Vermittlung von Medienkompetenz als Mittel zur Digitalen

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Vermittlung von Medienkompetenz als Mittel zur Digitalen
Vermittlung von Medienkompetenz als Mittel zur Digitalen
Integration unter besonderer Berücksichtigung der Förderung
benachteiligter Jugendlicher
Informationswirtschaft
Fakultät für Informations- und Kommunikationswissenschaften
Fachhochschule Köln
vorgelegt von:
Susanne Bernsmann
Abstract:
Durch die rasante Entwicklung und Verbreitung der Informations- und Kommunikationstechnologien und des Internets haben sich viele Bereiche innerhalb der
Gesellschaft verändert. Dadurch entstehen viele Vorteile und neue Möglichkeiten, von
denen allerdings nicht alle Bevölkerungsteile gleich stark profitieren können. Die in der
Gesellschaft benachteiligten Gruppen sind auch im Internet unterrepräsentiert, somit
werden bestehende soziale Ungleichheiten verstärkt und neue verursacht. Der so
genannte ‚Digital Divide’ ist ein ernstzunehmendes Problem der Gesellschaft
geworden. Diese Situation verschärft sich dadurch, dass diejenigen, die die modernen
Techniken nutzen, bessere soziale und wirtschaftliche Entwicklungschancen besitzen
und sich somit immer mehr von den benachteiligten Nichtnutzern entfernen. Durch
Maßnahmen der Digitalen Integration können den z.B. durch Alter, Geschlecht,
Bildungsstand oder sozialer Zugehörigkeit ausgegrenzten Gruppen Chancengleichheit
und mehr Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe gewährt werden.
Mittlerweile ist der physische Zugang zu den Medien in Deutschland nicht mehr als
Hauptproblem des Digital Divides anzusehen, sondern die fehlende bzw. geringe
Medienkompetenz. Der Bildungshintergrund und die soziale Umgebung spielen eine
zentrale Rolle für die Nutzung bzw. Nichtnutzung und die Qualität des Internetgebrauchs.
In dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, inwieweit der nicht vorhandene Zugang zum
Internet, bzw. die fehlende oder mangelnde Medienkompetenz sozial benachteiligte
Jugendliche in Deutschland beeinträchtigt. Ihnen fehlen oft Grundvoraussetzungen wie
ein förderndes soziales Umfeld (Unterstützung von Familie und Freunden) oder die
Motivation und Disziplin, sich die fehlende Kompetenz anzueignen. Somit entsteht für
sie ein besonderer Unterstützungsbedarf.
Unter Berücksichtigung aktueller Studien soll eine gegenwärtige Bestandsaufnahme
der quantitativen und qualitativen Nutzung des Internets in Bezug auf die
Zielgruppe vorgenommen werden. Es sollen Lösungsansätze aufgezeigt werden,
wie die Jugendlichen erreicht und für die Nutzung der Technologien bzw. für die
Aneignung der Kompetenzen motiviert werden können.
Schlagworte:
Digital Divide, Medienkompetenz, soziale Benachteiligung, Jugendliche, Internet
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis ......................................................................................................... I
Abbildungsverzeichnis ............................................................................................... III
Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................. IV
1. Einleitung .................................................................................................................. 1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung ......................................................................... 1
1.2 Aufbau der Arbeit.................................................................................................. 3
2. Veränderungen durch die neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien ........................................................................ 5
2.1 Informationsgesellschaft....................................................................................... 6
2.2 Entwicklung des Internets..................................................................................... 8
2.3 Chancen und Risiken des Internets...................................................................... 9
2.3.1 Nutzungsspektrum und neue Möglichkeiten durch das Internet.................... 9
2.3.2 Gefahren des Internets................................................................................ 12
2.4 Nutzung des Internets ........................................................................................ 14
2.4.1 Internetnutzung in Deutschland................................................................... 14
2.4.2 Gründe für die Nichtnutzung des Internets.................................................. 15
3. Digitale Integration ................................................................................................. 17
3.1 Wissensklufthypothese....................................................................................... 17
3.2 Digital Divide....................................................................................................... 18
3.2.1 Alter ............................................................................................................. 20
3.2.2 Geschlecht................................................................................................... 20
3.2.3 Bildung......................................................................................................... 21
3.2.4 Einkommen.................................................................................................. 22
3.3 Second Level Divide........................................................................................... 23
3.4. Digital Inequality ................................................................................................ 24
3.5 Projekte zur Digitalen Integration in Deutschland............................................... 26
4. Medienkompetenz .................................................................................................. 28
4.1 Definition............................................................................................................. 28
4.2 Anforderungen an die Nutzer des Internets........................................................ 29
4.3 Vermittlungsstellen von Medienkompetenz ........................................................ 30
4.3.1 Formelle Vermittlungsstellen ....................................................................... 31
4.3.2 Informelle Vermittlungsstellen ..................................................................... 32
5. Anwendungsbeispiel ............................................................................................. 36
5.1 Stiftung Digitale Chancen ................................................................................... 36
5.2 Projekt ‚Chancengleichheit in der Informationsgesellschaft’ .............................. 37
5.2.1 Bürgerschaftliches Engagement.................................................................. 38
5.2.2 Menschen mit Behinderungen..................................................................... 38
5.2.3 Seniorinnen und Senioren ........................................................................... 38
5.2.4 Jugendliche ................................................................................................. 39
5.2.5 Frauen und Mädchen .................................................................................. 39
6. Sozial benachteiligte Jugendliche ........................................................................ 40
6.1 Begriffsbestimmung............................................................................................ 40
6.2 Formen der Benachteiligung .............................................................................. 41
6.2.1 Familie ......................................................................................................... 41
6.2.2 Bildung......................................................................................................... 42
6.2.3 Beruf ............................................................................................................ 43
6.3 Mediennutzung der Jugendlichen....................................................................... 44
6.4 Vermittlung von Medienkompetenz für Jugendliche........................................... 50
6.4.1 Schule.......................................................................................................... 51
6.4.2 Öffentliche Zugangsorte .............................................................................. 54
6.5 Berufliche Relevanz von Medienkompetenz ...................................................... 56
7. Handlungsempfehlungen ...................................................................................... 58
7.1 Steuerungsebene ............................................................................................... 58
7.2 Anbieterebene .................................................................................................... 60
7.3 Nutzerebene ....................................................................................................... 61
7.3.1 Eltern ........................................................................................................... 61
7.3.2 Schule.......................................................................................................... 61
7.3.3 Öffentliche Einrichtungen ............................................................................ 62
7.3.4 Multiplikatoren ............................................................................................. 66
8. Fazit/Ausblick ......................................................................................................... 70
Literaturverzeichnis ................................................................................................... 72
II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Transformationsmodell Wissen – Information ........................................... 5
Abbildung 2: Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland ........................................ 8
Abbildung 3: Online-Kommunikation und Massenkommunikation im Vergleich........... 10
Abbildung 4: Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland in Prozent ..................... 14
Abbildung 5: Internetnutzung nach Alter von 2002-2007 in Prozent ............................ 20
Abbildung 6: Internetnutzung nach Geschlecht von 2002-2007 in Prozent.................. 21
Abbildung 7: Internetnutzung nach Bildung 2007 in Prozent........................................ 21
Abbildung 8: Internetnutzung nach Bildung von 2002-2007 in Prozent........................ 22
Abbildung 9: Internetnutzung nach Einkommen von 2002-2007 in Prozent................. 22
Abbildung 10: Bedeutung öffentlicher Internetzugänge für die Internetnutzung........... 34
Abbildung 11: Gerätebesitz Jugendlicher 2006............................................................ 45
Abbildung 12: Internetnutzung:‚Kommunikation’ / ‚Spiele’ / ‚Informationssuche’.......... 47
Abbildung 13: ‚Gezieltes Suchen’ nach Schultyp in Prozent ........................................ 49
Abbildung 14: Verfügbarkeit und Nutzung von Computern von Schülern .................... 51
Abbildung 15: Ausstattung mit Laptops / PCs nach Schulform .................................... 52
Abbildung 16: Anzahl der Schüler pro PC in Europa, 2006.......................................... 53
Abbildung 17: Faktoren für Digitale Integration und Medienkompetenzvermittlung ..... 69
III
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
-
Abbildung
bspw.
-
beispielsweise
bzw.
-
beziehungsweise
d.h.
-
das heißt
€
-
Euro
etc.
-
et cetera
f.
-
folgende
ff.
-
folgende und weitere
ggf.
-
gegebenenfalls
i.d.R.
-
in der Regel
IKT
-
Informations- und Kommunikationstechnologien
IT
-
Informationstechnik
Kap.
-
Kapitel
NRW
-
Nordrhein-Westfalen
o.ä.
-
oder ähnliches
S.
-
Seite
s.o.
-
siehe oben
s.u.
-
siehe unten
u.a.
-
unter anderem
WWW
-
World Wide Web
vgl.
-
vergleiche
z.B.
-
zum Beispiel
z.T.
-
zum Teil
IV
1.
Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Viele Bereiche innerhalb der Gesellschaft haben sich durch die rasante Entwicklung
der Informations- und Kommunikationstechnologien1 verändert.2 Durch die immer
stärkere Verbreitung des Internets hat der Umgang mit diesem Medium Einzug in das
tägliche Leben in beruflichen und privaten Bereichen erhalten. Allerdings sind von
dieser Entwicklung nicht alle Bevölkerungsteile gleich stark betroffen und haben nicht
die gleichen Zugangsmöglichkeiten.
Für die Menschen, welche die neuen Medien nutzen können, bieten diese viele
Vorteile und neue Möglichkeiten, wie beispielsweise günstigen Informationsaustausch,
Vielfalt und Aktualität von Informationen, Möglichkeit der gezielten Recherche und
schnellen Zugang zu Informationen.3 Die in der Gesellschaft bisher benachteiligten
Gruppen sind jedoch im Internet ebenfalls unterrepräsentiert. Somit werden
bestehende soziale Ungleichheiten verstärkt und neue verursacht.4
Die so entstandene Digitale Kluft (‚Digital Divide’, vgl. Kap. 3) ist ein ernstzunehmendes Problem der Gesellschaft geworden. Es gibt Personengruppen, die
aufgrund ihres Alters, Geschlechts, Bildungsstandes, ihrer sozialen Zugehörigkeit o.ä.
benachteiligt werden. Diese gilt es mit einzubeziehen und ihnen Chancengleichheit zu
gewähren. Die Teilung vergrößert sich zusätzlich dadurch, dass diejenigen, die Zugang
zu den modernen Techniken haben, bessere soziale und wirtschaftliche Entwicklungschancen besitzen und sich somit immer mehr von den benachteiligten Nichtnutzern
entfernen.5 Die Gruppen, die das Internet nicht nutzen (können), haben zudem eine
geringere gesellschaftliche Teilhabe (z.B. im Beruf) und werden dadurch ausgegrenzt.
Maßnahmen, diese Bevölkerungsgruppen mit einzubeziehen werden als ‚Digitale
Integration’ bezeichnet. Da die bisherige Entwicklung der neuen Medien und
Technologien nicht mehr rückgängig zu machen ist, sollte allen Bevölkerungsgruppen
die Möglichkeit gegeben werden, daran teilzuhaben.
Eine ledigliche Unterteilung in Nutzer und Nichtnutzer des Internets ist jedoch zu
undifferenziert. Es bestehen ebenso Unterschiede darin, wie dieses Medium qualitativ
1
Systeme zur elektronischen Datenverarbeitung und Datenübermittlung, d.h. die Verbindung
digitaler Technik mit Telekommunikationssystemen
2
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 176
3
Bonfadelli, H., 2000, S. 188 f.
4
Boes, A., et al., 2006, S. 2
5
Norris, P., 2001, S. 7 f.
1
genutzt wird – bspw. informationsorientiert zur Weiterentwicklung des Einzelnen oder
passiv zu Unterhaltungszwecken.6 Weiterhin haben z.B. die technische Ausstattung
und die vorhandenen Kompetenzen in dem Bereich Einfluss auf die Nutzungsweise.7
Mittlerweile ist der physische Zugang zu den Medien in Deutschland nicht mehr als
Hauptproblem des Digital Divide anzusehen, sondern die fehlende bzw. geringe
Medienkompe-tenz.
Sie
setzt
sich
u.a.
zusammen
aus
der
Fähigkeit
zur
selbstbestimmten Hand-habung und Nutzung der neuen Technologien, zur Bewertung
der Informationen und zur Orientierung innerhalb der Informationsangebote.8 Die
ehemalige Bundesfamilien-ministerin Renate Schmidt betonte die Wichtigkeit dieser
Fähigkeiten (vgl. Kap. 3.5):
„Medienkompetenz ist heute die vierte Kulturtechnik neben Lesen, Schreiben und
Rechnen“9
Der Bildungshintergrund bzw. die soziale Umgebung spielen eine zentrale Rolle für die
Entwicklung von Kompetenzen und die Nutzung bzw. Nichtnutzung des Internets. Der
Zugang von Jugendlichen zum Internet ist ungleich verteilt, so entstehen eingeschränkte Bildungs- und Lebenschancen der Einzelnen. In der vorliegenden
Diplomarbeit liegt der Fokus auf dieser Gruppe der Jugendlichen, da ihre Förderung
sehr wichtig für die gesellschaftliche Entwicklung ist und sich momentan die
Berufsanforderungen stark verändern. Dadurch entsteht für sie ein besonderer
Unterstützungsbedarf. Die Jugendlichen mit einem bereits erschwerten Einstieg in das
Berufsleben haben somit weniger Möglichkeiten, den Anforderungen der Unternehmen
zu entsprechen. Oft fehlen ihnen auch Grundvoraussetzungen wie ein förderndes
soziales Umfeld (Unterstützung von Familie und Freunden) oder die Motivation und
Disziplin, sich die fehlende Kompetenz anzueignen.
Es bedarf daher neuer niedrigschwelliger Zugangsmöglichkeiten, die allen Bevölkerungsgruppen ermöglichen, das Internet auszuprobieren, kennen zu lernen und auf
Dauer zu nutzen. Die benachteiligten Bevölkerungsgruppen sollten so mit einbezogen
werden, dass sie die gleichen Chancen haben und von oben erwähnten Vorteilen
profitieren
können.
Die
Steigerung
der
Medienkompetenz
ist
ein
wichtiges
gesellschafts- und bildungspolitisches Ziel. . Wenn sie in der Lage sind, selbstgesteuert
Informationen aus dem Internet zu ziehen, ergeben sich Vorteile für sie im Leben
6
Konert, B., 2004, S. 27
DiMaggio, P., Hargittai, E., 2001, S. 9 ff.
8
Kubicek, H., Welling, S., 2000, S. 512
9
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2004
7
2
außerhalb des Internets. Die Jugendlichen benötigen spezielle Unterstützung, damit
sie in dem Bereich die gleichen Voraussetzungen haben.
Während der Erarbeitung dieser Literaturarbeit durfte die Autorin ein Projekt der
Stiftung
‚Digitale
Chancen’
namens
‚Chancengleichheit
in
der
Informations-
gesellschaft’ begleiten. Dort sind Menschen aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen
in Workshops zusammengetroffen, um Erfahrungen der Nutzung bzw. Nichtnutzung
des Internets auszutauschen. Somit wurde die gegenwärtige Situation der gesellschaftlichen Teilhabe der einzelnen Zielgruppen in der Informationsgesellschaft in
Deutschland abgebildet. Durch das bundesweite Projekt soll eine öffentliche Debatte
über die Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe angestoßen werden.10 Die
Verfasserin konnte im Rahmen der Workshops viele aktuelle Probleme aufnehmen und
wurde währenddessen auf neue Aspekte aufmerksam.
Als Ziel dieser Diplomarbeit gilt es aufzuzeigen, inwieweit soziale Benachteiligungen
von Jugendlichen in Deutschland ihre Internetnutzung, bzw. ihre zur Verfügung
stehende Medienkompetenz beeinträchtigen und welche Möglichkeiten sich ergeben,
um diesen Problemen entgegenzuwirken. Es soll herausgefunden werden, wie man die
Motivation der Jugendlichen steigern kann, um die nötigen Kompetenzen zu erwerben
und ihre Defizite zu überwinden.
Unter Berücksichtigung aktueller Studien wird eine gegenwärtige Bestandsaufnahme
der quantitativen und qualitativen Nutzung des Internets in Bezug auf die Zielgruppe
erfolgen. Diese aktuellen Erhebungen werden mit den theoretischen Grundlagen auf
diesem Gebiet verknüpft. Dadurch sollen Lösungsansätze aufgezeigt werden, wie die
Jugendlichen erreicht und für die Nutzung der Technologien bzw. für die Aneignung
der Kompetenzen motiviert werden können, um so ihre gesellschaftliche Teilhabe zu
steigern.
Als Ergebnis werden Handlungsempfehlungen für die auf die Medienkompetenz
einwirkenden Einflussfaktoren auf verschiedenen Ebenen aufgeführt und aufeinander
bezogen, um der aufgezeigten Entwicklung des ‚Digital Divide’ innerhalb dieser
Zielgruppe entgegenzutreten.
1.2 Aufbau der Arbeit
Nach dieser einleitenden Abhandlung der Problemstellung und Zielsetzung werden im
zweiten Kapitel die Auswirkungen der neuen Informations- und Kommunikations10
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/
3
technologien auf die Gesellschaft aufgeführt. Es erfolgt eine Gegenüberstellung der
Möglichkeiten des Internets, von denen die Nichtnutzer des Mediums nicht profitieren
können und den neuen Gefährdungspotentialen des Internets, welche ein Grund für die
Nichtnutzung sein können. Abschließend werden aktuelle Zahlen zur Internetnutzung
in Deutschland herangezogen.
Kapitel drei widmet sich dem Themenfeld der Digitalen Integration. Ausgehend von der
Wissensklufthypothese werden die verschiedenen Formen der Digitalen Spaltung mit
aktuellen Daten aus Deutschland vorgestellt. Eine differenziertere Betrachtung
beinhalten die Überlegungen zur ‚Digital Inequality’, welche die Unterschiede in der
Nutzung des Mediums herausstellen.
Im vierten Kapitel werden die verschiedenen Komponenten der Medienkompetenz
vorgestellt und welche Besonderheiten für die Nutzung des Internets erforderlich sind.
Es folgt eine Auflistung der Vermittlungsstellen, in denen diese Fähigkeiten erworben
werden können.
Dieser theoretische Teil bildet den Rahmen für die im Folgenden vorgestellten
praxisorientierten Projekte und Erhebungen.
Kapitel fünf widmet sich dem Projekt ‚Chancengleichheit in der Informationsgesellschaft’ der Stiftung ‚Digitale Chancen’.
Im sechsten Kapitel werden die Formen der Benachteiligungen der Jugendlichen
aufgeführt und wie diese das Internet nutzen. Anschließend werden die Besonderheiten bei der Vermittlung der Medienkompetenzen für diese Zielgruppe erläutert und
welche Relevanz die Fähigkeiten für den beruflichen Bereich hat.
Kapitel sieben beinhaltet die Handlungsempfehlungen zur Förderung der Digitalen
Integration und Vermittlung von Medienkompetenz auf verschiedenen Ebenen. Dort
sollen Lösungsansätze zur Behebung der zuvor aufgeführten Probleme geleistet
werden. In Kapitel acht wird das Fazit gezogen und ein Ausblick der Entwicklungen
gegeben.
Obwohl an manchen Stellen im Text nur die männliche Form aufgeführt ist, soll dies
nur einer besseren Lesbarkeit dienen, es ist auch immer die weibliche Form mit
eingeschlossen.
4
2.
Veränderungen durch die neuen
Kommunikationstechnologien
Informations-
und
Informations- und Kommunikationstechnologien11 dienen der elektronischen Datenverarbeitung und Datenübermittlung und demnach der Kombination von digitaler Technik
mit Telekommunikationssystemen. Der Begriff Technologie beinhaltet neben dem
Funktionieren und der Anwendung der Geräte auch ihre Einbettung in die Gesellschaft.12 Die rasanten Entwicklungen dieser Technologien haben viele Veränderungen
in der Wirtschaft und Industrie, der Wissenschaft und Bildung, aber auch
gesellschaftlich für das Leben untereinander hervorgerufen.13
Einleitend soll eine Abgrenzung der Begriffe ‚Information’ und ‚Wissen’ vorgenommen
werden, es existieren vielfältige Ansätze, diese zu beschreiben, für vorliegende Arbeit
soll jedoch folgende Definition verwendet werden:
Rainer Kuhlen sieht Information als eine Teilmenge von Wissen an, das man in einer
bestimmten Situation zur Lösung eines Problems benötigt – über das i.d.R. aber nicht
verfügt werden kann. Information wird somit akut benötigt und ist somit handlungsrelevant. Er hat Information als aktiv gewordenes Wissen in der Formel „Information ist
Wissen in Aktion“ ausgedrückt.14
Abbildung 1: Transformationsmodell Wissen – Information
Quelle: Kuhlen, R., 2004, S. 15
11
auch IuK-Technologien, bzw. IKT
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 176
13
Mandl, H., Reinmann-Rothmeier, 1997, S. 78
14
Kuhlen, R., 2004, S. 15
12
5
Externes Wissen kann nicht einfach in handlungsrelevante Informationen umgewandelt
bzw. übernommen werden. Es bedarf dazu eines Transformationsprozesses, bei dem
das Wissen eingesetzt (abgerufen) wird, um ein Ziel zu erreichen. Dabei wird es
verändert und erhält somit einen Mehrwert. Zu den auf die Transformationsprozesse
einwirkenden Rahmenbedingungen (vgl. Abb. 1) zählt Kuhlen die individuelle Befindlichkeit des Individuums, das die Information verwendet. Dazu zählen bspw. sein
Wissensstand oder die Gedächtnisleistung (seine Intelligenz) und situative Faktoren
(Ressourcen
wie
Zeit
und
Geld
für
die
Informationsverarbeitung
oder
der
15
Verwendungszweck).
Diese Ansicht verdeutlicht den Aspekt, dass Informationen für den Alltag benötigt
werden, sie nach ihrer Beschaffung in Wissen umgewandelt werden können, was dann
wiederum für Entscheidungszwecke gebraucht wird. Wenn man im Umkehrschluss
nicht an Informationen herankommt, entstehen für den Einzelnen Nachteile im
Gegensatz zu seinen Mitmenschen, die über die Informationen verfügen.
Die Begriffe Wissensgesellschaft und Informationsgesellschaft16 werden oft synonym
verwendet. Sie schließen einander nicht aus, sondern beschreiben jeweils die
Verschiebung
der
Industriegesellschaft
in
eine
postindustrielle
Gesellschaft.17
Wissensgesellschaften gewinnen ihre Lebensgrundlagen aus reflektiertem und
evaluiertem Wissen (individuell und kollektiv).18 In dieser Arbeit soll im weiteren Verlauf
der Begriff Informationsgesellschaft verwendet werden, da sich dieser auf die neuen
Informations- und Kommunikationstechnologien stützt.
2.1 Informationsgesellschaft
Für den Soziologen Daniel Bell ist die Informationsgesellschaft eine nach-industrielle
Gesellschaft, die auf dem Anwachsen des Informationssektors gegenüber der
Güterproduktion beruht: Die Beschäftigtenzahlen im Bereich der Industrie und
Landwirtschaft sinken, im Dienstleistungs- und Informationsbereich nehmen sie zu –
die Produktion wird zunehmend abhängig von Informationen. Sie werden zu einer
eigenständigen Ressource und einem wichtigen Produktionsfaktor neben Rohstoffen
und Energie, wodurch eine Veränderung der Gesellschaft in allen Bereichen
einhergeht. In der postindustriellen Informationsgesellschaft spielt die Gewinnung und
Verwertung von Wissen eine entscheidende Rolle. Daher nennt er die nachindustrielle
15
ebd. S. 15
in diesem Bereich herrscht kein Konsens über die Begrifflichkeiten, in vorliegender Arbeit
sollen die vielfältigen Ansätze weniger berücksichtigt werden
17
Coy, W., 2005, S. 35
18
Mandl, H., Reinmann-Rothmeier, 1997, S. 78
16
6
Gesellschaft auch Wissensgesellschaft, da Innovationen und Veränderungen vermehrt
von Forschung und Entwicklung ausgehen und die Gesellschaft den Bereich des
Wissens immer mehr in den Fokus rückt.19
Eine weitere Definition veröffentlichte die Groupe de Réflexion20 in einem Bericht. Für
sie ist die Informationsgesellschaft die
„Wirtschafts- und Gesellschaftsform, welche also hauptsächlich auf der zunehmend
interaktiven Gewinnung, Speicherung, Verarbeitung, Vermittlung, Verbreitung und
Nutzung von Informationen und Wissen basiert und in welcher der produktive Umgang
mit der Ressource Information und die wissensintensive Produktion eine
herausragende Rolle spielen.“21
Für Bonfadelli umfasst die Informationsgesellschaft drei Komponenten: die technologische
Komponente,
die
besagt,
dass
die
Gesellschaft
auf
den
neuen
Kommunikations- und Informationstechnologien beruht; die ökonomische Komponente
(Informations- und Mediensektor als wirtschaftliche Wachstumsbranche) und die
soziale Komponente (gesellschaftlich).22
Die Informationsgesellschaft steht demnach für die Produktion und den Konsum von
wissensintensiven Produkten und Dienstleistungen, die auf der Nutzung von
Informations- und Kommunikationssystemen beruhen. Für das Funktionieren dieser
wissensbasierten Gesellschaft sind Forschung und Bildung elementar, da sie durch
dynamische Innovationszyklen essentielle Triebkräfte für Fortschritte in Technologie,
Wirtschaft und Gesellschaft darstellen. Die Bildungs- und Forschungspolitik sollten die
dazu notwendigen Rahmenbedingungen und Infrastrukturen schaffen.23
Technologischer Wandel bezeichnet den Übergang zu neuen Technologien, wobei die
alten Technologien verdrängt werden. Diese Entwicklung kann in die Inventionsphase,
(Entwicklung der neuen Technologien), die Innovationsphase (Einführung auf dem
Markt) und die Diffusionsphase (zeitlich verteilte Übernahme und somit Verbreitung der
neuen Technologien) unterteilt werden.24 Bei der Technologie ‚Internet’ lässt sich ein
überproportionaler Diffusionsverlauf feststellen (vgl. folgendes Kapitel).
19
Bell, D., 1979, S. 29 ff.
Vom schweizerischen Bundesrat 1996 als verwaltungsunabhängige Gruppe eingesetzt, um
Entscheidungsgrundlagen in diesem Bereich zu liefern.
21
Groupe de Réflexion, 1997, S. 14
22
Bonfadelli, H., 2000, S. 187
23
Thomas, U., 2002, S. 99
24
Hüser, G., Grauer, M., 2005, S. 84 f.
20
7
2.2 Entwicklung des Internets
Ende der 60er Jahre wurde ein dezentrales Kommunikationsnetz (‚ARPANET’) in den
USA für militärische Zwecke eingesetzt. Für den Datenaustausch zwischen den
unterschiedlichen Rechnersystemen diente das Transmission Control Protocol/Internet
Protocol (TCP/IP) als Basis. Der Durchbruch in der Nutzung entstand durch das World
Wide Web (WWW), als es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Durch die
Hypertext Markup Language können multimediale Internetseiten erstellt werden, die
durch Hyperlinks aufeinander bezogen und verbunden werden.25
Seit Mitte der 90er Jahre hat das Internet ein sehr rapides Wachstum in der
Verbreitung vorzuweisen, dieser exponentielle Anstieg an Teilnehmern wurde häufig
unterschätzt. Die hohe Steigerungsrate zeigt, welchen enormen Bedeutungszuwachs
das Internet als Medium gesellschaftlicher Kommunikation erfährt. Es entwickelte sich
zu einem Leitmedium der hoch entwickelten Gesellschaft.26
100
90
Nutzerzahlen in Prozent
1997 (6,5%) bis 2007 (62,7%)
80
70
60
50
40
30
20
10
0
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Abbildung 2: Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland27
Quelle: in Anlehnung an ARD/ZDF-Medienkommission, 2007, S. 1
Für die rasante Entwicklung des Internets sind folgende Faktoren maßgeblich
entscheidend gewesen:
-
Digitalisierung ermöglicht die Speicherung und den Transfer von Informationen
über Netze. Damit geht eine Leistungssteigerung einher.
-
Durch die Verbesserung der Rechen-, Speicher- und Übertragungsleistungen
findet eine kontinuierliche Verbesserung des Preis-/Leistungsverhältnisses statt
(z.B.
Erhöhung
der
Übertragungsgeschwindigkeit
bei
gleichzeitigem
Preisverfall).
25
Zimmer, J., 1996, S. 112
Boes, A., Preißler, J., 2002, S. 11 f.
27
gelegentliche Onlinenutzung ab 14 Jahren
26
8
-
Minituarisierung (Verkleinerung bei Beibehaltung der Funktionen) und
-
die schnelle Akzeptanz von Standards.28
Durch die neuen Informations- uns Kommunikationstechnologien steigen die
Möglichkeiten der Datenübertragung, der Datenspeicherung und der Datenverarbeitung rasant an. Damit einhergehend nimmt die Menge an bereitgestellten
Informationen rasant zu (‚Informationsflut’). Die Nutzer der Medien benötigen
Unterstützung, um Inhalte selektieren zu können und diese in Wissenszuwachs
umzuwandeln. Dieses angehäufte Wissen hat Einfluss auf den sozialen Status, die
politische Mitbestimmung und somit auf die gesellschaftliche Teilhabe des Einzelnen.29
Das Internet ist kein weiteres vom Nutzer unbeeinflussbares reines Informations- und
Kommunikationsmedium neben Telefon oder TV. Es wird zu einem neuen sozialen
Handlungsraum und durch das Zutun seiner Nutzer ständig verändert. Es sind neue
Partizipationsmöglichkeiten in allen gesellschaftlichen Bereichen und neue Formen der
Öffentlichkeit und politischen Entscheidungsfindung entstanden – dadurch wird eine
weiter reichende Demokratisierung der Gesellschaft erhofft. Die aktive Teilhabe daran
entscheidet über die Beteiligung oder den Ausschluss in anderen gesellschaftlichen
Bereichen – z.B. größere Auswahl und weiter reichende Informationen im Internet bei
der Stellensuche. Klassische Einflussfaktoren sozialer Ungleichheit (z.B. Einkommen,
Bildung) bestimmen jedoch auch die Chancen der Beteiligung im Internet.30
2.3 Chancen und Risiken des Internets
2.3.1 Nutzungsspektrum und neue Möglichkeiten durch das Internet
Durch die neuen digitalen Infrastrukturen und Kommunikationsmöglichkeiten entstehen
neue Potentiale für ihre Nutzung:31
- Interaktivität: Im Internet ist reziproke (interaktive) Kommunikation möglich – im
Gegensatz zu traditionellen Medien, bei denen dies einseitig vom Sender zum
Empfänger geschieht.
- Aktivität: Bei Medien wie dem Fernseher oder dem Radio verläuft die Nutzung eher
passiv (Zuhören/-schauen). Die neuen Medien benötigen mehr Eigenaktivität, bspw.
bei der Informationssuche oder der Navigation in Multimediaprogrammen. Dies
erfordert jedoch mehr Kompetenzen von den Anwendern (vgl. Kap. 4.2)
28
Hüser, G., Grauer, M., 2005, S. 86
Thomas, U., 2002, S. 94
30
Boes, A., et al., 2006, S. 1
31
Bonfadelli, H., 2000, S. 188 ff.
29
9
- Horizontale Kommunikation: Journalismus verläuft traditionell vertikal, d.h. dass der
Informationsfluss kontrolliert wird und ausgewählte Themen bereitgestellt werden. Im
Internet kann theoretisch jeder Mensch Informationen verbreiten und zum ‚Sender’
werden, was einen ‚herrschaftsfreien’ Kommunikationsraum entstehen lässt. Beispiele
hierfür sind Internetforen (virtuelle Diskussionsforen zum Austausch und zur
Archivierung von Gedanken und Erfahrungen, die Kommunikation verläuft asynchron,
also nicht in Echtzeit) und Chatrooms (Konversation in Echtzeit zwischen zwei oder
mehreren Personen im Internet, oft thematisch unterteilt32).
- Individual-/Zielgruppenpublika: Im Vergleich zu den traditionellen Massenmedien (z.B.
Zeitung, ‚one to many’) ist im Internet ferner parallel auch Individual- bzw.
Zielgruppenkommunikation (z.B. via E-Mail) möglich, u.a. daher wird es als
Hybridmedium (‚Mischling’) bezeichnet.
- Globalität: Die Kommunikation ist räumlich nicht begrenzt und nicht mehr vorwiegend
lokal orientiert wie bei den klassischen Medien; dies bezieht sich auf die Angebote und
die Nutzer.
- Privates wird öffentlich: Bei den herkömmlichen Medien sind die Inhalte eher
universell und für die Öffentlichkeit bestimmt. Die o.g. Interaktivität und Horizontalität
des Internets machen die Thematisierung von Privatem und sehr speziellen Inhalten
für ein breites Publikum möglich.
-
Multimedialität: Die ursprünglich getrennten Kanäle Bild, Ton und Text können
beliebig multimedial online verknüpft werden (da sie digital sind).33
Abbildung 3: Online-Kommunikation und Massenkommunikation im Vergleich
Quelle: in Anlehnung an Bonfadelli, H., 2000, S. 189
Weiterhin ist der unmittelbare Zugriff in Echtzeit auf Informationen unabhängig vom
Zeitpunkt ein großer Vorteil. Durch die Digitalisierung wird die Verarbeitung und
32
33
Vgl. Meyers Lexikon online: http://lexikon.meyers.de/
Bonfadelli, H., 2000, S. 190
10
Speicherung der Informationen erleichtert. Zudem können Transaktionskosten durch
das Internet drastisch gesenkt werden.34
Die Chancen und Vorteile der neuen Technologien liegen in dem schnellen und
leichten Zugang zu einer Fülle an (aktuellen) Informationen und vielfältige
Informationsverarbeitungsmöglichkeiten. Weiterhin sind der schnelle und günstige
Austausch von Informationen und die Möglichkeit der gezielten Recherche zu
nennen.35
Die unterschiedlichen Funktionalitäten des Internets kann man auf fünf Bereiche
aufteilen, wobei diese nicht gänzlich trennscharf zu sehen sind:36
-
Information: Suche nach Informationen (beruflich und privat) im World Wide
Web
-
Kommunikation: Informationsaustausch, soziale Kommunikation (z.B. per EMail, in Chats oder Foren)
-
Unterhaltung: spaßorientiertes Nutzen, zielloses Surfen, vernetztes Spielen,
Filme und Musik
-
Konsumtion: Transaktionen, bzw. E-Commerce (Waren und Dienstleistungen
suchen und kaufen)
-
Gestaltung: eigene Homepages erstellen (oder z.B. Weblogs)
Es entstehen neue globale Interaktionsformen, Gleichgesinnte können sich über große
Entfernungen hinweg zusammenschließen und sich über gemeinsame Interessen
austauschen.37
Die neuen Technologien können weiterhin im Bereich Bildung und Weiterbildung
Einsatz finden. Es existiert eine Vielzahl von Lehr- und Übungsprogrammen,
Lernspielen, Experimentier- und Kooperationsumgebungen. Diese können sehr
vielfältig im Unterricht eingesetzt werden. Unter ‚E-Learning’ werden Lernprozesse
zusammengefasst, bei denen gezielt multimediale und telekommunikative Technologien genutzt werden. Durch die Interaktion mit den Programmen, auditive und visuelle
Reize, Rückmeldungen zu Lernaktivitäten, Simulationen oder den Aufbau von Lerngemeinschaften in virtuellen Räumen entsteht die Erwartung an eine lernförderliche
Wirkung. Weiterhin wird die Kombinationsfähigkeit und vernetztes Denken durch die
Multimedialität und die Navigation gefördert.38
34
Hüser, G., Grauer, M., 2005, S. 95
Mandl, H., Reinmann-Rothmeier, 1997, S. 78
36
Fraas, C., 2004, S. 8 f.
37
ebd. S. 10
38
Herzig, B., 2007, S. 8
35
11
Die vielfach erhofften Erwartungen an das Internet, wie bspw. Mitbestimmung für alle
Menschen oder die Nivellierung von sozialen Ungleichheiten39 durch die Anonymität
sind ebenso von den Kompetenzen der einzelnen Nutzer abhängig.40
Ökonomisch gesehen wäre die weltweite Vernetzung und Kommunikation zwischen
den großen Unternehmen, die global produzieren und verkaufen, in diesem Ausmaß
nicht möglich. Für die Erhaltung der Wettbewerbssituation auf dem Markt ist das
Internet für die Firmen mittlerweile unverzichtbar. Es entstehen neue Formen der
Beschäftigung, wie z.B. Telearbeit, die aufgrund der technologischen Vernetzung nicht
im Gebäude des arbeitgebenden Unternehmens verrichtet werden muss.
Verbraucher erfahren ebenfalls viele Vereinfachungen durch die neuen Medien: sie
können z.B. online weltweit Waren bestellen, bequem von zu Hause Buchungen (z.B.
Fahrkarten, Hotels, Flüge) vornehmen oder Bankgeschäfte abwickeln.41
Sie
haben
somit
einen
leichteren
Zugang
zu
Konsumgütern
und
können
gegebenenfalls günstigere Angebote wahrnehmen. Somit entstehen für sie materielle
oder ideelle Vorteile gegenüber Nichtnutzern des Internets.42
Demgegenüber stehen die Gefährdungspotentiale dieses Mediums:
2.3.2 Gefahren des Internets
Da die Inhalte im Internet unmittelbar verbreitet werden und universal, umfassend, ortsund zeitunabhängig und zunehmend mobil nutzbar sind, entstehen neue Risiken und
Schwierigkeiten durch das Medium.43 Durch die rasante Entwicklung der Angebote und
die Globalität werden Prävention, Kontrolle und Auffinden immer schwieriger.44 Die
Regulierungs- und Aufsichtsbehörden stehen vor neuen Herausforderungen in
folgenden Bereichen:
- Jugendschutz: In Deutschland wirkt das eingeschränkte Verbreitungsgebot von
Gewaltdarstellungen45 für unter 18-jährige. Die Ausstrahlung von Pornografie und
Gewalt (bzw. Gewaltverherrlichung und -verharmlosung), die die Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen beeinträchtigen, sind im Fernsehen verboten. Im Internet
besteht im Gegensatz zum Fernsehen nicht die Möglichkeit der Sendezeitbeschränkungen der jugendgefährdenden Angebote.46 Eltern können den Medienkonsum
39
es existieren bei der Nutzung (z.B. im Chat) keine materiellen Barrieren (oder
Benachteiligungen durch Äußerlichkeiten wie Behinderungen oder Hautfarben) für eine
gleichberechtigte Teilnahme an gesellschaftlichen Angeboten wie in der realen Welt
40
Kutscher, N., Otto, H.-U., 2004, S. 8
41
Perillieux, R., et al., 2000, S. 8. f
42
Kubicek, H., Welling, S., 2000, S. 512
43
Groebel, J., Konert, B., 2002, S. 7
44
ebd. S. 9
45
§ 131 Strafgesetzbuch
46
Groebel, J., Konert, B., 2002, S. 12 f.
12
schwerer kontrollieren und steuern. Die Universalität der Online-Inhalte ruft das
Problem hervor, grenzüberschreitende Maßnahmen zur Prävention oder Sanktion
entwickeln zu müssen – in den einzelnen Ländern finden verschiedene kulturelle
Bewertungen statt.47 Die unüberschaubare Vielfalt der Inhalte und Anbieter erschwert
die Erfassung und Bewertung der gefährdenden Angebote. Als Schutzmaßnahmen
dagegen
können
Verifikationssysteme
(Abfrage
des
Alters
oder
z.B.
der
Personalausweisnummer) und Filter- und Ratingsysteme (zur Bewertung und
Klassifizierung von Internetseiten) eingesetzt werden.48
- Gefährdende Inhalte (wie Pornographie oder Rassismus): Durch die neuen Medien
können online viel weiter reichende Verbreitungskanäle genutzt werden. Auf digitalem
Wege ist dies in einer viel besseren Qualität und Quantität möglich (z.B. Bilder und
Filme), als analog (z.B. Verteilung durch Versand).49 Weiterhin kann das Internet als
Propagandaplattform (z.B. für rechtsradikale Inhalte) und als Kommunikationssystem
für schnellen Austausch von Informationen (z.B. Aktionen absprechen) genutzt
werden.50 Somit entstehen ganz neue Möglichkeiten für diese Anbieter.
- Persönlichkeitsschutz: Da die Inhalte im Internet vergleichsweise unübersichtlich und
unreglementiert angeboten werden, ist es leicht, diskriminierende Inhalte zu
veröffentlichen.51 Dies können moralische, sittliche und strafrechtliche Grenzüberschreitungen sein, die die Menschenwürde verletzen.52
- Werbung: Im Fernsehen muss Werbung klar erkennbar von redaktionellen Beiträgen
getrennt sein. Im Internet hingegen ist diese Trennung oft nicht eindeutig
auszumachen, z.B. wenn Werbebanner auf einer Internetseite nicht abgegrenzt oder
als Anzeige gekennzeichnet sind. Ein weiteres Problem sind ‚Pop-Up-Fenster’, die in
neuen Fenstern aufspringen und weggeklickt werden müssen; oft werden die Nutzer
dabei zu anderen Internetseiten weitergeleitet. Außerdem kann man bei den OnlineAngeboten die Werbung zeitlich nicht begrenzen. Vor allem bei Kindern muss darauf
geachtet werden, dass die Werbung ihnen nicht schadet und ihre Unerfahrenheit in
dem Bereich nicht ausgenutzt wird.53
- Computerkriminalität: Dies beinhaltet strafrechtlich relevante Übergriffe auf Internet
und Computer, wie z.B. Angriffe gegen die Vertraulichkeit von Computerdaten durch
illegalen und unberechtigten Zugang, Abfangen oder Ausspähen von Daten. Weitere
Probleme
stellen
Datenmanipulation
und
Fälschung
von
Inhalten
oder
47
ebd. S. 7 f.
ebd. S. 13
49
ebd. S. 18
50
ebd. S. 21
51
Wie bereits erwähnt kann nahezu jeder Nutzer zum Inhaltsanbieter werden, dies verschärft
die Situation.
52
Groebel, J., Konert, B., 2002, S. 23
53
ebd. S. 33
48
13
Systemstörungen (z.B. durch Trojaner54) dar. In Communities55 entstehen neue
Risikopotentiale, wenn sich die Teilnehmer dort unkontrolliert über riskante Themen
austauschen (z.B. Suizid). In Chatrooms können die Nutzer anonym (mit Spitznamen
und ggf. falschen Angaben bezüglich Alter, Geschlecht etc.) verschiedene Identitäten
ausprobieren. Dort halten sich jedoch auch viele Kriminelle auf (z.B. Päderasten in
Schüler-Chat-Rooms oder Menschen, die sensible Daten, wie z.B. Bankverbindungen
erfragen).56
2.4 Nutzung des Internets
2.4.1 Internetnutzung in Deutschland
In einer Vorabveröffentlichung der ARD/ZDF-Online Studie57 2007 sind folgende
Ergebnisse ablesbar:
Abbildung 4: Entwicklung der Onlinenutzung in Deutschland in Prozent
Quelle: ARD/ZDF-Medienkommission, 2007, S. 1
Die Anzahl der Internetnutzer58 ist gegenüber dem Vorjahr um 2,2 Millionen neue
Anwender auf aktuell 40,8 Millionen Onliner in Deutschland (ab 14 Jahren) gestiegen.
Damit wuchs der Anteil der Internetnutzer von 6,5% im Jahre 1997 auf 62,7% in
54
Vermitteln eine sehr große Menge an E-Mails an eine Internetseite und blockieren somit den
Zugriff auf sie. (vgl. Groebel, J., Konert, B., 2002, S. 43)
55
Virtuelle Gemeinschaften, Verbindung von Gleichgesinnten (vgl. Groebel, J., Konert, B.,
2002, S. 47)
56
Groebel, J., Konert, B., 2002, S. 41 ff.
57
In der seit 1997 jährlich bundesweit durchgeführten Repräsentativstudie wurden für 2007
1.820 Erwachsene befragt
58
Zumindest gelegentliche Nutzung
14
2007.59 Die höchsten Zuwachsraten waren bei den Frauen und den Menschen über 50
Jahren zu verzeichnen. 2007 nutzen 56,9% der weiblichen Bevölkerung das Internet –
ein Zuwachs von 1,6 Millionen im Gegensatz zum Vorjahr. 5,1 Millionen der Onliner
sind 60 Jahre und älter; sie haben anzahlmäßig erstmals die 14- bis 19-Jährigen (4,9
Millionen) überholt.60
Es sollen an dieser Stelle noch weitere Daten einer anderen Erhebung zum Vergleich
aufgeführt werden: Laut den aktuellen Ergebnissen des (N)ONLINER Atlas61 2007
nutzen62 60,2 Prozent der Bevölkerung über 14 Jahren in Deutschland das Internet,
was ca. 39,2 Millionen Personen entspricht63. 5,7 Prozent (3,7 Millionen Bundesbürger)
sind ‚Nutzungsplaner’64, d.h. sie beabsichtigen, in den nächsten zwölf Monaten online
zu gehen, sind aber zum Zeitpunkt der Erhebung auch noch nicht im Internet. 22,2
Millionen Deutsche (34,1 Prozent) sind Nicht-Nutzer ohne Anschaffungsabsicht,
demnach nutzen insgesamt 39,8 Prozent das Internet nicht.
Der Zuwachs an Nutzern hat sich verringert, sind im Jahre 2006 noch 3,1 Prozent neue
Onliner hinzu gekommen, so waren es dieses Jahr lediglich 2 Prozent. Die Anzahl der
Nutzungsplaner bewegt sich rückläufig, dies könnte auf einen weiteren Rückgang der
Zuwachsraten in Zukunft deuten.65 Dies wirft die Frage auf, ob in Zukunft mehr
investiert werden muss, damit der Zuwachs wieder ansteigt, oder ob die Entwicklung
am Beginn einer Sättigung steht.
2.4.2 Gründe für die Nichtnutzung des Internets
Die Motive der Menschen, die das Internet nicht nutzen sind sehr different, sie
bedürfen jeweils spezialisierter Maßnahmen, um ihnen entgegenzuwirken. Es haben
unterschiedlichste Faktoren einen Einfluss darauf, ob das Medium in Zukunft
angenommen und genutzt wird. 66 Neben der fehlenden Infrastruktur werden folgende
Gründe für die Nichtnutzung genannt:
59
ARD/ZDF-Medienkommission, 2007, S. 1
ebd. S. 1 f.
61
Deutschlandweit größte Studie zur Internetnutzung mit fast 50.000 Interviews. Seit 2001
werden Nutzungsvergleiche nach Bundesland, Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildungsstand
und Beschäftigung angestellt.
62
Definition laut (N)ONLINER-Atlas: Onliner = Nutzer des Internets, unabhängig von Ort und
Grund der Nutzung
63
Die unterschiedliche Grundgesamtheiten führen u.a zu variierenden Ergebnissen der Studien
64
Diese Zahl ist kritisch zu betrachten, da sich diese im Laufe der letzten Jahre nie realisiert
hat; d.h. es kamen jeweils weniger Nutzer hinzu, als es im Vorjahr geplant hatten. Dort wären
die Gründe für die Nichtnutzung interessant herauszufinden, da bei ihnen bereits eine
positive Einstellung zum Internet bestand.
65
TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 10
66
Gehrke, G., 2004, S. 33
60
15
-
Fehlender Nutzen
-
Kosten
-
Mangelnde Medienkompetenz67 (Bedienbarkeit von Geräten und Programmen,
Schwierigkeit des Auffindens von relevanten Informationen im Internet)68
-
Sicherheitsaspekte (Gefährdungen der Privatsphäre, Datenschutz, Datensicherheit, Rechtssicherheit) (vgl. Kap. 2.3.2)
-
kritische Inhalte (Inhalte wenig glaubwürdig und vertrauenswürdig, Sex und
Gewalt)69
Die Nichtnutzer des Internets haben den fehlenden persönlichen Nutzen als
höchstbewertete Antwort angegeben und das durch alle soziodemografischen Gruppen
hinweg. Dies zeigt, wie sehr die Nutzung von persönlich wahrgenommenen oder
erlebten Mehrwerten abhängt. Einzelne Faktoren, wie z.B. Kosten oder die Bedienung
der Geräte wurde von einzelnen Bevölkerungsgruppen besonders hoch bewertet,
bspw. von älteren, einkommensschwachen oder formal gering gebildeten Menschen.
Der von den Experten am wichtigsten angesehene Faktor ‚Sicherheit’ nimmt bei den
Offlinern selbst eine weit geringere Rolle ein.70
Je größer die Hinderungsgründe für den Einzelnen sind, desto mehr muss dieser
motiviert werden, das Medium dennoch zu nutzen. Dass der fehlende Nutzen einen so
hohen Stellenwert einnimmt, erschwert diesen Vorgang.71
67
Diese 3 Argumente wurden in der Reihenfolge nach Wichtigkeit bei der Erhebung ‚NRW
online - offline’ angegeben, vgl. Groebel, J., et al., 2003, S. 16
68
ebd. S. 12
69
ebd. S. 6
70
Gehrke, G., 2004, S. 35
71
Groebel, J., et al., 2003, S. 12
16
3.
Digitale Integration
Maßnahmen zur Überwindung der Digitalen Spaltung72 werden als Digitale Integration
bezeichnet. Sie sollen alle Betroffenen dieses Problems zur Verbesserung ihrer
Chancengleichheit einbeziehen. Dazu ist eine differenzierte Betrachtung der einzelnen
Zielgruppen zweckmäßig.73
Die Sicherstellung des bürgerlichen Rechts auf umfassenden Informationszugang ist
im Grundgesetz (Art. 5, Abs. 1) verankert:
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu
verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.
[…]“74
3.1 Wissensklufthypothese
Bereits 1970 veröffentlichten die drei Professoren Tichenor, Donohue und Olien die
von ihnen entwickelte Wissensklufthypothese (‚Increasing Knowledge Gap’) über die
Auswirkungen steigender Informationsvermittlung durch die Medien und die daraus
resultierenden Effekte auf verschiedene Segmente der Bevölkerung:
“As the infusion of mass media information into a social system increases, segments of
the population with higher socioeconomic status tend to acquire this information at a
faster rate than the lower status segments, so that the gap in knowledge between
these segments tends to increase rather than decrease.”75
Sie vertraten damit die Meinung, dass besser Gebildete sich Inhalte schneller
erschließen können und sie eine erweiterte und differenziertere Lebenswelt mit vielen
sozialen Beziehungen haben. Sie haben ein erhöhtes Interesse an Politik und
Wissenschaft und widmen sich dadurch diesen Themen aufgrund ihres bereits
vorhandenen Wissens eher. Somit nutzen sie die Medien effektiver, was ihnen einen
Wissensvorsprung verschafft.76
Diese Hypothese bildet seitdem die Grundlage medienpädagogischer Überlegungen.
Das immer größer werdende Informationsangebot der Massenmedien (z.B. in Zeitung,
Rundfunk und Fernsehen) hat nicht automatisch eine bessere Informiertheit der Bürger
zur Folge. Es können nicht alle gleichermaßen von einer Medieninformation zu einem
bestimmten Thema profitieren. Die Mediennutzer mit einer höheren Bildung verfügen
über eine bessere Medienkompetenz und mehr Vorwissen, nutzen die Medien
72
In der Literatur werden die Begriffe ‚Digitaler Graben’, ‚Digitale Kluft’, ‚Digital Divide’, Digitales
Gefälle’ synonym verwendet
73
Kubicek, H., Welling, S., 2004, S. 57
74
Vgl. http://www.bundestag.de/parlament/funktion/gesetze/grundgesetz/gg_01.html
75
Tichenor, P. J., et al., 1970, S. 159
76
ebd. S. 162
17
informationsorientierter und bedienen sich eher informationsreicher Printmedien. Durch
sozialstrukturelle Kommunikationsbarrieren, technische Entwicklungen und dem
wachsenden Informationsangebot wird die Chancengleichheit im Informationszugang
und in der Informationsnutzung vermindert.77
Ettema
und
Kline
modifizierten
die
Hypothese,
die
die
bestehenden
Wissensunterschiede als Defizite der unterprivilegierten Segmente begreift, indem sie
die unterschiedlich ausgeprägten Motivationen hervorheben, die existieren, um sich
Wissen aus Medieninhalten aneignen zu wollen oder nicht. Diese verschiedenen
Grade der situativen Motivation lassen auf Differenzen in der Medienaneignung
schließen, die darauf zurückzuführen sind, ob die jeweiligen Informationen subjektiv
von Interesse, bzw. funktional sind.78
Untere
Bildungsschichten
haben
ein
eingeschränktes
Mediennutzungs-
und
Informationsverhalten (lesen im Offlinebereich z.B. auch seltener Zeitungen), durch die
digitale Spaltung verstärken sich diese Unterschiede weiter. Niemand soll aufgrund
seines Einkommens oder des Bildungsniveaus der Eltern vom Wissenserwerb
ausgeschlossen werden.79
3.2 Digital Divide
Ende des zwanzigsten Jahrhunderts ging daraus mit zunehmender Digitalisierung der
Massenmedien die Diskussion um den Digital Divide hervor. Dies soll nicht als weitere
Veränderung der Wissensklufthypothese, sondern als eine Ergänzung verstanden
werden.
Die National Telecommunications and Information Administration80 hat 1995 die erste
Studie ihrer Untersuchungsreihe ‚Falling through the Net’ mit Daten über die
Verfügbarkeit von Telefonen, PCs und Modems in amerikanischen Haushalten
veröffentlicht. Sie stellten erstmals einen Zusammenhang zwischen der Ausstattung
der Haushalte mit Computern samt Internetanschluss und dem Einkommen, dem
Bildungsniveau, der ethnischen Herkunft und des Wohnorts der Befragten fest. Sie
haben eine Spaltung zwischen den Menschen, die Zugang zu den Informations- und
Kommunikationstechnologien
haben
und
denen,
die
nicht
darüber
verfügen,
aufgedeckt.81 Durch sie erfolgte jedoch lediglich eine Unterteilung in ‚Haves’ und ‚Have
Nots’ in Bezug auf den Zugang, diese Sichtweise ist allerdings zu einseitig.
77
Bonfadelli, H., Saxer, U., 1986, S. 15
Ettema, J., Kline, G. F., 1977, S. 188
79
Kubicek, H., 2001, S. 373
80
zugehörig zum U.S. Department of Commerce
81
National Telecommunications and Information Administration, 1995
78
18
Bei der Betrachtung der Digitalen Spaltung geht es zunehmend nicht allein um den
Aspekt des Zugangs zum Internet, sie sollte um die verschiedenen Nutzungsweisen
und soziale Gesichtspunkte erweitert werden. Pippa Norris sieht dies ebenfalls als ein
mehrdimensionales Phänomen an:
“In this study the concept of the digital divide is understood as a multidimensional
phenomenon encompassing three distinct aspects. The global divide refers to the
divergence of Internet access between industrialized and developing societies. The
social divide concerns the gap between information rich and poor in each nation. And
lastly within the online community, the democratic divide signifies the difference
between those who do, and do not, use the panoply of digital resources to engage,
mobilize and participate in public life.”82
1. Der global divide existiert auf internationaler Ebene und verweist auf die Kluft
zwischen
Industrieländern
und
Schwellen-
oder
Entwicklungsländern.
Die
fortschrittlicheren Länder verfügen an sich über eine wirtschaftlich bessere Position
und können diese durch die neuen Technologien leichter ausbauen und sich somit
weiterentwickeln, die weniger entwickelten Länder können dies schwerer aufholen. Da
die meisten Industrieländer auf der Nordhalbkugel der Erde liegen, ergibt sich global
ein ‚Nord- Süd-Gefälle’.83
In den Entwicklungsländern herrscht die größte ‚digitale Unterversorgung’, dort gibt es
jedoch erkennbar viel größere Missstände, wie z.B. Hunger und Durst oder
Krankheiten wie AIDS, die das Problem des Digital Divides sofort relativieren. Dadurch
hebt es sich allerdings nicht auf. Man kann die Situation in Bezug auf die neuen
Technologien nicht ignorieren, nur weil es noch kritikwürdigere Probleme gibt. Die
Digitale Spaltung trennt die Bevölkerung von Chancen, die man ihnen nicht
vorenthalten darf.84
2. Der democratic divide bezieht sich auf die Partizipationsmöglichkeiten von Nutzern
und Nichtnutzern, die die Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe über die Medien
wahrnehmen oder nicht wahrnehmen.85
3. Der social divide betrifft die Spaltung in Bezug auf die Nutzung der neuen
Technologien auf nationaler Ebene innerhalb von Gesellschaften. Hier werden einzelne
Bevölkerungsgruppen aufgrund des Alters, des Geschlechts, der Bildung, ihrer
Herkunft, des Einkommens, ihrer Kultur oder aufgrund von Behinderungen (Näheres s.
Kap. 5) von den Chancen ausgeschlossen. Norris betont, dass diese sozialen
Ungleichheiten auch in anderen Bereichen bestehen, sie möchte jedoch die
82
Norris, P., 2001, S. 1
ebd. S. 2 ff.
84
Scheule, R. M., 2005, S. 477
85
Norris, P., 2001, S. 9 f.
83
19
Besonderheiten im Bezug auf die neuen Technologien (Ungleichheiten in der Nutzung,
individuelle Barrieren) hervorheben.86
Nachfolgend werden aktuelle Angaben des (N)Onliner-Atlas 2007 bezüglich des social
divides, der innerhalb Deutschlands besteht, aufgeführt:
3.2.1 Alter
Der Anteil der Internetnutzer fällt mit steigendem Alter. Allerdings steigen die
Nutzerzahlen bei den über 50-Jährigen erneut; am stärksten mit 2,8 Prozentpunkten
bei den 60- bis 69-Jährigen auf 35,5 Prozent. Damit nutzt mehr als ein Drittel dieser
Altersgruppe das Internet. Die über 70-Jährigen können dagegen nur einen Zuwachs
von einem Prozentpunkt verzeichnen.87
Internetnutzung nach Alter
100
Anteil in %
80
60
40
20
0
2002
2003
2004
14-29 Jahre
2005
30-49 Jahre
2006
2007
über 50 Jahre
Abbildung 5: Internetnutzung nach Alter von 2002-2007 in Prozent
Quelle: in Anlehnung an TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 12
3.2.2 Geschlecht
Bei den Frauen ist die Internetnutzung mit einem Zuwachs von 2,3 Prozentpunkten auf
53,8 Prozent stärker angestiegen als bei den Männern mit einem Plus von 1,7 Prozent
auf 67,1 Prozent. Damit beträgt der Abstand zwischen Männern und Frauen 13,3
Prozent, was den geringsten Wert seit der ersten Erhebung in 2001 darstellt. Allerdings
hat sich die Differenz seit 2001 (13,7 Prozent) nicht merklich verringert.88
86
ebd. S. 7 f.
TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 12
88
ebd. S. 13
87
20
Internetnutzung nach Geschlecht
100
Anteil in %
80
60
40
20
0
2002
2003
2004
Männer
2005
2006
2007
Frauen
Abbildung 6: Internetnutzung nach Geschlecht von 2002-2007 in Prozent
Quelle: in Anlehnung an TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 13
3.2.3 Bildung
In Bezug auf die Bildung bleiben die Unterschiede nach formellem Abschluss bestehen
(vgl. Abb. 7). Die größte Dynamik weist allerdings die Gruppe mit Volksschulabschluss
ohne Lehre auf, die einen Anstieg von 6,4 % zu verzeichnen haben. Dies macht den
größten Zuwachs aus, allerdings liegen sie noch weit hinter den anderen Gruppen.89
Basis
Onliner
Nutzungs-
Offliner
planer
Volksschule ohne Lehre
4.871
30,5
5,5
64,0
Volksschule mit Lehre
14.929
45,8
6,7
47,5
Weiterbildende Schule,
16.216
66,3
6,3
27,4
3.867
82,9
3,5
13,6
Abgeschlossenes Studium
4.851
81,2
3,4
15,4
Schüler
2.827
91,6
5,2
3,1
ohne Abitur
Abitur, Hochschulreife,
Fachhochschulreife
Abbildung 7: Internetnutzung nach Bildung 2007 in Prozent
Quelle: in Anlehnung an TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 14
89
ebd. S. 14
21
Man kann zwar einen Anstieg in allen Gruppen über die Jahre hinweg ablesen,
allerdings bleiben die Differenzen zwischen ihnen bestehen, es lässt sich ein recht
paralleler Verlauf in allen Bereichen ablesen.
Internetnutzung nach Bildung
100
Anteil in %
80
60
40
20
0
2002
2003
Schüler
2004
Abi/Studium
2005
weiterb.Schule/Abi
2006
2007
Volks-/Hauptschule
Abbildung 8: Internetnutzung nach Bildung von 2002-2007 in Prozent
Quelle: in Anlehnung an TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 14
3.2.4 Einkommen
Dies kann man auf das Haushaltsnettoeinkommen übertragen: die Internetnutzung
hängt von dem zur Verfügung stehenden Geld ab. Die Gruppe der Personen mit unter
1.000€ Einkommen verzeichnet zusätzlich den geringsten Zuwachs an Onlinern.90
Internetnutzung nach Haushaltsnettoeinkommen
100
Anteil in %
80
60
40
20
0
2002
2003
unter 1.000€
2004
1.000€ bis <2.000€
2005
2006
2.000€ bis <3.000€
2007
über 3.000€
Abbildung 9: Internetnutzung nach Einkommen von 2002-2007 in Prozent
Quelle: in Anlehnung an TNS Infratest, Initiative D 21, 2007, S. 15
90
ebd. S. 15
22
Weiterhin hat Beschäftigung einen Einfluss darauf, ob das Internet genutzt wird. 75,7%
der Berufstätigen (einschließlich vorübergehend Arbeitslose) sind online, dagegen nur
43,7% der nicht Berufstätigen (Rentner, Auszubildende, Schüler, Studenten etc.).91
Es gibt eine flächendeckende Zunahme in allen Bundesländern zu verzeichnen, jedoch
bleibt das Ost-West-Gefälle in der Internetnutzung bestehen. In den westlichen
Bundesländern ist die Internetnutzung um 2,1 Prozentpunkte angestiegen, in den
östlichen Bundesländern um 1,6 Prozentpunkte.92
Castells definierte ergänzend noch folgende Spaltungen innerhalb von Gesellschaften:
-
‚Ethnic Divide’, der besagt, dass Menschen mit weißer Hautfarbe traditionell
häufiger online sind als Angehörige anderer Rassen.
-
‚Geographic Divide’, d.h., dass Stadtbewohner traditionell häufiger online sind
als Bewohner ländlicher Gegenden.93
-
‚Technological Divide’ zwischen den Internetnutzern, die einen ISDN-, bzw.
Breitband-Zugang besitzen und denen mit analogem Anschluss, wodurch sie
manche Angebote im Internet nicht nutzen können oder sehr lange Warte/Ladezeiten während der Nutzung haben.94
Es gibt also auch Unterschiede innerhalb der Gruppe der Internetnutzer, dies wird in
den nachfolgenden Betrachtungen mit einbezogen:
3.3 Second Level Divide
Hargittai definierte den ‚Second Level Divide’, bei dem die unterschiedlichen Nutzungsweisen innerhalb der Gruppe, die das Internet nutzt, in den Vordergrund rücken:
“[…] it is increasingly important to look at not only who uses the Internet, but also to
distinguish varying levels of online skills among individuals. Skill, in this context, is
defined as the ability to efficiently and effectively find information on the Web.”95
Dies könnte eine Verschärfung der Kluft auf einer zweiten Ebene zwischen denjenigen
hervorrufen, die das Internet kompetent und informationsorientiert nutzen und als
Chance für ihre persönliche und berufliche Weiterentwicklung ansehen, und denjenigen, die es vorrangig passiv zu Unterhaltungszwecken gebrauchen.
91
ebd. S. 16
ebd. S. 11
93
Castells, M., 2001, S. 249 f.
94
ebd. S. 256
95
Hargittai, E., 2002, S. 1
92
23
3.4. Digital Inequality
DiMaggio und Hargittai widmen sich ebenfalls vorrangig dem Nutzungsaspekt und
sprechen sich für eine Verlagerung zu dem Begriff ‚Digital Inequality’ (Ungleichheit)
aus, der die Qualität der Anwendung fokussiert. Sie vertreten die Meinung, dass die
Bereitstellung von Zugängen nicht zwangsläufig zu einer gleichberechtigten Nutzung
des Internets führt.96
Die Autoren haben fünf Determinanten von Ungleichheiten herausgearbeitet, die sich
stark darauf auswirken, welche Erfahrungen die Nutzer im Internet machen:
1) Inequality in technical apparatus – Die technische Ausstattung (Hard- und Software,
Verbindung) wirkt sich auf das jeweilige persönliche Empfinden während der Nutzung
aus. Wenn die materielle Ausrüstung nicht angemessen, bzw. minderwertig oder
veraltet ist, mündet dies in schlechte Erfahrungen während der Nutzung, da u.a. nicht
alle Inhalte erschlossen werden können und die Anwendung unkomfortabler wird
(Warte-/Ladezeiten). Dies kann dazu führen, dass das Internet von den Anwendern
weniger genutzt wird und sie nicht die Kompetenzen entwickeln, die möglich wären.
2) Inequality in autonomy of use – Es bestehen Unterschiede darin, wie das Internet
genutzt wird, je nachdem, wo die Nutzer den Zugang zu dem Medium haben (z.B. zu
Hause, im Beruf, in der Schule, in Bibliotheken oder anderen öffentlichen
Einrichtungen). Die Nutzer sind außerhalb gegebenenfalls unflexibler in Bezug auf Zeit
und Dauer der Nutzung sowie der Inhalte. Der Ort beeinflusst die Eigenständigkeit und
Freiheit der Anwender und somit die Qualität der Nutzung.97
3) Inequality in people’s online skills – Unter den Nutzern bestehen Ungleichheiten
bezüglich ihrer Internetkompetenz, dies beinhaltet die Fähigkeit, angemessen auf
Herausforderungen zu reagieren, um das volle Potential des Internets nutzen zu
können. Von diesen Fähigkeiten hängt es ab, ob die Anwender bezüglich der
gemachten Erfahrungen befriedigt oder frustriert sind; ob sie es weiterhin nutzen und
somit mehr Kompetenzen hinzukommen.
4) Inequality in the availability of social support – Von den persönlichen Fähigkeiten
hängt es ebenfalls ab, wie gut neue Informationen erschlossen werden können. Wenn
die Nutzer durch schlechte Erfahrungen frustriert sind, müssen sie sozial unterstützt
werden, damit sie das Medium in Zukunft nicht meiden. Dabei unterscheiden die
Autoren zwischen formaler technischer Assistenz von ausgebildeten Personen (am
Arbeitsplatz, Lehrer, Bibliothekare etc.), technischer Assistenz von Freunden und
Familie, die bei konkreten Problemen helfen und emotionale Unterstützung von
Freunden und Familie, z.B. durch positives Interesse und Beistand bei Misserfolgen.
96
97
DiMaggio, P., Hargittai, E., 2001, S. 4
ebd. S. 9 f.
24
Die Nutzer müssen dies allerdings annehmen können und die Hilfestellungen für sich
erschließen können.98
5) Variation in use – Die Ziele und Verwendungszwecke bei der Internetnutzung sind
sehr heterogen, wie und wofür es verwendet wird, ebenfalls. Wie bereits erwähnt
spielen die persönlichen Interessen und Motivationen in dem Bereich eine große Rolle.
Die Autoren nehmen einen starken Zusammenhang zwischen Bildungsstand und dem
Zweck der Nutzung des Internets an.99
Zusammenfassend verlangt dies also nach einer differenzierteren Betrachtung der
Nutzer und Nichtnutzer bezüglich ihrer soziodemografischen Besonderheiten, ihrer
Vorlieben, Bedenken und spezifischen situativen Kontexte.
Auch Warschauer vertritt diese Ansicht. Er schreibt, dass sich nur durch ein ‚Rethinking
the Digital Divide’ (Überdenken) die Möglichkeit ergibt, mit angemessenen und auf die
jeweiligen situativen Bedürfnisse angepassten Maßnahmen und Aktionen erfolgreich
gegen das Problem vorzugehen.100
Er fordert eine differenziertere Betrachtung der Bevölkerungsteile, die von der Digitalen
Spaltung betroffen sind, da durch eine pauschale Betrachtung sonst die Heterogenität
(soziale Schichtungen und gesellschaftliche Segmentierungen) der benachteiligten
Gruppen zu wenig berücksichtigt wird. Die bestehenden Benachteiligungen durch den
fehlenden Zugang zum Internet können nicht durch das ledigliche Bereitstellen der
Technologien aufgehoben werden. Dies muss stets mit einer Einbettung in die jeweils
bestehenden sozialen Systeme einhergehen. Nicht die Überwindung der Digitalen
Spaltung sollte im Vordergrund stehen, sondern die Analyse der sozialen Strukturen
und Probleme, der sozialen Institutionen und Beziehungen der betroffenen
gesellschaftlichen Gruppen. Dies ist für ihn wichtige Voraussetzung für politisches
Handeln, um den Menschen durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien
die
Chance
zu
mehr
demokratischer
Teilhabe
und
Gleichberechtigung zu ermöglichen.101
Demgegenüber steht die Auffassung, dass es auch in Zukunft einen stabilen Anteil von
Nichtnutzern des Internets geben wird.102 Denn neben den sozial und kulturell
benachteiligten Bevölkerungsgruppen existieren viele Nichtnutzer, die technische und
nichttechnische Alternativen zum Internet bevorzugen, also andere Medien vorziehen.
98
ebd. S. 10 ff.
ebd. S. 12
100
Warschauer, M., 2003, S. 6 f.
101
ebd. S. 199 ff.
102
Laut (N)onliner-Atlas 2007 gibt es momentan 22,2 Millionen Menschen in Deutschland, die
keine Anschaffungsabsichten für das Internet haben, diese Entscheidung soll nach
Riehm/Krings respektiert werden.
99
25
Die Forschung auf dem Gebiet des Digital Divide untersucht bisher vorrangig die
Überwindung der Nichtnutzung des Internets und beachtet nicht, dass diese auch
Ausdruck einer alternativen Mediennutzung sein könnte. Die Nichtnutzung des
Internets wird in jüngeren Studien und Projekten zwar stärker in das Blickfeld
genommen, allerdings findet keine Anerkennung der Nichtnutzung als eigene
Entscheidung der Nichtnutzer statt.103
Es wird immer schwieriger, Nichtnutzer für das Medium Internet zu begeistern, da sich
diese immer kleiner werdende Gruppe zunehmend verfestigt, je mehr sich das Internet
verbreitet.104 Dies deckt sich mit den rückgängigen Zuwachsraten an Internetnutzern
und der geringer werdenden Anzahl an Nutzungsplanern im (N)onliner Atlas 2007 (vgl.
Kap. 2.4.1).
Benjamin Compaine vertritt die Meinung, dass sich die neuen Informations- und
Kommunikationstechnologien mit einer zeitlichen Verzögerung flächendeckend in der
Gesellschaft verbreiten werden. Er sieht die Digitale Spaltung als ein vorübergehendes
Problem an, das bei der Einführung anderer Technologien (z.B. Telefon, Fernsehen,
Videotext) auch vorlag.105
3.5 Projekte zur Digitalen Integration in Deutschland
An dieser Stelle sollen exemplarisch einige populäre Initiativen aufgeführt werden, um
einen Einblick zu geben, was bereits in dem Bereich der Digitalen Integration in
Deutschland unternommen wurde. Diese Auswahl stellt keinen Anspruch an Vollständigkeit.
Die Enquete-Kommission106 ‚Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft –
Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft’ beschäftigte sich mit den
zukünftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Informationsund Kommunikationstechnologien. Ihr medienpädagogisches Ziel war, dass die
Bevölkerung aktiv und selbstbestimmt mit den neuen Medien umgehen kann, sich aktiv
an der Gestaltung der Informationsgesellschaft beteiligt und die vorhandenen
Möglichkeiten nutzt. Ergebnis ihrer Arbeit waren u.a. Berichte, Stellungnahmen und
Dokumentationen zu den Themen Urheberrecht, Jugendschutz, Datensicherheit und
Datenschutz.107
103
Riehm, U., Krings, B.-J., 2006, S. 76 f.
Gehrke, G., 2004, S. 39
105
Compaine, B. M., 2001, S. 114
106
Vom Bundestag eingesetzte Arbeitsgruppe in der 13. Wahlperiode (1994-1998)
107
Mandl, H., Reinmann-Rothmeier, 1997, S. 77
104
26
Mit der 1996 gestarteten Initiative Schulen an´s Netz108 sollten Schulen in Deutschland
flächendeckend mit Computern und Internetanschlüssen ausgestattet werden. Im Jahr
2001 waren 34.000 Schulen ‚am Netz’. Die ledigliche Bereitstellung der technischen
Ausstattung war jedoch zu einseitig ausgerichtet. Für die Vermittlung von
Medienkompetenz mussten die Lehrkräfte mussten dementsprechend qualifiziert
werden und Lehrmaterialien und Konzepte für die Schüler bereitgestellt werden.109
Daher hat sich die Initiative neu aufgestellt und die Lehrer beim Einsatz der digitalen
Medien durch neue Projekte und Materialien unterstützt.110
Im Juni 2004 wurde die Bundesinitiative ‚Jugend ans Netz’111 öffentlich gestartet. Ihr
Ziel war es, eine größtmögliche Anzahl von Jugendeinrichtungen mit PCs und
Internetanschlüssen technisch auszustatten (durch attraktive Leasingraten). Renate
Schmidt112 erklärte dazu, dass Jugendliche ihre Medienkompetenzen weniger in der
Schule als über informelle Wege erlangen. Es ist daher wichtig, vor allem den
Jugendlichen aus bildungsfernen Familien durch die Jugendeinrichtungen einen freien
und sicheren Zugang zu den Medien zu gewähren. Ihr Ziel war, ein umfassendes,
außerschulisches elektronisches Informations-, Bildungs- und Beratungsangebot zu
schaffen. Es wurden 269 Jugendeinrichtungen mit mehr als 1.000 Computern
ausgestattet.113
108
Initiiert vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Deutschen Telekom AG
Kubicek, H., Welling, S., 2004, S. 58
110
Vgl. www.schulen-ans-netz.de, Entwicklung des Vereins
111
Vom ‚Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend’ und der ‚Initiative D 21’
initiiert (http://www.initiatived21.de)
112
Bundesfamilienministerin von 2002 bis 2005
113
Das Projekt endete Juni 2006; Nachfolgeprojekt: siehe http://www.jugend.info
109
27
4.
Medienkompetenz
Im Bereich der Bildung ist Autonomie ursprünglich so aufzufassen, dass alle Menschen
durch Aus- und Weiterbildung die Chance haben, sich Wissen anzueignen, welches sie
in professionellen, öffentlichen und privaten Bereichen benötigen. Dies hat sich durch
die technischen Entwicklungen jedoch grundlegend verändert:
Informationelle
Autonomie heißt, die Fähigkeit zu besitzen, eigenständig auf die verfügbaren
Informationsressourcen im wirtschaftlichen Bereich oder in sozialen Beziehungen
zugreifen zu können und diese produktiv zu nutzen. Somit ist dies die Voraussetzung
dafür, in aktuellen Situationen wissensautonom zu werden, d.h. über das gesamte
Wissen zu verfügen, das zu dieser Problembewältigung benötigt wird.
Demnach sollte als zentrales Bildungsziel prinzipiell jedem die Chance für
informationelle Autonomie geschaffen werden. Allerdings kann man nur Wissen
aneignen, wenn man technisch darauf zugreifen kann, Kenntnis über die vielfältigen
Informationsressourcen besitzt und sie in Bezug auf Gültigkeit und Relevanz
einschätzen kann.114
Medienkompetenz ist in der Informationsgesellschaft unabdingbar geworden, sie wird
auch als ‚Schlüsselqualifikation dieses Zeitalters’ bezeichnet. Mit dem Wandel zur
Informations- und Wissensgesellschaft hat das Internet viele Bereiche des täglichen
Lebens und der Arbeitswelt durchdrungen.115
4.1 Definition
Medienkompetenz (allgemein) beinhaltet für Baacke im Bereich der Wissensvermittlung 1. Medienkritik und 2. Medienkunde. Im Bereich der Zielorientierung, welche
das aktiv-gestaltende Handeln des Menschen meint, 3. die Mediennutzung und 4.
Mediengestaltung.116
Medienkritik umfasst für ihn, problematische gesellschaftliche Prozesse analytisch
angemessen zu erfassen und dieses analytische Wissen dann reflexiv auf sich und
sein eigenes Handeln anwenden zu können. Weiterhin beinhaltet die Medienkritik,
dass man reflexiven Rückbezug auf sich selbst auf ethischer Ebene zulässt.
Die
Medienkunde
Wissensbeständen
teilt
über
sich
in
Medien
die
informative
Dimension
(Sachkompetenz)
und
mit
die
klassischen
instrumentell-
qualifikatorische Dimension auf, die die Fähigkeit des Bedienens der Geräte beinhaltet.
114
Kuhlen, R., 2004, S. 16 f.
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 176
116
Baacke, D., 1997, S. 98
115
28
Mediennutzung
kann
rezeptiv
anwendend
(Programmnutzung)
oder
interaktiv
anbietend (Diskurse) ausgeübt werden.
Bei der Mediengestaltung sollten innovativ Weiterentwicklungen oder kreativ
ästhetische Varianten betont werden können.117
4.2 Anforderungen an die Nutzer des Internets
Im Vergleich zu herkömmlichen Medien hat das Internet andere Anforderungen an die
Nutzer. Schon in technischer und finanzieller Hinsicht bestehen weitaus höhere
Zugangsbarrieren. Hinzu kommt, dass die Internetnutzung ein höheres Ausmaß an
Aktivität und Kompetenz der Bediener voraussetzt. Das Telefon (Hörer abnehmen)
oder der Fernseher (einschalten) kann aufgrund von Alltagserfahrungen schnell
zufriedenstellend genutzt werden, die Bedienung von Computern, bzw. des Internets
ist viel komplexer.118
Dies spricht gegen die Annahme von Compaine (Kap.3), dass sich das Internet nach
einer gewissen Zeit von alleine wie die traditionellen Medien (z.B. Telefon, TV)
verbreiten wird.
Das Internet verfügt zusätzlich oft nicht über eine redaktionelle Aufbereitung der
Inhalte, wie dies bei Zeitungen, Zeitschriften und dem Radio der Fall ist; dies müssen
die Nutzer aktiv selbst erbringen. Die schwer überschaubare Fülle von Informationen
stellt sie bspw. bei Suchmaschinen vor das Problem, einen angemessenen Begriff zu
verwenden, um zu dem gewünschten Ergebnis zu gelangen und dieses qualitativ
bewerten zu können.119
Die Fähigkeit, Computer technisch bedienen zu können geht nicht zwangsläufig mit der
Kompetenz zur intellektuellen Artikulation, Selektion und Evaluation einher. Für eine
erfolgreiche Internetnutzung und einer selbstbestimmten Handhabung sind ergänzend
zu den oben erwähnten Fähigkeiten folgende Kompetenzen nötig:
1. Der Nutzer braucht Differenzierungs- und Selektionskompetenz, um Informationsgattungen unterscheiden zu können und verschiedene Quellen zu bestimmten
Zwecken auszuwählen. Die Informationsflut ist heutzutage sehr groß, daher wird die
Selektion relevanter Informationen aus den Massenmedien immer wichtiger. Die
Schwierigkeit besteht nicht darin, sich Informationen zu verschaffen (obwohl man auch
Kompetenzen zur Generierung von Informationen benötigt), sondern irrelevante Inhalte
auszusortieren.
117
ebd. S. 99
Kubicek, H., 2001, S. 374
119
ebd. S. 374
118
29
2. Durch Orientierungskompetenz können die verschiedenen Informationsgattungen
adäquat genutzt werden, der Nutzer kann sich durch kompetenten Umgang mit z.B.
Suchmaschinen in großen Dokumentmengen gut zurechtfinden.
3. Um die jeweiligen Inhalte durch Urteils- und Kritikfähigkeit bewerten zu können und
seine eigene Internetnutzung kritisch zu reflektieren, ist Evaluationskompetenz
(Bildung von Kriterien zur Bewertung der Informationen) erforderlich. Man muss dazu
eine notwendige Distanz zu den Inhalten aufbauen und die Aussagen nicht einfach
hinnehmen.
4. Mit Produktions- und Gestaltungskompetenz können selbst Inhalte erstellt und in
eine medienadäquate Form gebracht werden.120
Allerdings ist eine souveräne Nutzung der neuen Technologien nicht möglich, ohne
eine gut entwickelte Lesefähigkeit zu besitzen. Somit ist sie eine bedeutende
Voraussetzung für die Teilhabe in der Informationsgesellschaft.121 Es entsteht
zusätzlicher Handlungsbedarf in dem Bereich, da immer weniger Eltern darauf achten,
ihre Kinder an das Medium Buch heranzuführen. Diese sinkende Bedeutung ist ein
Problem, da die Lesesozialisation im Vorschulalter von den Eltern ausgeht.122
Für den nutzbringenden Einsatz des Internets müssen zusätzlich inhaltlich-kognitive
Fähigkeiten und Rechtschreibkenntnisse vorhanden sein. Die Nutzer müssen in
abstrakten Oberbegriffen denken und die Suchbegriffe angemessen formulieren
können, um ein zufrieden stellendes Ergebnis zu erhalten.123
Medienkompetenz erfährt auch eine zunehmende volkswirtschaftliche Bedeutung in
der Informationsgesellschaft. Die Anbieter haben ein Interesse daran, dass die Nutzer
diese
Kompetenzen besitzen, damit
bspw.
das
Volumen
von
E-Commerce
ausgeschöpft werden kann. Je weniger Menschen die Geräte bedienen können, desto
weniger werden diese Dienste nutzen. Für die Behörden lohnen sich Investitionen in EGovernment (Abwicklung von Verwaltungsvorgängen im Internet) nur, wenn genügend
Bürger Gebrauch davon machen können.124
4.3 Vermittlungsstellen von Medienkompetenz
In modernen Gesellschaften wird Bildung in Institutionen organisiert, geplant und
standardisiert, damit die Gesellschaft funktionsfähig bleibt und das kulturelle Erbe
gesichert werden kann. Die Bildungsforschung richtet sich daher traditionell auf formale
120
Kubicek, H., Welling, S., 2000, S. 512
Stiftung Lesen, 2002, S. 11
122
ebd. S. 109
123
Kubicek, H., Welling, S., 2002, S. 110
124
Kubicek, H., 2001, S. 373
121
30
Bildungseinrichtungen. Gleichzeitig verändern sich die Bedingungen des Aufwachsens
von
Kindern
und
Jugendlichen
und
des
Lernens
in
der
Medien-
und
Wissensgesellschaft. Somit nehmen die Einrichtungen außerhalb der traditionellen
Bildungsinstanzen einen höheren Stellenwert ein.125
An dieser Stelle soll eine Unterteilung in formale und informelle Bildungsangebote
vorgenommen werden. Für das ‚informelle Lernen’ besteht bezüglich der Begriffsbestimmung kein klarer Konsens. Dohmen fasst die Bandbreite der zum Teil
variierenden Definitionen zusammen:
„Das reicht von der Charakterisierung als ungeplantes, beiläufiges, implizites und oft
auch unbewusstes Lernen über die Bezeichnung für alle von den Lernenden selbst
ohne Bildungs-Unterstützung entwickelten Lernaktivitäten bis zur Gleichsetzung mit
dem „non-formal learning“, d.h. der Bezeichnung für alles außerhalb des formalen
Bildungssystems (bewusst oder unbewusst) praktizierte Lernen.“126
Weiterhin bezieht er den Begriff ‚informelles Lernen’ auf Selbstlernen, das sich
außerhalb
des
formalen
Bildungswesens
in
unmittelbaren
Lebens-
und
Erfahrungszusammenhängen entwickelt. Dort werden Reizstrukturen, Eindrücke,
Informationen,
Erlebnisse
und
Begegnungen
unmittelbar
zu
handlungs-
und
problemlösungsrelevantem Wissen verarbeitet – gewissermaßen kann man von einem
natürlichen Erfahrungslernen sprechen. Dies steht im Gegensatz zu einem
arrangierten,
didaktisch
vorbereiteten,
theoretisch
verbalen
Nachlernen
von
bestehendem Wissen beim schulartigen, von unmittelbaren Lebenserfahrungen
abgegrenzten formalen Lernen.127
Nachfolgend werden verschiedene Orte der Bildung aufgeführt, die für die Vermittlung
von Medienkompetenzen eine Rolle spielen:
4.3.1 Formelle Vermittlungsstellen
Schule
Die Schule hat die zentrale Aufgabe, SchülerInnen bei der Vermittlung der
notwendigen Kompetenzen für das weitere Ausbildungs- und Berufsleben die gleichen
Chancen zu gewähren. Dafür ist die Förderung benachteiligter Kinder und Jugendlicher
ein wichtiger Aspekt. Da der kompetente Umgang mit PC und Internet eine wichtige
Voraussetzung für das Berufs- und Alltagsleben darstellt, ist die Vermittlung dieser
Kompetenzen – gerade für SchülerInnen ohne außerschulischen Zugang zu den neuen
Medien – sehr bedeutsam. Eine große Herausforderung besteht jedoch darin, die sehr
heterogenen Kenntnisse der einzelnen Schüler in dem Bereich zu berücksichtigen und
125
Rauschenbach, T., et al., 2004, S. 30
Dohmen, G., 2001, S. 18
127
ebd. S. 25 f.
126
31
darauf einzugehen. Um diese Differenzen nicht zu verstärken, müssen Basiskompetenzen von der Schule für diejenigen bereitgestellt werden, die außerhalb der Schule
keinen Zugang zu den Medien haben.128
Zu den formalen Bildungseinrichtungen zählen weiterhin Kindergärten, Hochschulen
und Berufsschulen.129 Sie sollen aber aufgrund der Zielgruppe (vgl. Kap. 6) an dieser
Stelle nur erwähnt werden.
4.3.2 Informelle Vermittlungsstellen
Familie
In der frühen Kindheit und in der Schulzeit ist die Familie der erste und wichtigste Ort
der Bildung, sie ist die primäre Sozialisationsinstanz für den Habitus der Kinder. Dies
entscheidet auch darüber, wie anschlussfähig Kinder an andere Sozialisationsinstanzen sind. Die Familie hat insbesondere großen Einfluss darauf, wie die Kinder in
der Schule zurechtkommen und wie stark sie von ihr profitieren können. Die
Bildungsprozesse der Kinder und Jugendlichen werden somit direkt und indirekt von
der Familie beeinflusst.130
Die Sozialstruktur (insbesondere die Bildung der Eltern) und die Lebensbedingungen
innerhalb der Familie beeinflussen den Bildungserfolg der Kinder maßgeblich. Das
kulturelle und soziale Kapital (vgl. Bourdieu, Kap. 6), welches die bildungsbenachteiligten Familien vorweisen, entspricht oft nicht den leistungsorientierten Erwartungen
im Schul- und Berufsleben.131
Eltern können den Kindern im Umgang mit den Medien mit gutem Beispiel voran gehen
und ein Vorbild darstellen. Sie sollten in Bezug auf das Thema sensibilisiert werden,
damit ihnen bewusst wird, wie wichtig dieser Einflussfaktor und elterliche Zuwendung
sind. Moralische und ethische Werte können den Kindern nur vorgelebt werden. Dabei
sollten sie auf die jeweiligen Lebens- und Mediensituationen der Kinder und die
Bedeutung der Medien für sie in der Alltagsbewältigung eingehen. Die Kinder vor Allem
bewahren zu wollen und nur Warnungen auszusprechen ist dabei der falsche Ansatz.
Eltern (bzw. Lehrer, Erzieher) projizieren ihre Ängste oft auf die Kinder, da sie selbst
kein Verständnis für den schnellen technologischen Wandel haben; die Kinder selbst
gehen damit oft unbefangener und gelassener um. 132
128
Senkbeil, M., 2005, S. 157
Rauschenbach, T., et al., 2004, S. 29
130
ebd. S. 31 f.
131
ebd. S. 313 f.
132
Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, 1997, S. 29 f.
129
32
Gleichaltrigen-Gruppen
Durch Freunde, Bekannte und Cliquen (‚Peers’) erfahren Jugendliche während ihrer
vielfältigen gemeinsamen Aktivitäten zahlreiche Momente der Interaktion und
Kommunikation. Sie sind bedeutend für den Übergang von der Familie in ein eigenes
soziales Netz, d.h. der Unabhängigkeit vom Elternhaus. Dieses Erfahrungsfeld ist
weiterhin wichtig für ihre Entwicklung und Selbstüberprüfung, da die Interessen und
Denkweisen der Jugendlichen dort geprüft, verändert, erweitert oder gefestigt werden.
Dies geschieht oft unbewusst, hat jedoch auch eine große Bedeutung für die Erfolge
und Misserfolge während des Bildungsverlaufs der Jugendlichen.133 Dort ergeben sich
wichtige Lern- und Bildungsgelegenheiten, die durch gegenseitige Unterstützung im
schulischen Bereich, aber auch in der Freizeit (Sport, PC-Gebrauch) geprägt ist.134 Sie
können also eine wichtige Rolle bei der ‚ungezwungenen’ Weitergabe von Kompetenzen spielen.
Öffentliche Einrichtungen
Für die Aneignung von Medienkompetenz (insbesondere Internetkompetenz) gibt es
vielfältige öffentliche Angebote. Im Folgenden werden Internetzugangs- und Lernorte,
Jugendzentren und öffentliche Bibliotheken vorgestellt:
Medien sind Erfahrungsgüter, d.h. dass ihr Nutzen erst beurteilt werden kann,
nachdem man bereits eigene Erfahrungen mit ihnen gemacht hat. Für die Nutzung des
Internets sind die Voraussetzungen dazu recht hoch, da man z.B. einen Computer,
einen Internetanschluss und spezielle Fähigkeiten benötigt (vgl. Kap. 4.2). Es ist also
wichtig, den bisherigen Nichtnutzern des Internets positive Erfahrungsmöglichkeiten
durch beispielsweise öffentliche Zugangsorte (ohne persönliche Investitionen in
Technik) zu ermöglichen. Wenn die Menschen die Gelegenheit haben, einen betreuten
öffentlichen Internetzugang mit Unterstützung auszuprobieren und dort positive
Erfahrungen zu machen, ändert sich gegebenenfalls ihre Einschätzung des Kosten-/
Nutzen-Verhältnisses (vgl. Abb. 10) und sie sind bereit, den Aufwand dafür
aufzubringen, was bestenfalls zu einer selbstständigen, befriedigenden Nutzung führt.
Dazu sind niedrige Einstiegsschwellen erforderlich, z.B. dass die Zielgruppen ihre
Erkenntnisse dort erlangen können, wo sie sich ohnehin aufhalten. Inhaltlich sollte man
sich an den für die jeweilige Gruppe relevanten und attraktiven Themen orientieren,
damit sie den zu erbringenden Aufwand als lohnend ansehen und sich auf ihre
speziellen Vorkenntnisse und Fähigkeiten ausrichten. Je direkter der Nutzen eines
Angebots für den einzelnen erkennbar ist und je alleinstellender sich dieser im
vergleich zu den klassischen Medien darstellt, umso größer wird die Chance,
133
134
Rauschenbach, T., et al., 2004, S. 32
ebd. S. 318
33
Menschen an das Internet heranzuführen.135 Dazu sollte in einem ersten Schritt
herausgefunden werden, worin für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen ein
konkreter Nutzen in dem Onlinemedium liegen könnte. So kann ein differenziertes
Angebot für die Vermittlung von Kompetenzen erstellt werden, was die Nutzer
motiviert, die Fähigkeiten zu erlernen. Mangelnde Kompetenz kann zudem ein Problem
für Menschen, die das Internet nutzen, bzw. genutzt haben, darstellen. Beispielsweise
veralten die Fähigkeiten durch die sich rasant wandelnden Technologien schnell, daher
müssen die Nutzer auch laufend um- und dazulernen.136
Abbildung 10: Bedeutung öffentlicher Internetzugänge für die Internetnutzung
Quelle: in Anlehnung an Kubicek, H., Welling, S, 2002, S. 111
In Deutschland können ca. 30%137 der Bevölkerung nicht über die klassischen
Institutionen des Bildungssystems oder über ihren Arbeitsplatz erreicht werden. Dazu
gehören Schulabbrecher, nichterwerbstätige Hausfrauen/-männer, Arbeitssuchende
und Senioren/innen. Unter den Berufstätigen existieren allerdings ebenso Personen,
die IT-fernen Beschäftigungen nachgehen, dies sind vorrangig niedrig Qualifizierte und
gering Verdienende. Diese Bevölkerungsgruppen verlieren schnell den Anschluss an
aktuelle technische Entwicklungen. Sie können durch Internetzugangs- und Lernorte
als Orte des Austauschs und des Kompetenzerwerbes in diesem Bereich mit
einbezogen werden.138
135
Kubicek, H., 2006, S. 111
Kubicek, H., 2001, S. 375
137
Im Jahr 2004
138
Croll, J., 2004, S. 85 f.
136
34
In der offenen Jugendarbeit wirken rechtlich geregelte Institutionen, die freiwillig
aufgesucht werden und viele individuelle Gestaltungsmöglichkeiten haben. Sie sind
nicht lediglich als Bildungsinstanzen zu verstehen – daneben sind sie für die
Vermittlung von sozialen Kompetenzen und für die Persönlichkeitsbildung verantwortlich. Die Überprüfung der erworbenen Kompetenzen nimmt eine untergeordnete Rolle
ein: die Jugendlichen finden dort oft weiter reichende oder speziellere Möglichkeiten,
sich Wissen und Können anzueignen (z.B. beim Erlernen eines Instruments).139
Es sind Jugendhäuser und Jugendzentren neben Einrichtungen von Jugendverbänden
und Jugendorganisationen von Vereinen in diesem Bereich tätig. Die Jugendarbeit
umfasst unter anderem außerschulische allgemeine, politische, soziale, gesundheitliche, kulturelle, naturkundliche und technische Bildung neben arbeitswelt-, schul- und
familienbezogener Jugendarbeit und Jugendberatung:140
„Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote
der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger
Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur
Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu
sozialem Engagement anregen und hinführen.“141 (§ 11, Jugendarbeit)
Eine der Hauptaufgaben von Öffentlichen Bibliotheken ist die Befriedigung von
Informationsbedürfnissen der Bevölkerung, indem sie ihnen öffentlichen Zugang zu
allen Medien verschaffen. Sie regen zum Lesen an, bieten Unterstützung beim Lernen
und stellen vielfältige Gelegenheiten zur kreativen Entfaltung der Nutzer bereit. Somit
leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Vermittlung von Mediennutzungskompetenz.142
Öffentliche Bibliotheken bieten ihren Nutzern zudem oft einen niedrigschwelligen
öffentlichen Zugang zum Internet. Dort wird ihnen Raum zum Auszuprobieren und
Kennenlernen geboten, so dass dies gegebenenfalls in eine dauerhafte Nutzung
mündet.143 Häufig stellen sie im Bedarfsfall qualifiziertes Personal zur Unterstützung
der Nutzer bereit. Es sollten zielgruppenadäquate Inhalte zur Verfügung gestellt
werden, die durch geeignete Orientierungsinformationen aufgefunden werden
können.144
An
dieser
Stelle
soll
eine
tiefergehende
Betrachtung
der
Vermittlung
von
Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung, Weiterbildung, Bildung am Arbeitsplatz
oder an Volkshochschulen verzichtet werden.
139
Rauschenbach, T., et al., 2004, S. 33
ebd. S. 214
141
Sozialgesetzbuch VIII, § 11, 1; vgl. http://www.sozialgesetzbuch-bundessozialhilfegesetz.de/
142
Welling, S., 2000, S. 20
143
ebd. S. 14
144
ebd. S. 21
140
35
5. Anwendungsbeispiel
Nachfolgend wird ein aktuelles Projekt zur Digitalen Integration vorgestellt, um
gegenwärtige Maßnahmen mit einzubeziehen. Die Verfasserin dieser Diplomarbeit
durfte dem unter 5.2. vorgestellten Projekt beiwohnen, was sie auf vielfältige aktuelle
Probleme und neue Aspekte der einzelnen Bevölkerungsgruppen aufmerksam
gemacht hat.
5.1 Stiftung Digitale Chancen
Die Stiftung ‚Digitale Chancen’ hat sich 2002 mit Sitz in Bremen und Berlin gegründet.
Sie ging aus einem Projekt im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft an der
Universität Bremen hervor, in dem ein Informationssystem zum Thema der Digitalen
Spaltung und deren Überwindung entwickelt werden sollte. Ihre Stifter sind die
Universität Bremen und AOL Deutschland.145 Das Ziel der Stiftung ist, Menschen auf
das Internet aufmerksam zu machen und sie bei ihrem Einstieg zu unterstützen.
Dadurch können sie die Möglichkeiten dieses Mediums für sich erkennen, woraus sich
ggf. der Wunsch entwickelt, es nutzen zu wollen. 146
Wenige Menschen haben Kenntnis über die Angebote und Möglichkeiten in
öffentlichen Einrichtungen (z.B. Internetcafés, Bibliotheken), die z.T. eine kostenlose
Nutzung des Internets anbieten. Daher wurde von den Mitarbeitern der Stiftung eine
Datenbank aufgebaut, in der die Zugangs- und Lernorte mit Angaben über die
Ausstattung, Preise, Medienkompetenz vermittelnde Kurse usw. erfasst sind. Dadurch
wird den Nichtnutzern ein Zugang zum Internet ermöglicht, und sie werden auf die
Chancen des Mediums aufmerksam gemacht. Mittlerweile sind in der Datenbank rund
8.500 Einrichtungen bundesweit erfasst, die telefonisch oder online nach Postleitzahlen
abgerufen werden können.147
Ein weiteres Betätigungsfeld der Stiftung ist das Barrierefreie Internet, wodurch die
Angebote des World Wide Web für Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht
und uneingeschränkt genutzt werden sollen. Die Stiftung betreibt Aufklärungsarbeit auf
dem Gebiet und führt Schulungen durch; die besten barrierefreien Internetseiten
werden mit einem Award prämiert, um sie bekannt zu machen und Standards zu
setzen.148
Zudem werden auf der Internetseite der Stiftung umfassende Informationen für
Betreiber und Mitarbeiter von öffentlichen Internetzugangs- und Lernorten bereitge145
Zustifter vgl. www.digitale-chancen.de
Stiftung Digitale Chancen, 2003, S. 1
147
Vgl. www.digitale-chancen.de/einsteiger/
148
Vgl. www.biene-award.de/award/
146
36
stellt, worauf sie bei der Errichtung und Ausstattung achten sollten. Weiterhin werden
Fragen bezüglich der Finanzierung, des Managements und der pädagogischen
Angebote in einem ausführlichen Leitfaden beantwortet.149
Auf der Internetseite werden Dokumente und Statistiken zur Internetnutzung in den
verschiedenen Bevölkerungsgruppen aufbereitet und ständig aktuell zur Verfügung
gestellt. Somit soll Politikern, Wissenschaftlern und Multiplikatoren150 eine fundierte
Basis für ihre Entscheidungen und Maßnahmen zur Überwindung der Digitalen
Spaltung geliefert werden.151
5.2 Projekt ‚Chancengleichheit in der Informationsgesellschaft’
Im Rahmen des Europäischen Jahres der Chancengleichheit 2007152 hat die Stiftung
eine bundesweite Veranstaltungsreihe mit dem Namen ‚Chancengleichheit in der
Informationsgesellschaft’ durchgeführt. Es wurden in der Zeit von April bis September
2007 fünf regional verteilte Workshops organisiert, um eine Bestandsaufnahme der
gegenwärtigen Situation verschiedener gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland
durchzuführen. Teilnehmer aus verschiedenen Zielgruppen (s.u.) diskutierten bekannte
und neue Wege der Teilhabe an der Informationsgesellschaft. Sie befassten sich mit
verschiedenen Kommunikationssituationen des Alltags, die von hoher Relevanz für die
gesellschaftliche Teilhabe der jeweiligen Gruppe ist. Sie haben dabei u.a. erarbeitet,
warum die jeweilige Situation besser online oder offline bewältigt werden kann. Die
Workshops wurden zusammen mit Initiativen und Einrichtungen153 organisiert, die sich
für die jeweilige Zielgruppe einsetzen und richteten sich daneben an Multiplikatoren,
die mit den Zielgruppen arbeiten.
Es soll eine öffentliche Debatte über die Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe
angestoßen, ein breiteres Bewusstsein der Bevölkerung für die Chancen der Nutzung
neuer Medien geweckt und eine gemeinsame Zukunftsperspektive entwickelt werden.
Bei der Schlusskonferenz im September 2007 werden die Ergebnisse154 der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht.155
Die einzelnen Workshops haben sich folgenden Zielgruppen gewidmet:
149
Vgl. www.digitale-chancen.de/service/
Pädagogen in Schule und Jugendarbeit, Bibliothekare o.ä.
151
Vgl. www.digitale-chancen.de/content/
152
Vgl. http://ec.europa.eu/employment_social/eyeq/index.cfm?language=DE
153
Angabe der Vereine und Institutionen siehe unter www.digitale-chancen.de/gleichheit/
154
Die Ergebnisse werden im Anschluss des Projekts hier veröffentlicht: http://www.digitalechancen.de/gleichheit/content/sections/index.cfm/secid.4
155
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/
150
37
5.2.1 Bürgerschaftliches Engagement
Bei diesem Workshop standen tradierte Organisationsformen der Vereinsarbeit und
neue Möglichkeiten für bürgerschaftliches Engagement durch Verfahren im Internet im
Mittelpunkt. Ein Ziel sollte sein, herauszufinden, inwieweit das Internet die Verwaltung
und Organisation von Vereinsarbeit erleichtern kann, bzw. wo dort die Grenzen liegen.
Ein vorgestelltes Online-Tool zur Verwaltung und Organisation von Vereinsarbeit, was
bei Terminabstimmungen oder bei der Organisation von Veranstaltungen unterstützen
kann, stellt durch die Automatisierungen eine Erleichterung für diese Bereiche dar.
Insbesondere, da viele Vereine im ländlichen Raum angesiedelt und die einzelnen
Mitglieder häufig räumlich weit voneinander entfernt sind. Unter den oft älteren
Vereinsmitgliedern befinden sich allerdings viele Nichtnutzer des Internets, die mit
einbezogen werden müssen. Die einzelnen Prozesse sind häufig sehr vielgliedrig
bezeichnet und können daher an verschiedenen Stellen online und offline bewältigt
werden.156
5.2.2 Menschen mit Behinderungen
Dort wurde die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Informationsgesellschaft fokussiert: es fanden Diskussionen darüber statt, wie sie gleichberechtigt
an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben können, welche Hindernisse ihnen
entgegenstehen und wie die Angebote im Internet gestaltet sein müssen, damit sie gut
genutzt werden können. Neben Menschen mit Behinderungen selbst nahmen auch
Multiplikatoren und Entwickler von Internetseiten an dem Workshop teil. Das Internet
kann für diese Zielgruppe viel zur Selbständigkeit beitragen, z.B. beim Online Banking
für blinde Menschen. Außerdem sind z.B. beim Einkaufen im Internet Barrieren wie
Treppen oder hohe Regale für Rollstuhlfahrer kein Hindernis. Jedoch existieren noch
nicht viele zufrieden stellende barrierefreien Internetangebote in Deutschland.157
5.2.3 Seniorinnen und Senioren
Eingeladen waren ältere BürgerInnen, die den Onlinemedien eher skeptisch gegenüber
stehen oder bereits Interneterfahrungen haben. Es wurden Kommunikationssituationen thematisiert, die bedeutend für die gesellschaftliche Teilhabe von
Seniorinnen und Senioren sind, wie z.B. Beteiligung an lokalen Entscheidungsprozessen oder Behördenkontakte. Das Internet stellt eine gute Alternative für nicht
mobile Menschen dar, wenn Senioren bspw. nicht mehr einkaufen gehen können und
156
157
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/content/sections/index.cfm/secid.5/secid2.6
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/content/sections/index.cfm/secid.5/secid2.7
38
dies online erledigen. Weiterhin kann dies ein Mittel gegen Vereinsamung darstellen,
wenn z.B. durch E-Mails mehr Kontakt zu den Enkelkindern besteht.158
5.2.4 Jugendliche159
Dieser Workshop findet in der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen statt. Es
werden Jugendliche (Schüler und Auszubildende) und deren Lehrer und Ausbilder vor
Ort sein. Es werden vorerst verschiedene Möglichkeiten der Vermittlung von
Medienkompetenz in Bezug auf PC und Internet thematisiert, was in die Diskussion
mündet, wie Jugendliche motiviert werden können, sich diese Fähigkeiten anzueignen.
Danach werden erneut relevante Situationen besprochen, wie z.B. Bildung,
Ausbildungsplatzsuche oder Beteiligung an sozialen Netzwerken im Internet und im
‚realen’ Leben.160
5.2.5 Frauen und Mädchen
Im Mittelpunkt dieses Workshops wird die Vernetzung und gesellschaftliche Teilhabe
von Frauen und Mädchen stehen. Die Teilnehmerinnen werden Erfahrungen zur
beruflichen, kulturellen und sozialen Netzwerkarbeit austauschen und diskutieren,
inwieweit das Internet zur Vernetzung beitragen kann und wo seine Grenzen liegen.161
Die Autorin hat sich von den Gruppen, die das Bedürfnis nach Digitaler Integration
haben auf ‚sozial benachteiligte Jugendliche’ fokussiert, da ihre Förderung wichtig für
die gesellschaftliche Entwicklung ist und sie einen besonderen Unterstützungsbedarf
haben.
158
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/content/sections/index.cfm/secid.5/secid2.8
Die folgenden zwei Veranstaltungen (Jugendliche und Frauen) lagen zum Zeitpunkt der
Verschriftlichung noch in der Zukunft (28.8. und 5.9.).
160
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/content/sections/index.cfm/secid.5/secid2.9
161
Vgl. http://www.digitale-chancen.de/gleichheit/content/sections/index.cfm/secid.5/secid2.10
159
39
6. Sozial benachteiligte Jugendliche
6.1 Begriffsbestimmung
Wenn verschiedenen sozialen Gruppen der Zugang zu gesellschaftlichen Werten und
Ressourcen (z.B. Sicherheit, Bildung) verwehrt bleibt oder erschwert wird, spricht man
von Benachteiligung. Allerdings sind die erwähnten sozialen Gruppen nicht homogen,
die Benachteiligungen treffen nicht auf alle Mitglieder gleichermaßen zu.162
Die unterschiedlichen Ressourcen, die jemandem zur Verfügung stehen, spielen in
dieser
Beziehung
eine
große
Rolle.
Der
Soziologe
Bourdieu
hat
in
dem
Zusammenhang drei unterschiedliche Arten von Kapital definiert:
1. Soziales Kapital beinhaltet alle Ressourcen, die mit sozialen Beziehungen und der
Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen zusammenhängen. Sie verschaffen den
jeweiligen Individuen Vorteile, da sie in bestimmte Netzwerke eingebunden sind.
Darunter
fallen
gegenseitiges
Kennen
und
Anerkennen,
Unterstützung
oder
Hilfeleistung. Durch gute Vernetzung im Familien-, Freundes- oder Kollegenkreis
können Gewinne aus deren Ressourcen gezogen werden.163
Dort werden Normen gebildet und Vertrauen aufgebaut, durch die sozial anerkannte
Ziele, Werte und Einstellungen leichter übernommen werden können. Es kann nur
durch Einbeziehung der Kinder in ein unterstützendes und forderndes soziales
Netzwerk innerhalb der Familie (z.B., dass Eltern sich Zeit für ihre Kinder und
Kommunikation mit ihnen nehmen) vermittelt werden.164
2. Kulturelles Kapital spaltet sich in drei Arten auf:
- Das inkorporierte (verinnerlichte) Kulturkapital wird von den Familien, die über einen
unterschiedlichen Umfang von kulturellem Kapital verfügen, an ihre Kinder weiter
gegeben.
Dies
können
Wahrnehmungs-,
Denk-
und
Handlungsschemata,
Wertorientierungen und Verhaltensmerkmale (Geschmack, Benehmen, Wissen) sein,
die eine Person ausmachen. Es wird in der primären Sozialisation der Familie
erworben und in den Bildungsinstitutionen wie Schule und Beruf transformiert. Ein Teil
des inkorporierten Kulturkapitals ist das Bildungskapital, was u.a. den Umgang mit
Kulturgütern und mit spezifischen Codes für die Kommunikation beinhaltet. Dies
bedingt verschiedene Formen der Erwerbung und Vorlieben von kulturellen Angeboten,
was eine Verschärfung der gesellschaftlichen Differenzen zur Folge hat. Das
Kulturkapital bezieht sich unter anderem auf Kenntnisse und Interessen, wie sie im
162
Niesyto, H., 2004, S. 124
Bourdieu, P., 1983, S. 190 ff.
164
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen, 2002, S. 12
163
40
Rahmen gemeinsamer Aktivitäten von Eltern und Kindern oder durch das elterliche
Vorbild vermittelt werden.
- Objektiviertes Kulturkapital umfasst kulturelle Güter wie Bücher, Gemälde,
Musikinstrumente, etc. Die Aneignung dieses Kapitals erfordert die kulturellen
Fähigkeiten, den Wert dieser Güter zu erkennen und somit erst genießen zu können sprich inkorporiertes Kulturkapital.
- Institutionalisiertes Kulturkapital meint akademische Titel und schulische Abschlüsse,
etc. Sie begünstigen die Aneignung von ökonomischem Kapital (s. u.), da sie häufig
Voraussetzung für bestimmte Berufslaufbahnen (und Einkommen) sind.
Es herrscht Ungleichheit in Bezug auf schulische Leistungen von Kindern aus
verschiedenen sozialen Klassen. Ihr Erfolg hängt nach Bourdieu nicht nur von den
natürlichen Fähigkeiten ab, sondern vom kulturellen Kapital, das die Familie in ihre
Kinder investiert hat. Die sozialen Klassen unterscheiden sich durch die großen
Differenzen im Besitz des kulturellen Kapitals.165
Die Qualität des kulturellen und sozialen Kapitals, durch das die Kinder von ihren
Familien geprägt werden, gilt als die bedeutendste Voraussetzung und wirksamste
Grundlage für Lernprozesse.166
3. Ökonomisches Kapital bilden alle Formen materiellen Reichtums wie Einkommen,
Grundbesitz sowie Aktien oder Schmuck, welche unmittelbar in Geld konvertiert
werden können.167
Für die fokussierte Zielgruppe können die Benachteiligungen aus verschiedenen
Bereichen hervorgehen.
6.2 Formen der Benachteiligung
6.2.1 Familie
Die Probleme in den Familien von sozial benachteiligten Jugendlichen sind oft
überdurchschnittlich hoch, was negativen Einfluss auf ihre Entwicklung nimmt. Der
Alltag der Kinder ist von Gewalt, Alkohol- und/oder Drogensucht, Kriminalität, Verlust
eines Elternteils oder Arbeitslosigkeit geprägt. Ihre Konzentration in der Schule leidet
häufig
unter
existenziellen
Versorgungsmängeln
wie
schlechter
Ernährung,
unzureichenden Wohnverhältnisse oder Verschuldung.168
Die Jugendlichen ohne Berufsabschluss haben überdurchschnittlich oft ein Elternhaus
mit unterdurchschnittlicher beruflicher Stellung; das ‚Ungelernt-Sein’ vererbt sich quasi
165
Bourdieu, P., 1983, S. 185 ff.
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen, 2002, S. 12
167
Bourdieu, P., 1983, S. 185
168
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 15
166
41
weiter.169 Allerdings besteht dort regelmäßig der Wunsch, dass die eigenen Kinder eine
Statusverbesserung im Vergleich zur eigenen Position erfahren. Es fehlt jedoch häufig
an Netzwerken und Beziehungen, um die Kinder dabei zu unterstützen.170
6.2.2 Bildung
Bildungssysteme haben als Ziel den Anspruch, gerechte Chancen für alle Menschen in
der Gesellschaft herzustellen. Kinder und Jugendliche wachsen mit sehr unterschiedlichem sozialem, kulturellem und ökonomischem Hintergrund auf und erfahren dadurch
in ungleichem Maße Unterstützung. So können sich günstige oder ungünstige
Bedingungen aufgrund der Herkunft kumulieren.171
Bei Bildungsbenachteiligung sind die Aussichten im Bildungssystem, ein vorher
festgelegtes Ziel zu erreichen, für bestimmte Menschen schlechter als bei anderen.
Diese sozialen Gruppen mit weniger sozialen, finanziellen und kulturellen Ressourcen
haben geringere Chancen, Bildung zu erwerben.172
Durch die soziale Umgebung erfahren die Jugendlichen recht schnell, dass ihre Lage
am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt nahezu aussichtslos ist. Somit sehen sie die Schule
nicht als sinnstiftend für ihre Zukunft an. Für die Lehrer wird es zunehmend
schwieriger, die z.T. teilnahmslosen Schüler zu motivieren. Die betroffenen Schüler
bleiben häufig dem Unterricht fern, da ihr Alltag dort von schlechten Schulleistungen,
negativen Rückmeldungen und Frustration geprägt ist. Dies wirkt sich sehr negativ auf
ihr Selbstwertgefühl und Durchhaltevermögen aus. Auf Unterstützung der Eltern im
schulischen Bereich können sie meist nicht zählen, da diese sich selbst überfordert
und unterstützungsbedürftig fühlen.173 Dadurch haben die Jugendlichen wiederum
einen Nachteil gegenüber den Schülern, die bessere Leistungen erzielen und Hilfe aus
dem Elternhaus erfahren.
Im internationalen Vergleich liegen die Probleme der Schulen in Deutschland vor allem
im unteren Leistungsbereich. Die Kompetenzen der 10% leistungsschwächsten
Schüler liegen weit unter den Leistungen schwacher Schüler anderer Staaten.
Deutschland zählt weiterhin zu den Ländern, in denen die Kopplung zwischen sozialer
Herkunft und Schulleistung besonders eng ist. Im Bereich der Förderung der
leistungsstarken Schüler hingegen liegt Deutschland international im oberen
Mittelfeld.174
169
ebd. S. 14
Kubicek, H., Welling, S., 2004, S. 64
171
Ehmke, T., et al., 2005, S. 236
172
Niesyto, H., 2004, S. 124
173
Mathern, S., 2003, S. 30 ff.
174
Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006, S. 69
170
42
6.2.3 Beruf
Für junge Menschen ist es in den letzten Jahren zunehmend schwieriger geworden,
den Übergang von der Schule in eine Ausbildung oder einen Beruf erfolgreich zu
bewältigen. Auf der einen Seite steigen die Anforderungen an die Qualifikationen und
Leistungen der Schüler – dem gegenüber stehen die unzureichenden Fähigkeiten der
BewerberInnen in traditionellen Kulturtechniken und Wissensbereichen. Auf dem
Ausbildungsmarkt ist die Situation so schwierig wie noch nie, da viele Ausbildungsangebote abgebaut wurden, die Schulabgängerzahlen hingegen gestiegen sind und es
einen großen Bestand an Altbewerbern175 gibt. Davon sind besonders die Jugendlichen
mit schlechtem (oder ohne) Schulabschluss und benachteiligte Jugendliche betroffen.
Sie haben daher einen besonderen Unterstützungsbedarf.176
Im dritten Sozialgesetzbuch zur Arbeitsförderung (§ 242) sind als Förderungsbedürftige
‚lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte Auszubildende’ definiert. Darunter fallen
u.a. Personen, die wegen der in ihrer Person liegenden Gründe ohne die
Arbeitsförderung eine Berufsausbildung nicht beginnen, fortsetzen oder erfolgreich
beenden können.177 Bzw. nach erfolgreicher Beendigung einer Ausbildung ein
Arbeitsverhältnis nicht begründen oder festigen können. Förderungsbedürftig sind auch
Auszubildende, bei denen ohne die Förderung ein Abbruch ihrer Ausbildung droht.178
Berufsbezogene Benachteiligung entsteht neben den individuellen Problemen als
Folgewirkung eines Mangels an Ausbildungsstellen und Arbeitsplätzen. Je schlechter
das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist, desto stärker steigt die Zahl der
beruflich benachteiligten Jugendlichen.179
Die gesellschaftlichen Veränderungen durch die Entwicklung von der Industrie- zur
Informationsgesellschaft hatte auch eine enorme Wandlung der Arbeits- und
Lebenswelt zur Folge. Wissen ist zu einer wichtigen Ressource geworden. Durch den
schnellen technologischen Wandel veraltet vorhandenes Wissen schnell – nur durch
lebenslanges Lernen und Weiterbilden ist es möglich ‚mitzuhalten’. Der produzierende
Industriesektor, in dem häufig Menschen mit geringer formaler Bildung angestellt
waren, verliert immer mehr an Bedeutung. Der Dienstleistungssektor mit neuen
beruflichen
Anforderungen
Vordergrund.
180
und
Voraussetzungen
rückt
immer
mehr
in
den
Dies ruft neue Anforderungen und Kompetenzprofile hervor, wie
kommunikative Fähigkeiten, Verbalisierungsfähigkeit, Problemlösungsfähigkeiten und
175
ältere Jugendliche aus früheren Schulentlassjahren
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 9
177
Oder nach dem Abbruch einer Berufsausbildung eine keine weitere Ausbildung beginnen.
178
Vgl. http://www.sozialgesetzbuch-bundessozialhilfegesetz.de/_buch/sgb_iii.htm
179
Mathern, S., 2003, S. 28
180
Dies prägt auch die Erwerbsstruktur: 2004 waren 71% der Erwerbstätigen im
Dienstleistungssektor tätig.
176
43
Medienkompetenz. Diese Veränderungen beeinflussen den Qualifizierungsauftrag von
Bildungseinrichtungen nachhaltig.181
Durch die Tendenz zum Abbau von Arbeitsplätzen für Ungelernte sind Jugendliche mit
schlechter Schulbildung und ohne Ausbildung von einer dauerhaften Ausgrenzung aus
dem Arbeitsmarkt bedroht.182 Dies sollte durch entsprechende Maßnahmen verhindert
werden, da die Berufstätigkeit sehr ausschlaggebend für die Selbständigkeit und
gesellschaftliche Teilhabe der Einzelnen ist.
Weniger als 16% der Ausbildungsplätze werden von Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss besetzt. Hierbei besteht eine Entwertung der unteren Schulabschlüsse.183
Der Übergang von der Schule in die Ausbildung (= 1. Schwelle) und von der Ausbildung in den Beruf (= 2. Schwelle) und der damit zusammenhängenden Anforderung,
sich flexibel auf schnelle Veränderungen einstellen zu können, bedeuten große
Unsicherheiten für benachteiligte Jugendliche.184
Durch ihre eigene Orientierungslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit können die Eltern
meist ihre Kinder bei der Berufswahl nicht ausreichend unterstützen.185
Bevor auf die Vermittlung von Medienkompetenz für die untersuchte Zielgruppe als
Möglichkeit der Digitalen Integration eingegangen wird, sollen nachfolgend in einem
ersten Schritt die Differenzen der Mediennutzung der Jugendlichen vorgestellt werden:
6.3 Mediennutzung der Jugendlichen
Der Familienalltag sozial benachteiligter Jugendlicher ist häufig von extensivem
Mediengebrauch bestimmt, was sie zusätzlich negativ beeinflusst. Es ist wichtig, dass
sie erlernen, Medien selbstbestimmt für sich zu nutzen (vgl. Vorbildfunktion der Eltern,
Kap. 4.3.2).186
Es herrschen signifikante Bildungsunterschiede in der Computer- und Internetnutzung
(vgl. ‚Digital Inequality’ bzw. ‚Second Level Divide’ in Kap. 3) Dies belegen auch
aktuelle Studien für Deutschland:
Die JIM-Studie187 des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest stellt seit
1998 jährlich repräsentatives Datenmaterial zur Mediennutzung von 12- bis 19Jährigen Jugendlichen zur Verfügung.188
181
Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006, S. 5
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 175
183
Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006, S. 82 f.
184
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 10
185
ebd. S. 15
186
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 8
187
Jugend, Information, (Multi-)Media-Studie
182
44
In den untersuchten Haushalten bestimmen die Medien den Alltag. Es sind viele
Geräte mehrfach vorhanden: durchschnittlich 2,5 Fernseher, 2,1 Computer und 1,3
Internetanschlüsse.189 Bei den Printmedien zeigen sich deutliche Bildungsunterschiede: über zwei Drittel der Gymnasiasten leben in einem Haushalt mit
Tageszeitung Abonnement, dies trifft nicht einmal auf die Hälfte der Hauptschüler zu.190
Fast zwei Drittel der 12- bis 19-Jährigen (64,5%) verfügen über einen eigenen
Fernseher in ihrem Zimmer, 60% besitzen einen Computer oder Laptop; 38% haben
einen eigenen Internetzugang. Auch hier weist die bildungsspezifische Betrachtung
deutliche Unterschiede auf (vgl. Abb. 11). Bei fast drei Viertel (72%) der Hauptschüler
steht ein eigener Fernseher im Zimmer, dies trifft bei den Gymnasiasten nur auf 55%
zu, bei den Realschülern auf 70%. Jedoch steigt mit zunehmender formaler
Schulbildung die Wahrscheinlichkeit des Computerbesitzes: Gymnasiasten (65%)
verfügen häufiger über einen eigenen Computer als Realschüler (58%) und
Hauptschüler
(53%);
gleiches
gilt
für
die
Ausstattung
mit
einem
eigenen
Internetanschluss.191
Abbildung 11: Gerätebesitz Jugendlicher 2006192
Quelle: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2006, S. 11
Unter den Gymnasiasten ist die Anzahl der regelmäßigen Buchleser deutlich höher als
bei Real- und Hauptschülern. Im Vergleich zur Erhebung des Vorjahres ist die
188
Die Grundgesamtheit umfasst ca. 7 Millionen Jugendliche, davon wurde eine repräsentative
Stichprobe von 1.205 Jungen und Mädchen telefonisch befragt.
189
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2006, S. 8
190
ebd. S. 9
191
ebd. S. 10
192
in Prozent, Basis: alle Befragten; n=1.205
45
Computernutzung von 76% auf 83% und die Internetnutzung193 allgemein von 60% auf
69% erneut angestiegen. 194
Bei der Frage, auf welches Medium die Jugendlichen am wenigsten verzichten können,
ist der Computer erstmalig als am unentbehrlichsten genannt worden (26%), der
Fernseher und das Internet stehen mit jeweils 19% an zweiter Stelle. Hauptschüler
haben eine deutlich geringere Bindung zum Internet (12%) als Realschüler (18%) oder
Gymnasiasten (23%).195
In einer qualitativen Nachbefragung stellte sich heraus, dass die Jugendlichen an ihren
Computern vor allem die Multifunktionalität schätzen. Sie nutzen ihn, um Musik zu
hören, Filme zu schauen, Informationen zu suchen, zum Spielen und als Arbeitsmittel
für die Schule. Beim Internet steht vor allem der kommunikative Aspekt im
Vordergrund, beispielsweise der Kontakt zu Freunden. Die Multifunktionalität und die
vielfältigen Informationsmöglichkeiten wurden auch als sehr positiv bewertet.196
Für die Jugendlichen haben sich Computer und Internet in ihrem Alltag zu einer festen
Größe etabliert. 97% der Befragten nutzen mindestens einmal im Monat einen
Computer. Auch hier ist jedoch das Bildungsgefälle recht eindeutig: unter den
Gymnasiasten waren 94% schon einmal online, 90% der Realschüler und 83% der
Hauptschüler.197
Das Internet wird von den 12- bis 19jährigen vor allem als Kommunikationsmedium
genutzt. 34% nutzen das Internet regelmäßig für die Informationssuche und als
Recherchemedium jenseits schulischer Belange, 32% speziell für Schule und Beruf. In
Bezug auf den Bildungshintergrund fällt auf, dass Nutzer mit höherer formaler Bildung
häufiger Informationen für Schule und Beruf oder zu aktuellem Zeitgeschehen im
Internet suchen. Jugendliche mit geringer formaler Schulbildung nutzen es eher zum
Chatten oder zum ‚Stöbern’. 198
Die befragten Nutzer wurden gebeten, ihre Zeit im Netz den Bereichen Kommunikation, Spiel und Informationssuche (vgl. Abb. 12) zuzuordnen. Auch bei der
Selbsteinschätzung entfällt der größte Teil auf den Kommunikationsaspekt. Bei den
Hauptschülern fällt die höhere Bewertung des ‚Spielens’ vor der ‚Informationssuche’
auf. Beim Vergleich der drei Schultypen kann man ablesen, dass die Bedeutung der
‚Informationssuche’ steigt, je höher das Bildungsniveau ist.199
193
Als Internet-Nutzer gelten Jugendliche, die zumindest selten von Internet bzw. OnlineDiensten Gebrauch machen.
194
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2006, S. 11 f.
195
ebd. S. 16 f.
196
Feierabend, S., Kutteroff, A., 2007, S. 86
197
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2006, S. 38
198
ebd. S. 39
199
ebd. S. 41
46
Abbildung 12: Internetnutzung:‚Kommunikation’ / ‚Spiele’ / ‚Informationssuche’200
Quelle: Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2006, S. 41
Neben unangenehmen Belästigungen beim Chatten werden die Jugendlichen häufig
von Fremden aufgefordert, persönliche Daten (Name, Adresse, Telefonnummer)
preiszugeben – es ist bedenklich, dass fast ein Viertel dieser Aufforderung
nachgekommen ist. Formal geringer gebildete Jugendliche haben die sensiblen Daten
leichtfertiger weitergegeben, unter den Hauptschülern 35%, 24% der Realschüler und
16% der Gymnasiasten.201 Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig die Vermittlung von
Medienkompetenz in diesem Bereich ist. Die Jugendlichen sind demnach auch
anfälliger für die weiteren Gefahren im Internet (vgl. Kap. 2).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Medien im Alltag der Jugendlichen
allgegenwärtig sind. Ein kompetenter Umgang mit den verschiedenen Medien wird
durch die Angebotsvielfalt, Verbraucherschutzaspekte und Nutzung der Bildungspotentiale der verschiedenen Medienangebote zu einer wachsenden Herausforderung
für Heranwachsende und Jugendliche.202
In einer weiteren (qualitativen) Studie ‚Soziale Ungleichheit im virtuellen Raum’203
besaß ein Großteil der befragten Jugendlichen ein formal niedriges Bildungsniveau
(vor allem Sonder- und Hauptschulabschluss, ohne Schulabschluss, häufig mit
Migrationshintergrund). Sie hatten kurze Nutzungserfahrungen mit dem Internet und
200
in Prozent, Basis: Internetnutzer; n=1.088
Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest, 2006, S. 45 f.
202
Feierabend, S., Kutteroff, A., 2007, S. 95
203
Das Kompetenzzentrum Informelle Bildung an der Universität Bielefeld hat 2003 ca. 50
Leitfadeninterviews zur Erhebung von Daten zu Rahmenbedingungen von informellen
Aneignungsstrukturen und Nutzungsdifferenzen von Jugendlichen zwischen 14 und 23
Jahren aus verschiedenen soziodemographischen Kontexten in öffentlich geförderten
Jugendeinrichtungen durchgeführt.
201
47
meist keinen Internetzugang zu Hause, sondern nur über Jugendeinrichtungen,
Internetcafés oder Freunde. Da es für die Zielgruppe milieubedingt schwierig war,
komplexe Zusammenhänge und weit reichende Erkenntnisse in Worte zu fassen,
wurden die Jugendlichen während sie das Internet nutzten beobachtet und zu ihren
Vorgehensweisen
bei
der
Informationssuche,
ihrem
Navigationsverhalten
auf
unbekannten Seiten und dem Erschließen von neuen Kommunikationsräumen
interviewt. Aus den Erhebungen ließ sich ableiten, dass der Haupteinstieg sozial
benachteiligter Jugendlicher für die Nutzung des Internets das Chatten ist. Dies steht
im Widerspruch zu einigen Förderprojekten, die das vorrangige Ziel verfolgen, den
Jugendlichen Strukturen für die Job-Suche und die Bewerbung zur Verfügung zu
stellen. Für die Förderung von Benachteiligten und Unerfahrenen in der Mediennutzung sind diese Angebote für einen niedrigschwelligen Einstieg jedoch ein guter
Anreiz.204
Jugendliche mit formal höherer Bildung erfahren mehr Unterstützung aus ihrem
sozialen Umfeld (Freunde, Verwandte, Bekannte), wenn Probleme bei der Nutzung
auftreten (z.B. Vorschlag, einen Computerkurs zu besuchen) als formal niedriger
Gebildete. Dieser Beistand – online und offline – ist jedoch ein sehr wichtiger Faktor,
um weitere Möglichkeiten in der Nutzung zu erschließen. Durch die fehlende Hilfe
geben formal niedriger Gebildete bei Nichterfolg eher auf und nutzen die Dienste nicht
mehr, anstatt weitere Versuche zu unternehmen. Das Wissen und die Kompetenzen,
über die die Helfenden verfügen, sind bedeutend für die Erschließung neuer
Bereiche.205
Es konnten stereotype Nutzungsstrategien bei den Jugendlichen mit formal niedrigem
Bildungsniveau festgestellt werden: z.B. nutzt ein Großteil von ihnen trotz 1-2-jähriger
Erfahrung im Internet nur bevorzugt einen Chatroom und hat kaum andere Internetseiten ausprobiert. Die Heranführung der Befragten an neue Chatangebote mit sehr
übersichtlichem Aufbau mündete in gänzliche Orientierungslosigkeit.206
Die formal höher Gebildeten wiesen eine größere Variabilität in der Art ihrer Nutzung
auf (weniger Chat, sondern ‚Informationen suchen’, ‚Downloaden’, ‚Eigenes produzieren’ etc.), eigneten sich neue Bereiche im Internet selbständiger an, beteiligten sich
mehr (Rückmeldungen, Meinungsäußerungen) und nutzten die Dienste insgesamt
reflektierter in Bezug auf ihre Erfahrungen, Strategien und Nutzungsprobleme. Die
formal niedriger gebildeten Jugendlichen hingegen haben Probleme oder Grenzen in
204
Kutscher, N., 2003, S. 3 f.
ebd. S. 5 f.
206
ebd. S. 8
205
48
der Nutzung kaum wahrgenommen. Dies stellt die Autorin vor die Frage, ob sie
überhaupt ein ‚Lost in Hyperspace’207 empfinden. 208
Zusammenfassend sollte man beachten, dass der Anlass und die Ziele der Nutzung je
nach soziodemographischer Struktur sehr unterschiedlich sein können. Da die Selbsterschließung und Selbststeuerung der Onlinenutzung je nach Bildungshintergrund sehr
verschieden ausfallen kann, sollten unterschiedliche Such- und Strukturierungsmöglichkeiten für die jeweiligen Zielgruppen bereitgestellt werden. Da das soziale
Umfeld der Jugendlichen entscheidend für ihre Nutzungsstrukturen ist und soziale
Differenzen diesbezüglich bedeutend sind, sollte dies künftig für die Entwicklung von
Angebotsstrukturen mit einbezogen werden.209
Im Rahmen der Bundesinitiative Jugend ans Netz210 hat das Kompetenzzentrum
Informelle Bildung eine weitere empirische Untersuchung durchgeführt.
Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Befragten mit einem hohen formalen Bildungsgrad211 häufiger gezielt nach Informationen suchen, als mit einem niedrigeren formalen
Bildungsgrad (vgl. Abb. 13).212
Abbildung 13: ‚Gezieltes Suchen’ nach Schultyp in Prozent
Quelle: Iske, Stefan, et al., 2004, S. 11
207
Desorientierung bei Hypertextdokumenten im Internet
Kutscher, N., 2003, S. 9
209
ebd. S. 10 f.
210
Ein Projekt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit dem Ziel,
informelle Bildung Jugendlicher durch den Ausbau außerschulischer Bildungsangebote im
Internet zu stärken und somit Chancengleichheit bei der Nutzung zu schaffen. (vgl. Kap. 3.5)
http://jugendonline.typepad.com/
211
Hoher Schultyp = Gymnasium, mittlerer Schultyp = Gesamt- und Realschule, niedriger
Schultyp = Haupt- und Sonderschule
212
Iske, S., et al., 2004, S. 11
208
49
Die Gymnasiasten gaben an, häufig oder sehr häufig Informationen zu finden, die sie
‚vorher noch nicht kannten’ und bewerteten Informationen sehr häufig oder häufig als
‚gut zu gebrauchen’. Bei den Haupt- und SonderschülerInnen gab dies jedoch nur circa
jede/r Zweite an. Daran ist abzulesen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Internet
weiterführende und neue Informationen zu finden steigt, je höher der formale
Bildungsgrad ist. 79% der Gymnasiasten gaben weiterhin an, im Internet sehr häufig
oder häufig ‚Informationen zu finden, ‚die sie sonst nicht bekommen würden’, unter den
HauptschülerInnen waren dies nur 34%. Der formale Bildungsgrad ist also als wichtige
Einflussgröße
für
das
Erschließen
neuer
Informationen
anzusehen
(vgl.
Wissensklufthypothese in Kap. 3) – formal niedriger gebildete Jugendliche sind dort
benachteiligt.213
Die Bedeutung des Wahrheitsgehaltes der Inhalte im Internet wird ebenfalls sehr
unterschiedlich eingeschätzt: wenn die Prozentangaben der Antworten ‚sehr wichtig’
und ‚wichtig’ kumuliert werden, ergeben sich 95% des hohen Schultyps, 85% des
mittleren Schultyps und lediglich 42% des niedrigen, die dies als wichtig erachten.214
Sie nutzen das Internet demnach nicht sehr reflektiert und betrachten die Inhalte
weniger kritisch, was auch einen wichtigen Teil von Medienkompetenz ausmacht.
Durch eine höhere Nutzerzahl von formal niedrig Gebildeten geht keine Auflösung der
Bildungskluft in der Bevölkerung einher; Internetnutzung bedeutet nicht automatisch
mehr gesellschaftliche Teilhabe. Dazu müssen Voraussetzungen geschaffen werden,
dass die Potentiale des Internets chancengleich genutzt werden können. Für die
Digitale Integration ist daher eine alleinige Verbesserung der Zugangsbedingungen
nicht ausreichend, es muss vielmehr eine Einbeziehung des Nutzungsfaktors in den
jeweiligen Lebenszusammenhang vorgenommen werden. Dazu sollten die öffentlichen
Angebote gesteigert werden, zu denen insbesondere benachteiligte Bevölkerungsgruppen leichteren Zugang haben und ihnen zielgruppengerecht Kompetenzen durch
geschulte Multiplikatoren vermittelt werden. 215
6.4 Vermittlung von Medienkompetenz für Jugendliche
Kinder und Jugendliche brauchen Orientierungsmöglichkeiten und müssen Handlungskompetenz vermittelt bekommen, damit sie selbstbestimmt, reflektiert und ethischmoralisch verantwortungsvoll agieren können. Weiterhin muss ihnen der bewusste
Umgang mit Medien näher gebracht werden, damit sie in diesem Bereich kritischer
213
ebd. S. 16 f.
ebd. S. 18 f.
215
Konert, B., 2004, S. 27 f.
214
50
werden – auch in Bezug auf den eigenen Mediengebrauch.216 Es ist wichtig, dass sie
während der Hinführung zum Internet oder der Vermittlung von Medienkompetenzen
gut betreut und unterstützt werden, damit sie bei Misserfolgen nicht aufgeben.
6.4.1 Schule
Jugendliche nutzen Computer und erwerben ihre Kenntnisse in diesem Bereich
überwiegend außerhalb der Schule. In Deutschland geben nur etwa halb so viele
(13,8%) SchülerInnen wie im OECD Durchschnitt (26%) an, sich ihre Computerkompetenzen vorwiegend in der Schule anzueignen. Daher spielt der familiäre Hintergrund
eine entsprechend große Rolle für die Computernutzung. Der vergleichsweise nachrangige Stellenwert der Schule in diesem Bereich misst zudem den außerschulischen
und informellen Angeboten eine besondere Bedeutung zu.217
Demgegenüber steht allerdings, dass relativ viele Schüler mit geringem Sozialstatus
(22%) angeben, dass die Schule der wichtigste Ort für die Aneignung von PCKenntnissen ist, sie verfügen jedoch vergleichsweise über die geringsten Computerkenntnisse (vgl. Abb. 14). Demnach bestimmt der soziale Status der Familie, welche
Inhalte wo erlernt werden und wie das Gelernte genutzt wird.218
Abbildung 14: Verfügbarkeit und Nutzung von Computern von Schülern219
Quelle: Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006, S. 62
Weiterhin ist abzulesen, dass es an den Schulen in Deutschland bisher noch nicht
gelungen ist, den Defiziten von sozial benachteiligten Jugendlichen entgegenzuwirken.
216
Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, 1997, S. 30
Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006, S. 61 f.
218
ebd. S. 62
219
in Abhängigkeit von der sozialen Herkunft 2003 in Prozent
217
51
Der förderliche Einfluss von Computern in den Schulen ist recht gering, wenn man die
Kompetenzen von Jugendlichen mit rudimentärer häuslicher Computerausstattung und
Jugendlichen mit komfortabler häuslicher Computerausstattung vergleicht. Die Schüler,
die zu Hause gut ausgestattet sind und bereits Kompetenzen besitzen, profitieren
sogar noch mehr vom schulischen Computereinsatz als ihre benachteiligten Mitschüler.
Dies lässt vermuten, dass der Unterricht an den Schülern mit besseren Computerkenntnissen orientiert ist, was die schlechter Gebildeten in dem Bereich überfordert
und demotiviert.220
Folglich ist die Förderfunktion der Schule vor allem für Jugendliche mit schlechteren
Voraussetzungen (z.B. keine Computerausstattung zu Hause) sehr wichtig. Sie
egalisiert die sozialen Ungleichheiten allerdings nicht, sondern verstärkt herkunftsbedingte Nutzungs- und Kompetenzunterschiede noch weiter221, da die Schüler mit
besseren
Startbedingungen
222
profitieren.
am
meisten
von
der
unterrichtlichen
Förderung
Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien und mit
Migrationshintergrund haben die schlechtesten Bildungschancen in Deutschland.223
Abbildung 15: Ausstattung mit Laptops / PCs nach Schulform224
Quelle: TNS Infratest, Initiative D 21, 2006, S. 8
Hinzu kommt laut der PISA-Studie225 2003 das Problem, dass Computer in Schulen in
keinem anderen OECD-Staat226 (Durchschnitt 39%) so selten eingesetzt werden, wie in
220
Senkbeil, M., 2005, S. 165
Vor allem im Vergleich mit anderen OECD-Ländern, siehe PISA-Studie 2003
222
Konsortium Bildungsberichterstattung, 2006, S. 63
223
Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2005, S. 10
224
Repräsentative Zufallsstichprobe: 1.150 Telefoninterviews mit deutschsprechenden Schüler
von 14-24 Jahren
225
PISA = ‚Programme for International Student Assessment’; durch die OECD (Organisation
for Economic Co-operation and Development) durchgeführte Studie, misst seit 2000
alltagsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten 15-jähriger Schüler (alle 3 Jahre)
221
52
Deutschland (21%).227 Die Gesamtausstattung mit Computern ist in Gymnasien bereits
mehr fortgeschritten, als an Hauptschulen. Die beruflich benachteiligten Hauptschüler
benötigen die Unterstützung in dem Bereich jedoch am dringendsten (vgl. Abb. 15).228
Bezogen auf die vorhandenen IT-Kompetenzen haben dies rund 200 Personalentscheider in einer aktuellen Studie bestätigt. Laut ihnen vermitteln Hauptschulen am
wenigsten Fähigkeiten in dem Bereich für die BewerberInnen. Von den Befragten gab
lediglich 1% an, dass diese Schulform ‚IT-Kompetenzen am besten vermittelt’.229
Im internationalen Vergleich fällt ebenfalls auf, dass es für deutsche Schulen noch
Entwicklungspotential in dem Bereich gibt. Es müssen sich rund 11 Schüler einen
Computer teilen, was für die Vermittlung von individuellen Fähigkeiten nicht förderlich
sein kann (vgl. Abb. 16).230
3,7
Dänemark
Norwegen
4,2
4,8
Niederlande
5,0
Großbritannien
Schweden
5,9
Finnland
5,9
6,3
Österreich
Frankreich
7,7
9,1
EU
Irland
10,0
Ungarn
10,0
Spanien
10,0
11,1
Deutschland
Italien
12,5
16,7
Polen
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
Abbildung 16: Anzahl der Schüler pro PC in Europa, 2006
Quelle: in Anlehnung an BITKOM, 2007, S. 10
Die betroffenen Jugendlichen erfahren, wie bereits erwähnt, wenig familiäre Unterstützung bei der Aneignung von Kompetenzen, demnach auch für PC- und Internetkenntnissen. Hinzu kommt, dass nicht berufstätige Menschen seltener zu den
Internetnutzern zählen (vgl. Kap. 3.2.4). Das bedeutet, dass die Eltern diese
Fähigkeiten selbst nicht besitzen und somit nicht weitergeben können.
226
Mitgliedsstaaten siehe http://www.oecd.org/
Senkbeil, M., 2005, S. 158
228
TNS Infratest, Initiative D 21, 2006, S. 8
229
Initiative IT-Fitness, 2007b
230
Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, 2007, S. 10
227
53
Wenn man nun zusammenfasst, dass die Unterstützung der Eltern am wichtigsten für
die Lernerfolge der Kinder ist, die sozial Benachteiligten diese aber selten erfahren,
und die Schulen die Ungleichheiten eher verstärken, steigt die Bedeutung der offenen
Jugendarbeit enorm.
6.4.2 Öffentliche Zugangsorte
Wie bereits in Kap. 4.3 erwähnt können Einrichtungen der offenen Jugendarbeit einen
wichtigen Beitrag zur Bildung und Vermittlung von sozialen Kompetenzen für die
jugendlichen darstellen.
Jugendsozialarbeit bietet jungen Menschen, die aus individuellen oder sozialen
Gründen in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt sind, Unterstützung. Sie
richtet sich bspw. an Jugendliche in Problemsituationen, mit Migrationshintergrund,
ohne Schul- oder Ausbildungsabschluss, Schulverweigerer oder Ausbildungsabbrecher. Neben der Unterstützung im Bereich der schulischen und beruflichen
Qualifikationen (um Anschlüsse wiederherzustellen) stehen vor allem die Identitätsund Persönlichkeitsentwicklung und die Entfaltung von sozialen Kompetenzen der
Jugendlichen im Mittelpunkt. Dies ist für eine selbständige Lebensweise und in Bezug
auf die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt wichtig.231
„Jungen Menschen, die zum Ausgleich sozialer Benachteiligungen oder zur
Überwindung individueller Beeinträchtigungen in erhöhtem Maße auf Unterstützung
angewiesen sind, sollen im Rahmen der Jugendhilfe sozialpädagogische Hilfen
angeboten werden, die ihre schulische und berufliche Ausbildung, Eingliederung in die
Arbeitswelt und ihre soziale Integration fördern.“232 (§ 13, Jugendsozialarbeit)
Für HauptschülerInnen haben öffentliche Zugangsorte für das Internet eine besondere
Bedeutung, da sie in ihrem familiären Umfeld zu wenig Anregung und Unterstützung
erfahren.233 Gegebenfalls finden die Jugendlichen in ihren z.T. problematischen
Familien- und Wohnsituationen nicht die nötige Ruhe, um sich den Computer (sofern
ein Gerät im Haushalt zur Verfügung steht) zu nutzen. In diesen Fällen können
öffentliche Einrichtungen ein Zufluchtsort sein, wo die Jugendlichen eine angenehme
Atmosphäre vorfinden und sich zusätzlich neben der Möglichkeit zur Aneignung von
Kompetenzen über ihre privaten Probleme austauschen können.
Um die Qualifikation und Motivation der Jugendlichen zu steigern, sollte bei der
internetgestützten Jugendarbeit das spielerische Erlernen des Umgangs mit dem
Medium eingesetzt werden, bei dem die Teilnehmer beispielsweise eine Disco-Abend
in ihrer Stadt planen oder Informationen über ihren Fußballverein herausfinden sollen.
Durch den persönlichen Bezug zu dem Thema sind sie engagierter und durchhalte231
Rauschenbach, T., et al., 2004, S. 283
Sozialgesetzbuch VIII, § 13, 1; vgl. http://www.sozialgesetzbuch-bundessozialhilfegesetz.de/
233
Niesyto, H., 2004, S. 122 f.
232
54
fähiger; sie neigen weniger dazu, bei Nichterfolg abzubrechen. Die erworbenen
Fähigkeiten können dann auf ‚offiziellere’ Themen, wie z.B. die berufsrelevante
Nutzung übertragen und angewendet werden.234
Allerdings scheitert die Vermittlung von berufsrelevanten Nutzungsformen und deren
Anwendung oft an der fehlenden Zukunfts- und Zielorientierung der Jugendlichen. Im
Alter von 13-17 Jahren handeln sie grundsätzlich eher gegenwarts- statt zukunftsbezogen und eher prozess- statt ergebnis-/bzw. zweck-orientiert. Die entwicklungstypischen Enttäuschungs- und Negationsphasen sind bei den Jugendlichen aus
bildungsfernen Schichten oft sehr stark ausgeprägt.235
Den Jugendlichen fehlen häufig wichtige Grundvoraussetzungen wie traditionelle
Kulturtechniken, Lernmotivation bzw. -disziplin oder ein förderndes Umfeld. Daher
können Maßnahmen der digitalen Integration nur wirken, wenn sie in soziale
Integration eingefasst sind. Dies gilt auch für die Vermittlung von Medienkompetenz für
berufliche Belange, sie kann durch die Einbettung von technisch orientierten Projekten
in soziale Integrationsmaßnahmen verbessert werden. Diese sollten jedoch sinnvoll
zwischen den verschiedenen beteiligten Organisationen abgestimmt werden.236
Auf der einen Seite sollte Medienbildung gesellschaftliche Ausgrenzung und
Diskriminierung abbauen und verhindern. Auf der anderen Seite dürfen durch vorrangig
instrumentelle
und
auf
Wissenserwerb
ausgerichtete
Konzepte
die
sozial-
kommunikativen Aspekte nicht in den Hintergrund rücken. Die Jugendlichen müssen
beim Umgang mit den Medien beobachtet und begleitet werden, um auf ihre jeweiligen
zielgruppenspezifischen Bedürfnisse eingehen zu können.237
Die öffentlich geförderten Bildungsprojekte sind in einem doppelten Dilemma: 1. ist es
sehr schwer, überhaupt sozialen Zugang zu den Personengruppen mit Lernbarrieren
zu finden, da sie über institutionalisierte Lernorte (KiTas, Schulen, Ausbildungsstätten,
Hochschulen, Arbeitsplätze) nicht mehr erreichbar sind; 2. sind die Erfolgsaussichten
schwer abzuschätzen und schwer messbar.238
Weiterhin finden Jugendliche im Internet viele Beratungsangebote zur Seelsorge, bei
denen sie sich per E-Mail, im Chat oder in Foren Rat holen können oder
Hilfestellungen bekommen. Vorteilhaft dabei ist, dass die Jugendlichen ‚da abgeholt’
werden, wo sie sich gerade befinden (z.B. zu Hause). So müssen sie keine
Beratungsstelle aufsuchen (und sind zeitlich uneingegrenzt), was eine Barriere
darstellen könnte. Weiterhin äußern sie ihre Probleme gegebenenfalls eher oder
234
Kubicek, H., 2006, S. 46
ebd. S. 50 ff.
236
ebd. S. 53 ff.
237
Niesyto, H., 2004, S. 125
238
Winkelmann, M., 2004, S. 53
235
55
offener, da dies im Internet anonym geschehen kann, was zusätzlich Schwellenängste
abbaut.239 Allerdings sind die Jugendlichen mit niedrigem Bildungsniveau bei den
Nutzern stark unterrepräsentiert, obwohl gerade sie durch ihre zum Teil schwierigen
Familienverhältnisse o.ä. die Klientel der Seelsorge sind. 240
6.5 Berufliche Relevanz von Medienkompetenz
Das Internet wird in vielen Berufen zu einem wichtigen Arbeitsmittel. Die kompetente
Nutzung der neuen Medien kann Einfluss auf die Wettbewerbsposition der einzelnen
Bewerber haben. Daher bedarf es der Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule
und der Berufsausbildung, um sich an die veränderten Anforderungen anpassen zu
können.241
In einer aktuellen Befragung von rund 200 Personalverantwortlichen kam heraus, dass
unter ihren Auszubildenden hat fast die Hälfte (46%) keine ausreichenden Computerund Internetkompetenzen besitzen. Dies ist jedoch für zwei Drittel (66%) der befragten
Personalentscheider aus Handwerk und Industrie sehr wichtig. Die Berufsanforderungen steigen in dem Bereich zudem stetig an.242 Auch in den traditionellen
Handwerksberufen (z.B. Zimmerer, Betonbauer, Bäcker) wird der sichere Umgang mit
Computer und Internet vorausgesetzt.243 Es ist allerdings auch schwer für die
Arbeitgeber einzuschätzen, über welche IT-Kompetenzen die Bewerber verfügen, da
sie selten Zeugnisse oder Zertifikate darüber besitzen. Dies ist aber ein sehr wichtiger
Bestandteil von Qualifikationen.
Allerdings gaben 61 % der Befragten aus Unternehmen mit bis 50 zu Mitarbeitern (und
45 % der Befragten aus Unternehmen ab 50 Mitarbeitern) ebenfalls an, dass in ihren
Abteilungen keine ausreichende Ausbildung für die Computer- und Internetkompetenz
geleistet wird.244 Es ist also auch wichtig, dass in den Unternehmen Mitarbeiter vor Ort
sind, die die Kompetenzen vermitteln können.
Auf dem Arbeitsmarkt gelten diese Kompetenzen inzwischen als ‚unverzichtbare
Schlüsselqualifikation’. Über 80% der Befragten gaben an, dass vorhandene ITKenntnisse ein wesentlicher Faktor sind und Jugendliche mit diesen Fähigkeiten somit
bei der Ausbildungs- und Berufssuche mehr Chancen haben. In fast jedem Arbeitsund Geschäftsprozess (auch in nahezu jedem Beruf des Handwerks) werden
239
Andererseits ziehen manche Jugendliche vielleicht ein direktes Gespräch unter vier Augen
und eine persönlichere Atmosphäre bei der Besprechung und Bewältigung ihrer Probleme vor.
240
Klein, A., 2005, S. 236 f.
241
Kubicek, H., 2001, S. 373
242
Aktuelle und veränderte Berufsanforderungen vgl. Berufenet:
http://infobub.arbeitsagentur.de/berufe/index.jsp
243
Initiative IT-Fitness, 2007a, S. 1
244
Initiative IT-Fitness, 2007c, S. 1
56
heutzutage Computer und Internet genutzt, daher wird dies bei den Auswahlverfahren
so stark berücksichtigt.245
Die Jugendlichen mit Hauptschulabschluss, die das Internet nicht nutzen, sind für den
Ausbildungs- und Berufsmarkt aufgrund ihrer formal niedrigeren Bildung und der
fehlenden Medienkompetenz doppelt benachteiligt. Realschüler und Gymnasiasten, die
meist bessere Internetkenntnisse mitbringen, haben somit unter vielen Bewerbern für
eine Stelle bessere Chancen.246
Um die Chancen von Auszubildenden für einen erfolgreichen Einstieg in ihr Berufsleben zu verbessern, wurde das Internetangebot www.lehrlingegehenonline.de247
entwickelt. Somit wird den Lehrlingen die Möglichkeit verschafft, den Umgang mit
gängiger Software selbst im Internet erlernen können, worüber sie nach einer Prüfung
ein Zertifikat für Bewerbungen erhalten. Die Auszubildenden können sich dort
untereinander austauschen und gegebenenfalls unterstützen und sich über Neuigkeiten im handwerklichen Bereich informieren.248
Es werden zudem mittlerweile zahlreiche Stellenangebote im Internet offeriert. Vor
allem hoch qualifizierte potentielle Arbeitnehmer nutzen es als zentrales Medium bei
ihrer Arbeitsplatzsuche und um sich auf dem Markt zu orientieren. Zudem nutzen es
viele Firmen, um nach geeigneten Fachkräften für ihre ausgeschriebenen Stellen zu
suchen. Die Bewerber und Unternehmen erfahren bei ihren Suchen somit eine
Erleichterung, mehr Service und Komfort.249
Weiterhin sind vielfältige Karriere-Portale entstanden, mit Angeboten wie MatchingVerfahren (Abgleich von Angebot und Nachfrage), Suchassistenten, persönlichen JobAgenten, Mail-Service, Karriereberatung und Weiterbildungsangeboten. In bestimmten
beruflichen Segmenten ist es mittlerweile üblich, sich über das Internet für offene
Stellen zu bewerben.250
Die bedeutet einen weiteren Nachteil für die Jugendlichen, die das Internet nicht
nutzen.
245
Initiative IT-Fitness, 2007a, S. 2
Kubicek, H., Welling, S., 2004, S. 58
247
Von der Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk (ZWH), dem Zentralverband des
Deutschen Handwerks (ZDH) und Microsoft
248
Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk, 2007, S. 1
249
Boes, A., Preißler, J., 2002, S. 34
250
ebd. S. 35
246
57
7. Handlungsempfehlungen
Nachfolgend werden Handlungsempfehlungen für die Förderung der Digitalen
Integration und der Vermittlung von Medienkompetenz für eine selbstbestimmte
Nutzung aufgeführt. Dies geschieht in Anlehnung an Gehrke auf der Steuerungsebene,
der Anbieterebene und der Nutzerebene (allgemein und auf Jugendliche fokussiert).
Diese Empfehlungen sind nicht isoliert zu betrachten, sondern sich immer einander
ergänzend.251
7.1 Steuerungsebene
Die Empfehlungen richten sich an Institutionen und Organisationen, die die Rahmenbedingungen schaffen. Dazu sind weitere Untersuchungen notwendig:
Wie bereits erwähnt, rückt zunehmend die Frage danach, wie das Internet genutzt
wird, in den Vordergrund. Für einen kontinuierlichen internationalen Vergleich sollte
man sich nicht mehr lediglich quantitativ auf die Nutzung konzentrieren. Zur Analyse
der möglichen Entwicklungen muss die Verschiedenheit der Nutzer und Nichtnutzer
untereinander mit einbezogen werden.252 Es bedarf weiterer staatlicher Unterstützung
für die Erhebung neuer differenzierterer Daten, bspw. nicht über eine Alterstufe
allgemein sondern explizit über Hauptschüler, damit spezifischere Maßnahmen
ergriffen werden können.253 Hier kann die Forderung von Warschauer aufgeführt
werden, welche die Untersuchung der sozialen Strukturen und Probleme der
differenten gesellschaftlichen Gruppen beinhaltet (vgl. Kap 3.4).
Weiterführende ausführliche Untersuchungen zu den Differenzen der Internetnutzungsweisen der Jugendlichen könnten ihnen einen an ihren sozialen Kontext angepassten Zugang zu informeller Bildung gewähren. Dazu müssen die verschiedenen
informellen Aneignungs- und Bildungsstrukturen der einzelnen Zielgruppen analysiert
werden, um soziodemographische Einflussfaktoren identifizieren zu können.254
Insgesamt gilt es, Formen der medienpädagogischen Praxisforschung im Bereich von
Hauptschul- und Migrationsmilieus deutlich zu verstärken, um noch mehr Erkenntnisse
für die Entwicklung lebenswelt- und subjektorientierter Arbeitsformen zu erhalten. Es
ist wichtig, mehr in die Entwicklung von methodisch-didaktischen Konzepten in der
Medienpädagogik zu investieren, um dort bessere Angebote und Fortschritte zu
251
Gehrke, G., 2004, S. 37 ff.
ebd. S. 42
253
Kubicek, H., 2001, S. 376
254
Kutscher, N., Otto, H.-U., 2004, S. 18
252
58
erzielen. Wichtige Impulse in dem Bereich könnte der verstärkende Dialog zwischen
schulischer und außerschulischer Medienbildung geben.255
Nach Meinung der Autorin ist es im Nachhinein schwierig zu beurteilen, woran es lag,
dass bisherige Nichtnutzer das Internet neuerdings gebrauchen. Wenn Befragungen
der neu hinzugekommenen Onliner durchgeführt würden, um herauszufinden, warum
sie das Medium nun nutzen, könnten diese Bereiche in Zukunft mehr gefördert werden.
Allerdings spielen dabei viele subjektive Faktoren der einzelnen Befragten eine Rolle,
die nicht auf die Masse zu übertragen sind. Außerdem kann die rasante Entwicklung in
dem Bereich nur eine Momentaufnahme sein, die nach kurzer Zeit vielleicht schon
wieder anders bewertet würde. So lassen sich jedoch ggf. richtungsweisende
Tendenzen ablesen.
Die Bereitschaft und der Wunsch, das Internet zu nutzen, steigen, wenn Menschen im
persönlichen Umfeld (Bekannten- und Freundeskreis) dies auch tun; Netzwerkeffekte
sind daher von enormer Bedeutung. Dazu sollten Initiativen zur Verbreitung von
Netzwerkeffekten auf lokaler und regionaler Ebene unterstützt werden, vor allem bei
Gruppen, die nutzungsfern, bzw. nicht technikaffin sind.256 Für Offliner, die keinen
persönlichen Nutzen durch den Gebrauch des Internets sehen, sollten die Mehrwerte
besser beworben werden.257
Nutzer und Nichtnutzer äußern erhebliche Bedenken in Bezug auf die Datensicherheit,
den Datenschutz und die Glaubwürdigkeit von Informationen im Internet. Ein
verlässlicher Rechtsrahmen (vertragliche Vereinbarungen, gesetzlicher Rahmen), der
für alle Teilnehmer verbindlich gilt, ist dazu erforderlich.258
Um eine gleich verteilte gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen zu erreichen, ist
es nötig, die Ungleichheit fördernden gesellschaftlichen Strukturen zu verändern.259
Initiativen zur stärkeren Teilhabe der Bevölkerung sollten jedoch auch immer mit
ökonomischen Innovationsinitiativen kombiniert werden. So werden gesellschaftspolitisch wünschenswerte und wirtschaftlich sinnvolle Maßnahmen verbunden.260
Allerdings können die kulturellen, sozialen und ökonomischen Ungleichheiten durch
politische Maßnahmen nicht schlagartig aufgehoben werden.261
255
Niesyto, H., ebd. S. 126
Gehrke, G., 2004, S. 37
257
ebd. S. 33 f.
258
ebd. S. 41
259
Boes, A., et al., 2006, S. 2
260
Gehrke, G., 2004, S. 39
261
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen, 2002, S. 35
256
59
Es kommen besondere Herausforderungen auf den Bildungsbereich zu. Neben mehr
Investitionen in Bildung bedarf es inhaltlicher und struktureller Reformen des Bildungssystems, da die Bildung neben der Entwicklung individueller Persönlichkeit und Teilhabe der Einzelnen an der Gesellschaft auch über die Zukunftsfähigkeit einer
demokratisch konstituierten Gesellschaft entscheidet.262
7.2 Anbieterebene
Diese Empfehlungen richten sich an diejenigen, die die Dienstleistungen und Produkte
für die Nutzung der neuen Technologien bereitstellen. Sie sind eher allgemein gehalten
und beschränken sich auf die Digitale Integration:
Die Verbesserung der Handhabbarkeit und Nutzerfreundlichkeit von Geräten und
Programmen (auch in Bezug auf Barrierefreiheit) sollte auf der Anbieterseite stets mit
einbezogen werden. Es bedarf kompatibler Plattformen für die Vielzahl der
unterschiedlich genutzten Medien, damit ein unkomplizierter Austausch von gespeichertem Wissen und der einfache Transfer von digitalisierten Informationen
gewährleistet werden kann.263
Attraktive Zugangs- und Nutzungsmodelle könnten die Nutzerzahlen, Nutzungsformen
und -intensitäten positiv beeinflussen. In dem Bereich spielen die Kosten des Zugangs
und der Nutzung bzw. die Bandbreite (für die Übermittlung großer Datenmengen u.a.)
eine große Rolle. Weiterhin müssen die Angebote spezifischer und bedarfsgerechter
auf die differenten Zielgruppen ausgerichtet sein, um den jeweiligen individuellen
Mehrwert herauszustellen. Gegen Vorbehalte der Nichtnutzer können weiterhin
vertrauenswürdige und glaubwürdige Angebote als Orientierungshilfe geschaffen
werden – bspw. durch die Angabe von Quellen oder eine gut ersichtliche Trennung von
Werbung und Informationen.264
Aus Nutzersicht ist es sehr schwer, aus der Vielfalt der Angebote ein geeignetes und
passendes für sich zu finden.265 Dazu ist es wichtig, mehr Transparenz zu bieten, z.B.
durch die Bildung von Standards. Einerseits benötigen die Nichtnutzer einen besseren
Überblick, wie sie in das Internet einsteigen können. Andererseits können sich die
neuen Nutzer somit besser in der Fülle der Informationen zurechtfinden. Dazu sind
Linksammlungen, Portale und Glossars hilfreich.
262
Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, Bundesministerium für Bildung und Forschung,
2003, S. 40
263
Gehrke, G., 2004, S. 39
264
ebd. S. 40
265
Kubicek, H., 2001, S. 376
60
7.3 Nutzerebene
Auf dieser Ebene existieren diverse Einflussfaktoren auf die Internetnutzung und die
Aneignung von Medienkompetenz, für die jeweils individuelle Empfehlungen aufgeführt
werden:
7.3.1 Eltern
Bei der Elternbildung werden gerade die ‚problematischeren’ Familien (in schwierigen
und benachteiligten Lebenssituationen, Eltern mit geringer Sensibilität für die eigene
Vorbildfunktion)
nicht
erreicht.
Um
dem
entgegenzuwirken
müssen
neue
Bildungskonzepte erarbeitet werden. Ein Ansatz wäre die stadtteilorientierte Arbeit
(Kontaktaufnahme zu Streetworkern, Familienverbänden oder sozialpädagogischen
Familienhilfen). Die medienpädagogischen Informationsmaterialien müssen mehr auf
die Zielgruppe ausgerichtet sein – meist sprechen sie eher diejenigen an, die sich
bereits mit der Materie auseinandergesetzt haben.266
7.3.2 Schule
In den Schulen ist die technische Ausstattung Grundvoraussetzung für die Kompetenzvermittlung. Die Verbreitung von Computern und Internetanschlüssen an Schulen in
Deutschland ist recht zufrieden stellend (es wurde in dem Bereich schon viel
unternommen, vgl. z.B. Projekt ‚Schulen an´s Netz’, Kap. 3.5). Jedoch ist dies im
Vergleich zu anderen Ländern (vgl. Kap. 6, Abb. 16) noch ausbaufähig. Um dies zu
erreichen, sollten weitere Sponsoren (z.B. Unternehmen, aber auch Eltern) und
Hilfsmittel herangezogen werden.267 Die Unternehmen suchen gut ausgebildete
Bewerber, daher könnten sie auch schon früh etwas dafür investieren. Es käme ihnen
später wiederum zu Gute.
Die Lehrer sollten sich nicht darum kümmern müssen, wenn technische Probleme
auftauchen. Sie müssen in dem Bereich durch technischen Support von Experten
entlastet werden.268
50% der Lehrlinge haben laut den befragten Personalentscheidern keine Motivation,
sich die IT-Kompetenzen eigeninitiativ anzueignen.269 In dem Bereich könnten sie also
266
Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz, 1997, S. 31
Thomas, U., 2002, S. 96
268
Kubicek, H., Welling, S., ebd. S. 118
269
Initiative IT-Fitness, 2007a, S. 2
267
61
noch Unterstützung erfahren. Beispielhaft kann dazu die Hauptschule Körbecke270 als
Vorbild aufgeführt werden: Zusätzlich zu seinem Zeugnis bekommt jeder Schüler eine
‚Kompetenzmappe’, die seine Stärken aus allen Lebensbereichen beinhaltet. Durch die
Hervorhebung ihrer Talente erfahren die Schüler positive Anerkennung und entwickeln
mehr Motivation, diese auzubauen. Die Schule hat weiterhin ein umfassendes Konzept
zur Berufsorientierung ab der fünften Klasse eingeführt. Die Schüler können sich auch
nach dem Unterricht, an Wochenenden, in den Ferien, sogar nach dem
Schulabschluss an ein ‚Zentrum für die Berufswahlorientierung’ wenden. Dort geben
u.a. ehemalige Schüler ihre bisherigen Lebens- und Berufserfahrungen an die Schüler
weiter. Die Quote der Schüler, die in eine Ausbildung übergehen, liegt bei 64 %.271
Weiterhin sollten verstärkt Konzepte und Aktivitäten für die Vermittlung von
Medienkompetenz in Schulen gefördert werden, um diejenigen zu erreichen, die die
informellen
Angebote
nicht
nutzen.
Die
Lehrpläne
müssten
mehr
auf
die
Anforderungen der Arbeitgeber eingehen, um die Jugendlichen darauf vorzubereiten.
Wenn die neuen Technologien mehr in den Unterricht eingebunden werden, würden
sie sich zu einem selbstverständlichen Standard entwickeln. Es wäre sehr vorteilhaft,
wenn es in den Schulen möglich wäre, kleinere Lerngruppen einzurichten, da es sich
gerade für die weniger lernbereiten Schüler begünstigend auf ihre Teilnahme und
Aufmerksamkeit und somit den Lerneffekt bzw. -erfolg auswirkt.272 Dies ist allerdings
aufgrund des fehlenden Personals und den unzureichenden Räumlichkeiten schwierig
umzusetzen.
Die Schulen müssten sich künftig enger mit den Familien verbinden, um an die
Lernvoraussetzungen der Kinder anknüpfen zu können.273 So könnten Schüler, Eltern
und Lehrer in einen engeren Dialog treten.
Durch die Kooperation zwischen Schulen und Jugendarbeit könnte den Jugendlichen
ein umfassenderes, aufeinander abgestimmtes Bildungsangebot geboten werden.
7.3.3 Öffentliche Einrichtungen
Elementare Grundvoraussetzungen für die Vermittlung von Medienkompetenz an die
Jugendlichen sind die technische Ausstattung (und ihr Zustand, z.B. Breitbandanschluss) sowie personelle und materielle Ressourcen.274
270
Gewinner des ‚Hauptschulpreises 2007’
Gemeinnützige Hertie-Stiftung, 2007, S. 1
272
Mathern, S., 2003, S. 273
273
Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen, 2002, S. 36
274
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 142
271
62
Es wäre fatal, wenn potentielle Nutzer aufgrund des Zustandes der technischen
Ausstattung schlechte Erfahrungen machen würden und daher keinen Drang
verspüren, die Medien zu nutzen (vgl. ‚Inequality in technical apparatus’ Kap. 3.4.).
Weiterhin ist für den erfolgreichen Betrieb der Einrichtungen ein umfassender Support
für die Hard- und Software sehr wichtig. Die MitarbeiterInnen vor Ort besitzen diese
Kompetenzen und die Zeit dazu oft nicht, daher sollten sie durch Experten im Bereich
der Wartung entlastet werden.275
Die kontinuierliche Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiter ist ebenfalls elementar. Der
Alttag in öffentlichen Einrichtungen ist jedoch oft von Personalmangel, starker
Fluktuation
und
befristeten
Arbeitsverhältnissen
geprägt.
Es
sollten
weitere
Ressourcen für sie zur Verfügung gestellt werden, damit neue Mitarbeiter eingestellt
oder vorhandene längerfristiger beschäftigt werden können. In dem Rahmen sollte
auch eine Förderung von ehrenamtlichem Engagement einhergehen.276
Öffentliche Einrichtungen sind oft nicht dauerhaft finanziert und unterstehen keinem
professionellen Management. Dort müssten mehr Infrastrukturen und Ressourcen
geschaffen werden, damit der Betrieb nicht mehr so improvisiert verläuft. Nur nur
langfristige und auf Kontinuität angelegte medienpädagogische Maßnahmen sind
erfolgsversprechend. Es sollte auf mehr Kooperation und Erfahrungsaustausch
unterhalb der Einrichtungen gesetzt werden.277 Die Vermittlungsstellen sollten weiterhin
Kompetenzen entwickeln, Finanzmittel aus Förderprogrammen (und Spenden,
Sponsoring) einzuwerben und Eigenmittel zu erwirtschaften. So können sie der oft
vorherrschenden Planungsunsicherheit entgegenwirken.278
Kooperationen und Zusammenarbeit verschiedener Institutionen in regionalen oder
lokalen Netzwerken sind ebenfalls elementar.279 Für die sozial integrative Jugendarbeit
ist es bereits anerkannt, dass die verschiedenen beteiligten Einrichtungen sich
intensiver gegenseitig unterstützen müssen.280
Die technische und kognitive Medienkompetenz, die für eine mehrwertige Internetnutzung benötigt wird, kann bei sozial- und bildungsbenachteiligten Menschen nicht
vorausgesetzt werden. Die öffentlichen Einrichtungen sollten im sozialen Umfeld der
Betroffenen angesiedelt sein. Multiplikatoren dieser Institutionen kennen meist die
Probleme ihrer Zielgruppen und können somit kontextrelevante Medienkompetenz
vermitteln. Diese Bildungsangebote können die praktische Nutzbarkeit und die
275
Kubicek, H., Welling, S., 2002, S. 118
ebd. S. 118 f.
277
Kubicek, H., 2001, S. 376
278
Kubicek, H., Welling, S., 2002, S. 119
279
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 138
280
Niesyto, H., 2004, S. 129
276
63
persönliche Nützlichkeit für den Einzelnen herausstellen, so dass die Nutzer positive
Erfahrungen machen und die allgemeine Akzeptanz gesteigert wird. Sie können
dadurch einen entscheidenden Beitrag zur gezielten Förderung der effektiven Nutzung
durch alle Bevölkerungsgruppen leisten.281
Es ist wichtig, den Jugendlichen dezentrale Zugangsformen zu bieten, auf sie
zuzugehen und aktiv Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Dies kann über aufsuchende
Medienarbeit, mobile Angebote, schulische und außer-schulische Kooperation oder
Schnupperangebote geschehen. Allgemeine Ausschreibungen oder der Versuch,
Jugendliche über ihre Eltern zu erreichen, sind oft nicht förderlich.282
Das Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen sollte in einem ungezwungenen Rahmen
geschehen.283 Wenn ihnen die Zeit gegeben wird, ‚Experimentieren’ und Erfahrungen
zu sammeln zu dürfen, geraten sie weniger unter Leistungsdruck und können trotz z.T.
vorhandener Aufmerksamkeits- bzw. Konzentrationsschwäche produktiv etwas erarbeiten. Außerdem kann diese Freiheit mehr Kreativität fördern. Es ist weiterhin wichtig,
dass die Inhalte der Fortbildungen möglichst transparent gehalten werden, damit sie
gut nachzuvollziehen sind.284
Man sollte konkrete Fragestellungen und Probleme aus dem sozialen Umfeld der
Jugendlichen (und anderen Zielgruppen) in den Mittelpunkt der Projekte stellen. So
können sie bei den thematisch ausgerichteten Veranstaltungen exemplarisch lernen
und es ggf. sinnvoll für ihren Alltag nutzen.285 (vgl. Ettema/Kline, Kap. 3.1) Durch die
Orientierung an den Bedürfnissen und der Erfahrungs-, und Lebenswelt der
Jugendlichen, werden ihnen Möglichkeiten zum Selbstausdruck geboten.286
Es ist wichtig, die Stärken der Jugendlichen herauszustellen und sich an ihren
Fähigkeiten und Interessen zu orientieren. Im Schulalltag werden ihnen ihre Defizite oft
genug bewusst. (vgl. Kap. 6.2.2) Die Erfolgserlebnisse können ihre Motivation enorm
fördern.287
Zudem ist es wichtig, dass die Jugendlichen einen persönlichen Gebrauchs-, bzw.
Mehrwert erfahren. Durch kreativ-gestalterischen Selbstausdruck mit Medien zu
persönlichen Interessen sind sie bereit, etwas zu investieren. Durch die multimedialen
digitalen
Techniken
ergeben
sich
für
sie
zudem
neue
Aneignungs-
und
Ausdrucksformen – im Vergleich zu den analogen Medien. Wenn sie z.B. die audio281
Croll, J., 2004, S. 88
Niesyto, H., 2004, S. 129
283
Fr. Croll u. Fr. Brüggemenn haben dieses Projekt als nicht repräsentative Stichprobe und
daher nicht allgemeingültig für NRW bezeichnet.
284
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 144 f.
285
Winkelmann, M., 2004, S. 54
286
Niesyto, H., 2004, S. 129
287
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 145
282
64
visuellen Möglichkeiten entdecken, begegnen sie den Aufgaben oft mit Interesse,
Neugier und Spaß.288
Neben technischen Erfahrungen spielt die Entwicklung einer reflexiven Nutzung und
die
kommunikative
und
soziale
Interaktion
eine
große
Rolle.
Dies
ist
im
Gruppenverband gut möglich. Es ist wichtig für sie, mit ihren Freunden zusammen
Dinge zu erlernen, sich gegenseitig zu unterstützen und Spaß dabei zu haben.
Jugendliche, die sich in anderen Kontexten engagieren (z.B. in Jugendverbänden),
gehen mit den Strukturen im Internet auch differenzierter um.289 Daher sollte dieses
Engagement im Offlinebereich zusätzlich gefördert werden.
Es mangelt den Jugendlichen aus sozial schwierigen Verhältnissen oft an
Schlüsselqualifikationen wie fehlender Verbindlichkeit. Auf die Computerarbeit bezogen
ist es daher wichtig, Fähigkeiten im sozialen Bereich zu vermitteln. Für die
Jugendlichen ist es oft wohltuend, einen geregelten Tagesablauf zu haben und es
geschafft zu haben, mehrere Stunden konzentriert zu arbeiten, sich mit anderen
abzustimmen und produktiv gewesen zu sein. Das erhöht ihr Aktivitätsniveau und
steigert ihr Selbstbewusstsein.290
Eine wichtige Voraussetzung für die Nachhaltigkeit der vermittelten Kompetenzen ist
die Bereitschaft der Jugendlichen, sich auch über das Projekt hinaus mit den Inhalten
zu beschäftigen. Daher müssen zusätzlich Selbstlernaktivitäten gefördert werden.291
Es ist wichtig, alle einstiegsfreundlichen Projekte, welche die Möglichkeit von
Primärerfahrungen fördern, zu unterstützen. Allerdings muss dabei die lebensweltliche
Differenz der Offliner viel stärker in die Programme und Aktionen einfließen
(zielgruppenspezifisch), da sie zum Teil sehr unterschiedliche Ansprüche an die
Nutzung des Internets haben. 292
Öffentliche Internetzugangsorte sollten in Zukunft nicht mehr lediglich als Ersterfahrungsorte verstanden werden, sondern andere Nutzungsorte ergänzen. Indem sie
bspw. Bedürfnisse befriedigen, die die Nutzer zu Hause oder am Arbeitsplatz nicht
befriedigen können.293
288
Niesyto, H., 2004, S. 126
Kutscher, N., 2003, S. 8
290
Niesyto, H., 2004, S. 127
291
Welling, S., Brüggemann, M., 2004, S. 2
292
Gehrke, G., 2004, S. 37
293
Kubicek, H., 2006, S. 60
289
65
7.3.4 Multiplikatoren
Multiplikatoren spielen eine Schlüsselrolle als Informationsvermittler bei der Förderung
von Medienkompetenz. Durch Sensibilisierung und Stärkung der Multiplikatoren
können die einzelnen Zielgruppen durch situations- und kontextgerechte Wissensvermittlung besser erreicht werden. Vor allem durch diejenigen, die sich abseits der
institutionellen und etablierten Bildungswege engagieren und so auch Nutzungsferne
erreichen.294
Für die Lehrpersonen sind zu o.g. Medienkompetenzen zusätzlich folgende Fähigkeiten nötig: sie müssen die Bedeutung der Medien und Technologien für die Bildung und
Erziehung einschätzen und sie in Bezug auf ihre Wirkung auf die Kinder und
Jugendlichen beurteilen können. Weiterhin sollten sie bei der Gestaltung der
Lernprozesse
die
unterschiedlichen
Zugangsmöglichkeiten
und
-weisen
mit
einbeziehen, damit sie einen gleichberechtigten Zugang gewährleisten können. Ihre
Innovationsbereitschaft muss hoch sein, damit sie bei den technischen Entwicklungen
‚mithalten’ können.295
Die Lehrer müssen besser qualifiziert und entlastet werden. Z.B. sollten sie sich nicht
um technische Probleme kümmern müssen, dies sollte ein umfassender Support
leisten. Bei der Vermittlung von Medienkompetenzen könnten sie ggf. von
Ehrenamtlichen oder Eltern unterstützt werden. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass
die Schüler sich gegenseitig untereinander unterstützen (ggf. Ältere ihre Kenntnisse an
Jüngere weitergeben). So ist die Gewährleistung der Qualität der Vermittlung und
Aneignung jedoch schwierig.
In Bezug auf die angehende Lehrergeneration kann man von einer sehr zufrieden
stellenden Verbreitung der Computer- und Internetnutzung sprechen: Fast alle
befragten Lehramtstudierenden einer Studie296 (98,2 %) nutzen einen Computer und
78,5 % das Internet.297 43 % der Befragten sind motiviert, in Zukunft den Unterricht mit
neuen Medien zu gestalten, jedoch fühlen sich mehr als drei Viertel nicht gut genug
vorbereitet, dies praktisch anzuwenden und zu vermitteln.298
Dort gibt es nach Auffassung der Autorin also noch Förderbedarf. Die Einstellung der
Studierenden ist vorrangig positiv zu den neuen Medien. Sie besitzen selbst die
294
Gehrke, G., 2004, S. 38
Schulz-Zander, R., 1997, S. 107
296
Laut einer Befragung von 1.052 Lehramtstudierenden im Auftrag der Bertelsmann Stiftung
und der Heinz Nixdorf Stiftung, die 1999 an sieben deutschen Hochschulen durchgeführt
wurde.
297
Baacke, D., et al., 1999, S. 2
298
ebd. S. 5
295
66
Kompetenzen, sie zu bedienen, haben jedoch Bedenken, diese Fähigkeiten umfassend
weitergeben zu können. In dem Bereich könnten künftig Übungen angeboten werden,
in denen die Studierenden dies für die Unterrichtspraxis trainieren können. Vielleicht
könnte
man
die
Studenten
für
ehrenamtliches
Engagement
(z.B.
in
den
Semesterferien) in offenen Jugendeinrichtungen gewinnen, die oft unter Personalmangel und unter gering zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln leiden. Dort
könnten die angehenden Lehrer ihre Kompetenzen in dem Bereich erweitern und die
Einrichtungen könnten besser betreute Projekte anbieten. Dem gegenüber steht
allerdings, dass wie gesagt befristete Arbeitsverhältnisse kontraproduktiv für
kontinuierliche Programme sind. Nach der Phase der Einarbeitung, des ‚sich
Aneinander gewöhnens’ und dem Aufbau von Vertrauen verlässt die jeweilige Person
die Einrichtung wieder (um weiter zu studieren). Die Jugendlichen benötigen jedoch ein
Beständigkeitsgefühl und Gewohnheiten.
Die Wichtigkeit der Medienpädagogik verlangt danach, dass Medienkompetenzvermittlung in der Ausbildung von Lehrern, Erziehern und Sozialpädagogen
berücksichtigt wird.299
Während der Projekte in öffentlichen Einrichtungen sollten die Vermittelnden nicht nur
thematisch pädagogisch-funktional vorgehen, sondern sich auch Zeit dafür nehmen,
einen persönlichen Bezug zu den Teilnehmern herzustellen. Das Gefühl zu haben,
ernst genommen, akzeptiert und wertgeschätzt zu werden, ist gerade für die
Jugendlichen wichtig. Es ist in den häufig kleineren Gruppen (als z.B. im
Klassenverband) auch viel einfacher, individuell auf sie einzugehen. Für die
Jugendlichen ist die zwischenmenschliche Kommunikation, die Möglichkeit zu fragen
und um Unterstützung zu bitten, sehr bedeutend.300 Dazu ist ernsthaftes und
glaubwürdiges Interesse nötig. Durch das Abweichen von klassischen Lehr-/ und
Lernsituationen, können Jugendliche mit Abneigungen gegen die Schule positiv beim
Lernprozess beeinflusst werden.301
Häufig entstehen Differenzen zwischen den Erwartungen der MitarbeiterInnen an die
Jugendlichen und den Handlungspraxen, die sie im Endeffekt durchführen. Dies
beeinflusst den Projekterfolg und die Zufriedenheit meist negativ.302
Die MitarbeiterInnen in den Jugendeinrichtungen sind selbst oft hohen beruflichen
Belastungen ausgesetzt, was ihre Arbeit auch beeinflusst. Die Beschäftigungs-
299
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 158
Niesyto, H., 2004, S. 132
301
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 148
302
Welling, S., Brüggemann, M., 2004, S. 1
300
67
verhältnisse sind häufig eher unsicher oder befristet. Die finanziellen und zeitlichen
Ressourcen, die ihnen zur Verfügung stehen sind oft gering.303
Es ist sehr wichtig, dass die Mitarbeitenden sicher und vertraut mit den eingesetzten
Medien umgehen können. So entsteht für sie während der Vermittlung die Möglichkeit,
kreativ und experimentell vorzugehen und auf individuelle Probleme und Situationen zu
reagieren.304 Sie sollten sich weiterhin mit den Vorlieben und benutzten Diensten der
Jugendlichen auseinandersetzen (z.B. Chat), damit sie sich besser auf ihre Bedürfnisse einlassen können.305
Die eingeschränkte Lebensweltorientierung der MitarbeiterInnen in den Einrichtungen
offener Jugendarbeit kann die computerunterstützte Arbeit behindern. Wenn sie nicht
in der Lage sind, die Perspektive der Jugendlichen zu übernehmen, mündet dies
schnell in Unverständnis. Sie müssen versuchen zu verstehen, welche Bedürfnisse
und Themen die Jugendlichen mit den Medienangeboten verbinden. Oft stehen sie
Anwendungen wie Computerspielen oder dem Chatten kritisch gegenüber. Meist sind
diese jedoch ein guter Einstieg bei der Erlangung von Medienkompetenzen.306
Für MitarbeiterInnen ist häufig das Endprodukt (z.B. Erstellung einer Internetseite)
eines Projektes sehr wichtig. Die Jugendlichen legen jedoch mehr Wert auf das
Handeln selbst – unabhängig vom Ergebnis. Die Freiwilligkeit der Teilnahme steht oft
im Gegensatz zu der ‚Erzwingung’ von Anwesenheit oder bestimmter Medienpraxen.
Dies schränkt die Entwicklung vielfältiger Anwendungen (durch Ausprobieren) ein.307
Die Wort- und Schriftsprache der Pädagogen steht häufig im Gegensatz zu den
Ausdrucksformen der Jugendlichen. Daher sollten bei den Qualifizierungsmaßnahmen
für die Mitarbeitenden auch das Hinterfragen von Vorurteilen und das Einbeziehen von
anderen Perspektiven eine Rolle spielen.308 Außerdem sollte die Thematisierung von
jugendgefährdenden Inhalten Bestandteil der Qualifizierung sein, damit sie während
ihrer Arbeit diesem Problem nicht unvorbereitet gegenüberstehen.309
Mitarbeiter und Jugendliche können sich auch gegenseitig unterstützen und
austauschen. Wenn die Jugendlichen in manchen Bereichen mehr Kenntnisse besitzen
als die Mitarbeiter, können sie diese weitergeben. Die Auflösung der klassischen
Rollen kann die Motivation und das Selbstwertgefühl der Jugendlichen steigern.310
Es ist wichtig, den Jugendlichen einen gewissen Rahmen vorzugeben, jedoch sollte
auch genug Zeit und Flexibilität zum Ausprobieren eingeräumt werden. Es ist ein
303
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 150
ebd. S. 150
305
ebd. S. 153
306
Welling, S., Brüggemann, M., 2004, S. 1
307
ebd. S. 1
308
Croll, J., Brüggemann, M., 2007, S. 153
309
ebd. S. 158
310
ebd. S. 155
304
68
freundschaftlicherer
Austausch
möglich,
als
im
schulischen
Unterricht.
Die
Präsentation der erarbeiteten Ergebnisse ist auch wichtig für das Selbstbewusstsein
der Einzelnen. Sie erlernen dabei Schlüsselkompetenzen, wie z.B. Kritik anzunehmen
und darauf einzugehen oder zum eigenen Produkt zu stehen.311
Steuerungsebene
Anbieterebene
Technische Infrastruktur
Eltern
Schule
öffentliche
Einrichtungen
relevante
Inhalte
Qualifizierung
Jugendliche
Abbildung 17: Faktoren für Digitale Integration und Medienkompetenzvermittlung
Quelle: eigene Abbildung (in Anlehnung an Kap. 7)
Die einzelnen Wirkfaktoren sind in obiger Abbildung nocheinmal zusammengefasst:
Die Steuerungsebene schafft die Rahmenbedingungen für alle Teilnehmenden, die
Anbieter stellen die benötigten Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung. Die
technische Infrastruktur (und ihre Güte) ist die Grundvoraussetzung, um Nutzer für das
Internet zu gewinnen bzw. Medienkompetenz vermitteln zu können. Dies geschieht in
der Familie und über die Multiplikatoren in der Schule und den öffentlichen
Einrichtungen. Sie benötigen eine gute Qualifizierung in dem Bereich und sollten über
relevante Inhalte verfügen, um an die Jugendlichen herantreten zu können.
311
Niesyto, H., 2004, S. 129 ff.
69
8. Fazit/Ausblick
Zusammenfassend kann man aufführen, dass sich die Wissenklufthypothese (vgl. Kap.
3.1) in den aktuellen Studien für die Internetnutzung heutzutage bestätigt hat. Je höher
das Bildungsniveau der Nutzer ist, desto vielfältiger und anspruchsvoller wird das
Internet genutzt.
Bezogen auf die Zielgruppe der sozial benachteiligten Jugendlichen lässt sich
festhalten, dass sie im Gegensatz zu höher gebildeten Schülern seltener Zugang zum
Internet haben und es weniger informationsorientiert nutzen. Sie sind unbedarfter in
Bezug auf Sicherheitsaspekte (geben z.B. eher sensible Daten preis) und bewerten die
Inhalte unreflektierter. Bei ihnen steht eher ein Fernseher im eigenen Zimmer, als ein
Computer. Außerdem werden in ihren Familien seltener Tageszeitungen abonniert und
sie lesen seltener Bücher (vgl. Kap. 6.3). Die häufig fehlende Unterstützung des
Elternhauses und der an kompetenteren Schülern ausgerichtete Unterricht in der
Schule verstärken dies zusätzlich.
Wie bereits erwähnt sollte die Digitale Integration auch immer mit sozialer Integration
einhergehen. Die Benachteiligungen sollten in allen Bereichen ausgeräumt werden.
Allerdings ist in Deutschland bspw. durch das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit und
der weiterhin gestiegenen Kinderarmut312 keine Entspannung der momentanen Lage in
nächster Zeit zu erwarten.
Es könnte ein Ansatz sein, in Zukunft zu versuchen, die Initiativen mehr auf die (eher
bildungsfernen) Bevölkerungsteile auszurichten, die nicht über die Schule oder den
Beruf erreicht werden können. Die Förderungsmaßnahmen konzentrieren sich momentan eher auf Schulen und öffentliche Einrichtungen. Die Unternehmen können Weiterbildungen für ihre Mitarbeiter anbieten, in der Erwachsenenbildung werden gerne
öffentliche Bibliotheken und Volkshochschulen aufgesucht. Doch die Menschen, die
diese Angebote nicht nutzen und keine Eigeninitiative für die Aneignung der
Kompetenzen aufweisen, werden so nicht erreicht. Dazu wäre es nötig, sie in ihren
Alltagsstrukturen aufzusuchen, wo sie sich ohnehin aufhalten und ihnen dort die
Möglichkeit zu bieten, erste Erfahrungen mit dem Medium zu machen (ggf. beim
Einkauf, in Arztpraxen, in Behörden etc.). Allerdings herrscht dort nicht die nötige Ruhe
und Zeit, dies zu vertiefen. Dazu könnte man sie an ortsansässige Internetcafés o.ä.
verweisen.
312
Der Paritätische Wohlfahrtsverband, 2007, S. 1
70
Es besteht in diesem Bereich noch weiterer Forschungsbedarf, wie in Kapitel 7 näher
erläutert wurde.
Wenn man allerdings die staatliche Fördermaßnahmen aufgrund von Analysen zu sehr
auf einzelne benachteiligte Gruppen ausrichtet, besteht die Gefahr, dass die Unterschiede sich in manchen Bereichen angleichen, in anderen jedoch vergrößern.
Momentan die Qualifizierung der Multiplikatoren für die fachkundige Weitergabe der
Medienkompetenzen ein sehr wichtiges Anliegen. Denn nur so können den aktuell und
nachwachsend benachteiligten Kindern und Jugendlichen mehr Chancen für die
Teilhabe eingeräumt werden. Die Jugendlichen sollten auch heute schon im Bereich
der Mediennutzung sensibilisiert werden, da sie ggf. bald auch Kinder haben und dies
dann weitergeben können.
Jedoch ist die momentane Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht gerade förderlich für
die Motivation der Schüler mit niedrigem Bildungsniveau. Es ist sehr frustrierend für
die, dass sie nach Aneignung von Kompetenzen doch abgewiesen werden, da es zu
wenige Stellen gibt, oder ihnen höher Gebildete vorgezogen werden.
Das Ziel von Digitaler Integration ist nicht, alle Menschen zu Internetnutzern zu
machen, sondern, dass alle Menschen die Chance dazu haben.
In Bezug auf einzelne Dienste, z.B. bei Bankgeschäften, ziehen manche Menschen
den persönlichen Kontakt am Kundenschalter vor. Wird die bisherige Entwicklung der
Technologien fortgeschrieben, ist von einer Verschärfung der gegenwärtigen Situation
auszugehen. Es ist vorstellbar, dass viele Dienste zukünftig lediglich online oder nur
gegen Aufpreis am Schalter angeboten werden. Daher ist es einmal mehr wichtig, allen
Menschen die Möglichkeit zu geben, dies nutzen zu können. Dies wäre jedoch auch
das ‚andere Extrem’, man würde die Bevölkerung zwingen, bestimmte Handlungen nur
noch online durchführen zu können und ihnen so die Chance nehmen, offline zu
bleiben.
71
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