- Bremerhaven

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- Bremerhaven
Der beste Weg
in die Zukunft ist,
in Menschen
zu investieren
1
Vorworte
Wir stehen in unseren Schulen vor
der ständigen
Herausforderung, die Qualität des Unterrichts zu
verbessern. Dies
gilt nicht nur
für die allgemeinbildenden,
sondern auch
für die beruflichen Schulen,
auch wenn die
allgemeinbildenden Schulen
durch die PISAUntersuchungen in den Vordergrund
der Diskussion gerückt sind.
Ich hoffe sehr, dass dieser Bericht
über einen Lernkongress in
Bremerhaven Ihre Aufmerksamkeit findet und Ihre Neugierde weckt, selbst in Richtung SOL zu gehen und dabei
wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Den Lehrerinnen und Lehrern
an den Kaufmännischen Lehranstalten wünsche ich, dass
sie den eingeschlagenen Weg
erfolgreich und tatkräftig
weiter beschreiten zum Vorteil der Schülerinnen und
Schüler in Bremerhaven.
Dr. Rainer Paulenz
Stadtrat
Selbstorganisiertes Lernen ist dabei
ein aus meiner Sicht hervorragendes
Konzept, Unterricht neu zu gestalten und qualitativ neue Zustände zu
erreichen.
Selbstorganisiertes Lernen bedeutet
eigenständiges und aktives Lernen,
bedeutet Lernen im Team und in Kooperation und erlaubt gleichzeitig
die individuelle Leistungsfähigkeit
von Schülerinnen und Schülern zu
berücksichtigen und zu stärken.
Dieses kann man am besten sehen,
wenn man sich selbstorganisiertes
Lernen in der Praxis ansieht und sich
beeindrucken lässt von den selbstständig und engagiert arbeitenden
Schülerinnen und Schülern, dem
Selbstbewusstsein der sogenannten
Experten und der Freude aber auch
der Professionalität, mit denen die
Lehrerinnen und Lehrer einen solchen Unterricht gestalten.
2
In den letzten Jahren ist in
der beruflichen Bildung
Handlungskompetenz auf
der Basis lernfeld- und themenfeldstrukturierter Curricula gefordert. Das heißt
auch, dass die Schülerinnen
und Schüler zunehmend
Verantwortung für ihr Lernen und Handeln übernehmen sollen.
SOL, als systemischer Ansatz für einen Unterricht, der auf den neuen
pädagogischen Forschungserkenntnissen basiert und das selbstverantwortliche Lernen in den Mittelpunkt
stellt, war vor einigen Jahren für das
LFI Grundlage, sich für die Förderung dieses Konzepts von Unterrichtsentwicklung zu entscheiden.
Mittlerweile sind in den Bremerhavener Berufsschulen, auch unter
Einbeziehung von Lehrerinnen und
Lehrern der gymnasialen Oberstufen,
zahlreiche Veranstaltungen und
Workshops meist unter der Leitung
von Dr. Martin Herold erfolgreich
durchgeführt worden. Ohne Zweifel
war der Lernkongress der KLA Bremerhaven der bisherige Höhepunkt
in der Arbeit der beteiligten KLAKolleg/innen. Mit der von LFI und
KLA-Schulleitung getroffenen Entscheidung, im neuen Schuljahr das
erste SOL-Lernlabor in den KLA einzurichten und mit dem Beratungsund Fortbildungsangebot der dort
arbeitenden
LFI-Fachberater Carl-Hermann Meyer,
Bernhard
Kamp und
Markus Wehner wird das
selbstorganisierte Lernen
hoffentlich
weitere Lehrer/innen anregen, ihren
Unterricht auf
diese Weise wirksamer zu entwickeln.
Frank Behrens
Leiter des Lehrerfortbildungsinstitutes Bremerhaven
Seit Jahren sehen sich die beruflichen Schulen mit folgenden Problemfeldern konfrontiert:
Der technologische und soziale
Wandel sowie die Globalisierung
und Internationalisierung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Beziehungen führten und führen
zu dramatischen Veränderungen
auch im Lernverhalten unserer
Schülerinnen und Schüler. Die Jugendlichen entziehen sich immer
mehr der Dominanz des lehrerzentrierten Frontalunterrichtes. Misserfolgserlebnisse bei Lehrern und
Schülern und Konsumentenverhalten auf Seiten der Schüler/innen
blieben nicht aus.
In den Betrieben werden verstärkt
Schlüsselqualifikationen, wie Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit,
Konflikt- und Kompromissfähigkeit,
selbstständiges Denken und Handeln
und natürlich die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen gefordert. Reines Faktenwissen ist nicht mehr von
alleiniger Bedeutung - Stichwort:
Die Halbwertzeit des Wissens nimmt
ständig ab. Konnte man noch vor einigen Jahrzehnten ein ganzes Arbeitsleben mit dem in der Ausbildung Gelernten bewältigen, reicht
es dafür heute bei weitem nicht
mehr.
Inhalt
Lehrerinnen und Lehrer finden kaum
Zugang zu neueren Erkenntnissen
der Gehirn- und Lernforschung für
die unterrichtliche Praxis.
Auf der Suche nach effektiveren Unterrichtsmethoden, insbesondere bei
der Umsetzung
des Lernfeldkonzeptes,
stießen
wir im
Jahre
2005 auf
die SOLSystematik. Damit begann unser Einstieg in
ein umfangreiches Projekt zur Modernisierung des Unterrichts an den
Kauf-männischen Lehranstalten
Bremerhaven.
Die SOL-Systematik liefert uns Lösungen für die genannten Probleme,
indem
- die Eigenverantwortlichkeit der
Schülerinnen und Schüler für
den Lernprozess gestärkt wird,
- die Lehrer/innen zu Beratern und
Gestaltern von Lernsituationen,
zu Moderatoren des Lernprozessen werden,
- das Lernen stärker individualisiert
wird, d.h. an die Lernmöglichkeiten der einzelnen Schülerinnen
und Schüler angepasst wird,
- die genannten Schlüsselqualifikationen im Lernprozess eingeübt
werden,
- neurowissenschaftliche Erkennt-
nisse in Form besonderer Methodiken bei der Gestaltung der
Lernprozesse berücksichtigt
werden.
Die bisher gesammelten Erfahrungen, die wir im Rahmen des Lernkongresses vorgestellt haben, erfüllen unsere
Erwartungen
in hohem
Maße und bestärken uns,
den beschrittenen Weg zur
Weiterentwicklung des
Unterrichts an
unserer Schule
fortzusetzen.
Volker Kaiser
Schulleiter der Kaufmännischen
Lehranstalten
Vorworte
02
Einleitung
04
Selbstorganisertes Lernen
– eine ganz natürliche Sache
05
Auf Erkundungstour im Einzelhandel
- ein Blick hinter die Kulissen!
09
Von List auf Sylt über Bremerhaven bis nach Oberstdorf in Bayern
- Beispielhafte Umsetzung von SOL- Bausteinen
13
H & M kommt nach Bremerhaven
- Verknüpfung von vielen Lernfeldern zu einem Arrangement.
17
Marketing mit „Farbigen Stunden“
- Ein abwechslungsreicher Fächer-Mix am Beispiel von
Marketing-Instrumenten in der Einjährigen Höheren Handelsschule/DQ.
23
Pausengespräch vor maritimem Hintergrund: Volker Kaiser und Arno Thölken
Buchführung?!? Ich kann´s!
- Modularisierung als didaktische Lösung.
27
Wie kommt Eisenhower über die Alpen zu Pareto?
- Auszubildende zu Büro(kommunikations)kaufleuten
planen Termine und Zeiten.
31
Wir gründen ein Unternehmen
- Vernetzt nebeneinander präsentieren.
37
Wenn es einmal nicht rund läuft
- Ein Unterrichtsarrangement zum Thema „Kaufvertragsstörungen“
für Auszubildende im Groß- und Außenhandel.
39
Wissenschaftliche Begleitung durch das ZNL in Ulm
42
Unsere Kooperationspartner
44
Nachwort /Impressum
45
3
Einleitung
1
Mit dem Stapellauf ist ein Schiff noch
lange nicht fertig ... auch unser SOLDampfer nicht.
Wie stellen Sie sich den Start zu einem Unterrichtsentwicklungsprozess vor? Wie den Stapellauf eines
Supertankers? Mit so einer richtig
ausgefeilten „KickOff“-Veranstaltung
mit wichtigen Reden
von wichtigen Persönlichkeiten – angereichert mit einem
klassischen Musikprogamm? Und natürlich wird auch
mit einem Glas Sekt
auf das neue, innovative Vorhaben angestoßen ...
2
Das touristisch-innovative Havenwelten-Projekt unserer Seestadt benötigte
10 Jahre ... daran gemessen haben wir
noch einiges vor uns.
3
Ein Zitat aus Erik Händelers Hörbuch
„Der Wohlstand kommt in langen Wellen“, Moers 2006 ... enthält das SOL-Konzept gar Anregungen für eine
zukunftsweisende Wirtschaftsentwicklung?
4
http://klabremerhaven.de/index.php?id=635"
5
„...Beispiel Tomaten: Jedem von Ihnen
sind wahrscheinlich schon jede Menge
Tomaten begegnet. Dennoch können Sie
sich nicht an jede einzelne erinnern. Und
das ist auch gut so, denn Sie hätten ja
sonst den Kopf voller Tomaten! Nicht die
Einzelheiten sind wichtig, sondern die
allgemeine Tomate, die in Ihrem Gehirn
aus den vielen Erfahrungen mit den einzelnen Tomaten entstanden ist.“
M. Spitzer, Medizin für die Bildung,
Heidelberg 2010, S.56
4
Sie sollten sich das
nicht unbedingt so
vorstellen. Unser
SOL-Entwicklungsstart ist eher mit einem Stapellauf 1
kleinerer Schiffe vom sogenannten
Querhelgen vergleichbar. An den
Kaufmännischen Lehranstalten in
Bremerhaven existierte nach mehreren Klippert-Methoden-Fortbildungen zum Schuljahres-Beginn
2007/08 ein „Patchwork“- Arbeitskreis. Die Kolleginnen und Kollegen
dieses Arbeitskreises unterrichteten
und unterrichten teilweise in ganz
unterschiedlichen Bildungsgängen
und stellten die Basis für die dann
recht flott geformte SOL-Entwicklungsgruppe dar. Das ist einerseits
zwar aufwendiger und erfordert von
allen Beteiligten eine gehörige Portion „Marathon-Kompetenz“ 2 , hat
andererseits aber den Charme der
Vielfältigkeit – und kennt zudem innerschulische Ausdehnungstendenzen. Das erforderliche SOL-KnowHow war nach mehreren Workshops
mit Dr. Martin Herold
vorhanden und wird
weiter gepflegt ... bereichert durch gelegentliche „CoachingWorkshops“ mit Katja
Vittinghoff vom Unternehmen kv&p in
Bremen. Für wichtiges Ressourcen-Fundament (Finanzierung
von Fortbildungen)
sorgt(e) das Lehrerfortbildungsinstitut
Bremerhaven, das
EU-Projekt „Innovative Qualifizierung
von Berufsschullehrern“ (IQBEL) und die Schule selbst.
Die allerwichtigsten Ressourcen
stellen aber die beteiligten Kollegen
und die betroffenen Schüler. Ohne
ihr Engagement geht nichts, gar
nichts!
Am 11. Februar 2010 haben wir der
Öffentlichkeit aus fern und nah, bremisch: „buten un binnen“, im
t.i.m.e.Port II unter dem Motto „Der
beste Weg in die Zukunft ist, in
Menschen zu investieren“ 3 in acht
Foren einen Teil unserer inzwischen
reichhaltigen Erfahrungen mit dem
variantenreichen SOL-Konzept präsentiert: Angefangen von der Umsetzung erster kleinerer SOL-Elemente im Rahmen einer
Doppelstunde, über umfangreichere
Arrangements im Fachunterricht bis
hin zu längeren fächerübergreifenden Phasen („farbiger Stundenplan“)
sowie SOL als unterrichtliches
Grundprinzip bei der Lernfeldarbeit
mit Auszubildende 4 . Am Ende der
Veranstaltung wurden zehn Kollegen
und Kolleginnen zum SOL-Advancer
und -Master zertifiziert.
Wir freuen uns, dass Sie nun unsere
kleine, in mehrfacher Hinsicht farbige und mit Unterstützung unserer
Kooperationspartner entstandene
Kongressbroschüre in den Händen
halten, hoffen, dass sie Ihnen gefällt
und diese für Sie manche Anregung
oder auch Bestätigung enthält. Vielleicht entdecken Sie dabei ja so etwas wie die „Tomatenregel“ 5.
Viel Erfolg!
Carl-Hermann Meyer
Koordinator „Neue Wege der Unterrichtsgestaltung“
Dr. Martin Herold /
Cindy Herold
Selbstorganisiertes Lernen – eine ganz natürliche Sache
Warum es Sinn macht,
sich über Lernen Gedanken zu machen
Lernen geschieht im Kopf und Lernen hat seit dem 6. April 2000, als in
der Universität in Bonn das Jahrzehnt der Gehirnforschung ausgerufen wurde, einen besonderen Fokus
erhalten.
Es sind nicht die umwerfenden Sensationen, die in diesem Forschungszweig zu Tage gefördert wurden. Es
sind eigentlich Selbstverständlichkeiten, die im Bildungsbereich tätige
Menschen schon immer irgendwie
richtig gemacht haben. Die Gehirnforschung zeigt Lernprozesse und
Lernbemühungen in einem anderen
Licht.
Dieser dadurch entstehende Effekt
ist wohl ganz gut am Beispiel eines
geübten Seglers zu erklären. Er hat
Segeln gelernt, kann segeln und hat
die eine oder andere Wettfahrt
schon gewonnen. Er hat Erfahrung
mit der Segelstellung, mit dem Trimmen der Segel und kennt viele Tricks,
wie man den Gegner überholen
kann.
Wenn dieser Segler Weiterbildungen
im Bereich der Physik besucht und
dabei die „Physik des Segelns“ studiert und kennen lernt, wird er seine
bisherigen Erfolgsstrategien nicht
über Bord werfen. Er wird vielmehr
erkennen, warum seine Techniken
dem Stand der naturwissenschaftlichen Forschung entsprechen, er wird
sich das eine oder andere Manöver
besser erklären können, er wird
manche Verbesserungsbemühungen
beenden, weil er weiß, dass sie
nichts bringen können und er wird
Ideen bekommen, wo und wie er erfolgreicher sein kann.
So ist das auch mit der Gehirnforschung. Wer weiß, dass Menschen
nur eine begrenzte Zeit aufmerksam
sein können, weil danach das Gehirn
Zeit zur individuellen Verarbeitung
und zur Vernetzung mit inneren Bildern braucht, versteht den oft im
Spaß formulierten Satz: „Man kann
über alles reden, nur nicht über 20
Minuten.“ Wer weiß, wie und warum
das Gehirn Gedächtnis-Spuren anlegt, kann Lernarrangements so gestalten, dass die Nachhaltigkeit des
Gelernten wesentlich verbessert
wird.
Und wer versteht, welche Faktoren
das Lernen nachweislich fördern und
behindern, kann Menschen beim
Lernen eine echte Hilfe sein und
kann seine eigenen Lernbemühungen ohne großen Aufwand optimieren.
Lernen – ein natürlicher, selbstorganisierter Anpassungsprozess
Bei diesem Anpassungsprozess müs-
sen Lebewesen permanent prüfen,
ob sie so Energie sparend wie möglich unterwegs sind oder ob sich
neue Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten auftun, sich zu optimieren.
Oberstes Ziel dabei ist, sich selbst zu
erhalten.
Diese Anpassung funktioniert bei allen Lebewesen ohne externe Hilfe,
die Prozesse sind von außen nicht
steuerbar, sie laufen selbstorganisiert ab (vgl. Maturana/Varela 1987,
Roth 2001, Lindemann 2006). Die
Steuerzentrale für diese Anpassung
ist das Gehirn, das sich beim Menschen so entwickelt hat, das es ihm
einen großen Vorteil bringt gegenüber anderen Lebewesen: er kann
denken, vorausplanen und reflektieren. Und da das menschliche Gehirn
das besonders gut und gerne tut,
sind Menschen von Natur aus motiviert zu lernen. (Spitzer, 2002).
Selbstorganisiertes
Lernen und Schule –
ein Widerspruch?
Lernprozesse des Menschen sind daher natürliche und lebenserhaltende
Maßnahmen, die selbstorganisiert
ablaufen. Dazu braucht es im
Grunde keine Institution. Trotzdem
kann eine Gesellschaft aus gutem
Grund beschließen (z.B. um nicht
mit jeder neuen Generation wieder
„von vorne anfangen zu müssen“)
dass junge Menschen die gesellschaftlichen Errungenschaften, das
Wissen, die Technik und die Kultur
lernen sollen. Dazu leistet sie sich
eine teure Institution: die Schule.
Diese hat die Aufgabe, zwischen den
gesellschaftlichen Zielen und den
selbstorganisierten Lernprozessen
der Individuen eine Verbindung herzustellen, die für jeden Einzelnen
Sinn macht. Dieser Sinn misst sich
wiederum daran, ob eine noch bessere Anpassung an die Umwelt dadurch möglich wird.
Die Gelingensbedingungen für Selbstorganisiertes Lernen
Menschen prüfen an Hand ihrer
Vorerfahrungen und der psychischen
Grundbedürfnisse, ob Einflüsse zu
Lernanlässen werden und ob eine
Investition Sinn macht. Emotionale,
kognitive und motorische Vorerfahrungen bilden zusammen mit den
Grundbedürfnissen sozusagen den
„Prüfungsausschuss“ im Gehirn (modellhafter Begriff), der in meist unbewusst ablaufenden Prozessen entscheidet. In Abbildung 1 sind diese
komplexen Prozesse modellhaft dargestellt.
Die Erfüllung der psychischen
Grundbedürfnisse ist ein wichtiger
Garant für die Motivation von innen
(intrinsische Motivation). Nach
Deci/Ryan (1985, 1993) sind das:
Das Bedürfnis nach Autonomie (Eigenständigkeit), nach Eingebunden-
5
rung fachlicher, methodischer, sozialer und persönlicher Kompetenzen gestaltete Lernumgebung.
Lernumgebungen zu gestalten,
Lernprozesse zu ermöglichen,
manchmal Lernpartner zum Lernen
„zu verführen“, das sind Aufgaben
der Lernbegleiter in SOL-Schulen.
Dadurch sind alle am Lernprozess
Beteiligten gefordert, sich eigenverantwortlich, zielorientiert und kooperativ einzubringen. Sie tun das in
einer emotional und kognitiv lernförderlichen Atmosphäre.
Das Institut für
Selbstorganisiertes
Lernen
Abb. 1: Systemumwelt
sein und Erfolg. Um diese drei Prinzipien greifbar zu machen, werden
sie in SOL unter dem Begriff E³ geführt.
Kein Prüfungsausschuss gleicht dem
anderen, weil er sich aus vielen verschiedenen Erfahrungen zusammen
setzt, die die einzelnen Individuen
gemacht haben. Auch darin unterscheiden sich Menschen voneinander. Im Laufe des Lebens haben
Menschen Rückmeldungen bekommen, welche Strategien hilfreich
sind, diese Bedürfnisse zu befriedigen und welche nicht. Daraus ergeben sich sogenannte motivationale
Schemata. Diese Schemata können,
im Gegensatz zu den Grundbedürfnissen durch Erleben und Verhalten
ergänzt, verändert und beeinflusst
werden. (Grawe 2004)
Die Selbstorganisationsprinzipien
Die Prüfsteine der Selbsterhaltung
sind: Weiterentwicklung und Ressourcensicherung. Bei allem, was
dem Menschen an Einflüssen begegnet, prüft das Gehirn, ob es a) der
Weiterentwicklung und damit der
Selbstoptimierung dient oder ob es
b) die vorhandenen Ressourcen erweitert, d.h. ob es durch die Reaktion auf den Einfluss nachher besser
ist als vorher. Die Prüfkriterien der
Selbstorganisation sind deshalb
(Siehe dazu Abb. 1):
• Zielorientierung
• Selbstähnlichkeit
• Selbstoptimierung
Diese Prozesse laufen meist unbewusst ab.
6
Selbstorganisiertes
Lernen in Schule ermöglichen
Dieser Prüfung werden auch alle
schulischen Einflüsse unterzogen.
Wenn man also Lernumgebungen
gestalten möchte, geht es darum,
dass diese dem eigentlichen Sinn
von Lernen, der besseren Anpassung
an die Umwelt, Rechnung tragen.
Selbstorganisiertes Lernen in Schule
bedeutet also, die natürlichen Vorgänge beim Lernen zu kennen und
zu verstehen und sie aktiv nachzubilden und zu gestalten. Gelernt
wird, mit der passenden „Lernumgebung“, auch das, was sich die Gesellschaft von den Lernenden wünscht.
Das SOL-Haus (Abb. 2) zeigt beispielhaft eine zur ganzheitlichen Förde-
Das Institut für Selbstorganisiertes
Lernen beschäftigt sich seit vielen
Jahren mit der erfolgreichen Gestaltung von Lernumgebungen. Es bietet eine Konzeption, die die nachhaltige Entwicklung einer
„Lernkultur der Selbstorganisation“
zum Ziel hat. Dazu ist es notwendig,
neben wirksamen Impulsen, die als
Anstoß für Entwicklungen dienen
und ein System in Bewegung bringen können, Hilfestellungen anzubieten, die Systeme am „zurückrollen“ in die liebgewordene
Komfortzone hindern. Siehe dazu
Abb. 3
Diese Konzeption beinhaltet ein
Lernkonzept für die Gestaltung von
Lernumgebungen, ein Qualifizierungskonzept für Lehrkräfte sowie
ein Schulentwicklungskonzept. Alle
Konzepte des Instituts sind systemisch, d.h. sie greifen ineinander,
beeinflussen und unterstützen sich
Literaturhinweise
Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic
motivation and self-determination in
human behavior. New York: Plenum.
Deci, E. L., Ryan, R. M. (1980): The empirical exploration of intrinsic motivational
processes. In L. Berkowitz (Hrsg.): Advances in expermimental social psychology
New York: Academic Press, S. 39–80.
Roth, G. (2001): Fühlen, denken, Handeln.
Wie das Gehirn unser Verhalten steuert.
Frankfurt am Mein: Suhrkamp.
Spitzer, M. (2002): Lernen. Gehirnforschung und die Schule des Lebens. Heidelberg u.a.: Spektrum.
Spitzer, M./Bertram, W. (2010): Hirnforschung für Neu(ro)gierige: Braintertainment 2.0. Stuttgart: Schattauer.
Deci, E. L., Ryan, R. M. (1993):Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und
ihre Bedeutung für die Pädagogik. In:
Zeitschrift für Pädagogik, 39, Heft 2, S.
224–238.
Herold, C./Herold, M. (2011): Selbstorganisiertes Lernen in Schule und Beruf.
Weinheim/Basel: Beltz.
gegenseitig. Fraktale Organisation,
kompetenzorientiertes Lernen, Methodik und Didaktik und prozessorientierte Leistungsbewertung werden
sinnvoll und praxisorientiert miteinander verbunden. Sie basieren auf
einer Kultur des Ermöglichens und
der Freude am Lernen und bilden
eine besonders wirksame Synergie
aus Wissenschaft und Praxis.
Maturana, H./Varela, F. (1987): Der Baum
der Erkenntnis. Die biologischen Wurzeln
menschlichen Erkennens. Bern; München: Scherz
Abb. 2: Das SOL-Haus
Lindemann, H. (2006): Konstruktivismus
und Pädagogik. Grundlagen, Modelle,
Wege zur Praxis. München u.a.: Reinhardt.
Neben der Erwachsenenbildung im
Bereich Aus- und Weiterbildung ist
SOL auch und besonders für bestehende öffentliche Schulsysteme geeignet. SOL passt sich ein in tradierte Spuren und eröffnet
Horizonte für neue Wege.
Abb. 3: Entwicklungskurve
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8
Inhalt dieses Forums war die Vorstellung eines SOL-Arrangements, das sich inhaltlich mit der Einführung in das Lernfeld 2 „Verkaufsgespräche kundenorientiert führen“ – Überblick und Grundlagen beschäftigt.
Blick hinter die Kulissen: Auf Erkundungstour im Einzelhandel
Wir haben unser Unterrichtsarrangement auf dem Kongress bei dieser
Veranstaltung folgendermaßen vorgestellt:
Das Arrangement ist unterrichtlich
in der Unterstufe des Berufsbildes
„Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel“ bzw. „Verkäufer/in“ angesiedelt.
Seit Beginn des Schuljahres setzen
wir auf SOL-orientierten Unterricht
in zwei Parallelklassen, die sich in ei-
ner dreijährigen Ausbildung befinden. Wir unterrichten die Lernfelder
konsequent chronologisch, damit
die Schüler kontinuierlich an aufeinander folgenden Inhalten lernen
und arbeiten können.
Zu Beginn des Arrangements bzw.
des Lernfeldes bekommen die Schüler und Schülerinnen einen Advance
Organizer durch die Lehrerin präsentiert. Das ist eine Lernlandkarte, die
die Inhalte des Lernfeldes mit Beziehungen, Botschaften, Bildern und
Begriffen abbildet.
Der Advance Organizer dient der
Lerngruppe als Orientierungshilfe
Wir benutzen die Lernlandkarte als
Deckblatt für das jeweilige Lernfeld,
das hat den Vorteil, dass die Schüler
und Schülerinnen immer mal wieder
drauf gucken, sich also an Erlerntes
erinnern.
das die Benotung transparent gestaltet. Damit einhergehen muss
aber unbedingt die inhaltliche
Transparenz, damit die Schüler und
Schülerinnen überhaupt wissen, wie
die curricularen und unterrichtlichen Schwerpunkte des Moduls bzw.
Lernfeldes gestaltet sind. Hierbei
findet das Hilfsmittel „Kann-Liste“
Anwendung. Diese Liste wird den
Schülern und Schülerinnen zur Verfügung gestellt. Hier werden die für
die Klassenarbeit relevanten Inhalte
aufgeführt. Jeder Schüler und jede
Schülerin kann für sich individuell
abhaken, welche Inhalte schon gelernt (und gefestigt) sind oder auch
welche Inhalte noch geübt werden
sollten.
Dagmar Engfer und Regina Dräger und
im Forum von Roman Petermann (Kaufland Bremerhaven), Auszubildender im
ersten Ausbildungsjahr, unterstützt
Nachdem die Schüler und Schülerinnen wissen, was sie an Inhalten im
Lernfeld erwartet, sind sie natürlich
auch begierig danach zu erfahren,
wie denn die Benotung erfolgt. In
dieser Phase des Unterrichts haben
wir noch keine komplette Benotung
des Lernfeldes vorgenommen, sondern die einzelnen Teilbereiche bzw.
Module des Lernfeldes separat bewertet.
Die Bewertung erfolgt mithilfe eines
sogenannten Punktekontos, aus dem
genau hervorgeht, welche Leistungen in die Bewertung eingehen:
Das Punktekonto ist ein Instrument,
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Durch den Advance Organizer, der
eine Übersicht über das Lernfeld
darstellt, das erste Punktekonto und
die Kann-Liste für das erste Arrangement wissen die Schüler und
Schülerinnen relativ genau, was auf
sie zukommt. Sie sollen nun eine
Einschätzung ihres eigenen Leistungsvermögens bzw. –verhaltens
für das Lernfeld abgeben. Es wird
eine sogenannte Zielvereinbarung
abgeschlossen, denn nur wenn Ziele
definiert werden ist eine Überprüfung der Zielerreichung gewährleistet.
Diese Zielvereinbarung wird von den
Schülerinnen und Schülern zu Beginn des Lernfeldes 2 erstellt und
dient nach Abschluss der einzelnen
Module des Lernfeldes als individuelles Feedback. Dabei zeigt sich, ob
Einsatz und Ziel noch übereinstimmen oder auseinander laufen. Im
zweiten Fall ergeben sich nämlich
Konsequenzen. Durch eigene Überlegungen bzw. eine Lernberatung
durch die Lehrerinnen oder auch
Mitschüler, kann eine Kurskorrektur
erreicht werden. Dieses Prozedere
findet jedes Mal im Anschluss an
Leistungsmessungen statt, um den
aktuellen Leistungsstand im Auge zu
behalten. Eine Zielevaluation findet
am Ende des Lernfeldes statt um daraus mögliche bzw. nötige Schlüsse
für das eigene Lernverhalten und
Anspruchsdenken in nachfolgenden
Lernfeldern zu ziehen.
Die Organisation im SOL-orientierten Unterricht läuft nach dem Sandwichprinzip von Dr. Martin Herold
ab.
Hier ein Auszug aus der Arbeit nach
dem Sandwichprinzip aus unserem
Arrangement: ...
10
2. Doppelstunde:
1. Einzelarbeit/Stammgruppenarbeit:
- Schüler/innen schreiben eine Inhaltsangabe zum Advance Organizer
- Schüler/innen lösen Test „Haben
Sie Verkaufstalent“ und werten
Untersuchung „Sind Sie fit für
den Verkauf?“ aus.
2. Stammgruppenarbeit:
- Schülerinnen entwickeln ein Verkaufsgespräch nach einer vorgegebenen Situation, schreiben
es auf und teilen es mithilfe des
Buches in drei Hauptphasen ein.
3. Expertenarbeit:
- Schüler/innen erarbeiten in Expertenteams die Regeln für das
Geben und Nehmen von Feedback
4. Stammgruppenarbeit
- Schüler/innen tauschen sich
über die Ergebnisse der Expertenarbeit aus
3. Doppelstunde:
1. Einzelarbeit
- Schüler/innen bearbeiten Text
für das Empfangen von Feedback
2. Plenum
- Schüler/innen tragen Verkaufsgespräche vor.
- Beobachtende Schüler/innen geben Feedback dazu
3. Stammgruppenarbeit:
- Schüler/innen lesen Text zu Regeln in Verkaufsgesprächen
4. Expertenarbeit:
- Schüler/innen erarbeiten jeweils
4 Phasen des Verkaufsgespräches
5. Stammgruppenarbeit:
- Schüler/innen tauschen sich im
Zweier-Dialog über die Exper-
tenthemen aus
- Schüler/innen erstellen eine gemeinsame Mind-Map zu den
Phasen des Verkaufsgespräches
4. Doppelstunde
1. Einzelarbeit
- Schüler/innen lösen Wiederholungsfragen zum Feedback
- Schüler/innen üben die Phasen
und die dazugehörigen Inhalte
des Verkaufsgesprächs mit Methode „Strukturlegen“
2. Stammgruppenarbeit
- Schüler/innen vergleichen Strukturlege-Ergebnisse und tauschen sich aus
- Schüler/innen lesen Text zur Methode „Rollenspiel“
- Schüler/innen führen Rollenspiel
vor
- beobachtende Schüler/innen geben Feedback ...
terialien aus dem Sandwichverfahren:
Die Methode „Strukturlegen“ –
Übungen zu den Phasen des Verkaufsgesprächs und den dazugehörigen Inhalten:
Das Arrangement wird mit entsprechender Vorbereitung (und Abhaken
der „Kann-Liste“) in der achten Doppelstunde mit einer Klassenarbeit
abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt
werden auch die Punktekonten abgegeben, die neben der Klassenarbeit zur Leistungsbewertung herangezogen werden. Bei der Rückgabe
der Leistungsnachweise wird, um
den Kreislauf zu schließen o. g. Zielvereinbarung zur Überprüfung der
Zielerreichung herangezogen.
Im Anschluss an diese Einheit holen
wir ein Schüler/innen-Feedback ein.
Die zusammengefassten Ergebnisse
haben wir hier abgedruckt:
... und noch ein Beispiel für die Ma-
11
12
Umsetzung von SOL- Bausteinen bei Tourismus- und Freizeitkaufleuten am
Beispiel „Städtetourismus“
Von List auf Sylt über Bremerhaven bis nach
Oberstdorf in Bayern
Die von mir mithilfe einer PP-Präsentation demonstrierte Unterrichtseinheit „Städtetourismus“ beschäftigt sich mit der Leitfrage,
inwiefern der Einsatz von SOL-Bausteinen im Unterricht die Handlungskompetenz der SchülerInnen
steigern kann. Denn ein Ziel von SOL
ist es, die SchülerInnen zu mehr Eigenverantwortung für ihr Lernen
und Arbeiten anzuregen, was auch
von den Ausbildungsunternehmen
als eine der zentralen Kompetenzen
gefordert wird. Hierzu gehören im
Rahmen von SOL- Arrangements
nicht nur schüleraktivierende Methoden, sondern auch ein verändertes Rollenverständnis von Lehrer
und Schüler, eine veränderte Notengebung, sowie eine ausgereifte Me-
thoden-,Kommunikations- und Sozialkompetenz seitens der Schüler
und Lehrer. Die Leitfrage diente meinen Gesprächspartnern und mir als
Aufhänger für einen regen Erfahrungsaustausch.
Um eine gemeinsame Gesprächsbasis zu schaffen, stellte ich zunächst
die Lerngruppe Tourismus- und Freizeitkaufleute vor, die sich besonders
hervorhebt durch eine kleine Klassengröße. Dies ist dem SOL-Konzept
einerseits zuträglich ist, da eine individuelle Förderung leichter möglich
ist; andererseits wurde im gemeinsamen Erfahrungsaustausch sofort
die Schwierigkeit angesprochen,
Gruppenarbeit z.B. in der Stammund Expertengruppenarbeit zu orga-
nisieren, wenn eine hohe Fluktuation bspw. durch Krankheit auftritt.
Die Lerngruppe, die sich inhaltlich
vor allem mit dem Entwickeln und
Vermarkten von touristischen Produkten und Dienstleistungen beschäftigt, Gäste betreut, Messeauftritte und touristische
Veranstaltungen organisiert, zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass
sie eine hohe Grundmotivation,
Kommunikationsfähigkeit und Experimentierfreudigkeit mitbringt – Eigenschaften, die dem SOL-Konzept
sehr zuträglich sind.
Diese Rahmenbedingungen machen
es zunächst einfach, eine Grundmotivation für das Thema „Städtetourismus“ zu erzeugen. Eine Orientierungshilfe bietet für den Einstieg in
eine SOL-Einheit der Advance Organizer, ein kurzer Überblick über
ein neues Thema durch den Lehrer.
Meine Gesprächspartner stimmten
mit mir überein, dass durch diese
Methode sehr gut das bestehende
Vorwissen der Schüler angesprochen
wird und somit erreicht werden
kann, dass erste Missverständnisse
geklärt werden können, aber auch
eine bessere Transferleistung durch
längeres Behalten erreicht werden
kann. Der AO „ Städtetourismus (Folie Nr. 1) dient als Beispiel für die
Umsetzung. Inhaltlich werden die
Schüler hierbei durch ein „Bilderrätsel“ an die touristisch interessanten
Städte München, Hamburg, Berlin
und Dresden herangeführt. Im sich
anschließenden Gruppenpuzzle er-
Katrin Molthan
Folie 1 (li.) und Folie 2
13
dieser Diskussion ist die Wichtigkeit
klarer Arbeitsanweisungen, die man
nicht unterschätzen sollte. Hier
diente der „Arbeitsauftrag Gruppenpuzzle“ (Folie 3) als gute Gesprächsgrundlage, da er den SchülerInnen
überlässt, ihre Präsentationsform in
der Stammgruppenarbeit frei zu
wählen. Außerdem kamen wir zum
Ergebnis, dass das Einüben von kleinen methodischen Sequenzen aus
Zeitgründen oft vernachlässigt wird
und die SchülerInnen somit mit einem „großen“ Gruppenpuzzle alleingelassen und überfordert werden.
Um hier einen Rahmen zu schaffen,
können die Rollenkarten wie „Zeitnehmer“, „Moderator“ etc helfen.
(Folie 4)
Folie 3
arbeiten die SchülerInnen nun eigenverantwortlich „ihre“ Stadt. Die
Zuteilung der vier Städte wird durch
das Los entschieden, genauso wie
die Zuteilung der einzelnen Stammgruppenmitglieder.
Die Methode „Gruppenpuzzle“ (Folie
Folie 4(li.) und 5
14
2) war den Kongressteilnehmern, in
meinem Fall fast ausschließlich Lehrerinnen, bekannt. Sie diente jedoch
als guter Aufhänger für die Diskussion um die Rahmenbedingungen,
also die Frage, wann ein Gruppenpuzzle funktioniert und wo sich
Stolpersteine auftun. Ein Ergebnis
Eine Herausforderung sahen meine
Gesprächspartner darin, den SchülerInnen durch den relativ freien Arbeitsauftrag genügend PC- Räumlichkeiten sowie Arbeitsmaterialien
zu Verfügung zu stellen. Dies stellte
sich tatsächlich in der Umsetzung
als organisatorischer Kraftakt he-
raus, denn es mussten mehrere
Räume gleichzeitig geblockt werden,
da sich eine Gruppe entschied, ein
Brettspiel (Stadtrallye) vorzubereiten, das anschließend in der Stammgruppe gespielt werden sollte, während eine andere Gruppe eine
PP-Präsentation „magische Wand“
als Wissensvermittlungsmethode
wählte. (Folien 5 und 6)
Ein weiterer methodischer Aspekt,
der diskutiert und gut aufgenommen wurde, war die Feedbackrunde
der Stammgruppenmitglieder nach
der Wissensvermittlung in den
Stammgruppen an die Experten.
(„mir hat gut gefallen…“; „ Folgendes kannst du noch verbessern…“).
Hierbei schulen die SchülerInnen
nicht nur ihre Kommunikations- und
Sozialkompetenz, sondern lernen
auch, mit konstruktiver Kritik umzugehen.
Die sich anschließende Einzelarbeitsphase im Rahmen des Sandwichprinzips, also dem systemati-
schen Wechsel zwischen Gruppenund Einzelarbeitsphasen, bietet gemäß den Diskussionsbeiträgen nicht
nur den SchülerInnen einen Raum
zum individuellen Vertiefen und
Wiederholen, sondern auch die Lehrer erfahren hier, ob es noch Verständnisprobleme gibt. Diese Lernphase wird von vielen Lehrern
genutzt, ganz individuelle Fragen
und Probleme zu besprechen und
die SchülerInnen je nach Lerngeschwindigkeit weiter zu fördern.
spräch kommt und merkt, dass man
nicht allein mit Problemen ist und
alle ähnliche Erfahrungen machen.
Ein nächstes Treffen ist schon bald
geplant, und ich bin gespannt auf
weitere anregende Gespräche!
Ausbildungsbetriebe: Tourismusbüros, Tourismusorganisationen, Kurverwaltungen, Ferienhausvermieter,
Reiseveranstalter, touristische Freizeiteinrichtungen, Freizeitparks, Unternehmen im Gesundheitstourismus und Wellnessbereich.
Als abschließendes Ergebnis der Diskussion bleibt der gemeinsame
Wunsch , SOL noch umfassender im
eigenen Unterricht zu implementieren, neue Wege weiter auszuprobieren und sich nicht von Stolpersteinen, die dort auftauchen, wo man es
gar nicht vermutet, entmutigen zu
lassen.
Ein Forum bieten derartige Kongresse, in denen Netzwerke entstehen können, in denen man ins Ge-
Folie 6
15
16
Verknüpfung von vielen Lernfeldern zu einem Arrangement
für Einzelhandelskaufleute.
H & M kommt nach Bremerhaven
2007 eröffnete H&M seine erste Filiale in Bremerhaven. Ein Ereignis
nicht nur für Bremerhaven und
H&M, sondern natürlich auch für die
Schüler und Schülerinnen unserer
Schule.
Unsere Überlegung war, wie kann
man eine Filialeröffnung von H&M
nutzen, um daraus lernfeldübergreifende Arrangements zu entwickeln,
um möglichst viele Inhalte aus 14
Lernfeldern des Einzelhandels miteinander zu verknüpfen. Unsere Konzeption beabsichtigt mehrere Themen aus unterschiedlichen
Lernfeldern zu kombinieren und die
einzelnen Module als Wahlpflichtfächer im Zeugnis auszuweisen. Wir
entschieden uns betriebswirtschaftliche, soziale und politische Inhalte
einer H&M Filialeröffnung zu untersuchen und nicht nur regionale und
nationale, sondern auch globale Aspekte mit einzubeziehen.
dul als ein Stationenlernen und die
Wissensvermittlung wird als Talkshow organisiert. Alle Module sind
aufgebaut nach dem Baukastenprinzip von Dr. Herold. Im Folgenden
nun einige Schwerpunkte aus den
drei Modulen:
Modul 1:
„Filialeröffnung“
Die erste Abbildung zeigt den „Advance Organizer“ des ersten Moduls
„Filialeröffnung“. Welche Merkmale,
Möglichkeiten und Vorteile ergeben
sich durch die Filialeröffnung für die
Kunden, für Bremerhaven und für
H&M?
Die Schwerpunkte:
- Expertengruppe „Kunden“: Kundenbeurteilungen über H&M,
das Sortiment, die Betriebs- und
Verkaufsformen
- Expertengruppe „Bremerhaven“:
Statistiken über die Zusammensetzung der Bevölkerung und
über Einkaufsmöglichkeiten
- Expertengruppe „H&M“: Filialnetz
von H&M, die spezielle Standortpolitik des Unternehmens
Bernhard Kamp
Das Ergebnis waren drei Module:
- Filialeröffnung
- Absatzpolitik
- Unternehmerische Verantwortung
Die Leistungsbewertung für jedes
Modul sind im Prinzip je zur Hälfte
eine Klausur und ein Punktekonto.
Die ersten beiden Module sind als
Gruppenpuzzle konzipiert mit Wissenserarbeitung in den Expertengruppen und Wissensvermittlung in
den Stammgruppen. Das letzte Mo-
17
Die zweite Abbildung zeigt die verschiedenen Aufgaben der Expertengruppen. Damit haben wir nicht nur
betriebswirtschaftliche Überlegungen, sondern auch kaufmännisches
Rechnen, Kennziffern, Statistikauswertungen und Standortpolitik miteinander verbunden. Die Arbeit vollzog sich in Gruppen und
Untergruppen. Die Ergebnisse wurden in den Expertengruppen gesammelt und strukturiert aufbereitet. In
der Stammgruppe das Wissen vermittelt und mit Aufgaben vertieft.
(re) Julia Tarasov präsentiert die neueste
Mode"
18
Die Aufgaben sind im Dreier-Schritt
aufgebaut. Die Schüler und Schülerinnen behandeln in den Expertengruppen die speziellen Projektfragen
(Untersuchung), lernen daraus allgemeine, grundsätzliche Inhalte (Vertiefung) und spielen in den Stammgruppen eine eigene Filialeröffnung
in einer selbst ausgewählten Stadt
durch (Anwendung).
Modul 2:
„Absatzpolitik“
Schwerpunkte des zweiten Moduls
„Absatzpolitik“ sind die drei Expertenthemen
- Sortimentsgestaltung (Sortimentsbegriffe, Marken, Preisauszeichnung, Kennzeichnung)
- Ladengestaltung (Raumgestaltung, Warenpräsentation,
Schaufenstergestaltung) und
- Werbung (Werbung, Begriffe,
Werbeplan, Castingshow).
Die Abbildung zeigt den Advance
Organizer „Absatzpolitik“, der alle
Schwerpunkte visualisiert und farblich abgrenzt.
Die Inhalte dieses Moduls sind Teile
des Lernfeldes 1 und des gesamten
Lernfeldes 4 „Waren präsentieren“
und Lernfeld 5 „Werben und den
Verkauf fördern“.Der Vorteil ist, dass
die Lernfelder nicht linear gelernt
werden, sondern am Projekt H&M
Modul „Absatzpolitik“ im Ganzen
angewendet werden können und
das Wissen gleichzeitig auch auf an-
Steckbrief über Carsten U.
Carsten U. (17 Jahre) war beim Textildiscounter „H I K“ beschäftigt. Er war sehr gerne als Verkäufer tätig
und sah im Einzellhandel seine berufliche Chance. Zu Beginn seiner Ausbildung hatte er weder im Ausbildungsbetrieb noch in der Schule Probleme. Er war sehr engagiert, identifizierte sich mit seinem Ausbildungsbetrieb, nahm an vielen Fortbildungen teil und übte seinen Beruf als Einzelhandelskaufmann sehr
gewissenhaft und konzentriert aus. Er suchte immer wieder das Gespräch mit dem Kunden und versuchte sie von dem Sortiment des Discounters zu überzeugen.
Seine Bemühungen gegenüber den Kunden wurden aber von der Betriebsleitung nicht honoriert. Durch
Gespräche mit seinem Abteilungsleiter wurde ihm klargemacht, dass sich die preiswerte Ware beim Discounter selbst verkaufen muss und es mehr auf Schnelligkeit und Akkord beim Auffüllen der Regale und
beim Kassieren ankommt. Allmählich nahm seine Ausbildung eine andere Richtung. Unbezahlte Überstunden, Kontrollen und Arbeiten unter Zeitvorgaben verstärkten den Druck auf ihn. Er begann kritisch
über seine Ausbildung nachzudenken. Er argumentierte gegenüber seinem Abteilungsleiter mit dem Jungendarbeitsschutzgesetz und dem Berufsbildungsgesetz. Er spürte wie das Misstrauen ihn gegenüber
immer mehr zunahm.
Mit Beginn seines zweiten Ausbildungsjahres hatte er das Gefühl, immer mehr ausbildungsfremde Arbeiten erledigen zu müssen. Seine Idee, eine Interessensvertretung von Arbeitnehmer zu gründen, stieß
auf völlige Ablehnung der Betriebsleitung. Er versuchte seine Kollegen und Kolleginnen von seinen Plänen zu überzeugen. Aber seine Ideen stießen nicht unbedingt auf Zustimmung und von der Betriebsleitung bekam er eine Abmahnung wegen Störung des Betriebsklimas.
Carsten U. fing nun an politisch zu arbeiten. Er überlegte sich, wieso kann der Textildiscounter so billig
die Waren verkaufen. In den Pausen hielt er Reden und diskutierte mit den Mitarbeitern. Seine These, der
Discounter beutet die Menschen in den Entwicklungsländern aus, unterstützt Kinderarbeit, toleriert
schlechte Arbeitsbedingungen und zerstört die Umwelt. Genauso wie hier im Betrieb: Überstunden, geringe Stundenlöhne, Abhängigkeit, Kontrollen. Der Discounter entzieht sich jeglicher unternehmerischer
Verantwortung, nur um noch mehr Gewinn zu machen. In den Aufenthaltsräumen fing Carsten U. an,
Plakate aufzuhängen und Flugblätter auszuteilen.
Daraufhin erteilte der Textildiscounter ihm Hausverbot und schicke ihm seine Kündigung.
dere Einzelhandelsgeschäfte übertragen werden kann.
Alle Expertengruppen mussten sich
mit Hilfe von Infomaterialien und
Lehrbüchern ihr Wissen aneignen,
Notierhilfen ausfüllen und Infoblätter erstellen. Nach der Sammlung
von Fachwissen erledigt jede der
drei Expertengruppen vielfältige,
spezielle Aufgaben.
In der Stammgruppe werden die
Aufgaben verknüpft und durch Sortieraufgaben, Strukturlegen und Ankreuzfragen vertieft. Höhepunkt dieses Moduls waren beispielsweise
eine Modenschau. Die Schüler und
Schülerinnen mussten eine Kollek-
tion für den Beruf, Sport, Schule
oder Disco zusammenstellen und
diese dann in der Schule präsentieren. Andere Schwerpunkte waren
eine Casting Show, den Super Azubi
ermitteln, Radio-Clips für ein Instore
Radio im Lebensmittel und Elektromarkt erstellen. Die verschiedenen
und vielfältigen Aufgaben wurden
bewertet.
Modul 3:
„Unternehmerische
Verantwortung“
Punktekonto für Wahlpflichtmodul II
Punktekonto von: ...................................................................
(Bitte Ihren Namen einsetzen)
Lfd. Nr. Aufgabe
Mögliche
Punkte
Erreichte
Punkte
Datum
Nachweis
1
Ich habe nie gefehlt und war immer pünktlich / Ich habe
Fehlzeiten abgeklärt ... ggf. auch mit meiner Arbeitsgruppe
5
Lehrer
2
Ich hatte immer alle meine Arbeitsmaterialien dabei und
sorgte dafür, dass diese meiner Gruppe auch während meiner Abwesenheit zur Verfügung standen
6
Lehrer
Ich habe die Verantwortung für die Zeitnahme in der
Stammgruppe übernommen und im Protokoll nachgewiesen
Ich habe die Verantwortung für die Zeitnahme in der Expertengruppe übernommen und im Protokoll nachgewiesen
Ich habe die Verantwortung für die Zeitnahme in der Unterexpertengruppe übernommen und im Protokoll nachgewiesen
5
Stammgruppenmitglieder
5
Expertengruppenmitglieder
5
Unterexpertengruppe
6
Ich habe die Verantwortung für die Organisation und Funktionsfähigkeit der Stammgruppe übernommen und im Protokoll nachgewiesen
8
Stammgruppenmitglieder
7
Ich habe die Verantwortung für die Organisation und Funktionsfähigkeit der Expertengruppe übernommen und im
Protokoll nachgewiesen
8
Expertengruppenmitglieder
8
Ich habe die Verantwortung für die Organisation und Funktionsfähigkeit der Unterexpertengruppe übernommen und
im Protokoll nachgewiesen
6
Unterexpertengruppe
9
Infoblatt Lebensmittelkennzeichnung
9
Lehrer
10
Poster mit Sortimentsbeschreibung
12
Lehrer
11
Infoblatt Sortimentsbeschreibung
9
Lehrer
3
4
5
12
Plakat Lebensmittelfiliale
18
Lehrer
13
Plakat Schaufenster
12
Lehrer
14
Radioclips
12
Lehrer
15
Filialskizze mit Warenträgern
12
Lehrer
16
Castingshow
12
Lehrer
17
Flyer Werbeplan
12
Lehrer
18
Casting + Flyer LIDL-Filiale
18
Lehrer
19
Ich beantrage weitere Punkte für diese zusätzlichen Aufgaben/Tätigkeiten/Aktivitäten (Erläuterungen auf der Rückseite):
....................................................................................
Lehrer
Ihre Unterschrift:
Das Modul „Unternehmerische Verantwortung“ ist der Versuch, mit
Einzelhändlern Unternehmen als so-
Lerneinsatz (Teil I) maximal Punkte
/50
19
ziales Gefüge im Zeitalter der Globalisierung darzustellen. Die Untersuchung beschränkte sich dabei nicht
nur auf H&M, auch anderen Textilunternehmen, sowie Lebensmittelund Drogeriediscounter wurden mit
einbezogen.
Die Ausgangsfrage waren:
- Unter welchen Produktions- und
Umweltbedingungen produzie-
20
ren die Unternehmen in den
Produktionsländern
- Wie stellen sich die Strukturen zu
den Mitarbeitern in den Absatzländern dar? Der „Advance Organizer“ zeigt einen Überblick
über das Modul „Unternehmerische Verantwortung“
Sechs Themen wurden bearbeitet
und dazu Lernstationen aufgebaut.
Zwei Themen untersuchten die Arbeitsplatzbedingungen bei Textil-,
Lebensmittel- und Drogeriediscountern und Rechtsfragen der Ausbildung. Vier Themen beinhalteten die
Vor- und Nachteile der Globalisierung.
Infostände:
- H&M : Die Reaktion von H&M
auf Vorwürfe aus dem Bereich
Umwelt und Ethik
- Umwelt: Einfluss des weltweiten
Handels auf die Umwelt am
Beispiel von Textilien von H&M
- Vorteile: Für Untenehmen, Produktionsländer und Konsumländer
- Ethik: Die moralische / ethische
Betrachtung von Produktionsverlagerungen und Warentrans-
porten
- Stelle: Berufe bei H&M, Bewerbungstraining, Assessment Center
- Arbeitsrecht: Jugendarbeitsschutzgesetz, Recht und Pflichten, Berufsausbildungsgesetz
Die Informationsmaterialien waren
vorgegebene Internetseiten, zahlreiche Artikel aus Zeitschriften und
Zeitungen und Features aus Funk
und Fernsehen.
Die Wissensvermittlung erfolgte
durch eine Talkshow. Ausgangslage
war ein fiktiver Fall über einen Auszubildenden bei einem Textildicounter „HIK“.
Die Diskussionsteilnehmer der Talkshow ergaben sich aus den Infoständen: ein Talkmaster, benötigte eine
Überblick über alle Infostände,
Presse, die den Fall aufdeckten, Abteilungsleiter und Mitarbeiter von
„HIK“ ergaben sich aus dem Infostand „Stelle“, die Führungskraft von
HIK aus dem Infostand „H&M“, die
Rechtsabteilung der IHK aus dem Infostand „Arbeitsrecht“, Attac aus
dem Infostand „Ethik“, Greenpeace
aus dem Infostand „Umwelt“ und
die DIHK aus dem Infostand „Vorteile der Globalisierung“.
Die Erarbeitung der einzelnen Rollen erfolgte durch Rollenkarten.
Die Schüler und Schülerinnen, die
keine Rolle ausübten, protokollierten
die Talkshow oder bildeten die technische Abteilung für Kamera, Ton,
Videoerstellung. Die Bewertung erfolgte über ein Punktekonto. Die
Talkshow wurde gefilmt und ist auf
CD festgehalten.
21
22
Ein abwechslungsreicher Fächer-Mix am Beispiel von
Marketing-Instrumenten in der Einjährigen Höheren Handelsschule/DQ.
Marketing mit „Farbigen Stunden“
Der "Farbige Stundenplan" wurde im
Januar 2010 für den Zeitraum von
einer Woche im Rahmen der Unterrichtseinheit "Marketing" durchgeführt.
Die Präsentation des „Farbigen
Stundenplans“ der Einjährigen Höheren Handelsschule DQ stand unter
dem Motto: Marketing-Instrumente
mit "Farbigen Stunden".
Der Unterricht in dieser Vollzeitklasse ist in den Lernfeldgruppen
Wirtschaft und Controlling, Handel
und des Lernbüros immer häufiger
nach dem SOL-Prinzip gestaltet
worden, so dass die Schüler/-innen
das selbstorganisierte Lernen bereits
stark verinnerlicht hatten. Neu für
sie war im „Farbigen Stundenplan“
die Verknüpfung der Fächer Deutsch,
Englisch, Politik, Wirtschaft und
Controlling, Handel und das Lernbüro.
Es standen 23 Unterrichtsstunden
zur Verfügung. Abb.1
Anschließend wurde ein 9-stündiges
Projekt im Fach Lernbüro durchgeführt. Hierbei sollten die Schüler/innen mit ihren Marketing-Ideen ein
Zwei-Rad Unternehmen aus der Absatzkrise retten.
In der Einführungs-/Begeisterungsphase (rot) führte die Lehrerin mit
Hilfe des Advance Organizers (AO)
Abb. 2 in das Thema ein. Außerdem
wurden die Stamm- und Expertengruppen gebildet und die Schüler/innen auf die Beratungsfunktion der
Lehrerinnen und Lehrer während der
Durchführung des Arrangements
hingewiesen. Zudem erhielten die
Schüler/-innen eine Erläuterung
zum Ablauf und den Arbeitsschritten
während der einzelnen Phasen. Abb.
3
Für die Arbeit in der Expertengruppe
(gelbe Phase) hatten die Schüler/-innen den Auftrag, ein Info-Blatt zu
ihrem jeweiligen Thema zu erstellen.
Als Informationsmaterial standen
ihnen Texte und das eingeführte
Lehrbuch zur Verfügung. Für die
Auseinandersetzung mit dem Expertenthema erhielt jede Gruppe Leitfragen. Abb. 4
Susanne Bransi, Hildegard Ziegler-Gräbel, Bernd Lachmuth
Das Beispiel des englischen Textes
zeigt die Verknüpfung der Fächer im
„Farbigen Stundenplan“ . Abb. 5
In der Stammgruppe (grüne Phase)
wurde das Expertenwissen mit Hilfe
des erstellten Info-Blatts an die
Gruppenmitglieder weitergegeben.
Bild 8 Anschließend erhielten die
Gruppen den Auftrag, eine MindMap zu erstellen, die alle Expertenthemen darstellt. Abb. 6
(li) Abb. 1 und Abb. 2 (re)
23
Es folgte die individuelle Lernphase
im Lernatelier. Hier erhielten die
Schüler/-innen einen Aufgabenkatalog "Übung macht den Meister" zu
allen Fächern Abb. 7 und die Sortierund Strukturlegeaufgabe. Abb. 8 Insgesamt 7 Unterrichtsstunden standen ihnen für die Aufgabenbearbeitung in eigener Lerngeschwindigkeit
zur Verfügung. Die Lösungen wurden für eine eigenständige Kontrolle
bereitgestellt.
(li.) Abb. 3
Find out more examples how adverts draw attention to a product and how advertising can persuade people to buy a certain product.(Text 2, lines 27 to 40)
Unterscheiden Sie bei den Werbearten nach der Stellung der
Werbenden im Absatzprozess und nach der Anzahl der Werbenden.
Wie kann der Werbeerfolg kontrolliert werden?
a) Beschreiben Sie die Werbeanzeige der internationalen Naturschutzorganisation WWF. (Anzeige s. Anlage)
b) Auf welches Problem weist die Werbeanzeige hin?
c) Warum schaltet der WWF Anzeigen? Wer soll damit
angesprochen werden?
Putting the message over
People ask 'Does advertising really work?' Well, it certainly
does. Otherwise we wouldn't spend all that money on
Am Schluss der „Farbigen Woche“
stand das Feedback. Die Schülerinnen und Schüler wurden aufgefordert mit Hilfe einer Zielscheibe ihre
Meinung zum durchgeführten SOLUnterricht zu äußern: Lernerfolg,
„Roter Faden“, Zeitvorgaben usw.
Abb. 9 Außerdem konnten sie ihr
Feedback schriftlich ergänzen. Abb.
10
advertising!
5 But how does it
work? Well, I'm going
to talk about two
different ways. First,
let's look at advertis‑
ing for well-known names and brands - advertising which
keeps an already famous brand in
15 people's minds. Then let's look at the sort of advert that introduces something new.
OK. First then, let's
20 take that famous TV commercial for Yellow Pages with
Fido. His owners go away and
leave, him behind with
25 Granny. So he locks
Arbeitsschritte zum Thema
Marketinginstrumente
Entscheidet euch bitte innerhalb der Gruppe (Stammgruppe),
wer welches Thema als Experte bearbeiten möchte. Sie oder er
ist dann verantwortlich für diesen Bereich.
Leitfragen für die Expertengruppen
Name: ..........................................
Marketing-Instrumente
Kommunikationspolitik II – Produktwerbung
Jedes Thema muss vergeben werden.
Es stehen drei Themen zur Wahl:
Aufgabe: Lesen Sie in Ihrem Schulbuch die Seiten 332-335
und füllen Sie dazu diese Notierhilfe aus: Kurze Texte (Spickzettelnotizen), Zeichnungen, Tabellen, Symbole, Beispiele ...
1 Kommunikationspolitik I – Verkaufsförderung & Co.
2 Kommunikationspolitik II - Produktwerbung
Aufgabe: English:
Read text 1 “Putting the message over” (Read text 2 “Advertising and us”): Zusatzaufgabe
3 Preispolitik
Erarbeitet innerhalb der Expertengruppe euer Thema anhand
der Leitfragen und notiert die wesentlichen Inhalte in Stichpunkten (gelbe Phase).
Erstellt in der Expertengruppe ein Infoblatt, auf dem die Inhalte eures Themas zusammenfassend und übersichtlich darstellt werden (gelbe Phase)
Jetzt erläutert ihr euren Gruppenmitgliedern der Stammgruppe als Experten euren Themenbereich (grüne Phase).
Wählt dazu die Methode des aktiven Zuhörens.
Anschließend erstellt ihr gemeinsam eine Mind-Map am PC
mit Hilfe des „Mind Managers“, die die drei Themenbereiche
zusammenfasst (grüne Phase). Bitte mit Namen versehen ausdrucken!
Danach löst ihr Aufgaben in Einzelarbeit und vergleicht die Ergebnisse mit euren Gruppenmitgliedern der Stammgruppe
(blaue Phase).
Abschließend bearbeitet ihr die Sortier- und Strukturlegeauf-
Abb. 4und Abb. 5 (re.; Abb 6 re. oben))
24
gabe (blaue Phase).
Welche Ziele verfolgen Unternehmen mit der Werbung? Formulieren Sie 3 Ziele! Falls Sie in Ihrem Buch nicht genügend
Informationen zu der Frage finden, diskutieren Sie untereinander.
Welche Grundsätze sollten werbetreibende Unternehmen beachten? Geben Sie Beispiele!
a) Erklären Sie den Begriff „Suggestivwerbung“!
b) Finden Sie dazu ein Beispiel!
What two different sorts of advertising according to text 1 are
there?
Werbung sollte nach dem AIDA-Prinzip ausgerichtet sein.
Nennen und erklären Sie die einzelnen Stufen!
The AIDA formula is used to promote and to plan adverts. Find
out what AIDA means and explain the single steps. (Text 1)
Bei ihrer Werbeplanung sollten Unternehmen u.a. folgende
Kriterien beachten: Werbebotschaft, Werbemittel, Werbeträger,
Streukreis, Streuzeit und Streugebiet. Erklären Sie diese Begriffe mit Beispielen!
Marketing Instrumente
Kommunikationspolitik II – Produktwerbung
TEXT 1
1 her out to show how
how he feels. How does this ad work? Well, it's that naughty
but lovely and very
30 lovable and very
human dog, of course. Look at his face! Yes, animals sell small children do. too. They're sweet and they're funny, and we
love them. And we associate the
product with that positive emotion.
Many other brands are sold on something even stronger added emotional benefits - the feeling that we will be improved somehow by the product. If it's toothpaste, it doesn't just
clean our teeth: it also offers glamour, perhaps, or even happiness!
What about the other type of advert, the type that introduces
us to a product or service? Take a music mail order company:
it has to put over a message that will keep attracting new
customers. and those customers have to be
attracted enough to contact the
company. Here, the AIDA formula can be used. This stands for:
attract ATTENTION, arouse INTEREST, create DESIRE and make
ACTION easy.
In this case, the ad is in a teenage music magazine. It's therefore aimed at the right target group, and the chances of a
good response are high. Now, our ATTENTION is attracted immediately as the brightly coloured leaflet falls out of the magazine. We read on the cover 'take 5 CDs' and our INTEREST is
aroused. Then DESIRE is created as we open the leaflet and see
the many music types and titles we can choose from. Finally,
there's a card we can cut out, fill in and send off. And look.
there's no need for a stamp: it's freepost. it's prepaid. ACTION
has been made very easy!
(335 words)
„Übung macht den Meister“ –
auch beim Thema Marketing-Instrumente
Ihr habt euch in den letzten Stunden zu Teil-Experten gebildet
und habt mit Hilfe der Informationsblätter einen Überblick
über das Thema erhalten.
Nun gilt es das Erlernte mit Hilfe der Info-Blätter und einen
tiefen Blick ins Schulbuch zu festigen.
Aufgaben
Beantwortet in Einzelarbeit (= jede/r für sich allein ) schriftlich
die folgenden Fragen:
Welche Ziele erfüllt die Kommunikationspolitik mit der Produktwerbung?
Welche Arten der Werbung werden im Hinblick auf die Anzahl
der Werbenden unterschieden?
Marketing-Instrumente
Schneidet die Begriffe aus und legt sie ungeordnet vor euch
auf den Tisch.
Sortiert dann die Begriffe nach „weiß ich“ oder „weiß ich
nicht“. (Regel: “weiß ich“ heißt, man kann mindestens einen
zusammenhängenden Satz zu dem Begriff formulieren). Nach
dem Sortieren trefft ihr euch in der Stammgruppe und klärt
gemeinsam die Begriffe, die ihr nicht wusstet.
Sind alle Begriffe klar, das heißt auf dem „Weiß-ich-Stapel“,
kann mit dem Strukturlegen begonnen werden. Jeder legt für
sich die Begriffe in eine für ihn sinnvolle und „richtige“ Struktur.
Kommunikationspolitik
Ziele der Werbung Selbstoffenbarung
Product Placement
Produktproben
Gewinnzuschlag
Kundenorientierte
Preispolitik
Tag der offenen
Tür
Handlungskosten
Konkurrenzorientierte Preispolitik
Sponsoring
Empfänger
Sales Promotion
Nachricht
advertising
AIDA-Formel
Public Relations
attention
Streukreis
Corporate Identity
consumer
Niedrigpreisstrategie
Werbeerfolgskontrolle
image
Preispolitik
Werbeerfolg (außerökonomisch)
desire
VerbraucherPromotion
Mitarbeiterschulung
aims of
advertising
Bezugspreis
Sachinhalt
slogans
What different sorts of advertising are there?
Listeneinkaufspreis
Bezugskosten
target group
How do adverts draw attention to a product?
Appell
Liefererrabatt
brand name
Sender
Liefererskonto
Beziehung
Erläutern Sie das AIDA-Prinzip am Beispiel einer Anti-FaltenCreme!
Unterscheiden Sie Werbemittel und Werbeträger!
Erklären Sie die Begriffe Streukreis, Streuzeit und Streuweg!
Was ist Sales Promotion? Erklären Sie den Begriff und geben
Sie jeweils ein Beispiel aus den einzelnen Bereichen.
a) Warum betreiben Unternehmen Öffentlichkeitsarbeit (Public
Relations)?
b) Geben Sie 2 Beispiele zu möglicher Öffentlichkeitsarbeit.
Welche Ziele verfolgen Unternehmen mit Sponsoring?
Nennen Sie 2 Ziele!
Was ist Product Placement? Erläutern Sie!
Beschreiben Sie die konkurrenzorientierte Preispolitik!
Unterscheiden Sie räumliche, zeitliche und mengenmäßige
Preisdifferenzierung!
Welche Ziele verfolgen Unternehmen mit der Niedrigpreisstrategie und der Hochpreisstrategie?
When do advertisers use the AIDA formula?
Fill in the gaps (see worksheet)
Abb. 9 (o.)
(li.) Abb. 7 und Abb. 8 (mittig)
AUSWERTUNG ZUR SOL-EINHEIT „MARKETING-INSTRUMENTE“
Besonders gut hat mir …………….. gefallen, weil…………….
… der farbige Stundenplan:
- man konnte selbstständig in der Gruppe arbeiten
- die Lehrer haben geholfen
- man konnte selbst das Expertenthema wählen
- man erarbeitet sich alles selbst und wiederholt es
- man hat endlich das Gefühl für sich und nicht für die Lehrer zu lernen
- die Integration der Sprache (hier: Englisch)
… die Individualarbeit:
- mit Hilfe der Infoblätter konnte man die ganzen Fragen
schnell und einfach lösen
- man hatte genügend Zeit
- man konnte selber prüfen, ob man alles verstanden hat
und die Woche etwas gebracht hat
… die Arbeit in Gruppen:
- man hat gut zusammengearbeitet
- es war ein gutes Klima in der Gruppe
… die Arbeit am PC (Mind-Map):
- hat alles vertieft und die Informationen übersichtlich dar-
gestellt
Überhaupt nicht gefallen hat mir ………………….., weil …………………
………
… die Zeitvorgabe
- fertig und dann gelangweilt (Gruppen- und Einzelarbeit)
- man hätte es auf zwei Wochen ausdehnen können
… die Lehrerrolle
- die Lehrer wollten gar nicht helfen
Schlussfolgerungen:
- würde es gerne öfter machen
- das Selbständigarbeiten ist besser als anderer Unterricht
- dient zur Vorbereitung auf das Berufsleben
- Abwechslung zum „normalen“ Unterricht
- wiederholen und längere Gruppenarbeitsphasen
- eher nicht wiederholen
- konnten viel lernen
- hat Spaß gemacht
- es gab einen Lernerfolg
… die Arbeit in Gruppen
- arbeite lieber allein
- selber in Stammgruppen aufteilen
… die Unterrichtsmethode
- der Wechsel zwischen Stamm- und Expertengruppe und Einzelarbeit
… die Lautstärke
- als einige schon fertig waren
Abb. 10
25
26
Buchführung?!? Ich kann´s!
Aus kleinen Bausteinen entsteht ein Turm. Das ist Modularisierung
als didaktische Lösung
Erfahrungsgemäß ist die Heterogenität der Klassen im Rechnungswesenunterricht besonders groß. Einige
Schüler haben mit dem Prinzip der
doppelten Buchführung Erstkontakt,
andere verfügen über umfangreiche
Vorkenntnisse aus der Handelsschule
oder der Höheren Handelsschule.
Der Unterricht muss demnach hochgradig binnendifferenziert organisiert sein. Hinzu kommt der Umstand, dass im Rechungswesen die
Inhalte aufeinander aufbauen und
kaum arbeitsteilig bearbeitet werden
können. Die Idee der Modularisierung ist nicht neu und musste demnach nur noch angepasst werden.
Der Ablauf der Module
Entsprechend der Eingangsvoraussetzungen in den Einzelhandelsklassen erfolgte die Einteilung der Lernfeldinhalte in kleine inhaltlich
abgrenzbare Einheiten - unsere Module (erreichbare Teilziele). Die Organisation der Module folgt einem festen Schema.
Der Beginn ist eine kleine Einführung bzw. Begeisterungsphase. Hier
wird der Modulinhalt vor kleineren
Gruppen i.d.R. vom Lernberater visualisiert vorgestellt. Dann erhalten
die Schüler die Modulaufgaben und
beginnen mit der Informationsaufnahme. In unserem Fall sind die entsprechenden Passagen im Lehrbuch
vorgegeben, ergänzend stehen je
nach Modul verschiedene Übersichten einer Lernsoftware für den Einzelhandel am PC zur Verfügung. Der
dritte Schritt ist die individuelle Informationsverarbeitung anhand von
Übungsaufgaben. Den Schülern stehen für die Kontrolle Musterlösungen zur Verfügung. Für den Lernprozess ist die fachbezogene
Kommunikation von erheblicher Bedeutung. Daher steht am Ende jedes
Moduls ein Zertifizierungsgespräch
an.
Markus Wehner
Jeder Schüler muss für jedes Modul
ein Statement über vorgegebene
Schwerpunkte halten. Für ein gelungenes Statement gibt es die Zertifizierung des Moduls durch die Eintragung ins Punktekonto. Bestehen
Unsicherheiten beim Statement, bekommt der Schüler Zeit zur Berichtigung und die Chance das Statement
beliebig oft zu wiederholen. Mit der
Zertifizierung auf dem Punktekonto
darf die Einführung des nächsten
Moduls durch Eintragung in eine
Liste „gebucht“ werden. Die Erfahrungen aus zwei Durchgängen mit
jeweils zwei Klassen haben gezeigt,
dass die Organisation der Modulphase keine Probleme mit sich
bringt.
Eigene Beobachtungen und das
Schülerfeedback des ersten Durchganges haben gezeigt, dass die Modulinhalte isoliert verstanden wurden, jedoch nicht mit den Inhalten
der anderen Module vernetzt werden konnten. Daher bekommen die
27
Schüler zusätzlich nach einigen Modulen zusammenfassende Übungen,
die den Inhalt der entsprechenden
Module aufgreifen. Somit konnte die
Abschlussübung, die alle Modulthemen beinhaltet, bereits im zweiten
Durchgang wesentlich besser bearbeitet und gelöst werden.
Die Supportsysteme /
Benotung
Neben der Zielvereinbarung, einem
Zeitplan, dem Advance Organizer
und einer nach Modulen geordneten
Kompetenzanalyse (Kann-Liste)
kommt dem Punktekonto eine zentrale Rolle zu.
50 % der Note werden über das
Punktekonto „erarbeitet“, 50 % ergeben sich aus der abschließenden
Klassenarbeit. Das Punktekonto ist
28
so angelegt, dass eine Kommunikation mit Mitschülern für eine mindestens
„gute“ Note verpflichtend ist. Dies
kann über die Annahme oder das
Angebot einer Lernberatung zu einem bestimmten Modul, über die
Abnahme von Zertifizierungsgesprächen oder die Gestaltung eines Moduleinstiegs erreicht werden. Entsprechendes Engagement wird auf
einer „Punktesammelliste“ dokumentiert.
Wer Probleme mit der Bearbeitung
eines bestimmten Moduls hat, muss
sich um Abhilfe bemühen. Die Annahme einer Lernberatung von einem Mitschüler ist die praktikabelste
Variante. Im Unterricht wurde diese
Form der individuellen Förderung
sowohl von leistungsschwächeren
Schülern (Annahme der Lernberatung) als auch leistungsstarken
Schülern (Angebot der Lernbera-
tung) sehr intensiv und erfolgreich
genutzt. Dabei war die Qualität der
Lernberatung für die Beteiligten ein
wichtiger Aspekt.
Um das sehr unterschiedliche Arbeitstempo weiter zu harmonisieren
und die sozialen sowie methodischen Kompetenzen der leistungsstarken Schüler zu fördern, besteht
neben der Lernberatung die Möglichkeit Module zu zertifizieren. Wer
sich selbst mindestens zwei nachfolgende Module zertifizieren lässt,
kann sich in die Zertifizierungsliste
für das entsprechende Modul eintragen lassen und somit Statements
seiner Mitschüler „abnehmen“ und
die Zertifizierung im Punktekonto
bestätigen. Vorher erfolgt ein kurzes
Gespräch mit dem Lernberater, welchem besondere Bedeutung zukommt, da dabei abgeklärt wird, wo-
rauf besonders zu achten ist. Im
Klassenraum hängt die Zertifizierungsliste mit den Personen, bei denen man das entsprechende Modul
zertifizieren lassen kann. Gleiches
gilt für die Einführung eines Moduls.
Beide zusätzlichen Tätigkeiten werden auf dem Punktekonto berücksichtigt. Die Bepunktung erfolgt
modulweise. Da die Einführung in
die Module vor kleinen Gruppen,
und die Zertifizierungsgespräche
immer mit einzelnen Schülern erfolgen, kommt es zu Wartezeiten beim
Lernberater. Die Übernahme derarti-
ger Tätigkeiten durch Schüler verhindert Wartezeiten und entlastet
den Lernberater. Die Akzeptanz der
Zertifizierung durch Mitschüler ist
sehr hoch, und wir konnten keine
leichtfertige Vergabe von Zertifizierungen als Freundschaftsdienst beobachten. Im Gegenteil, die zertifizierenden Mitschüler stellten hohe
Anforderungen an die Statements.
Das Vertrauen in die Übernahme von
Verantwortung durch Schüler kann
insofern abgesichert werden, als die
betroffenen Schüler vorher ihre Zertifizierungsgespräche beim Lernberater abgehalten haben.
29
Der einführende Foren-AO zeigt es bereits: Das fachliche Thema „Zeit-/Terminplanung“ wird in ein umfassendes
SOL-Arrangement eingebettet.
30
Auszubildende zu Büro(kommunikations)kaufleuten planen
Termine und Zeiten.
Wie kommt Eisenhower über die Alpen zu Pareto?
Ernie und seine Freunde singen es
laut und deutlich: Das Sesamstraßenlied. In einer Zeile klingt es fröhlich und unterrichtlich treffend
„Wer? Wie? Was?“ Beim Gestalten
von Unterricht sind die Sachinhalte
(„Was?“), die Methoden („Wie?“) und
seit einiger Zeit verstärkt die Lernenden („Wer?“) selbst zu beachten:
Dieses „Wer?“ rückt in den Mittelpunkt des Interesses, seit die Gehirnforscher deutliche Fortschritte ver-
melden können. SOL-Arrangements
sollen das berücksichtigen.
In meinem Forum ging es inhaltlich
um das Thema „Zeit- und Terminplanung“1 – es hätte auch ein ande-
Carl-Hermann Meyer, unterstützt von
den Auszubildenden Mareike Speetz
(Nordsee GmbH) und Celin Oliveira da
Silva (ttz Bremerhaven).
1
Dieses Arrangement ist gleichzeitig ein
Baustein im Rahmen des AC-orientierten
KLA-Projektes „Fit for Life? Fit for jobs!“,
welches die Kolleginnen Gisela KendziaPeters, Maren Schönwälder und Hildegard Ziegler-Gräbel zusammen mit mir
gestalten.
31
2
Diethelm Wahl, Lernumgebungen erfolgreich gestalten, S. 139 ff
Lernlandkarte, die der inhaltlichen
Übersicht dient: eigene Erfahrungen,
Experten-Tipps, Postkorbübungen,
eine kleine Geschichte („Könntest du
es denn nicht so einrichten“, fragte
Momo, „dass die Zeitdiebe den Menschen keine Zeit mehr stehlen können?“) und einem Vertrag.
3
„Man kann eine Expertenkommission
einsetzen –oder die Maus fragen. Die
Maus liebt die Einfachheit ...“ M. Lehner,
Viel Stoff – wenig Zeit, S. 24. Es sollen
übrigens mehr Erwachsene als Kinder die
„Sendung mit der Maus“ sehen. Weshalb
wohl?
Diese vorbereitende, nach meiner
Meinung möglichst dem „MausPrinzip“ 3 gehorchende „Luftaufnahme“ soll für die Schüler bedeutsam sein und das Verknüpfen des
neuen Fachwissens mit dem VorWissen erleichtern. Ob´s hier gelungen ist? Die Chancen stehen gut: Die
Pinnwand-Visualisierung enthält
eine Botschaft, Begriffe, Bilder, Beziehungen – die 4B-Formel ist vollständig.
4
Martin Herold/Birgit Landherr, SOL –
Selbstorganisiertes Lernen, S. 61 ff
5
Wie auch immer: Auf jeden Fall sollte
ich ein verlässlicher, wenn auch kein perfekter Partner sein – so wie ich es selbstverständlich auch von meinen
„Überwirten“ aus der Schulleitung, -aufsicht bis hin zur Politik erwarte.
6
Rolf Arnold auf YouTube
7
Kaum vorstellbar, dass uns Joachim
„Jogi“ Löws Fußball-Helden bei der WM
in Südafrika mit so schönen Spielen begeistert hätten, wenn der Coach auf dem
Trainingsplatz aktiv gewesen wäre, während ihm Lahm, Müller, Özil & Co. dabei
vom Spielfeldrand aus nur zugeschaut
hätten.
res Thema sein können. Und die Foren-Frage, wie denn nun Eisenhower
die in der dualen Ausbildung befindlichen Büro(kommunikations)kaufleute mit Hilfe eines kompetenzfördernden SOL-Arrangements über die
ALPEN zu Pareto führt, habe ich dabei so beantwortet:
Das unterrichtsbezogene Lernarrangement beginnt mit einem anschaulichen Advance Organizer 2, einer
Natürlich habe ich mir im Vorfeld
Gedanken über eine sinnvolle Abfolge und die zu fördernden Kompetenzen gemacht und diese Gedanken dann zu einer
Sandwich-Struktur 4 verdichtet.
8
vgl. Martin Lehner, Viel Stoff – wenig
Zeit, S. 15/16
Celin Oliveira da Silva demonstriert eine
Präsentation.
32
Das Sandwich eines SOL-Arrangements kennt einen ständigen Wechsel zwischen Plenum, Gruppen- und
Einzelarbeit. Dabei lasse ich mich
zunächst von der Regel „Die goldenen Zwanziger“ leiten: Als Lehrer
(man sollte wohl besser von moderierendem Lernbegleiter oder –coach
5
sprechen) bin ich höchstens 20 Minuten der Stunde aktiv – die Schüler
(= Lernpartner) sind es mindestens
20 Minuten. Im Sandwich bekommt
das dann eine ausdifferenzierte
Form. Die offensichtlich nachgewiesene Feststellung „Der Lehrer redet
89,4 % der Unterrichtszeit, so weiß
man aus der Lernforschung, auf uns
kleine Erdbewohner ein.“ 6 gilt eben
nicht für den SOL-Unterricht. 7 Als
Lehrer übernehme ich vor allem den
Part der konzentrierten Themeneinführung mit Hilfe des Advance Organizers, der anschließenden Auftragsklärung für die Gruppen (siehe
Folie „Puzzlearbeit...“), der inhaltlichen Zusammenfassung und die
Rolle des Lernberaters.
Was die Folie nicht verdeutlicht, jeder SOL-orientierte Kollege aber
weiß: Das Bilden der Stammgruppen
wird vorweggeschaltet. Die Mitglieder der Stammgruppen entscheiden
selber, wer sich auf welchem Teilgebiet zum „Experten“ qualifiziert, um
dieses Expertenwissen später in die
Stammgruppe zu tragen. Das „Expertentum“, so die Idee, unterstützt
bei den Auszubildenden die „Motivation durch Wirksamkeit“.
Im konkreten Fall erhalten die Schüler/innen einen von mir vorbereiteten Text. Das sollte nicht die Regel
werden. Die Regel sollte nach meiner Meinung eher sein, dass die
Schüler vor allem ihr Schulbuch als
Quelle nutzen – Schulbücher sind
nach meiner Erfahrung aber bislang
nur sehr bedingt alltagstauglich.
Martin Lehner weist wohl zu Recht
darauf hin, dass Schulbücher häufig
so aufbereitet sind, dass es Schülern
schwerfällt, sich in den großen
Stoffmengen zu orientieren und die
Übersicht zu bewahren. „Manche
Seiten sind voll mit kleiner Schrift.
Das spricht an Bilder gewöhnte
Schüler nicht an.“ 8
Für die Phase der „Wissensvermittlung“ bereiten die Experten z.B. je
ein unterstützendes Flipchart vor,
das in diesem Fall in der Stammgruppenphase in einem Lernzirkel
9
Auch das Präsentieren sollten die Schüler von der „Pieke“ auf lernen
präsentiert 9 wird - so wie es Celin
Oliveira da Silva von der ttz Bremerhaven während des Lernkongresses
demonstrierte. Das Wörtchen „Wissensvermittlung“ habe ich bewusst
in Anführungszeichen gesetzt. Wissen kann ich ja nicht vermitteln, ich
als Lehrer nicht und ein präsentierender Schüler auch nicht. Lernen ist
eben höchst individuell und bedarf
der individuellen Verarbeitung. Die
Sortieraufgabe ist eine Möglichkeit,
dies zu fördern. Ergänzungen und
Kombinationen mit anderen aktivie-
renden, individuellen Verarbeitungstechniken (Strukturlegen, Infothek...)
sind möglich und werden von mir
auch eingepflegt. Im beruflichen
Praxisfall wird´s ernst: Jetzt gilt es,
das erworbene neue Wissen anzuwenden.
Für mich ein zunehmend wichtiger
werdender Unterrichts-Baustein:
Das Lernatelier.
Eine Phase, in der die Schüler bzw.
Lernpartner selbst bestimmen, welche konkreten Inhalte sie vertiefen
33
10
Hier ist lediglich ein Teil abgedruckt. Es
gehören auch Wirtschaftslehre-Themen
dazu.
11
Vgl. Andreas Müller, Mehr ausbrüten,
weniger gackern, S. 44 ff
Wahre Ziele sind bekanntlich Herzensziele. Ob die im Rahmen einer ´normalen´ Schule von jedem Schüler
formulierbar und erreichbar sind? Das
setzt z.B. auch voraus, dass sich die jungen Menschen ganz bewusst für ihren
Ausbildungsberuf entschieden haben
bzw. entscheiden konnten.
12
13
Vgl. Andreas Müller, Wenn nicht ich,
...?, S. 209 ff
wollen. Mit der Folie „Selbstorganisiert im Lernatelier“ unterbreite ich
den teilweise sicherheitsorientierten
Schüler/innen einige konkrete Vorschläge zum möglichst individuellen,
aber auch zusammen mit Lernpartnern aktiven Auseinandersetzen mit
den (nicht nur fachlichen) Lerninhalten. Ein Hilfsangebot stellt dabei
auch die „Ich kann“-Liste 10 dar:
Jede/r Schüler/in prüft mehrmals
selbstverantwortlich und –kritisch
den eigenen Wissensstand. Denn bis
zur nächsten Klassenarbeit sollten
alle Haken möglichst rechts außen
notiert sein. Nach meiner Wahrnehmung nutzen die Auszubildenden
meiner jetzigen Klasse diese Phase
meist recht intensiv und sehr vielfältig – einige interpretieren diese
Phase aber zuweilen noch als direkte
Aufforderung zum Dauer-Schwätzchen.
Gute Vorsätze fürs neue Jahr werden
meist schon am 2. Januar nicht
mehr beachtet. Gute Vorsätze, besser: Ziele, spielen auch im SOL-Kon-
34
zept eine Rolle. Denn: Lernen soll
bekanntlich in die Unabhängigkeit
führen. Damit die Vorsätze/Ziele
nicht das gleiche Schicksal erfahren,
wie die in fröhlicher Silvesterlaune
gefassten, nehmen wir sie schriftlich
vor, mit mehreren Unterschriften
verstärkt. Zudem sollen sie möglichst „smart“ sein: spezifisch, messbar, ausführbar, relevant und terminiert. 11 Eine Garantie ist das – so
meine Einschätzung – aber auch
nicht. Meine Mutmaßung: Die Ziele
sind möglicherweise emotional bislang nicht bedeutend genug und
damit zu wenig energetisierend. 12
Dieser erste „Vertrag“ erfolgte übrigens am Ende der hier vorgestellten
Unterrichtseinheit – damit am Anfang der dreijährigen Ausbildung.
Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel:
Das Punktekonto. Vieles, was möglichst operationalisiert formuliert zu
den Schlüsselqualifikationen zählt,
findet sich hier wieder, wird mit
Punkten versehen und beeinflusst
die Note. Anfänglich vergebe ich,
aufgrund meiner Vor-Erfahrungen,
relativ viele „Knigge“-Punkte. Sie
werden zunehmend von sichtbaren
Lern-/ Arbeitsergebnissen (Strukturlegen, Pinnwand-Plakate, Graf-Iz 13
u.a.m.) abgelöst. Die Auszubildenden
wissen, dass die Klassenarbeiten wesentliche Bestandteile für die Notenfindung sind, aber nicht die ein-
zigen. Und: Sind sie im Unterricht
nachweisbar aktiv, können sie ihr Ergebnis positiv beeinflussen und so
manchen „Big Point“ einfahren. Das
Punktekonto sorgt so für mehr
Transparenz.
Feedback: Ein Rückblick am Ende eines Halbjahres soll den Blick für das
unterrichtliche Geschehen schärfen.
„Das hat mir gefallen“ und „Diese
Verbesserungsideen habe ich“. So
könnte eine moderativ vorbereitete,
etwas vorstrukturierte Kartenfrage
initiiert werden – auch andere Feedback-Varianten nutze ich gerne. Für
mich wichtig: Es sollte möglichst sofort ein sicht- und damit besprechbares Ergebnis vorliegen. Gefallen
haben laut zweitem HalbjahresFeedback einem Großteil meiner jetzigen Berufsschulklasse vor allem
das Punktekonto, die Gruppenarbeiten und die Kartenmethoden. Andererseits gehörte zu den Verbesserungsideen der Wunsch nach
häufigeren Erklärungen, und zwar
durch mich. Sollte hier etwa noch
ein eher herkömmliches Lehr-/ Lernverständnis durchschimmern? Oder
ist das gar nicht so herkömmlich?
Ich erinnere mich an Ruth Cohn, der
im Januar 2010 verstorbenen „Altmeisterin“ der Pädgogik, an ihre
„Yin-Yang-Philosophie“ des Beachtens der Gegenpole „Festhalten Loslassen“ und „Struktur – Prozess“
14
. Sollten der Advance Organizer,
meine Aufträge und Zusammenfassungen insbesondere den sicherheitsbedürftigeren Auszubildenden
noch nicht reichen? Dabei ist nach
meinen Erfahrungen das Engagement der Schüler meistens groß und
die Arbeitsergebnisse (Visualisierungen, Informationsblätter usw.) lassen
sich durchaus sehen. Und: Meine
sert, aber bis zum Schuljahreswechsel nicht grundlegend und SOL-orientiert erst in homöopathischen Dosierungen. Dieser „Dritte Pädagoge“
benötigt noch kräftig Nachhilfe, um
das Klassenziel zu erreichen. Davon
hat er aber im ´Feriencamp´ des
Sommers 2010 einiges erhalten: Die
Schule zeigt sich an mehreren Stellen deutlich aufpoliert. Diese Verbesserungen gilt es zu würdigen. Unter
anderem entstand mit Unterstützung des Lehrerfortbildungsinstituts
ein kleines SOL-Labor.
betroffenen Schüler kann ich sehr
wohl in Begeisterte, Motivierte und
Mitmacher einteilen, aber nicht in
Verweigerer. Verweigerer 15 habe ich
bei Bürokaufleuten (im Zusammenhang mit SOL) noch nicht erlebt,
wohl aber konstruktive Kritiker und
auch so manchen zuweilen sehr anstrengenden „Nörgler“.
Um den Blick für das eigene Lernverhalten zu schärfen, kann für die
Schüler das Klassenarbeits-Feedback
16
hilfreich sein. Das Schriftstück füllen die Auszubildenden unmittelbar
nach der jeweiligen Klassenarbeit
aus.
In seinem Buch „next practice – Erfolgreiches Management von Instabilität“ schildert Peter Kruse sehr anschaulich den Übergang von der
Hochsprungtechnik Straddle zum
(auf Dauer) erfolgreicheren Fosbury
Flop. 17 Diese Darstellung hat´s mir
angetan: Das SOL-Konzept mit einem Fosbury-Flop – wenn auch mit
reichlich ´Lerngeschenken´ garniert – zu vergleichen, ist für mich
stimmig. Die Schlüsselqualifikationen entsprechen der höher aufgelegten Hochsprunglatte. Wie wir alle
wissen, reicht nach einem Straddle
für das Landen die Sandgrube –
beim Fosbury Flop rücklings in eine
solche zu plumpsen, ist auf Dauer
aber nur ganz robusten „Naturburschen“ zu empfehlen. Die meisten
Hochspringer landen meines Wissens in Weichbodenmatten ... Deshalb: Wir benötigen für das SOLKonzept multifunktionale Räume
bzw. Lernlandschaften.
Bereits im Februar 2001 betitelte
eine Arbeitsgruppe während einer
Großveranstaltung (Open Space) der
gesamten Schule ihr Thema frech
und frei nach Heinrich Zille: „Man
kann einen Menschen mit einer
Wohnung erschlagen wie mit einer
Axt – wir benützen mit unseren
Räumen die Brechstange.“ Die Situation hat sich seither zwar verbes-
14
Paul Matzdorf in: Ruth C. Cohn und
Christina Terfurth (Hrsg.), Lebendiges
Lehren und Lernen. TZI macht Schule, S.
371 ff
15
vgl. Martin Herold/Birgit Landherr, SOL
– Selbstorganisiertes Lernen, S. 184
16
dto., S. 194
17
Peter Kruse, next practice, S. 28
Die Räume stellen zwar die drängenste Herausforderung dar, aber
nicht die einzige. So müssten die
zentralen AkA-Prüfungen ohne zusätzlichen Zeitaufwand für ehrenamtliche IHK-Prüfer angepasst werden. Auch ist noch viel zu viel und
zu lange Wechsel-Bewegung in den
Klassen. Nachzügler und Abbrecher
verändern deutlich bis ins zweite
Ausbildungsjahr die Lerngruppen.
Sie finden, dass man beim SOL-Konzept mit ganz schön vielen Bällen
gleichzeitig jongliert? Stimmt! Wer
sich aber schon mal mit dem Jonglieren versucht hat, weiß, dass man
erst mit einem Ball Erfahrungen
sammelt, dann einen zweiten einbaut und sich schließlich freut,
wenn mit drei Bällen der erste
Kreuzwurf gelingt. So ist das auch
beim SOL-Konzept: Erste Erfahrungen mit den Kartenmethoden sammeln, dann einen Advance Organizer
basteln und wenn anschließend
noch das Gruppenpuzzle erfolgreich
durchgeführt wird, ist der SOLKreuzwurf perfekt und Sie können
sich nach einem vierten oder gar
fünften Element umschauen. Und
irgendwann kann aus einem Lehrer
35
Meine „Top Ten“-Quellen für diesen Bericht:
Rolf Arnold,
http://www.youtube.com/watch?v=ZFPw
I9rRm78, Innsbruck 2009
Ruth Cohn und Christina Terfurth (Hrsg.),
Lebendiges Lernen und Lehren – TZI
macht Schule, Stuttgart 1993
Martin Herold/Birgit Landherr, Selbstorganisiertes Lernen, 2. Auflage, Hohengehren 2003
Peter Kruse, next practice – Erfolgreiches
Management von Instabilität, Offenbach
2004
Norbert Landwehr, Neue Wege der Unterrichtsvermittlung, 3. Auflage, Aarau
1997
Martin Lehner, Viel Stoff – wenig Zeit, 2.
aktualisierte und erweiterte Auflage,
Bern 2009
Andreas Müller, Mehr ausbrüten, weniger
gackern, Bern 2008
Andreas Müller, Wenn nicht ich, ...?, 2.
Auflage, Bern 2007
Michéle Neuland, Neuland-Moderation,
Eichenzell 1995
Diethelm Wahl, Lernumgebungen erfolgreich gestalten; Bad Heilbrunn 2005
36
organisierten ein selbstorganisiertes
Lernen werden – aus LOL wird dann
SOL. Das ist aber nicht nur eine methodisch-organisatorische Herausforderung, sondern für manchen
unter uns Lehrern (und Schülern!)
sicher auch eine eher mentale. Vielleicht geht ja auch Ihre „PädagogenSeele“ lieber zu Fuß – meine jedenfalls bevorzugt diese
Fortbewegungsform ...
Was passiert, wenn Fächer im Beruflichen Gymnasium/Wirtschaft nicht mehr
klassisch nacheinander unterrichtet werden, sondern vernetzt nebeneinander
präsentiert werden.
Wir gründen ein Unternehmen
Unsere SchülerInnen des zwölften
Jahrgangs des Beruflichen Gymnasiums an den KLA haben sich auf dieses Projekt eingelassen und waren
bereit, im Rahmen des Kongresses
darüber zu berichten und Fragen
kritisch zu beantworten.
Ausgangspunkt des Projektes war
das Thema „Unternehmensgründung“, wobei der Schwerpunkt auf
den Unternehmensformen lag. Neben den Profilfächern BWL, Fachpraxis, VWL, Rechtskunde und Informationsverarbeitung wurden auch die
Sprachen Englisch und Spanisch
einbezogen. Für die Dauer von zwei
Wochen wurde dieser Fächerkanon
nicht mehr klassisch nacheinander
unterrichtet: Die wesentlichen Inhalte der sieben Disziplinen wurden
thematisch vernetzt und von den
SchülerInnen in Experten- und
Stammgruppen selbständig erarbeitet und in Individualphasen vertieft
und gefestigt. Die folgende Übersicht verdeutlicht die Vorgehensweise:
Die Vorstellung des Prinzips des
„Farbigen Stundenplanes“ (von den
SchülerInnen auch liebevoll „bunte
Wochen“ genannt) auf dem Lernkongress, die Beschreibung des genauen Ablaufes und die Beantwortung von Fragen der ZuhörerInnen
haben freiwillig fünf SchülerInnen
der BGy 08 übernommen: Charlene
Ahlers, Vanessa Hodges, Antje Wolff,
Julian Beardi und Marlo Burdorf.
Anhand des Advance Organizers und
des Stundenplanes haben Marlo
Burdorf und Julian Beardi sehr kompetent und verständlich das Prinzip
und die Vorgehensweise erläutert,
bevor konkrete Fragen aus dem Publikum gestellt wurden. Von den anwesenden LehrerInnen gab es vor allem Fragen zu der Vorbereitung
eines derart umfassenden Projektes.
Die Besucher des Forums stellten
häufig Fragen, die sich auf die Bereitschaft zur Akzeptanz und zum
Engagement der Gymnasiasten für
diese neue Lernform bezogen. So
wurde seitens der Sch. sehr offen
über die anfängliche Skepsis berich-
tet – auffällig jedoch war, mit wie
viel Begeisterung die Lernenden
„ihr“ Projekt verteidigten und Zweiflern die Argumente nahmen. Angesprochene Probleme wie Einteilung
der Zeit, unterschiedliche Leistungsbereitschaft von MitschülerInnen,
Bewertung der Leistungen für die
einzelnen Fächer, Gerechtigkeit des
Punktekontos, Unterbrechung des
Lernflusses durch den „regulären“
Unterricht, wurden von den SchülerInnen kritisch und lösungsorientiert
reflektiert.
In dem im Anschluss an das Projekt
stattgefundenen BGy-SOL-Implementierungs-Workshop haben ins-
besondere Charlene Ahlers und
Antje Wolff bereits umfassende konstruktive Kritik geäußert und realisierbare Veränderungssvorschläge
gemacht.
Fazit der anwesenden SchülerInnen:
Regelmäßige Auflösung des üblichen Unterrichts durch SOL: JA !
Permanente SOL–Arrangements:
NEIN !
Seit dem „Farbigen Stundenplan“
zum Thema „Unternehmensformen“
wurden in der gleichen Lerngruppe
bereits zwei weitere Lernarrangements durchgeführt: „Geld und Zahlung“ und „Grundlagen des Marketings“. Ein viertes Thema für diese
Lerngruppen ist in der Planung.
Da sowohl für die hauptverantwortlichen LehrerInnen wie auch für die
betroffenen SchülerInnen zu Beginn
diese Vorgehensweise zunächst neu
war, ließen sich Irritationen und anfängliche Planungsfehler der Lehrer,
durch die große gegenseitige Akzeptanz in der Lerngruppe und das Verständnis für die untypische Lernorganisation auffangen. Im Ergebnis
entstanden auf diese Weise neue
Ideen, die berücksichtigt werden
konnten und das Gesamtkonzept
optimierten. Eine weitere wesentliche Hilfe war die ständige Betreuung durch die Kollegen Markus
Wehner und Bernhard Kamp. Hilfreich war und ist aber vor allem die
Die Schüler Julian Beardi, Marlo Burdorf
und Lehrer Peter Reckemeyer (v. r.)
Manuela Barton mit ihren Schülern
Marlo Burdorf, Julian Beardi und ihrer
Schülerin Charlene Ahlers (v. l.)
37
Tatsache, dass unsere SchülerInnen
bereits in vielen Situationen Lernen
selber organisieren müssen - und
auch können - und dies ohne „SOL –
Institutsbetreuung“. Für die meisten
unserer KollegInnen, die in diesen
Klassen unterrichten, ist ein klassischer Frontalunterricht ohnehin
nicht mehr denkbar, und die Eigenverantwortlichkeit unserer SchülerInnen wird ständig erfolgreich unter Beweis gestellt.
Die Verleihung der “ SOL-Zertifikate“
an die LehrerInnen zum Abschluss
des Kongresses inspirierte die Schülerin Vanessa Hodges zu einer
durchaus berechtigten Forderung:
„Wenn man den LehrerInnen die
Vorbereitung eines SOL-Projektes
zertifiziert, dann sollte man auch
den SchülerInnen die Durchführung
eines solchen bestätigen! Denn
schließlich ist diese Organisation des
Lernens auch für die SchülerInnen
eine Herangehensweise, die diverse
Schlüsselqualifikationen fordert und
fördert. Ein potentieller zukünftiger
Arbeitgeber könnte dies durchaus
positiv bewerten.“
Die Schülerinnen Antje Wulff, Charlene
Albers und Vanessa Hodges (v. l.) vor interessiertem Publikum
38
In diesem Sinne……….
Ein Unterrichtsarrangement zum Thema Kaufvertragsstörungen
(Lieferungs-, Zahlungs- und Annahmeverzug) für Auszubildende im Großund Außenhandel
Wenn es einmal nicht rund läuft im Geschäftsleben …
In diesem Forum wurde ein Unterrichtsarrangement vorgestellt, das
Schüler einlädt, sich selbstorganisiert mit dem Thema Kaufvertragsstörungen auseinander zu setzen.
Konstruktivismus als
Basis
Das Arrangement basiert auf der
Überzeugung, dass Lernen ein individueller und konstruktiver Prozess
ist. Das selbstorganisierte Lernen
nach Dr. Martin Herold ist ein Weg,
Schüler aus der passiven Konsumentenrolle zu befreien und von passiven „Opfern“ zu aktiven Beteiligten
zu machen, damit sie sich ihr eigenes Wissen konstruieren können.
Denn Lernen ist (leider) nicht die na-
türliche Reaktion auf Lehren.
Das Ziel dieses Unterrichtsarrangements besteht darin, dass die Schüler die verschiedenen Kaufvertragsstörungen mit ihren jeweiligen
Voraussetzungen und Rechten kennen und fallbezogen anwenden
können. Bei der Planung dieses Arrangement stellte sich also die
Frage, wie ein Unterricht aussehen
muss, der Schüler dazu anleitet, sich
Wissen über Kaufvertragsstörungen
selber zu konstruieren. Die Hirnforschung lehrt uns, dass das Vorwissen
der entscheidende Erfolgsfaktor
beim nachhaltigen Erwerb neuen
Wissens darstellt. Frei nach dem
Motto: „Das Gehirn lernt nur, was es
schon kann. Und noch ein bisschen
dazu.“
Das Arrangement sollte deswegen
eine persönliche Bedeutsamkeit des
Themas für die Schüler generieren
und dafür an bekannte Dinge anknüpfen. Außerdem sollten die
Schüler sich aufgefordert fühlen das
neue Wissen solange „durchzukneten“ bis es für sie einen Sinn ergibt
und in eigenen Worten erklärt werden kann.
Gruppenpuzzle und
Sandwichprinzip als
Eckpfeiler
Die Vorarbeit …
Das Sandwichprinzip basiert auf einem ständigen Wechsel von kooperativen und individuellen Lern- und
Arbeitsphasen, die mit parallel bzw.
mit auseinander laufenden Linien
gekennzeichnet sind. Im Folgenden
erklären wir die einzelnen Phasen
des Sandwichhauses.
Die Schüler berichten von eigenen
Erfahrungen mit Störungen bei der
Abwicklung von Kaufverträgen. Vor
allem mit mangelhaften Lieferungen
haben Schüler oftmals schon eigene
Erfahrungen gemacht. Der Advance
Organizer verknüpft Vorwissen (Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft) bzw. eigene Erfahrungen
(mögliche Störungen bei Kaufverträgen) mit den neu zu erlernenden Inhalten (Voraussetzungen, Gewährleistungsrechte sowie Garantie und
Kulanz).
Zunächst wurde handlungs- und
fallorientiert das Thema mangelhafte Lieferung behandelt. Hierbei
wurden nur vereinzelte SOL-Instrumente eingesetzt, um einerseits nötiges (fachliches) Vorwissen für das
folgende SOL-Arrangement zu
schaffen und andererseits die Schüler langsam und schrittweise an
selbstorganisierte Lernprozesse heranzuführen.
Das Sandwichhaus (siehe folgende
Abbildung) zeigt, wie das Arrangement in 8 Doppelstunden umgesetzt
wurde.
Sven Heidemeyer, Mathias Geisberger,
und Jürgen Sosna (nicht auf Foto)
Die Arbeit in den Expertengruppen
Nachdem in den Stammgruppen die
Schüler die Themen Lieferungsverzug, Zahlungsverzug und Annahmeverzug untereinander verteilt haben,
finden sich die jeweiligen Experten
nun in Expertengruppen (je eine pro
Verzugsart) zusammen. Die ausgeteilten Materialien beinhalten eine
betriebliche Fallsituation, Fachinformationen und vorstrukturierte
Schemata zu Voraussetzungen und
Rechten. Die Fallsituation wird von
den Schülern gelesen, diskutiert und
dann zunächst einzeln das allgemeine Schema zu den Voraussetzungen und Rechten ausgefüllt. Die
39
jeweiligen WErgebnisse werden
dann innerhalb der Expertengruppe
verglichen und eine gemeinsame Lösung beim Lehrer abgegeben. Diese
Lösung wird mit den Schülern besprochen, damit sie die Gewissheit
haben, dass ihre (Zwischen-)Ergebnisse auch richtig und vollständig
sind, bevor sie weiterarbeiten.
Anschließend bearbeiteten die Experten zunächst „jeder für sich“ die
Fallsituation. Auch diese Individuallösungen werden innerhalb der Expertengruppe besprochen und eine
einheitliche Lösungsskizze beim Lehrer abgegeben. Genau wie zuvor,
wird auch diese Lösung mit der
Gruppe besprochen.
Orientierungshilfen
für den Lern-Weg
Beim Wandern durch unbekanntes
Gelände benötigt man eine Landkarte, um nicht die Orientierung zu
verlieren. Die auch beim Lernen notwendige Orientierung wird bei diesem Arrangement nicht nur durch
die Lernlandkarte (Advance Organizer) geboten, sondern auch durch
die Vorstrukturierung der Schemata
und die Feedbacks zu den Zwischenergebnissen. Außerdem bieten
auch Kann-Listen und Punktekonten
Orientierung und Sicherheit bei der
Frage: „Sind wir noch auf dem richtigen Weg?“. Die nun folgende
Schnittstelle dient in ihrer Funktion
einem Wegweiser: Es wird gezeigt,
was die Schüler schon geschafft haben und was noch auf sie zukommt.
Außerdem können die Schüler in
Sinne des SOL-Regelkreises über ihre
bisherigen Erfahrungen berichten
und Lob und Kritik am bisherigen
40
Verlauf loswerden. Beispielsweise
wurde die Akustik im Raum bemängelt, sodass ich im weiteren Verlauf
einen zweiten Raum für die Gruppenarbeitsphase organisierte und
ständig zwischen beiden Räumen
pendelte.
Die Arbeit in den
Stammgruppen
Nun begeben sich die Schüler zurück in ihre Stammgruppen und
tauschen ihr Wissen untereinander
aus. Das verläuft folgendermaßen:
Ein Experte erklärt zunächst sein
Schema und stellt dann seinen Fall
vor. Die Nicht-Experten müssen nun
das eben Gehörte sofort auf den Fall
anwenden. Der Experte schlüpft
noch mehr in die Rolle des Lehrers
und bespricht nun die Lösungsvorschläge seiner Mitschüler mit ihnen.
Motivation durch Wirksamkeit! Dieses Verfahren wird (dem Prinzip der
Selbstähnlichkeit folgend) für die
beiden anderen Expertenthemen
wiederholt.
Individuelle Verarbeitung durch Kartenmethoden
Schüler berichten aus ihrer bisherigen Schulerfahrung oft, dass sie bei
Referaten ihr eigenes Thema sehr
gut verstanden hätten, von den Themen der anderen Referate aber
nichts mehr wüssten. Natürlich
muss das auch so sein. Denn sie haben ja nur ihr eigenes Thema
„durchgeknetet“. Die anderen wurden nur passiv konsumiert. Möglicherweise können Lehrer solche Vor-
träge interessanter gestalten als
Schüler - der Lernerfolg bei den Zuhörern bleibt aber der gleiche.
Im Gruppenpuzzle wird dieses Prinzip (Einer redet, der Rest hört - mehr
oder weniger - zu). zunächst nur
verdreifacht. Statt eines Lehrervor-
trages gibt es nun drei Schülervorträge. Das Ergebnis ist dasselbe wie
bei den Referaten. Das eigene
Thema wird gut verstanden, die anderen (noch) nicht so gut.
Deswegen ist das Sandwichaus hier
auch noch nicht zu Ende. Die bisherige Wissensvermittlung hat eher ei-
nen informatorischen Charakter.
Noch fehlt die obere Etage des
Sandwichhauses und das Dach das
verhindert, dass Regen eindringt
und alles wegspült. Damit das (bisher nur gehörte) Wissen verfestigt
und im Gehirn vernetzt wird, kann
SOL-Kartenmethoden eingesetzt
werden. Dabei werden wichtige Begriffe vom Lehrer aufgeschrieben
und von den Schülern in zwei Kategorien aufgeteilt: In „Kann ich“ und
„Kann ich nicht“-Begriffe. „Kann
ich“-Begriffe können von den Schülern mit ein bis zwei Sätzen (schriftlich!) erklärt werden.
Natürlich treten dabei Lücken auf.
Nicht jeder Schüler kann jeden Begriff sofort erklären. Das ist nicht
schlimm. Denn nun kommt die
Stammgruppe ins Spiel. In jeder
Stammgruppe sitzt mindestens ein
Experte zu jedem Thema und jeder
Begriff lässt sich einem Expertenthema zuordnen. Innerhalb der
Stammgruppe werden die Lücken
der einzelnen Schüler besprochen
und in den meisten Fällen geschlossen. In dieser Phase war das Drängen der Schüler nach Erklärungen
des Lehrers groß: „Diesen Begriff
kann keiner erklären. Das wissen wir
jetzt alle nicht.“ Oder auch nur:
„Können Sie mal gucken, ob das
richtig ist?“ Hier zeigt sich die Gewissheitsorientierung der Schüler. Je
nach SOL-Erfahrungsstand der
Schüler und eigener Veranlagung ist
zu entscheiden inwieweit der Lehrer
Erklärungen abgibt (und damit Verantwortung von den Schülern zurücknimmt), auf entsprechende Seiten im Buch oder den jeweiligen
Experten verweist. Man kann auch
eine offene Fragerunde im Plenum
durchführen. Eventuell kann auch
an dieser Stelle ein zusammenfas-
sender - vor allem aber ergänzender
- Lehrervortrag eingebaut werden.
Sind alle Begriffe geklärt, bleibt
noch die Frage, wie denn alles nun
zusammenhängt! Die Begriffe werden nun von den Schülern einzeln
ausgeschnitten und zu einer Struktur zusammengelegt. Einen kleinen
Ausschnitt wie das aussehen kann
zeigt das folgende Bild. Die Schüler
müssen entscheiden welche Begriffe
zusammengehören, ob es sich um
Ober- oder Unterbegriffe handelt
und ob es Querverbindungen zwischen den Begriffen gibt. Wenn Sie
20 Schüler in der Klasse haben, wird
es 20 unterschiedliche Lösungen geben. Mit Ihrer eigenen 21! Und alle
sind richtig. Es werden nämlich die
Strukturen abgebildet, die das Gehirn aufgrund von Vorwissen und
synaptischen Verbindungen für
sinnvoll hält. Oft finden Schüler ihre
Strukturen noch nach Wochen und
Monaten ganz selbstverständlich
wieder, wenn man sie - natürlich
ohne Namen - im Stapel hinlegt!
Das Ziel ist Vernetzungen zu schaffen.
Aus Zeitgründen habe ich darauf
verzichtet Dreier-Gespräche durchzuführen. Dabei greift man nochmals auf die Begriffe zurück und
lässt die Schüler einen der Begriffe
auswählen, welchen sie dann in
Dreier-Gruppen innerhalb einer bestimmten Zeit (z. B. genau 1 Minute)
erklären müssen. Ein anderes Gruppenmitglied stoppt die Zeit und einer muss das Gehörte in eigenen
Worten kurz wiederholen. Hier werden das aktive Zuhören und das Einhalten von Regeln trainiert.
Die Karten können dann unter den
Schülern aufgeteilt werden. Aufgabe: Aus der Begriffskarte eine
Info-Karte machen, d. h. die Begriffserklärung und eventuell bestehende Verknüpfungen zu anderen
Begriffen auf die Rückseite schreiben. Diese Info-Karten werden vom
Verfasser unterschrieben und dürfen
in der Klassenarbeit benutzt werden.
Jeder, der eine Karte geschrieben
hat, hat das Recht, während der
Klausur zweimal an den Lehrertisch
zu kommen und die Karten einzusehen. Für Fehler ist immer derjenige
verantwortlich, der geschrieben hat.
Sei es auf der Karte oder in der Klassenarbeit!
Üben im Lernatelier
Abschließend werden im Lernatelier
Übungsaufgaben bearbeitet. Außerdem wurde hier eine Magische
Wand als Lernspiel eingesetzt.
Und was kommt dabei
heraus?
In einem abschließenden Reflexionsgespräch zeigten sich die Schüler
durchaus zufrieden mit dieser Art
von Unterricht. Besonders schön
fanden wir den Hinweis, dass SOL
Spaß mache, weil man vom Lehrer
„nicht so voll gelabert“ würde.
Die folgende Grafik zeigt die Einschätzung der Schüler bezüglich
Lernzuwachs und Spaßfaktor:
Die überwiegende Mehrheit der
Kreuze befindet sich im oberen rechten Quadranten und damit im positiven Bereich: Der Unterricht macht
Spaß und der Lernzuwachs groß!
Eine nähere Analyse der einzelnen
Instrumente sollte eine FeedbackZielscheibe bringen:
Auch hier befindet sich die Mehrheit
der Markierungen im positiven Bereich. Einzelne eher kritische Anmerkungen / Markierungen bieten aber
auch Gesprächsanlässe und Hinweise für weitere Optimierungsmöglichkeiten, v. a. beim zielgerichteten
Einsatz der Kann-Liste, der Gestaltung der Wissensvermittlung in den
Stammgruppen und der Überwindung von Berührungsängsten beim
Strukturlegen.
Allein aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird hier nur die männliche Bezeichnung verwendet. Frauen sind dabei
gedanklich stets einbezogen!
Bei größeren Lerngruppen können auch
zwei Expertengruppen dasselbe Thema
bearbeiten.
Die Materialien wurden dem Lehrwerk
„Groß- und Außenhandel, Band 1“ vom
Cornelsen-Verlag entnommen.
41
Wissenschaftliche Begleitung der SOL-Unterrichtsentwicklung
Wir haben den SOL-Prozess im ersten Projektschuljahr 2007/08 vom
Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) in Ulm
wissenschaftlich begleiten lassen.
Die Befagung erfolgte an den drei
Messzeitpunkten im September
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2007, Januar 2008 und Juli 2008.
Daran nahmen neun bzw. zehn Lehrer/innen und zwischen 94 und 101
Schüler/innen teil.
Neben einer umfangreichen schriftlichen Rückmeldung hat uns das
ZNL diese zusammenfassende
PowerPoint-Präsentation zur Verfügung gestellt:
43
Unsere Kooperationspartner
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Ein Nachwort …
Und zum letzten Mal sah ich in ihre
Augen. Die Zeugnisse klebten in
meinen Händen. Drei Jahre SOL-Unterricht – ausnahmslos und bedingungslos. Erwartungsvoll und gespannt blickten sie mich an. Da
saßen sie nun mit ihren Freunden
und Freundinnen und Eltern, frisiert,
geschminkt, gestylt und nicht wieder zu erkennen. Die Zeit ratterte
noch einmal durch mein Gehirn.
Hatte ich irgendetwas bewirkt? Hatten sich die Spuren in ihren Köpfen
erweitert, erneuert oder vervielfältigt? Sie saßen da und grinsten.
Oh ja, ich wusste, dass sie mich ernst
nahmen. Als ich einmal Erich vorschlug, dass Vorstellungsgespräch
kurzweiliger zu spielen, verkleidete
er sich als Transvestit.
Als ich einmal bat, die Schaufensterpuppe vorsichtig und behutsam aus
meinem Auto zu holen, kamen sie
mit fünf Einzelteilen wieder. „Wir
machen das schon“, war mir eine
vertraute Aussage meiner Schüler
und Schülerinnen.
Überhaupt, das Loslassen. Ich verteilte die Aufgaben und alles war ruhig. Ich spürte eine gute Arbeitsatmosphäre, vertiefte mich in mein
Klassenbuch, schaute auf und dann
waren fast alle weg. Ja, die Selbstorganisation war ihre Meisterschaft.
Nach fünfzehn Minuten waren alle
wieder da. Wie kann man in so kurzer Zeit zum Bäcker gehen, Kaffee
trinken, Zeitungen durchblättern,
Aufgaben lesen, Zigaretten rauchen,
Brötchen essen, Gruppen einteilen,
Toiletten besuchen, Parkschein ziehen, Organisator und Zeitnehmer
bestimmen. Im Stillen bewunderte
ich ihr konsequentes Ausnutzen
sämtlicher Ressourcen, ihre hohe Effektivität und absolute Zielorientierung. Doch am Ende hatten sie ihre
Aufgaben erledigt. Und sie nahmen
Rücksicht – die Kaffeemaschine versteckten sie im Schrank.
„Ich teile die Gruppen ein“, oder „wir
haben Rahmenbedingungen, die wir
einhalten“, versuchte ich es manchmal wieder, um den Morgen mit
Ordnung und Autorität zu beginnen.
„Ja, ja“, oder „Wir haben uns schon
eingeteilt“, schallte es lapidar zurück
und sie richteten sich gemütlich für
den Vormittag ein. Sie entwickelten
im Laufe der Zeit ihre eigene fraktale Klassenorganisation und darin
lag der Zauber ihrer Selbstoptimierung und Dynamik. Für mich purzelten in der Klasse oft Disziplin und
Chaos durcheinander. Aber die
Klasse sah es gelassener. Augenscheinlich war immer erst Chaos,
aber darunter entwickelte die Klasse
ihre eigene Arbeitsweise, lernte, so
schien es für mich, oft im Verborgenen aber schließlich organisierte,
diskutierte sie ihre Aufgaben und
präsentierte immer mit viel Engage-
ment ihre Ergebnisse. Und ihre Präsentationen waren kreativ, abwechslungsreich und vielfältig.
von Bernhard Kamp
Und dann bekam jeder sein Zeugnis,
Fotos wurden gemacht, Sekt getrunken, unterhalten, gelacht, gefeiert.
Alle hatten einen Job und gute Prüfungsergebnisse erzielt. Und am
Ende kamen sie noch einmal zu mir
und sagten: „Die Berufsschule ist
unsere schönste Schulzeit gewesen.
Danke!“ Jetzt stand ich da und
grinste.
Impressum
Herausgeber:
Kaufmännische Lehranstalten
Bremerhaven,
Max-Eyth-Platz 3-4, 27568 Bremerhaven
www.kla-bremerhaven.de
[email protected]
Realisierung:
Carl-Hermann Meyer
Layout:
Norbert Arnold
Fotos:
Jürgen Sosna
Druck:
Techniker Krankenkasse
Bremerhaven 2010
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Selbst
organisiertes
Lernen
Lernkongress der Kaufmännischen Lehranstalten Bremerhaven im Februar 2010

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