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Text.qxd 23.08.2006 5.1 00:00 Seite 36 Sicherheitsgläser Beim Einsatz von Verglasungen in Verkehrsbereichen, die nicht gesondert gegen den Publikumsverkehr abgeschirmt sind, muss die erforderliche Verkehrssicherheit durch das Glaserzeugnis sichergestellt werden. Gefordert werden für diese Bereiche „bruchsichere“ bzw. „bruchhemmende“ Verglasungen. Als „bruchsicher“ bzw. „bruchhemmend“ gelten nach DIN 58125 und GUV-SI 8027 Werkstoffe für Verglasungen und sonstige lichtdurchlässige Flächen, wenn bei Stoß- und Biegebeanspruchung keine scharfkantigen oder spitzen Teile herausfallen. Diesen Anforderungen werden lediglich Sicherheitsgläser gerecht, zu welchen ausschließlich Einscheiben-Sicherheitsglas (DIN 1249-12) und Verbund-Sicherheitsgläser (DIN EN 12543 und Bauregelliste) gerechnet werden. Der Glasdickennachweis für diesen Bereich erfolgt vorrangig über die Einbeziehung der waagerechten Verkehrslasten nach DIN 1055. Dies kann mittels Berechnung (auch über Software-Programme) erfolgen. In verschiedenen Fällen (z. B. bei absturzsichernden Verglasungen) wird auch ein Nachweis über aufzunehmende Stoßlasten gefordert. Dies wird über den Pendelschlagversuch nach DIN EN 12600 ermittelt. Bei diesem Pendelschlagversuch mit dem Doppelreifen-Pendel wird ein 50 kg schwerer, elastischer Stoßkörper aus unterschiedlichen Fallhöhen gegen eine ca. 1,7 m² große Flachglasprobe fallen gelassen. Das Probestück darf bei der Prüfung entweder nicht brechen oder ungefährlich anhand der folgenden Beschreibungen brechen: – Es entstehen zahlreiche Risse. Aber es darf sich kein Versatz in der Öffnung in dem Probestück bilden, durch welche eine Kugel mit einem Durchmesser von 76 mm frei hindurchpasst. – Es findet ein Zerfall statt. Jedoch die größten anrissfreien Bruchstücke dürfen drei Minuten nach dem Aufprall nicht mehr als die äquivalente Masse von 6500 mm² des originalen Prüfungsstückes wiegen. Prüfergebnisse und -zeugnisse über den Pendelschlagversuch erhält man über die Glasanbieter. Es dürfen nur Glaserzeugnisse verwendet werden, für die die Eignung nachgewiesen werden kann. Die jeweilige Glasdicke kann anhand der Konstruktion und Belastungsart mit der in EN 12600 vorgegebenen Fallhöhe ermittelt werden. 36 Text.qxd 23.08.2006 00:00 Seite 37 Prüfgerät DIN EN 12600 5.1.1 Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) ESG ist ein thermisch vorgespanntes Glaserzeugnis, das aufgrund seiner Vorspannung eine stark erhöhte Schlag- und Biegefestigkeit sowie Temperaturwechselbeständigkeit aufweist. Beim Bruch zerfällt es in eine Vielzahl kleiner Krümel mit wesentlich verminderter Verletzungsgefahr (DIN 1249-12 bzw. DIN EN 12150). Einscheiben-Sicherheitsglas unterliegt einer Kennzeichnungspflicht. 37 Text.qxd 23.08.2006 00:00 Seite 38 Bruchbild bei Einscheiben-Sicherheitsglas 5.1.2 Heißgelagertes Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG-H) Bei Scheiben aus ESG kann es zum sogenannten „Spontanbruch“ aufgrund von Nickel-Sulfid-Einschlüssen kommen. Diese Verunreinigungen der Glasschmelze lassen sich beim Herstellungsprozess nicht völlig vermeiden. Durch eine Reihe weiterer Einflussfaktoren kann es dadurch zu einer Überschreitung der Glasfestigkeit und damit zu einem Spontanbruch der Scheibe kommen. Die einzig wirksame Möglichkeit, diesem Totalversagen des Glases am Bau vorzubeugen, ist die erneute Wärmebehandlung des ESG im sogenannten Heißlagerungstest (engl.: HeatSoak-Test). Über diesen exakt definierten Erwärmungsprozess werden die Nickelsulfid-Einschlüsse derart beeinflusst, dass sie zur Zerstörung der betreffenden Glasscheibe führen. ESG-H ist ein geregeltes Bauprodukt nach Bauregelliste. Durchführung der Prüfung, Kennzeichnung des Produktes und Nachweis der Prüfung sind hier geregelt. ESG-H muss in Bereichen mit erhöhtem Risiko, z. B. in vorgehängten Fassaden nach DIN 18516-4, aber auch in Verglasungen, die einer besonderen Wärmebeanspruchung unterliegen, eingesetzt werden. 5.1.3 Verbund-Sicherheitsglas (VSG) Verbund-Sicherheitsglas ist ein Glaserzeugnis aus mindestens zwei Scheiben, die durch organische Zwischenfolien aus Polyvinylbutyral oder anderen Zwischenschichten, deren Verwendbarkeit nachgewiesen ist, zusammengehalten werden. Bei Bruch haften die Glasstücke fest an der Folie, so dass sich keine großen, gefährlichen Bruchstücke bilden können. Maßgeblich für die Unterscheidung zum Verbundglas ist der Pendelschlagversuch nach DIN EN 12600. Verbund-Sicherheitsglas unterliegt baurechtlich keiner Kennzeichnungspflicht. 38 Text.qxd 23.08.2006 00:00 Seite 39 Für Verbund-Sicherheitsglas gelten die Vorgaben aus der Bauregelliste A, lfd.Nr. 11.8, hier werden seitens der deutschen Baubehörden in Ergänzung zu DIN EN ISO 12543-2: 1998-08 zusätzliche Anforderungen festgeschrieben, wie Eigenschaften der Zwischenschicht, Bezeichnung des VSG, werkseigene Produktionskontrolle und die Prüfung durch die entsprechende Stelle. Diese Anforderungen müssen vom Hersteller nachgewiesen werden. Bruchbild bei Verbund-Sicherheitsglas Selbst bei gleicher Anschlagstelle werden die Gläser eines Verbund-Sicherheitsglases immer mit einem unterschiedlichen Bruchbild brechen. Dies begründet bei ausreichender Dimensionierung die Resttragfähigkeit des VSG. 5.2 Drahtglas Unter Drahtglas versteht man farbloses oder farbiges Gussglas, in das während der Herstellung ein punktgeschweißtes Drahtnetz eingelegt wird. Das Drahtnetz wirkt zwar im Bruchfall eingeschränkt bruchstückbindend, abstehende Bruchstücke können jedoch eine Verletzung auslösen. Bei stärkerer Belastung, beispielsweise beim Aufprall von Personen, ist die Drahteinlage nicht mehr ausreichend widerstandsfähig und reißt auseinander. Darüber hinaus kann es durch unterschiedliches Wärmedehnverhalten und durch Korrosion an den offenen Drahtenden zu einer Schwächung des Glases und vorzeitigem Glasbruch kommen. Drahtglas erfüllt nicht die Anforderungen von Sicherheitsglas, weil die Splitter zwar teilweise gehalten werden können, durch das dem Bruchereignis folgende Abstehen der Bruchstücke aber schwere Verletzungen entstehen, wenn beispielsweise ein Arm aus der zerbrochenen Verglasung herausgezogen wird. 39 Text.qxd 23.08.2006 00:00 Seite 40 Drahtgläser sind keine Sicherheitsgläser und in Verkehrsbereichen (bis 2 m über der Standfläche) dem direkten Zugang zu entziehen. Bruchbild bei Drahtglas 5.3 Glassteine Glassteine sind im Pressverfahren hergestellte Hohl-Glaskörper, die aus mehreren, durch Verschmelzen fest verbundenen Teilen bestehen. Sie sind luftdicht verschlossen. Die inneren und auch äußeren Sichtflächen können beliebig geprägt sein. Glassteine werden farblos, in der Masse durchgefärbt und auch beschichtet hergestellt (DIN 18175). Lichtdurchlässige Glassteinwände bestehen nach GUV-SI 8027 bei fachgerechter Verglasung den Pendelschlagversuch und sind dann in Aufenthaltsbereichen zulässig. Glassteine in Sporthallen müssen ballwurfsicher sein. 5.4 Teilvorgespanntes Glas Teilvorgespanntes Glas (TVG) nach DIN EN 1863 (in Deutschland nur mit Allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassung verwendbar) wird in der Verfahrenstechnik ähnlich dem ESG hergestellt. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass die Glasscheiben nach dem Aufheizen langsamer abgekühlt werden. Die Scheiben werden in einen Spannungsbereich gebracht, der zwischen dem von normalem Flachglas und ESG liegt und haben eine wesentlich höhere Beständigkeit gegen mechanische und thermische Belastungen als nicht vorgespanntes Glas. 40 Text.qxd 23.08.2006 00:00 Seite 41 Die großen, über die gesamte Glasfläche verteilten Bruchstücke sind Ursache für die gute Resttragfähigkeit von VSG aus TVG. Nur teilvorgespanntes Glas, das zu einem Verbund-Sicherheitsglas weiterverarbeitet wurde, darf man als Sicherheitsglas einstufen. Bruchbild bei teilvorgespanntem Glas 5.5 Verbundglas Verbundglas ist ein Glaserzeugnis aus zwei oder mehreren Glasscheiben, die durch eine oder mehrere Zwischenschichten zu einer Einheit zusammengefügt werden (z. B. Gießharzverbundscheiben). Als Sicherheitsglas können nur die Verbundgläser bezeichnet werden, für die eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung vorliegt oder für die im Rahmen einer Zustimmung im Einzelfall (ZiE) die Bruchsicherheit durch die Prüfung mit dem Pendelschlagversuch nachgewiesen wurde. 5.6 Gläser mit besonderen Schutzeigenschaften Neben der reinen Verkehrssicherheit können auch Schutzeigenschaften ganz bestimmten Einwirkungen gegenüber gefordert sein. Diese Schutzeigenschaften werden mittels geregelter, anwendungsbezogener Prüfungen nachgewiesen und mit Prüfzeugnissen bestätigt. 41 Text.qxd 23.08.2006 5.6.1 00:00 Seite 42 Ballwurfsichere Verglasungen In verschiedenen Gebäuden, z. B. Sporthallen oder z. T. auch Hallenbädern bestehen seitens der Bauplanung Anforderungen an die Ballwurfsicherheit. Als ballwurfsicher nach DIN 18032-3 gelten Verglasungen, die bei mechanischer Beanspruchung durch Bälle ohne wesentliche Veränderungen der Verglasungselemente und Unterkonstruktion dauerhaft bleiben. In einer Prüfvorrichtung werden die Verglasungen mit Handbällen, Gewicht 425 g bis 475 g, und mit Hockeybällen, 156 g bis 163 g, beschossen. Verglasungen, die die Prüfungen ohne Beschuss durch den Hockeyball bestanden haben, gelten als eingeschränkt ballwurfsicher. Ballwurfsichere Verglasungen gibt es beispielsweise aus – – – – Verbund-Sicherheitsglas, Einscheiben-Sicherheitsglas, Glassteinen, Spezial-Profilbauglas in zweischaliger Ausführung (bedingt ballwurfsicher). Der Prüfbericht oder die AbZ mit den erforderlichen Glasdicken und maximalen Größen kann vom jeweiligen Glasanbieter bezogen werden. Nicht jede ballwurfsichere Verglasung ist auch verkehrssicher. Der Unterschied besteht in der jeweiligen Prüfung. 5.6.2 Brandschutzverglasungen mit zusätzlichen Anforderungen an die Verkehrssicherheit Werden bei Brandschutzverglasungen zusätzliche Anforderungen an die Verkehrssicherheit gestellt, müssen Glaserzeugnisse gewählt werden, die beiden Forderungen gerecht werden. G-Verglasungen aus ESG, VSG oder Glassteinen erfüllen in der Regel diese Anforderungen, mit Drahtglas kann keine ausreichende Verkehrssicherheit hergestellt werden. F-Verglasungen können die Anforderungen an die Schlag- und Stoßfestigkeit erfüllen. Diese Anforderungen sind durch einen entsprechenden Prüfbescheid durch den Hersteller nachzuweisen. Müssen weitere Anforderungen neben dem Brandschutz erfüllt werden, so ist der Hersteller nach durchgeführten Prüfungen und entsprechenden Prüfbescheiden zu befragen. 5.6.3 Rauchschutztüren Nach DIN 18095 müssen Verglasungen, die in Rauchschutztüren eingesetzt werden, „bruchsicher“ sein (siehe die einschlägigen Unfallschutz-/Arbeitsschutzvor42 Text.qxd 23.08.2006 00:00 Seite 43 schriften wie Arbeitsstättenverordnung, Arbeitsstättenrichtlinien, Vorschriften der Berufsgenossenschaften). Drahtglas und Drahtspiegelglas erfüllen diese Anforderungen nicht, für sie müssen zusätzliche abschirmende Maßnahmen getroffen werden (s. Kapitel 7). Der ausschließliche Einsatz von thermoplastischen Werkstoffen, wie Kunststofflichtplatten, ist ebenfalls nicht zulässig, da diese bei Hitzeeinwirkung zu fließen beginnen. 5.6.4 Sicherheitssonderverglasungen Sicherheitssonderverglasungen bezeichnen Glaserzeugnisse, die einer gewaltsamen Einwirkung einen bestimmten Widerstand entgegensetzen. Mit Sicherheitssonderverglasungen werden alle Verglasungen bezeichnet, die bisher als durchwurf-, durchbruch- oder durchschusshemmend bezeichnet wurden. Die neue Klassifizierung geht auf die DIN EN 356 für die durchwurf- und durchbruchhemmenden Erzeugnisse und auf die DIN EN 1063 für die durchschusshemmenden Erzeugnisse zurück. Einen Überblick gibt die folgende Korrelationstabelle. Glas nach DIN EN 356 Glas nach DIN 52290 Glas nach VdS Fenster nach DIN V ENV 1627 P1A* P2A A1 P3A A2 P4A A3 P5A* WK 1 EH 01 WK 2 EH 02 WK 3 P6B B1 EH 1 WK 4 P7B B2 EH 2 WK 5 P8B B3 EH 3 WK 6 BR 1* – NS BR 1* – S BR 2 – NS C1 – SF BR 2 – S C1 – SA BR 3 – NS C2 – SF BR 3 – S C2 – SA BR 4 – NS C3 – SF BR 4 – S C3 – SA BR 5* – NS *keine Entsprechung nach alter Norm 43