Papst Eduard - im Himmelscafe

Transcrição

Papst Eduard - im Himmelscafe
PAPST EDUARD I.
DER NACHFOLGER
Eine Satire
Vorwort Norbert Denef
„Manche Erscheinungen
in der Katholischen Kirche
sind heute nur noch mit Humor zu ertragen.
Man lese und lache!“
Prof. Hans Küng
Achtung!
Die ist eine kostenlose E-BOOK Testversion. Kopieren und
kostenlose Weitergabe ist erlaubt und erwünscht......Das
gedruckte Buch ist bei dbv, amazon und im Buchhandel zu
erhalten.
Denken Sie bitte daran: Dies ist KEIN Buch für Kinder und
zarte Seelen! Erwachsene allerdings dürfen sich gern hier und
da erschrecken und Kirche dabei neu entdecken.
Der Autor hat seinen Glauben an einen liebenden Gott und
seine heilige Kirche, trotz des negativ Erlebten, NICHT
verloren!
J
Der Autor Erwin Hilbert
In einer grauen Zechensiedlung Nordrhein Westfalens kam
am 2. März 1951 ein fröhlicher Junge mit seinem Schrei ins
Licht der Welt und Sie betrachten gerade ein E-Book von ihm.
Es war nichts anderes als sein Schrei nach Liebe. Vater Paul,
ein Bergmann, „wühlte“ im Dunkel der Zeche Radbod
kilometertief und machte Kohlen zu „Kohle“. Die Kindheit
war kleinbürgerlich, öde und oft reizlos. Mutter Elfrieda, mit
40 Jahren etwas zu alt für den kleinen „Racker“, hat die
Geburt nur knapp überlebt. Aber sie liebte ihn. Erwin alias
Eduard Kratzfuss war ihr letzter „Wurf!“ Ein Kind des Alters
und der Schmerzen. Aber es sollte so sein. An der
heimatlichen Dorfkirchendecke las er mit vierzehn Jahren:
„Also hat Gott die Welt geliebt und sandte seinen
eingeborenen Sohn. Damit alle die an ihn glauben nicht
verloren gehen!“ Er verstand es nicht. Verstehen sie es?
Die Suche begann.
Foto: Herbert Schulze
Udo Lindenberg, Kieran & Erwin Hilbert im Studio.
Champagna wurde damals aus Biergläsern verkostet....
In seiner Schulzeit regierten Stock, Pfeife und Ohrfeigen.
Klar, dass er später mit voller Wucht gegen alle falschen
Autoritäten mit Erfolg rebellierte. In seinem Berufsleben
begleitete er zusammen mit seiner Lebensvollzeitpartnerin
Walburga (Anna-Leena) viele Kinder und Jugendliche.
Gemeinsam sind sie Eltern von sechs wunderbaren Kindern.
Alles Individualisten. Hilbert malt, singt und schreibt. Als die
Berliner Mauer fiel, war er bereits mehrere Jahre Udo
Lindenbergs Freund, Geheimrat und späterer Privatsekretär.
Hier lernte er das Gesetz der „speziellen Schuhe“ und der
Liebe kennen. Beratend assistierte er Lindenberg bei vielen
CD-Produktionen . Er war auch ein Mann der ersten Stunde in
Udos Malerei und organisierte später die Kirchenausstellung
Die 10 Gebote!. Mit seinem Buch Eduard Kratzfuss!
Geschichten eines Maulwurfs, (amazon) landete er 2010 einen
Überraschungserfolg. Die erste Auflage verkaufte sich binnen
weniger Monate. Im nun vorliegendem Band: Papst Eduard I.
zeigt er seine Spiritualität. Hilbert ist ein liebevoller Rebell
und Chaot. Er hat keinen Bock auf dumpfe, kleinbürgerliche
und autoritäre Strukturen. Schon gar nicht von oben. Er macht
es wie ein Maulwurf. Stets von unten, aber dennoch mit der
Hilfe von Oben. Als Maulwurf verkleideter Kirchen- und
Bürgerschreck, wie der Hermann Hesse Herausgeber Volker
Michels sein Werk einmal nannte, untergräbt er eigen- und
feinsinnig alles, was steif, tot und lieblos ist. 1998 eröffnete er
das virtuelle Himmelscafe.de und erhielt dafür 2009 den
Promikon David Award. Mit seiner Satire Papst Eduard I.
zeigt er, wie schön es ist, wenn man dem Mann aus Nazareth
versucht zu folgen. Hilbert ist und bleibt mit Ihm als Schüler
on the way!
Der ehemalige sächsische Innenminister Heinz Eggert schrieb
nach dem Genuss der vorliegenden Lektüre folgendes zum
Buch: „Erstaunlich wie wenig päpstlich sich ein Papst
geben kann. Muss er auch nicht. Wer so weit von unten
kommt wie unser alter Kratzfuss, der lebt weniger von
himmlischen Einsichten als von humorvollen neugierigen
Weltbetrachtungen. Seine überraschenden Einsichten gibt
er auf unterhaltsame Weise an den Leser weiter, der über
diese Blickerweiterung selber ins Staunen kommt.
Normalität gerät aus den Fugen!
Einfach liebenswert schön dieses Buch, was nicht nur an
den fantasievollen Geschichten, sondern auch an den
Illustrationen liegt. Unterhalten werden alle.”
Der Theologieprofessor Dr. Hans Küng sagt zum
vorliegenden Werk:
„Manche Erscheinungen in der Katholischen Kirche sind
heute nur noch mit Humor zu ertragen.
Man lese und lache!
Folgende Bücher & CD’s wurden von Erwin Hilbert
publiziert:
Im Club der schwarzen Schafe
Wege aus und in die Welt der Süchte
4. Auflage. Mit Zeichnungen von Udo Lindenberg
ISBN: 3-928929-63-1
Eduard Kratzfuss
Geschichten eines Maulwurfs (Bestseller)
2. Auflage, Illustration Manuel Nordus
ISBN: 978-3-939684-7
Völlig happy
Gotteserfahrungen in Freikirchen
ISBN: 3-932491-12-2
Erwin Hilbert’s Gute-Laune-Musik mit eingebauter
Antiverblödungsautomatic! (fe-medien Spotyfi, amazon,
Musicload u. a.)
· Unter seinen Flügeln
· Gegenzeit
· Herztöne
· Ich bin bei Dir
· Auszeit (Doppel CD)
· Lieber Gott! (7 gesungene Kindergebete)
Kontakt - Lesungen & Konzerte:
Künstleragentur
ART & WEISEN
Tel.: 0049(0)15123051358
www.himmelscafe.de
[email protected]
www.eduardkratzfuss.de
Kapitelübersicht:
Führen alle Wege nach Rom?
Papstalltag
Rock the Pope!
Alles Gummi kommt von oben!.
Hausverbot für den Eigentümer
Hasenhüttl und Knarx
Der fliegende Teppich
Eduard, die Nazis und der Gesetzgeber
Berufung vom Chef
Rücktrittsbeschwerden
Habemus Papam!
Kein billiges Urbi et Orbi!
Ausmistungsexerzitien
Sex im Pfarrhaus
Das Papstattentat
Das letzte Spiel
Das war der Gipfel
Luthers Comeback
Stille Nacht in Rom
Danksagungen!
Vorwort von Norbert Denef
„Entschuldigen Sie, ist das der Zug nach Berlin Mitte?“ Ich
wollte nicht im falschen Zug sitzen, deshalb fragte ich
sicherheitshalber nach. Den Termin im Familienministerium
durfte ich nicht verpassen. Geplant war ein Treffen mit
Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Ich bereitete mich
tagelang vor und schlief deshalb weniger als sonst. Und dann
kam da auch noch Erwin Hilbert und bat mich um ein Vorwort
für sein neues Buch Papst Eduard I.
Eine satirisch-fröhliche Parabel sollte es werden, in der auch
das Thema sexueller Missbrauch seinen Platz fand. Das geht
doch nicht, dachte ich, dieses Thema satirisch-fröhlich
anzugehen und ich überlegte, wie ich Erwin Hilbert nett
absagen könnte, um das Vorwort nicht schreiben zu müssen.
Schau mal kurz in das Buch rein, dachte ich, und los geht’s
mit der Absage. Ich saß im Zug von Hamburg nach Berlin und
las das Manuskript. Irgendwie war ich nicht gut drauf. Denn
das politische Lügentheater im Umgang mit Betroffenen
sexualisierter Gewalt war für mich unerträglich. Es dauerte gar
nicht lange und meine schlechte Laune verschwand, je mehr
ich in dem Buch las. Es gab Stellen, an denen ich lachen
musste und es gab auch welche, an denen Tränen fließen
wollten. Die versuchte ich natürlich so gut es ging zu
vermeiden, denn ich saß ja nicht alleine im Abteil. Ein Mann
weint doch nicht! Diese alte Denkweise holte mich wieder
einmal ein. Das Lachen konnte ich mir nicht verkneifen, was
wohl etwas komisch wirkte, denn die Mitreisenden schauten
mich bereits verwundert an. Sie wussten ja nicht, dass ich
gerade die Stelle las, als das Ehepaar Kratzfuss mit Papst
Tuschfinger Lockerungsübungen machte. Und in der Tat
verlor der Papst im Laufe der Zeit so manche Versteifung, was
man in der wunderbaren Illustration von Manuel Nordus sehr
gut erkennen konnte.
Kürzlich traf ich mich mit Betroffenen aus den USA, England
und Belgien auf dem Petersplatz in Rom. Ich hatte ein Foto
von meiner Erstkommunion vor meiner Brust und wollte
damit deutlich machen, dass ich kurz danach von einem
Pfarrer sechs Jahre lang missbraucht wurde. Gern hätte ich
mit dem Papst gesprochen und ihm gesagt, dass es nicht
richtig war, dass er diese Verbrechen verschwiegen hat.
Stattdessen wurde ich von der Polizei verhört. Ich hatte Angst
eingesperrt zu werden. Wie lustig wäre es wohl gewesen,
wenn da das Ehepaar Kratzfuss mit ihrem fröhlichen Charme
plötzlich aufgetaucht wäre.
Beim Treffen im Familienministerium hätte ich auch sehr gern
den kleinen Maulwurf dabei gehabt. Man wollte mich zwar
nicht einsperren, jedoch fühlte ich mich nicht frei. Ich freute
mich auf meine Rückfahrt, um in dem Buch weiter zu lesen.
Als ich in Hamburg ankam, fühlte ich mich wieder frisch und
frei. Über das ganze Elend des Verbrechens auch mal lachen
zu dürfen, das hatte ich mir schon lange gewünscht. Nicht um
es zu verdrängen, nein, im Gegenteil. Ich wollte dadurch
einfach nur Kraft auftanken. Durch die Geschichten des
Maulwurfs Eduard Kratzfuss ist mir das gelungen.
Ich freue mich auf weitere satirisch-fröhliche Geschichten von
dem kleinen Maulwurf.
Führen alle Wege nach Rom?
Mit quietschenden Reifen setzte der Airbus 380 sanft auf dem
Airport der ewigen Stadt auf. An Bord der kesse Maulwurf
Eduard Kratzfuss und seine Gattin Anna-Leena, die
Kirchenmaus. Nach wunderschönen Flitterwochen bei ihrem
Freund Gerhard im Hotel Atlantic sehnten sie sich nun wieder
nach ihrer Heimat „Vatikanien“. Beide galten als verrückt und
zugleich erfinderisch. Sie hatten in Pepitaland genug
gebuddelt, so manchen Wurm verdaut und trugen einige
Überraschungen mit sich in ihrem Reisegepäck. Und das Gute
war: Sie kamen damit wie immer durch.
Rom war gerade durch einen neuen „Bär-Lust-Sconi-Skandal“
in aller Welt Munde. Der Polit-Chaot war wieder einmal auf
frischer Tat in einer Liebeslaube von einem Paparazzi
erwischt worden, während sich in Neapel die Ratten in den
Müllbergen vergnügten. Angebliche Liebesbriefe geisterten
bereits durch die Medien. Doch das interessierte Eduard und
Anna-Leena nicht. Für sie war Liebe heilig und Treue ihr
Komfort.
Zurück in den Vatikanischen Gärten freuten sich einige in der
Kurie, dass Eduard und Anna-Leena wieder daheim waren.
Man war gespannt, was Eduard diesmal aus seinen
„Sonderwühlrechten“, die ihm Papst Tuschf inger einst
verliehen hatte, alles noch hervorzaubert. Sein größter Wunsch
war ein Rockkonzert auf dem Petersplatz.
Eddy und Anna-Leena besuchten als ersten Monsignore
Marengo. Er war immer sehr gütig, voll in Würden und hatte
stets ein paar Leckerlies für seinen Mops Titus in der Tasche.
Auch Eduard wurde bei der Marengokost schwach und
knabberte mit Vorliebe die gute und naturbelassene Kost.
Monsignore Marengo war Kulturbeauftragter des Vatikans
und hatte bereits mit dem Sekretär des Papstes Georg
Entenwein über den kommenden Weltjubeltag ausführlich
gesprochen. Eduard wollte es nämlich drei Tage und Nächte
auf dem Petersplatz mal so richtig krachen lassen. Ein
Musikfestival unter dem Motto: Rock the Pope! war voll in
Planung und die anfängliche Ablehnung und kritische
Beäugung der Altherrenriege des Vatikans wandte sich
langsam aber sicher in eine vorsichtige Bejahung. Ein
Rockkonzert auf dem Petersplatz? „Wenn das mal gut geht!“,
meinte Entenwein. Der Papst blickte ihn gütig an und sagte:
„Ach, Schorschel, nach all den Skandalen ist doch solch eine
Veranstaltung vielleicht genau das richtige Gegengewicht.
Unsere Alibitreffen mit den Missbrauchsopfern durchschaut
das Volk anscheinend und Eduard hat uns bisher, trotz seines
manchmal wunderlichen Verhaltens, noch nie geschadet.“ Das
musste auch Entenwein zugeben und er hielt seine Ablehnung
in Grenzen.
Und doch blieb ein Rest ängstlicher Sorge im Herzen des
Heiligen Vaters. Ein Rockkonzert hier vor der heiligen Hütte?
Wenn das mal gut ging. Er behielt es sich vor, zur Not, wie
immer das letzte Wort zu sprechen. Dafür war er ja bekannt.
Das Ehepaar Kratzfuss war bei Papst Tuschfinger übrigens
sehr beliebt. Ihr fröhlicher Charme wurde von ihm hoch
geschätzt. Der Heilige Vater suchte, wann immer es ihm
möglich war, ihre Nähe und manchmal sogar den Rat des
wunderlichen Pärchens. Besonders gern machte er mit ihnen
seine dringend nötigen Lockerungsübungen in seinem Garten.
Und in der Tat verlor er im Laufe der Zeit so manche innere
und auch äußere Versteifung. Selbst kniffelige
Angelegenheiten fanden meist ein gutes Ende. Viele im
Vatikan sahen die Entwicklung mit innerer Freude. Doch
längst nicht alle Vatikanianer liebten Eduards und AnnaLeenas Gymnastikprogramm.
Eine weiße Taube flog übrigens bei den Übungen immer um
den Papst und das Pärchen herum. Eduard wusste zu der Zeit
noch nicht, dass dies ein Zeichen aus Himmelshausen für den
wahren Stellvertreter Gottes auf Erden ist. Die Menschen der
Kirche Roms und auch der Papst selber glaubten nämlich allen
Ernstes, dass der jeweilige Pontifex ein Stellvertreter Gottes
auf der Erde sei. „Irrtum!“, gurrte die weiße Taube fröhlich
vor sich hin und hinterließ eindrucksvoll einen netten Klecks
mitten auf Anna-Leenas Trommel.
Der Papst sah es und sagte: „Anna-Leena, hau hier ja nicht so
auf die Pauke!“ „Pappela Papst!“, erwiderte sie keck. „An
Ihrem Frauenbild müssen wir noch ein bisschen arbeiten
Heiliger Vater!“ Anna-Leena schmunzelte zurück und legte
einen gekonnten Trommelwirbel mit besonders freundlichem
Klang für Papst Tuschfinger hin. Die Taube und ihr
meisterhaftes Eingreifen sollte Eduard im Laufe der Zeit noch
besser kennenlernen.
Papstalltag
Wenn der oberste römische Katholik in Castel Gandolfo
seinen verdienten Jahresurlaub machte, waren Eduard und
seine Frau stets beliebte Gäste. Der Papst litt wegen der
traurigen Umstände in seiner Weltkirche unterschwellig an
einer tiefen Depression. Der erfrischende Humor und der
fröhliche Glaube der beiden erfreute ihn allerdings immer
wieder neu und sein Gemüt wurde auch in Zeiten großer
Dunkelheit schnell wieder zuversichtlich und hell.
Nach dem Abendessen hörte sich Papst Tuschfinger im
Internet ein paar Songs der zu erwartenden Künstler an und
stolperte positiv überrascht über die vielen guten Gedanken
der ihm meist unbekannten Popstars. Er sagte: „Eduard, ich
freue mich sehr auf diesen Weltjubeltag und gebe dir meinen
apostolischen Segen. Ich bin gespannt, wie sich Rom durch
dein Rockkonzert verändern wird und da du ja einen
besonderen Draht zu unserem „Chef in Himmelshausen“ zu
haben scheinst, wäre es gut, wenn du ihn bätest, dass er bei
dem Konzert in irgendeiner Form persönlich zugegen ist und
uns auch bei der Abendvesper im Petersdom mit seiner
Gegenwart und einigen Worten beglücken würde.“
Es war gerade zufällig eine Haushälterinnenstelle im Hause
Tuschfingers frei geworden und der Papst bat Anna-Leena,
diese Stelle mit ihren Koch -und Bügelkünsten zu besetzen.
Anna-Leena schaute Eduard mit fragenden Augen an und
sagte: „Was meinst du mein lieber Gatterich?“ „Wenn es
außer Knödel auch noch genügend Engerlinge gibt, habe ich
nichts dagegen. Selbst ist die Frau!“ Anna-Leena nahm die
Stelle an, bat allerdings darum, eine neue Küche zu
bekommen. Außerdem machte sie es zur Bedingung nachts in
den Höhlen und Gängen ihres Gatten sein zu dürfen. Eduard
und Anna-Leena hatten es sich nämlich direkt unter dem
Petrusgrab gemütlich gemacht. Der Papst lächelte freundlich
und sagte: „Kein Problem Anna. Das mit der neuen Küche
geht klar. Es wurde sowieso mal allerhöchste Zeit. Unsere alte
Brotschneidemaschine quietscht viel zu laut und ich werde
davon immer unnötig wach. Die kannste ja dann zum
Würmerschneiden mitnehmen. Und natürlich kannst du bei
Eduard übernachten. Ich kenn es ja zu Genüge wie schwer das
Alleinsein ist!“ „Dann ändere es doch!“, erwiderte AnnaLeena selbstbewusst. „Es liegt doch allein in deiner Hand!“
„Anna-Leena!“, rief der Papst mit hochgezogenen
Augenbrauen und ernster Miene: „Werd' hier ja nicht frech
und schon gar nicht in der Probezeit. Freu du dich jetzt mal
auf deine neue Küche. Ich hab gestern im Internet schon mal
eine für uns gegoogelt. Gebersküchen, soll eine der besten und
stabilsten Küchen sein, und was die Theologie angeht AnnaLeenchen, da halt du dich als Frau mal lieber raus!“
Die süße Maus verdrehte ihre Augen und gab dem Heiligen
Vater ein Gutenachtküsschen. Josef gab ihr einen liebevollen
Klapps auf den Hintern. Anna-Leena blickte ihm fest in die
Augen und sagte: „Heiliger Vater, wir Frauen werden hier von
den meisten im Vatikan völlig unterschätzt!“ Fröhlich pfeifend
verschwand sie daraufhin mit ihrem Göttermauli in die offene
Nacht. Man kann sich ja gut vorstellen, wovon sie ab jetzt
träumte. Ein gewisser Luxus war nämlich im Vatikan
Standard. Und das galt auch für Küchen.
Am andern Tag erzählte sie dem Heiligen Vater beim
Eindecken des Mittagstisches, was sie neulich über den lieben
Gott gelesen hatte. „Was denn?“, fragte er neugierig. Sie
stellte den Teller mit Goldrand und Papstwappen auf die
seidene Tischdecke und zitierte: „Selig die Knechte, die er
wach antrifft, wenn er kommt!
Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie
der Reihe nach bedienen.“ „Ist das nicht großartig! Er kommt
nicht, weil er was von uns will. Er will uns dienen.“
Dem Papst ging das Herz auf und sogleich fing er an die
Servietten zu falten. Anna-Leena staunte! „Heiliger Vater, die
Gläser stellt man allerdings anders hin“, sagte sie. „Ich hab’
das nie gelernt“, antwortete der Papst, „bisher wurde ich
immer nur bedient.“
Die Tage vergingen wie im Flug und die neue Papstküche aus
Pepitaland wurde vom Chef und seinem Geschäftsführer
Malte Gebers persönlich im Vatikan angeliefert. Die
Sekretärin Nele flog auch mit, denn sie wollte unbedingt ein
Autogramm vom Papst. Doch leider gab der keine. Die neue
Küche gefiel dem Heiligen Vater sehr und sie wurde ganz
schnell das heimliche Wohnzimmer des Pontifex. Es machte
Papst Tuschfinger große Freude auch endlich mal selber ein
Spiegelei zu braten und sich die Morgensemmeln im neuen
Dampfgarer schnell noch vor der Messe aufzubacken. Er
entwickelte mit der Zeit wahre Kochkünste und das
italienische Fernsehen bot dem Papst sogar eine Kochshow
zur besten Sendezeit an. „Kochen mit Pappi!“, sollte die
wöchentliche Sendung am Samstagabend um 20.30 Uhr
heißen. Doch so locker war er dann nun doch nicht. „Das
kriegen wir aber noch hin!“, sagte Eduard voll Zuversicht dem
verantwortlichen Redakteur. „Es ist noch nicht aller
Lockerungsübungen Abend!“
Seine engsten Mitarbeiter verstanden langsam ihre Welt und
den Papst nicht mehr. Die Welt draußen vor den Mauern des
Vatikans verstanden sie sowieso nicht. Die Ewiggestrigen
waren es auch, die den Widerstand gegen den Weltjubeltag in
Gang gebracht hatten und vor dem Rockkonzert warnend die
Finger zum Himmel erhoben. Als Monsignore Entenwein
dann auch noch den Papst beim Abwasch sah, platzte er und
meinte: „Dieser Kratzfussgeist untergräbt noch einmal den
ganzen Vatikan. Demnächst müssen die Kardinäle auch noch
hinten sitzen und die stinkenden Penner und die Bettler
übernehmen den ersten Platz. Heiliger Vater, dieser Maulwurf
bringt hier alles durcheinander!“ Er wusste nicht, dass er in
diesem Augenblick prophetisch redete.
Der Papst blickte seinen Sekretär humorvoll an und sagte:
„Komm Schorschel, hier ist dein Trockentuch. Ich weiß ja
nicht, wann du zum letzten Mal abgetrocknet hast, aber genier
dich nicht. Lern mal ruhig kleine Dinge mit großer Liebe tun!“
Monsignore Entenwein, der ansonsten nur höhere Dienste zu
tun gewohnt war, ergriff mit freudig getarnter Miene das Tuch
und stellte das edle Glas des Papstes, nachdem er es fast wund
poliert hatte, wieder zurück in den neuen Gebersschrank.
Küchendienst war allerdings noch nie sein Ding.
„Gehört das etwa jetzt zu meinem Alltag?“, wollte Entenwein
wissen. „Warum nicht? Do little things with great love!“,
antwortete Papst Tuschfinger mit seinem ewig gütigen
Lächeln. Und Entenwein übernahm.
Anna-Leena schmunzelte und war von ihrer neuen Küche hin
und weg. Selbst der Papst fühlte sich in ihr mehr als wohl. Er
saß dort gern nach Feierabend mit aufgeknöpftem Hemd am
Küchentisch. Am liebsten aß er dann noch vor dem zu Bett
gehen seine Semmeln mit Lavidouce. Ein Fruchtaufstrich aus
der Welt des süßen Lebens begeisterte den Papst ungemein.
Dafür ließ er auch schon mal eine Morgenandacht ausfallen.
Immer öfter fragte er nach „Prosecco Cassis“. „Haste noch ein
Gläschen davon, Anna-Leena?“ Mit verdrehten Augen als
Leckermäulchen verkleidet schielte er immer wieder zum
neuen Küchenschrank. Nach der dritten Semmel sagte AnnaLeena: „Aber Heiliger Vater! Sie brauchen zwar kein Sixpack
mehr, aber bedenken sie: Jesus war schlank. Und ich denke,
Sie wollen ihn stellvertreten!“
Heimlich erzählte die Kirchenmaus die wunderlichsten
Geschehnisse ihrer neuen Haushälterstelle nach Feierabend
ihrem Göttergatten Eduard. Dieser lachte und meinte: „AnnaLeena, das ist alles erst der Anfang. Warte nur ab!“
Eine Woche später titelte das Kirchenblatt Salvatore
Romanzo:
Weltjubeltag in Rom!
Rock the Pope!
Der Papst hatte einen guten Freund in Brasilien. Dieser baute
wunderschöne stabile Möbel aus Pinienholz und schenkte dem
Heiligen Vater gern seine unverwüstlichen Stühle und einen
riesigen Arbeitstisch. Michael und seine Firma
Massivholzmöbel-Brasil tat das unter anderem auch deshalb,
weil man im Vatikan viele Entscheidungen oft über
Jahrhunderte aussaß. Heute lagen verschiedene bunte Plakate
auf dem Tisch zur Verabschiedung. Die Entscheidung fiel dem
Papst und seinem Mitarbeiter nicht leicht. Doch am Ende
entschied er sich für einen Entwurf des Künstlers Manuel
Nordus. Er hatte dem Maulwurf ein Kaplanshütchen
aufgesetzt und zeigte Eduard mit einer rockigen Bassgitarre.
Das gefiel Papst Tuschfinger und er ordnete an, ganz Rom
damit zu tapezieren.
Die Druckmaschinen liefen heiß und bald hing ganz Rom voll
bunter Plakate. Ungläubig blickte die Welt dem Geschehen
entgegen. In Klösterreich gab es zahlreiche Proteste und
Kirchenaustritte. Kirchenpolitisch rechts konservative
Internetplattformen wie z.B. Kath J
Brett warnten in ihren Medien vor Eduard Kratzfuss und
seinen Plänen. Allen voran Prof. Dr. Reinhard
Schwindelglück. Heimlich verfolgte er zusammen mit seinem
Fakebook-Freund August Hesselmann Eduards erfolgreiche
Lockerungsübungen mit dem Papst im Internet. Letzterer tat
es mit besonderem Argwohn und meinte, das sei doch wohl
nicht mehr ganz katholisch, was da abgehe. Ein besonders
eifriger Fanatiker schrieb, der Maulwurf würde sich in die
Seelen der Menschenkinder einschleichen, um sie
anschließend zu vergiften. Solche Anfeindungen ertrug
Eduard jedoch mit innerer Freude und Gelassenheit. Er hatte
mehr Freunde als Feinde. Es ging Eduard stets darum, das
Feuer weiter zu reichen und nicht um die Asche. Viele hatten
sich inzwischen in ihn verliebt. Jeden Tag suchten seine
Freunde ihn auf Fakebook und in anderen Internetforen. Und
fast alle kannten das Buch: Eduard Kratzfuss. Geschichten
eines Maulwurfs.
Alles Gummi kommt von oben!
Welch ein Jubel, welche Freude! Die Bühne war von Kröger
Musikevents herrlich angerichtet und freundlich begrüßte
Papst Tuschfinger die vielen fremden Schäfchen auf dem
Petersplatz in luftiger Höhe aus seinem Ausguck. Anfangs fiel
es ihm jedoch nicht leicht als er merkte, dass das Volk den
Stars auf der Bühne mehr als ihm zujubelte. Da spürte er doch
allen Ernstes ein wenig Neid in seinem sonst so unfehlbaren
Herzen.
So etwas hatte die Welt noch nie gesehen. Drei Tage und
Nächte dauerte das fantastische Rockspektakel.
Arm in Arm tanzten und rockten einige Kardinäle, Nonnen,
Diakone und fortschrittliche Priester mit dem Volk den
Petersplatz. Die Musikerinnen und Musiker aus der ganzen
Welt kamen sehr gut an. Der Papst hatte gerade sein neues
Buch: „Lampe der Welt!“ veröffentlicht und die Menschen
freute sich schon auf einen Fortschritt in der Kondomfrage.
Doch man hatte sich mal wieder gründlich geirrt.
Die Festivalbesucher fieberten dem Schlusskonzert mit
Eduard Kratzfuss entgegen. Da sollte er nun endlich auftreten,
der „Maulwurf des Herrn“. Doch etwas schien schief zu
laufen. Eduard ging hinter die Bühne und fragte: „Was ist
denn los?!“ Die Bandkollegen stritten sich untereinander um
einen Text. Er war ihnen zu papstkritisch. „Das kannst du
doch hier nicht singen!“, meinte der Bassist. „Das geht zu weit
und wenn er das hört, der Heilige Vater, dann macht er
Theater! Er dreht uns den Saft ab und wir spielen unplugged
weiter!“ Eduard meinte: „Keine Sorge und immer schön
locker bleiben!“ Das Konzert begann und Eduard Kratzfuss
und die Anti-Sorgenband rockte los. Er kletterte den
Mikrofonständer hoch und rief: „Liebe Leute, ich trage seit
Jahren Schuhe mit Spezialabsätzen. Auf denen kann man sich
nicht mehr umdrehen, wenn man nach vorne will. Sie geben
Kraft, Mut und Entschlossenheit. Das Publikum war gebannt.
Es folgte ein Song nach dem anderen und direkt am
Bühnenrand stand unerkannt ein Mann, der ein wenig neben
der Kappe zu sein schien. Es war ein Obdachloser. Er muffelte
etwas nach Urin und sah sehr ungepflegt aus. Seine Haare
schien er Monate schon nicht mehr gewaschen zu haben und
unter seinen Fingernägeln hätte man Radieschen anpflanzen
können. Was keiner wusste: Es war Jesus!
Aus seinen Augen strahlte eine Freude, wie nur Kinder sie
haben, wenn sie vor einem Weihnachtsbaum stehen. Er
beobachtete alles ganz genau und ging öfters mal zum
Bierstand und bestellte sich etwas zu trinken. „Leitungswasser
bitte!“, sagte er mit leiser Stimme. Er hatte kein Geld.
Das hatte die Kirche.
Ein Jugendlicher fühlte Mitleid in sich und fragte ihn nach
seinem Namen. „Jesus“, sagte er. Der Jugendliche stutzte.
„Jesus?“ „Ja, ich bin’s mal wieder. Aber pssst! Behalt es für
dich. Ich bin gekommen, weil ich in Himmelshausen viele
Klagen gehört habe und ich will mir vor Ort ein eigenes Bild
von der Kirche und ihren Zuständen machen.“ „Und wie heißt
Du, Luigi?“ „Ey, du kennst ja meinen Namen!“, lachte dieser
ganz überrascht und gab seinem neuen Bekannten ein Bier
aus. „Danke!“, sagte Jesus, nippte am Schaum und verzog sich
wieder vor die Bühne, direkt in die erste Reihe.
Eduard hatte seine Schuhe ausgezogen und tänzelte auf rotgrünen Socken. Jens Kröger, der Mann für heiliges Licht &
Ton tauchte die Bühne in golden gleißendes Licht. Dann war
es soweit. Das letzte Lied vor den Überraschungsgästen. Was
nun kam, sollte dem amtierenden Papst gewidmet sein und
Eduard blickte liebend zum Audienzfenster hoch. Dort hatte
sich der alte Mann hinter der Gardine zurückgezogen und
lauschte neugierig dem Sänger.
Eduard rief zum Ausguck hoch: „Heiliger Vater, dieses Lied
und die nachfolgende Band bitte ich als Anregung und zum
Fortschritt der ganzen Kirche zu verstehen!“
Die Gardine wackelte kurz und man sah die Silhouette des
Mannes, der sich doch tatsächlich für den Stellvertreter Christi
auf Erden hielt und der weltweit einer Kirche vorstand, die im
Zeitalter von Aids immer noch gegen Kondome, gegen die
Pille und in vielen anderen Dingen ebenso in einem
unverständlichen Zeitlupentempo durch die Welt geisterte.
Einer Kirche, die sich dazu auch noch für die einzig Wahre
hielt und ihren Priestern und Bischöfen das Heiraten unter
frommen Vorwand untersagte. Jahrelang wurden
Kinderschänder in ihr von oberster Stelle gedeckt. Keine Frau
durfte in ihr das Brot des Herrn brechen, geschweige denn das
Amt einer Diakonin oder Priesterin anstreben. In den letzten
Jahrhunderten hatte diese „Einzig wahre Kirche“ viel Blut im
Namen dessen vergossen, der zufällig mal wieder, gut getarnt,
als Obdachloser mitten unter ihnen vor der Bühne stand. Wie
mag er sich wohl gefühlt haben? Die Band spielte einzigartig
und Eduard sang:
„Neulich an der Bar, da traf ich eine Frau.
Sie war sehr schön und in den Augen ganz schlau.
Wir verstanden uns sofort, so als wären wir Geschwister.
Sie war evangelisch, meine liebe Soulsister.
Doch da ging’s schon wieder los,
denn ich war ja katholisch.
Kondome verboten und die Pille diabolisch.
Kein Abendmahl mehr für getrennte Leute.
Ja, seid ihr denn des Wahnsinns fette Beute?“
Das Publikum nahm den nachdenklichen Text in sich auf, aber
Eduard wäre kein echter Kratzfuss, wenn er nicht noch eine
Überraschung aus seiner Wundertüte hervorzaubern würde. Es
gab in Klösterreich einen jungen aufstrebenden Künstler.
Es war Tesoro und seine Band, die Kon Domspatzen. Eddy
hatte ihr rattenscharfes Video auf YouTube gesehen.
Es wurde leider von der Kirche abgelehnt, weil es einen
provokantem Liedtext zum Thema Priesterseminar und
sexuellem Missbrauch hatte. Eduard kannte das Thema leider
zu Genüge ...
Im letzten Drittel des Rock the Pope-Events kamen Tesoro
und seine Band auf die Bühne. Sie standen nicht auf den
Plakaten. Niemals hätte Entenwein sie auf dem Petersplatz
auftreten lassen und der Papst schon gar nicht. Eduard sagte
die Band an und alles Volk schrie vor Begeisterung. Einige
dachten, nun kämen die Regensburger- oder Wiener
Domspatzen, aber nein, es waren wirklich die Kon
Domspatzen, die mit ihrem Hit bereits für mächtigen Aufruhr
in den frommen Kreisen gesorgt hatten. Ihr frecher Text
spiegelte wieder, was es an sexueller Gewalt in einigen
Priesterseminaren und Pfarren gab. Und so sangen sie
begleitet von Eduard ihren Hit Priesterseminar:
„Willst so viel Liebe, wie ein Star?
Kommst du ins Priesterseminar,
kriegst du den Schniedel in den A …!
Du sagst dies und du sagst das,
du sagst doch immer nur den gleichen Scheiß!
Du sagst, ich rede Mist!
Ich hab die Bibel zum Beweis,
dass alles Fakt ist, was ich rede,
nicht alles Quatsch ist, was ich lebe!
Nicht alles klappt, wenn ich nicht bete,
Gottes Macht ist, was ich gebe!
Du glaubst mir nicht? Schandtat!
Du brauchst ’ne Strafe, ganz hart!
Noch härter als das Zölibat! Gibt es das wirklich?
AAAAAHHH
Nur Knaben darf ich haben,
ob ich mag, oder nicht,
ganz egal, so ist es eben!
Wir haben nichts, doch geben viel,
mein Lebensstil ist pädophil.
Ich zeig dem Knaben meine Schlange,
bis er dann auch beten will!
Falls er dann mit mir leben will,
sag ich zu ihm, bleib lieber da,
nicht nur die Pforten sind geöffnet für dich im
Priesterseminar!
Komm mit mir ins Priesterseminar,
da ist es wunderbar, da ist es wunderbar
Komm mit mir ins Priesterseminar, da ist es wunderbar!
Pius Brüder im Land, wurden fast zum Bischof ernannt.
Allerhand, wurde ich jetzt wirklich doch noch verbannt?
Papa Ratzi, wenn du ’ne starke Rechte brauchst,
ich kämpfe mit Bibel und Faust,
und leugne die Evolution.
Knaben, Knaben, zieht euch aus,
wir lassen unsre Freuden raus!
Ich will einen Freudentanz sehen,
ach was, ich will bloß euren Schw … Glanz sehen.
Je jünger, desto besser, also bitte, bitte schneller,
seht, ich hab schon einen Kerzenständer,
also komm in meinen Keller …
Vom Tellerwäscher zum Millionär,
alle Kinder kommt zu mir her,
ich will, ich will, immer mehr,
ich kann es tun, ich bin ein Priester!
St.Pölten, Gangbang,
Senf, Senf, Krenn, Krenn!
Willst du unsere Wärme spüren,
komm doch ins Priesterseminar
Komm mit mir ins Priesterseminar,
da ist es wunderbar, da ist es wunderbar
Komm mit mir ins Priesterseminar, da ist es wunderbar!
Jesus lächelte. Er verstand sofort, worum es den Spatzen ging
und kannte seinen Liebling Tesoro genau und wusste wie viele
Schätze er in seinem Herzen trug. Für den als Bettler
verkleideten König von Himmelshausen war das Lied
„Priesterseminar!“ ein echter Höhepunkt des Konzerts. Gerade
in der heutigen Kirche wusste er um die vielen leidvollen
Erfahrungen der Kinder. Weltweit waren, wurden und werden
über Jahre von einigen schwarzen Schafen seines
Bodenpersonals ihre Seelen vergewaltigt und gemordet.
Der Bettler wusste genau, wie und was Tesoro in seinem Lied,
das auf YouTube wie eine Rakete abging, zum Ausdruck
bringen wollte. Schön, dachte er, dass endlich mal einer den
Mut hat, meine Schmerzen laut und deutlich als Kon
Domspatzen von den Dächern zu pfeifen. Er war regelrecht
begeistert. Dieser Song gehörte für ihn mitten in die Kirche,
genauso wie das „Lobe den Herren!“ „Alles hat seine Zeit!“,
dachte der Bettler und sang den Refrain laut klatschend mit.
„Komm mit mir ins Priesterseminar. Da ist es wunderbar, da
ist es wunderbar!“
Der Petersplatz tobte und Eduard stimmte das nächste Lied an:
Hoch oben in der Kammer, da wohnt ein alter Mann
Kommt öfters mal ans Fenster, damit er winken kann.
Er sagt der Welt so gerne was sie glauben soll
Und alles zu moderne, das find er gar nicht toll.
Da kommt ein kleiner Maulwurf aus dem Lutherland
Er buddelt unterm Vatikan, nimmt „Ratzi“ an die Hand
Die Kurie sie schreit: „Das ist doch nicht katholisch!”
Doch dem „Tuschfinger“ tut es gut.
Ist auch nicht diabolisch!
Wir brauchen keinen Führer
und kein religiöses Dope,
komm mit mir nach Rom
and we Rock the Pope!
Die Bühne ist schon fertig. Der Hubschrauber bestellt.
Die Pfarren, die sind leer. Das Bistum hat kein Geld.
Eduard, du süßer Fratz,
komm nimm auf Petri Stuhle Platz!
Komm mit mir auf den Petersplatz
da machen wir Rabatz!
Plötzlich, inmitten des Liedes, erschrak ein lautes Geknatter
die johlende Menge. Die warme Luft vibrierte. Direkt über
dem Petersplatz kreiste in geringer Höhe ein unbekannter
Hubschrauber. Scheinwerfer richteten sich auf ihn und man las
in grellen Buchstaben:
Lusthütchen
Während der Gitarrist und spätere Priesterseminarist Gutmut
das beste Gitarrensolo seines Lebens lostrat, öffnete sich
langsam der Bauch des Hubschraubers und unzählige
Kondome regneten wie Leuchtstreifen vom Himmel auf die
Menge herab. Ein Bild für die Götter! Die Propeller wirbelten
den Gummisegen über den ganzen Platz und die
Bühnenscheinwerfer beleuchteten das Spektakel. Auf den
Kondomen konnte man in sieben Sprachen lesen:
„Mit Gummi wär das nicht passiert.
Da hat der Papst sich wohl geirrt!
Afrika must be saved!“
„Wat’ ne geile Bühnenshow!“, rief Tesoro. „Das wird ja ein
super Video!“ Der Sänger aus Klösterreich lobte den
Maulwurf. Eduard bedankte sich und sagte lächelnd: „Tesoro
kann es vielleicht sein, dass Falco in dir reinkarniert? „Nee,
nee!“, rief er im lauten Geknatter und Wind der Rotoren, die
beinah seine Kapuze weggeflattert hätten. „Ich bin ich!“
Das gefiel Eddy und die beiden wurden Freunde.
Was war geschehen? Ein gewinnsüchtiger Kondomhersteller
von der Firma Lusthütchen hatte, angeregt durch einige
Lockerungsversprechen im Buch des amtierenden Papstes, in
Sachen Aidsbekämpfung eine Werbeaktion für sich entdeckt.
Ohne vorherige Absprache mit dem Veranstalter nutze er
diesen Event, um augenscheinlich auf die Aidsproblematik in
der dritten Welt aufmerksam zu machen. In Wahrheit ging es
dem Kondomfabrikanten allerdings nur ums liebe Geld. Er sah
in der weltweiten Erkrankung seinen Markt. Locker hätte er
einen Teil seines Gewinnes für preiswerte Medikamente in
den betroffen Gebieten einsetzten können. Doch das tat er
nicht.
Auch Eduard war geschockt. Damit hatte er nicht gerechnet.
„Wahrheit und Liebe dürfen den Menschen nie getrennt
verabreicht werden!“, rief er durchs Mikrofon. Das Volk
freute sich und dachte schon, der Papst hätte sich bekehrt.
Kratzfuss, Tesoro und die Kon Domspatzen sahen dem bunten
Treiben in maulwürfischer Gelassenheit und auch ein wenig
amüsiert von der Bühne aus zu. Er fing ein paar Kondome auf
und meinte: „Anna-Leena, die nehmen wir als Regenmantel
oder Taucheranzug mit in den nächsten Urlaub!“ Wie herrlich
unverklemmt er doch war. Auch der Bettler schnappte sich ein
Kondom und sagte: „Die hab ich nie gebraucht!“
Im tiefsten Innern begrüßte er diese überraschenden
Rettungsschirme und dachte voller Mitgefühl an seine von
Aids betroffenen Schwestern und Brüder in Afrika. Sie starben
dort wie die Fliegen und die Kirche verbot penetrant und blind
jegliche Verhütung außer der Natürlichen. „Heuchler!“, dachte
er.
Das ging der Kurie zu weit! Der Petersplatz stand plötzlich
voll im Dunkeln. Da war nix mehr mit Licht der Welt. Die
Lautsprecher verstummten, die Glocken blieben stehen und
die Würdenträger rannten wutentbrannt, zum Teil mit
Kondomen an den ehrwürdigen Hüten, in Richtung
Inquisitionsgebäude. „Unverschämter Skandal!“, riefen sie im
Chor. Die „Heiligen“ Männer ließen das Volk im GummiRegen stehen und Afrika veraidste weiter. Allein vom
Wunderkerzenlicht erleuchtet hörte man die Menge laut
„Zugabe!“ rufen. Die Festivalbesucher wurden immer
unruhiger und Eduard versuchte sie mit einem Megaphon zu
beruhigen. Doch sie wurden nur noch lauter und schrien:
„Papa mach den Schalter an,
dass der Sänger singen kann.
Frohe Botschaft hat er doch.
Komm heraus aus Deinem Loch!“
So etwas erinnerte an die Vertreibung Mubaraks und das hatte
es auf dem Petersplatz noch nie gegeben. Nur die Kreuzigung
des Petrus war schlimmer. Entenwein, der Sekretär des
Papstes, fühlte seine Befürchtungen voll bestätigt. Ihm
schwoll der Kamm und er stand mit hocherhobener Miene,
und erregter Brust hinter dem Heiligen Vater und sagte: „Hab
ich’s nicht gesagt!“ Tuschfinger trank vor Schreck erstmal ein
bayrisches Weizenbier …
Auf der Bühne war es immer noch dunkel und still. Nur die
Räume des Papstes waren hell erleuchtet. Mit päpstlicher
Macht hatte irgendjemand dem bunten Treiben ein Ende
bereitet. Vermutlich war es der in höchsten Ämtern stehende
Kardinal Bertino Betonkopf . Er hatte als zweiter Mann im
Vatikan den Hauptschalter der göttlichen Stromversorgung in
der Hand und außerdem war er seit Jahren im Vertuschen von
Heikelkeiten und Kinderschändern geübt. Er stellte ihn auf Aus
und wollte verhindern, dass der kritische Text der Kon
Domspatzen in die Herzen und Ohren der versammelten
Menge geriet und weiteren Wirbel in der Kirche Roms
erzeugte.
Nach einer Stunde ging das Licht plötzlich wieder an. Doch
die zornige Menge hatte sich bereits verzogen. Eduard wusste
nicht, dass sein bester Freund, den er vor einigen Jahren im
Kölner Dom zufällig kennen- und lieben gelernt hatte, direkt
vor der Bühne stand. Schon lange hatte er es sich gewünscht,
ihn endlich einmal wieder zu sehen. Doch dieser Jesus war
und blieb eben ein Überraschungskünstler der ganz
besonderen Art. Eduard hatte ihn einst in einer Nacht- und
Nebelaktion heimlich im Kölner Dom vom Kreuz
abgenommen und war danach mit ihm und seinen Bodyguards
nach Golgatha in Gotteshausen gereist. Dort hatte ihm sein
neuer Freund die Erlösung erklärt und war anschließend vor
aller Augen nach Himmelshausen entschwuppt. Und da war er
wieder. Als Bettler verkleidet stand er seelenruhig vor der
Bühne. Er sprach noch mit ein paar genervten Jugendlichen,
die extra wegen des Sängers von weit her angereist waren.
Als er sie beruhigt hatte, machte er sich auf den Weg in
Richtung Petersdom. Es waren ja nur noch einige Meter bis zu
seinem Wohnzimmer. Leise sang er immer wieder vor sich
hin: „Ja, seid ihr denn des Wahnsinns fette Beute?“
Hausverbot für den Eigentümer
Im Petersdom sollte laut Programm noch eine Abendvesper
stattfinden. Doch die meisten Festivalbesucher waren voller
Wut und Unverständnis über die zensierende Herrschaft und
Gewalt der Kurie in die Altstadt auf einen „Absacker“
gegangen. Die Verantwortlichen des Vatikans hatten wieder
einmal mehr dafür gesorgt, dass ihnen die Welt unnötig gram
wurde. Es kümmerte sie in ihrem blinden Hochmut einen
Dreck! Die Kirchenleute konnten jedoch froh sein, dass das
Volk diesmal so friedlich geblieben war. Lag es vielleicht an
der Anwesenheit des unbekannten Bettlers?
Als Jesus mit gesenktem Blick und voller Scham das
Gotteshaus betreten wollte, kam ein Ordner auf ihn zu und
verwehrte ihm ziemlich schroff den Eintritt in den Petersdom.
Der Kirchendiener im schwarzen Anzug und weißem Hemd
sagte: „So kannst du hier nicht rein! Geh dich waschen und
rasieren und dann komm gerne wieder!“
Jesus kannte ihn aus dem Beichtstuhl. Er betrog laufend seine
Frau und hatte eine Geliebte im Kirchenbüro. „Francesco“,
sagte er: „Warum darf ich nicht in mein Haus?“ „Woher
kennst du mich?“, fragte der Ordner kühlherzig. „Wer bist du?
Wie heißt du und wo wohnst Du?“
„Ich bin da drinnen im Tabernakel und in Deinem Herzen!“
Der Mann erschrak, holte einen Zivilbeamten der päpstlichen
Polizei und versperrte dem Bettler den Weg.
Jesus spürte wie sein Puls schneller wurde. Er hatte das ja
alles schon einmal erlebt. Verhaften! Verhör! Kreuzigung und,
und, und! Die lieblose Behandlung der Menschen kannte er zu
Genüge. Trotzdem war er immer noch verletzlich und hatte
ein Herz voller Mitgefühl und Vergebung. Dies waren seine
Edelsteine und die Urkraft seiner strahlenden Augen.
Der Kirchendiener briefte den Geheimpolizisten per Funk und
sagte vor dem Obdachlosen laut und verächtlich: „Wir haben
hier einen durchgeknallten Penner am Haupteingang. Er hält
sich selber für Jesus. Kannste mal mit ein paar Leuten
rumkommen und für Ruhe sorgen? Ich kann den Kerl so nicht
reinlassen. Er stinkt nach Urin und sieht aus, als wäre er
gerade aus einer Gruft gestiegen.“
Jesus drehte sich wortlos um und ging traurig über den
Petersplatz die Hauptstrasse entlang. Enttäuscht legte er sich
unter eine Brücke zu seinen Kollegen. Einer von ihnen war
voller Geschwüre. Am anderen Morgen waren sie weg und
seine Haut war zart wie ein Pfirsich. Der unbekannte Bettler
war schon früh aufgewacht und bereits wieder Richtung
Vatikan unterwegs.
Als Eduard von dem Obdachlosen und dem Vorfall hörte,
sagte er traurig: „Anna-Leena, mein bester Freund war da und
ich hab’s nicht bemerkt!“ Anna-Leena tröstete ihn mit einem
fetten Regenwurm und antwortete: „Er kommt sicher wieder.
Wir müssen nur wach genug sein!“
Da klopfte es und der Sekretär des Papstes betrat völlig
kopflos das Ankleidezimmer des Heiligen Vaters.
„Schorschel, was treibt dich denn heute so?“, fragte der Papst.
„Eure Heiligkeit, auf dem Flur steht ein Mann, der ziemlich
verwahrlost ist. Er sagt, er sei der König von Himmelshausen!
Stinkt und behauptet, er wäre hier äußerst gern gesehen.
Plötzlich und wie von Geisterhand stand er vor mir und fragte
mich nach dem Kleinsten und Geringsten unter uns.“
Der Papst stand auf, knöpfte seine weiße Soutane zu und bat
den Sekretär, ihm den Mann vorzustellen.
„Heiliger Vater“, sagte Entenwein, „wollen sie sich allen
Ernstes mit so einem stinkenden Kerl abgeben?“
Eduard sprang vom Sofa und rannte so schnell er konnte auf
den Flur. „Da bist du ja!“, rief er voller Freude. „Jesus, ich hab
dich soooo vermisst! Wo warst Du denn gestern und wie
geht’s deiner lieben Mutter?“ Jesus bückte sich, nahm ihn
liebevoll auf den Arm und sagte: „Mir geht es gut Eddy und
meine Mutter lässt dich ganz herzlich grüßen. Ich hab dir auch
etwas von ihr mitgebracht.“ Er holte ein kleines braunes
Ledertäschchen aus seiner Jackentasche. Mit leuchtenden
Augen schaute Eduard neugierig auf das Geschenk. „Was ist
das?“, wollte er wissen. „Mach es auf und lass Dich
überraschen!“
Inzwischen kam Monsignore Entenwein platzend in das
Gespräch. „Der Heilige Vater bittet sie zu sich. Machen sie es
kurz und kommen sie ihm nicht näher als 2 Meter 58. Halten
sie also bitte den gebührenden Abstand. Falls seine Heiligkeit
ihnen seine mit dem Fischerring gesegnete Hand
entgegenstreckt, steht es ihnen natürlich frei den Ring zu
küssen. In ihrem Fall rate ich allerdings davon ab.“ Wie
gesagt: „Fassen sie sich kurz!“
Schwupps, und weg war der Bettler! Genauso plötzlich wie er
kam, verschwand er auch wieder und Entenwein drehte nun
völlig am Rad. Kreidebleich verlangte er ein Glas Wasser.
„Hol es dir!“, sagte Eduard und ging mit seinem
Ledertäschchen stolz zum Papst.
„Na Eduard, was hast du denn da Schönes und wo ist denn
nun der König von Himmelshausen?“, fragte der Papst. „Weiß
ich nicht“, sagte Eddy. „Der kommt und geht immer!“ Eduard
öffnete das Täschchen und hielt einen wunderschönen
Rosenkranz mit leuchtend hellen Perlen in seinen Tatzen.
Am Ende der Perlenkette war ein kleines Kreuz An ihm hing
ein Mann. Er hatte genau das Gesicht des Bettlers, der ihn
eben noch auf seinen Armen trug und ihm das Geschenk
übergeben hatte.
„Oh“, sagte Tuschfinger, „das ist ja ein besonders schöner
Rosenkranz. Soll ich dir mal meinen zeigen?“ Eduard nickte
und der Papst griff in seinen Gehrock. „Ja, wo ist er denn? Wo
ist er denn?“, fragte er immer wieder. „Ich hatte ihn doch
gestern noch in der Hand als du diesen unmöglichen Text auf
der Bühne gesungen hast und der Strom plötzlich ausfiel.“
„Schorschel!“, rief der Papst, „hast du meinen Rosenkranz
gesehen?“
Der Sekretär, immer noch kreidebleich und von der
mysteriösen Begegnung geplättet, sagte: „Herr Tuschfinger!
Äh“, ich meine: „Eure Heiligkeit! Ich bin im Moment nicht in
der Lage einen klaren Gedanken zu fassen, aber fragen sie
doch mal unsere neue Haushälterin. Vielleicht weiß sie ja wo
ihr Rosenkranz abgeblieben ist!“
Anna-Leena kam gerade aus der Waschküche und hatte dem
Papst einen seiner viel zu steifen Kragen platt gebügelt.
„Hallo“, sagte sie, „in der Waschmaschine hat heute etwas
ganz komisch geklappert und als ich die Wäsche rausholte,
lagen da überall so kleine Kügelchen drin!“ „Was kann das
nur gewesen sein?“, fragte sie neugierig.
Der Papst fasste sich an den Kopf und rief: „Mein schönster
Rosenkranz ist dahin!“ Eduard zögerte nicht lange und
schenkte ihm seinen. „Hier“, sagte er. „Geben macht mehr
Spaß als nehmen!“ Papst Tuschfinger strahlte. Danach brachte
Anna-Leena das Frühstück. Für Eduard gab’s ein paar
Marengos und für die Menschenkinder Cornflakes mit
Honigmilch. Monsignore Entenwein konnte an diesem Tag
allerdings nichts essen …
Hasenhüttl und Knarx
In Pepitaland lebte ein mutiger katholischer Priester. Es war
der Theologieprofessor Gotthold Hasenhüttl! Dieser hatte in
einem Gottesdienst den Gläubigen aus der nicht römischen
Kirche das Abendmahl gegen den starren Willen des Papstes
wie selbstverständlich gereicht und der in kirchlichen
Angelegenheiten rückwärtsgewandte und auf den
Kardinalsstand geile Erzbischof Knarx hatte ihn dafür im
Auftrage Roms lieblos aus allen seinen Ämtern gefeuert. Ja,
selbst die kirchliche Lehrerlaubnis hatte er diesem feinen
Mann autoritär entzogen. Das Kirchenvolk hielt darauf still
wie tote Fische. Solch linientreue Mitarbeiter lobte man in
Rom sehr und der wohl beleibte, allerdings nicht sehr beliebte
Knarx wurde zur Belohnung für seinen Gehorsam und seine
Gradlinigkeit in Sachen: „So wars doch schon immer!“, in den
Kardinalsstand erhoben. Knarx platzte fast vor Glück und
stolz fuhr er eines Tages mit seinem Chauffeur in einer Limo
auf dem Innenhof der Päpstlichen Residenz vor. Wie
selbstverständlich ließ er sich die Wagentür öffnen und konnte
kaum aus dem Mercedes steigen. Der neue Kardinal bekam
nicht mit, dass ihm der obdachlose Bettler die Autotür
geöffnet hielt. Als dieser ihm dann auch noch seine Hand
reichte, um ihn zu seinem neuen Hierarchiestand zu
gratulieren, eilte der neue Kardinal voll an seinem Herrn und
Meister vorbei.
Den Kleinsten und Geringsten wollte Jesus ursprünglich im
Vatikan finden, doch die Suche ging wieder mal leer aus.
Seine Wahl hatte er allerdings schon getroffen.
Die Tage vergingen und die Wochen verstrichen. Im Vatikan
schleppte sich weiterhin alles im Zeitlupentempo dahin und es
änderte sich mal wieder nichts. Inzwischen hatte Anna-Leena
es satt, die hohen Herren zu bedienen und kündigte ihren Job
beim Papst. Dieser war darüber sehr traurig, denn er mochte
Anna-Leena sehr. Er stellte ihr aber ein gutes Führungszeugnis
aus und schenkte ihr zum Abschied eine Papstmedaille. „Was
soll ich denn damit?“, sagte sie. Die Herrenriege hatte es
nämlich fein raus. Sie legten hier und da mal einen kleinen
Finger helfend an, doch im Übrigen ließen sie sich gern von
den Frauen bedienen. Nur eine Frau im Priesteramt, das wollte
man hier nicht. Mit anderen Worten, diese Form von
Christentum war nichts anderes als diskriminierend und
frauenfeindlich. Homosexuelle wurden missachtet und
überhaupt, wer sich nicht an die Leitlinien des Papstes hielt
wurde schnell als Ketzer angesehen und war weg vom Fenster.
Da gab es weltweit Wichtigeres zu tun, als teure
Kardinalsroben waschen und edle Schuhe zu putzen.
Auch Jesus war völlig genervt. Der Bettler erschien hier und
da in den Amtsstuben und Dienststellen der Kurie ohne
erkannt zu werden. Er fand jedoch keinen Kleinen und
Geringen. Viele waren der Wissenschaft völlig ergeben und
hatten ihr Herz dabei verloren. Eigentlich hätten sie mal
wieder ein bisschen Erdung in einem Ludolfsseminar
gebraucht. Predigen durfte er im Petersdom auch nicht. Er
hatte ja weder studiert, noch kannte er ihr verstaubtes Latein.
Ja, er fühlte sich sogar von der Kirche für ihre Zwecke benutzt
und als Aushängeschild hatte er keinen Bock zu dienen. Jesus
hatte sogar den Eindruck, die Kirche Roms mache die
Menschen mit einer Hostie von ihm abhängig und baue so
eine römisch katholische Exklusivität auf, die er so nie wollte.
Genau das Gegenteil war seine Mission. Er war für alle da. Er
inspirierte einst den Dichter John Oxenham zu folgendem
Song:
In Christus gilt nicht Ost und West
Und auch nicht Süd noch Nord
Wo er wirkt wird Gemeinschaft sein.
Gehalten durch sein Wort.
Woher wir stammen, fragt er nicht.
Er lädt zu Brot und Wein.
Bringt alle uns an einen Tisch.
Und lässt uns eins dort sein.
Doch das hatte man in Rom noch nicht begriffen. Jesus stand
für Freiheit, Liebe und völlige Autonomie des Menschen in
seiner ihm eigenen Art. Diese Eigenschaften fand er bei seiner
Stippvisite im Vatikan allerdings nicht. Stattdessen drehte sich
alles um Geld, Macht, Papst und Reliquien. Nähme man ihnen
den Papst, so würde das ganze System in sich zusammen
brechen. Das war nicht im Sinne des Erfinders. Da war nix mit
klein und gering. Alles nur groß und eitel. Es war nicht seine
Welt und schon gar nicht seine Kirche. Die Priester, Bischöfe
und Kardinäle liefen in gleichen Gewändern uniformiert
herum, und der Papst schoss mit seinen Gewändern und teuren
Schuhen den Vogel ab. Man verzerrte und entstellte den
Gründer der Kirche über die Jahrhunderte derart, dass immer
mehr Menschen das sinkende Schiff verließen oder es erst gar
nicht betraten.
Der fliegende Teppich
Meist gegen 14:00 Uhr kam der Postwagen in den Vatikan.
Eduard ging an die Tür und staunte über ein Riesenpaket aus
Pepitaland. Sein Freund Gerhard hatte wie immer Wort
gehalten. Ein fliegender Teppich von der Firma Beluga-Reisen
lag in leuchtenden Farben vor ihm, dazu eine Wasserpfeife,
ägyptischer Tabak und ein Brief aus Entspannungshausen.
Eduard freute sich, öffnete den Brief und las:
„Eddy, hier ist mein kleines Geschenk für Euch.
Ich wünsche allzeit guten Flug. Dein Freund Gerhard L.!“
In der Tat hatten Eduard und Anna-Leena es Dank ihres
Freundes in manchen harten Engpässen ihres Lebens immer
ultraleicht. Liebe pur! Welch’ ein Freund. Aus Dankbarkeit
brannte in ihren Herzen stets eine Kerze für ihn. Die nächste
Frage war, wer sollte Eduard und Anna-Leena die Technik des
magischen Fliegens beibringen? Doch es war kinderleicht.
Unter dem Teppich stand die persische Gebrauchsanweisung:
„Draufsetzen und den Zielort laut und deutlich aussprechen.
Vermeiden sie umständliche Worte und bringen sie die Sache,
wenn’s geht, auf den Punkt!“
Und tatsächlich! Kaum hatten Eduard oder Anna-Leena den
Wunschort laut ausgesprochen, so befanden sie sich
augenblicklich am Zielort. Magisch, aber wahr. Eine tolle und
fantastische Reisemöglichkeit für Eddy & Anna-Leena.
Schneller als der Knall.
Eduard und Anna-Leena machten ein paar Probeflüge über
Rom. Sie reisten auch für ein paar Tage nach Obamaland,
besuchten dort die alten Freunde und Bodyguards. Einige von
ihnen hatten inzwischen Eduards Philosophie übernommen.
Andere waren immer noch autoritätshörig. Auch machten sie
einen Abstecher ins Gefangenenlager Guantanamo. Als
Eduard und Anna-Leena die menschenverachtenden Umstände
der Gefangenen und deren grausame Käfighaltung dort live
mit erlebten, waren sie mehr als erschrocken. Eduard rief
sofort seinen Freund Obama im Oval-Office an und drohte
ihm die Freundschaft zu kündigen, falls er sein ”Yes we can!“
in dieser Angelegenheit nicht umgehend mit Liebe
umsetzte. Barak hatte nämlich leider, was Guantanamo
angeht, einen Kurswechsel nach hinten vollzogen. Eduard
blieb einige Tage dort, krabbelte in der Nacht durch die
Menschenkäfige und versuchte, die bereits seelisch
abgestumpften, von seinem Vorgänger Bush gefangenen
Menschen zu trösten. Einigen nahm er auch die Beichte ab.
Dabei erfuhr er unter anderem den aktuellen Aufenthaltsort
von Bin Laden, behielt ihn aber für sich. Eduard wusste, dass
der Bushnachfolger seinen Tötungsplan im wahrsten Sinne des
Wortes knallhart durchziehen würde und war sehr dafür, dass
Osama Bin Laden vor ein ordentliches Gericht gestellt würde.
Doch Obama tötete Osama vor laufenden Kameras. Gespannt
saß er im weißen Haus und schaute in seine Zukunft. Als das
abgestumfte, an Krieg gewohnte Obama-Volk die Ermordung
des Topterroristen euphorisch mit Jubellautstärke wie einen
Sieg der WM auf den Strassen New Yorks feierte, weinte
Eddy und verabscheute die militante Vergeltungspolitik des
mutmaßlichen Christen und Präsidenten. „Die USA war und
ist eine der gefährlichen und kriegslüsternen Nationen!“,
murmelte Eddy. Genau so lehnte er Obamas
menschenfeindliche Abtreibungspolitik voll ab. Der Präsident
verbuchte die Ermordung Bin Ladens als seinen Erfolg und
nannte die gezielte Tötung einen Sieg der Gerechtigkeit. Doch
seine Gewaltpolitik half ihm zuallererst bei den Wahlen.
Nachdem seine Soldaten seinen Befehl ausgeführt hatten,
lebte er noch unsicherer als zuvor. Für Eduard Kratzfuss
allerdings stand das Gebot: „Du sollst nicht morden!“ über
jedem „Heiligen Krieg“, in dem Gott sowieso niemals
mitmachte. Bedauerlicherweise krochen die „Wespen“ danach
weltweit aus ihren Löchern und riefen: „Yes we can!“ Osama
wurde durch Obamas tötungsbereite Scharfschützen zu einem
Märtyrer und das wurde von Eduard nicht toleriert. Auch die
Landeschefin aus Pepitaland, Frau Dr. Mörkel, und der SPDEngel Gabriel begrüßten erleichtert den Tod des
Topterroristen. Die Christin Frau Mörkel sagte wörtlich: „Ich
freue mich, dass Bin Laden tot ist!“„Das merkel ich mir!“,
sagte Eddy sich und blieb dabei: „Gewalt erzeugt
Gegengewalt! Es war Mord, die UNO schwieg und Obama
lebt seit dem Tag unsicherer denn je. Bin Laden gehörte
gefangen genommen in Den Haag vor Gericht gestellt!”
Eduard und der Gesetzgeber
Am dritten Tag flog das Pärchen der Liebe weiter nach
Pepitaland und Eduard zeigte Anna-Leena bei der Gelegenheit
den Kölner Dom. „Hier fing alles an!“, sagte er, „hier habe ich
Jesus vom Kreuz geholt und wir wurden Freunde!“ Eduard
freute sich auch, dass seine Freunde von der ElektrorollerFirma Tante Paula immer noch fleißig waren. Inzwischen
hatten Julian & Co. hunderte von diesen flinken Wunderollern
in Pepitaland unters Volk gebracht. Eduard hatte seine Tante
Paula immer bei sich und wenn er in einem Land dieser
friedlosen Welt mit seinem fliegenden Teppich den Boden
berührt hatte, fuhren er und Anna-Leena umweltfreundlich mit
dem Future-Roller zu Erkundungsreisen ins Landesinnere. In
Rasenmähercity vergaß er einmal, seine Tante Paula
ordentlich, wie der Gesetzgeber es verlangt, zu versichern.
Eduard fuhr in völliger Unwissenheit des abgelaufenen
Versicherungsschutzes mitten in eine Hundertschaft von
Pepitapolizisten. Sie beschützten an dem Geburtstag des
Massenmörders Adolf Hitler eine für Eduard Kratzfuss völlig
unverständlich genehmigte und mit Steuergeldern bezahlte
Anti-Nazi-Demo. Wie gesagt, unwissend, dass sein
Versicherungsschutz bereits abgelaufen war, wurde er
rollenden Fußes von einem polternden Polizisten an der
Weiterfahrt gehindert. Dieser, mit einem Schlagstock
bewaffnete Hüter der staatlich plumpen Gewalt erinnerte
Eduard an einen ihm bekannten Lehrer. Dieser, sich gern als
guter Pädagoge verkaufende, war insgeheim aber eine miese
und hinterlistige Mobbing-Ratte. Mitten durch die Polizeikette
fahrend hörte er hinter sich diese unfreundliche Stimme des
Polizisten. „He, Sie, kommen Sie zurück!“ Eduard dachte:
„Der will sich bestimmt nur meinen geilen Roller etwas näher
anschauen!“ Aber nix da! „Zeigen Sie mir ihre Papiere!“,
polterte er hämisch und juckte sich dabei seinen uniformierten
Arsch. „Herr Kratzfuss, sie haben eine Straftat begangen!“
„Wie bitte?“ „Sie fahren ohne Versicherungsschutz. Das ist
eine Straftat!“ „Aha, und wat nu?“ „Das wird eine Anzeige
geben, denn der Gesetzgeber sagt …!“ Eduard nahm es in
Kauf und wandte sich an die mit Bierflaschen in der Hand
herumstehenden jungen Menschen mit verlorenem Naziblick
und sagte: „Ihr feiert ja den Geburtstag eines Toten, feiert
doch lieber den Auferstandenen!“ „Hitler lebt!“, gröhlte ein
besonders eifriger Jung-Nazi und nahm einen Schluck aus der
Pulle. „Ja,“ erwiderte Eduard, „er lebt, ganz sicher in der
Hölle!“ „In der Hölle?“, fragte der sich mit Bier
Berauschende. Beinah wäre ihm der Schluck im Hals stecken
geblieben. „Ja, Hitler ist in der Hölle!“, antwortete Eduard,
„oder meint ihr etwa, wer sechs Millionen Menschen umbringt
kommt dafür auch noch zur Belohnung in den Himmel?“
Schweigen auf der Nazi-Seite erfüllte den Ort. „Also Jungs“,
beendete Eddy die kurze Debatte und sagte noch einmal:
„Denkt dran, feiert den Auferstandenen und nicht den
Geburtstag eines Toten!“
Eddys Personalien wurden festgestellt und danach schob er,
wie der Gesetzgeber es verlangt, seinen Roller schnell aus der
Sichtweite der Staatsdiener hinaus. Außerhalb der Sichtweite
fuhr er heimlich in stolzem zivilen Ungehorsam elektrisch und
ohne gültigen Versicherungsschutz zurück in die
Gänseblümchenstrasse 72. Wochen später musste er dem
Staatsanwalt 200 Euro zahlen, damit das Verfahren gegen ihn
eingestellt wird. „Auch ’ne Art von Erpressung!“, sagte sich
Eddy und seine Liebe zu Pepitaland schmälerte sich immer
mehr. In Rasenmähercity hatten er und Anna-Leena für ihre
Zwischenaufenthalte ein hübsches Ferienhäuschen als Basis
bei Frau Heidrun Tiefenfreundlich gemietet. Heidrun und ihre
Freundin Heidi waren die nettesten Mädels in der ganzen
Gänseblümchenstrasse. Die beiden „Sonnenblumen mit stets
freundlichem Menschengesicht“ freuten sich sehr, wenn
Eduard und Anna-Leena auf ihren Reisen mit dem fliegenden
Teppich einen kleinen Zwischenstopp in dem ansonsten
ziemlich toten St. Normaliendorf machten. Auf dem
Ortseingangsschild stand: St. Normaliendorf – Ortsteil
Normalerweise. Dies Gebiet reizte Eddy ganz besonders. Er
fand dort meist fette Würmer und liebte es über alles, das so
genannte Normale einmal richtig aufzuwühlen, um den
Steiflingen wieder zum Leben zu verhelfen. Da gab es z.B.
einen Mann, der seine Steifmütterchen im Vorgarten
regelmäßig mit einem Staubsauger vom Schmutz befreite …
Doch es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es
dem bösen Nachbarn nicht gefällt. Schon Friedrich Schiller
brachte es in seinem Drama Wilhelm Tell so auf den Punkt.
Zwischen Nachbarn, die eigentlich friedlich mit- und
nebeneinander leben sollten, entstehen aus verschiedensten
Gründen immer wieder Streitigkeiten. So auch einst in der
Gänseblümchenstrasse 72. Mal waren es die unschuldigen,
erheiternden Gänseblümchen der Heidrun Tiefenfreundlich,
die zur Freude von Eddy und Anna-Leena in ihrem ansonsten
maulwurffreiem Garten fröhlich vor sich hinblühten. Der
Nachbar, Herr Dr. von Nervenberg, im Ruhestand vor sich hin
ruhend befürchtete, dass die Gänseblümchen ihren
„gefährlichen” Samen, besonders bei Ostwind, auf seinen
gänseblümchenfreien Garten übertragen könnten und sich dort
gegen seinen Willen in seinem Garten einlebten. Ein anderes
Mal waren es die ganz normalen Nachrichten, Musik -und
Wortbeiträge aus Eduards kleinem Kofferradio, die trotz
behördlich geregelter Gartenlautstärke Familie Nervenberg
anscheinend zu einem Dauerärgernis wurden. Der
friedliebende Maulwurf Eduard Kratzfuss hatte es sich gerade
in seiner Geheimratslaube gemütlich gemacht und hörte
wieder mal sein geliebtes Nordwestradio. Dieser Sender war
ein besonders schlau machender in der sonst so verblödenden
Radio-Landschaft Pepitalands. Das kleine Kofferradio lief
meist den ganzen Tag in angenehmer Hintergrund-GartenLautstärke, fröhlich vor sich hin und viele gute Beiträge
erfreuten Eddys und Anna-Leenas Herz. Den Nachbarn Ernst
und Ernestine von Nervenberg störte dies allerdings, und das
sogar vor, in und auch nach der in Pepitaland ebenfalls
genauestens geregelten Mittagszeit. Bisher lag Familie von
Nervenberg stets ungestört in ruhiger Mittagssonne in ihrem
stattlich ausgebauten Garten. Nur der bei Ostwind in den
Garten einfallende Schienenlärm der nahegelegenen
Bahnstrecke Wiesbaden – Freudenberg durfte auch in der
Mittagszeit machen, was er wollte. Den konnten sie ja auch
nicht so einfach abstellen. Die Nervenbergs freuten sich 22
Jahre ihres wohlgeordneten und wohlverdienten Lebens.
Standardspruch von Herrn von Nervenberg war: „Der
Gesetzgeber sagt!“ Da klingelten bei Eddy sofort die
Alarmglocken und er verbuddelte sich vor soviel
Gesetzesgläubigkeit. Maulwürfe wurden hier nicht geduldet.
Eines schönen Tages hörte Eduard den etwa fünf Jahre alten
Nachbarjungen Karl Heinz Vorwärts durch den berühmten
Nachbarzaun, den man eigentlich auch Nachbarzaum oder die
tägliche Grenzstelle der Andersdenkenden hätte nennen
können. Er hörte den Jungen folgendes fragen: „Eduard, soll
ich mal zu dir rüberkommen?“ Eddy erkannte das Problem des
Kindes sogleich und antwortete dem Knirps: „Du musst
immer selber herausbekommen, was du willst und nicht nur
ständig tun, was du sollst!“ Völlig erleichtert sagte der Junge
auf der anderen Seite des Zauns leise zu sich: „Endlich darf
ich mal machen, was ich will und nicht nur immer, was ich
soll!“ Eddy freute sich still über diesen Erkenntniszuwachs
des kleinen Menschen. Er kannte diese gefährlichen
Sollbruchstellen in den Seelen der Kindermenschen zu
genüge, auch aus seiner eigenen Kindheit. Seine bereits
verstorbene Maulwurfmutter Frieda hatte diesen
schwerwiegenden Erziehungsfehler bei ihm leider viel zu oft
begangen. Sie stand ständig als Übermutter hinter Eduard und
nervte ihn mit ihrem Gesolle beinah zu Tode. Es dauerte Jahre
bis Eduard sich endlich selber gefunden hatte und nur mit viel
Eigenliebe und Eigensinn konnte er seine Sollbruchstellen
erkennen und versuchen, sie ansatzweise zu heilen. Der Junge
hinterm undurchsichtigen Gartenzaun verließ daraufhin mit
einem kleinem weißen Seil in der Hand den Garten von
Familie Nervenberg und zeigte Eddy und Anna-Leena stolz,
wie toll er sich mit seinem Seil an einem Baum selber
hochziehen konnte. Eddy klatschte laut vor Freude in seine
Tatzen und rief: „Weiter, weiter!“ Doch die als Kontrollfux
agierende Großmutter pfiff den Kleinen sofort in ihren Dusollst-nicht-Garten zurück, schloss die Gartenpforte hinter
sich für immer zu.
Frau Nervenberg hatte mal wieder ihre, für den Kleinen und
auch für sie selber viel zu enge Platzhirschhose aus ihrer wohl
eigenen Kindheit an und Ernst Nervenberg hatte ansonsten
auch nicht viel zu sagen. Die Nervenbergs schwiegen endlich
still und auch die unerwünschten Besuche in Eduards
Refugium endeten an der Gartenpforte. Denn der Gesetzgeber
sagt: „Privat ist privat!“
Tja, so kann es einem Maulwurf ergehen, wenn einer mit
platten Nerven den andern platt macht. Eduard war durch
diese unfreundliche Nachbarschaft lange belastet und merkte:
„Es gibt solche und solche!“ Abstand!
Reisende soll man bekanntlich nicht aufhalten und Eduard
Kratzfuss trug ja außerdem die Schuhe seines Freundes
Gerhard L., die mit den speziellen Absätzen, auf denen man
sich nicht mehr umdreht, wenn man von einer Sache und
seinem Ziel überzeugt ist. Eduard setzte sich, vom Recht
begleitet durch und hörte weiterhin verliebt sein
Nordwestradio. Er vermisste es auch auf seinen weltweiten
Reisen nicht, denn es hat auch ein ausgezeichnetes
Internetprogramm. Stets waren die Leckerlies des
fortschrittlichen Ohrensenders von einem frischen
Antimerkelgeist und guter Musik, meist aus der Hippiezeit
Eduard Kratzfuss’, beflügelt. Und das gefiel Eddy.
Die Reise ging weiter! Eduard und Anna-Leena hatten ein
heißes Liebesverhältnis zu Mutter Teresa. Ganz in ihrer Nähe
lebte der Enkelmaulwurf Gloriana Anoushka. Eduard und
Anna-Leena setzten sich nach dem Nervenbergstress
entspannt auf ihren Teppich, pflückten zum Abschied ein paar
Gänseblümchen und riefen: „Kalkutta!“ Der Teppich bebte,
hob ab und flog in Windeseile in die Weltmetropole. Sicher
und ohne Nachbarschaftsstress landeten die Weltreisenden
direkt auf dem Dach des Mutterhauses. Vor dem Grab der
seligen Mutter Teresa gaben sie ihr die Ehre. Die Atmosphäre
im Mutterhaus war elektrisiert von Demut und Liebe. Viele
stets lachende Schwestern liefen wie fleißige Bienchen ein
und aus. Wer einmal dort war, weiß, was die belebende Kraft
dieses Ordens ist. Liebe pur!
Eduard und die Kirchenmaus knieten am Grab Mutter Teresas
nieder und spürten warme Tränen in ihrem weichen Fell. Am
meisten weinten sie über den kranken Zustand der Kirche
Roms. Plötzlich sah Eduard durch seine Tränen hindurch das
warm lachende Gesicht Mutter Teresas und hörte sie sagen:
„Eddy, ich weine mit Euch. Fliegt nach Himmelshausen. Dort
habe ich etwas für euch beim König in Auftrag gegeben!“
Eduard leckte beherzt seine und Anna-Leenas salzigen
Edelsteine ab, küsste noch einmal liebevoll das Grab der
Lebenden und sagte leise: „Später Mutter, später, und vielen
Dank für alles!“ Anna Leena legte drei besonders große
Gänseblümchen aus Heidruns Garten auf das Grab und die
Reise ging zurück nach Pepitaland. Anna-Leenas Tränen
hatten nämlich noch einen weiteren Grund.
Sie hatte sich an den verhärteten Strukturen des Vatikans im
Laufe der Zeit einige Zähnchen ausgebissen und brauchte
dringend guten Zahnersatz. Sie lispelte immer, wenn sie mit
ihrem Geliebten innigste Worte austauschte. Als Kirchenmaus
wollte sie ihr kleines Spitzmäulchen endlich mal wieder auf
Vorderfrau bringen und Eduard erinnerte sich an seinen alten
Kumpel Walter Wirsch. Er und sein Team hatten Eduard vor
Jahren bereits zusammen mit Eddys Freund, dem Zahnarzt Dr.
Wieland & Team, ein Maulwurfgebiss vom Feinsten
gezaubert. Und überhaupt machten die Mädels und Jungs seit
Jahren aus den übelsten „Fressleisten“ der Menschenkinder
wieder angenehme und gut aussehende Zierleisten. Selbst
Obama saß, leider mit Osamas Blut an den Händen,
stundenlang zum Bleaching in seinem Wartezimmer und auch
der Papst hatte bereits eine goldene Krone von ihm erhalten.
„Da fliegen wir mal kurz vorbei!“, sagte Eddy und beide
riefen: Rommerskirchen & Veit. Der Navi des fliegenden
Teppichs lief heiß, denn den Ort Rommerskirchen kannte er
nicht. Eddy rief: „Gönn dir schöne Zähne!“ Das erkannte der
Navi sofort und Anna-Leena befand sich schlagartig mit
offenem Mund auf dem Behandlungsstuhl von Walter. „Hier
schleift der Chef noch selbst!“, sagte ein freundlicher
Rauschebart, und nach ein paar Tagen war das Gelispele
vorbei. „Eigentlich schade!“, sagte Eduard mit strahlendem
Gebiss. „Klang irgendwie auch ganz süß!“ Als Eduard
bezahlen wollte, sagte Walter: „Gott vergelt’s und denkt dran,
immer schön mit Denttabs putzen und der Doktortitel bei
Wieland ist kein Plagiat. Alles echt, wie er selbst!“
Eduard schaute bei der Gelegenheit auch noch bei seiner
Leibärztin der Spezialistin für tierische Gesundheit, Frau Dr.
Niebergall, vorbei. Sie hatte im selben Ort eine liebliche
Praxis für Tiere aller Art und impfte ihn zur Sicherheit gegen
Geldgier, Hochmut und Lieblosigkeit. Der Piks tat aber nicht
weh. Auch seinen Freund Dr. Fischer besuchte Eddy gern.
Denn immer wenn – besonders bei Menschen-Mobbing –
seine Maulwurfseele klemmte, Jörgs Therapie ihn cool
enthemmte.
Wo ist eigentlich Palästina?
Anna-Leena und Eduard zog es schon seit langem in den
nahen Osten. Sie hatten das Geschrei, des unter Israel
leidenden palästinensischen Volkes, und die
unverhältnismäßigen Vergeltungsschläge Israels als Antwort
auf den grausamen Terror einiger Palästinenser mehr als satt.
Ganze Stadtteile machte Israel platt und baute nach der
Chinesischen und Berliner Mauer die nächst Größte. Als
Eduard auf dem Teppich fröhlich winkend „Palästina!“
ausrief, reagierte der Navigator erneut mit Schweigen. „Siehst
du!“, sagte Anna-Leena, „sag ich doch, das Land gibt es schon
gar nicht mehr auf der Weltkarte. Israel hat es platt gemacht!“
Ein zweiter Versuch: „Ramalla!“ und bums waren sie inmitten
eines Hubschrauber-Angriffs israelischer Soldaten verwickelt.
Eduard konnte die Funksprüche einer israelischen Soldatin
abhören und erschrak vor dem Hass, den sie im sicheren
Cockpit gegen ihre Brüder und Schwestern hegte. Direkt unter
ihnen, im Dreck einer Strasse von Ramalla, schrie ein
hilfloses, durch israelische MG-Kugeln verblutendes Kind.
Sterbend lag es in den Armen seines weinenden Vaters. Eine
Maschinengewehrsalve hatte, wie man später in der
Weltpresse las, kollateral einmal wieder das Ziel verfehlt.
Israel bedauerte den Vorfall pressewirksam und Mr. Obama
versprach dennoch weitere Unterstützung dem so genannten
Gottesvolk. Aber sind denn die Palästinenser nicht auch sein
Volk? Der Hubschrauber drehte mordend ab und hätte beinahe
noch Eddys Teppich aus der Luft gefegt. Zum Glück erfasste
der Radarschirm ihn und Anna-Leena nicht. Der Vater des
getöteten palästinensischen Kindes spendete alle Organe
seines Sohnes für israelische Kinder und setzte so seinen
Schuss der Liebe zurück. „Hut ab!“, sagte Eduard.
„Ist das nicht das Land, in dem eigentlich Milch und Honig,
ein Bild für Liebe und Frieden, fließen sollen?“, wollte AnnaLeena wissen. „Ja, schön wär’s“, sagte Eduard,lachend. „doch
heute fließt hier nur noch Blut und Hass. Israel und Palästina
sind anscheinend noch nicht aus eigener Kraft zum Frieden
fähig. Da muss der Friedefürst von Himmelshausen wohl erst
selbst Hand anlegen. Ansonsten läuft hier gar nix mehr in
Richtung Frieden. Israel unterdrückt die Palästinenser. Und
die Welt schaut zu.”
Eddy rief: „Sinai!“
Der gute alte Mose war bereits vor Jahren dort und hatte sich
vom Erfinder der Welt persönlich die 10 Gebote in seine linke
und rechte Herzklappe schreiben lassen. Mose war es auch,
der diese Liebeserklärung Gottes an die Menschheit später in
zwei steinerne Tafeln ritzte, um den Kindern Israel und der
Welt ein gutes Fundament mit auf den Weg zu geben. Eduard
liebte die Zehn Gebote über alles und war der festen
Überzeugung, dass es gar keine Verbote, sondern eine äußerst
sinnvolle und lebensstiftende Gebrauchsanweisung für
Liebende war. Wer sie befolgte, wurde mit Segen und Glück
reich überschüttet. Andersherum, wer bleibend gegen sie
verstieß, befand sich oft in schwierigsten Lebensverhältnissen,
aus denen er nur über Golgathanien und dem dort stets tätigem
Vergebungsminister Jesus von Gnadendorf wieder heil raus
kam. Das war seine Erfahrung und er konnte sie mit vielen
positiven und negativen Beispielen belegen.
Diesen Ort, wo die Kinder Israel einst mit ihren Zelten in der
Wüste durchreisend lagerten, wollte Anna-Leena schon immer
gern mit ihren süßen kleinen Mäusefüßchen persönlich
betreten. Erleben, wie es sich oben auf dem Berg Gottes
anfühlt, wenn die Sonne ihren Tanz beginnt, war einer ihrer
größten Herzenswünsche. Und da Eduard seiner süßen
Kirchenmaus grundsätzlich keinen Wunsch abschlagen wollte,
wählte er kurzerhand 0049 551 63451340 und hatte seinen
stets auf den Punkt seienden Kumpel Axel von Beluga-Reisen
an der Strippe. Eduard buchte als Überraschungspaket für sich
und sein Mäuschen zwei Wochen „All inklusive“ im
ehemaligen Hippizentrum Dahab. Axel freute sich und die
Anreise erledigte sich von selbst. Der fliegende Teppich sorgte
wie immer für einen sicheren Flug und eine angenehm weiche
Landung. Was die beiden auf dem Sinai und in dem gerade
frisch entmubarakisieten Land der Pharaonen alles erlebten,
erfahren Sie in der nächsten Folge: „Eduard und die sieben
Weltreligionen!“ Soviel aber vorweg: „Es war himmlisch!“
Der Hoteldirektor Gamal lud Eduard und seine Frau zu einer
Beduinenhochzeit und zum Pianospiel ein. Sie ließen sich so
noch ein zweites Mal ehelich verglücken! Dass Eduard die
Hotelgäste mit seinem Magicpiano im wahrsten Sinne des
Wortes berauschte, gefiel Gamal so sehr, dass er ihn auch in
ein zweites Hotel für den Winter nach Luxor zu einem
Klavierkonzert einlud. Welch’ eine Freude blühte da im
Sofitel Karnak Hotel Luxor auf! Sogar der Nil lief vor
Begeisterung an einem Abend leise über …
„Uranien“, ein Land ganz in der Nähe des Sinai, wo der
Präsident angeblich Uran in den Taschen hat und viel vom
Frieden redet, stand ebenfalls auf dem Reisewunschzettel des
kleinen Maulwurfs. Dieser Widerspruch reizte Eduard schon
immer. Gespannt auf die tatsächlichen Umstände in Uranien,
saßen Eduard und Anna-Leena auf ihrem etwa 2 x 4 Meter
großen Allround-Cabrio. Gemeinsam riefen sie das nächste
Reiseziel aus: „Teheran!“ Wie von Geisterhand rauschten
beide plötzlich über einen riesigen Marktplatz, auf dem gut
riechende Gewürze in der Sonne Uraniens zum Verkauf
angeboten wurden. Die Luft war schwanger und von
tausenden Aromen und den unheimlichsten Gerüchten erfüllt.
Bildhübsche Frauen schlenderten, zum Teil hoch verschleiert,
durch geheimnisvolle Gassen und Straßen. Im ganzen Land
spürten sie einen tiefen Wunsch nach Freiheit. Der Präsident
Uraniens prangerte überlebensgroß auf riesigen Plakatwänden
und Eduard rief: „Regierungsviertel!“
Plötzlich waren Eddy und Anna-Leena umringt von Soldaten
und Gewehren. Die ziemlich finster aussehenden Männer
guckten sehr verwundert aus der Wäsche, als sie den kleinen
Maulwurf und seine Kirchenmaus vor sich sahen. Sie
begriffen schnell, dass es sich bei diesen Besuchern weder um
Spione noch um irgendwelche bösartigen Feinde handeln
konnte. Eduard rief: „Atomreaktor!“ Sofort waren sie
umgeben von Versuchsanstalten und hochgefährlichen
Experimentierstuben. Beide hörten, wie dort geheime Pläne
gegen Israel und Obamaland ausgeklügelt wurden. Ein neuer
Versuch. Anna-Leena rief: „Mahmud Ahmadinedschad!“
Sehr bedrohlich aussehend stand da ein kleiner Mann in einem
grauen Anzug ohne Krawatte vor ihnen. Er hatte einen
dunklen Bart und trug etwas in seinen Taschen, das
unaufhörlich glühte und strahlte. Obwohl er lachte, schien von
ihm ständig etwas unerklärlich Böses auszugehen und die
Atmosphäre war mehr als gruselig.
„Kommen Sie mit nach Israel, Herr Präsident, und wie steht’s
denn eigentlich so mit den Menschenrechten in Uranien?“,
fragte Eduard den Uranier keck. Sofort fing der Präsident an
zu toben und wollte ihn und Anna-Leena auf der Stelle
verhaften.
„Nix wie weg hier!“, sagte Eduard, fasste seine Maus bei der
Hand und beide eilten zum Teppich. Gerade noch rechtzeitig
auf ihm Platz nehmend, dachte er einen Moment nach, wohin
die Reise denn nun gehen sollte. Anna-Leena fielen Mutter
Teresas Worte ein und sie flüsterte Eduard Himmelshausen ins
Ohr. Er rief in letzter Sekunde: Himmelshausen!
Mahmud Ahmadinedschad griff wütend und voller Fanatismus
nach ihnen. Jedoch er griff ins Leere. Die beiden
Experimentierflieger entschwanden sekundenschnell vor
seinen Händen und waren auf der Stelle zeitlos und angenehm
weich in der Hauptstadt von Himmelshausen gelandet. Nur,
dass es hier keine Zeit mehr gab. Nirgendwo gab es eine Uhr
oder Kalender. Arbeitsdruck und Mobbing kannte man hier
nicht und jeder durfte hier stets machen, was er wollte und
nicht mehr, was er sollte. Es gab weder Krankenhäuser, noch
Gesetzgeber, keine Leichenwagen und kein einziges Geschäft.
Geld war in Himmelshausen völlig unbekannt und keiner
herrschte über den Andern. Selbst der König von
Himmelshausen, der auf der Erde den Namen Jesus trug,
achtete jeden Neuankömmling höher als sich selbst.
„Welch’ ein Unterschied!“, sagte Anna-Leena erstaunt. Die
Mauern der Stadt waren aus puren, hell leuchtenden
Edelsteinen erbaut und die Straßen aus reinem Gold.
Jerusalem stand auf dem Stadteingangsschild. Es gab weder
Christen noch Juden, Moslems oder Hindhus. Es gab keine
Kirchen und Religionen. Alles war bleibend frisch und ohne
nie endende Energien. Keiner weinte und es gab nicht einen
einzigen Gartenzaun. Eduard dachte sofort an Familie
Nervenberg. „Wow!“, rief er, „da ist ja meine Mutter!“ In
jugendlicher Frische strahlte Frieda ihn an. Kein „DU
SOLLST mehr!“ kam aus ihrem lieblichen und faltenfreien
Mund. Auch sein viel zu früh verstorbener Bruder Paul
Kratzfuss fröhlichte gespannt, sich auf seine Anne freuend,
zeitlos mit vollem Haar vor sich hin. Keiner musste sich
anstrengen, um irgendetwas zu sein. Weder Tod noch
irgendein Leid waren zu befürchten. Keine Steuer und keine
Arbeit. „Wat’ ’ne Welt!“, dachte Eduard und er fragte sich,
warum denn auf der Erde alles so schwierig und völlig anders
ist. Der Aufenthalt in Himmelshausen wäre natürlich äußerst
schal, wie eine sieben Wochen offenstehende Cocacola, wenn
man dort nicht auch wenigstens einmal den lieben Gott
persönlich treffen könnte. Anna-Leena hatte ja nun schon
einiges in ihrer Erdenzeit mit Eddy erlebt. Aber eines galt es
noch zu toppen. Sie hätte gern mal den lieben Gott persönlich
kennengelernt. Eduard sagte: „Ich kenne ihn!“ „Gut“, sagte
Anna-Leena. „Dann zeig ihn mir bitte jetzt!“
Maria, die Mutter des Königs von Himmelshausen, war
überall präsent. Eduard staunte wie frauenfreundlich es hier
war. Keine Männerdomäne und keine Platzhirsche wie im
Vatikan. Und überhaupt: Niemand war hier dominant. Selbst
Gott nicht!
Jesus lag entspannt mit seiner Mutter und einigen seiner ersten
Nachfolger, die man auch schon aus der Bibel namentlich als
Apostel kannte, am Goldenen Strand, so heißt in
Himmelshausen ein bekannter Urlaubsort. Ganz anders als
Timmendorf oder die Riviera. Jesus erholte sich etwas von
den nervigen Neuankömmlingen. Sie suchten immer nur die
Päpste und andere großartige Nachfolger. Aber die
Wirklichkeit holte die neuen Himmelsbürger immer ein. In
Himmelshausen gab es nämlich keine Promis und auch keine
hervorstechenden Gestalten. Jesus war der Allerdemütigste.
Martin Luther stand mit Ghandi hinter einem goldenen
Zapfhahn und schenkte Original Wittenberger Freibier aus.
Für viele war es hier zuerst ganz schön ungewohnt und vor
allem völlig anders, als sie es sich auf der Erde immer
vorgestellt hatten. Sie staunten am meisten darüber, dass es
hier weder religiös und schon gar nicht katholisch zuging.
Jeder lebte, schwebte und schwang in seiner Art für und vor
sich hin. Es gab weder Schuld, noch Anklage und schon gar
kein Fegefeuer. Und die, die es erwartet hatten, fielen völlig
erleichtert aus allen Wolken. Es war da übrigens auch kein
zorniger Gott. Auf einem Begrüßungsschild, das an einem
kreuzesähnlichen Pfahl mit drei rostigen Nägeln befestigt war,
konnte man in einer von allen verständlichen Sprache lesen:
Willkommen in Himmelshausen!
Es gibt hier weder Geschrei noch Anweisungen und schon gar
keine Hausordnung. Auch kein Gesetzgeber erwartet Dich,
dessen Ergüsse du strikt und ohne Nachdenken zu befolgen
hast. Es ist hier auch kein hinter irgend einer Palme
versteckter zorniger Gott, der dich wegen deiner Erdenfehler
höllisch bestraft.
Du bist hier nicht gelandet, weil Du ein besonders guter und
frommer Mensch auf dem Planet Erde warst.
Du bist hier, weil ich dich liebe. Ja, weil ich
für Dich deine Altlasten am Kreuz
persönlich für immer entsorgt habe.
Wundere Dich also nicht,
wenn Dir hier keine deiner Sünden mehr einfällt.
Du warst und bist auf ewig von mir geliebt
und deshalb auch von ganzem Herzen willkommen!
Ewige Entspannung sei Dir alter Racker gegönnt!
Dein Mitbruder und Göttchen!“
Neugierig und über dieses einladende Begrüssungsschild
schmunzelnd und lange nachdenkend, kam Eduard mit seinem
Herzblatt Anna-Leena auf dem fliegendem Teppich am
Goldenen Strand ganz langsam angeschwebt. Da hörte er
plötzlich eine ihm wohl bekannte Stimme. „Eduard!“, rief sie.
„Komm!“. Eddy fasste den rechten Zipfel seines
Perserteppichs, zog ihn fest zu sich und machte eine galante
Linkskurve. Dann blieb er schwebend direkt über Maria und
ihrem Sohnemann stehen. „Steigt herauf“, rief Eduard,
„kommt, wir fliegen ’ne Runde durch Himmelshausen. Mein
Teppich ist ein Viersitzer!“ Mit einem kräftigen Sprung
nahmen die „Göttlichen“ hinter Eddy und Anna-Leena auf
dem Teppich Platz und gemeinsam flogen sie in luftiger Höhe
vorbei an Mose, David, Karl Marx, Salomo, Bin Laden,
Petrus, Petra Kelly, Mutter Teresa, Einstein, Johnny Cash,
Michal Jackson, den Göbbelskindern und einer unzählbaren
Schar der unbekannt Erlösten. Alle winkten sie und wirkten
völlig happy.
„Da fliegt der neue Papst!“, rief ein Kind mit hell klingender
Stimme durch den Himmel. Das Kind zeigte voller Freude mit
seinem kleinen Zeigefinger direkt auf den über ihn fliegenden
Maulwurf. Eduard wäre beinahe vor Schreck mit voller Wucht
gegen den mitten im Paradies stehenden Lebensbaum geknallt.
Der stand nämlich mitten im Garten und blühte unaufhörlich.
Wenn Anna-Leena nicht noch schnell den Zipfel
herumgerissen hätte, wäre es wahrscheinlich zum ersten
Unfall an himmlischen Örtern gekommen. Eduard wurde
kreidebleich und überließ Anna-Leena das Steuer. Jetzt konnte
er Monsignore Entenwein verstehen und krabbelte in die
warmen Arme des hinter ihm sitzenden Königs von
Himmelshausen. Er wimmerte sich sein Leid von der Seele
und flehte: „Bitte Jesus, tu mir das nicht an. Ich hab jetzt über
viele Jahre diesen Saftladen da unten in Rom miterlebt.
Zahlreichen Vergiftungen bin ich knapp entkommen und nun
soll ich den Karren aus dem Dreck ziehen? Nein Jesus, das
kann doch wohl nicht dein heiliger Ernst sein!“ Jesus schwieg.
Anna-Leena hatte ganz andere Sorgen. Sie fragte: „Wo geht’s
denn hier nun zum lieben Gott?“ Jesus tippte ihr auf die
Schulter und sagte: „Ich bin’s, und sitze gerade hinter dir!“
Anna-Leena fiel fast vom Teppich und fragte ihn mit
neugierigen Augen: „Kannste mir das mal bitte erklären?“
Jesus übernahm den Teppich und landete sanft in einem
Talkessel auf herrlich weißem Sand. Beiden gab er zur
Beruhigung erstmal eine Muschel voll Wasser aus dem dort
überall fließenden Lebensstrom. Plötzlich wurde es am
Horizont strahlend hell und eine liebliche Stimme sprach
mitten aus dem Licht:
„Du bist Eduard I. Ich mache dich heute
zu meiner Stimme und zu meinem Gesang.
Wenn du mich liebst, werde ich dich ehren
und niemand soll dir erfolgreich widerstehen.
Auf Straßen und Plätzen wird man dich treffen und lieben.
Dein Urteil wird gefragt und sehr geschätzt sein.
Frischen Wind wirst du in mein Haus bringen
und was tot ist, sollst du zum Leben erwecken.
Ich bin bei dir!“
Es wurde ganz still in Himmelshausen, so als wäre die Zeit
stehengeblieben, wenn es sie denn dort gegeben hätte. Eduard
blickte zusammen mit Anna-Leena in die Jesusaugen, lichter
ging es nicht. Er sang leise und in nie gehörten Harmonien:
„Ich bin bei dir, wenn die Sonne untergeht.
Ich bin bei dir, wenn dich keiner mehr versteht.
Wenn die Nacht in deinem Zimmer ist,
dann bin ich dein Licht.
Ich bin bei dir!
Verstehst Du das denn nicht?“
Anna-Leena und Eduard wurden in diesem Augenblick von
einer tiefen Liebe zu Gott, den Menschen, zu sich und ihrer
zukünftigen Aufgabe erfüllt, dass sie nur noch schluchzend
nickten und unter Maulwurfstränen sagte Eduard: „Ein Nichts
hast du erwählt. Die Mächtigen stößt du vom Thron und die
Kleinen erhebst du. O.K., ich bin bereit, deinem Ruf zu
folgen, solange ich nur nicht auf irgendeinem Thron da unten
sitzen muss und keine trotteligen Untergebenen zu befehlen
habe!“
Maria nahm Eduard liebevoll auf den Arm, küsste den kleinen
Schnuckel und sagte: „Der Name Eduard bedeutet: „Hüter des
Schatzes“ und Anna-Leena „Die Leuchtende!“ Wusstet ihr
das?“ „Aber dann bin ich ja ein Papst mit Frau?“, sagte
Eduard. „Ja“, sagte Jesus. „Es wird höchste Zeit, dass da mal
wieder ein bisschen gesunde Sexualität in meinen Leib kommt
und ich freue mich schon auf die vielen ehelichen
Priesterkinder, denn von den heimlichen habe ich genug!“
Anna-Leena schaute Eduard verschmitzt an und flüsterte: „Ich
brate dir jeden Tag frische Engerlinge und am Sonntag gibt’s
nach jeder Messe auf dem Petersplatz Kaffee und Kuchen für
alle. Was hältst du davon?“ „Ich kann es gar nicht erwarten!“,
sagte Eduard und meinte noch: „Und was mach ich, wenn die
dann mit so einem Maulwurfspapstkult anfangen? So mit
hinknien vor mir, Händeküssen und so’n Quatsch?“
„Dann trittst Du ihnen liebevoll in den Hintern“, sagte Jesus
voller Humor. „Spielst mit ihnen ’ne Runde Schach oder
Fußball. Für Kardinal Knarx und die anderen Steiflinge in der
Kurie ist es nicht von Schaden, mal eine Runde zu verlieren.
Denn ihr bisheriger Gewinn ist höchst fraglich. Den
Hasenhüttl, die Margot, den Drewermann und vor allem Prof.
Küng, die bringst Du mir bitte wieder zu Ehren, mein lieber
kleiner Papst. Und vor allen Dingen sage allen
Menschenkindern, egal ob gut oder böse, dass ich sie liebe.
Umso böser jemand ist, je mehr liebe ich ihn. Vielleicht
kommen ja einige, die das hören, zu mir zurück und mein
Anwalt kann ihnen etwas Lebenshilfe geben. Die Menschen
müssen verstehen, dass ich durch und durch ein Vergeber
bin!“ Jesus wandte sich dann an Anna-Leena und sagte: „Und
Du, liebe Kirchenmaus, wirst die First Lady in Rom. Hilf bitte
mit, dass die Unterdrückung der Frau dort endlich für immer
ein Ende hat!“ Anna-Leena nickte und war stolz auf ihren
Gott. Eduard bekam immer mehr Lust auf seine Aufgabe und
konnte es kaum erwarten, Rom laut auszurufen. Am liebsten
wäre er allerdings in Himmelshausen geblieben. Er
verabschiedete sich von seiner Mutter und seinem Bruder
Paul. Frieda rief: „Pass gut auf dich auf und denk dran, nimm
immer ein frisches Taschentuch mit und…!“ Eduard
unterbrach sie und sagte: „Frieda, du hast dich ja immer noch
nicht geändert!“ Ein letzter Blick und Paul bat ihn, seine noch
in Erdenhausen lebende Anne ganz lieb zu grüßen.
„Sag ihr, es geht mir gut und ich freue mich auf sie!“
„Rrrr …,“ testete Eduard das Fluggerät und der Teppich
begann wie wild unter seinem Hintern zu zittern. „Halt!“, rief
Jesus, „vergiss meinen Freund Martin Luther nicht vollständig
zu rehabilitieren!“ Der Himmelskönig versprach Eduards
Pontifikat mit seiner Gegenwart und Kraft täglich zu erfüllen.
Er sagte: „Mein Geist ist auf der ganzen Erde gegenwärtig.
Arbeite eng mit ihm zusammen. Nimm ihn täglich als deinen
persönlichen Rechtsanwalt in Anspruch und du wirst sehen,
alles wird gut. Bis bald Eddy!“ Anna-Leena drückte ihr
„Göttchen“ noch einmal ganz fest an sich und kniff der
Königin Mutter dabei ein Auge zu. Mutter und Sohn stiegen
erleichtert vom Teppich.
„Rooooooom!“, rief Eduard laut und das Pärchen befand sich
sofort in gähnender Leere mitten auf dem Petersplatz.
Noch immer waren die Scherben und Pappbecherreste des
Rockkonzertes nicht vollkommen beseitigt. Hier und da fand
man auch noch ein oder zwei inzwischen unbrauchbare
Kondömchen. Alles war im Gegensatz zu Himmelshausen
fürchterlich schwer, lähmend und fast unerträglich. Müde alte
Männer mit dicken Bäuchen und Büchern unterm Arm
schleppten sich mit trübe hängenden Köpfen und dunklen
Rändern unter den Augen durch die Restzeit ihres meist
verkorksten Lebens. Andere wiederum gingen stolz wie ein
Pfau daher und hielten ihre Nasen hochgereckt zum Himmel.
Wie ganz anders war es doch in Himmelshausen. Eduard sagte
den Leuten allerdings nichts von seinem Erlebnis und auch
nicht, dass er der neue Papst sei. Weiterhin war er einer unter
den Seinen und musste erst einmal wieder landen.
„Rücktrittsbeschwerden“
Der noch amtierende Papst Benedikt Tuschfinger freute sich,
dass sein kleiner Freund und Auflockerer Eduard Kratzfuss
endlich wieder bei ihm war. Er hatte ihn schon vermisst und
gerade wieder mal einen Bankenskandal und einen neuen
Vertuschungsfall sexuellen Missbrauchs am Kopp. Und was
Eduard sehr nachdenklich machte: Tuschfinger klagte derweil
über ernsthafte Rücktrittsbeschwerden. Als er eines Abends
müde vom vielen Papstsein mit Eduard allein auf dem Balkon
in der Abendsonne saß, vertraute er sich ihm väterlich an.
„Eduard“, sagte er, „ich habe viel falsch gemacht. Ich habe
längst bevor die Öffentlichkeit es aus den Medien erfuhr von
vielen Priestern und Mitarbeitern meiner Kirche gewusst, dass
sie Kinder schändlichst sexuell missbraucht haben. Diesen
Sumpf konnte ich nicht mehr regeln und habe viel zu lange
geschwiegen und vertuscht. Ich habe Gesetze erlassen, die ich
heute bereue. Du musst wissen, ich bin in einem katholischen
Elternhaus groß geworden und kenne gar nichts anderes. Nie
war ich in ein Mädel glücklich verliebt. Und das, was ich jetzt
bin, wollte ich nie sein. Eigentlich habe ich gar nicht so richtig
gelebt. Immer nur Kirche, Messe und Frömmigkeit. Du sollst
nicht! Du darfst nicht! Du kannst nicht! Ein elendes Leben.
Dir kann ich es ja mal sagen. Mein Vorgänger Johannes Paul
und ich haben zu viel gewusst und zugedeckt. Was rätst Du
mir? Was soll ich machen?“ Eduard dachte an eine
Lebensweisheit, die er einmal von einem lieben Menschen
gehört hatte:
„Wenn Du auf die Welt kommst,
weinst Du und alle freuen sich.
Lebe stets so, dass wenn Du von der Welt gehst,
alle weinen und Du lächelst.“
Eduard blickte ihn liebevoll an, legte seinen Arm um den
alternden Papst und sagte mit gütiger Stimme: „Heiliger Vater,
es ehrt dich sehr, dass du zu dieser Erkenntnis gelangt bist.
Ein wenig spät, aber dennoch. Das ist sicher das Wirken
Gottes in dir, der dich liebt und dich bis hierher durch Höhen
und Tiefen mit all deinen Fehlern, die dich letztlich
sympathisch machen, getragen hat. Er, der den Menschen
durch Jesus die Möglichkeit zur Umkehr, Reue und
Verhaltensänderung geschenkt hat, hat die Welt mit sich
versöhnt und uns durch den Heiligen Geist Vergebung der
Sünden geschenkt. So spreche ich dich los von deinen Sünden
und durch den Dienst der Kirche schenke er dir Frieden und
Zuversicht. Er gebe dir Mut zur Umkehr und Kraft, dies auch
vor den Menschen spürbar werden zu lassen!“
„Eduard“, sagte der Papst, „das war ja eine Absolution, und
ich spüre, dass sie mir gut tut. Wer hat dir denn die Vollmacht
dazu gegeben? Du bist doch weder geweiht, noch von mir zu
einem kirchlichen Amt berufen! Außer den von mir dir
zuerkannten Sonderwühlrechten im Vatikan bist du doch ein
völliger Laie?“ Eduard schaute ihn an und sagte: „Was bei den
Menschen unmöglich ist, das ist möglich bei Gott! Trete,
wenn du es für richtig hältst, vor deine Schafe und die es noch
werden könnten. Sprich offen über deine Fehler und
Versäumnisse. Du hast doch auch viel Gutes getan.
Monsignore Betonkopf wird dir zwar abraten, dies zu tun und
toben, aber höre allein auf dein Herz. Es ist der Sitz Gottes,
wie die selige Mutter Teresa einst sagte: „Lass die Menschen
spüren, dass auch du nur ein Mensch bist, einer von ihnen und
als solcher begegne ihnen.“ Du wirst sehen, dass du damit
mehr erreichst als weiter in den frommen Rollen und Ritualen
zu verkalken. Denke an das, was dein Vorgänger Johannes
Paul gemacht hat, als er sich für die Sünden und Verbrechen
der Kirche vor den Menschen geschämt und die Welt um
Vergebung gebeten hat. Folge ihm nach und alles wird gut!“
Josef sah ihn an und erkannte in ihm seinen Nachfolger. Er
wollte noch eine Nacht darüber schlafen und sich nicht weiter
mit Fleisch und Blut besprechen. „Ich danke dir Eduard. Du
bist einer der Wenigen, die mir hier liebevoll die Wahrheit
sagen. Stiefellecker habe ich genug, aber du hast meine
Schuhe heute mit Feuercreme geputzt und ich nenne dich ab
sofort Eduard der I. Ich werde zurücktreten und du sollst mein
Nachfolger sein. Ein weiterer Kardinalfehler von mir war, ich
habe den Menschen immer gesagt, wie und was sie zu glauben
haben. So mach’ du es nun besser. Lass’ die Menschen selbst
erkennen, was gut für sie ist. Keiner von den Kardinälen
würde dich hier jemals wählen, deshalb ernenne ich dich in
drei Tagen zum neuen Papst der Menschen, der Tiere und des
ganzen Erdkreises!“ „Halt!“, rief Eduard: „Ich möchte gern
vorher auch des Volkes Stimme hören und deshalb bitte ich
dich, veranlasse eine Volksbefragung und beziehe das
Ergebnis mit ein. „O.k“, sagte der Papst Tuschfinger. „Sage
aber bitte Niemandem hier etwas davon. Die bringen uns um.
Beide legten sich schlafen. Anna-Leena schmuste mit Eduard
und Josef mit seinem neuen Gebetskranz.
Es war Frühling und die Straßencafes in Rom waren mit
bunten und fröhlichen Menschen gefüllt. Zeitungsverkäufer
brachten wie gewohnt ihre Blätter unters Volk. Die La
Stumpfa war heute besonders begehrt. Sie titelte:
„Sensation im Vatikan – Papst Tuschfinger tritt zurück –
Volksbefragung zum neuen Papst!”
Das war das große und alle bewegende Thema in Kneipen, auf
Straßen und in den überfüllten Restaurants. Alle fragten sich,
was da wohl in der Kirche los sein könne. Nur innerhalb der
Kurie und hinter den Mauern des Vatikans war man überhaupt
nicht beunruhigt. Der Jahrhunderttrott funktionierte weiter
lähmend wie ein zäher übel stinkender Brei und keiner der
hohen Herren interessierte sich für diese Schlagzeilen. Man
war und blieb der Welt fremd. Doch die Welt kam zu ihnen.
Die ersten Fernsehübertragungswagen stellten sich in der
Nähe des Petersdomes auf. Es wurde immer enger und voller
in den schmalen Gassen rund um den Petersplatz und auch die
Internetforen begannen sich auf die Volksbefragung
einzurichten. Beim wöchentlichen Treffen mit
Kardinalstaatssekretär Monsignore Sedani Betonkopf und dem
noch amtierenden Papst kam es dann zum Eklat. Betonkopf,
der dafür bekannt war, besonders papsttreu und weltblind zu
sein und außerdem immer gern versuchte, jegliche schlechte
Nachricht über Papst und Kirche vor dem Volk aufs
Lächerlichste herunterzuspielen, fragte Benedikt, ob an dem
Gerücht seines Rücktritts etwa was dran sei.
Ratzi nickte und stellte klar, dass er in der Tat beabsichtige,
seinen Freund Eduard Kratzfuss in den nächsten Tagen auf
dem kleinen Dienstweg zu seinem Nachfolger zu ernennen.
Man könne in diesem Fall auch gern auf den ansonsten oft
manipulierten weißen Rauch und die weltweite Einberufung
der Kardinäle verzichten. Man spare so enorm viel Geld und
könne es lieber in die Therapie und Wiedergutmachung an die
durch kirchlich Bedienstete dauergeschädigten
Missbrauchsopfer einsetzen. Allein die Anreisekosten der
auswärtigen Kardinäle seien in der Regel so hoch, dass man
davon auch hunderte Suppenküchen und Beratungsstellen
hätte finanzieren können. Zuvor wolle er allerdings noch per
Volksbefragung auf Wunsch seines Nachfolgers die Meinung
des Volkes einholen. Monsignore Betonkopf verstand seine
Welt nicht mehr, bat um einen Schnaps. Danach wischte er
sich den kurialen Schweiß von der Stirn und fragte den
Heiligen Vater, ob er in den letzten Tagen irgendwelche
Drogen zu sich genommen hätte, die ihn in seiner
Entscheidungsfähigkeit irgendwie negativ beeinträchtigt
hätten. Der Papst lächelte und sagte: „Ich hatte einen
besonderen Gast. Er hat mir was Nettes und Wohltuendes aus
Himmelshausen erzählt und mir die Vergebung meiner Schuld
deutlich vermittelt!“ Die Verwirrung im Vatikan stieg und
innerhalb von wenigen Minuten war der ansonsten so träge
und in Sachen Entscheidungen langsame Vatikan mit der
Nachricht erfüllt: „Papst Benedikt braucht dringend eine
Auszeit!“ Als es sich hinter den Mauern endlich wie ein
Lauffeuer herumsprach, dass ein gewisser Maulwurf Kratzfuss
der neue Papst per Dekret werden solle, wusste die Kurie nicht
mehr ein noch aus. Man sah in diesen Tagen viele
Ambulanzen und Notarztwagen in den Vatikan ein- und
ausfahren. Der Valium-Verbrauch nahm ungeahnte Formen an
und die Schweizer Garde hatte alle Hände voll zu tun, den
Zustrom von Bürgern und Passanten zu regeln. Tuschfinger
ordnete sofortigen Personenschutz für Eduard und AnnaLeena an und lud die wichtigsten Pressevertreter zu einer
außerordentlichen Pressekonferenz in den Pressesaal.
In den Abendnachrichten platzte die Bombe dann endgültig.
Eduard Kratzfuss wird als neues Oberhaupt der römisch
katholischen Weltkirche von Papst Tuschfinger als Nachfolger
vorgeschlagen. Er bittet um eine Volksbefragung.
Rom stand Kopf! Die Straßen waren leergefegt wie bei einem
Endspiel der Fußballweltmeisterschaft. Alles votete und das
Ergebnis war phänomenal. Mit 99,4 % stimmten die
Teilnehmer für den kleinen, mutigen und für seine steten
Überraschungen bekannten Maulwurf. Eduard lag gemütlich
mit Anna-Leena in seiner Erdwanne und lutschte genüsslich
an einem Regenwurm. Nachdem er in den Nachrichten von
dem erfreulichen Ergebnis hörte, eilte er in den Palast des
Papstes. Die Flure waren mit einer atmosphärischen Kälte
erfüllt, dass man hätte denken können, die Eiszeit sei
zurückgekehrt. „Bist du soweit?“, fragte der sich noch im Amt
befindliche Papst den kleinen Maulwurf, der immer noch mit
dem Ende seines Regenwurms beschäftigt war. „Ich bin
immer bereit“, sagte Eduard. „Ich bin und spiele im Gegensatz
zu Ihnen keine Rolle.“ Der Papst zog erleichtert seine
päpstlichen Kleider aus und kam kurze Zeit später als
einfacher Priester aus dem Umkleidezimmer zurück.
Draußen hörte man die Menge bereits auf dem Petersplatz
rufen:
„Eduard du süßer Fratz,
nimm auf Petri Stuhle platz!“
Eddy kniete vor einem Kreuz mit dem Abbild seines besten
Freundes nieder, blickte auf, und bat Papst Tuschfinger um
seinen Segen. Dieser legte ihm liebevoll, die trotz vieler
Fehler aus der Vergangenheit, geisterfüllten Hände eines
gealtertem Theologieprofessors auf und sprach:
„Hiermit übergebe ich dir, lieber Eduard,
die Schlüssel von Himmelshausen.
Ab jetzt bist du Papst Eduard der I.!“
Eduard sagte: „Vielen Dank Josef, aber die hab ich schon!“
Leise wollte Altpapst Josef Tuschfinger schon den Raum
verlassen. Eduard bat ihn noch ein paar Abschiedsworte an die
Menge, die draußen auf dem Petersplatz und an den
Fernsehgeräten interessiert zuschauten, zu richten. Danach
sollte er zum ersten Mal als Papst Eduard I. auf den Balkon
vor das Kirchenvolk und die Weltöffentlichkeit treten.
Josef nickte. Es war zwar völlig außerhalb des Protokolls, aber
das sollte es ab heute sowieso nicht mehr geben. Scheinwerfer
erleuchteten hell den Balkon, auf dem bereits so mancher
arme Drop stand. Der sich selbstverliebt und verirrt für den
Stellvertreter Christi auf Erden hielt. Der die Menschen in
religiöse Verstrickungen und Abhängigkeiten führte, statt sie
in die herrliche Freiheit eines Christenmenschen zu begleiten.
An der Front des ehrwürdigen Petersdoms trat nun ein
ehrwürdiger, schlichter alter Mann hervor. Die Stille war zu
hören. „Liebe Brüder und Schwestern“, begann Josef Ratziger
seine kurze jedoch aufrichte Ansprache. „Ich möchte euch
sagen, dass ich in all den Jahren immer versucht habe, meiner
Erziehung und dem darin empfangenen Glauben treu zu sein.
Ich bin aber auch Opfer dieser Erziehung geworden. Schon
früh sagte man mir, was gut und schlecht ist. Ja sogar was
Sünde sei und dass man als guter Katholik dieses zu tun und
jenes zu lassen habe. Ich durfte nie Ich sein.
Ohne dass ich es merkte, geriet ich dabei in einen ungesunden
religiösen Strudel. Als junges Kind wurde ich bereits Opfer
von Sonntags- und Beichtzwang. Ich fühlte so und reagierte
doch anders. Als Ausweg schuf ich mir später zur mentalen
Rettung eine Parallelwelt aus Wissenschaft und Lehre. Immer
mehr wurde ich dabei von einem einfachen, kleinen BayernBub im Haus eines Polizisten zu einem Freund der Gesetze,
Regeln und Vorschriften. Als ich Eduard kennenlernte,
sprachen mich seine Natürlichkeit und seine gesunde
Eigenliebe sofort an. Ich habe ihn kennen, lieben und schätzen
gelernt. Er ist nun auch mein Papst und ich bitte euch, ihn
herzlich anzunehmen und mir zu vergeben, wo ich euch mit
Starrsinn und Ängstlichkeit gelähmt habe, statt euch zu
beflügeln.
Ich hätte auch sofort Handeln müssen, da meinem Vorgänger
und mir bereits vor Jahren die ersten Missbrauchsopfer aus
allen Teilen der Welt ihr großes Leid klagten. Als wir von
immer mehr Fällen dieser schweren Sünde hörten, habe ich
geschwiegen und als Präfekt der Glaubenskongregation wurde
von mir ein Schreiben an alle Bischöfe erlassen, dass sie unter
Androhung von Kirchenstrafen keinen dieser Fälle
außerkirchlich veröffentlichen dürfen. Ich habe diese
schrecklichen und seelenmordenden Schandtaten zum sogar
Päpstlichen Geheimnis erklärt. Deshalb bin ich der
Hauptverantwortliche für die weltweite Vertuschung von
unvorstellbarem Leid und sexuellem Missbrauch und dem
daraus für den Einzelnen und den Leib Christi entstandenem
Schaden. Ich wollte Unheil von der Kirche abwenden und
habe uns dabei selber beschädigt. Gegen homosexuelle
Priester habe ich gekämpft und vieles von meinen Priestern
abverlangt, was ich selbst kaum oder gar nicht erfüllen konnte.
Auch die Ökumene habe ich schleppend verzögert. Statt sie
mutig mit all meinen Schwestern und Brüdern
voranzubringen, habe ich mich selbst auf ein unbelehrbares
Pferd gesetzt. Die Piusbrüder anzuerkennen und einen
Holocaust-Leugner zu erheben war ein ebenso schwerer
Fehler. Dass ich meinen Vorgänger viel zu schnell und dann
noch aufgrund eines sehr fadenscheinigen Heilungswunders
selig gesprochen habe, war zwar für die Kirchenpromotion
dringend nötig, aber ich habe den innerkirchlichen autoritären
Führungsstil Johannes Pauls zusehend gebilligt und ihn
unreflektiert weitergeführt. Dies und vieles mehr bekenne ich.
Ja, ich bin schuldig an dem Leid vieler Menschen. Nie kann
ich das wiedergutmachen. Die Opfer und euch, liebe
Gemeinde, bitte ich aufrichtig um Vergebung!“
Plötzlich weinte er. Seine schwach gewordene Stimme brach
weg und ein wohltuend befreiender Applaus entbrannte aus
der Menge. Die Menschen riefen:
„Benedetto, Umkehr ist ein himmlisches Geschenk.
We love you!“
Expapst Tuschfinger wischte sich die vom Volk lang
erwarteten Tränen ab und hieß ab sofort wieder schlicht und
einfach Josef Ratzinger. Er trat vorbildlich ins normale Leben
zurück und genoss es mit der Zeit sogar sichtlich erleichtert.
Habemus Papam
Eduard stellte sich danach, in ein für ihn noch schnell
angefertigtes Kleid auf einen Kinderstuhl. Damit er die Leute,
und sie ihn besser sehen konnten. Wo dieser kleine Stuhl
allerdings herkam, bleibt bis heute sein Geheimnis. Noch
immer war die Stille zum Schneiden dick. Ein alter würdiger
Priester ohne eigene Missbrauchsgeschichte, die gibt’s
nämlich auch, trat ans Mikrofon und sagte mit zittriger
Stimme: „Habemus Papam: Eduardo Kratzfusso!“
Jubel, Knallkörper, Sektkorken und ein Riesenfeuerwerk
begannen, den alten Platz der Kirche mit Leben zu erfüllen.
Weißer Rauch strömte mit Volldampf aus dem weltbekannten
Schornstein auf dem Dach der sixtinischen Kapelle. Es gab
keine Abstimmung der Kardinäle. Fraglich, wer den alten
Ofen befeuert hat. Aber es rauchte und rauchte und rauchte.
Die uralten Mauern sangen und freuten sich mit und die
Menschen riefen:
„Lieber Maulwurf Eduard,
ab heute hast du’s ganz schön hart!
Doch unsre Liebe sie ist dein,
komm führe uns ins Sein hinein.
Befreie uns vom alten Trott
und zeige uns den guten Gott!“
Eddy hüpfte fröhlich vom Kinderstuhl und trat mit seiner
Papstfrau Hand in Hand auf den Rand des Balkons. Die
Menge erschrak. Eine Frau dort oben in der Männerburg?
Neben einem Papst? Das gab es ja seit Petrus nicht mehr und
wenn, dann höchstens heimlich. Eduard begann seine
Ansprache. Er sagte mit klarer und fester Stimme:
„Ihr Lieben!
Gott nennt uns seine Freunde.
Und wir sind es auch.
Er ist die Mitte unseres Herzens.
Wir atmen ihn täglich ein und aus.
So lasst uns nun ihn und uns versuchen zu lieben.
Das ist alles!“
Eduard küsste Anna-Leena lange und rief noch einmal mit
aller Kraft in die jubelnde Menge: „Liebt, wenn ihr könnt!“
Danach sprang er zurück in die hinter ihm liegenden Räume.
Er wollte nicht großartig bejubelt und beklatscht werden.
Es war die kürzeste Predigt, die je auf dem Petersplatz
gehalten wurde und man spürte eine feine Gegenwart Gottes
überall in der Luft. Die Menschen umarmten sich, weinten und
lachten. Andere begannen sich für ihre Ruppigkeiten und
Fehler zu entschuldigen. Man reichte sich Hände, die vorher
noch Fäuste waren. Es brach ein lieblicher Geist im Volk aus
und Eduard erinnerte sich an die Stimme, die in
Himmelshausen zu ihm gesprochen hatte:
„Frischen Wind wirst du in mein Haus bringen
und was tot ist, sollst du zum Leben erwecken!“
Der Geist aus Himmelshausen war wirklich gegenwärtig,
genauso wie es ihm die Stimme aus dem Licht versprochen
hatte. Er bekräftigte Eduards Worte mit Erstaunlichem.
Männer fingen wieder an ihre Frauen zu lieben und
umgekehrt. Das Miteinander auf den Arbeitsplätzen wurde
entmobbt und sogar die berüchtigten Taschendiebe Roms
behielten ihre Hände unter Kontrolle. „Liebt, wenn ihr
könnt!“, hatte er gesagt und das Volk saugte die wenigen
Worte des neuen Papstes auf wie ein durstiger Wüstenboden
das Wasser. Weltweit wurde die Predigt übersetzt und überall
wunderte man sich über die Kürze und Würze dieser genialen
Papstansprache. Man war gespannt, was dieser Papst wohl
noch alles aus seiner „Wundertüte“ hervorholen würde.
Eduard schlürfte mit seinem Vorgänger und Anna-Leena noch
ein Gläschen Perlwein und der Tag war schneller vorüber als
alle Planungen.
„Morgen“, sagte Entenwein zu Papst Eduard, „morgen,
müssen eure Heiligkeit …“ Eduard unterbrach ihn liebevoll
und sagte: „ Schorschel, der morgige Tag wird für das Seine
sorgen. Ich lebe immer im Hier und Jetzt und das sollten auch
Sie schnell lernen. Morgen, Monsignore Entenwein, haben Sie
frei! Suchen Sie sich von mir aus ein Schätzchen oder gehen
Sie Tennis spielen. Bestellen Sie bitte Folgendes den
Sektionen: Jegliches Protokoll und alle Routinetermine fallen
ab sofort aus. Eine tägliche Messe, in einer verständlichen
Sprache bitte ich für die Besucher und Gläubigen im Dom zu
halten und wenn’s geht, bitte kinderfreundlich. Lasst die Leute
morgens ausschlafen und bedrückt sie nicht mit religiösen
Forderungen und lauten Kirchenglocken. Falls mal wieder ein
Bettler rein will, darf er gerne vorne sitzen. Es könnte ein
besonderer Gast oder gar ein Engel sein, den uns
Himmelshausen zum Liebestest schickt. Und wenn ich mal
wieder predige, bitte keine langen Prozessionen und vor allem
kein Riesen-Theater. Merkt euch mein Bekenntnis:
Ich glaube an einen,
uns stets überraschenden, liebenden Vater
und an seinen,
sich für uns voll am Kreuz aufgeopferten Sohn,
sowie an dessen wunderbare Mutter.
Ich glaube an einen heiligen,
in allen Menschen wirkenden Geist.
An eine bunte und lebendige Kirche der Herzen.
An das Einssein mit guten vorausgegangenen Geistern.
Ich glaube an die Ursachen
und an die Vergebung aller Schuld.
An ein Leben vor und nach dem Horizont in Himmelshausen.
An das Recht jeder Glaubensart.
Ich glaube an unsere Freiheit zu lieben oder nicht.
Ich glaube an mich und an Euch!
Und immer schön locker bleiben.
Seid lieb, wenn ihr könnt. Besonders zu euch selbst!
„Und was bedeuten die Würmer in ihrem Papstwappen eure
Heiligkeit?“, wollte Monsignore Entenwein wissen. „Georg,“
sagte Papst Eduard mit freundlicher Miene, „siest du den
lieben Gott etwa auch beim Beten?“ Entenwein schüttelte den
hübschesten Kopf im ganzen Vatikan. So manche Frau hatte
es auf ihn abgesehen, aber Entenwein zölibatärte. „Dann nenn’
du mich bitte nie mehr Eure Heiligkeit. Wir bleiben beim Du!
Und was die Würmerfrage in meinem Wappen angeht, ist die
Antwort ganz einfach. Überall in der Welt steckt der Wurm
drin. Auch bei uns im Vatikan! Jahrhunderte hat man sie
geleugnet und vertuscht. Man war der Meinung, als Kirche
müsse man besonders heilig sein. Und genau das ist die
Ursache, warum es in Kirchen oft mehr Würmer gibt als in
einem Kegelverein. Falsche Moralvorstellungen und
Heuchelei, Entenwein, ist der beste Nährboden der
vatikanischen und sonstigen Würmer! Komm, lass sie uns
zusammen fangen!“ Eduard biss dabei in einen frischen
Engerling, der gerade aus Entenweins Jackentasche schlich.
Entenwein verstand die Lektion des Maulwurfs und hatte es
von dem Tag an in mancher Hinsicht sehr viel leichter …
FRISCH – FROMM – FRAULICH - FRECH!
Eduard lächelte und Anna-Leena strahlte. Sie war eine
besonders hübsche First Lady. Man hätte auf Kerzen und
elektrisches Licht verzichten können, wenn sie einen Raum
betrat. „Möchtest du etwas ergänzen?“, fragte Papst Eduard
seine Frau. „Es ist alles gesagt!“, flüsterte sie und zog einen
Ring aus ihrer Handtasche. Olaf Böhrnsen, ein bekannter
Goldschmied aus Pepitaland, genauer gesagt aus Tostedt, der
seit über 225 Jahren alle Päpste und Kardinäle mit Schmuck
vom Feinsten versorgte, hatte einen extra feinen Rubin-Ring
für die kleinen Maufwurfschaufeln angefertigt. Anna-Leena
steckte ihn zärtlich an Eddys rechte Hand und sagte: „Wann
immer du deine Hände zum Segen erhebst oder sie betend auf
Kranke legst, denke daran, dass der Mann am Kreuz sein
Leben für uns bis aufs Blut gegeben hat! Das allein soll das
Zeichen und der Sinn des Ringes sein. Wir sind von Gott für
ein Leben in Liebe mit dem Blut seines Sohnes erkaufte
Edelsteine!“ Eduard verlor eine seiner seltenen Tränen und
dankte Anna-Leena und Olaf für seine Goldschmiedekunst.
Danach besuchte er als erstes seinen alten Vater Paul. Dieser
hatte vom Krankenbett aus die Einführung seines Sohnes am
Bildschirm verfolgt. Als Paul ihn sah, sagte er: „Eduard, das
war aber auf’m Punkt! Weder evangelisch noch katholisch.
Einfach göttlich!“ Paul strahlte dabei übers ganze Gesicht und
die beiden teilten sich einen frischen Regenwurm. Eduard
legte vertrauensvoll seine Hand mit dem neuen Papstring auf
seines Vater, Kopf und betete still für ihn. Und das
Erstaunliche geschah. Es wurde bald darauf besser mit ihm.
Nach einiger Zeit spazierten Vater Paul und Eduards
Schwester Gisela wieder gemeinsam durch die Gassen Roms
und Eduard hatte begriffen, dass sein Gott ein helfender
Heiland für den Alltag ist.
Josef Tuschfinger besuchte nach wohldurchdachter
Beendigung seines Pontifikats als erstes seinen geliebten
Bruder in Pepitaland und traf sich danach weltweit mit vielen
Missbrauchsopfern. Überall, wo er nach seiner Umkehr
aufrichtig und am unendlichen Leid der Missbrauchten Anteil
nehmend auftrat, geschahen Zeichen und Wunder der Heilung.
Er verteilte dabei gern einen Text, den er reuig geschrieben
hatte. Er lautete wie folgt:
Es geschah einst in einer Sakristei,
ich stand benebelt in geweihtem Rauch dabei.
Pfarrer Kinderlieb der war da auch.
Er zog sich die frommen Kleider an
und dann fasste er mich an den Pippimann.
Und liebe Leute, das lässt mich bis heute nicht los,
Mensch, dacht’ ich als Kind:
„Was macht der denn da bloß?“
Und ich sagte: „Herr Pfarrer, so was tut ein Mann doch
nicht.“
Doch er legte seine Hand fest auf mein Gesicht:
„Keine Angst, mein Sohn, hier sieht man uns nicht.
Selbst Gott guckt gerade weg!“
Seine dreckige Hand lag auf meinem Mund,
doch ich will und kann nicht länger schweigen und alles
vertuschen. Es ist auch nicht gesund.
Keiner legt mir jemals mehr eine Hand auf meinen Mund.
Und keiner hält mir mehr eine Hand in meine Hose die ich
nicht will. Und jetzt, zurückgetreten, halt ich nicht länger
darauf still. Ich sag es frank und frei heraus:
Das Missbrauchsfeuer in der Kirche geht leider niemals
aus!
Es sind so viele Kinder. Doch selbst eins wär’ schon zu viel.
So viele Seelenmörder ließ ich in ihren Ämtern sicher und
stabil. Doch längst waren sie nicht mehr in Würden!
Und so ging es viele Jahre von der Wiege bis zur Bahre.
Meistens Sonntags gegen drei. Und ich dachte:
Mann, oh Mann, wann ist der Scheiß bloß endlich vorbei?
Zu viele Jahre, bis hinein ins braune Loch.
Aber warte, Gott kriegt dich doch.
So mancher Priester, er lebt heut schon nicht mehr.
Die Sakristeien still und leider auch sehr leer.
Und ich, ich schweige darüber auch nicht mehr.
Mein innerer Josef, er lässt mir keine Ruh.
Jeder Fall kommt einst vor das jüngste Gericht.
Nein, nein, Herr Pfarrer, so was tut man eben nicht!
Papst Eduard hat mir geraten:
Ich soll vergebend meine Leiden opfern,
und das tue ich jetzt mit meinem Text.
Ich wurde von der Kirche missbraucht!
Papst Tuschfinger, man nannte mich auch Pfuschfinger,
schwieg viel zu lange still. Ich tat so, als hätte ich davon
selber nichts gewusst. Hab meine scheinheiligen Hände
zu lange mit Pilatus-Wasser verschmutzt.
Triebtäter jahrelang versetzt und mit System vertuscht.
Als Diener aller Diener hab ich damit leider mein Amt
völlig verpfuscht …
Hör mir einmal zu,
ob Priester, Papst, ob Pfaffe oder Du:
Wenn du schon deinen Sex nicht leben darfst,
„Fließt’s nicht ins Fleisch, dann fließt’s ins Hemd“
Und weil das Zölibat-Hemdchen immer wieder klemmt,
hat mancher Priester seinen Sex verpennt.
Doch Finger weg von meinem Sohn!
Und schon gar nicht in der Sakristei vor Gottes Thron!
Ja, ich will es nicht verhehlen,
so mancher Priester wird dort oben fehlen.
Denn wer einen von den Kleinen,
die an den Herrgott glauben, seiner Reinheit hat beraubt,
dem wär’s besser, er wäre nie geboren,
er hat den Himmel für immer verloren!
Ich hör’ den Mühlstein plumpsen hinein ins tiefste Meer.
Als Papst habe ich viel zu lang geschwiegen,
doch Gott, er wird uns alle kriegen.
Und ganz bestimmt auch mich!
Amen sage ich!
Das kam weltweit glaubwürdig rüber und wenn sein
Nachfolger, Papst Eduard, einen theologischen Rat brauchte,
fragte er seinen Vorgänger und umgekehrt auch. Die beiden
waren überhaupt ein Herz und eine Seele. Und das färbte auf
Dauer immer mehr auf die Kurie ab. Selbst Monsignore
Betonkopf begann sich langsam dem neuen Papst zu nähern.
Doch Eduards feine Nase sagte ihm: „Vorsicht Stiefellecker!“
Für seinen Freund Gerhard aus Pepitaland brannte Tag und
Nacht eine Kerze seines Herzens in der Privatkapelle des
neuen Papstes und Gerhard hatte in seiner Kunst und in
seinem Leben überhaupt überraschend viel Erfolg und
Lebensfreude.
Kein billiges „Urbi et Orbi!“
Das höchste Fest der Christen nahte und Papst Eduard bat
Monsignore Entenwein um die sofortige Herausgabe aller
Geheimakten in Sachen unehelicher Priesterkinder. Man
nannte sie zu Unrecht: „Gottes heimliche Kinder“, denn bei
Gott ist nichts heimlich, sondern alles offenbar. Entenwein tat
dies genauso ungern wie Anfangs seinen täglichen
Küchendienst. Doch nach einigen Widerständen lag die
vollständige Namensliste auf Eduards Schreibtisch. Tausende
Menschen waren weltweit vaterlos und unglücklich
aufgewachsen. Viele von ihnen waren bereits in
Himmelshausen. Nicht wenige hatten sich da sogar selbst
hinbefördert. Sie wurden mit ihrem Schicksal einfach nicht
fertig und aus depressionalen Gründen wählten einige lieber
den sicheren Freitod. In diesen Fällen verweigerte die Kirche
bis zum 2. Vatikanischen Konzil sogar die Aussegnung, auch
die Trauerfeierkosten wurden von ihr nicht übernommen.
Eduard war erschrocken und betete. In einer Vision sah er zu
Ostern einen Chor mitten auf dem Petersplatz. Dieser bestand
aus Frauen, Männern, Kindern und Jugendlichen, die aus
Liebe gezeugt waren, jedoch wider alle Natur durch eine
falsch verstandene Lebensmoral vaterlos aufwuchsen. Eduard
bat in den Diözesen Arbeitsgruppen einzurichten und rief zu
einem Osterliedwettbewerb der „heimlichen Gotteskinder“
auf.
Nach etwa drei Wochen gelangten Wäschekörbe voller Post
aus aller Welt zu ihm. Ein Text aus Leipzig begeisterte den
neuen Papst besonders.
„Ich habe eine Mutter, meinen Vater kenne ich nicht.
Ich habe einen Bruder mit n’em traurigen Gesicht.
Am Kreuz ist er gestorben, weil er sich zu mir stellt.
Ich möchte einen Vater und kein Alimentengeld.
Der Zölibat ist Schuld an meiner Einsamkeit.
Es leiden viele Menschen unterm Priesterkleid!
Missbraucht und verheimlicht müssen wir uns plagen.
Ich hab so viele Fragen und würde gern mal Papa sagen.
Der Zölibat muss endlich weg,
dieser verdammte Priesterschreck!”
Eduard Kratzfuss sprang vor Freude auf den Schreibtisch, ließ
den Text in goldenen Buchstaben ausdrucken und auf
Einladungskarten für den bevorstehenden Ostergottesdienst
weltweit per Post und im Internet verschicken. Auch kündigte
er feierlich und Ex Kathedra die Aufhebung der bestehenden
Zölibatsgeißel an und weltweit gab es einen Ruck durch die
Herzen und sonstige Glieder.
Eddy pflegte über Fakebook einen vertraulichen Kontakt zu
dem Katholiken Pfarrer Dr. Paul Sanftmann. Dieser litt selber
unter dem Zwangszölibat, hatte eine Tochter und riet ihm
Folgendes zu erklären:
„Der Zölibat, wie er von der Kirche bisher erzwungen wurde,
ist Missbrauch. Die zum Zölibat verpflichteten Männer und
Frauen sind die ersten Missbrauchsopfer!“
Die gesamte Priesterschaft atmete weltweit auf und die Firma
Ferrario stellte kostenlose Kinderwagen als Sondermodelle für
offizielle Priesterkinder zur Verfügung. Auf ihnen konnte man
lesen:
„Hier rollt ein Priesterkind!
Danke, lieber Eduard!
Mein Leben ist jetzt halb so hart!“
Stolz schoben die Väter mit dem weißen Priesterkragen und
deren Frauen bald darin ihre kleinen Schreihälse durch die
Gegend. Ein weiteres Ergebnis war: Die Priesterseminare mit
neuen Kandidaten für das Priesteramt liefen weltweit über. Die
Finanzexperten des Vatikans äußerten ihre Bedenken und
meinten, dass die Kosten für Familie und Unterhalt der neuen
Priester die Weltkirche an den finanziellen Abgrund führen
würde. Doch das Gegenteil war der Fall. Viri probati auch für
Priester und zwar ohne Zölibat!
Die Kircheneintritte verdreifachten sich bald und brachten alle
Befürchtungen zum Verstummen. Sogar manch älterer Priester
startete noch einmal voll durch in ein neues Lebensglück.
Viele Haushälterinnen wurden sogar gesund, weil sie endlich
nicht mehr lügen mussten. Jeder, der durch einen
Kirchenmann oder Frau nachweislich missbraucht wurde,
erhielt ohne langen Rechtsstreit eine angemessene finanzielle
Entschädigung. Papst Eduard bat nichtkirchliche Therapeuten
um ihre warmherzige und fachliche Mithilfe bei der
Aufarbeitung des Grauens. Wieder schrien die Bankexperten
des Vatikans laut auf, doch Eduard setzte sich kraftvoll gegen
die Geldgeier und ihre Gier durch. Schließlich war er ja gut
geimpft. Viele Priester, die sich sexuell an Kindern und
Jugendlichen in der Vergangenheit schwer verschuldet hatten,
entließ er ohne jegliche Abfindung für immer aus dem
kirchlichen Dienst und übergab sie der Justiz. Sie hatten ihr
Amt für immer verwirkt. Der Priester war für die Menschen da
und nicht umgekehrt.
Papst Eduard rief die Hotel- und Tourismusbranche in Rom
auf und bat sie, ihre unverschämten Preise zur Osterzeit zu
halbieren. In den Vatikanischen Gärten ließ er Zelte und
Toilettenwagen aufstellen und freute sich schon riesig auf die
Partys mit den Jugendlichen nach den offiziellen
Feierlichkeiten. Die Predigt sollte diesmal die First Lady
selber halten. Der Petersdom war Tag und Nacht geöffnet und
die Mauern wurden mit bunten Scheinwerfern entgraut. Man
bat die Niederländische Regierung dieses Jahr auf ihren
Blumenschmuck zu verzichten und empfahl ihnen, das Geld
den „heimlichen Priesterkindern“ für ihre Ausbildung zu
spenden.
Der Platz vor dem Katholischen Zentrallager füllte sich am
Ostermorgen mit einer bunten und lebensbejahenden
Menschenmenge. Eduard bat einen bis dahin unbekannten
Priester aus einer kleinen römischen Vorstadtgemeinde, die
Messe zu lesen. Den vom Papst Tuschfinger bis dahin von
allen kirchlichen Ämtern wegen seiner fortschrittlich gelebten
Ökumene enthobenen Priester Prof. Dr. Dr. Hasenhüttl bat er,
das heilige Brot für alle zu brechen. Er gab die Hostie
daraufhin einem Hindu in die Hand, auf der man den
Ausspruchs Ghandis eingestanzt lesen konnte:
„Jesus gehört allen und nicht allein den Christen!“
Papst Eduard hatte buddhistische und hinduistische
Messdiener zum Hochfest eingeladen. Der ebenfalls durch
einen zum Teil leider sehr autoritären Vorgängerpapst vom
Lehramt ausgestoßene Andersdenker Prof. Hans Küng saß bei
dieser Messe in der ersten Reihe. Papst Eduard liebte ihn sehr.
Er litt wirklich mit ihm und rehabilitierte Prof. Küng
vollständig. Für das erlittene Unrecht durch seinen
Vorvorgänger entschädigte er Hans zusätzlich mit einem
neuen knallroten Porsche. Dieser freute sich und hatte für die
weitere Reformierung der Kirche viele gute Ideen. Auch
unterstützte Küng Papst Eduard in diesem Buch mit folgenden
Worten: „Manches in der katholischen Kirche ist nur noch mit
Humor zu ertragen. Man lese und lache!“ Danke Hans!
Papst Eduard machte ihn und Eugen Drewermann neben
Anna-Leena zu seinen engsten Beratern. Für Atheisten waren
besondere Stuhlreihen reserviert. Kardinal Knarx wurde
gebeten, zur Buße den Sonnenschirm über seinen Freund
Hasenhüttl beim Zelebrieren des Messopfers zu halten.
Sein Gesicht sprach dabei allerdings Bände.
Die ersten Reihen waren für Bettler, Prostituierte und Süchtige
besonders weich ausgepolstert. Kardinäle, Bischöfe und
Politiker fanden in den hinteren Reihen Platz. Ihre Bestuhlung
fiel äußerst karg aus, da sie meist sowieso über ein etwas
breiteres und verwöhntes Hinterteil verfügten. Frau Uta Tante
Reinemann wurde gebeten, die Feierlichkeiten mit einem
Rosenkranzgebet zu eröffnen. Der Text lautete:
„Gegrüßt seiest du Maria, voll der Gnade,
der Herr ist mit dir.
Du bist eine besondere unter den Frauen
und besonders ist die Frucht deines Leibes: Jesus!
Den du vom heiligen Geist empfangen hast.“
Uta stand, wie gewohnt innerlich wild aufgeregt in einem
froschgrünen Kostüm am Mikrofon. Während sie merklich
widerwillig den Text verlas, entnahm eine plötzlich mysteriös
erscheinende Jungfrau ihr den Zettel. Uta rief erschrocken:
„Maria, ich habe geirrt!“ „Macht nichts!“, antwortete Maria.
„Wir sind Menschen!“
Papst Eduard rief: „Uta, du warst wenigstens immer ehrlich
und hast aus deinem Herzen keine Mördergrube gemacht.“
Er machte sie daraufhin zur Sonderbeauftragten für zweifelnde
Geister. Anna-Leena trat ans Rednerpult und begann ihre
Ansprache mit folgenden Worten: „Es ist mir untersagt, den
Politikern, Großkonzernen und der Atom- und Öl-Lobby am
heutigen Tag die Vergebung ihrer Sünden zu erteilen, denn es
steht geschrieben, wem ihr die Sünden behaltet, denen bleiben
sie auch erhalten! Ihr tragt eine nicht geringe Mitschuld an der
Erderwärmung und den weltweiten Umweltkatastrophen. Nur
denen, die ihr falsches Verhalten wirklich bereuen und zur
tätigen Liebe umkehren, die also ihr Verhalten ändern, egal ob
groß oder klein, arm oder reich, denen spreche ich heute
Vergebung ihrer Fehler zu. Ich rufe die Welt und ihre
Herrscher auf, sich der Armen, Kranken und Verachteten in
besonderer Liebe und Würde anzunehmen. Die Mächtigen der
Welt fordere ich auf, die Waffenarsenale völlig zu vernichten
und ihre Gewinnsucht als Krankheit anzuerkennen. Setzt euch
für die Umwelt und den Weltfrieden mit eurer ganzen Kraft
ein. Allen, die das mit Gottes Hilfe wollen, rufe ich gerne zu:
„Der Friede Gottes, welcher höher ist,
als Putin und Obama,
bewahre eure Herzen im Sinne Jesu Christi
„Urbi et Orbi!“
Stille und Betroffenheit erfüllte die Zuhörenden und Eduard
staunte über die Predigt seiner Frau. Danach betrat der Chor
der heimlichen Gotteskinder den Altarraum. Es war kaum
noch Platz und die Menge lauschte gespannt:
„Ich habe eine Mutter, meinen Vater kenne ich nicht.
Ich habe einen Bruder mit ’nem traurigen Gesicht.
Am Kreuz ist er gestorben, weil er sich zu mir stellt.
Ich möchte einen Vater und kein Alimentengeld.
Der Zölibat ist Schuld an meiner Einsamkeit.
Es leiden viele Menschen unterm Priesterkleid!
Missbraucht und verheimlicht müssen wir uns plagen.
Ich hab so viele Fragen und würde gern mal Papa sagen.
Der Zölibat ist endlich weg,
dieser verdammte Priesterschreck!“
Applaus entbrannte und Papst Eduard adoptierte daraufhin alle
heimlichen Kinder Gottes weltweit. Er bat
Kardinalstaatssekretär Betonkopf um eine angemessene
Entschädigung und bezahlte ihnen Ausbildung und
Studiengebühren. Viele von ihnen heirateten, wurden sogar
Priester und gute Seelsorger. Während die Priester und
Diakone die neuen Hostien an alle Glaubenden jeder Religion
und Kirchen verteilten, stiegen bunte Luftballons in den
blauen Himmel Roms auf.
Die Luftballons stiegen an diesem Tag der Befreiung
besonders hoch auf und die Glocken des Petersdoms
durchschallten weltweit die Herzen. Sogar die Zeiger der
beiden Uhren liefen vor Freude rückwärts. Alles wurde in
allen TV Kanälen live übertragen. Viele Menschen bekamen
wieder Freude am Christentum.
Anna-Leena hatte für ihren Gatten noch eine besondere
Überraschung geplant. Wie aus heiterem Himmel regnete es
plötzlich duftende Rosenblätter auf den Petersplatz herab. Mit
einer umgebauten Schweizer Schneekanone hatte sie dieses
technische Wunder vor Ostern in Auftrag gegeben. Die alten
und halsstarrigen Kardinäle verschluckten sich zum Teil an
den Blättern und husteten unaufhörlich. Viele legten ihr Amt
nieder und sagten den blödesten Spruch der Welt: „Früher war
alles anders!“ Ihre Stelle besetzte Papst Eduard mit jungen
Mädchen, die bereit waren, sich den Fragen der Gegenwart
und Zukunft im Hier und Jetzt zu stellen. Papst Eduard bat die
Exbischöfin Margot K. um den Abschlusssegen, doch leider
hatte sie mal wieder keine Zeit. „Ach Margot,“ dachte Eduard,
„schade!“ und nahm anschließend seinen Platz am
vegetarischen Wurstgrill in der Grotte Valentino ein. Bis tief
in die Nacht roch es in ganz Rom nach Weihrauch und
Grillwurst. So feierte man fröhlich die Auferstehung der
Kirche. Eduard nannte sie Jesus House!
Der Neue hatte inzwischen weltweit viele Freunde. Seine
offene und ehrliche Haut und besonders der unsteife und
freundliche Umgang mit den Menschen war in der Weltkirche
mehr als angesagt. Neue und erfrischende Internetforen
entstanden und seine Handynummer: 0151 23051358 stand
frei zugänglich in jedem Telefonbuch der Welt. Wer ihn als
Papst oder als einfachen Maulwurf persönlich erreichen
wollte, konnte ihn ohne langen Vorzimmersekretär-Stress mit
irgendwelchen verklemmten Kaplänen, Tag und Nacht
erreichen. Seelsorge mit dem Papst persönlich, das gab’s
bisher nur für hohe Pappnasen. Jetzt waren Herr und Frau
Jedermann sofort in der Lage, den Diener aller Diener zu
sprechen. Anrufbeantworter war immer Papst Eduard selber
und keine lieblose Maschine, wie es in vielen Pfarrhäusern
leider oft der Fall ist.
Einige Freunde dieses Volkspapstes wollten gern, wie sie es
von Popstars gewohnt waren, ein Foto von ihm und wenn’s
geht natürlich auch ein Tatzogramm. Eddy kannte da einen
alten Hasen. Mit ihm hatte er schon so manchen Ein-Druck bei
vielen Lesern in der Vergangenheit hinterlassen. Er besuchte
Klaus & Klaas, nicht zu verwechseln mit Klaus & Klaus, und
beide Druckspezies sorgten mit einer stilvollen TatzogrammKarte dafür, dass auch dieser Wunsch seiner Freunde
höchstfachlich befriedigt wurde. Aus Dankbarkeit, dass Papst
Eduard die Kirche von jeglichem Schrott und
Heuchelministern bleibend befreit hatte, schenkten sie ihm
1000sende Tatzokarten mit dem Foto seiner Inthronisierung.
Hinten drauf waren seine Musik-CD‘s und man konnte
kleingedruckt lesen: „Das www.druckstudio.de wünscht Papst
Eduard weiterhin viel Erfolg bei der Ausmistung seiner
Kirche!”
Am nächsten Sonntag lud Papst Eduard alle Kinder Roms zu
sich in den Petersdom ein. Sie sollten alle ihre Haus- und
Stofftiere mitbringen. Sie feierten die Auferstehung der Kirche
derart fröhlich, dass viele theologische Seminare daraufhin
einen besonderen Lehrstuhl mit dem Namen „Kindlicher
Glaube“ einführten. Ihr Berater wurde Herr Dr.
Hochwohlgeboren Drewermann aus Paterborn. Er nahm
Unterricht bei Anna-Leena. Sie gab Strickkurse für schicke
Wollpullover und er freute sich, kein Ausgestoßener mehr zu
sein. Seine ehrlichen Tränen rührten viele und einige hatten
ein Ende, als er versöhnt in den Schoß der Kirche mit Freuden
zurückkehrte. Die monatlichen Sendungen mit ihm im
Nordwestradio waren der Hammer!
Der Oster-Trubel war vorbei, doch die Freude blieb. Viele
Menschen verstanden, dass Gott aus Liebe zu ihnen Mensch
wurde und mit dem Gekreuzigten die Welt erlöst hatte. Jeder
noch so Schuldbeladene konnte vertrauensvoll in Hoffnung
auf eine bessere Gegenwart und Zukunft zu ihm umkehren.
Die Entbindung der Priester und Bischöfe aus dem bisherigen
Zölibat und die Würdigung der unehelichen Priesterkinder
wurden zu einer wahren Frischzellenkur des Leibes Jesu.
Auch, dass eine Frau komplikationslos, ohne Absprache und
Einverständnis der meist dominierenden Männerwelt die
Osterbotschaft hielt, machte vielen Frauen Mut, sich mit dem
Gedanken zu beschäftigen als Priesterin oder Diakonin in den
Dienst der Kirche zu treten. Die Altherrenriege der Kurie tobte
und Papst Eduard war ständig in Lebensgefahr. Er traute im
Vatikan nur noch wenigen und fand den Ausspruch eines
seiner Vorgänger im Amt genauestens bestätigt. Papst Paul I.
sagte in seinem nur 33 Tage dauernden Pontifikat:
„Zwei Dinge gibt es im Vatikan nicht:
Wahrheit und einen guten Kaffee!“
Nun ging es darum, die Schäden der vergangenen
Jahrhunderte, die ein offensichtlich falsch gelehrter und falsch
verstandener Glaube in der Kirche angerichtet hatte, zu heilen.
Deshalb begab Papst Eduard sich auf seine erste
Missionsreise, die ihn nach Klöstereich, Pepitaland und
anschließend nach Mexiko führen sollte.
Ausmistungsexerzitien!
Eduard wollte sich zuallererst den dunklen Seiten seiner
Kirche widmen, um sie mit Licht zu verändern. Manche
Gottesdienste und Klöster waren nämlich lähmend und ohne
Esprit. Oft hatte er den Eindruck er sei in einem
Leichenschauhaus gelandet. Vieles war tot und von der
belebenden Auferstehungsfreude Jesu war oft keine Spur zu
erkennen. Wunder waren ausgestorben und manche Kardinäle
kasperten in Fragen der Ökumene selbstzufrieden vor sich her.
Sie hatten sich in dem Trott ihres Kirchenjahres bestens und
selbstzufrieden eingerichtet. Eduard entschied sich zunächst
für einen Aufenthalt in Klösterreich. Dort reiste er allerdings
nach drei Tagen wieder ab. Er wäre beinnahe selber zu einem
Steiftier mutiert und das wollte er auf gar keinen Fall. Die
Mönche und Studenten einer dort sehr antilutherischen
Glaubensburg mit teils fanatischen Zügen schienen fast nur
noch nach dem Schema des damaligen Meinungsmachers
Pater Karl Prahlhans zu funktionieren. Er war im Kloster, aus
eigener Kraft und nicht in der des Heiligen Geistes, sehr
mächtig geworden und überragte die übrigen Mönche mit
etwa drei, angeblich schlauen, Köpfen. Er erinnerte an den
alttestamentlichen König Saul. Stolz wie ein Pfau durchschritt
er muskulös die Klosterhallen und danach die Medien. Er war
ein Prof. Dr. Dr. Dr., jedoch ohne amtlich herzliche Demut am
Ende seines Titels. Im frommen Trott trottelten ihm
selbstbewusstseinslose Männer und Frauen hinterher. Er galt
insgeheim bereits als der neue Abt des Klosters und wäre auch
gern Bischof geworden. Die Gebete leierten diese armen
Klostermenschen, die auch einmal frisch und lebendig in sich
selber waren, täglich monoton und geistlos herunter. Der
Höhepunkt des Tages war für sie meist nur das Essen. Viele
von ihnen quälten sich mit ihrer kirchlich verordneten
unglücklichen Sexualmoral und angeblichen Todsünden
herum. Man empfand sich in Scheinheiligenkreuz aber als
turbokatholisch und wollte von den Änderungen des neuen
Papstes nichts wissen. Eduard traf dort die eigenartigsten
Gestalten. Der Altabt donnerte oft stolz bis ins Mark. Das
konnte es doch wohl nicht sein. Ja, man wollte das Kloster
sogar vor dem Besuch des Papstes neu streichen lassen und
eine Papstsondermünze mit Eduards Tatzenabdruck sollte
hergestellt und verkauft werden. In der Tat ließ man die Leute
glauben, dass das Kloster im Besitz einer echten Kreuzreliquie
vom originalen Kreuz Jesu wäre. Es war kreuzförmig in Gold
eingerahmt. Und tatsächlich glaubten einige Menschen diesen
Quatsch. Papst Eduard sagte dem übereifrigen Prahlhans, dass
selbst wenn es mit der Herkunft der Kreuzreliquie stimmen
würde, es Niemandem außer der Popularität des Klosters
helfen würde. Es gehe doch allein um den Mann vom Kreuz,
um seine Tat und nicht um seine Schuhsohlen oder
irgendwelche Kleidungs- oder Restholzstücke. Aber der stets
besser wissende Prof. Dr. Karl Prahlhans winkte ab, wollte
keine Belehrung und auch keine weiteren Debatten. Dafür war
er ja zuständig. Er zog sich lieber, den Maulwurf verachtend,
in seine Schreibstube zu weiteren Doktorarbeiten und
ungeistlichen Ergüssen zurück, hoffte weiter insgeheim
darauf, der neue Abt zu werden. Leider war er derart
unkatholisch, dass er nichts, was seinen Horizont überschritt,
erkennen konnte.
Pater Alban Unbequem dagegen, ein Freund der Bienen, hörte
Papst Eduard interessiert und übers ganze Gesicht strahlend
zu. Er hatte mit seinen sechzig Lenzen das Studium der
Theologie begonnen und war ein Mann, der stets mit beiden
Beinen fest auf dem Boden dieser Welt stand. Mit seinem
ganzen Herzen war er aber bereits auch in Himmelshausen. Er
führte Papst Eduard inkognito in die große Bibliothek seines
Klosters und zeigte ihm die wertvollsten Schätze. Da der
plötzlich hereinschneiende Bibliothekar, Bruder Windbeutel,
den Maulwurf in Zivil nicht als Papst erkannte, fuhr er den
netten und liebevollen Pater hochnäsig und schnippisch an.
„Pater Unbequem, was soll denn das? Sie können doch hier
nicht jeden hinein führen!“ Eduard bedankte sich bei Pater
Windbeutel für seine außerordentliche Gastfreundschaft und
lobte dessen Freundlichkeit derart ergreifend, dass er sich mit
hochrotem Kopf wütend auf und davon machte. Pater
Piepmatz Grün mit seinem weißen Strubbelbart war der
nächste Hammer. Er schrieb und schrieb und schrieb, bis er
langsam zu einem begehrten Guru der Religiösen wurde. Es
musste bei ihm immer etwas fließen...
Sex im Pfarrhaus
Im nahegelegenen Pepitaland, so berichtete Pater Unbequem,
lebte ein besonders engdenkendes und kleinkariertes Volk.
Menschen mit großen und mutigen Lebensentwürfen waren
dort eher selten und man hatte sich bereits daran gewöhnt,
dass alles sehr zentral und von oben herab gesteuert und
geregelt wurde. Die Regierung gierte geil nach Obamaland
und die Kanzlerin fiel hingebungsvoll, nicht nur vor Bush,
sondern auch vor seinem Nachfolger auf ihre ansonsten sehr
evangelischen Knie. Pater Unbequem erzählte Papst Eduard
bei einer Tasse grünem Tee, die dem neuen Papst allerdings
bald im Halse stecken blieb, einen besonders schweren Fall
von kirchlicher Aufsichts- und Fürsorgepflichtverletzung aus
dem 19. Jahrhundert. Das Bistum, in dem sich der folgende
Fall ereignet hatte offenbar in professioneller Blindheit, trotz
des großen Priestermangels im Land, verantwortungslos einen
wertvollen zukünftigen Priester verheizt. Es handelte sich um
den jungen Priesteramtskandidaten Kieran Gutmut. Dieser
hatte sich Hilfe suchend bei Pater Unbequem ausgesprochen
und ihm die Leiden eines Priesteramtskandidaten still und
seelsorgerlich anvertraut. „Ach du heiliger Strohsack!“, sagte
Papst Eduard, als er die folgende, unglaubliche Story hörte. Er
konnte es selbst kaum glauben. Sie geschah in einer Pfarrei
irgendwo in Pepitaland. Gutmut war ein sehr aufrichtiger und
stets wegsuchender junger Mann. Als begnadeter Gitarrist trat
er vor seinem Eintritt ins Priesterseminar auf allen großen
deutschen Bühnen an der Seite von Gerhard Lindenburg in
West- und Ostpepitaland mit Erfolg auf. Eines Tages lernte er
Mutter Teresa kennen und verließ daraufhin begeistert das
Showgeschäft, um Priester zu werden. Der junge Mann hatte
sich bei der seligen Mutter Teresa offensichtlich angesteckt.
Um das Leben in einem Pfarrhaus besser kennen zu lernen
und seine Berufung noch einmal genauer zu prüfen, wollte er
zunächst ein Praktikum bei einem Gemeindepfarrer machen.
Später konnte er dann sehen, ob er sich für den Beruf des
Priesters eignete, um sich dann in ein weiterführendes
Priesterseminar zu begeben. Ohne es zu wissen, geriet Gutmut
jedoch in das Pfarrhaus eines Priesters, der ein im Bistum gut
getarntes Doppelleben führte. Der Weih- und schicker
Erzbischof gingen in diesem Pfarrhaus ein und aus. Pfarrer
Doppelkorn, nennen wir ihn mal so, liebte es nachts, meist gut
alkoholisiert, am Telefon seinen von der römisch katholischen
Kirche zölibatär stillgelegten Sexualtrieb auf seine Art
auszuleben. Dabei ging es in den Nächten oft so laut zu, dass
der junge Gutmut im Nachbarzimmer kein Auge zu bekam.
Am anderen Morgen nahm er dann leidend aus der Hand des
Pfarrers den Leib Christi in Empfang. „Aua”, rief Papst
Eduard, „das tut aber weh!“ Bereits am Mittag regierte König
Alkohol das Pfarrhaus: „Darf es noch ein Obstler sein, Herr
Weihbischof?“, rief der stets laut lachende Doppelkorn.
Später hat angeblich niemand mehr davon etwas gewusst …
Gutmut wurde es eines Tages zuviel und er machte sich auf
den Weg zum Bischofshaus. Dort residierte ein gerade neu
eingesetzter Bischof. Bischof Herzblick hatte jedoch keine
Ahnung von den sex- und triebkranken Eskapaden des
Pfarrers Doppelkorn. Woher denn auch? Er war allerdings,
wie sich später herausstellen sollte, ein Mann Gottes mitten
unter trüben Rüben. In sich das Verlangen spürend, von
Bischof Herzblick einmal väterlich in den Arm genommen zu
werden, suchte Gutmut bei ihm Hilfe. Gutmut hatte nämlich,
wie war es auch anders zu erwarten, durch das von seinem
Praktikumspfarrer in schändlicher Weise ausgelebte
Doppelleben, einen nicht geringen Knacks in seiner eigenen
Seele bekommen. „Ach gehen sie doch zu ihrem Regens“,
sagte der gerade neu ins Amt gekommene Bischof zunächst
abweisend. Gutmut zog enttäuscht wieder ab und kehrte als
Sünder zu den Sündern zurück.
Doch lassen sie uns einen weiteren Blick in den
doppelgründigen Abgrund des damaligen triebkranken
Priesters Doppelkorn tun. „Erschrecken sie bitte nicht“, sagte
Pater Unbequem. „Vielleicht auch doch“, entgegnete Papst
Eduard. Der damalige Weihbischof des Bistums war ein enger
Freund Doppelkorns und er befragte Gutmut bei einem
Winterspaziergang nach dem Verhältnis Doppelkorns zum
Nachbarpfarrer. Gutmut erzählte ihm daraufhin auf diesem
Spaziergang, was er gehört, gesehen und vermutet hatte. Er
wünschte sich im Geheimen, dass der Weihbischof ihn endlich
aus seiner traumatisierenden Hölle befreite. Doch auch das
blieb leider nur ein frommer Wunsch. Der Weihbischof ließ
Gutmut im Pfarrhaussumpf zurück und wurde zum Erzbischof
wegbefördert. „Toll!“, sagte Eduard.
Gutmut mochte Pfarrer Doppelkorn dennoch irgendwie und er
gab weiter sein Letztes. So hatte er Mutter Teresa verstanden
und wollte es ihr nachmachen. Als er eines Tages aber am
Ende seiner Kräfte war, ging er in das Büro seines für ihn
verantwortlichen Regens, Prof. Dr. Stahlhart. Er teilte ihm das
Pfarrhausdilemma mit. Gutmut war zu der Zeit von den
Geschehnissen, wie gesagt, bereits stark traumatisiert und das
Verantwortungslose geschah. Pfarrer Doppelkorn wurde trotz
seines Berichtes nicht sofort, auch zu seinem eigenem Schutz,
stillgelegt und auch Gutmut wurde von seinem für ihn
verantwortlichen Regens nicht sofort aus dem ihn
krankmachenden Pfarrhaus herausgenommen. Man bot ihm
lediglich ein Ausweichzimmer im Priesterseminar für die
Weihnachtszeit an. Und das Drama ging weiter! In der
heiligen Weihnachtszeit war Pfarrer Doppelkorn dann so
besoffen, dass er gut berauscht und süß schlafend die Kerzen
des Adventskranzes samt Tannengrün und Tischdecke
unbemerkt in der Nacht abfackeln ließ. Am nächsten Morgen
war die Stubendecke kohlrabenschwarz. Der
Wohnzimmertisch war kreisrund angekokelt und Gott sei
Dank kam niemand weiter zu Schaden. Welch ein Glück, dass
den Buben in ihren Zellen nichts passiert ist. Wieder half
Gutmut völlig selbstlos dem Pfarrer, indem er das
Wohnzimmer mit einem neuen Anstrich cremefarben
beglückte. Und weiter lachte der Priester laut durchs Dorf …
Pfarrer Doppelkorn schläft seinen Rausch aus...
„Ja, waren denn diese Männer mit Fürsorgepflicht für den
Nachwuchs ihrer Kirche völlig blind? Hätten sie ihn nicht bei
der Sachlage sofort aus der Dienststelle rausnehmen müssen
und ihm einen engen geistlichen Begleiter zur Aufarbeitung
des bereits eingetretenen Seelenschadens geben müssen, auch
wenn er sich zeitweise bei Pfarrer Doppelkorn wohlfühlte?“
Diese und andere Fragen bewegten Papst Eduard sehr. Eine
verständliche Wut und ein heiliger Zorn stiegen in ihm auf.
Eduard schaute Pater Unbequem tief in die Augen, weinte und
sagte: „Das Vertrauen und die Kindlichkeit Gutmuts wurden
hier von oberster Stelle missbraucht. Wichtige Aufbaujahre
gingen dem jungen Gutmut leider verloren. Der Mann hat ja
gelitten wie ein Hund und hat man ihn eigentlich jemals dafür
entschädigt?“, fragte Papst Eduard. „Kommt noch!“, sagte der
Mönch lächelnd und erzählte weiter: „Was jetzt folgt mein
lieber Papst, könnte das Drehbuch eines neuen Tatorts und ein
Fall für Pfarrer Braun werden.“
Eines Tages klingelte es an der Tür des kleinen
Dorfpfarrhauses. Pfarrer Doppelkorn öffnete und ein junger
Mann erschien auf der Bühne. Wenig später beherbergte
Doppelkorn ihn. Er gab ihm Seelsorge und Unterkunft.
Vielleicht auch mehr? Der neue Bewohner stach durch eine
abnorme Aggressivität Gutmut besonders ins Auge. Er hatte,
wie sich später herausstellte, für ein paar Mark eine 89-jährige
Frau bestialisch ermordet. Sie wurde von ihm und einem
Komplizen in ihrer Wohnung brutal zusammengetreten. Die
Mörder zerstachen ihr mit einem Messer die Beine, sodass sie
nicht weglaufen konnte. Die arme Frau wurde ihres Lebens
bestohlen, und hilflos blutend in ihrer Wohnung
zurückgelassen. Das Telefonkabel hatten die Täter gekappt
und so konnte sie niemanden mehr als Gott zur Hilfe rufen.
Sie starb nach vier Tagen unvorstellbar qualvollem
Todeskampf. In der Presse las man später, dass der neue
Bewohner des Pfarrhauses gemeinschaftlich mit einem
weiteren Täter auch noch die Leiche einer weiteren75-jährigen
entkleidet und außerdem Grabschändung an einer 98-jährigen
Frau betrieben hatte. Man fand einen zertrümmerten
Sargdeckel. „Pfui“, rief Papst Eduard und warf vor Wut die
Teetasse auf den Boden. Von diesen Vorlieben seines
Mitbewohners erfuhr Gutmut allerdings erst nach der
Verurteilung. Da verstand er dann auch endlich den Grund der
hohen Aggressivität des neuen Pfarrhausbewohners!“
Papst Eduard war zutiefst erschüttert und der Mönch, Pater
Unbequem, setzte seinen schier unglaublichen
Tatsachenbericht fort: „Gutmut war bereits wie gelähmt.
Nachts hörte er in seinem Zimmer, das für ihn immer mehr zu
einer Folterkammer seiner zarten Seele wurde, wie sich der
betrunkene Pfarrer fröhlich laut sexuell amüsierte. Doch mit
wem? War es etwa der Mörder? Die Ortszeitung berichtete
später, dass der 37-Jährige Täter von einer „echten
Freundschaft“ zu dem Pfarrer sprach. Er habe ihn bei einem
Weinfest kennen gelernt und danach über einen längeren
Zeitraum im Pfarrhaus gewohnt. Der ehemaligen
Lebensgefährtin des Angeklagten, so berichtete die Presse,
war diese Freundschaft ungeheuerlich. Ihr Freund hatte
nämlich ansonsten nie etwas mit der Kirche am Hut. Einmal
habe sie den Pfarrer kennen gelernt und da habe sich ihr
Verdacht bestätigt, dass da irgendetwas nicht ganz koscher
war. Auch in einem später, beim Täter gefundenen Brief des
Pfarrers, wurde klar, dass es sich möglicherweise um ein
sexuelles Verhältnis zwischen Beichtvater und Beichtkind
handelte. „Kannst Du noch oder soll ich besser aufhören?“,
fragte Pater Unbequem den völlig erschütterten Papst, dem
sich bereits die Nackenhaare seines weichen Maulwurffelles
zu Recht sträubten. „Bin ich hier etwa in einem falschen Film?
Ich kann bald nicht mehr!“, rief Eduard mit einem von
Schmerz und Mitgefühl gezeichnetem Gesicht!
„Am Heiligen Abend“, berichtete der Mönch weiter, brachte
Gutmut einmal die Eltern Pfarrer Doppelkorns mit dem
Wagen des Pfarrers zurück in ihre Wohnung. Als Gutmut
anschließend den Autoschlüssel zurück ins Wohnzimmer
bringen wollte, entdeckte er Pfarrer Doppelkorn inflagranti
beim Liebesspiel mit dem Herrn Nachbarpfarrer. Gutmut
öffnete die Tür und hörte: „Ho, ho, ho, ich komme!“ Doch es
war nicht etwa der Weihnachtsmann. Nein, Pfarrer
Doppelkorn hatte sich mal wieder ein neues „Opfer“ besorgt.
Fröhlich homosexualisierten beide trotz Zölibat unterm
Weihnachtsbaum miteinander herum! Sex im Pfarrhaus! War
das etwa der heilige und reine Leib Christi, dem Gutmut so
gern dienen wollte? Diskret schloss der junge
Priesteramtskandidat die „heilige Pforte“ und begab sich
traurig in sein Bett. Am nächsten Morgen wieder dasselbe
Spiel am Altar im heiligen Talar: Der Pfarrer hielt mit ernstem
Gesicht die weiße Hostie in seiner Hand und sagte: „Der Leib
Christi!“
Das waren nun die absoluten Höhepunkte im Leben des
jungen Priesteramtskandidaten Gutmut. Ach, wäre er doch auf
der Bühne bei dem Sänger mit Hut geblieben. Dort war die
Sünde heilig und wurde nicht verdeckt gelebt. Er hatte sich
nun ein Bild von einem Pfarrhaus machen können. „Touch too
much“ für seine viel zu gutmütige Seele. Pfarrer Doppelkorn
wurde später versetzt und erhielt eine, vermutlich von der
Kirche bezahlte, Therapie. Der Praktikant allerdings nicht! Er
machte sie später auf eigene Faust und Kosten.
Als dem Pfarrhausmitbewohner, der sich im Umbringen und
Berauben von hilflosen Rentnerinnen bedauerlicherweise gut
auskannte und auch die „Freuden im Pfarrhaus“ lange genoss,
endlich der Prozess gemacht wurde, ging er lebenslänglich als
Mörder verurteilt hinter hoffentlich schützende Gitter. Aus die
Maus!“ Hier endet der fatale Bericht des Mönchs.
„Was wäre nicht alles verhindert worden, wenn der damals
neu ins Amt gekommene Bischof dem hilfesuchenden
Priesteramtskandidaten sofort sein Herz und Ohr geöffnet
hätte. Wenn er ihn bei seiner ersten Begegnung vor dem Dom
einfach mal in den Arm genommen hätte und sich nur etwas
Zeit genommen hätte?“, meinte Papst Eduard, der sich die
Tränen fortwährend aus den Augen wischte. Jahre später
besuchte er Bischof „Herzblick“. Über Gutmuts späte
Rehabilitation durch den Bischof schweigt der Chronist. Doch
soviel sei verlautet: Bischof „Herzblick“ erwies sich als ein
wahrer Mann Gottes und half dem inzwischen wieder
musizierenden Gutmut. Gutmut war, wie Herman Hesse es in
einem seiner Klassiker beschreibt, voll unters Rad gekommen
aber wieder „auferstanden!“ Er hatte die Schnauze inzwischen
von dem frommen Theater mehr als voll und hatte sich, seine
Eigenliebe leider vergessend, für Pfarrer Doppelkorn mit der
Hingabe Mutter Teresas aufgeopfert und wurde dabei selbst
ein Opfer. Als ihn dann auch noch sein neuer Regens „Dr.
Grünschnabel“ in der Priesterausbildung an entscheidender
Stelle wie eine heiße Kartoffel fallen ließ, brach Gutmuts
fromme Welt endgültig in sich zusammen. Einen
vergleichbaren Fall, bezogen auf das Pfarrhaus und die im
Umfeld geschehenen Verbrechen, hatte es laut der deutschen
Bischofskonferenz noch nie gegeben. Vieles ging davon durch
die Presse. Pfarrer Doppelkorn berief sich vor Gericht
allerdings auf das Beichtgeheimnis. War es gar
Strafvereitelung? Zwischen Täter und Priester habe wohl nicht
nur ein Vertrauensverhältnis, sondern auch möglicherweise
ein sexuelles Verhältnis existiert, mutmaßte die Kripo.
„Na denn Halleluja!“, rief Papst Eduard wütend. „Doch wie
ging es mit Gutmut weiter?“, fragte er neugierig den liebenden
Pater. „Es ging Gutmut wie dem kleinen Mogli im Film Das
Dschungelbuch. Er reiste erneut Mal in sein geliebtes Indien
und verliebte sich in eine zarte Seele mit Mocca-Augen. So ist
er dem Zölibat und weiteren Fesseln der vermeintlichen
Kirche Gott sei Dank noch einmal entkommen. Pfarrer
Doppelkorn entschuldigte sich Jahre später – aufrichtig – bei
den Eltern und bei Gutmut. Diese hatten ihn zuvor am Telefon
mit seiner doppellebenden und ihren Sohn schädigenden
Haltung konfrontiert. Er bestätigte auch einem Mitbruder im
kirchlichen Amt, der ein guter Freund des Vaters war, die von
Gutmut geschilderten Umstände. Wenige Tage danach
besuchte Gutmut zufällig seinen wütenden Vater. Das Telefon
klingelte. Was nun geschah deutet der Vater als einen frischen
Gruß aus der Küche von Himmelshausen. Pfarrer Doppelkorn
war am anderen Ende und erfreute Vater und Sohn indem er
sagte: „Ich möchte ihren Sohn entschädigen. Geben Sie mir
bitte die Kontonummer ihres Sohnes!“ Gutmuts Augen
begannen zu leuchten und Pfarrer Doppelkorn hielt tatsächlich
Wort und erfrischte das Konto seines ehemaligen Praktikanten
mit einer kleinen, ihm möglichen Summe. Das eigentlich
verantwortliche Bistum allerdings wehrte sich weiterhin gegen
die Entschädigungsbitte Gutmuts und dies sogar noch mit
einem teuer bezahlten Anwalt. Gutmut hatte auf eigene
Rechnung seine Therapie gemacht und wurde ein glücklicher
Familienvater. Wie durch ein Wunder kam sein Glaube nicht
abhanden!“ „Doch was war mit dem Saatgut der Berufung?“
Papst Eduard verneigte sich vor diesem unnötigen Schicksal
der modernen Kirchengeschichte. Er dachte dabei auch voller
Mitgefühl an die unzähligen Missbrauchten und Geschädigten
durch seine Kirche. Langsam verstand er die Vergebungsbitte
seines Vorgängerpapstes Johannes Paul, der allerdings auch
viel zu viel gewusst und zu lange geschwiegen hatte.
Doch wie ging der Fall weiter?
Aufgrund des im Pfarrhaus erlittenen Traumas stellte Gutmut
erst nach einigen Jahren eine Wiedergutmachungsbitte an das
Bistum. Der damalige Regens Dr. Stahlhart lehnte die
Schmerzensgeldforderung Gutmuts jedoch telefonisch ab. Es
habe ja auch keinen sexuellen Missbrauch an Gutmut gegeben.
„Wat ’ne Kirche!“, dachte Eduard und wo war der väterliche
Arm des Bischofs? Doch der sollte noch kommen. Spät, aber
er kam. Der ehemalige Priesteramtskandidat hatte dem
Generalvikar und dem Bischof bereits zuvor schriftlich erklärt,
dass er keinen Schmutz auf seine Kirche werfen wolle und
auch keine rechtlichen Schritte gegen das Bistum unternehmen
möchte. Diesen Satz legte Dr. Stahlhart gegenüber Gutmuts
Vater am Telefon wie folgt aus: „Gutmut könnte ja, wenn er
eine Entschädigung bekäme, diese als Schweigegeld deuten.
Man habe es in einem anderen Fall bereits einmal so erlebt!“
Doch nie hätte Gutmut solches getan. Ja, der inzwischen zum
Generalvikar beförderte Regens wollte Gutmut letztlich sogar
noch dafür eigenverantwortlich machen, dass er trotz der von
ihm bekundeten unmöglichen Umstände freiwillig in dem
Pfarrhaus als Weihnachtsgast geblieben sei. Angeblich hätte
man ja auch viel zu spät von den unschönen Dingen erfahren.
Dies entsprach allerdings nicht der Wahrheit. Der schicke
Weihbischof und der damalige Regens waren von Gutmut
ausreichend informiert worden und haben nicht sofort
verantwortlich und fürsorglich gehandelt. Man bot ihm zwar
ein Ausweichzimmer an. Dem eigentlichen Spuk alledings
ging man nicht zeitgleich auf den Grund. Das ist leider eine
wesentliche Mitursache an Gutmuts erlittenem Trauma im
Pfarrhaus. So zumindestens bewertete Papst Eduard diesen
traurigen Fall in der modernen Kirchengeschichte.
Doch wie sagte einst schon der 33-Tage Papst: „Wahrheit und
einen guten Kaffee kann man im Vatikan nicht finden!“
Gutmuts Vater war von der knallharten Ablehnung der
ehemals Verantwortlichen tief getroffen. Er versuchte erneut
Bischof „Herzblick“ zu erreichen. Doch der Vorzimmerkaplan
Winfried Eisentür wimmelte den zu Recht wütenden Vater am
Telefon immer wieder ab. Wieder und wieder polterte der
verletzte Vater bewusst und hatte dabei die Rehabilitation
seines Sohnes im Auge. Er wollte sogar in eine TV-Talkshow
gehen und die Sache öffentlich machen, wenn das Bistum
nicht endlich reagiere. Und genau so war es. Erst da meldete
sich das Bistum und reagierte mit einem Anhörungsgespräch.
Für die „Schmutzarbeit“ hatte das Bistum sogar einen Anwalt
auf den Vater „angesetzt“. „Ja brauchen die denn immer nur
Druck?“, fragte Papst Eduard. Niemand, außer Pfarrer
Doppelkorn, entschuldigte sich bis dato von den kosmisch
geweihten Herren bei Gutmut und seinen Eltern. Ja, nachdem
der Regens alles von Gutmut persönlich Jahre zuvor erfahren
hatte, setzte der anscheinend sehr fachliche Dr. später sogar
noch einen weiteren Praktikanten in das krankmachende
Pfarrhaus zu Pfarrer Doppelkorn. Das schlug dem Boden das
Fass völlig raus! „Ach wie für- und seelsorglich! Hatten sich
hier etwa wieder mal die Unfähigsten nach oben gearbeitet?
Die Wissenschaft nennt so etwas das Peterprinzip!“, schimpfte
Papst Eduard. Er hatte von dieser Sorte schon so manchen
Mann in seinem Leben persönlich kennengelernt und wusste,
dass in Himmelshausen dieser und so manch anderer Fall noch
einmal ganz neu aufgerollt wird. Spätestens dort bekommen
dann nicht Wenige ihre Gerechtigkeit von oberster Stelle. Er
erinnerte sich an ein Wort aus seinem dicken Lieblingsbuch:
„Den Thron der Stolzen stürzt Gott um
und setzt die Bescheidenen an ihre Stelle!“
Für Papst Eduard blieb dieser traurige Fall von
Kandidatenverheizung im Zeitalter des Priestermangels bis zu
seiner vollständigen Aufklärung ganz klar unerledigt und er
schrieb alles in sein Buch. Die Leser sollten wissen, dass die
Kirche nur deshalb ihren bleiernen Hintern bewegt hat, weil
mutige Opfer und Geschädigte wie z.B. Norbert Denef, die
Eltern Gutmuts und Medien wie DER SPIEGEL die
Katholenkirche in Zugzwang gebracht hatten.
Feigenblattdiplomatie mit eingebautem Freifahrtsschein für
die Täterversetzung in eine neue Kirchengemeinde nannte
Papst Eduard solche Missstände und er schämte sich für seine
ungeistlichen Mitbrüder im Amt. Bischof „Herzblick“
allerdings lobte er für seine Zeichensetzung und besuchte ihn
mehrfach in seinem Bistum. Hinzu kamen die verzweifelten
Bemühungen eines Herrn Dr. (W)ackermanns, der stets mit
unschuldigem Bubenauge versuchte, die pädophilen Scherben
Roms aufzusammeln um dem unheilbar gebrochenen Krug
seine Ehre zu retten. Das Bistum betrat er jedoch nur gut
getarnt. Er wollte nämlich die ganze Wahrheit wissen, um den
Ausmistungsprozess vollends abzuschließen. Dort wuschen
sich einige Kirchenmänner weiterhin die „heiligen und
geweihten Hände“ mit „Pilatusseife!“. Die Herstellerfirma
dieser weltweit benutzten Seife hatte lange Zeit in Rom ihren
Sitz. Doch der Dreck stank mahnend weiter zum Himmel.
„In welch einen „Sauladen“ bin ich da bloß hineingeraten?“,
dachte der Maulwurf und sein schönster Freudscher
Versprecher für einige dortige Herren, ausgenommen des
Bischofs Herzblick war: „Hochwürgen statt Hochwürden!“
Als Gutmuts Vater Papst Tuschfingers Ansprache in London
am Fernseher eines Tages verfolgte, trat er wütend aus der
Kirche aus. Dieser bat doch allen Ernstes die
Missbrauchsopfer, ihre Leiden, die sie durch einige Priester
seiner römisch katholischen Kirche lebenslang in ihren Seelen
trugen, dem Herrn und der Kirche aufzuopfern. Das war dem
Vater zuviel. Die Wogen schlugen weiter ans Bischofshaus
und es kam aufgrund der Ankündigung des Vaters, mit der
Story wohlmöglich in eine Talkshow zu gehen, zu einem
Gespräch mit dem Anwalt der Bistumsleitung. Ein alter und
gestandener Pfarrer, die Mutter Gutmuts und der immer noch
sehr leidende Gutmut trafen sich an einem neutralen Ort. Wer
etwas vom Trauma versteht, weiß spätestens jetzt, wie
kräfteraubend es für Gutmut war, sich noch einmal in diesen
Sumpf hineinzubegeben. Er hatte sich allerdings auf Anraten
seines Vaters den, wie gesagt, altbewährten Pfarrer zur
Unterstützung mitgenommen. Pfarrer K. brachte in dem
Gespräch mit der Kraft eines empörten Herzens klar hervor,
dass die damals Verantwortlichen des Bistums eine schwere
Aufsichtspflichtverletzung Pfarrer Doppelkorn gegenüber und
eine ebenso schwere Fürsorgepflichtverletzung mit
traumatisierenden Folgen für den viel zu gutmütigen Gutmut
begangen haben. Gutmuts Mutter war zu der Zeit mit ihrem
Gatterich in der ägyptischenen Revolution tätig und konnte
deshalb an diesem Gespräch leider nicht teilnehmen. Bischof
„Herzblick“ hörte still und interessiert zu und übernahm die
Verantwortung.
Nachdem der Bischof sich nun alles aus dem Mund seines
ehemaligen Priesteramtskandidaten angehört hatte,
entschuldigte er sich – aufrichtig – bei Gutmut. Der damals
für ihn zuständige Regens tat dies allerdings nur halbherzig.
So jedenfalls hatte der sensible Gutmut es wahrgenommen.
Eine Entschädigung wurde nicht erwähnt. Gutmuts Mutter
fühlte sich bei dem ersten Anhörungsgespräch in ihrer
Forderung nach völliger Rehabilitation von dem, von der
Kirche bestellten Anwalt, völlig vom Tisch gefegt. Doch sie
ließ nicht locker. Sie bat den, sich des Falles mit großer Liebe
und Weisheit annehmenden Bischof, um ein VieraugenGespräch. Gutmut vollständig zu rehabilitieren und ihm somit
späte Gerechtigkeit zu Teil werden zu lassen, war ihr
Anliegen. Das Wunder geschah. Der Bischof sagte der Mutter
zu, ihrem Sohn zu helfen. Ein ehrenswerter Mann! Und er
hielt Wort! Der König von Himmelshausen segnete daraufhin
den aufrichtigen Bischof und bot ihm sogar später die
Kardinalwürde an. Er litt still wie ein Prisma, in dem sich alle
Leiden brechen. Die Eltern Gutmuts vergaben, nachdem
Gutmut endlich Recht bekam und der Fall Sex im Pfarrhaus
war, eingeleitet durch das anfängliche
Presslufthammergeballer des Vaters, das zarte
Goldschmiedeverhalten der Mutter, den vermittelnden und gut
verdienenden Anwalt, den scharfsinnigen Pfarrer K., den
helfenden Bischof „Herzblick“ und den sich stets
aufopferndem Gutmut, doch noch zu einem guten Ende
gekommen. Gutmuts Mutter und der zu Recht polternde Vater
waren zufrieden und Gutmut lebte weiter auf.
Der Nächste bitte!
Im schicken Bistum Bamberg arbeitete der bekannte
Pinselartist® Ralf Metzenmacher. Er hatte sich als Kunstmaler
unter anderem des Themas Missbrauch und sexuelle Gewalt
auf der Leinwand angenommen. Sein Bild: „Mantel des
Schweigens!“, traf den Nagel auf den Kopf. Papst Eduard
besuchte seine Ausstellung eines Tages und bestaunte seine
unter die Haut gehenden Werke. Bei seinem Besuch
ermunterte er ihn, sich dieses Themas weiter anzunehmen.
Wenig später erschraken die Menschen vor Metzenmachers
Bildern. Eine solch treffende Darstellung dieser knallharten
und traurigen Wahrheiten hatte die Welt noch nicht gesehen!
Pater Alban Unbequem, der inzwischen das Zeitliche gesegnet
hatte, betrachtete alles aus Himmelshausen und hatte seine
helle Freude an der erfolgreichen Aufarbeitung seines
ehemaligen Beichtsohnes Gutmut. Hinter’m Horizont geht’s
weiter!
Der bei den Brüdern im Kloster Scheinheiligenkreuz wegen
seiner Geradlinigkeit nicht gerade sehr beliebte Pater sah
nämlich bereits den König und Frau Königinmutter. Er starb
kurz nach dem Telefonat mit Gutmuts Vater, in dem er ihn
aufgefordert hatte, dem Bischof „die Scheiben einzuschlagen“,
im Garten bei seinen heiß geliebten Bienen. Man fand ihn erst
am nächsten Morgen leblos am Boden liegen. Eine Nacht lag
er unwürdig zwischen Mäusen und Ungeziefer im Nass des
Klostergartens. Die Brüder lagen in ihren warmen Zellen.
Hatte man etwa nicht sorgfältig genug in der Nacht nach dem
bereits am Abend vermissten Pater gesucht? Aber man hatte ja
immerhin ein Stück vom heiligen Kreuz.
Besonders freute Pater Unbequem sich über die zu seiner
Zufriedenheit verlaufene Abtwahl im Kloster. Dr. Karl
Prahlhans ging Gott sei dank leer aus. Er musste es knirschend
aushalten, sich bei der Einsegnung des neuen Abtes neben ihm
hinzuknien und dem Altabt das Messbüchlein zu halten. Sein
Gesicht sagte dabei alles. Er stellte daraufhin seine FakebookSeiten ein. Vielleicht um sich die Kommentare zu ersparen.
Demut kehrte in Scheinheiligenkreuz wieder ein! Unbequem
hatte den neuen Abt bereits zu Lebzeiten sehr gemocht. Er gab
ihm in Pepitaland seine würdige letzte Ruhestätte.
Die zum größten Teil fanatische Internetplattform Kathbrett
schloss daraufhin das Buch Eduard Kratzfuss aus ihren
heiligen Reihen vorsichtshalber aus. Es war ihnen nicht
katholisch genug. Dennoch wurde es ein Bestseller und überall
gern gelesen.
„So manches schwule Söhnchen bekam auch noch sein
Thrönchen!“ So ähnlich lästerte man hinter vorgehaltener
Hand über manches Kloster und Priesterseminar. Ein
Weihbischof aus Klösterreich verkündete sogar den
diskriminierenden Spruch: „Homos sind heilbar!“
„Ja sind denn Homosexuelle etwa krank?“, fragte sich Papst
Eduard. „Natürlich nicht! Eine Kirche, die so etwas behauptet,
die ist krank! Nix wie weg!“, dachte er und reiste mit seinem
Flugteppich weiter nach Mexiko.
Millionäre Christi
Im fernen Mexiko gab es eine Priesterschaft, die man auch
Millionäre Christi nannte. Man zielte in dem Orden darauf ab,
besonders viele junge Männer regelrecht zu rekrutieren und
die Kirche so mit einer Legion von gutaussehenden jungen
Männern zu durchsetzen. Manche von ihnen waren dabei
päpstlicher als der Papst.
Eduard durchschaute die respektlose spirituelle Gewalt der
Millionäre Christi, die sich leider unter Papst Johannes Franz
II. wie eine Plage weltweit verbreitet hatten. Der Gründer war
dafür bekannt, mehrere Frauen und Kinder sexuell und
seelisch missbraucht zu haben. Eduard las beim Surfen bei
Wikipedia, dass es seit Jahren Vorwürfe gegen den Oberen
des Ordens gab. Er war drogenabhängig und habe
Seminaristen sexuell missbraucht. Opfer waren dabei auch
minderjährige Jungen der apostolischen Schulen und
Knabenseminare seines Ordens. Die Vorwürfe bestätigten sich
leider nach und nach. Die Kongregation der Glaubenslehre
unter Kardinal Tuschfinger verzichtete leider aufgrund des
hohen Alters des Gründers auf ein öffentliches Verfahren und
bat den Pater, ein stilles und zurückgezogenes Leben des
Gebets und der Buße ohne jeglichen öffentlichen pastoralen
Dienst zu führen. Das war alles. Wieder wurden jahrelange
Verbrechen von ganz oben vertuscht und fromm zugedeckelt.
Nach seinem Tod wurde bekannt, dass er – obwohl er
öffentlich für den Zölibat eintrat – Kinder in Spanien, Mexiko
und der Schweiz gezeugt hatte. Er wurde daraufhin vom Volk
spaßeshalber „Heiliger der Heuchler“ genannt. Eddy verließ
auch diese Zerrbilder Christi mit heiligem Zorn und flog
zurück in die ewige Stadt. Zuhause angekommen, berichtete
Eduard seiner süßen Kirchenmaus Anna-Leena von den
Schweinereien, die er in seinen Ausmistungsexerzitien in
Pepitaland, Klösterreich und Mexiko aufgewühlt und
schmerzhaft erfahren hatte. Er berichtete ihr auch von einem
Pater aus dem Kloster, das im Glauben war, ein echtes Stück
vom Kreuz Jesu zu besitzen. Anna-Leena spitzte die Ohren.
Der Pater aus dem erzkonservativen Stift, der sogar als
Wallfahrtsdirektor eingesetzt war, hat von den Ermittlungen
gegen ihn nichts geahnt. Bei einer Hausdurchsuchung jedoch
wurden die Ermittler fündig. Auf seinem privaten Computer
und in seinem Herzen waren hunderte Pornofotos
überwiegend von Buben. Der Pater teilte im Internet mit
weiteren Sexstrolchen diese Kinderpornos. So wie andere an
einer Oper Spaß hatten, vergnügte er sich an Kindern. Papst
Eduard dichtete daraufhin wie folgt:
„Ihr Kinderlein kommet. Oh kommet doch all!
Zum Priester her kommet mit offnem Stall.
Und seht, was der Pfarrer für Freuden sich macht.
Solang bis dem Bischof der Geduldsfaden kracht.
Da liegt er, so milde, der Ministrant.
Der Pfarrer berührt ihn mit zitternder Hand
Er weiß, es ist Sünde, doch das ist ihm egal.
Der Knabe ist zart und die Hüften so schmal.
Dann kommt er und denkt es hat keiner gesehn,
so geht’s immer weiter, so heimlich und schön,
Der Vater im Himmel ist hilflos und schwach.
Er wohnt mit dem Pfarrer unter einem Dach!
Papst Tuschfinger schwieg Jahrzehnte dazu.
Doch nun kommt Papst Eduard und gibt keine Ruh.
Er macht den Betroffenen Hoffnung und Mut.
Der Kirche wird's heiß und die Menge, sie buht:
„Ihr Kinderlein kommt und erzählt was geschehn.
Die Welt soll ganz offen die Schande ruhig sehn.
Hinweg mit dem Mantel des Schweigens ganz schnell.
Kommt, wir knacken das Schweigekartell!
Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein?
Doch Kinderschänder passen ins Amt nicht hinein!“
„Ein Arsch im Amt ist noch längst nicht in Würden!“
„Solchen Männern gehört der Schwanz abgeschnitten!“, rief
Anna-Leena erbost. „Jeden Hund kastriert man. Sie sitzen da
vor ihrem PC und später schänden sie kleine Kinder? Wozu
brauchen sie denn ihren Schniedel, wenn sie sowieso zölibatär
leben wollen?“ „Aber Anna-Leena“, rief Papst Eduard, „was
ist denn nur in dich gefahren?“ „Ist doch wahr!“, sagte sie an
die armen Kinder denkend. „Ich hab da noch ’ne alte
Brotmaschine aus der Papstküche, die Strafen sind ja heute
viel zu lasch! Pädophilie ist nicht heil- wohl aber behandelbar.
Solche Leute gehören sofort raus aus allen Ämtern!“
Eduard nickte und gab einem fähigen Mitarbeiter der Kurie
den Auftrag, ein Behandlungszentrum einzurichten für alle aus
ihren Ämtern entlassenen Männer und Frauen mit dieser
Persönlichkeitsstörung. Schnell füllte sich dieses. Die alte
Brotmaschine blieb unberührt. Für Papst Eduard war eines
allerdings völlig klar: „Wer an Krebs erkrankt und zu spät
zum Arzt geht, muss sich nicht wundern, wenn der ganze Leib
erkrankt. Hätten seine Vorgänger-Päpste den Krebs des
Kindesmissbrauchs von Anfang an ordentlich behandelt und
bekämpft, wäre die Kirche, die sich gern Leib Christi nennt,
und viele Opfer von diesem Greuel verschont geblieben.
Nachdem sich Anna-Leenas verständliche Wut gelegt hatte,
zeigte sie ihrem Gatten Berichte von unfassbar guten
kirchlichen Hilfsangeboten und Einrichtungen aus aller Welt.
Es gab Pater und Schwestern, die gerne zölibatär lebten und
unter Einsatz ihres ganzen Lebens und manchmal bis zur
völligen Erschöpfung sich um Kinder, Aidskranke und
Prostituierte kümmerten. Das waren die Edelsteine der Kirche,
die galt es zu stützen und zu fördern. Es gab Kinder- und
Jugendhilfeeinrichtungen, die sich vorbildlich um die
verletzten Seelchen kümmerten. Würdige Priester, die täglich
treu ihren Dienst versahen, indem sie Kindern einen fröhlichen
und angstfreien Religionsunterricht gaben und nicht zuletzt die
vielen Alteneinrichtungen, die mit Liebe und Würde Männer
und Frauen bis nach Himmelshausen begleiteten. Sie waren es
wert, geehrt zu werden und man hätte sie beinahe angesichts
der vielen kirchlichen Skandale übersehen. Das durfte nicht
sein. Ihnen gab Anna-Leena ein besonderes Gewicht und
Papst Eduard machte sie zur Bischöfin für das ganz Normale.
Er wünschte sich, dass man in Zukunft extremen Vögeln keine
Aufmerksamkeit mehr beimaß und vielmehr dem Guten
Beachtung schenkte. Er hasste alles Extreme und Fanatische
wie die Pest. Menschen mit Bekehrungseifer mied er wie der
Teufel das Weihwasser. Fröhlich mischte das Papstehepaar
sich weiterhin unters Volk und besuchte ihre Schäfchen auf
den Plätzen und Gassen. Sie liebten die Kneipen und
Restaurants mehr als den steifen und zum großen Teil
verlogenen Vatikan. Gern sprachen sie mit ganz einfachen
Leuten von der Strasse und fragten, wie und was sie denn in
und von der Kirche gern verändert hätten. Erstaunliches
sammelten sie dabei aus den Herzen der ihnen so wertvollen
Menschen. Papst Eduard und Anna-Leena fassten alles
zusammen und gingen mit den Ergebnissen zurück hinter die
Mauern von Steifhausen. Als sie die Ergebnisse der
Ausmistungsexerzitien den Mitarbeitern vorlegten, standen die
meisten von ihnen Kopf. Doch Eduard hatte ja die speziellen
Schuhe an, mit den Absätzen, auf denen man sich nicht
umdrehen kann, wenn man ans Ziel kommen möchte.
Außerdem galt für ihn folgender Leitspruch: „Entweder stehst
du, oder du wirst dich ewig bücken!“
Und wie er stand! Eduard hatte vor Jahren von einem Freund
ein paar Schuhe mit besonderen Absätzen, auf denen man sich
nicht umdrehen konnte geschenkt bekommen und von dem
Kölner Päpstlichen Prälaten Lappschwader ein dickes Buch.
Darin las er ausgiebig und konnte so genau sehen, wo die
Kirche hier und da aus dem Ruder gelaufen war. Er las zum
Beispiel in dem dicken Buch von der ersten
Christengemeinde: „Sie verkauften ihr Hab’ und Gut und
gaben davon jedem so viel, wie er nötig hatte. Die Gemeinde
der Gläubigen war ein Herz und eine Seele. Keiner nannte
etwas von dem, was er hatte, sein Eigentum, sondern sie
hatten alles gemeinsam. Es gab keinen unter ihnen, der Not
litt.” „Na, dann muss sich ja bei uns im Vatikan und weltweit
wohl noch einiges ändern“, sagte Eduard. Der Kirche gehörten
nämlich ganze Ländereien und Häuserzeilen, die
gewinnträchtig vermietet würden.
Papst Eduard I. ließ auch nicht den Spruch gelten, die Kirche
habe sich ja weiterentwickelt. Er hatte ja nun täglich aus
nächster Sicht das Drama vor Augen und sah, wo sie sich
leider hinentwickelt hatte. Die Kirche von Öde und Tod zu
reinigen, dagegen Freude und Liebe wieder die Mutter werden
zu lassen, war sein Tagesprogramm. Eduards Ziel war es, den
eigenartigen Totenkult und die Fegefeuer- und Höllenpanik
völlig zu beseitigen. Er wünschte sich nichts lieber, als eine
frische, mit Liebe erfüllte Anhängerschaft des Königs von
Himmelshausen. Vor allen Dingen wollte er die 1000 Splitterund Scherbenkirchen, die kraftlos und streitsüchtig die Welt
mit ihren Gottesbildern langweilten, zu einer gemeinsamen,
aber dennoch in Vielfalt sich ergänzenden Gemeinschaft
zurückführen. Alle Religionen sollten im Petersdom Platz
haben. Auf lange Konzile hatte er auch keinen Bock, denn er
wusste, ein Maulwurf wird nicht so alt und die Vergangenheit
hatte bewiesen, dass es einer täglichen Reformation bedarf. Er
fasste gemeinsam mit den Fortschrittswilligen im Vatikan
einen Plan. Zu Pfingsten sollten alle Kirchen und Religionen
sich in Rom zu einem Freudenfest versammeln. Er empfahl
den Leuten bis dahin getreu ihrer jeweiligen Erkenntnis zu
leben. Vor allem riet er seiner römisch katholischen Kirche,
sich der täglichen Umkehr und der aufrichtigen Beichtpraxis
mit Wiedergutmachung für die missbrauchten Kinder und
Jugendlichen zu befleißigen. Die Vatikanbank sollte auf Dauer
geschlossen werden und jegliche Waffengeschäfte von einem
außerkirchlichen Gremium untersucht und wenn nötig, auch
vor Gericht gestellt werden. Mafia-Millionen, die über Jahre
hinweg in die Schweiz geschleust wurden, ein Bankier, der
nach dem teuflischen Genuss eines Zyankaliespresso verstarb,
ein anderer, der tot unter einer Brücke hing, das alles raubte
Papst Eduard oft den Schlaf. Immer wieder lieferte die
Vatikanbank die dollsten Geschichten, wie man sie nur aus
finstersten Schurkenstaaten kennt.
Er gab allen Kirchen und Religionen sein Versprechen, nicht
zwingend ihr Papst und oberster Hirte sein zu wollen. Eduard
hob sogar das von seinem Vorgänger Tuschfinger
geschriebene Ausgrenzungsschreiben „Dominus Jesus“ mit
sofortiger Wirkung auf. In diesem wurde nämlich tatsächlich
nur die römisch katholische Kirche als die einzig wahre
dargestellt. Andere, wie zum Beispiel die durch Eduards
Freund und Berater Martinus Lutherus hervorgegangene Art
zu glauben, wurden von seinem Vorgänger noch nicht einmal
als Kirche anerkannt. Das fand Eduard den evangelischen
Menschen gegenüber höchst lieblos und ungerecht. Mit solch
einer ausgrenzenden und von oben herab diskriminierenden
Sichtweise, wie es sein Vorgänger leider oft praktiziert hatte,
sollte nun ein für alle mal Schluss sein. Eduard war der festen
Überzeugung, dass das Dogma der Unfehlbarkeit schon ein
Beweis der Fehlbarkeit ist und erklärte auch dieses Dogma für
falsch. Prof. Küng freute sich. Irren ist menschlich und die
Kirche bestand nun mal aus Menschen, die auch dem Irrtum
unterworfen sind. Irren allerdings wollte er nicht länger die
Leitung überlassen. Überhaupt waren Dogmen für Papst
Eduard sehr gefährliche Machtinstrumente. Er wusste, dass
man Gott nicht in ein Gefäß oder in einen Lehrsatz stecken
kann und deshalb waren sie für ihn in keinster Weise
verbindlich. Egal wer sie erlassen hatte. Im Gegenteil. Sie
behinderten das freie Denken und Forschen der Menschen.
Antidogmatisch und stets suchend. Das war die Startrampe
seines Glaubens.
Er plante zum bevorstehenden Pfingstfest den Bann über Dr.
Martin Luther mit einer gebührenden Entschuldigung
endgültig über dessen Tod hinaus aufzuheben. Man tröstete
sich in Rom nämlich damit, dass ein Bann mit dem Tod des
Gebannten sowieso aufhöre. Doch das war ein billiger Trost.
Wie bereits zu Ostern sollte seine Schwesterkirche zu
herzlicher Tisch- und Mahlgemeinschaft eingeladen werden.
Den Kirchenschatz mit allen zu teilen, war seine feste Absicht.
Er wollte der Welt gerne zeigen, was der eigentliche
Kirchenschatz ist, nämlich Liebe und nicht der Anspruch auf
eine diffuse katholische Exklusivität in Hostien und weiteren
Lehrfragen.
Die Feindschaft in den eigenen Reihen wuchs daraufhin
derart, dass Eduard sich nur noch selten auf der Bildfläche
sehen lassen konnte. Er zog sich zu seinem Schutz immer öfter
unter den Vatikan in seine Höhlen und Gänge zurück, machte
hier und da einen halbfußballgroßen Erdhaufen und viele der
über ihn daherstolzierenden „Vatikanisten“ wünschten ihm
nichts lieber, als eine vorzeitige Himmel- beziehungsweise
ihrem Glauben gemäß ewige Höllenfahrt. Doch was hatte die
Stimme aus dem Licht in Himmelshausen gesagt?
„Wenn du mich liebst, werde ich dich ehren
und niemand soll dir erfolgreich widerstehen!“
Und das tat der kleine Maulwurf, der nie Papst sein wollte.
Er liebte Jesus, weil er einst miterlebte, wie dieser an einem
Kreuz in Gotteshausen die Welt unter unendlichen Qualen
erlöst hatte. Noch einmal erinnerte er sich an die Szenen, die
er vor Jahren mit Hilfe eines Computerspiels seines
Bodyguards Gary live miterlebte. Ob Gary noch lebte?
Anna-Leena, die sich um das Leben ihres Mannes ernsthafte
Sorgen machte, denn das Mobbing nahm täglich weiter zu,
sagte eines Tages: „Eddy, warum holst Du nicht deine alten
Bodyguards wieder zu deinem Schutz zurück? Auch würde
ich es klasse finden, wenn wir auf dem Petersplatz zu
Himmelfahrt auf einer Großbildleinwand den Film „Golgatha,
das letzte Spiel“ beamen. Was meinst du?“
Eduard war derart von dem Gedanken seiner Papstfrau
angetan, dass er sofort seine alten Freunde anrief und ihnen
Anna-Leenas Vorschlag unterbreitete. Bis auf einen waren alle
sofort wieder am Start. Eduard Kratzfuss hatte ihnen immer
gut getan und sie waren bereit, sich für ihn und seine gute
Sache bis aufs Blut einzusetzen. Das waren seine echten
Kardinäle.
Der ehemalige Energie- und Klaus Lage-Gitarrist Rolf Rocco
Klein schrieb eine mutmachende Mail an Papst Eduard.
„Hey Eduard, prima! Du scheinst das richtige Sprachrohr zu
sein. Da macht Glaube wieder Spaß, weil er sachlich und
korrekt, aber trotzdem charmant, witzig und unterhaltend ist.
Klar, irgendwelche Deppen werden das als Gotteslästerung
empfinden, aber die haben eh nichts begriffen.
Ich freue mich auf die Endfassung Deines Pontifikats. Die
Politiker bewegen sich nur noch im Kreisverkehr . Nun denn,
viel Spaß weiterhin beim vatikanisieren und meine Stimme
hast du eh. Für mich bist du der erste Papst der
Menschlichkeit. Dein Rocco!“
Eduard schenkte ihm daraufhin eine blaue Les Paul mit
der Aufschrift: „Keep on rocking!“ und der Gitarrist in Rocco
lebte wieder voll auf.
Papstattentat
Aus dem Süden Roms kam die Bitte eines Kindergartens an
den Heiligen Vater zur Eröffnung der neuen Krabbelgruppe
mit dem lustigen Namen „Viva Bambino“ anwesend zu sein.
Nichts tat Eduard lieber als das. Er liebte Kinder über alles
und das aus reinem und aufrichtigem Herzen.
Die Kindergartenleiterin lud ihn vor der feierlichen Eröffnung
zu sich in ihr Büro. Eduard, der an diesem Tag ohne AnnaLeena unterwegs war, betrat das Büro und Bella Flora
begrüßte ihn einen Tick zu herzlich. Mit ihren fraulichen
Waffen attackierte sie Papst Eduard unaufhörlich. „Da haben
wir den Fleischsalat!“, dachte Eduard. Er spürte in sich den
Mann, aber nicht den Ehemann und sagte lächelnd, an die
Busenkönigin Barbara Schöneberge erinnert:
„Bella, auch in mir steckt ein „Bär-Lust-Sconi“
und der Papst ist auch nur ein Mann.
Komm, mach mich nicht so unkeusch an.“
Bella Flora errötete und verschwand ins Bad. Wenig später
kam sie mit einer galanten Stola gekleidet zurück und ihre
Schönheit verdoppelte sich würdig. Sie bat den Heiligen Vater
um ein Beichtgespräch. Nachdem er ihr die Absolution erteilt
hatte, nahm er sie liebevoll in den Arm und sagte: „Ach Bella,
wir sind Menschen aus Fleisch und Blut, doch die Keuschheit
steht uns gut.“ Bella und Eduard strahlten. Beide hatten das
Attentat überlebt. Dies passierte Papst Eduard nicht nur
einmal, aber die heißen Küsse seiner geliebten Anna-Leena
und seine Liebe zu ihr bewahrten ihn vor weiteren Attacken.
Liebe war sein Kondom, doch die gab es nirgendwo zu kaufen.
Der Himmel verschenkte sie allerdings an die, die sich gern
für eine moderne Sexualität interessierten und aus dem
täglichen Bummskarussell mit Jedermann bereit waren
auszusteigen. Schneller Sex ohne Seelen- und Herzanschluss
war für ihn ein Tabu und damit die überhaupt sicherste AidsVorsorge.
Himmelfahrt
Der Petersplatz war eine der schönsten Erfindungen Berninis.
Er war so einladend und Papst Eduard plante für den
Himmelfahrtstag eine geniale Show. Er ließ den ganzen Platz
mit blühenden Blumen schmücken und ein riesiger
Heißluftballon stand startbereit mitten auf dem Petersplatz.
Auf ihm stand in Großbuchstaben und in allen Sprachen
geschrieben: „Highway to hell! Das letzte Spiel!“
An seinem unteren Ende war eine riesige Leinwand befestigt,
auf der er den Besuchern den Film noch einmal vor Augen
führen wollte, der ihn vor Jahren entscheidend verändert hatte.
Die Bodyguards James, Charlie, Leonhard, John, Roberto,
Maik und Gary waren inzwischen alle in Rom eingetroffen.
Roberto war ein bisher in Obamaland erfolgreicher Priester
und sofort wurde er Papst Eduards Privatsekretär. Monsignore
Entenwein zog nach Regensburg und übernahm die
Regensburger Domkehlchen. An einem geheimen Ort feierte
die gesamte Familie Kratzfuss eine Wiedersehensparty mit
ihren geliebten Bodyguards. Erinnerungen an die erste
Begegnung im Kölner Dom mit dem Mann am Kreuz wurden
wach und man erzählte sich einen bis zur Morgenröte.
Eduards Vater Paul sagte zu den Bodyguards: “Seitdem mein
Sohn den Vatikan begonnen hat auszumisten, bange ich
täglich um ihn. Ich bitte Gott und euch, dass es gelingen
möge, das Zerrbild Kirche in ein Gemälde der Hoffnung zu
verwandeln.“
Anna-Leena ging mit den Bodyguards in die päpstliche
Tiefgarage und übergab Leonhard die Schlüssel der alten
Limousine, die einst Präsident Obama dem jungen Eduard
Kratzfuss geschenkt hatte. Sie wurde wieder die Staatskarosse
und Anna-Leena bat darum, dass sie auch zur Beförderung
von Kranken und Behinderten genutzt werden solle, wenn ihr
Mann sie grad nicht brauche. Gary, der als einziger das
Computerspiel „Yesterday Now“ bedienen konnte, stellte die
technische Verbindung zum Heißluftballon für den
Himmelfahrtsabend per Wlan her. Dieses verbotene
Computerspiel war weltweit einzigartig und die Menschen
konnten live miterleben, was vor 2000 Jahren geschehen war.
Papst Eduard freute sich wie ein Kind auf das bald
stattfindende Filmspektakel auf dem Petersplatz.
In Pepitaland waren am Himmelfahrtstag unzählige Männer
mit Motorrädern und Fahrrädern unterwegs und feierten
eigenartigerweise an diesem kirchlichen Festtag ihren so
genannten Vatertag. Über die Medien lud Papst Eduard sie
alle zu einer Wallfahrt nach Rom ein. Und sie kamen alle mit
ihren Motoguzzis, Harleys und sonstigen genialen
Knattermaschinen und belagerten für drei Tage Rom. Nur
Papst Eduard summte leise und ohne einen Tropfen Benzin zu
verbrauchen mit seiner Tante Paula durch ihre Reihen. Auf
seinem Helm stand: „Highway to Heaven!“
Am Himmelfahrtsabend sah man keine Wolke über Rom. Die
Balustraden des Petersdoms waren mit Fackeln geschmückt
und Eduard saß mit Anna-Leena auf dem Balkon der nahe
gelegenen Residenza St. Paolo. Hier gab es den besten Kaffee
Roms. Niemand vermisste den Papst, denn inzwischen suchte
man an den Festtagen Jesus und keinen Stellvertreter.
Roberto trat ans Mikrofon. Seine frisch polierte Glatze glänzte
im Scheinwerferlicht. Er sagte: „Meine lieben Freunde, als ich
vor vielen Jahren Das letzte Spiel sah, habe ich mich
entschieden, die Botschaft von Golgatha in die Welt
hineinzutragen. Mein Leben bestand vorher aus nichtigen
Glückseligkeiten. Schuld lastete zentnerschwer auf meiner
Seele und am Ende des Films habe ich verstanden, wer sie
getilgt hat. Ich wünsche euch, dass auch ihr durch diesen Film
eure Ruhe findet.“
Der Heißluftballon auf dem Petersplatz stieg etwa 150 Meter
langsam in die Höhe. Auf der Leinwand erschien ein Text und
die Bürger Roms lasen:
Highway to hell! „Das letzte Spiel!“
Aus den Lautsprechern ertönte ein Song von ACDC und sogar
der Plagiatssminister Prof. Dr. HC von und zu Stutenberg war
mit seiner Frau aus Pepitaland angereist. Allerdings nicht per
Schiff. Ein Wind, der mit feinen Sandkörnern erfüllt war,
durchwehte den Petersplatz und ganz Rom. Plötzlich hatte
man das Gefühl mitten in Jerusalem am Originalschauplatz
vor knapp 2000 Jahren zu sein. Golgatha Live!
Der Film ging weiter. Soldaten trieben einen Mann mit einem
blutigen Gewand vor sich her durch die engen Gassen.
„Cool!“, rief ein Rocker mitten aus der Menge der
versammelten Motorradfahrer. Der Pöbel schrie: „Ans Kreuz
mit ihm! Weg mit dem König der Juden! Wir haben nur einen
König und das ist der Kaiser von Rom!“
Eduard dachte: „Kaiser in Rom? Bär-Lust-Sconi etwa?“
Am Tag zuvor hatte man einen Kranz aus fingerlangen spitzen
Dornen zu einer Krone geflochten und sie dem Verurteilten
gefühllos und roh auf den Kopf gepresst. Er war nach seinem
Verhör auch ausgepeitscht und mit Knüppeln und Stangen
geschlagen und verhöhnt worden. Seine Kumpels hatten sich
fast alle aus dem Staub gemacht. „Wahrscheinlich hatten sie
nicht die Schuhe mit dem speziellen Absatz dran!“, dachte
Eduard. Einige seiner Gegner hatten ihm sogar ins Gesicht
gespuckt. Völlig am Ende seiner Kräfte, lief der Mann barfuss
durch die Menschenmenge. Andere Bürger der Stadt weinten.
Viele wussten, dass er den Menschen immer nur Gutes getan
hatte, und verstanden dies Urteil überhaupt nicht. Einer der
Passanten nahm ihm den Balken, den er mit letzter Kraft auf
seiner Schulter trug, liebevoll ab. „Ich helfe dir gern“, sagte er,
„ich heiße Simon.“ „Danke“, sagte der von Peitschenhieben
bereits stark geschwächte und aus mehreren Kopfwunden
blutende Mann, der übrigens haargenau wie Immanuel aussah.
„Da ist ja Roberto!“, rief Eddy. Einer der Soldaten sah
wirklich aus wie Roberto, der nun zu seinen Bodyguards
gehörte, und ein zweiter ähnelte dem Piloten. „Mann, was ist
das für ein cooles Spiel!“, rief der Glatzkopf. So etwas hatte
die Welt noch nicht gesehen.
Was die Männer und Eddy aber nicht wussten, war, dass durch
den Nebel, der zu Beginn des Spiels auftrat, sich alles gut
sichtbar wie eine riesige Kinoleinwand über ganz Rom gelegt
hatte. Die Leute in der Stadt machten das Licht und die
Fernseher in ihren Häusern aus und blickten stattdessen alle
wie gebannt zum Himmel empor und verfolgten
das unerwartete Ereignis wie einen Actionfilm.
Zwischendurch hörte man hier und da ein Handy und ab und
zu einen Hund bellen. Plötzlich begann es fürchterlich zu
stinken. „Was ist denn das?“ Eddy, damals noch kein Papst,
bekam dank seiner feinen Nase alles siebenmal heftiger mit,
und Jesus erklärte es den Männern: „Es ist der Gestank vom
Hausmüll der Stadt.“ Der Berg, auf dem das letzte Spiel
stattfand, war nämlich die Müllkippe der Stadt Jerusalem.
Geier kreisten beständig über Golgatha. Die wiederum
entsorgten den Abfall und manchmal auch mehr ...Der Soldat,
der in dem Film wie Roberto aussah, griff den Mann und
drückte ihn mit grober Gewalt und ohne jegliches Mitgefühl
zu Boden.
„Leg dich auf den Rücken, König!“, schrie er in Romanisch
und ein zweiter Soldat hielt in seinen Händen einen
Lederbeutel. Darin befanden sich Nägel, ein Hammer und
mehrere Stricke.
Der Mann lag am Boden und blickte durch die über ihn
kreisenden Vögel zum Mittagshimmel empor in die brütende
Sonne und sagte leise: „Vater!“
„Ich bin nicht dein Vater!“, höhnte der Soldat und fesselte die
Arme mit Stricken fest und stramm an den schweren Balken.
„Kein Vater macht so etwas mit seinen Kindern. Du musst ja
einen ganz besonders grausamen haben!“, ergänzte er lachend.
Dann schlug er einen dicken Eisennagel mit
voller Wucht durch den linken Handwurzelknochen
tief in den Holzbalken, auf den man Jesus gelegt hatte, hinein.
Er nahm die Schmerzen ohne Worte in sich auf, zuckte am
ganzen Körper zusammen und weinte. „An einem Arm kann
man nicht so lange hängen!“, lästerte der Soldat, und schlug
mit seinem Hammer genauso gefühllos am rechten Arm seines
Erlösers einen zweiten Haltenagel in das harte Zedernholz.
Jesus schrie laut auf!
Die Motorradfahrer auf dem Petersplatz waren gebannt. Sie
wollten wissen, wie es weiter ging und stellten einer nach dem
andern ihre Handys aus.
Es passierte schon mal, dass einige der Gekreuzigten sich im
Todeskampf von den Nägeln losgerissen hatten. Man stelle
sich besser nicht vor, was dann dabei mit den an den Füßen
festgenagelten Körpern geschah. Deshalb band man ihnen die
Arme vor der grausamen Annagelung zusätzlich fest. Es war
eng und fürchterlich endlich. Keiner der so Hingerichteten
kam mit dem Leben davon. Auch nicht Jesus. „War es
wirklich so?“, fragte Eduard mit zitternder Stimme? “Ja“,
sagte er, „aber es kommt noch schlimmer. Wenn du nicht
mehr kannst, dann schau einfach weg oder buddle dich ein!“
Jesus, der in diesem Film als Zuschauer und Hauptakteur
zugleich fungierte und mit Zweitnamen Immanuel hieß,
konnte sich an alles genau erinnern, und obwohl es nun schon
fast 2000 Jahre her war, kannte er jeden Schmerz und jede
Beleidigung, der er sich damals im besten Mannesalter
freiwillig unterwarf. „Ne, ich kann noch“, sagte Eddy zaghaft,
„du bist ja bei mir.“ Eduard kuschelte sich trotzdem ganz eng
bei Immanuel ein. Die Soldaten hatten bereits zwei andere
Männer vor Jesus gekreuzigt und er wusste deshalb nur zu
genau, was ihm als Nächstes bevorstand. Die Mörder und
Verbrecher hingen, mit dem Querbalken aufgerichtet, an
einem in den Berg gerammten Pfahl und stöhnten laut und
ohne Hilfe vor Schmerzen. Die einzige Hilfe war der Tod.
Doch der ließ oft Tage auf sich warten.
Zur Betäubung reichte man den Gekreuzigten einen
stinkenden Schwamm an einem Stock. Daraus saugten sie
dann eine bittere Brühe. Jesus hörte die Männer öfters nach
dieser Brühe rufen. Ihre Schmerzen blieben unerträglich. Und
Jesus fühlte sie alle mit. Unvorstellbares Geschrei und
Todespanik beherrschten diesen Ort draußen vor der Stadt.
Eltern verboten ihren Kindern strengstens, sich auch nur in der
Nähe Golgathas aufzuhalten.
„Mach das Spiel aus!“, rief einer der Bodyguards. „Bloß
nicht!“, erwiderte der Glatzkopf, „wenn es dir zu viel wird,
dann geh’ doch in die Limousine und hör’ Nachrichten! Aber
die sind auch nicht viel besser. Guck‚ dir doch an, was der
Herr Bush im Irak verbrochen hat. Er hätte mal auf Johannes
Paul II. hören sollen!“ Immanuel nickte … Plötzlich kam ein
weißgefiederter Vogel und setzte sich auf die Schulter von
Jesus. Es war eine Taube. Eddy fragte sich, was das zu
bedeuten habe. Ist das vielleicht der heilige Geist? „Ohne ihn
hätte ich es damals nicht geschafft“, sagte Jesus.
„Aber warum hast du dich denn nicht gewehrt?“, fragte Eddy.
„Ich habe dies alles zum Heil der Menschen mit mir
geschehen lassen. Keiner hatte die Macht über mich und hätte
mich mit Gewalt töten können. Ich habe die Gewalt an und
mit mir geschehen lassen.“ Eddy nickte, verstand es zwar
nicht und sagte mit dem letzten Rest seines Mutes: „Ein
bisschen kann ich noch!“
Der senkrechte Holzpfahl war für Jesus bereits im felsigen
Boden des Hügels Golgatha eingerammt. Er stand wie ein
Marterpfahl wartend da und zeigte mit einem Ende wie ein
Wegweiser mahnend zum Himmel. Damit der Todeskampf
möglichst lange dauerte, hatten die Henker an den meisten
Pfählen auf Sitzhöhe eine Stütze befestigt. Die Leidenden
suchten, um nicht sofort elendig zu ersticken, verzweifelt
darauf Halt. Und das war teuflisch. Unvorstellbar waren die
Schmerzen. Saßen sie drauf, dauerte das Sterben oft Tage.
Rutschten sie ab, erstickten sie elend. Wer sich diese
Tötungsart ausgedacht hatte, musste wirklich vom Bösen
besessen gewesen sein.
Keiner der Gehängten wusste also genau, wann der erlösende
Tod endlich eintrat. Das hing nicht zuletzt davon ab, wie
geschwächt die Gekreuzigten schon durch die vorangegangene
Auspeitschung waren. Manche hatten auch noch eine zweite
Stütze unter ihren Füßen. Die Soldaten ließen sich gern den
diabolischen Gnadenstuhl, so nannten sie spöttisch die
schmerzhafte Verlängerung und auch die Verkürzung des
Todeskampfes, von den Verwandten der zu kreuzigenden
Menschen bezahlen. Durch das brutale Zerschlagen der
Unterschenkel trat der Tod schneller ein. Da war dann kein
Halt mehr auf dem Gnadenstuhl und auf der Fußstütze
möglich. Die Soldaten verschafften sich so – neben ihrem
kärglichen Sold, genau wie manche Politiker heute, zu ihren
Diäten – ein kleines Zubrot für ihre Familien daheim im
teuren Rom. Auch Maria hätte für ihren Sohn sicherlich
jegliche Erleichterung gezahlt. Ja, sie wäre, wenn es denn was
genützt hätte, auch für ihn in den Tod gegangen. Aber sie
zahlte ganz anders. Sie war seine lebendige Stütze unter dem
Kreuz ihres Sohnes und Erlösers. Wie eine Henne sich
schützend über ihre Kücken bei einem Feuer setzt und dabei
selber verbrennt, so umgab sie nun Jesus im Feuer seines
Leidens. Mit ihrer unendlichen Mutterliebe stand sie ihm
helfend bis zum letzten Atemzug bei.
Ein hoher Festtag für die Gotteshausener stand am anderen
Tag bevor. Es war der große Versöhnungstag. Und wegen
dieses Feiertages durften keine Sterbenden mehr auf dem
Hügel herumhängen. Das Leid wurde schnell abgehängt und
die religiöse Maske musste sauber sein. Man ordnete deshalb
die schnelle Gangart, das Zerschlagen der Beine an.
Um ganz sicher zu sein, ob die so Getöteten wirklich alles
Leben aus sich heraus verloren hatten, spießte man ihnen
abschließend mit einer Lanze in den Oberbauch. Da floss
meist Wasser und Blut aus ihren gemarterten Leibern, und erst
dann hatten die knallharten Hampelmänner des Kaisers in
Rom Feierabend. Die Körper verwesten meist völlig
am Kreuz. Jeder Schwerverbrecher, Aufrührer oder
weggelaufene Soldat landete schlimmstenfalls an einem solch
todsicheren Pfahl.
Doch dieser Mann, der nun als nächster an ihm hochgezogen
werden sollte, hatte nichts getan. Schon gar nichts, was diesen
grausamen Tod verdient hätte. Und überhaupt, war die
Todesstrafe eine gruselige Erfindung der Menschen. Einige
beriefen sich dabei sogar auf Gott. „Kein liebender Gott –
weder im Himmel noch auf Erden – tötet seine eigenen
Kinder!“, sagte Eddy zu Immanuel. „Recht haste!“, sagte
dieser. Jesus selbst war ein Unschuldslamm. So wie Eduard
übrigens auch. Das „Letzte Spiel“ ging weiter …
Jesus hatte bereits in den Stunden zuvor bei seiner
Auspeitschung viel Blut verloren und war deshalb schon
körperlich sehr schwach geworden, doch seine Liebe war
ungebrochen.
„So, Herr König, jetzt geht’s ab auf deinen Thron!“, spotteten
die Soldaten und die Bürger Jerusalems, die an der Müllkippe
standen, klatschten laut. „Jetzt soll ihm doch sein Gott helfen“,
schrien sie. „Wenn er sein Sohn ist, soll er doch einfach ein
Wunder tun und sich selbst vom Kreuz befreien!“, rief ein
alter Priester. „Sogar die Priester waren damals gegen dich?“,
fragte Eddy Immanuel völlig erstaunt. „Ja, auch da sind immer
einige dabei, die nicht ganz sauber sind“, antwortete Jesus mit
traurigem Blick. „Sie meinen mich zu kennen und ganz genau
zu wissen, wo es langgeht und so führen sie die Menschen und
sich selber in die Irre. Einige gehen auch heute noch achtlos
an meinem Kreuz vorbei. Sie schaffen mir und sich selbst
dabei viele neue und vor allen Dingen unnötige Kreuze. Ich
war Jude und wurde vergast. Ich war Kind und wurde
missbraucht. Ich war Arbeitnehmer und wurde verbraucht und
gemobbt. Ich war Frau und wurde unterdrückt. Ich war Gott
und wurde missglaubt. Ich war schwul und wurde verachtet.
Ich gehöre bis heute für viele zum Alltag, wie ihr
Morgenkaffee, obwohl ich der Schöpfer ihrer Zunge bin, mit
der sie das Aroma jedes Schluckes erleben. Aber was soll ich
denn machen? Kann ich sie denn zum Vertrauen und zur
Liebe zwingen? Nein, Eddy! Vertrauen ist Liebe, und Liebe
vertraut. Menschen, die aus Mitgefühl und Liebe zu mir stehen
und genau hinschauen, so wie du, die suche ich. Solche
Nachfolger braucht unsere Welt. Egal, ob Juden, Christen,
Moslems, Buddhisten oder Hindus. Die Liebe macht den
Unterschied. Ich gehöre allen!“
Hau Ruck, hau Ruck, hau Ruck!
Vier Soldaten zogen den an Seilen festgebundenen
Querbalken und den daran festgenagelten über einen mit
Tierfett getränkten alten Stofflappen hoch. Den hatten sie als
Gleithilfe oben am Ende des senkrechten Pfahls befestigt. Die
Beine und der Körper des Gehängten hingen für Minuten
zwischen Himmel und Erde und jede Bewegung löste
Höllenqualen aus. Jesus hing still wie ein Lamm. Völlig
wehrlos ließ er das Geschehen zu.
Zwei Soldaten befestigten anschließend die Seilenden unten
am Pfahl und es soll auch vorgekommen sein, dass sich die
Seile in ihren Händen lösten. Wenn das passierte, sauste der
am Querbalken hängende Mensch wieder zu Boden. Die
„Inthronisierung“ wiederholte sich dann und war für den
Verurteilten schmerzhafter als beim ersten Versuch. Einige
Soldaten machten sogar ein Spiel daraus. Es kam dabei immer
auf den Hauptmann an. Der eine duldete es, der andere nicht.
Der heute Dienst hatte, war schon älter und achtete darauf,
dass seine Soldaten es nicht allzu sehr übertrieben. Jesus hing
immer noch in der Luft. Und er wusste genau, was als
nächstes kam. Er legte seine Füße bereitwillig in die groben
Hände der Soldaten. Das war nicht immer so, denn einige der
zu Tode Verurteilten traten manchmal nach ihren Peinigern
und wehrten sich mit letzter Kraft. Doch dieser Mann tat es
nicht. Wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird und
vor seinem Scherer verstummt, so verhielt sich der, der heute
als der Letzte drankam. Und das wunderte die Soldaten und
den Hauptmann schon sehr.
„Ist er vielleicht doch der Sohn Gottes?“ Solche und ähnliche
Gedanken gingen dem Hauptmann zeitweilig durch den Kopf.
Und was wäre, wenn? Plötzlich spürte Jesus einen dumpfen
Schmerz in seinen beiden Füßen, der pfeilschnell durch die
Beine bis in seinen Rücken hochschoss und ihn beinahe
wahnsinnig gemacht hätte. Er blickte auf und wimmerte
vor Schmerzen. Blut floss aus seinen Handgelenken und
Füßen. Es berührte den Holzstamm und rann still an ihm
herab. Die Erde nahm es in sich auf und wurde erlöst. Das
Blut des Unschuldigen beglich den Schuldschein aller, die
jemals über diese Erde gegangen waren, gehen und noch
gehen werden. Alles bezahlt. Gott selber hatte Hand angelegt
und die Erde mit sich versöhnt. „Das war’s für heute!“, rief
einer der Soldaten, „den Rest überlassen wir den Hunden und
Vögeln! Die streunenden Hunde kamen nämlich nachts gern
nach Golgatha und weil die Kreuze nicht allzu hoch waren,
wurde so mancher Hund auf diesem Hügel fett und satt.
Niemand verscheuchte sie. Die Sterbenden konnten es nicht
und an ihr Schreien hatten die armen Köter sich längst
gewöhnt. So zu enden, war wirklich ein Fluch.
„Ach komm, trink noch einen!“, sagte ein anderer Soldat und
tauchte den Stock mit dem Schwamm tief in die bittergrüne,
stinkende Brühe, die in einem Blecheimer unten am Fuß des
Kreuzes stand und meterweit ekelig roch. Es war dieselbe übel
schmeckende Mischung aus Galle, Wasser und Essig, nach der
die anderen Gekreuzigten immer wieder verlangt hatten.
Rufus hieß der Soldat, und er hielt den tropfenden Schwamm
an den Mund des Erlösers.
Doch Jesus trank nicht! Er bewegte seinen Kopf mit dem
Dornengeflecht zur Seite und schaute durch sein
blutverklebtes Haar zu einer Frau, die unter dem Kreuz stand
und bitterlich weinte. Es war seine Mutter. Sie war jetzt 33
Jahre älter als im ersten Spiel und immer noch sehr schön. In
ihrem Gesicht spiegelten sich die Schmerzen ihres Sohnes.
Ein Mann mit namens Johannes, er war der Lieblingsschüler
von Jesus, stand ihr tröstend zur Seite.
„Na, dann eben ohne Erleichterungsmilch!“, lachte Rufus
hämisch, nahm das Gewand des über ihn nach Luft ringenden
Mannes und setzte sich mitten in die Gruppe um Eddy und
Immanuel. Er sah tatsächlich aus wie Roberto.
Für Eduard wurde es alles zu viel und er verbuddelte sich für
einen Moment. Er brauchte eine Erdung, denn er verstand die
Welt nicht mehr.
Warum waren Menschen nur so grausam? Während er sich
durch die warme Erde Jerusalems wühlte, tauchte er nach
einigen Metern aus sehr hartem Boden wieder auf. Direkt vor
ihm stand die Frau, die er bei dem ersten Spiel schon einmal
gesehen hatte. Eddy erkannte sie. Er ließ sich von ihr auf den
Arm nehmen und bekam so unter der Brust einer Mutter alles
mit. „Johannes“, rief Jesus mit letzter Kraft vom Kreuz herab,
„kümmere dich um meine Mutter! Ab heute ist sie auch
deine.“ „Und Maria, Johannes ist ab jetzt dein Sohn. Du wirst
noch viele Söhne und Töchter bekommen, denn wenn ich das
hier alles hinter mich gebracht habe, wirst du die Mutter der
Welt sein. Unsere Leiden sind nicht umsonst. Maria, glaub
mir, die ganze Welt kaufe und schenke ich unserem liebenden
Vater heute zurück. Auch Roberto und all die anderen
Robertos, die noch nicht wissen, was sie tun.“
Jesus sah für einen Moment die gesamte Menschenfamilie vor
sich. Eine Schar, die niemand zählen konnte. Vom ersten bis
zum letzten Menschenkind. Alles lief wie in einem Film vor
ihm ab. Er sah Mörder, Priester, Huren, Diebe, Lügner,
Erzieher, Banker, Jesuiten, Benediktiner, Präsidenten, Päpste,
Bettler, Bischöfinnen, Diakonissen, Soldaten, Lehrer,
Politiker, Arbeitslose, hungernde und nach Vergnügen
süchtige Menschen, die sich alle wie in einem Strudel
befanden. Er sah sie vor seinem inneren Auge vorbeiziehen.
Mehr Arme als Reiche. Gandhi, Mohammed, Buddha, Jimi,
John, Paul, George & Ringo, Barbara, Osama, Kinder mit und
ohne Namen, Familien und Einsame. Menschen ohne Ende
und aller Hautfarben und aller Religionen. Jeden, dich und
mich. Zu allen spürte er in sich eine tiefe, unbeschreibliche
Liebe. Er war unter dem Herzen seiner Mutter Maria und im
Stall von Bethlehem einer von ihnen geworden, allerdings
ohne eigene Schuld auf sich geladen zu haben. Als
Unschuldiger war er allein in der Lage, alles, was Menschen
in ihrem Leben in Unkenntnis, aus Verzweiflung oder auch
mit Absicht an Bösem getan hatten, bleibend wieder gut zu
machen. Er wusste, dass jeder dieser Menschen für sich einen
Weg nach Himmelshausen suchte. Einen Weg, auf dem man
ohne Schuld und Angst vor der eigenen Vergänglichkeit
dem Ewigen mit Hoffnung entgegentreten konnte.
Jesus spürte in diesem Film die Sünde der ganzen Welt bereits
in jeder Zelle seines Körpers. Sie war hart und angekommen
und der, der ohne Sünde war, wurde jetzt für alle zur Sünde
gemacht. Er konnte sich durch die Stricke und Nägel nicht
mehr aus der Weltschuld herausbewegen. Und er wollte es
auch nicht. Im Gegenteil! Er war bereit, sie ein für alle Mal zu
tilgen und mit seinem Blut bleibend zu entkräften. Schuld, die
nicht mehr quält, ist plötzlich harmlos. Auch dem ewigen Tod
wollte er mit seinem Sterben die grausame Hoffnungslosigkeit
nehmen.
Tod, wo ist dein Stachel? Hölle, wo ist dein Sieg? Er spürte
diesen Stachel stellvertretend für alle und brach ihm am Kreuz
endgültig die Spitze.
Jesus sah seine leidende Mutter vor sich und spürte ihre
warmherzige Liebe. Sie war in diesem Augenblick stärker
denn je. Von Kindesbeinen an, hatte sie ihn begleitet, ihm die
schönsten Gewänder und Schuhe gemacht, mit ihm gespielt
und ihn in die Thora seines Volkes eingeführt, mit ihm gelacht
und geweint. Eine Mutter wie viele und doch einzigartig.
Eine besondere Frau unter den Frauen.
Auch die Liebe seines Freundes Johannes tat ihm gut. Er sog
sie statt der betäubenden Brühe mit jedem Blick atmend in
sich auf und so stärkte er sich mitten in den Schmerzen seines
Kreuzes.
Eduard zupfte zart an Marias Kleid und fragte sie: „Warum?“
Sie zeigte ihm die hinter ihr liegende Stadt Jerusalem.
„Darum!“, sagte sie! „Er ist ihr König, und ich habe ihn
damals unter Schmerzen für sein Volk geboren, und nun
schenke ich ihn der ganzen Welt!“
Es wurde noch dunkler über Golgatha und ein plötzlich
erschallender lauter Donnerschlag erschreckte die
Anwesenden. Jesus rief laut in den Aushall des Donners
hinein: „Mein Gott, mein Gott! Warum hast du mich
verlassen?“ Dann hörte Eduard ihn noch sagen: „Es ist
vollbracht!“
Eddy blickte mit Maria schnell noch einmal hoch in seinen
letzten Augenblick und sah in diesem Moment dasselbe
Lächeln auf seinem Gesicht wie damals im Kölner Dom, als
der junge Eddy Jesus zum ersten Mal begegnete. So hatte er
ihn kennengelernt. Dann fiel sein Kopf nach vorn und Jesus
ließ seinen leblosen, zerschundenen Körper am Kreuz zurück.
Ganz Rom war erschrocken, und der Nebel verschwand wie
eine Decke vor ihren Augen. Das letzte Spiel war aus.
„Ich gehe jetzt zu meinem Vater“, sagte Jesus.
„Die Schuldfrage ist ein für alle mal gelöst!“
Und plötzlich entschwand er vor ihren Augen …
Papst Eduard I. und die Männer waren wie gelähmt. Kein
Wort war zu hören. Eine Grille durchzirpte die Totenstille.
Roberto stand zögernd auf und ging zum Mikrofon. Er hob
seine beiden Hände und sprach:
„Liebe Leute! Meine Schuld ist bis heute weg!“ sagte er mit
salzigem Geschmack auf seinen Lippen und er weinte selten.
„Alles fühlt sich immer noch so leicht an und ich weiß, Jesus,
der heute vom Himmel auf uns hier herabschaut, hat sie
damals am Kreuz getilgt! Getilgt wie einen Nebel!“
Roberto, der Mann mit der Glatze, blickte in die Menge und
staunte nicht schlecht, als viele der Motorradfahrer sich in
ihren Kutten von ihren Plätzen erhoben, die Mützen abnahmen
und ihre tätowierten Hände falteten.
Die Stille war immer noch greifbar und Papst Eduard weinte.
Es duftete überall nach Himmelshausen und seine kleinen
Maulwurfaugen funkelten wie Sterne. Anna-Leena sagte mit
einem Kloß im Hals: „Eddy, das ist deine Frucht. Schau mal,
der Petersplatz ist voller Menschen. Sie haben heute in ihren
Herzen bereits eine Himmelfahrt, weil sie das Kreuz, seine
Auferstehung und überhaupt den Mann und seine Absicht
daran verstanden haben!“
„Ja, erwiderte er, wir sind schon so ein paar Früchtchen!“
und eilte zum Mikrophon. Er lud diejenigen, die noch einen
Klemmer oder Kolbenfresser von der Fa. Sündikuss in ihrer
Herzensmitte hatten und ihn gern wieder los werden wollten,
zu Einzelgesprächen in den Petersdom ein. Die Beichtstühle
liefen heiß und die Menschen gingen frohen Herzens wieder
mit einem Neustart ins Freie.
Gegen 5:00 Uhr morgens schlief Papst Eduard im Beichtstuhl
vor Erschöpfung ein und erwachte Stunden später mit einem
Lied auf den Lippen:
„Meine Schuld ist vergeben, ich bin frei.
Er gab für mich sein Leben und macht alles neu!“
Draußen knatterten hunderte von Motorrädern und die Luft
war von Abgasen geschwängert. „Da lob’ ich mir doch meine
Tante Paula. Nie wieder tanken, da kann man Gott danken!“,
sagte Eddy und fuhr eine Runde mit einem der Rocker und
seinen neuen Freunden durch Rom. Er lud sie anschließend
herzlich zum nächsten Pfingstfest ein und sagte: „Kommt
wieder, Menschenkinder, da bekommt ihr wieder neuen
Sprit!“
Eduard hatte es nämlich inzwischen gelernt, mit der
Himmelstaube zu kooperieren. Und fröhlich zog die Karawane
weiter!
Das war der Gipfel
Papst Eduard war ja nun nicht nur das Oberhaupt der
Katholischen Weltkirche geworden, sondern auch Staatsmann.
Als solcher wunderte es ihn schon sehr, dass er zu keinem
Gipfel der übrigen Staatsoberhäupter jemals eingeladen
wurde.
Als sich die Politiker dieser Welt wieder einmal zu einem
ihrer teuren Lügentheater trafen, ließ er sich begleitet von
seinen Bodyguards, zum Umweltgipfel unangemeldet
einfliegen. Man tagte abgesondert und abgesperrt in einem
Luxushotel. Für den Bau dieses Hauses wurden illegal
wertvolle Mangrovenwälder zuvor abgeholzt.
Alle waren sie da: Obama, Mettwedjew, Mörkel, Sarkotzie,
Rötschlau, und all die anderen Versprecher, die man aus der
Weltpresse und dem Fernsehen ja genügend kennt und kaum
noch ertragen kann. Es ging mal wieder alibimäßig um das
Weltklima und Papst Eduard hatte mit seinen Bodyguards auf
dem Flug vereinbart, dass sie während seiner Rede im Saal das
Weltklima 2099 mit dem verbotenen Computerspiel real
simulieren sollten. Er wollte der Welt vor Augen führen, wie
es bald aussieht, wenn die Politiker nicht endlich ihren Hintern
bewegen. Tante Mörkel versuchte wie immer bei den Fotos
gut wegzukommen und Obama lächelte derart, dass auf der
ganzen Welt die Zahnpastahersteller gern einen Werbevertrag
mit ihm gemacht hätten. Als man Papst Eduard als letzten
Redner aufrief, schalteten seine Bodyguards die Klimaanlage
im Saal aus und simulierten langsam steigend das vermutliche
Klima des Jahres 2099. Papst Eduard sagte unter anderem:
„Meine Lieben! Sie müssen mich nicht unbedingt ernst
nehmen, aber ich bitte darum, dass Sie mich wenigstens
wahrnehmen. Wir befinden uns gleich im Jahre 2099 und es
hat sich gezeigt, dass Ihr bisheriger Klimahandel die Welt an
den Abgrund gebracht hat. Aus Bäumen habt Ihr
Telefonbücher gemacht und aus Walen Sushi. Durch Eure
Politik ist es nun soweit, dass die Polkappen weg sind und die
Temperaturen sich um viele Grade bis zur Unerträglichkeit
erhöht haben.“
Papst Eduard erzählte den Politikern daraufhin einen Witz und
alle hörten amüsiert zu.
„Ein Walfisch hatte sich in einem Fischernetz verfangen und
rettete sich mit letzter Kraft in einen Hafen. Weil er sich nun
selbst nicht mehr aus seiner Gefangenschaft befreien konnte,
bat er den Hafenmeister, er möge ihm doch bitte helfen. Als
Dank wolle er ihm das nächste Jahr einen Thunfisch zur
Belohnung mitbringen. Der Hafenmeister handelte sofort und
ließ den Wal wieder ins offene Meer hinaus. Ein Jahr verging.
Der Wal kam ohne Fisch zurück und der Hafenmeister fragte:
„Wo ist denn mein Fisch. Du hast mir doch was versprochen?“
Der Wal antwortete lachend: „Ach, weißt du nicht, dass man
Wahlversprechen nicht einhalten muss?“
Alle lachten betroffen, dachten aber nicht im Traum daran,
wirklich etwas zu ändern. Das Computerspiel funktionierte
hervorragend und der Saal wurde, während Papst Eduard
weiter sprach, langsam mit lauwarmem Wasser geflutet.
Zuerst bemerkte es niemand. Doch dann stürmte es plötzlich,
als würden 1000 Orkane losbrechen, und alle Etikette flog
hinweg. Die Politiker schrien vor Angst und einige von ihnen
konnten noch nicht einmal schwimmen.
Angela hielt sich mit Sarkotzie krampfhaft an einem fallenden
Kronleuchter fest und Obama versuchte währenddessen, die
Nichtschwimmer und alles andere im Saal, immer noch
lachend, zu retten. Herr Rötschlau verlor neben seinem bereits
sowieso abhanden gekommenem Durchblick auch noch seine
letzte neue Brille und Bär-LustSconi, der bisher die Kirche mit
viel Geld schmierte und die ihn leider jahrelang unterstützte,
ging noch einmal mit Erfolg und einer jungen Blondine zum
Bunga Bunga auf seine Suite. Die Luft war äußerst dünn und
viele bekamen echte Atemprobleme. Es stank nach verfaulten
Tierkadavern und auf den Tischen hatte sich eine Art Pilz aus
abgestorbenen Korallen breitgemacht, der bei den Politikern
einen äußerst starken Juckreiz auslöste.
Alles schrie nach Rettungsschirmen, Sondergipfeln und einige
baten sogar Gott laut um Hilfe. Eduard gab seiner Delegation
ein Zeichen und sie stellten am Simulator die Atmosphäre
augenblicklich wieder auf Echtzeit zurück.
Er sagte: „Wenn ihr euch nicht selber helft, hilft euch auch
kein Gott. Fangt endlich an!“ Eduard saß dabei auf einem
Orka und reichte Angie einen letzten „Rettungsschirm“.
Danach verließ er den Gipfel und dachte an die Worte seines
Vaters Paul Kratzfuss: „Politiker sind Ganoven im Frack!“
„Wat, ’ne Welt“, dachte Eduard. Merkelchen hängte ihre
Fahne gern in jeden für sie günstigen Wind. Mal war sie
schwarz, mal rot, mal gelb. Nur wirklich grün war sie nie.
Schon gar nicht mit sich selbst. Das Volk durchschaute ihre
Farbenspiel-Kanzlerin und wählte sie endlich ab. „Ich will
Deutschland dienen!“, geriet wieder einmal zur Farce. Den
Pilz auf den Tischdecken ließ Papst Eduard mahnend zurück.
Die Politiker kratzten sich weiterhin gegenseitig
gewinnbringend den jeweils eigenen Rücken und die traurigen
Bilder von Korruption, Selbstmordanschlägen und
Betrügereien und atomaren Katastrophen gingen weiter um die
Welt. Eduard vertraute ihnen nicht. Der Norden Japans war
bereits für Jahrtausende unbelebbar …
Luthers Comeback
Es hatte sich bis in den letzten Winkel der Erde herum
getwittert, welch fortschrittlicher Geist inzwischen in den
Vatikan eingekehrt war, und die Leute sehnten das Pfingstfest
herbei. Sie hatten die Nase voll von ständig schlechten
Nachrichten, die die Kirche in ein übles Licht gebracht hatten.
Der Fisch fängt beim Kopf an zu stinken. Das Umgekehrte
galt aber auch. Eduard duftete nach Himmelshausen.
Als der Pfingsttag dann endlich da war, sah man sie alle
einmütig im Jesus House beisammen. Pfingstler und
Katholiken, Protestanten und Orthodoxe. Buddhistische
Mönche, Hindus, Atheisten, Moslems und, und, und …
Sie glauben gar nicht, wie viele Isten es gab. St. Peter war
gerammelt voll und auch der Petersplatz quoll bis zur
Engelsburg mit Menschen über. Überall in der Stadt waren
Großbildleinwände zum Public Viewing aufgestellt und die
Menschen saßen weltweit an den Fernsehern. Papst Eduard I.
fuhr auf seiner Tante Paula geräuschlos in den Dom ein. Die
Leute riefen:
„So geht’s nicht weiter auf die Dauer,
Eduard, wir brauchen neue Power!“
Wohlriechender Weihrauch schwängerte ganz Rom. Die
Protestanten und Pfingstler husteten begeistert vor Freude. So
etwas kannten sie bisher noch nicht. Papst Eduard trat an den
Hauptaltar. Auf ihm stand, man glaubt es kaum, Martin Luther
unter einem weißen Leinentuch.
Ein Künstler aus Wittenberg hatte diese lebensgroße
Lutherstatue extra für diesen Tag entworfen und sie sollte nun
ihren Platz im Petersdom für immer finden. Anna-Leena trat
von hinten an den Altar und zog mit einem Rutsch das
Leinentuch von Martins Haupt. Er stand da wie eine deutsche
Eiche! Die Orgel spielte dazu ein bis dahin noch nie im
Petersdom erklungenes Kirchenlied:
„Ein feste Burg ist unser Gott
ein gute Wehr und Waffe …“
Viele Menschen sangen mit. Einige hörten es zum ersten Mal
in ihrem Leben. Plötzlich, aus wahrlich heiterem Himmel,
kam ein Brausen wie das eines gewaltigen Windes und erfüllte
den Raum. Drinnen und draußen, an den Fernsehern und im
letzten Winkel Roms erhoben die Menschen ihre Stimmen,
freuten sich und riefen:
„Weg mit dem Bann über Martin Luther,
nur eine Kirche ist unsere Mutter!“
Eduard weinte vor Freude, fiel auf seinen kleinen
Maulwurfbauch und sagte leise zu Anna-Leena: „Papst
Johannes Paul war ein so guter Papst wie Luther es gewesen
wäre!“ Anna-Leena nickte. Sein Freund Alex aus Freiburg
hielt eine Kerze in seiner Hand und Eduard ließ einen Bettler,
der ein wenig nach Urin roch, predigen. Der Mann wollte vor
einiger Zeit bereits sein Wohnzimmer betreten, doch er wurde
aus dem Dom geworfen. Er freute sich nun endlich zuhause
bei seinen Menschen sein zu können und er trat an den Ambo.
Der Kirchendiener Francesco hielt zitternd eine weitere Kerze
in der Hand und der Bettler begann seine Ansprache:
„Meine lieben Freunde! Heute ist Pfingsten.
Und da, wo Menschen sich im Namen der Liebe
versammeln, da bin ich immer mitten unter ihnen,
mal als Bettler, mal als Edelmann!“
Während er noch sprach, erstrahlte sein Gesicht. Es wurde so
hell wie das Licht in Himmelshausen und die Menschen
erkannten ihn. Wie aus einem Mund riefen sie laut: „Jesus!“
Er ging durch ihre Reihen, zuerst zu den Kranken, legte ihnen
seine Hände auf und da war sie wieder: Die Urkraft, die ihn
schon damals in Galiläa begleitete und die in der ersten Kirche
das Sagen hatte. Alle wurden gesund. Der Bettler löste sich in
Duft auf und seine Liebe erfüllte alle. Viele beteten und
dankten Gott für seine überraschende Gegenwart, jeder in
seiner Art. Einige weinten, andere lachten. Doch alle waren
fröhlich. Keiner blieb unbeteiligt und niemand musste sich
irgendwie religiös anstrengen oder fromm martern. Allen
gehörte die Liebe Gottes und die Freude stand jedem ins
Gesicht geschrieben. Kinder spielten fröhlich und tanzten
singend um den Altar. Die Schweizer Gardisten zogen ihre
Uniformen aus und eröffneten ein Kasperltheater in den
Beichtstühlen.
Die neue Lutherstatue fand später neben Michelangelos Pietà
im Eingangsbereich einen ehrwürdigen Platz. Der
Kirchenbann war nach fast fünfhundert Jahren endlich
gebrochen. Martin hatte inzwischen eingesehen, dass sein
Juden- und Hexenhass nicht im Sinne des Erfinders war und er
rehabilitierte sich durch Eigenreformation. Weltweit läuteten
spontan die Glocken und die Minarette begannen, sich vor
Freude zu biegen. Selbst in der Schweiz hörte man den Ruf
des Muezzin: „Allah ist groß!“ Keiner sagte mehr: „Es geht
nur so!“ Jeder lebte in seiner Art und Weise. Herr Professor
Küng porschte glücklich mit Eduards Geschenk durch Rom
und keiner neidete ihm mehr seinen flotten Flitzer. Endlich
hatten es die Kirchen geschafft und begriffen, ihre Grenzen
und Zäune liebend zu überwinden. Die Kirche war gerettet!
So feierte man drei Tage lang und die Fröhlichkeit griff in
Windeseile um sich. Der Maulwurf Papst Eduard mischte sich
weiter wie gewohnt unters Volk. Er spielte mit den Kindern
auf dem Petersplatz Fußball und ließ ein Schachbrett aus
Marmor in den Boden vor dem Dom einarbeiten. Primus inter
pares, der erste unter Gleichen.
Hier sah man ihn und Anna-Leena abends öfters mit den
Menschen diskutieren. Einigen nahm er auch schon mal auf
dem Brunnenrand sitzend die Beichte ab. So einen lockeren
und lockenden Papst hatte die Welt noch nie gesehen und
keiner wollte mehr zurück in die Abteilung für Steiftiere und
Kühle der alten Zeit. Papst Eduard deutete aber auch immer
wieder an, dass er sich eines Tages selbst entthronen würde
und rief alle auf, ihr Leben in den Dienst der Liebe zu stellen.
Frauen wie Männer, Klein und Groß. Weltweit erfüllte dieser
Geist die Menschen und die Kirche erkannte man wieder an
ihrer ungebrochenen Lebensfreude und Liebesenergie.
Hier und da keimte zwar noch mal ein Überrest bei den
Unverbesserlichen auf, doch die Menschen beachteten es
nicht. Sie hatten Besseres erfahren und gaben darauf acht,
diese Freude nicht durch Lieblosigkeit wieder zu verlieren. So
einfach war es. Gerechtigkeit war also nicht länger ein
theologischer und abstrakter Begriff, sondern ein real
erfahrbarer Zustand.
Stille Nacht in Rom
Advent, Advent ein Lichtlein brennt.
Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier...
Alle Jahre wieder packte die Menschen in den Metropolen
dieser Welt der sogenannte Weihnachtsvirus. Unerbittlich
schlug er zu. Viele verfielen kurzzeitig in einen Kaufrausch
und Schenkzwang. Bereits Wochen vor dem 24. Dezember
wurden die Straßen und Plätze mit unnötig verbrauchter
Energie überleuchtet.
Verdächtig heuchlerisch erklang hier und da ein
Weihnachtslied an Orten, wo man sonst mit dem lieben Gott
gar nix am Hut hatte. Anna-Leena und Eduard waren sich
darüber im Klaren, dass es so nicht weitergehen dürfe. „Mit
Weihnachten hat das alles nichts mehr zu tun!“, sagte Eduard
zu seiner Frau angesichts voller Schaufenster, bunter Sterne
und Lichtgirlanden über den Straßen. „Es ist aber auch eine
Suche nach dem Licht!“, antwortete Anna-Leena. In dieser
Adventszeit lud das Papstpärchen die Armen der Stadt zu sich
in den Petersdom ein. Es gab leckere Waffeln und heißen Tee
mit Honig. Die Obdachlosen durften dort kostenlos essen,
trinken und selbstverständlich auch übernachten. All
inklusive! Ärzte, Priesterinnen und Priester bedienten sie
vorzüglich. Eduard öffnete die Kleiderkammern der Kurie und
verschenkte die teuersten Roben und Gewänder an Bedürftige.
Er sagte: „Wenn das Fest vorbei ist, macht bitte so weiter.“
Eduard erinnerte sich an einen Spruch seines Freundes
Gerhard aus Pepitaland. Der sagte einst: „Jeden Tag feiern, so
als wäre jeder Tag Weihnachten!“ „Alle Tage sind gleich
heilig“, sagte Papst Eduard und die Armen applaudierten.
Endlich war die Heuchelei vorbei und einige Menschen
schliefen sogar im Dom für immer ein. Sie reisten direkt und
friedlich nach Himmelshausen. Eduard hatte es geschafft, alles
Hohe und Stolze aus dem Dom zu entfernen und die Armen
nahmen ihren Platz ein. Selbst Gott kam aus seiner Freude
nicht mehr heraus.
Morgens ließ Eduard seine Freunde ausschlafen und gab
denen, die zu einer Arbeit in der Lage waren, kleine
Aufgaben. Luther stand zufrieden neben Maria am Eingang
des Gotteshauses und sie flüsterte ihm eines nachts zu: „Die
neue Zeit ist angebrochen. Ich hab’ den Wandel stets
gerochen!“ Papst Eduard hatte vor, den mutigen Martin bald
selig zu sprechen. Doch Martin sagte: „Lass mal stecken
Eddy, ich bin es schon!“ Der heilige Abend nahte und
besonders unter den Kindern stieg die Spannung, aber auch
die Großen waren neugierig auf das, was da aus Rom wohl
unter Papst Eduard geschehen würde.
Doch es gab nichts Neues. Die Menschen besannen sich auf
die Geburt des Erlösers und damit auf ihr größtes Geschenk.
Ein Kind trat überraschend am Heiligen Abend an ein
Mikrofon. Es hatte eine Geschichte in Bella Floras
Krabbelgruppe gehört und wollte sie nun unbedingt
weitererzählen. Sie handelte von einem sterbenskranken Kind.
Aus dem Bett heraus konnte dieses Kind einen vor seinem
Fenster stehenden Kastanienbaum sehen. Es war Herbst und
das Kind wusste, wenn das letzte Blatt von diesem Baum
gefallen war, würde es sterben müssen. Eduard hörte gespannt
zu. Der Herbstwind kam und viele Blätter fielen ab. Nur das
letzte nicht. Es blieb, für das todkranke Kind gut sichtbar, am
Ast des Baumes hängen. Jede Nacht bangte das Kind. „Wird
es morgen, wenn ich erwache noch am Baume sein?“ Es
wurde Winter. Doch das Blatt fiel und fiel nicht ab. Das Kind
wurde eines Tages gesund, doch der Nachbar, ein alter Mann
und Freund des Kindes, starb plötzlich. Er hatte das Blatt in
jeder Nacht, selbst bei klirrender Kälte, immer wieder an dem
Baum befestigt.
„Genau so ist Gott!“, sprach das Kind im Petersdom. „Er
kümmert sich um uns, wie der Nachbar es für das kranke Kind
tat!“ Es war mucksmäuschen still und alle verstanden den
tiefen Sinn dieser kleinen und bewegenden Geschichte. Der
Kindergarten „Viva Bambino“ bereitete dazu ein dreitägiges
Krippenspiel für die Besucher der Christmette draußen auf
dem Petersplatz vor. Bella Flora, die einstige „Attentäterin“
war inzwischen glücklich verheiratet und leitete mit großer
Freude den Kinderchor. Eine lebendige Krippe aus Menschen
war liebevoll aufgestellt und MTV und VIVA übertrugen alles
live. Es begann zu schneien und die Obdachlosen und Bettler
hatten es gemütlich warm in dem von Kerzenlicht erleuchteten
Dom. Die Kraft von Pfingsten blieb der wachsenden Kirche
herzerwärmend erhalten und erfüllte die Menschen mit großer
Freude. Draußen auf dem Petersplatz brannte stets ein Feuer,
an dem sich jeder wärmen konnte. Vieles war in der Kirche
während des Pontifikats Eduard I. anders geworden. Doch sie
bestand immer noch aus den unmöglichsten Gestalten. Jeder
fand in seiner Art seinen Platz in ihr. Gleichschaltung von
oben herab war für immer vorbei. Individualität erfreute die
Welt und der Katechismus der Liebe wurde wieder wahr. Ja,
man inhalierte sie geradezu.
Papst Eduard und Anna-Leena suchten für sich einen
Urlaubsort zwischen Weihnachten und Neujahr. Das
Papstmäuschen wollte schon immer gern die Malediven
kennenlernen, doch die gab es bereits nicht mehr. Bis
Sylvester bereisten die Glücklinge mit ihrem fliegenden
Teppich Ägypten zum Teil mit mercurem Meerblick.
„Honeymoon, Honeymoon and the baby comes very soon!“
Beide genossen sich und den neuen Spirit after the Revolution,
der das ganze Land erfrischt hatte. In Sharm El Sheik traf
Eduard zufällig auf der Hoteltoilette den zurückgetretenen
Präsidenten Mubarak. Dieser stöhnte sitzend auf dem Thron
für Jedermann laut und unter Polizeischutz vor sich hin. Er
hatte interne Verstopfungen wegen too much Money.
Eddy war völlig klar, dass die Welt auch ohne einen Papst
bestens klar kommen würde und so vertraute er den Kindern,
Jugendlichen, Frauen und Männern seine Kirche immer mehr
an. Er hasste es sowieso, wenn sich alles nur ständig um ihn
und seinen Bauchnabel drehte. Sein Traum von einer
liebenden Kirche war realisiert, und er hatte die schmerzhafte
Trennung der Christen und aller Religionen überwunden.
Weltfremdheit wurde mit Liebe ersetzt, und er entthronte sich
danach immer mehr und war vielleicht gerade deshalb ein
besonders guter Hirte. Auf den Straßen und Plätzen liebte man
ihn, so wie die Stimme es aus dem Licht in Himmelshausen
einst zu ihm gesagt hatte, und die Leute riefen:
„Unser lieber Eduard,
für dich war’s manchmal ganz schön hart.
Doch mit Liebe und Geduld,
vertriebst du manchen toten Kult!
Einer von den Kleinen und sonst weiter nichts.
Einer von den Reinen aus dem Reich des Lichts!
Eddy, we love you!“
Die Bodyguards waren in den Tagen zwischen Weihnachten
und Sylvester auch bei ihren Familien, und Neujahr fing alles
wieder von vorne an. „Immer schön locker bleiben!“,
sprach der Maulwurf, „denn kurvige Wege
sind immer spannender als Trampelpfade!“
„Bist du etwa ein Jude?“, fragte Anna-Leena erstaunt.
„Vielleicht! Eines bin ich auf alle Fälle. Gemeinsam mit
Bischof „Herzblick“: Ein Prisma, in dem sich Leid und Freude
bricht. Unser König ist übrigens auch so einer!“
Papst Eduard veröffentlichte während seines Pontifikats nur
eine Enzyklika. In dieser konnte die Welt folgendes lesen:
„Wenn jeder allem, ob Tier, ob Pflanze, ob Mensch,
ob Stein, ob Gedanke, Religion, Wasser oder Luft,
alles und jedem stets mit Achtung, Respekt und
Wertschätzung entgegenkommt und alles in seiner
Art achtet, so glaube ich,
wird es auf der Erde ganz gut laufen und so
mancher würde sogar glücklich sein.
Mischt euch ein, empört euch und spottet,
wenn nötig dem offensichtlich Falschen,
damit der Wahrheit in Liebe alle Ehre zu Teil wird!“
Eduard Kratzfuss zog seine Papstkleidung für immer aus,
nahm seine geliebte Kirchenmaus fest an die Hand und ging
mit ihr fröhlich pfeifend zurück ins ewige Licht. Anna-Leena
blickte Eduard dabei tief in die Augen und sagte: „Eddy,
soviel Liebe, wie du brauchst, hat selbst der liebe Gott nicht.
Er weiß ja schon gar nicht mehr, wo ihm der Kopf steht!”
Eddy warf ihr ein liebevoll zugekniffenes Auge zurück,
blickte auf seine Schuhe, dachte an seinen lieben Freund
Gerhardt, und lachte und lachte und lachte!
Sie liebten, und das gefiel Gott!
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Danksagungen!
Verleger beider Kirchen haben das Manuskript gelesen und
meist gelobt. Keiner jedoch hatte den Mut es herauszubringen!
Deshalb freue ich mich in Reinhard Komar vom Deutschen
Buchverlag (dbv) einen Mann gefunden zu haben, der unser
Werk in gedruckter Form unters Volk gebracht hat. (amazon)
Norbert Denef danke ich herzlich für sein ehrliches Vorwort
und empfehle Leuten mit starken Nerven sein Buch: „Ich
wurde sexuell missbraucht!“ Bernhard Müller dem Verleger
des ersten Bandes EDUARD KRATZFUSS (fe-medien)
danke ich für die weitherzige Kooperation mit dbv und mir.
Walburga Hilbert für ihre künstlerische Begleitung mit dem
geschulten Herzensauge! Dank auch an den „Master of Slide“
und Wundergitarristen Kieran „Gutmut“, für die Beratung
und die vertrauensvolle Einsicht in seine leidvollen
Erfahrungen während des Praktikums im Pfarrhaus
„Bubenzell“ und seiner Zeit im Priesterseminar. Danke dem
Innenminister a.D. Heinz Eggert für seine Rezension zu
Papst Eduard!
Spezieller Dank gilt dem Künstler und Internetdesigner
Manuel Nordus von Palme Design für seine stets treffenden
Illustrationen und die Umsetzung meiner Ideen. Dem mutigen
Sänger TESORO aus Klösterreich und den KON
DOMSPATZEN danke ich für den „Überraschungsauftitt“
auf dem Petersplatz! Die Textrechte des Liedes
PRIESTERSEMINAR! liegen bei Peter Neuhof, der ihn zum
Abdruck ohne finanzielle Absichten für dieses Buch zur
Verfügung stellte. Ich wünsche ebenso KIERAN HILBERT
& FRIENDS viel Erfolg! „Ohne Blues kein Blues!“ Giorgio
Martocchi & ALEX danke ich herzlich für die Textberatung
von der Fa. „WENIGER IST MEHR!“
Udo Lindenberg danke ich für Freundschaft und seine
„Sizilianische Ausbildung“, die ich in seinen Panikbetrieben
über viele Jahre genießen durfte. „Gerhard“, ich hab dich lieb
und die Kerzen brennen! Rolf „Rocco“ Klein für seinen
lieben Brief. Dem Autorenberater Levin Hilbert (9) danke ich
für seinen Tipp mit dem Papst doch bitte ehrwürdig
umzugehen. Bernd Hans Göhrig (Initiative Kirche von unten,
das Reich der Maulwürfe:-) für den Tipp Norbert Denef das
Vorwort schreiben zu lassen. Dem Pinselartist ® Ralf
Metzenmacher für die Unterstützung und geistige Bereitheit
die Schandtaten einiger Kirchendiener unverblümt auf
Leinwand zu bringen. Der Sozialpädagogin Julia Fiedler –
Malzer für ihr kritisches Probelesen und die Beantragung des
Bundesverdienstkreuzes am langen Bande für EDUARD
KRATZFUSS beim Bundespräsidenten Wulff. Dem
Bundespräsident Wulff danke ich für seine positive
Bewertung des Maulwurfserstlingswerkes in seinem
Antwortschreiben an Frau Fiedler. Petra Hagenstein fürs
Probelesen in Lateinamerika. Der Chefrezensionistin Martina
Haas für ihr schlaues Auge! Helko Riedinger und dem Team
vom Hotel Camp Reinsehlen. Bei euch fliegen die
Inspirationen stets angenehm & tief! Besonders bei Annika
Wieneke. Dem Hoteldirektor Gamal Hassan und seinem
Sunshineteam vom Mercure Hotel Dahab Bay View Resort
danken Anna-Leena und Eduard für die sehr spezielle und
revolutionäre Zeit in Ägypten 2011!
Den Lebensfreude -und Gesundheitsexperten Angelika
Preißer, Prof. Barbara Maasche, Dr. Dee & Jörg F®ischer
& Team für ihre gesundmachenden Gedanken in
Mobbingzeiten. Pfarrer Leonhard Gronbach danke ich
ganz besonders für seinen stets validierenden Rat & die
beihelfende praktische Treue zum Maulwurf und Anna-Leena!
Dem Friedenshort Freudenberg und seiner bundesweiten
diakonischen Arbeit bleiben wir gerne herzlich verbunden.
Versprochen! Dem Lebensfreudemops Titus alias Sundance
und seinem „Mopsbruder“ Marph danke ich für seine stets
guten Lebensgeister!
Folgende Sponsoren haben es ermöglicht das gedruckte Buch
bei dbv rauszubringen: Julian Köhler & Team von TANTE
PAULA, der Elektrorollerspezialist aus Hamburg. Dem Team
von MARENGO, für die Finanzierung der zum Buch
gehörenden Homepage www.eduardkratzfuss.de Und auch
PeTA sei Dank! GEBERS KÜCHEN aus Neuenkirchen
brachten den Papst zum Kochen und das Trainingslager
KUCKUCK sorgte mit seiner Spende dafür, dass Sie nun
lesen was sie lesen. Ebenso großen Dank an Michael von
Massivholzmöbel-Brasil und meinem Künstlerkollegen
Walter Veit vom Dentallabor Rommerskirchen & Veit,
Dem innovationsfreudigen Axel Kaiser von der Fa.
DENTTABS. Lieben Dank auch an die Tierarztpraxis Dr.
Andrea Niebergall & Team und dem Mann für beste
Zahnkultur: Dr. Wieland Klöss & Gesa(mt)team.... Eduard
ist in guten Händen! Das Fahrradhaus Louis ist mehr als auf
dem Punkt! Jens Kröger Musikevent sorgte für Licht & Ton
in Rom. Wer hätte das gedacht Jens? Von FUTURE bis
ROCK THE POPE! Wenn sie sich mal was ganz Leckeres
aufs Brot streichen wollen nehmen sie LAVIDOUCE. Danke
auch an Axel Becker & Vera Stratmann von Beluga-Reisen.
Für alle die in ihrem Leben gern einmal „abtauchen“ möchten
ist und bleiben die beiden mein Geheimtipp! Danke auch an
das Druckstudio Tostedt Klaus & Klaas Dittmer für Eddys
„Tatzogrammkarten!“ Köstlich ist der Papstring des
Goldschmieds Olaf Böhrnsen aus Tostedt geworden! Danke
Olaf, auf die nächsten 225 Jahre J!!!
Danke auch an viele kath. Priester, die mich oft, sogar gegen
die Lehre ihres Oberhauptes, gut beraten haben. Besonders
danke ich aber Prof. Dr. Hans Küng für sein wahres
Statement zum Buch. » Manche Erscheinungen in der
Katholischen Kirche sind heute nur noch mit Humor zu
ertragen. Man lese und lache! «
Einige Priester jedoch wollten aus Angst vor möglichen
Repressalien namentlich nicht erwähnt werden. (Traurig
genug!) Deshalb danke ich anonym meinem Freund und
Berater: Dr. Oscar Durchblick. Prof. Dr. Dr. Hasenhüttl
danke ich herzlich für seinen Humor und Mut. Pfarrer Klaus
Knackstedt für seine warmherzige und offene Beratung und
seinen Einsatz für Kieran „Gutmut!“ Dank auch an den
Sektenbeauftragten der kath. Kirche Pfarrer Gary Lukas
Albrecht vom Bistum Essen für die theologische Beratung
und Begleitung „Gutmuts“.
Es ist natürlich auch für mich sehr traurig, dass ich letztlich
eine Satire (Spottschrift) über einige Zu -und Umstände in der
Katholischen Kirche schreiben muss. Aber es ist wirklich so,
dass ich in den letzten Jahren vieles erlebt und erfahren habe,
das zum Teil jenseits aller Beschreibungen liegt und mit
Kirche wahrlich nichts mehr zu tun hat. Ich danke dem lieben
Gott, dass ich und Teile meiner Familie da überhaupt heil raus
und wieder rein gekommen sind. Aber sie wissen ja:
„Maulwürfe kommen stets durch!“ Ich freue mich auf
spannende Begegnungen mit den Menschen dieses Erdreichs
und natürlich auch schon auf Himmelshausen. Jede
Ähnlichkeit mit real lebenden Personen und Orten wäre
natürlich rein zufällig. Einige Namen und Geschichten im
Buch sind von mir bewusst mit dichterischer Freiheit
verfremdet worden. Ich wollte und will niemanden verletzen.
Sollten Betroffene sich allerdings hier und da erkennen, bleibt
es ihnen freigestellt sich mit Humor auszuhalten. Noch einmal
herzlichen Dank an Bischof „Herzblick“ und an Mutter Teresa
für die Fürsprache in Himmelshausen!
Soli Deo Gloria!
Erwin Hilbert
Der Illustrator!
Der Maler und Grafiker Manuel Nordus lebt und arbeitet in
Nordwestmecklenburg. Nordus hat durch seinen Vater, einen
aus Ostpreußen stammenden Kunstmaler, früh Anregung und
Inspiration auf künstlerischem Gebiet erfahren und zeichnete
schon immer gern. Bis er jedoch sein Talent zum Beruf
machte, sollten noch etliche Jahre ins Land gehen. Nordus
studierte an der TU in Ilmenau. Danach arbeitete er im CarlZeiss-Werk und anschließend einige Jahre am Institut für
Mikrobiologie in Jena. Nach der Genehmigung seines
Ausreiseantrages und den vorherigen jahrelangen Schikanen
der DDR Behörden verschlug es Nordus und seine Familie
über Umwege nach Norddeutschland. 1997 entschied Nordus
sich als Maler und Grafiker selbstständig zu machen. Hier
lernte er auch Erwin Hilbert bei einer gemeinsamen
Kunstausstellung kennen. Nordus ist seit Jahren Hilberts
Buchillustrator und Künstlerfreund und Gestalter des
Himmelscafes. Den von PROMIKON mit dem DAVID
AWARD 2009 ausgezeichneten Internetauftritt von Erwin P.
Hilbert finden Sie unter: www.himmelscafe.de
Eindrücke aus der Begegnung und dem Zauber mit
Landschaften setzt er in Licht, Raum und Farbe auf die um. Im
Sinne von Emil Nolde: …“ ich liebe die Musik der Farben.
Die Farben sind meine Noten, mit denen ich zu- und
gegeneinander Klänge und Akkorde bilde.“ Farben sind für
Manuel Nordus der Schlüssel zum Zugang der Fantasie. Seine
künstlerischen Ambitionen bewies er bereits meisterhaft 2010
im ersten Band: „Eduard Kratzfuss“ und auch im
Nachfolgebuch „Papst Eduard I.“ ist er ein Illustrator der
besonderen ART. Manuel Nordus Kontakt: www.palmedesign.de
„Was der Papst nie lesen würde
halten Sie gerade in Ihrer Hand!“
Eduard Kratzfuss und die Kirchenmaus Anna-Leena schocken
in der Fortsetzung zu ihren „Geschichten eines Maulwurfs“
mit Unglaublichem. Sie „enttuschen“ Sex im Pfarrhaus,
verschenken den Kirchenschatz und erfrischen mit frechem
Rock’n Roll den Petersplatz. Unter den Zuhörern ist ein
ungewöhnlicher Bettler. Mit ihm gehen beide auf eine
abenteuerliche Reise in Richtung Himmelshausen.
Die Welt staunt nicht schlecht als Papst (Ver)Tuschfinger
plötzlich und unverhofft vom Amt zurücktritt. Eduard
Kratzfuss wird sein „Nachfolger“ und ein äußerst beliebter
Volkspapst. Das Credo: „Frisch, fromm, fraulich, frech“
revolutioniert den Vatikan. Als neuer „Spontifex“ verwandelt
PAPST EDUARD I. mit seinen Sonderwühlrechten die
„Versammlung der Steiftiere“ in ein wahres Haus der Freude.
Die Kurie tobt und beide entgehen nur knapp einem Attentat.
Erwin Hilberts Satire zielt nicht auf eine plumpe Verspottung
der Kirche ab. Mit ganz eigenen Humor berührt er ohne Tabus
auch traurige Wahrheiten und regt zum Umdenken an. Die
Illustrationen von Manuel Nordus vertiefen Hilberts Themen,
Norbert Denef, wie >DER SPIEGEL< berichtete, von einem
kath. Priester über Jahre sexuell missbraucht, schreibt ein
bewegendes Vorwort.
» Manche Erscheinungen in der Katholischen Kirche sind
heute nur noch mit Humor zu ertragen. Man lese und
lache! « Prof. Hans Küng
PAPST EDUARD I. ist k e i n Kinderbuch!

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