studenten wollten „unter den Talaren den Muff von tausend Jahren“ nicht mehr akzeptieren, und der erste sozialdemokratische Bundeskanzler Willy Brandt wollte schließlich „mehr Demokratie wagen“. Sowjetische Soldaten besetzten Prag und die US-Amerikaner kämpften einen grausamen Krieg in Vietnam. Dieser neue Zeitgeist spiegelte sich in Literatur, Musik und Kunst wieder. Autoren und Künstler wurden politisch, griffen in die Politik ein und antworteten ihr in ihren Werken. Die Kunst wurde kritisch und provokativ, verwirrend und aggressiv. Beuys und Vostell oder Staeck und Uecker zum Beispiel, so vielfältig in ihren Persönlichkeiten, waren und sind im Kern politische Künstler. Mit ihren Werken wollten sie die Welt der Ästhetik und Gesellschaft neu vermessen. Die Kunst als Kommunikation, Ausstieg aus dem Bild, erweiterter Kunstbegriff, Protest, Revolte, Provokation, das waren verbreitete Schlagworte in den Jahren um 1968. Tatsächlich veränderten sich damals das Land und seine Kunst außerordentlich stark. Zero, Happening, Pop Art, Performance, Fluxus sind nur einige Begriffe, die in der deutschen Kunstgeschichte nach 1945 zu lebhaften Auseinandersetzungen in der Kunst führten. Politische Kunst nach 1989 Ein weiteres prägendes Jahr für die deutsche Nachkriegsgeschichte stellt das Jahr 1989 dar, und die Kunst dieser Zeit bildet den zweiten Block in der Sammlung Friedel Drautzburg und der Wittlicher Ausstellung. 40 Jahre nach ihrer Gründung endete mit der Öffnung der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze am 9. November | 5 1989 quasi die Deutsche Demokratische Republik. Dieser welthistorische Umbruch, der Zerfall der DDR und meisten kommunistischen Systeme wurde von Künstlern wie Wolf Leo, Hans Martin Sewcz, Kirsten Klöckner, Ben Wagin, Detlef Waschkau u.a. aufgenommen und künstlerisch umgesetzt. Sie setzten sich neben anderem mit Themen wie zum Beispiel der Berliner Mauer, Kunst der DDR, Perestroika oder kommunistische Nomenklatura auseinander und verstören den Betrachter mit einer zur Kunst erhobenen Kalaschnikow (Wolf Leo). aufgrund seiner vielen Freundschaften und Bekanntschaften in der Kunst- und Politikszene Bonns zu wunderbaren individuell signierten Unikaten. 1997 erfolgt der Umzug nach Berlin. Das Lokal „Ständige Vertretung des Rheinlands“ (StaeV) öffnet am Schiffbauerdamm in Berlin-Mitte und wird Heimat für aus Bonn nach Berlin umgezogene Politiker, Journalisten und Künstler. Friedel Drautzburg besitzt bei Wittlich ein Ferienhaus und besucht seine Heimat regelmäßig, pflegt hier uralte Freundschaften aus Kinderzeiten. Diese Verbundenheit spiegelt sich im dritten Teil der Ausstellung, dem sogenannten „Drautzburg-Kabinett“ wieder. Hier strahlt eine frisch restaurierte Moselansicht von Wilhelm Terwei, beeindrucken ein Gemälde Georg Meistermanns neben einer Plastik von Hanns Scherl und einer etwas anzüglichen Bilderparade von Tony Munzlinger – Wittlich eben, bunt, widersprüchlich und liebenswert. (Text: R. Hüttel) Die Person Drautzburg Der dritte Teil der Ausstellung widmet sich der Person des Sammlers in Form seiner persönlichen Wittlich-Sammlung. Friedhelm „Friedel“ Drautzburg wurde 1938 in Wittlich geboren, besuchte das Cusanus-Gymnasium, studierte in Hamburg und Bonn, absolvierte sein juristisches Staatsexamen mit Prädikat, um ein Lokal in Bonn zu übernehmen und eine Galerie zu gründen. Die „Schumannklause“ war bald ein beliebter Treffpunkt für Journalisten und Politiker, in der Galerie „Argelander“ stellte Drautzburg vom Bonner Publikum kaum beachtet 1970 Günther Uecker (ZERO) aus. Heute ein Künstler von Weltruhm, dessen Werke unerschwinglich werden. Es folgen weitere Lokale und Ausstellungen. Drautzburg, vom Wittlicher Kunsterzieher Rudolph Schöfer sensibilisiert, fasziniert die zeitgenössische Kunst und er erwirbt Bilder und Objekte, kommt 6 | Eine gezeichnete „Anweisung“ Ueckers für dessen Ausstellung in Drautzburgs Galerie Argelander, 1968. | 7 ERSTE ETAGE 8 | → RICHTER AUFGANG → TREPPENAUFGANG → → → KABINETT DRAUTZBURG GANG LINKE SEITE → → RAUM A RAUM VI. POLITISCHE KUNST NACH 1989 → RAUM C Mit Werken von →Tony Munzlinger, →Fritz Winter, →Fred Thieler und →Georg Meistermann RAUM B RAUM V. GÜNTHER UECKER GANG RECHTE SEITE RAUM B Mit Werken von →Günter Grass sowie Portraits von Bundeskanzler Willy Brandt von →Armin Müller-Stahl, →Detlef Waschkau, →Luis Murschetz und →Konrad Rufus Müller. RAUM C HEINZ MACK, OTTO PIENE u.a. → RAUM A Mit Werken von →Kirsten Klöckner, →Persis Eisenbeis, →Hans Scherl, →Carl Nonn, →Joseph Becker, →Jacques Sehy, →Gertrude Degenhardt, →Armin Müller-Stahl, →Wilhelm Terwei und →Martin Noël. RAUM IV. ZERO → Schreiten Sie anschließend wieder die Treppe hinunter, sehen Sie ein Werk von →Timm Ulrichs mit dem Titel „Ich kann keine Kunst mehr sehen“: Wir empfehlen Ihnen jedoch noch einen Besuch im „Kabinett Drautzburg“ mit drei Räumen und weiteren Werken des Sammlers direkt gegenüber. RAUM III. JOSEPH BEUYS → Danach geht es auf dem Gang zurück: Rechts mit Fotografien von →Klaus Behr, →Robert Lebeck, →Camillo Fischer und →Konrad Rufus Müller, links mit Werken von →Christo, →Siegfried Neuenhausen, →Rafael Canogar und zum Schluss mit einem Bild des teuersten noch lebenden Malers →Gerhard Richter. RAUM II. KLAUS STAECK → Am Ende der Treppe beginnen wir den Rundgang zunächst mit dem Werk „Spiegelverformung KX-73“ (1974) von →Victor Bonato, begeben uns dann in den Raum I mit Werken von →Wolf Vostell. Von dort aus bewegen wir uns durch die weiteren Räume mit Werken von →Klaus Staeck (II.), →Joseph Beuys (III.), der Künstlergruppe ZERO (IV.), von →Günther Uecker (V.) und Raum VI. mit „Politischer Kunst nach 1989“. RAUM I. WOLF VOSTELL → Bereits am Treppenaufgang sehen Sie eine Fotografie des Wittlicher Fotografen Helmut Thewalt, der während des Aufbaus der Ausstellung den Sammler Friedel Drautzburg mit einem Selbstportrait →Ueckers („Windvogel“) auf Kunststofffolie aus dem Jahr 1969 zeigt. → EIN RUNDGANG DURCH DIE AUSSTELLUNG → EINGANG/ERDGESCHOSS | 9 RAUM I. WOLF VOSTELL (*1932 †1998) Vostell gilt als einer der Pioniere des Environment (einer Kunstart, die sich mit der Beziehung zwischen Objekt und Umgebung auseinandersetzt), der Videokunst, des Happening und der Fluxus-Bewegung. Was zählt war die schöpferische Idee - Techniken wie die Verwischung, die Décollage oder das Einbetonieren sind Kennzeichen seiner Werke. 1976 wurde in Spanien das „Museo Vostell Malpartida“ als Zentrum der internationalen Fluxus-Bewegung eröffnet. 1977 nahm er an der documenta 6 teil. Das Werk „Die Ferse“ stammt aus der Edition Drautzburg von 1972, die sich mit den Schüssen an der „Berliner Mauer“ befasst. „My Lai“ nimmt Bezug auf das Kriegsverbrechen US-amerikanischer Soldaten in Südvietnam: In dem Dorf My Lai wurde ein fürchterliches Massaker an 504 Vietnamesen von US-amerikanischen Soldaten verübt, welches von der US-Armee zunächst vertuscht, doch durch den Journalisten Seymour Hersh an die Öffentlichkeit gebracht wurde. Dafür erhielt dieser den Pulitzer-Preis und seitdem hatte er großen Einfluss auf die öffentliche Meinung zum Vietnamkrieg in den USA. Ebenfalls auf den Vietnamkrieg bezieht sich das Werk „Nur die“ unter Verwendung u.a. eines Fotos von Eddie Adams, der zufällig dabei war, als ein Vietcong von dem Polizeikommandanten in Saigon hingerichtet wurde. Das Bild „Treblinka“ hat ein Foto mit dem Titel „Vernichtungslager Treblinka. Mütter und Kinder auf dem Weg in die Gaskammer“ zur Grundlage. Die Kombination mit einer Wetterkarte soll zeigen, dass wir einem planmäßig betriebenen Massenmord ebenso ausgeliefert sind wie dem Wechsel des Wetters Treblinka, 1967, Grafik/Siebdruck und verweist somit auf die Gefahr einer Schuldverleugnung. Die nummerierte Auflage betrug aufgrund des erwarteten geringen Kaufinteresses nur 30 Exemplare und dokumentiert als kleines Detail die angeprangerten Verdrängungs- und Verleugnungswünsche. 10 | Das Bild „Starfighter I.“ spielt auf die politische Affäre um Verteidigungsminister Franz Josef Strauß an, der ohne Berücksichtigung der Einschätzung von Experten eine große Stückzahl an offensichtlich unausgereiften Kampfflugzeugen des Typs „In Dresden erreichte die TemperaStarfighter einkaufte. Viele tur des Asphalts über 1000 Grad“, 1970, Grafik/Siebdruck stürzten ab und entsprechend haben Künstler seinerzeit das Thema aufgegriffen und die Zahl und Schrecken der Unfälle in Form von Strichen auf Bierdeckeln gemalt. Auch Klaus Staeck bezieht sich im nächsten Raum darauf. Der „B 52“-Bomber war ein Nuklearwaffenträger, der im Vietnamkrieg für Flächenbombardements eingesetzt wurde, aber auch noch als Startplattform für Marschflugkörper im Zweiten Golfkrieg 1991 und Kosovokrieg 1999. Zuletzt wurde die B52 ab 2001 in Afghanistan und 2003 im Irak eingesetzt. Der Bomber soll noch bis 2040 im Einsatz bleiben. Das Bild „Rudi und Gretchen“ (mit „Rote Grütze“-Päckchen) entstand direkt nach dem Anschlag auf Rudi Dutschke 1979 und nach dem sog. „Pudding-Attentat“ auf US-Vize-Präsident Hubert Horatio Humphrey, einem Befürworter des Vietnamkriegs. Die Presse hatte die „Kommune I“ zu Attentätern hochstilisiert, als diese Tüten, gefüllt mit Pudding, Mehl und Farbstoff, auf Bäume warfen. Der „Betonierte Cadillac“ bezieht sich auf den immer stärker werdenden Verkehr in den Städten. Für Bürgerproteste sorgte beispielsweise die Aufstellung eines ebenfalls betonierten Cadillacs 1987 in Berlin, welcher aber noch immer zu besichtigen ist und auf Initiative von Sohn Rafael Vostell 2006 aufwendig restauriert wurde. Rafael Vostell ist im Rahmen der Ausstellung demnächst auch zu Gast in Wittlich, um über die Kunst seines Vaters zu sprechen. (siehe Seite 2) | 11 RAUM II. KLAUS STAECK (*1938) Staeck wurde Anfang der 70er Jahre durch seine satirische Auseinandersetzung mit der Politik bekannt. Sein Werk umfasst ca. 300 Plakate und zahlreiche Fotos, die in über 3.000 Ausstellungen präsentiert wurden. Er nahm u.a. an der documenta 5, 6 und 7 teil. 1965 gründete Staeck den Produzentenverlag „Edition Tangente“ (heute: „Edition Staeck“), die seit Ende der 1960er Jahre auch Auflagenobjekte (Multiples) von international anerkannten Künstlern herausgibt. So von →Joseph Beuys, mit dem er seit 1968 zusammenarbeitete, Panamarenko, Dieter Roth, Nam June Paik, →Wolf Vostell, →Günther Uecker (siehe auch Objekt „Schatten und Licht“ in Raum V.), Daniel Spoerri und vielen anderen. Seit 2006 ist er Präsident der Akademie der Künste Berlin. Er hielt die, daraufhin von der Presse vielzitierte, Eröffnungsrede zur aktuellen Ausstellung „Kunst+Politik“ in Wittlich. Für drei Wochen bis zum 31. August 2014 hat Staeck eine ungewöhnliche Ausstellung in Berlin: Auf 300 Litfaßsäulen im gesamten Stadtgebiet werden seine Plakate gezeigt. Klaus Staeck wurde wegen seiner provokanten Plakate und Postkarten oft verklagt, aber noch nie verurteilt. Einmal gerieten Staeck und Drautzburg gemeinsam in einen Rechtsstreit. Es ging um das Plakat „Olympische Spiele München 1972“, auf dem ein gekreuzigter Häftling unter dem Lachen der Folterer in Afrika gequält wurde. Galerist Drautzburg hatte eine Edition in Auftrag gegeben und Gegenstand der Klage gegen sie war jedoch nicht der politische Inhalt des Plakats, sondern die unerlaubte Nutzung des offiziellen Emblems des Olympischen Komitees. Um der angedrohten Strafe einer halben Million D-Mark zu entgehen, verzichteten sie besser auf die Nutzung des Logos und überklebten die Plakate an benannter Stelle sicherheitshalber mit einem roten Punkt. Das einzige Exemplar mit dem Logo, welches dem Gericht vorgelegt worden war, konnte jedoch zur Seite geschafft werden und ist in der Ausstellung zu sehen. Staeck und Drautzburg sind übrigens beide Juristen. Diese Tatsache soll hier nur darauf verweisen, dass die 68er 12 | Künstler oft neben ihrem Beruf und ihrer Berufung alles gleichzeitig waren: Galeristen, Künstler, Produzenten, Selbstvermarkter, Händler, Publizisten, Verleger... Die Arbeit „Vietnamesische Vegetation nach der Berührung mit US-Kultur“ korrespondiert gewissermaßen mit Vostells politischen Arbeiten zu Vietnam. Das Plakat „Wir sind für die Ostverträge, Herr Barzel! - Interessengemeinschaft des II. Weltkriegs e.V.“ entstand vor dem Hintergrund der Ostpolitik von Bundeskanzler Willy Brandt. Es zeigt Leichenberge eines Konzentrationslagers, die von den Briten mit einem Bulldozer zusammengeschoben werden. Das Bild „Patrone“ von 1969 ist Drautzburg von seinem Freund Klaus Staeck gewidmet und verdeutlicht wieder, wie lange der Galerist und Sammler bereits mit vielen Künstlern zusammengearbeitet hat. Auf dem Boden stehen, wie zum Blättern in einer Mappe, eine Reihe weiterer Staeck-Arbeiten. Auf einem Plakat wird ersichtlich, dass Staeck, Vostell und KP Brehmer (im nicht gezeigten Teil der Sammlung Drautzburg enthalten) bereits 1966 in Brno in der damaligen CSSR ausgestellt haben, was allerdings während des „Kalten Krieges“ in der DDR nicht möglich war. Zu den bekanntesten Plakaten gehört „Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?“ auf einer Zeichnung Albrecht Dürers von dessen Mutter. Erstaunlich, wie aktuell auch heute noch viele der Plakate von Staeck sind. | 13 RAUM III. JOSEPH BEUYS (*1921 †1986) Beuys gilt als einer der bedeutendsten Aktionskünstler des 20. Jahhunderts und war ein idealtypischer Gegenspieler zu Andy Warhol. Ende der 1970er Jahre forderte er ein kreatives Mitgestalten an der Gesellschaft und in der Politik als Entwicklung eines erweiterten Kunstbegriffs, der aus seiner Beschäftigung mit Fragen rund um Humanismus der Sozialphilosophie und Anthroposophie resultierte. Sein umfangreiches Werk besteht neben Aktionen aus Zeichnungen und Bildhauerei. Er war Kunsttheoretiker und Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Drautzburg sammelte neben Originalgrafiken besonders viel Plakate von Ausstellungsankündigungen von Joseph Beuys, welche dieser ihm allesamt signierte. So weist das besonders bekannte Riesenportrait von Beuys auf eine Ausstellung in den USA hin. An einer Wand hängen kleine Arbeiten von Beuys, darunter die von ihm sogenannte „Kitschpostkarte“, die er für das Düsseldorfer Büro der von Günter Grass gegründeten sozialdemokratischen Wählerinitiaive, der auch Drautzburg angehörte, gestaltet hatte. Damit wollte der Mitbegründer der Partei „Die Grünen“ gegen die SPD politisch anstänkern. 14 | Besonders interessant ist eine Einladungskarte des damaligen Ständigen Vertreters der Bundesrepublik Deutschland in der DDR, Klaus Bölling, zu einer Beuys-Ausstellung in der „Ständigen Vertretung“, an der auch Klaus Staeck teilnahm, und die Beuys in der DDR zu einer Kultgestalt werden ließ. Joseph Beuys „stibitzte“ sich zwei Blanko-Karten und signierte diese mit seinem Namen. Eine der Karten ist im Besitz von Drautzburg, der als Mitinhaber des bundesweit bekannten Polit-Kult-Lokals STÄNDIGE VERTRETUNG® natürlich einen ganz persönlichen Bezug zu dieser Rarität hat. Provozierend ist die Arbeit „Letzte Warnung an die Deutsche Bank“ von 1985 mit dem Zusatz: „Beim nächsten Mal werden Namen und Begriffe genannt“. Vitex Agnus Castus, 1973 Offsetlitografie Joseph Beuys und Udo Lindenberg auf einem Kongress der Grünen in Bad Godesberg Anfang der 1980er Jahre. „Wer nicht denken will fliegt raus“, 1977/1982, Grafik/Offset | 15 RAUM IV. KÜNSTLERGRUPPE ZERO (1958-1966) ZERO war eine Düsseldorfer Künstlergruppe, die am 24. April 1958 von →Heinz Mack und →Otto Piene offiziell gegründet wurde. Im Jahr 1961 kam →Günther Uecker hinzu. Mack und Piene sahen die Nachkriegskunst „mit einem Übermaß an Ballast befrachtet“. Die Künstler suchten einen neuen Anfang, eine „Stunde Null“, die von der Vergangenheit unbelastet sein sollte. Sie wollten dem aufgezwungenen Drama des Zweiten Weltkriegs und seinen Gräueln eine reinere, gerechtere Welt entgegensetzen, indem sie in der Alternative zur herkömmlichen Kunst, die sie im Informel und im Tachismus der Nachkriegszeit repräsentiert fanden, eine hoffnungsvolle und idealistische Lebensauffassung sahen. ZERO bezeichnete eine Phase des Schweigens und der Stille, eine Zwischenzone, in der ein alter Zustand in einen neuen übergeht. Die Mitglieder erzeugten mit ihren lichtkinetischen Objekten, die mit ihrem Licht und ihrer Kinetik in den Raum greifen und diesen mit einbeziehen, eine neue puristische Ästhetik, die in der Erscheinung zwischen Bild und Skulptur anzusiedeln ist. Die Gruppe löste sich 1966 auf, nachdem sich die künstlerischen und biografischen Wege ihrer Mitglieder getrennt hatten. Zentral findet man eine Kiste mit Zeitschriften und Büchern, die mit schweren massiven Nägeln vernagelt wurde - eine Arbeit von Günther Uecker. Gleich daneben eine Art Versicherung Ueckers, dass dieser die Arbeit auch selbst und „mit eigener Hand“ gemacht habe. Diese ironisch wirkende Ergänzung hat heute einen faden Beigeschmack, denn viele Arbeiten der ZERO-Künstler wurden inzwischen oft und durchaus kenntnisreich gefälscht. Auf dem Foto von →Michael Dannenmann (Abb. rechts, Auflage: 5 Expl.) über der „Kiste“ sieht man die älteren, Anzug tragenden Herren Künstler Piene, 16 | Uecker und Mack im Jahre 2010. Viele Arbeiten der ZERO-Künstler werden mittlerweile gefälscht - heute müssen häufig Prozesse gegen Fälscher geführt werden. Neben Arbeiten von Heinz Mack und Otto Piene findet sich in diesem Raum auch Werke des damals mehr als heute bekannten Künstlers →Hermann Göpfert, sowie →Ad Dekkers, →Ewerdt Hilgemann und →Jef Verheyen. Anfang der 1970er Jahre hatte Drautzburg eine exklusive Ausstellung mit Werken von Verheyen, die durch Vermittlung von Günther Uecker zustande kam. Beide waren enge Freunde und hatten bereits in den frühen 1960er Jahren spektakuläre Kunstaktionen veranstaltet. Uecker ist heute einer der engagiertesten politischen Künstler der Gegenwart und als solcher weltweit erfolgreich. Im Herbst zeigt übrigens das New Yorker Guggenheim-Museum eine große ZERO-Retrospektive. Die Ausstellung geht anschließend nach Amsterdam und 2015 nach Berlin. Heinz Mack, Silberflügel, 1972, Grafik/Siebdruck Auf der Rückseite des Portraits hat Fotograf Michael Dannenmann seine Signatur fein säuberlich in das Passepartout mit einer „Klappe“ eingearbeitet. Heinz Mack in Drautzburgs Galerie Argelander, 1972 Ausstellungsplakat Otto Piene, o.T.,1971, Siebdruck, (Expl. 44/100) Mack, Piene, Uecker sind - wie jeder ZERO-Künstler mittlerweile weltweit bekannt und von Sammlern gesucht, was leider zu enormen Preisentwicklungen geführt hat. Drautzburg selbst besitzt eine von der Fachwelt als besonders gut erhaltene Leinwand aus dem Jahre 1962, die jedoch nicht in der Ausstellung gezeigt wird (allerdings im Katalog). Dagegen ist ein verchromtes Metall-Relief zu sehen, das der Sammler, der eine bedeutende Mack-Ausstellung in Bonn präsentieren konnte, als kostspieliges Auflagen-Objekt in 50er Auflage selbst editiert hat. | 17 RAUM V. GÜNTHER UECKER (*1930) Uecker gehört zu den ganz großen deutschen Künstlern, ist Maler und Objektkünstler von internationalem Rang. Bekannt wurde er vor allem mit seinen reliefartigen Nagelbildern. 1961 wurde er Mitglied der Künstlergruppe ZERO, woraufhin er sich auch der kinetischen Lichtkunst zuwandte. Gemeinsam mit →Gerhard Richter inszenierte er die Demonstration „Museen können bewohnbare Orte sein“. Die Aufführung des Terrororchesters in der Kunsthalle Baden-Baden, einer lärmenden Installation aus 20 Maschinen, Staubsaugern, einer Wäschetrommel sowie Hammer und Sichel, erregte bundesweit Aufsehen. 1970 war er deutscher Vertreter auf der Biennale Venedig. Seit den 1980er Jahren nimmt er in seinen Werken zu politischen Fragen Stellung: so etwa reagierte er auf die Katastrophe von Tschernobyl mit dem Zyklus „Aschebilder“. Weitere politische Bezüge finden sich bei seinen Werken über den Irak, Umweltprobleme und anderem. Von 1974 bis 1995 unterrichtet Uecker als Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. Die beiden Stahlnägel in der Mitte des Raumes sind jeweils 25 Kilogramm schwer und 1,77 Meter hoch - genau der Körpergröße des Künstlers entsprechend. Daher betitelte Uecker den Nagel auch als „Selbstportrait“. Als Pendant hierzu gibt es eine achtteilige Arbeit als „Leibbeschreibung eines Nagels“. Eine Reihe seiner Meisterschüler ist inzwischen sehr bedeutsam. So hat der Sammler Drautzburg mehrere Arbeiten des Uecker-Schülers Wolfgang Mally, die hier jedoch nicht gezeigt werden konnten, aber in dem Ende 2014 erscheinenden Katalog - neben zahlreichen weiteren Werken und Künstlern enthalten sind. Im August 2013 übergab Sammler Drautzburg dem Staatlichen Museum Schwerin 13 Werke aus den 60er bis 80er Jahren von Uecker, die nun dauerhaft in der Nähe des Geburtsorts des Künstlers gezeigt werden sollen und die Breite von Ueckers Schaffen repräsentieren. Im geplanten Uecker Museum soll die 13-teilige Drautzburg Sammlung der Mittelpunkt werden. 18 | Friedel Drautzburg hatte bereits 1968 eine Uecker-Ausstellung veranstaltet, die für den Künstler und die Fachwelt noch heute einen großen Stellenwert hat. Eine OrigiFriedel Drautzburg (Mitte) mit nalzeichnung des Künstlers, dem Künstler und der damaligen wie er die Ausstellung geplant WDR-Fernsehjournalistin und späteren Ehefrau Ueckers, Christine hat, ist in der Sammlung zu Steinfeld. sehen (Abb. S.7). Die Begeisterung Ueckers für das Engagement des Sammlers führte dazu, dass er 1972 erneut in Bonn ausstellte. Dieses Mal wurde die Zeichnung für die geplante Ausstellung als nummerierte und signierte Edition herausgegeben. „Durchnageltes Buch“, 2012, Objekt, Metall Rechts in einer Ecke sehen Sie ein Selbstportrait Ueckers „Windvogel“ ein kaum bekanntes Unikat (s. Seite 6). Ebenso einzigartig ist die Druckplatte „Für Israel“ von 1995, auf der Anweisungen von Uecker an die Drucker stehen. Diese Platte ist wohl die einzige, die jemals in den Handel gegangen ist. Außerdem der 1. Druck einer späteren 30er Auflage - eben gedruckt auf dieser Druckplatte. Das Objekt „Schatten und Licht“ müsste eigentlich an der Wand hängen, zeigt es bei eingeschaltetem Licht den sich verändernden Schatten des Nagels bei der Bewegung des Betrachters. Interessanterweise wurde dieses Objekt von der „Edition Staeck“ in Heidelberg herausgegeben. Wie sich die berühmten Prägedrucke Ueckers entwickelt haben, sieht man besonders im Vergleich von zwei gezeigten Beispielen, dem sog. documenta-Blatt von 1968 und einer neuen Arbeit von 2013. (Abb. unten) Reihung 1968, Prägedruck (documenta-Blatt) | 19 RAUM VI. POLITISCHE KUNST NACH 1989 KIRSTEN KLÖCKNER Als die Malerin die ‚offizielle‘ Malerei der DDR im Kunstarchiv Beeskow entdeckte, wohin diese gleichsam verbannt wurde, entriss sie den fast vergessenen Bildern Details, dachte und HxBxT, 2005, Filzhüte/Multiple malte weiter – so entstand die Serie „BeuteKunst I“. In den weiteren Serien „BeuteKunst II und III“ geht es zum einen um Personen und Porträts, zum anderen um Wünsche von Menschen, die sie malerisch (immer auch mit einem Augenzwinkern) verarbeitet. Während des Malens vollziehen sich Metamorphosen und es entstehen mehrteilige Aquarelle auf Leinwand. Wesentlich für Klöckners Serien ist die Dokumentation des Arbeitsprozesses, der sowohl in einer Ausstellung als auch im dazu erscheinenden Katalog offen gelegt wird. Besonders bekannt ist Klöckner für ihr Objekt „Self service“ (Edition Staeck). Weitere Bilder der Künstlerin befinden sich auch im „Kabinett Drautzburg“ im Erdgeschoss. Kirsten Klöckner nahm an der Eröffnung der Ausstellung teil und ist eine besonders eifrige Bloggerin. WOLF LEO (*1970) „Der ‚Kunstbegriff ‘ ist so unklar, dass er mich sehr wenig interessiert - ich denke mehr an Gestaltung von Gedanken,Visionen und Träumen“, sagt Leo. Seit 1972 trat er mit Buchgestaltungen, Illustrationen und Plakaten hervor. Ab 1979 wandte er sich verstärkt freien Arbeiten zu, insbesondere auf den Gebieten der Druckgrafik, der Malerei, der Plastik und der Installation. In dem Berliner Lokal STÄNDIGE VERTRETUNG® von Friedel Drautzburg und Harald Grunert, gestaltete Leo eine Wand, die eindrucksvoll das politische Moment seines Schaffens verdeutlicht. Wolf Leo nahm an der Eröffnung der Ausstellung teil. Kalaschnikow, 2001, Objekt 20 | HANS MARTIN SEWCZ (*1955) Das künstlerische Schaffen des deutschen Fotografen und Konzeptkünstlers Sewcs reicht von der dokumentarischen bis zur subjektiven Fotografie. Zusätzlich hat er sich ab den 1990er Jahren auch als Installationsund Gorbatschow in Ostberlin, 1987 Videokünstler einen Namen gemacht. Bereits in der DDR beschäftigte er sich mit dem Thema „Alltagskultur“. Sewcz nahm an der Eröffnung der Ausstellung teil. BEN WAGIN (*1930) Der Aktionskünstler, Theatermacher und Umweltaktivist setzt sich mit seinen Projekten europaweit für den Erhalt der Natur und ein besseres Verhältnis und Verständnis des Menschen zur Natur und speziell den Bäumen ein, so bei seinem Langzeitprojekt „Parlament der Bäume“ am Schiffbauerdamm, einem Gedenkort für die Todesopfer an der Berliner Mauer. 1985 erhielt er für sein Engagement das Bundesverdienstkreuz. Sammler Drautzburg kennt Ben Wagin bereits seit den 1960er Jahren, wo dieser sich mit Künstlerkollegen wie Vostell, Staeck, Beuys u.a. polit-künstlerisch engagierte, jedoch dem sogenannten Künstlerbetrieb bald den Rücken kehrte und gänzlich eigene Wege ging, bis heute, wo ihn die Fachwelt inzwischen „Mauerkünstler“ nennt. Wittlich besitzt übrigens ein besonders qualitätvoll von Ben Wagin gestaltetes Original-Segment der Berliner Mauer - gestiftet vom Sammler Drautzburg. Sein großformatiges Bild „Gorbatschow“ von 1993 an der Stirnwand trägt die Signatur von Gorbatschow. Während der Ausstellungsdauer kann eine Miniatur mit zwei gekreuzten Mauerteilen in einer 48er Auflage zum Preis von 500 Euro /statt später 600 Euro) erworben werden. Jede Plastik ist einzeln und individuell von Wagin bearbeitet (somit ist jede Miniatur auch ein Unikat), nummeriert und signiert. Der Erlös dient der Unterstützung von Ben Wagins „Parlament der Bäume“. | 21 DETLEF WASCHKAU (*1961) „Der künstlerische Ansatz bei Waschkau liegt vorrangig in der prozesshaften Arbeitsmethode und im Erforschen der sublimen Verbindung zwischen Malerei und Bildhauerei.” (Peter Funken) Im Jahre 2013 hat sich Detlef Waschkau ein Jahr lang mit dem Projekt „Willy Brandt – 100 Jahre“ intensiv auseinandergesetzt. Aus einer großen Berliner Ausstellung ist ein wichtiges Unikat – als komplizierte Holzschnittarbeit - sowie ein entsprechendes Brandt-Porträt als Grafik zu sehen. Im Rahmenprogramm zur Ausstellung (s.S.2): Lars Brandt im Gespräch mit dem Sammler und dem Künstler Detlef Waschkau zu den Portraits von Willy Brandt, von denen zwei in der Ausstellung präsentiert sind. AM ENDE DES GANGS GERHARD RICHTER (*1932) Der Maler, Bildhauer und Fotograf ist heute der teuerste Künstler weltweit. Zu Beginn der 1960er Jahre benutzte er erstmals Fotografien als Vorlagen für Gemälde, ein Verfahren, das er danach regelmäßig aufgriff. Es handelt sich um beiläufige Motive aus Zeitungs- und Illustriertenausschnitten (später auch auf eigenen Aufnahmen beruhend), die er abmalend vergrößert und überwiegend in Grau-Weiß auf die Leinwand überträgt und damit überhöht. Diese dem Fotorealismus nahe Methode ist durch eine verwischt wirkende Unschärfe gekennzeichnet, die den Realismus der Vorlagen verfremdet. Im Mai 2013 erzielte Richters Werk „Domplatz, Mailand“ von 1968 bei den Frühjahrsauktionen von Sothebys, New York, den bis dahin höchsten für ein Werk eines lebenden Künstler gezahlten Preis von 29 Mio. Euro (37,1 Mio. Dollar). Für die Südquerhausfassade des Kölner Doms gestaltete Richter 2007 ein 113 m² großes Fenster. Willy Brandt, Kopf geneigt, 2013 Holzrelief GANG RECHTE SEITE FOTOGRAFIEN Die gezeigte Richter-Arbeit hat Drautzburg zwei Jahre nach dem Übertritt Richters aus der DDR erworben. Das Bild ist ein Teil einer früheren Richter-Aktion, indem er große Leinwände oder Bildflächen zerschnitt, um die kleinen Einzelteile als selbständige Kunstwerke lebendig werden zu lassen. Diese Zeit nannte Richter gemeinsam mit seinem Freund Sigmar Polke „Kapitalistischer Realismus“, um den DDR-Sozialistischen-Realismus zu karikieren. Hier finden Sie Fotografien international bekannter und renommierter Fotografen wie →Klaus Behr, →Robert Lebeck, →Camillo Fischer und →Konrad Rufus Müller. GANG LINKE SEITE WEITERE WERKE Mit Arbeiten von →Christo, →Siegfried Neuenhausen, →Rafael Canogar und →Gerhard Richter. Interessant ist Canogars Siebdruck „La Detención“ von 1972, auf dem ein am Boden liegender, sich schützender Demonstrant von einem Mann brutal zusammengetreten wird. Direkt daneben hängt ein aktueller Zeitungsartikel der „taz“ mit einem Bild, welches einen engen Berater des türkischen Präsidenten Erdogan zeigt, der brutal auf einen demonstrierenden Minenarbeiter eintritt. Für Drautzburg ein erschreckendes Indiz dafür, wie sich auch über 40 Jahre später die „Bilder der Politik“ ähneln. 22 | Die signierte Rückseite des Richter-Bildes | 23 KURZE ANMERKUNGEN ZU DEN KÜNSTLERN A-Z KLAUS BEHR (*1941) Seit der 1960er Jahren ist er als Portraitfotograf und Dokumentator u.a. für den „Spiegel“ tätig. Seine Künstlerportraits von Maria Callas, Joseph Beuys und Andy Warhol (wie in der Ausstellung zu sehen), werden heute national und international hoch gehandelt. Die ausgestellten Fotografien von Helmut Schmidt und Klaus von Dohnanyi wurde von den Portraitierten selbst gegensigniert. VICTOR BONATO (*1934) Der gebürtige Kölner Künstler begann 1966 seine freiberufliche Tätigkeit als Künstler und arbeitete an Glasspiegelungen unter dem Aspekt der Irritation von Seh- und Verhaltensgewohnheiten. RAFAEL CANOGAR (*1935) Spanischer Maler und Bildhauer. Er gilt als Vertreter des Expressionismus und der Abstrakten Malerei und behandelt häufig sozialkritische und politische Themen. CHRISTO (*1935) Gemeinsam mit seiner Frau Jeanne-Claude (*1935 †2009) wurde das Künstlerehepaar in Deutschland insbesondere durch die Verhüllung des Reichstags 1995 bekannt. 23 Jahre mussten beide beharrlich arbeiten, bis es zur Verhüllung des Reichstags kam. Mit der Unterstützung der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth leisteten die Christos Überzeugungsarbeit bei den Mitgliedern des Deutschen Bundestages, bis dieser nach einer emotional geführten Debatte dem Vorhaben zustimmte. Prominenteste Gegner der Durchführung der Verhüllung waren Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble. Sie waren der Überzeugung, dass der deutsche Reichstag keiner Aufwertung durch eine Verhüllung bedürfe und empfanden das Angebot als Kränkung. Zwischen der jeweiligen Entstehung der beiden ausgestellten und von Christo signierten Bilder liegen 40 Jahre und zeigen zum einen das noch unperfekt verpackte Amerika-Haus und den später sehr gekonnt und elegant verhüllten Reichstag. MICHAEL DANNENMANN (*1959) Er ist „der“ Düsseldorfer Promifotograf, der neben Fotos für den Stern bis zur Vogue besonders auf den feinsinnigen Dialog mit seinen Gegenübern setzt. Er machte Portraits von Dennis Hopper oder Gerhard Schröder oder Künstlern wie Stephan Balkenhol oder Pipilotti Rist. Besonders bekannt aber sind seine Portraits des Künstlers Jörg Immendorf aus über 20 Jahren, in denen rund 3000 Portraits entstanden. Dannenmann ist gewissermaßen der →Lothar Woleh von heute. 24 | GERTRUDE DEGENHARDT (*1940) Die deutsche Lithografin und Zeichnerin ist eine genaue und lachende Beobachterin von Menschen im Allgemeinen und deren Charaktere. Sie spricht über die Menschheit, offenbart uns unsere eigene Absurdität und erinnert uns an eine unserer wenigen erlösenden Kräfte: die Musik. Alles Ernsthafte und auch Komische wird in Übertreibung zur Groteske. Drautzburg machte mit der Schwägerin des bekannten Liedermachers Franz-Josef Degenhardt bereits mehrere Ausstellungen und besitzt eine größere Anzahl ihrer recht unbekannten und seltenen „Frottagen“, wovon eine in der Ausstellung zu sehen ist. ADRIAN (AD) DEKKERS (*1938 †1974) Der niederländische Bildhauer und Reliefkünstler ist stark von Piet Mondrian beeinflusst. Während er in den Jahren 1959 bis 1963 noch mit asymmetrischen Formen arbeitete, entwickelte er bei bildhauerischen Arbeiten eine symmetrische Formensprache. Teilnehmer 1967 auf der Expo in Montreal und der Biennale von São Paulo und 1968 der documenta 4 in Kassel. (Raum IV.) PERSIS EISENBEIS (*1969) Die Künstlerin verbrachte ihre Schulzeit in der reformpädagogisch geprägten Summerhill Internatsschule in Leiston (Suffolk, England) sowie unter den avantgardistischen musikalischen Äußerungen solch bahnbrechender Bands wie Bauhaus, The Clash, Crass und Die Goldenen Zitronen. Das war der verwirrende Sound der Achtziger, geprägt durch Punk und melancholisch kaltblauen Synthie-Pop. In ihrer Kunst verwendet sie Fotografien aus Zeitungen, Modeillustrierten oder Bildlexika als Vorlage und assoziiert neue eigenständige Bildwelten „Die assoziative Bildentwicklung führt im Ergebnis zu überraschenden Bildkomplexen, die allen deutenden Sinnvorstellungen des Betrachters gegenüber offen o.T., 2013, Öl auf Leinwand sind“, beschreibt Harald Kohlmetz ihre Kunst in einer Broschüre der Hamburger Galerie Rose. Sie studierte bei Prof. Daniel Richter an der UDK Berlin und lebt und arbeitet seit 1991 in Berlin. CAMILLO FISCHER (*1920 †2009) Der sehr bekannte deutsche Bildjournalist und künstlerische Fotograf Fischer wurde von Konrad Adenauer wegen seines Vornamens und seines schelmischen Naturells „Don Camillo“ genannt. Während seiner Lebenszeit entstanden über zwei Millionen S/W-Aufnahmen von lokalen, nationalen und internationalen Persönlichkeiten: John F. Kennedy, Konrad Adenauer, Willy Brandt, Walter Scheel, Herbert Wehner, Helmut | 25 Schmidt, Johannes Paul II., Mutter Teresa, dem Dalai Lama, Chruschtschow, Petra Kelly und zahllosen anderen. Er galt neben Jupp Darchinger - als der Starfotograf des politischen Bonns der 70er Jahre. Das ausgestellte Bild vom Dalai Lama wurde vom Portraitierten selbst gegensigniert. HERMANN GOEPFERT (*1926 †1982) Innerhalb der ZERO-Bewegung vertrat er die Integration von Kunst und Architektur am stärksten. „Licht ist Form“, lautete das Credo von Goepfert, der die ästhetische Qualität des Lichtes durch vorgeformte Instrumente sichtbar machen wollte. 1964 wurden sowohl seine Aluminiumreflektoren als auch sein Optophonium (Licht-Ton-Maschine) auf der documenta 3 in Kassel gezeigt und im selben Jahr wurde er zu den ZERO-Ausstellungen in London und Philadelphia geladen. GÜNTER GRASS (*1927) Der deutsche Schriftsteller, Bildhauer, Maler und Grafiker Grass war Mitglied der Gruppe 47 und gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart. Mit seinem ersten Roman Die Blechtrommel gelang 1959 dem damals 31-jährigen der literarische Durchbruch. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Im Jahr 1999 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Drautzburg machte 1969 und 1973 gemeinsam mit Grass eine Wahlkampftour für Willy Brandt. So wird Drautzburg auch im „Tagebuch einer Schnecke“ von Grass mehrmals und originell erwähnt. Im Rahmenprogramm zur Ausstellung gibt es eine Lesung mit dem Autor Kai-Uwe Schlüter, der diese Zeit in seinem Buch sehr anschaulich schildert (siehe Seite 2). Drautzburg besitzt zahlreiche Grafiken von Grass, doch für die Ausstellung wählte er die eher ungewöhnliche Arbeit „Waldlandschaft auf Moen“ (2000). EWERDT HILGEMANN (*1938) Der deutsch-niederländische Künstler wurde insbesondere durch seine sogenannten Implosionen bekannt. SeineArbeiten der 1960er und 1970er Jahre sind geprägt durch seriell-minimalistische Installationen aus Stangen beziehungsweise Röhren („Space Structures“) aus Polyester oder auch Stahl, durch abstrakt-geometrische Holzskulpturen, die meist aus dem Kubus hervorgehen, sowie durch Reliefs aus vielen kleinen Holzstäben. (Raum IV.) THOMAS HÖPKER (*1936) Der deutsche Fotograf und Dokumentarfilmregisseur lebt seit 1976 in New York City. Höpker wurde 1989 Vollmitglied in der Agentur Magnum Photos und war von 2003 bis 2007 ihr Präsident. Höpker über sich: „Ich bin kein Künstler. Ich bin ein Bilderfabrikant.“ Er hat im Auftrag und als bekennender Sympathisant der sozialdemokratischen Wählerinitiative deren wichtigste Leitfigur Günter Grass für ein Werbe-Poster portraitiert (hier von Grass signiert). 26 | ROBERT LEBECK (*1929 †2014) Er war einer der größten Fotochronisten unserer Zeit. Für seine Fotos reiste er um die ganze Welt, fotografierte die Reichen in Monte Carlo ebenso wie Tagelöhner in Indien. Ob Romy Schneider mit Schiebermütze, Joseph Beuys mit der Axt, Jacky Kennedy bei der Beerdigung ihres Mannes US-Präsident John F. Kennedy, Willy Brandt bei seinem Kanzler-Rücktritt oder Alfred Hitchcock hinter der Tür - Lebecks Fotos hielten große Momente des 20. Jahrhunderts fest. In der Ausstellung zu sehen ist ein Portrait von Romy Schneider, welches auch in der großen Ausstellung „Romy“ in der Bundeskunsthalle in Bonn 2013 zu sehen war. OTTO HEINZ MACK (*1931) Er gründete mit Otto Piene die international einflussreiche ZERO Gruppe, der später der jüngere Günter Uecker beitrat. Bekannt geworden ist Mack durch seine experimentellen Lichtreliefs sowie seine Licht-Installationen in der Wüste, die zu den frühesten Beispielen der Land Art zählen. Er ist mehrfacher documenta-Teilnehmer und vertrat 1970 Deutschland auf der Biennale in Venedig. (siehe Raum IV.) GEORG MEISTERMANN (*1911 †1990) Der Maler, Zeichner und Grafiker schuf über eintausend Glasfenster an rund 250 Orten in Europa. Einen Teil des künstlerischen Nachlasses beherbergt die „Städtische Galerie für moderne Kunst“ in Wittlich. Weiter sind in Wittlich in elf Gebäuden 40 Glasmalereien von Meistermann zu sehen. Drautzburg ist durch den früheren kunstsinnigen Wittlicher Bürgermeister Mehs schon als Zehnjähriger mit dem Namen Meistermann konfrontiert worden und hat seitdem den „Wittlicher“ Meistermann aufmerksam verfolgt und kann zwei Arbeiten zeigen. In Kürze wird das wohl bekannteste Meistermann-Werk, das legendäre Willy-Brandt-Portrait, in einer Sonderausstellung durch den damaligen Büroleiter Brandts und „Wiederentdecker“ des Portraits, Hanns-Henning Rosen, in Wittlich vorgestellt und die Odyssee des Werks erzählt. (siehe Rahmenprogramm Seite 2) KONRAD RUFUS MÜLLER (*1940) Er ist einer der renommiertesten deutschen Portraitfotografen der Nachkriegszeit. Er hat sämtliche Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland fotografiert, allerdings Adenauer, Erhard und Kiesinger erst nach deren Amtszeit. Neben Politikerfotos hat Müller über Jahrzehnte Aufnahmen von Autoren, Musikern, Schauspielern, Bergsteigern, Einsiedlern und anderen gemacht. Landschaftsaufnahmen und Reportagen für die Magazine der Süddeutschen Zeitung, DIE ZEIT, den STERN, Profil, L‘Express, Time Magazine zeigen weitere Facetten seines Schaffens. Er war bei der Ausstellungseröffnung anwesend. | 27 ARMIN MÜLLER-STAHL (*1930) Als einziger deutscher Filmschauspieler erhielt er in beiden deutschen Staaten und auch in Hollywoods Filmindustrie große Anerkennung, welche ihm unter anderem zwei Oscarnominierungen einbrachte. Müller-Stahl ist aber auch ausgebildeter Violinist und Schriftsteller. In den letzten Jahren beschäftigt er sich fast ausschließlich nur noch mit der Malerei. Eine Welle bedeutender Ausstellungen, Buchveröffentlichungen und Bildbände folgten. Wie ein Besessener verbringt er Tag und Nacht in seinem Atelier, weiß Drautzburg, der seit vielen Jahren mit ihm bekannt ist. Beide treffen sich oft auf Ausstellungen im In- und Ausland, tauschen sich aus und haben sich gegenseitig sehr schätzen gelernt. Selbstverständlich also, dass Drautzburg auch Werke von ihm besitzt, so ein Portrait von Willy Brandt. 2011 portraitierte Müller-Stahl auch den Sammler Drautzburg (siehe Seite 3). TONY MUNZLINGER (*1934) Der in Wittlich geborene deutsche Maler und Cartoonist ist auch als Filmemacher, Satiriker und Designer tätig. Unzählige Bücher der Weltliteratur sind von ihm illustriert worden. Sein bekanntestes Werk ist das 1965 erschienene und heute vergriffene Buch „Jazz“. Die ausgestellte Serie der „Farphalli (Pimmel-Mappe)“ haben Munzlinger und Drautzburg gemeinsam 1972 als Edition gedruckt und herausgegeben. LUIS MURSCHETZ (*1936) Der Karikaturist und Kinderbuchautor zeichnet zunächst ab 1967 für die Süddeustche Zeitung und von 19712010 als Nachfolger von Paul Flora politische Karikaturen für die Wochenzeitung DIE ZEIT. Das ausgestellte Cartoon zeigt Willy Brandt als „Eastern Rider“ (Hinweis auf die Ostpolitik Brandts). Diese Originalgrafik ist von Brandt signiert und wurde Vorlage für eine riesige Plakataktion der SPD, allerdings ergänzt durch Vizekanzler Scheel und Franz Josef Strauß - im „Oppositionsqualm“ stehend. SIEGFRIED NEUENHAUSEN (*1931) Die Werke Neuenhausens zeigen gesellschaftliche Widersprüche, orientieren sich an Themen der Gesellschaftspolitik und nutzen Kunst zur Emanzipation des Menschen. Seine Darstellung wurde im Laufe seines Schaffens radikaler und politischer, so setzte er gefolterte und torsohafte Menschen in Kisten, auf Stühle, und heftete sie als Kleiderrest an Bretterwände. Sehr bekannt ist das sich in der Sammlung Drautzburg befindliche und im Kabinett Drautzburg gezeigte Werk „Georgios Papadopoulos macht‘s möglich“. (Papadopoulos war füh28 | render Kopf der griechischen Militärdiktatur.) Gegen Abend des 21. April 1967 waren über 10.000 Personen von schwer bewaffneten Soldaten in Athen, Piräus, Patras und Thessaloniki verhaftet worden. Unter ihnen alte Widerstandskämpfer, Hunderte von Funktionären und aktive Mitglieder aller politischen Parteien, der Gewerkschaften, der Jugendorganisationen und die meisten Minister der amtierenden Regierung, Dutzende von Abgeordneten, hohen Verwaltungsbeamten, zahlreiche Journalisten, Rechtsanwälte, Schriftsteller und Schauspieler. MARTIN NOëL (*1956 †2010) Über seine Arbeiten schrieb die FAZ in einem Nachruf, dass das Auge des Künstlers stets das Übersehene fand: Seine Zeichnungen „erzählen von einer seltenen Fähigkeit, sich hineinzufühlen in die Wirkung von Linien, Kreisen, Flächen und allen Formen von Sichtbarkeit. Seine Aufmerksamkeit galt den Rissen in den Wänden und dem bizarren Muster einer zerborstenen Fensterscheibe.“ Noël war ein sehr guter Freund von Drautzburg, dessen Tod ihn sehr erschüttert und mitgenommen hat. CARL NONN (*1876 †1949) Nach einigen Ausstellungen schlossen sich 1909 mehrere Bonner Künstler zum Bonner Künstlerbund unter Vorsitz des Malers Nonn zusammen. Ab 1912 war er an Ausstellungen in Köln und Düsseldorf beteiligt. 1913/14 machte er die Bekanntschaft von August Macke. Drautzburg hat sich in die hier gezeigte Arbeit „Eifellandschaft“ so verliebt, dass er keine Kosten scheute, sie zu besitzen (typisch heimatverliebter Sammler). OTTO PIENE (*1928 †2014) Er gründete mit Heinz Mack die international einflussreiche ZERO Gruppe. Er gilt als ein Wegbereiter der Licht- und Feuerkunst sowie der Sky-Art-Aktionen. Eine Gastprofessur führte ihn bereits 1964 an die University of Pennsylvania. 1972 wurde er Professor der Umweltkunst am Massachusetts Institute of Technology, das ihn 1974 zum Direktor des CAVS berief, dessen Leitung er bis 1994 innehatte. (Raum IV.) Bis zum 31.08.2014 ist in der Neuen Nationalgalerie in Berlin eine große Ausstellung zu sehen, bei der drei Projekte den Blick auf die experimentelle Haltung von Otto Piene lenken. Im Mittelpunkt stehen künstlerische Ansätze der 1960er und frühen 1970er Jahre. Tragisch: Ein Tag nach der offiziellen Eröffnung am 17. Juli 2014 starb er während einer Taxifahrt in Berlin. HANNS SCHERL (*1910 †2001) Natürlich ist für den Sammler Drautzburg die hier gezeigte Arbeit eines weitläufigen Verwandten des in Wittlich sehr beliebten Robert Drautzburg von besonderer Bedeutung gewesen, um sie zu erwerben. Außerdem war der geachtete Wittlicher Bildhauer in den letzten Jahren oft ein interessanter Gesprächspartner für Drautzburg. | 29 JACQUES SEHY (*1945) Der Fotograf Sehy setzt das Licht kalkuliert ein. Seine Bildkompositionen sind Produkt eines virtuosen Spiels mit der variationsreichen Topographie des Körpers, mit Flächen und Linien, die sich allein aus Kontrasten, Nuancierungen und Abstraktion der Schwarz-Weiß Fotografie ergeben. Das in der Ausstellung gezeigte Portrait des Sammlers ist eine „Lichtzeichung“ aus der Reihe „99 Berliner Kulturköpfe“ (Künstlerhandabzug, signiert Expl. 2/14). WILHELM TERWEI (*1875 †1946) Er machte sich zunächst als Kirchenmaler, später als Landschaftsmaler einen Namen. Rund 700 Gemälde, hauptsächlich in Öl, dazu Plastiken und viele Zeichnungen und Skizzen umfasst sein Lebenswerk. Natürlich war dieses von Fachkreisen als besonders wertvolles Öl für den Sammler mit besonderer Anziehungskraft versehen, weil es den weltberühmten Weinort Wehlen an der Moselin der Nähe von Wittlich zeigt. Es ist wieder ein Hinweis des Sammlers ausgeprägte Heimatverbundenheit. FRED THIELER (*1916 †1999) Thieler war ein deutscher Maler des Informel. Da er eine jüdische Mutter hatte, wurde ihm das Studium der Medizin verboten, so war er zunächst an einer privaten Malschule, musste jedoch in den Untergrund gehen, um der Verfolgung der Nazis zu entgehen. Er arbeitete im Umfeld der „Weißen Rose“ und mit dem Maler und Widerstandskämpfer Mac Zimmermann zusammen. Nach dem Krieg studierte er an der Akademie der Bildenden Künste in München, wo er seine ersten abstrakten Bilder malte. U.a. mit Willi Baumeister und →Fritz Winter gründete er die Künstlergruppe ZEN 49. Von 1976 bis 1983 vertrat er die Bundesrepublik in der International Association of Art (IAA), zu deren Vizepräsident er 1979 gewählt wurde. 1978 wurde Thieler Mitglied der Neuen Darmstädter Sezession und der Akademie der Künste, deren Vizepräsident er von 1980 bis 1983 war. JEF VERHEYEN (*1932 †1984) Der belgische Künstler Verheyen lernte Anfang der 1960er Jahre Günther Uecker kennen und nahm seit dieser Zeit an zahlreichen Ausstellungen der ZERO-Gruppe teil und arbeitete mit den Vertretern der Gruppe zusammen. Beispiele hierfür sind Verheyens Gemälde, die von Lucio Fontana zerschnitten wurden oder die Zusammenarbeit in der Land-Art-Ausstellung Vlaamse Landschappen (Flämische Landschaften) im Jahre 1967. Er hatte in dieser Zeit die bedeutende Rolle als Kontaktperson der Gruppe mit den belgischen Künstlern. 30 | Timm Ulrichs - Ich kann keine Kunst mehr sehen, 1975/2002, Ellen Poerschke, Grafik/Offsetdruck TIMM ULRICHS (*1940) „Künstler wird man durch Entschluss, nicht durch Talent“, bekannte Ulrichs im September 1985 gegenüber dem Zeit Magazin. Als „Totalkünstler“ ist Ulrichs seit 1959 aktiv. 1961 erklärte er sich zum „ersten lebenden Kunstwerk“ und organisierte 1966 eine öffentliche „Selbstausstellung“ in Frankfurt am Main. Er ist emerierter Professor für Kunst. 2010/2011 widmeten das Sprengel Museum und der Kunstverein Hannover „dem Pionier der Konzeptkunst und selbst ernannten «Totalkünstler» Timm Ulrich eine große Retrospektive unter dem Titel „Betreten der Ausstellung verboten“. STEFAN WEWERKA (*1928) Der Architekt, Designer und Künstler entstammt einer traditionellen Künstlerfamilie und arbeitete nach seinem Architekturstudium ab Ende der 1950er Jahre zunehmend als Freier Künstler. In den 1960er Jahren begann er mit den Zerschneidungen und Umbauten vor allem von Stühlen, aber auch anderen Alltagsobjekten wie Münzen, Besteck, Fahnen, Schallplatten usw. Ein solcher zerschnittener Stuhl befindet sich auch in der Sammlung Drautzburg (zu sehen im Durchgang zum Raum →Günther Uecker). Wulf Herzogenrath (damals Direktor Kunsthalle Bremen) sagte über den vielfältigen Künstler anlässlich einer Ausstellungseröffnung, Wewerka sei „ein Einzelgänger wie kaum ein anderer, nicht zuzuordnen und doch nah an der Zeit, an dem Zeitgeist dran, dem er immer davonjagte“. FRITZ WINTER (*1905 †1976) Zum 60. Geburtstag wurde Winter 1965 und 1966 als einer der wichtigsten abstrakten Nachkriegskünstler in Deutschland mit großen Retrospektiven in Kassel, Koblenz, Hannover, Mannheim, Düsseldorf, Stuttgart und Berlin gewürdigt. Er studierte am BAUHAUS bei Josef Albers und Wassily Kandinsky, erhielt sein Diplom mit einer positiven Beurteilung von Paul Klee. Er nahm an der documenta 2 und 3 teil. In der Nachkriegszeit wurde er Gründungsmitglied der Künstlergruppe „ZEN 49“ in München (u.a. mit →Fred Thieler), und sein Haus wurde zu einem lebendigen Treffpunkt der aktuellen Kunstszene. LOTHAR WOLLEH (*1930 †1979) Der deutsche Fotograf arbeitete zunächst als Werbefotograf, bevor er anfing, international bekannte Maler, Aktionskünstler und Bildhauer zu portraitieren. Insgesamt wurden dabei 109 Künstler fotografiert, darunter bekannte Persönlichkeiten wie Georg Baselitz, Joseph Beuys, Dieter Roth, Jean Tinguely, René Magritte, Günther Uecker, Gerhard Richter oder Christo. Das Wolleh-Portrait von Uecker wurde von diesem übernagelt und ist in dem Drautzburg-Konvolut in Schwerin ein besonders künstlerisches Juwel. | 31 DIE SAMMLUNG FRIEDEL DRAUTZBURG BEUYS UECKER VOSTELL STAECK ZERO UND VIELE WEITERE KÜNSTLER DER G KATALO ZUR UNG L M M A S URG B Z T U A DR NT I E H C S ER 14 DEZ. 20 SAMMLER, KÜNSTLER, AUSSTELLUNGSMACHER UND KATALOGAUTOREN MÖCHTEN GERNE MIT IHNEN KOMMUNIZIEREN - SCHREIBEN SIE IHNEN AUF FACEBOOK „SAMMLUNG DRAUTZBURG“ WEITERE INFOS WWW.SAMMLUNG-DRAUTZBURG.DE wohlfein edition BILDER UND WORTE 32 | WWW.SAMMLUNG -DRAUTZBURG.DE