White Paper: Kolbenschieberventil, Sitzventil- mögliche

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White Paper: Kolbenschieberventil, Sitzventil- mögliche
White Paper
Kolbenschieberventil, Sitzventil
– mögliche Magnetventile im technischen Vergleich
Warum lohnt es sich, bei der Ventiltechnik genau hinzuschauen?
Mit den gestiegenen Anforderungen an die Ventiltechnik hat sich in den vergangenen
Jahren die Palette der Technologien, Bauformen, Varianten und Eigenschaften der
Ventile stark verbreitert. Meist kommen Sitzventile oder Kolbenschieberventile zum
Einsatz. Für die erfolgreiche Gestaltung eines Projektes steht damit wesentlich mehr
und passgenaue Ventiltechnik zur Verfügung. Die richtige Auswahl aber setzt
umfangreiche Kenntnisse und eine exakte Bewertung durch den Fachberater oder
Techniker voraus. Wir geben Ihnen hierzu einen kurzen Ausblick.
Dieses White Paper informiert Sie über:
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Übersicht Ventiltechnologien
Sitzventil, Kolbenschieberventil und das Patronenprinzip? – Was Sie hierzu wissen sollten
Der Kurzcheck: Entscheidungs-/ Auswahlhilfe
Übersicht Ventiltechnologien
Sitz- und Kolbenschieberventile sind die am häufigsten eingesetzten Technologien, um Druckluft in einem Ventil zu
steuern. Flachschieberventile, Drehschieberventile, Piezoventile und weitere Technologien sind tendenziell
seltener. Abbildung 1 zeigt, wie diese zwei weit verbreiteten Technologien weiter untergliedert werden können.
Besonders interessant bei den Kolbenschieberventilen sind Ventile mit Patronendichtung. Diese Ventile
überzeugen durch geringere Leckagewerte und deutlich höhere Arbeitsdrücke.
Ventiltechnologien
Kolbenschieberventile
Sitzventile
druckunabhängig
druckabhängig
hart dichtend
weich dichtend
Dichtung auf Kolben
aufgezogen
Dichtung im
Gehäuse
Stapeldichtung
Beispiel:
MHA2-...
Beispiel:
VUVB -ST-...
Beispiel:
J-...
(Tiger 2000)
weitere
Technologien
Patronendichtung
Beispiel:
VUVB-S-...
Beispiel:
CPE 18-...
Abbildung 1: Beispiele für Ventiltechnologien
Sitzventil, Kolbenschieberventil und das Patronenprinzip? – Was Sie hierzu wissen sollten
Das Sitzventil
Durchströmen des Ventils, in Abbildung 2 von Kanal
1 nach Kanal 2, die Fläche D2 größer ist als die von
D1. Da der gleiche Arbeitsdruck auf beide Flächen
wirkt, entsteht so ein Ungleichgewicht der Kräfte,
das ausgeglichen werden muss.
Der sehr einfache Aufbau und die Möglichkeit, alle
Materialien einzusetzen, macht Sitzventile heute oft
preisgünstiger als Kolbenschieberventile. So werden
beispielsweise für ein 5/2-Tellersitzventil (s. Abb. 2)
nur 3 axiale Dichtungen benötigt. Weitere Vorteile
dieser Technologie: Die Betätigungswege sind klein,
kürzere Schaltzeiten damit möglich und die Axialdichtungstechnologie ist unempfindlich gegenüber
Schmutz. Zudem benötigen Sitzventile prinzipiell
kein Schmiermittel, was bei geölter Druckluft
Vorteile in punkto chemischer Verträglichkeit bringt.
Größtes Defizit von Sitzventilen ist das Platz-/Durchflussverhältnis. Dies ist bautechnisch bedingt. So
haben druckunabhängige Sitzventile bei gleicher
Baubreite immer einen geringeren Durchfluss als
Schieberventile. Der Grund hierfür liegt in dem
erhöhten konstruktiven Aufwand, mit dem das
Ventil z.B. durch eine Federkonstruktion
druckunabhängig gemacht wird. Bei druckabhängigen Ventilen ist nämlich der Steuerdruck vom
Arbeitsdruck abhängig. Dies liegt daran, dass beim
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Abbildung 2: Druckabhängiges Tellersitzventil
Sitzventile sind auch nicht immer überschneidungsfrei. Je nach Konstruktion kann es
beim Schaltstellungswechsel zum Überströmen
zwischen den Kanälen kommen. Unnötige Leckage
und Geräusche sind die Folge.
2
Das Kolbenschieberventil
sie z.B. durch das Festziehen von Schraubenbeim
Befestigen des Ventils auf einer Anschlussplatte
entstehen, können Hülsen verformen und sich auf
Lebensdauer und Leckagewerte auswirken.
Im Vergleich zu Sitzventilen sind die Betätigungskräfte bei Kolbenschieberventilen deutlich geringer.
Kolbenschieberventile werden nicht gegen Kräfte
geschaltet, die durch den Arbeitsdruck entstehen.
Das Problem von Überschneidungen ist – wie in
Abbildung 3 gezeigt – auf überzeugende Art und
Weise gelöst.
Metallhülse mit Dichtungen
Durchgangsbohrungen
in der Hülse
Abbildung 3: Kolbenschieberventil
Abbildung 4: Hart dichtendes System
Den Vorteilen stehen jedoch auch Nachteile
gegenüber. So sind die Stellwege zum Umschalten
der Arbeitsstellungen länger als bei Sitzventilen. Die
längeren Wege und die Anordnung mehrerer Kolben
führen insgesamt zu längeren Abmaßen bei den
Kolbenschieberventilen. Auch aus fertigungstechnischer Sicht sind Kolbenschieberventile
anspruchsvoller. Das trifft insbesondere auf die
Dichtungstechnik zu. Hier haben sich im Laufe der
Zeit zwei Kategorien herausgebildet:
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass hart
dichtende Systeme sehr haltbar und robust sind.
Nachteilig ist jedoch, dass dieses System aufgrund
des Luftspaltes immer eine gewisse Leckage aufweist und ihr Druchflussvermögen geringer ist als
bei anderen Ventilen mit gleichen Baugrößen.
• Kategorie 2: Weich dichtende Systeme
Eine technische Alternative zum hartdichtenden
System ist es, Kunststoffdichtungen (O-Ringe oder
Elastomer-Formdichtungen) auf den Kolben anzubringen.
• Kategorie 1: Hart dichtende Systeme
Dieses Dichtungssystem zählt zu den langlebigsten,
aber auch zu den aufwendigsten. Die Langlebigkeit
resultiert daraus, dass der Kolbenschieber ohne
weiche Kunststoffdichtungselemente auskommt.
Auch nach längerem Stillstand können hart
dichtende Ventile beispielsweise sofort mit voller
Dynamik geschaltet werden. Bei weich dichtenden
Systemen kann es hier zu Hafteffekten kommen, die
die Dichtungselemente schneller verschleißen
lassen. Aufwendig ist das Dichtungssystem, da der
Luftspalt um den beweglichen Kolben nur wenige
Mikrometer groß sein darf. Hierzu wird oft eine
Metallhülse genutzt, in der sich der Steuerkolben
bewegt. Die Hülse übernimmt dabei die
Dichtungsaufgabe und dient gleichzeitig als Führung
für den Steuerkolben. Hülse und Steuerkolben
müssen dabei aus dem gleichen Material gefertigt
sein, da unterschiedliche Materialien verschiedene
Temperaturausdehnungskoeffizienten haben. Wird
dies nicht berücksichtigt, kommt es zu höheren
Leckagen oder zum Verklemmen des Steuerkolbens.
Die Paarung Hülse und Steuerkolben muss somit
vielen technischen Anforderungen gerecht werden,
denn schon kleinste Belastungen im Gehäuse, wie
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Metallischer
Kontrollschieber
Elastomer-Formdichtung
auf dem Kolben
Steuerkante
Abbildung 5: Weich dichtendes System mit Dichtung auf dem
Kolben
Beim Überfahren der Kanalkanten – der sogenannten Steuerkanten – kann es allerdings zu
einem schnellen Verschleiß der Kunststoffdichtungen kommen. Dem Design der Steuerkanten
kommt daher eine besondere Bedeutung zu: Nur
eine optimale Abstimmung zwischen Steuerkante,
Elastomer-Formdichtung und Kolbenführung
gewährleistet ein weiches Überfahren mit
minimalem Verschleiß.
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Aber auch hier gibt es eine Alternative. So können
die Dichtungen, wie in Abbildung 6 gezeigt, direkt im
Ventilgehäuse montiert werden. Auf den ersten Blick
sieht dies recht gut aus, hat jedoch zwei Nachteile.
• Das Patronenprinzip für Kolbenschieberventile
Eine Lösung für das in Abbildung 7 beschriebene
Problem ist der Einsatz von Formdichtungen in
Metallkäfigen. Hierbei wird die Dichtung über
Hinterschneidungen im Metallgehäuse festgehalten:
das sogenannte Patronenprinzip (Abbildungen 8, 9).
Dichtungen im Gehäuse
Der Vorteil: Durch die Hinterschneidungen im
Metallkäfig wird die Dichtung selbst bei Arbeitsdrücken von bis zu 16 bar nicht aus ihrem Sitz
gezogen, was zu einer deutlich höheren Lebensdauer führt. Dieses weichdichtende System kann
somit bezüglich der Lebensdauer sehr gut mit einem
hartdichtenden konkurrieren. Zudem ist die
Abdichtung zwischen Kolben und Elastomerdichtung
so gut, dass Ventile mit Partonenprinzip problemlos
auch mit Vakuum arbeiten können.
Abbildung 6: Weich dichtendes System mit Dichtung im Gehäuse
Erstens sind entsprechende Einstiche fertigungstechnisch problematisch und zweitens führt der
Bernoulli-Effekt bei Drücken ab ca. 8 bar zu einem
Herausziehen der Dichtung, eine Belastung, die
erhöhten Verschleiß nach sich zieht. Abbildung 7
zeigt den Vorgang im Detail:
Abbildung 8: Kolbenschieberventil mit Patronenprinzip
Elastomer-Formdichtung
Abbildung 7: Erhöhter Dichtungsverschleiß aufgrund des
Bernoulli-Effekt bei Drücken ab ca. 8 bar.
1.
Der hohe Druck und die Kanalverengung
führen zu einer erhöhten Luftströmungsgeschwindigkeit über der Dichtung.
Metallgehäuse
Abbildung 9: Patronendichtung
2.
Der Druck über der Dichtung verringert sich
aufgrund der steigenden Strömungsgeschwindigkeit.
3.
Der größere statische Druck am Nutgrund
drückt die Dichtung leicht nach oben.
4. Beim Schaltstellungswechsel wird die
Dichtung stärker gequetscht, was zu
schnellerem Verschleiß führt.
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Welcher Ventiltyp ist der richtige für Sie? Der Kurzcheck
Ob Kolbenschieber oder Sitzventile: Beide Ventiltypen haben ihre Stärken und Schwächen. Sollten Sie jedoch
besonderen Wert auf geringste Leckagewerte und möglichen Zweidruckbetrieb1 mit Vakuum und Abblasimpuls
legen oder hohe Arbeitsdrücke benötigen, empfehlen sich Kolbenschieberventile mit Patronendichttechnik.
Kolbenschieberventil
(Dichtung auf Kolben)
Kolbenschieberventil
mit Patronenprinzip
Gängiges Sitzventil
(druckabhängig)
++
+++
+
Nicht möglich
+++
++
++/+++2
+++
++
Reversbetrieb
++
+++
Nicht möglich
Robustheit bei „unsauberer“ Luft
++
++
+++
Geringe Leckagewerte
++
+++
+++
Schaltzeit
++
++
+++
Schmierölverträglichkeit3
+
+
+++
Verhältnis Ventilgröße zu Durchfluss
Hohe Arbeitsdrücke bis 16 bar
Vakuumbetrieb
Tabelle 1: Kurzcheckliste
+++
++
+
= Sehr gut
= gut
= befriedigend
Herausgeber/Autor:
Festo AG & Co. KG
Herr Philipp Wahl
Marketing Concepts
E-Mail: [email protected]
Ihr lokaler Ansprechpartner:
Ihren lokalen Ansprechpartner finden
Sie auf der Festo Webseite Ihrer
Landesgesellschaft.
1) Druckausgeglichene Sitzventile ermöglichen ebenfalls den Zweidruckbetrieb.
2) Hängt vom konstruktiven Aufbau ab.
3) Sofern bei der Drucklufterzeugung mit Schmierstoffen gearbeitet wird, hat dies kaum Auswirkungen auf Sitzventile da diese in der Regel
„trocken“ laufen. Bei Kolbenschieberventilen kann es aber zu chemischen Prozessen mit dem Schmierstoff im Ventil kommen.
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