Blaulicht auf zwei Rädern BRK

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Blaulicht auf zwei Rädern BRK
Blaulicht auf zwei Rädern
BRK-Motorradstreife Peter Pohl ist auf und an den Autobahnen oft der
erste Ansprechpartner, wenn es um schnelle Hilfe geht
VON MANFRED GITTEL
Bad Wörishofen Kopfschütteln – das
passiert ihm immer noch, wenn er
mit Blaulicht und Martinshorn auf
der Autobahn unterwegs ist: Peter
Pohl, BRK-Sanitäter mit Leib und
Seele aus Bad Wörishofen, hat das
Blaulicht nämlich nicht an einem
Auto, sondern an einem Motorrad.
Und ein Martinshorn auf zwei Rädern ist nach wie vor eine Besonderheit, auch wenn Pohl damit seit Jahren auf den Autobahnen im Landkreis Unterallgäu unterwegs ist.
Pohl ist einer von fünf Fahrern
der BRK-Motorradstreife. Sie ist
eine Organisation mobiler Sanitäter
mit der Aufgabe, während der
Hauptreisezeit auf Autobahnen beziehungsweise autobahnähnlichen
Landstraßen schnelle Hilfe zu leisten. 1983 als Versuchsmodell „Mobile Wache“ gegründet, sind inzwischen etwa 100 Motorradsanitäter
(Ausbildungsstand: Rettungsassistent, Rettungssanitäter, Sanitäter),
verteilt auf 18 Standorte in Bayern,
im Einsatz. Pohl gehört der Motorradstreife Memmingen/Kempten
an. Er war einer der „Männer der
ersten Stunde“, als sie vor 30 Jahren
aus der Taufe gehoben wurde. Nach
einigen Jahren Pause ist er seit vier
Jahren wieder voll dabei.
Sein Einsatzgebiet: die A 96 bis
Buchloe und bis zur baden-württembergischen Landesgrenze, die
A7 bis zum Allgäuer Tor und bis zur
Landesgrenze
Baden-Württemberg, die A 8 vom Autobahnkreuz
Elchingen bis Günzburg sowie die
B 28 und die B 10, je nach Bedarf
auch andere Staatsstraßen. Unterwegs ist er mit einer Maschine des
Typs BMW R 1200 RT mit 110 PS
und 380 Kilogramm Gewicht. Neben dem Funkgerät ist er auf Streife
über Handy und Funkmeldeempfänger für die Leitstellen erreichbar.
In den Seitenkoffern sind unter anderem eine Notfalltasche mit einem
Defibrillator, Wasser und Säfte sowie Mitbringsel für die Betreuung
von Kindern untergebracht.
Die hauptsächlichen Aufgaben
sind: medizinische Erstversorgung,
Betreuung von Reisenden, Betreuung von Beteiligten nach Unglücksfällen, Basis-Notfall-Nachsorge und
Unterstützung der Krisenintervention, Einsatzleitung Rettungsdienst,
Verkehrslenkung, Stauabsicherung,
Staubetreuung und Wegweisungen,
Medikamenten- und eiliger Blutkonserventransport, Lotsendienste
Seine Leidenschaft für Motorräder und seine Leidenschaft für das BRK verbindet Peter Pohl bei der Motorradstreife.
Foto: Manfred Gittel
für Fremdfahrzeuge des Rettungsdienstes, Sanitätswachdienst bei
Veranstaltungen, Unterstützung der
Verkehrspolizei.
Pohl fährt die Straßen in den
Hauptreisezeiten jeweils von Freitagmittag bis Sonntagabend ab, wobei keine Nachtfahrten vorgesehen
sind. Da kommen an einem Wochenende schon mal 600 bis 700 Kilometer zusammen. In diesen Sommerferien wird er am Ende 15 Mal
Dienst gemacht haben. Das heißt
140 Stunden auf dem Motorrad auf
einer Gesamtstrecke von rund 5000
Kilometern – und das alles ehrenamtlich, denn: Die Motorradstreifen sind eine rein ehrenamtliche
Einrichtung innerhalb der BRKBereitschaften. Doch Pohl macht es
Spaß: „So kann ich meine Leidenschaft für Motorräder mit meiner
Leidenschaft fürs BRK verbinden.“
Neben Hilfeleistungen gibt es
auch zahlreiche Gespräche am Rande – und so manche Besonderheit.
Pohl: „Alles, was Menschen irgendwie betrifft, habe ich schon erlebt:
Vom vergessenen Kind an einer Autobahnraststätte, vom Autoschlüssel, der in einen Gully gefallen ist,
vom verlorenen Fahrradständer,
der zu einer Unfallgefahr zu werden
drohte, von Radfahrern und Falsch-
fahrern auf der Autobahn bis zu
Leuten, die ein Stau oder ein starkes
Verkehrsaufkommen für den Moment überfordert haben. „Die Menschen sind dann froh, wenn wir da
sind und Tipps geben, Hilfestellung
leisten, wenn jemand da ist, mit dem
sie reden können. Das ist ganz einfach ein Rundumservice des BRK.“
Was dem BRK-Kreisbereitschaftsleiter Ostallgäu zudem Freude
macht: „Man ist auf sich selbst angewiesen. Oft bin ich als Erster an einem Unfallort, kann die Erstmeldung konkretisieren und so verhindern, dass zu viele oder zu wenige
Einsatzfahrzeuge kommen.“ Eines
aber nervt ihn immer wieder: das
Problem der Rettungsgassen: „Autofahrer weichen zwar im Moment
nach links und rechts aus, doch fahren die meisten dann wieder zurück
in die Mitte, anstatt die Rettungsgasse bestehen zu lassen.“
An die Männer der Motorradstreife wird auch körperlich eine hohen Anforderung gestellt: Sie müssen fit sein, ein gewisses Alter und
damit Reife haben und jedes Jahr ein
Fahrertraining über den ADAC
oder die Polizei absolvieren. Pohl
will noch solange weitermachen, wie
er kann: unterwegs auf zwei Rädern
mit Blaulicht und Martinshorn.