Elektrische Sonden in Glimmentladungen

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Elektrische Sonden in Glimmentladungen
Elektrische Sonden in
Glimmentladungen
Langmuirsonden
Physikalisches Fortgeschrittenen Praktikum FP 13
AG Experimentelle Plasmaphysik
Universität Augsburg
Ort:
Physik Nord, Raum 127
3
Inhaltsverzeichnis
1 Theoretische Grundlagen
1.1 Definition und Kenngrößen eine Plasmas . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Gleichspannungs-Glimmentladung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Zündung und Paschenkurve . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Räumliche Struktur einer Glimmentladung . . . . . . . . .
1.3 Die Langmuirsonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Langmuirsondenkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2 Bestimmung der Plasmaparameter aus der Sondenkennlinie
1.4 Doppelsonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.1 Doppelsondenkennlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.2 Auswertung der Plasmaparameter . . . . . . . . . . . . . .
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7
9
11
12
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18
2 Aufbau und Durchführung
2.1 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Bedienhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Sicherheitshinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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20
20
21
3 Aufgaben
3.1 Paschenkurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Langmuirsonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Doppelsonde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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23
24
25
4 Literatur
26
4
1 Theoretische Grundlagen
Mehr als 99 % der sichtbaren Materie im Universum liegt im Plasmazustand
vor, wobei man unter einem Plasma ein teilweise oder vollständig ionisiertes
Gas versteht. Bei der Beschreibung von Plasmen unterscheidet man zwischen
Hoch- bzw. Niedertemperaturplasmen und differenziert nach dem entsprechend
vorliegenden Druckbereich (z.B. Atmosphären-, Niederdruck, . . . ).
Das Vorkommen und der Anwendungsbereich von Plasmen ist vielseitig. In
Abbildung 1.1 ist ein Überblick über den weiten Parameterbereich in Abhängigkeit
von Temperatur und Dichte gegeben. Zu den oben bereits erwähnten natürlich
Abbildung 1.1: Parameterbereich verschiedener Plasmen.
vorkommenden Plasmen in Form von sichtbarer Materie im Universum (Sterne,
interstellare Nebel, . . . ) zählen auch Blitze, Polarlichter und Flammen. Künstlich
erzeugte Plasmen werden in Laborexperimenten und in der Industrie unter anderem
zur gezielten Beschichtung von Oberflächen, Herstellung von Computerchips durch
Plasmaätzen oder zur Erzeugung von Licht (z.B. Leuchtstoffröhren) eingesetzt.
Die Untersuchung und Charakterisierung von Plasmen mit dem Ziel grundlegende
Prozesse besser verstehen bzw. nutzen zu können erfolgt dabei häufig mittels
elektrostatischen Sonden.
1.1 Definition und Kenngrößen eine Plasmas
5
In diesem Versuch werden neben den grundlegenden Kenngrößen eines Plasma
das durch eine Gleichspannungsentladung erzeugt wird die sog. Langmuirsonde
und die Doppelsonde als Hauptvertreter der elektrostatischen Sonden vorgestellt.
1.1 Definition und Kenngrößen eine Plasmas
Eine charakteristische Eigenschaft von Plasmen ist, dass sie makroskopisch gesehen
quasineutral sind:
X
ne =
Zj ni,j .
(1.1)
j
In einem Plasma ist also die Elektronendichte ne gleich der mit der Ionisationsstufe
Zj gewichteten Ionendichte ni . Dieser Zusammenhang vereinfacht sich, wenn eine
Mehrfachionisation vernachlässigt werden kann zu:
ne ≈ ni
(1.2)
.
Betrachtet man elektrostatische Störungen (im einfachsten Fall eine Punktladung) so können Abweichungen von dieser Bedingung nur in Dimensionen der
Debyelänge λD auftreten.
s
λD =
0 kB Te
ne e2
.
(1.3)
Diese von der Dielektrizitätskonstante 0 und der Elementarladung e abhängige
Größe stellt die Abschirmlänge einer elektrostatischen Störung in einem Plasma
dar und kann aus der Poissongleichung abgeleitet werden. Die Elektronentemperatur Te wird typischerweise zusammen mit der Boltzmannkonstante kB in eV
angegeben1 .
Dynamische Störungen, verursacht durch elektromagnetische Wellen, können von
einem Plasma aufgrund der Beweglichkeit der Elektronen bis zu einer Grenzfrequenz, der Plasmafrequenz ωP , abgeschirmt werden. Für die Plasmafrequenz
gilt:
s
e 2 ne
ωP =
.
(1.4)
0 me
Dabei ist me die Elektronenmasse. Unterhalb dieser Frequenz werden EM-Wellen
durch das Plasma reflektiert, oberhalb transmittiert.
Bei bekannter Elektronendichte lässt sich für ein Plasma bei Einfachionisation ein
1
1 eV ≈ 11600 K ≈ e/kB
6
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
Ionisationsgrad ψ bestimmen:
ψ=
ne
ne + n0
.
(1.5)
Die Neutralteilchendichte n0 ergibt sich bei bekanntem Druck und Temperatur
aus der idealen Gasgleichung.
Bei den hier untersuchten Plasmen handelt es sich um Niederdruck-Niedertemperatur-Plasmen. Geht man von Maxwellschen Energieverteilungen der unterschiedlichen im Plasma vorkommenden Teilchen aus, so ist in solchen Plasmen
die Elektronentemperatur Te weitaus höher als die Ionentemperatur Ti und die
Gastemperatur Tgas :
Te Ti ≈ Tgas .
(1.6)
Der Bereich zwischen Plasma und seiner Begrenzung (meist ein Vakuumgefäß)
wird als Randschicht bezeichnet. Die komplexe Struktur dieser Randschicht ergibt
sich dabei unter Berücksichtigung der Quasineutralität und der unterschiedlichen
Beweglichkeit von Ionen und Elektronen. Geht man in einer ersten Annahme
davon aus, dass das Plasma und die Gefäßwand dasselbe Potential besitzen, so
würde der Fluss der Elektronen Γe zur Wand aufgrund des Massenverhältnisses
von Elektronen und Ionen me und mi deutlich höher sein als der der Ionen Γi :
s
Γe =
mi
Γi
me
.
(1.7)
Da hierdurch mehr Elektronen das Plasma verlassen würden als Ionen, bildet sich
eine Potentialdifferenz aus, die dieser Aufladung und der damit einhergehenden
Verletzung der Quasineutralität entgegenwirkt, bis Elektronen- und Ionenfluss
gleich sind. Ein isolierter Körper im Plasma nimmt dabei das sog. Floatingpotential Ufloating , das Plasma das Plasmapotential Uplasma an. Die räumliche
Ausdehnung der Randschicht ist von der Größenordnung der Debyelänge.
Für weitere physikalische Grundlagen von Plasmen sei auf [1], [2] oder [3] verwiesen.
1.2 Gleichspannungs-Glimmentladung
7
1.2 Gleichspannungs-Glimmentladung
Im Praktikumsversuch wird eine Gleichspannungs-Glimmentladung in einem ca.
350 mm langen zylindrischen Glasrohr (siehe Abb. 1.2) mit Hilfe von Langmuir- und
Doppelsonde untersucht. Die Entladung wird dabei bei Drücken im mbar-Bereich
mittels einer Gleichspannung von einigen hundert Volt zwischen zwei planaren
Elektroden, die sich an den beiden Enden des Glasrohres befinden erzeugt.
Im folgenden werden das Zündverhalten der Entladung und die räumliche Struktur
der Leuchterscheinungen der Glimmentladung diskutiert.
Abbildung 1.2: Glimmentladung.
1.2.1 Zündung und Paschenkurve
Grundsätzlich folgt der Übergang des im Glaszylinder befindlichen Gases in den
Plasmazustand durch die Beschleunigung von freien Elektronen2 auf kinetische
Energien die für die Ionisation der neutralen Gasteilchen ausreichen. Beschreibt
man mittels α als Maßzahl die Wahrscheinlichkeit pro Längeneinheit dx, dass
ein Elektron durch die im Feld gewonnene kinetische Energie über Stoßionisation
ein weiteres freies Ladungsträgerpaar erzeugt, dann gilt für die Zahl N der
entstandenen Elektronen:
dN
= αN ⇒ N (d) = N0 eαd
dx
,
(1.8)
wobei N0 die Anzahl der extern erzeugten Elektronen darstellt. α wird in der
Literatur als „erster Townsendkoeffizient“ bezeichnet und ist primär vom Ionisationsquerschnitt des Gases abhängig. Gl. (1.8) beschreibt eine Ladungsträgerlawine,
2
In einem „neutralen“ Gas liegt aufgrund von Höhenstrahlung oder natürlicher Radioaktivität
immer ein gewisser Teil an freien Ladungsträgern vor.
8
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
wie sie auch in Zählrohren genutzt wird.
Die für die Stoßionisation benötigte kinetische Energie
Ekin = eElstoß = Eion
(1.9)
mit E = U/d nehmen die Elektronen dabei in der Strecke lstoß durch die angelegte
Spannung U auf. Aufgrund von anderen, nicht ionisierenden Stößen, kann jedoch
nur ein Teil der Elektronen die gesamte Strecke lstoß durchlaufen und damit
genügend Energie aufnehmen. Der Anteil dieser Elektronen ergibt sich über die
mittlere freie Weglänge λe zu exp(−lstoß /λe ). Dabei ist λe indirekt proportional
zur Neutralteilchendichte und damit zum Gasdruck p. Die Wahrscheinlichkeit für
einen ionisierenden Stoß ist zudem selbst direkt proportional zur Dichte der zu
stoßenden Teilchen. Für den ersten Townsendkoeffizienten ergibt sich somit:
lstoß
α = c1 p exp −
λe
!
!
Eion d
pd
= c1 p exp −
c̃2 p = c1 p exp −c2
eU
U
!
.
(1.10)
Dabei sind c1 und c2 Konstanten.
Ionen die durch diese Stoßionisation erzeugt werden, erfahren ihrerseits ebenfalls
eine Beschleunigung durch das anliegende elektrische Feld. Treffen sie auf die
Kathode, können sie mit einer Wahrscheinlichkeit γ, dem zweiten Townsendkoeffizienten (Materialkonstante), ein Elektron aus dieser auslösen.
Eine selbständige Entladung tritt ein, wenn ein aus der Kathode ausgelöstes
Elektron durch Stoßionisation genügend Ionen erzeugt und diese Ionen beim
Auftreffen auf die Kathode im Mittel mindestens ein neues Elektron erzeugen. Das
initiale Elektron erzeugt auf dem Weg zur Anode (eαd − 1) Ionen durch inelastische
Stöße, wodurch als Zündbedingung
γ(eαd − 1) ≥ 1
(1.11)
gilt. Durch einsetzen in Gl. (1.11) und umformen ergibt sich die vom Produkt aus
Gasdruck und Elektrodenabstand pd abhängige Zündspannung:
Uzünd (pd) =
c2 pd
ln(c1 pd) − ln[ln(1/γ + 1)]
.
(1.12)
Diese Gleichung beschreibt den Verlauf einer sog. Paschenkurve wie sie für
einige Gase in Abbildung 1.3 dargestellt sind. Qualitativ kann der Verlauf einer
Paschenkurve folgendermaßen erklärt werden: Bei kleinen Werten von pd kommt
1.2 Gleichspannungs-Glimmentladung
9
es kaum zu ionisierenden Stößen, da entweder zu wenige Stoßpartner zur Verfügung stehen oder der Abstand der Elektroden zu gering für eine ausreichende
Beschleunigung der Elektronen ist (lstoß > d). Es wird eine entsprechend hohe
Spannung zum Zünden benötigt. Bei großen pd-Werten finden dagegen zu viele
Stöße statt (lstoß d) und die Zündspannung nimmt entsprechend linear zu. Im
Minimum der Paschenkurve gilt lstoß ≈ d.
1000
800
Krypton
UZünd [V]
600
N2
400
Argon
200
Neon
100
10
100
1000
pd [mbar mm]
Abbildung 1.3: Paschenkurven verschiedener Gase.
1.2.2 Räumliche Struktur einer Glimmentladung
Bei einer Glimmentladung bildet sich eine räumlich inhomogene Feldverteilung
aus, die zu einer schematisch in Abb. 1.4 dargestellten, charakteristischen Struktur
der Entladung führt.
1. Elektronen die an der Kathode durch Ionenbombardement erzeugt werden
erfahren eine Beschleunigung in Richtung Anode. Im Bereich direkt nach der
Kathode, dem sog. Astonschen Dunkelraum, besitzen sie zu wenig Energie
um die vorhandenen Neutralteilchen anzuregen oder zu ionisieren. Es kommt
noch zu keiner Leuchterscheinung.
2. Die erste Emission von Licht kann in der Glimmhaut festgestellt werden.
Hier besitzen die Elektronen genügend Energie um durch inelastische Stöße
die Neutralteilchen anzuregen.
10
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
8
5
2
1
AA
Anode +
7
6
4
3
-
Kathode
Abbildung 1.4: Räumliche Struktur einer normalen Glimmentladung.
3. Eine weitere Beschleunigung der Elektronen führt dazu, dass ein Großteil
der Elektronen Energien besitzt, bei der die Anregung der Neutralteilchen
sehr ineffizient ist (Minimum des Anregungswirkungsquerschnitts) und somit nur wenige Gasteilchen angeregt werden. In diesem sog. Hittdorfschen
Dunkelraum werden die Elektronen effektiv beschleunigt wobei es zu keiner
Leuchterscheinung kommt.
4. Im Bereich des negativen Glimmlichts besitzen die Elektronen kinetische
Energien im Bereich der Ionisationsenergie der Neutralteilchen wodurch es
verstärkt zur Anregung und damit zur Photonenemission sowie zur Ionisation
kommt.
5. Durch den Verlust an Energie im Bereich 4 müssen die Elektronen im
Faradayschen Dunkelraum erst wieder beschleunigt werden bevor deren
Energie wieder für eine Stoßanregung ausreicht. Auch hier kommt es zu
keiner Photonenemission.
6. In der relativ homogen leuchtenden positiven Säule bilanzieren sich der
Energieverlust durch Stöße und die Energiezunahme durch das elektrische
Feld.
7. Durch den Aufprall der auf die Anode beschleunigten Elektronen können,
ähnlich wie durch das Ionenbombardement auf die Kathode, Sekundärelektronen ausgelöst werden wobei deren Raumladung die aus der positiven Säule
1.3 Die Langmuirsonde
11
kommenden Elektronen abbremst. Durch die leicht erhöhte Elektronendichte
in diesem Gebiet ergibt sich das stärker leuchtende Anodenglimmlicht.
8. Im Anodendunkelraum sind die Elektronen soweit abgebremst, dass es zu
keiner Emission von Licht kommt.
Eine weiterführende Beschreibung der Paschenkurve und der Glimmentladung ist
in [3] und [4] zu finden.
1.3 Die Langmuirsonde
Elektrische Sonden, nach ihrem Pionier Irving Langmuir oft Langmuirsonden
genannt, gehören zu den ältesten und gleichzeitig am häufigsten angewandten
Plasmadiagnostiken. Eine Langmuirsonde besteht aus einer Elektrode, die in
das Plasma eingebracht wird, und einer gegenüber dem Plasma isolierten Stromzuführung von außen. Zwischen Sonde und einer Referenzelektrode (meist eine
metallische Gefäßwand) kann eine Spannung angelegt und der zwischen der Sonde
und dem Plasma fließende Strom gemessen werden. Die Auftragung des Stroms
als Funktion der angelegten Spannung nennt man Sondenkennlinie. Aus ihr lassen
sich zahlreiche Plasmaparameter bestimmen, wie das Plasmapotential Uplasma , das
Floatingpotential Ufloating , die Elektronen- bzw. Ionendichte ne bzw. ni oder die
Elektronentemperatur Te .
In den häufigsten Fällen besteht die Sonde aus einem dünnen Draht aus
einem hochschmelzenden Metall, wie Wolfram oder Molybdän, der in einem
Keramikröhrchen geführt wird und von dem nur ein kleine Spitze, die eigentliche
Sonde, herausragt. Typische Dimensionen der Sondenspitze sind eine Länge von
einigen Millimetern und ein Durchmesser von ∼ 100 µm. Während einer Messung
wird die angelegte Spannung zwischen einigen zehn Volt unter und einigen zehn
Volt über dem Plasmapotential variiert. Die über die Sonde fließenden Ströme
liegen im Bereich von mA.
Die Beschaltung einer einfachen Langmuirsonde ist in Abb. 1.5 gezeigt. Als
Referenzpotential dient in diesem Fall die Anode der Glimmentladung. Die Sondenspitze wird durch eine Spannungsversorgung um die variable Spannung U gegenüber
dem Referenzpotential vorgespannt. Zur Aufnahme einer Sondenkennlinie werden
die Spannung U und der Strom I in der Sondenzuleitung gemessen.
12
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
Abbildung 1.5: Schema der Beschaltung einer Langmuirsonde in einer Glimmentladung.
1.3.1 Langmuirsondenkennlinie
Abbildung 1.6 zeigt eine schematische Sondenkennlinie, die in drei Bereiche
untergliedert werden kann.
sphärisch
Strom
zylindrisch
planar
sat
Ie
Ufloating
Ie
Spannung
sat
Ii
Uplasma
Ii
Ionensättigung
Elektronenanlauf
Elektronensättigung
Abbildung 1.6: Schematische Darstellung einer Sondenkennlinie.
1.3 Die Langmuirsonde
13
• Ionensättigungsbereich: Durch Anlegen einer negativen Spannung baut
sich um den Sondendraht eine Raumladungsschicht auf, die für die positiven
Ionen attraktiv, für die Elektronen repulsiv ist. Im Ionensättigungsbereich
ist der Fluss an Elektronen auf die Oberfläche durch diese repulsive Randschicht reduziert bzw. bei genügend hohen negativen Spannungen (Werte
hängen vom untersuchten Plasma ab) ist der Fluss der Elektronen auf die
Sondenoberfläche vollständig unterdrückt. Die Raumladungsschicht dehnt
sich mit entsprechend steigender negativen Spannung bei einer zylindrischen
Sondengeometrie linear aus und der gemessene Strom ist vom Fluss der
Ionen bestimmt. Gemessen wird dabei ein negativer Stromfluss, der sich aus
der Rekombination der auf die Sondenoberfläche auftreffenden Ionen ergibt.
Eine Näherung des Ionensättigungsstroms kann über
√ s
2 e(Uplasma − U )
Iisat (U ) = AS eni
π
mi
(1.13)
.
erfolgen. Hier ist AS = 2πrS lS die über den Sondenradius rS und die Sondendrahtlänge lS berechnete Sondenoberfläche einer zylindrischen Sonde.
• Elektronenanlaufbereich: In einem Plasma ist die Energieverteilung der
Elektronen von zentraler Bedeutung und wird über die sog. EEDF 3 beschrieben. Während im Ionensättigungsbereich die an die Sonde angelegte
Spannung den Fluss an Elektronen auf die Sonde gänzlich unterdrückt,
nimmt im Elektronenanlaufbereich entsprechend der EEDF der Elektronenfluss zu, wobei zunächst nur hochenergetische Elektronen das repulsive
Potential überwinden können. Hierdurch wird der im Ionensättigungsbereich
gemessene negative Stromfluss mehr und mehr reduziert. Ist der Fluss an
Elektronen auf die Sonde gleich dem der Ionen, so ist der gemessene Strom
gleich null – die Sonde ist auf Floatingpotential Ufloating . Eine weitere Spannungserhöhung und somit eine Reduktion des für die Elektronen repulsiven
Potentials führt dazu, dass immer mehr Elektronen die Sonde erreichen. Bei
einer Maxwellschen Energieverteilung der Elektronen, kommt es zu einer
exponentiellen Zunahme des Elektronenstroms, dessen Verlauf durch:
1
E
Ie (U ) = ene hve i AS exp −
4
kB Te
3
electron energy distribution f unction
s
mit hve i =
8kB Te
πme
(1.14)
14
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
beschrieben werden kann. Dabei ist E = e(Uplasma − U ) die Energie der Elektronen, die die Potentialdifferenz zwischen Plasma und Sonde durchlaufen
haben. Existiert keinerlei für die Elektronen repulsives Potential mehr ist
die Sonde auf dem Plasmapotential Uplasma . Bei dieser Spannung können
alle Elektronen auf die Sonde treffen und es existiert keine Randschicht.
• Elektronensättigungsbereich: Erhöht man die Spannung an der Sonde
über Uplasma hinaus, so wird der geringe Ionenstrom, der bei Uplasma die Sonde
erreicht, aufgrund der geringen Energie der Ionen bereits kurz über diesem
Potential gänzlich unterdrückt. Andererseits werden alle Elektronen, die in
die sich nun aufbauende Randschicht eintreten, auf die Sonde beschleunigt.
Im Falle einer idealen planaren Sonde sättigt der Elektronenstrom an diesem
Punkt. Bei anderen Sondengeometrien hingegen steigt der Elektronenstrom
weiter an, da sich die Randschicht mit zunehmender Potentialdifferenz
weiter räumlich ausdehnt und es hierdurch bei zylindrischen oder sphärischen
Sonden zu einer deutlichen Vergrößerung der effektiven Grenzfläche zwischen
Plasma und Randschicht kommt.
1.3.2 Bestimmung der Plasmaparameter aus der
Sondenkennlinie
Da in einem Niedertemperaturplasma die Beweglichkeit der Elektronen die der
Ionen bei weitem übersteigt, ist der gemessene Strom in vielen für die Auswertung kritischen Kennlinienbereichen hauptsächlich durch die Elektronen getragen.
Bei der Auswertung von Plasmaparametern im Übergangsbereich kann dem Einfluss des Ionenstroms (Grün in Abb. 1.6 dargestellt) auf den gemessenen Strom
jedoch Rechnung getragen werden, indem man dessen Verlauf aus dem Ionensättigungsbereich bestimmt bzw. extrapoliert und vom gemessenen Strom im
Übergangsbereich subtrahiert: Ie = IMsg − |Ii |. Der Ionenstrom ist in diesem
Bereich in etwa proportional zur Wurzel aus der Differenz zwischen Plasma- und
Sondenpotential:
q
Ii ∝ Uplasma − U
(1.15)
Potentiale
In Abbildung 1.6 sind sowohl Floating- als auch Plasmapotential eingetragen. Das
Floatingpotential ergibt sich dabei aus dem Nulldurchgang der Kennlinie und
kann daher direkt abgelesen werden. Für die Bestimmung des Plasmapotentials
1.3 Die Langmuirsonde
15
muss der Wendepunkt der Sondenkennlinie bestimmt werden. Mathematisch ist
dieser durch den Nulldurchgang der zweiten Ableitung gegeben.
Elektronentemperatur
Da für den gemessene Strom im Elektronenanlaufbereich nach Gl. (1.14)
Ie ∝ exp − kBETe gilt, kann die Elektronentemperatur über den Logarithmus
der gemessenen Kennlinie bestimmt werden:
ln I ∝
eU
kB Te
(1.16)
.
Elektronendichte
Betrachtet man den Elektronenanlaufstrom (s. Gl. (1.14)), so erkennt man, dass der
Exponentialterm wegfällt, wenn die Potentialdifferenz E = e(Uplasma −U ) zwischen
Sonde und Plasma verschwindet. Durch Auflösen nach der Elektronendichte kann
diese daher anhand des gemessenen Stroms am Plasmapotential bestimmt werden:
Ie (Uplasma )
ne =
erS lS
s
me
2πkB Te
.
(1.17)
Ionenmasse
Die Bestimmung der Ionenmasse ist prinzipiell nach Gleichung (1.13) möglich. Es
ist jedoch nicht offensichtlich, an welcher Stelle der Ionensättigungsstrom abgelesen
werden soll, da der gemessene Strom bei einer zylindrischen Sonde aufgrund der
Abhängigkeit der Randschichtdicke von der angelegten Spannung nicht sättigt.
Eine Möglichkeit bei einer zylindrischen Sonde dennoch den Ionensättigungsbereich
auszuwerten ist, wenn der Verlauf über
Iisat
√ s
2 e(Vfit − U )
= AS ni e
π
mi
(1.18)
angefittet wird. Dabei werden als Fitparameter sowohl die Ionenmasse mi als auch
das Hilfspotential Vfit verwendet.
Die Beschreibung der Langmuirsonde und ihre Anwendungsgebiete sind vielseitig. Als eine der häufigst angewendeten Diagnostiken in der Plasmaphysik findet
sich eine Beschreibung der Funktionsweise und der Kennlinie unter anderem in
[2], [3], [4] und [5].
16
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
1.4 Doppelsonde
Wie in Kapitel 1.3 gezeigt ermöglicht eine Langmuirsonde einen diagnostischen
Zugang zu wichtigen Parametern einer Entladung. Ausgangspunkt ist dabei, dass
durch die angelegte Spannung zwischen der Sondenspitze und einer Referenzelektrode wie z.B. der Gefäßwand (oder der Anode) ein Strom gemessen werden kann.
Existiert kein geeignetes Referenzpotential, ist z.B. das Vakuumgefäß aus nicht
leitendem Material gefertigt, so kann eine Doppelsonde, verwendet werden. Diese
besteht prinzipiell aus zwei miteinander verschalteten Langmuirsonden. Ihr Aufbau
und ihre Beschaltung sind schematisch in Abb. 1.7 dargestellt. Die Doppelsonde
besteht aus zwei Sondenspitzen, zwischen denen die Sondenspannung U = U1 − U2
angelegt werden kann. Dabei sind U1 und U2 die Spannungsdifferenz zwischen
Plasmapotential und der jeweiligen Sonde.
Eine Doppelsonde ermöglicht ebenfalls durch die Aufnahme einer Strom-Spannungskennlinie die Bestimmung der Elektronentemperatur und der Ionendichte einer
Entladung, ist aber auf diese Parameter beschränkt.
−
+
Ud
I
U
Spannungsquelle
Abbildung 1.7: Schematische Darstellung der Beschaltung einer Doppelsonde.
1.4.1 Doppelsondenkennlinie
Bei der theoretischen Beschreibung der Doppelsonde unterscheidet man zwischen
dem gemessenen Strom I(U ) und den Elektronen- bzw. den Ionenströmen die auf
die jeweilige Sonde treffen: Ie,1 , Ie,2 , Ii,1 und Ii,2 .
Aus dem Kirchhoffschem Gesetz für Ströme in einem Stromkreis kann abgeleitet
werden, dass die Potentiale der einzelnen Sonden sich relativ zum Plasmapotential
immer so einstellen werden, dass der gesamte Nettostrom von Ionen und Elektronen
1.4 Doppelsonde
17
aus dem Plasma auf die Doppelsonde gleich null ist.
In Abb. 1.8 ist der schematische Verlauf einer Doppelsondenkennlinie und in
Abb. 1.9 die Potentiale einer Doppelsonde mit und ohne angelegter Spannung U
gezeigt.
Ie,2
II
i,1
Ii,2
Abbildung 1.8: Schematische Darstellung einer Doppelsondenkennlinie.
U1
U
Sonde 2
U2
Sonde 1
U1
Uplasma
Sonde 2
Sonde 1
Uplasma
U2
€€
Abbildung 1.9: Schematische Darstellung der Potentiale einer Doppelsonde im floatenden Zustand (links) und mit positiver Spannung zwischen Sonde 1 und Sonde 2
(rechts.
18
Kapitel 1 Theoretische Grundlagen
Liegt zwischen den beiden Sondenspitzen keine Spannungsdifferenz an, so ist
der Nettostromfluss (Ionen- und Elektronenströme) auf beide Sonden null und
es wird kein Strom gemessen (I(U = 0) = 0). Die Doppelsonde ist dabei auf
dem Floatingpotential. Wird nun die Spannung zwischen den Sonden verändert,
so werden auch deren jeweilige Potentiale relativ zum Plasmapotential verschoben (s. Abb. 1.9). Für eine qualitative Beschreibung gehen wir davon aus, dass
wie dargestellt, an Sonde 2 relativ zum Plasmapotential eine negativere Spannung anliegt, als an Sonde 1. Hierdurch kommt es zu einem Ionenstrom auf
Sonde 2 wohingegen der Elektronenstrom Ie,2 reduziert wird. Da die Ionen an der
Sondenoberfläche 2 mit Elektronen rekombinieren, muss es hierdurch zu einem
entsprechenden Elektronenstromfluss auf Sonde 1 kommen. In diesem Bereich, der
dem Elektronenanlaufbereich einer Langmuirsonde (s. Kap. 1.3) entspricht, steigt
der gemessene Strom linear mit zunehmender Spannung an.
Wird das Potential von Sonde 2 so stark negativ, dass keine Elektronen aus
dem Plasma Sonde 2 mehr erreichen können, müssen alle Elektronen, die für
die Rekombination der auf Sonde 2 auftreffenden Ionen benötigt werden, über
Sonde 1 aufgenommen werden. Der gemessene Stromfluss sättigt4 abhängig vom
maximal möglichen Ionenstrom auf Sonde 2. Da die Spannung zwischen den beiden
Sonden, und nicht relativ zu einer Referenzelektrode mit beliebigen aber festem
Potential angelegt wird, ist dieser Verlauf symmetrisch um U = 0, wobei in beiden
Richtungen der Strom der Doppelsonde durch die Ionensättigungsströme begrenzt
ist. Der maximale Strom einer Doppelsonde ist daher sehr viel geringer als der
einer Langmuirsonde.
1.4.2 Auswertung der Plasmaparameter
Im Folgenden soll in erster Näherung zunächst davon ausgegangen werden, dass
beide Sonden unterschiedliche Flächen haben, also A1 6= A2 .
Elektronentemperatur
Der gesamte Strom aus dem Plasma auf die Doppelsonde ergibt sich zu:
I(U ) = Ie,1 − Ii,1 = Ii,2 − Ie,2
4
.
(1.19)
Entsprechend Kapitel 1.3 ist keine wirkliche Sättigung in diesem Bereich zu sehen, da sich die
Randschicht um die Sonde mit steigender Spannung weiter ausdehnt.
1.4 Doppelsonde
19
Im linearen Bereich um den Ursprung ist der jeweilige Elektronenanlaufstrom auf
die einzelnen Sonden analog zu Gl. (1.14) gegeben durch:
Ie,r = Ar je exp
eUr
kB Te
mit r = 1, 2
(1.20)
,
wobei hier in Gl. (1.14) die Elektronenstromdichte je substituiert wurde. Liegt
keine Spannung zwischen den beiden Sonden an, U = U1 −U2 = 0, befindet sich die
Doppelsonde auf dem Floatingpotential U1 = U2 = Ufloating und der Stromanstieg
wird durch den Elektronenstrom bestimmt. Damit gilt:
dI
dIe,1
dIe,2
=
=−
dU
dU
dU
(1.21)
.
Setzt man Ie,l und Ie,2 ein, und formt unter Verwendung von U = U1 −U2 Gl. (1.21)
um, so ergibt bei U = 0:
dU1 A2
=
dU U =0 A1 + A2
(1.22)
.
Für die Steigung des Stroms am Floatingpotential gilt somit:
dI A2
e
eUfloating
je
exp
=
dU U =0 A1 + A2 kB Te
kB Te
.
(1.23)
Hieraus kann, mittels
eUfloating
ji = je exp
kB Te
(1.24)
,
und Ii,1 = ji A1 bzw. Ii,2 = ji A2 die Elektronentemperatur aus der Steigung um
den Ursprung und den Ionenströmen abgeleitet werden:
dI A1 A2
e
Ii,1 Ii,2
e
=
j
=
i
dU U =0 A1 + A2 kB Te
Ii,1 + Ii,2 kB Te
.
(1.25)
Ionendichte
Die Bestimmung der Ionendichte erfolgt im Ionensättigungsbereich, für den gilt:
s
Ii,r = Ar ji = Ar eni
kB Te
2πmi
.
(1.26)
Bei einer symmetrischen Doppelsondenkennlinie wird hierfür der Mittelwert der
gemessenen Ionensättigungsströme für eine Fehlerminimierung genutzt.
Weiterführende Literatur zur Doppelsonde findet sich in [2], [4] und [6].
20
2 Aufbau und Durchführung
2.1 Experimenteller Aufbau
Der für den Versuch genutzte Aufbau ist schematisch in Abbildung 1.4 dargestellt.
Prinzipiell handelt es sich um einen Vakuumaufbau bei dem das Gas von der einen
Seite zugeführt wird, das Volumen der eigentlichen Entladungsröhre durchströmt
und an der anderen Seite über eine Turbomolekular- und eine Vorpumpe abgepumpt wird. Der Gaszufluss kann über Massendurchflussregler, der Druck über
ein Eckventil eingestellt werden, wobei der typische Entladungsdruck ∼ 10−1 mbar
beträgt.
Die Entladung wird zwischen zwei planaren Elektroden aus Wolfram oder Aluminium durch anlegen einer Gleichspannung einiger hundert Volt erzeugt. Der
Abstand der Elektroden d beträgt ∼ 350 mm und ihr Durchmesser ∼ 60 mm.
2.2 Bedienhinweise
Das Gas zur Versorgung der Glimmentladung kommt von an der Wand montierten
Gasflaschen. Nachdem zunächst überprüft wurde, ob alle Ventile und die Massendurchflussregler zu sind, kann das Hauptventil an der Gasflasche vollständig
geöffnet werden. Der ausgangsseitige Druck am Flaschendruckminder sollte auf ca.
1 bar eingestellt werden und danach das schwarze Absperrventil am Druckminderer
geöffnet werden.
Durch einen Kippschalter (unten) an der Ansteuerung für die Massendurchflussregler kann der entsprechende Durchflussregler zunächst angewählt und über
einen zweiten Kippschalter (gekennzeichnet durch Set) der Gasfluss (typ. Wert
ca. 15) eingestellt werden. Bei voll geöffneten Eckventil sollte der Durchfluss so
eingestellt werden, dass die Solldrehzahl der Turbopumpe 1500 Hz gehalten wird
(siehe Display auf Pumpe).
Der Druck kann nun durch schließen des Eckventils eingestellt werden.
Bevor die Entladung nun über das Hochspannungsnetzgerät gezündet wird, muss
2.3 Sicherheitshinweise
Eckventil
Druckmesszelle
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Anode
Kathode
Gaseinlass
SondenZuleitung
Turbopumpe
Vorpumpe
Abbildung 2.1: Schema der Gleichspannungs-Glimmentladung.
die Luftkühlung der Kathode eingeschaltet werden, um ein zu starkes aufheizen
der Kathode, verursacht durch das Ionenbombardement, zu verhindern.
Das Hochspannungsnetzgerät zur Versorgung der Glimmentladung liefert bis
zu 2 kV und 150 mA (VORSICHT LEBENSGEFAHR!!!) und kann strom- oder
spannungsbegrenzt betrieben werden. Um eine Entladung zu zünden muss der
Output-Knopf gedrückt werden und über die „Set“-Taste der Stromregler auf
ca. 20 % des Maximalwertes gestellt werden. Anschließend dreht man die Spannung langsam von 0 V an auf, bis das Plasma zündet. Nach der Zündung sollte
die Entladung dann im strombegrenzten Modus betrieben werden, indem der
gewünschte Strom am Netzgerät eingestellt wird. Ein guter Standardwert für den
Entladungsstrom ist 1–2 mA.
2.3 Sicherheitshinweise
Aufgrund der hohen elektrischen Spannungen von bis zu 2 kV besteht die Gefahr eines elektrischen Schlags. Daher sind im folgenden nochmals die Sicherheitshinweise
für die Bedienung des Experiments die zwingend zu beachten sind zusammengefasst.
1. Die Hochspannungsversorgung darf nur unter Anleitung des Praktikumsbetreuers in Betrieb genommen werden.
22
Kapitel 2 Aufbau und Durchführung
2. Die Hochspannungsversorgung darf nur in Betrieb genommen werden, wenn
die Abdeckung des Anschlusses der Kathode geschlossen ist.
3. Die Abdeckung des Anschlusses der Kathode darf nur durch den Betreuer
bzw. unter Anleitung des Betreuers abgenommen werden.
4. Falls die Abdeckung abgenommen werden soll, wie es z.B. zur Durchführung
von Montagearbeiten erforderlich ist, so ist das Netzgerät auszuschalten und
die Zuleitung zur Kathode zu erden.
5. Vor dem Drehen oder Verschieben der Sonde ist ebenfalls das Netzgerät
auszuschalten und die Zuleitung zur Kathode zu erden.
23
3 Aufgaben
Bevor mit dem Messaufbau reproduzierbare Messungen durchgeführt werden
können, ist es nötig durch mehrfaches Zünden der Entladung bei verschiedenen
Drücken die Oberflächen der Elektroden zu konditionieren.
3.1 Paschenkurve
In der Anleitung wurden die theoretischen Hintergründe des Zündverhaltens
einer Glimmentladung vorgestellt. Es sollen daher nun Paschenkurven des zur
Verfügung stehenden Gases (Argon-Stickstoff-Gemisch (90:10)) aufgenommen
werden. Um mögliche systematische Fehler bei der Messung zu identifizieren, sollen
drei Messdurchgänge mit jeweils unterschiedlicher Messprozedur durchgeführt
werden (z.B. durch Variation des Druckes von „hoch nach niedrig“, „niedrig nach
hoch“ oder eine „zufällige“ Reihenfolge).
• Tragen Sie die gemessenen Daten in einer sinnvollen Skala auf. Diskutieren
Sie die Abweichungen, bzw. Übereinstimmungen der gemessenen Paschenkurven sowohl untereinander als von den in Abb. 1.3 dargestellten und
deren jeweiligen Verlauf.
• Wählen Sie aus Ihren Messdaten einen Ihrer Meinung nach geeigneten Datensatz aus, oder bilden Sie wenn möglich unter Angabe der statistischen Fehler
einen Mittelwert der Messreihen (Vorgehen jeweils begründen!). Bestimmen
Sie anschließend durch anfitten des Paschengesetzes (Gleichung (1.12)) den
ersten und zweiten Townsendkoeffizienten 1 .
1
Für die Durchführung des Fits wird die Verwendung von OriginPro empfohlen. Eine Anleitung
zur Installation und für erste Schritte findet sich auf der Homepage der Fachschaft Physik.
Als grobe Anfangswerte des Fits können üblicherweise für c1 = 7 − 10, für c2 = 80 − 180 und
für γ = 0.06 − 0.1 verwendet werden
24
Kapitel 3 Aufgaben
3.2 Langmuirsonde
Die im Versuch verwendete Langmuirsonde misst, verglichen mit der theoretisch
erwarteten Kennlinie (s. Abb. 1.5), einen stark eingeschränkten Bereich.
• Stellen Sie anhand eigener Messungen und Beobachtungen dar, dass das reale
Verhalten und die Funktion der Langmuirsonde in diesem Experiment nicht
der theoretischen Beschreibung entspricht. Begründen Sie diesen Sachverhalt!
• Um dennoch die Auswertung der Langmuirsondenkennlinie beispielhaft
durchzuführen, erhalten Sie vom Versuchsbetreuer zwei Kennlinien, die an
einem anderen Experiment aufgenommen wurden. Bestimmen Sie hieraus Te
und ne , sowie die entsprechenden Potentiale. Ermitteln Sie durch Auswertung
des Ionenstroms entsprechend der Beschreibung im Theorieteil außerdem,
in welchem Gas die einzelnen Kennlinien aufgenommen wurden. Für den
Fit des Ionenstroms kann dabei von folgenden Anfangswerten ausgegangen
werden:
Kennlinie 1
Kennlinie 2
nion [m−3 ] l [m]
4e17
0.01
4.4e17
0.01
r [m] Vfit [V]
2.5e-5
0
2.5e-5
0
3.3 Doppelsonde
25
3.3 Doppelsonde
Um die Entladung zu charakterisieren, sollen für ein zur Verfügung stehendes
Gas mit der Doppelsonde die Plasmaparameter bei einem festen Druck (geeignete
Werte können anhand der aufgenommenen Paschenkurve bestimmt werden) über
einen Leistungsbereich gemessen werden.
Leistungsreihe
• Wählen Sie einen Druck, bei dem die Entladung stabil betrieben werden
kann und variieren Sie den Entladungsstrom um die minimale und maximale
elektrische Leistung (P = Ubrenn · I) bei dem gewählten Druck zu ermitteln.
• Messen Sie in äquidistanten Schritten durch Variation des Entladungsstroms
über den gesamten Leistungsbereich mit der Doppelsonde jeweils 5 Kennlinien und stellen die gemessenen Kennlinien inklusive der gültigen Fehlerbereich
graphisch dar.
• Bestimmen Sie Te und n sowie λD und tragen Sie diese Größen als Funktion
der Leistung auf und diskutieren Sie das Ergebnis.
Die Dimension der Sondenspitze kann jeweils mit einem Durchmesser von
100 µm und einer Länge von 10 mm berechnet werden.
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4 Literatur
[1] L. Bergmann and C. Schäfer, B. Wende: Das Plasma in: Lehrbuch der
Experimentalphysik Band IV: Aufbau der Materie Teil 2. Walter de Gruyter,
Berlin, 1981.
[2] G. Janzen, Plasmatechnik: Grundlagen-Anwendungen-Diagnostk. Hüthig
Buch Verlag GmbH, Heidelberg, 1992.
[3] H. Zohm and R. Dux, “Vorlesungsskript Plasmaphysik Teil I & II”.
http://www.physik.uni-augsburg.de/epp/ unter Lehrveranstaltungen.
[4] M. A. Lieberman and A. J. Lichtenberg, Principles of Plasma Discharges
and Materials Processing. Second Edition. John Wiley & Sons, New Jersey,
2005.
[5] F. F. Chen und J. P. Chang, Lecture notes on principles of plasma processing,
Kluwer Academic / Plenum Publishers, New York, (2003) und
[6] R. H. Huddlstone and S. L. Leonard, Plasma diagnostic techniques. New
York: Academic, 1965.

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