Lb vom 28.8.08: Streifzug durch Völkis heilige
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Lb vom 28.8.08: Streifzug durch Völkis heilige
l l l Winterthur 11 der landbote DONNERSTAG, 28. AUGUST 2008 Strassencafés: Politiker wollen Baugesetz ändern Der Richterspruch zu Strassencafés kommt Wirte und Städte teuer zu stehen. Jetzt geben Politiker Gegensteuer. Der ehemalige SP-Gemeinderat Paul Lehmann kämpfte gegen eine Gartenbeiz vor seinem Schlafzimmer. Seit ihm das Bundesgericht recht gegeben hat, haben jedoch gleich in mehreren Schweizer Städten die Wirte und Behörden schlaflose Nächte. Denn wer auf öffentlichem Grund eine Gartenbeiz betreiben will, braucht neu eine Baubewilligung. Ein Entscheid der Lausanner Richter, der weitreichende Folgen hat: Die Wirte befürchten mehr Bürokratie, Unkosten und eine Flut von Einsprachen gegen neue Strassencafés. Und auch auf die Verwaltungsstellen kommt ein erheblicher Mehraufwand zu, wenn jede Beiz ein baupolizeiliches Bewilligungsverfahren durchlaufen muss. Allein in Zürich sind 700 Gaststätten von der Praxisänderung betroffen. In Bern geht es um 160, in Biel um 105, in Thun um 48 und in Chur um 43 Strassencafés, die ihre Stühle auf öffentlichen Grund stellen. Auch Städte machen Druck Mindestens im Kanton Zürich soll aber der administrative Aufwand für Strassencafés so rasch als möglich wieder reduziert werden. Die beiden FDP-Kantonsratsmitglieder Carmen Walker Späh (Zürich) und Dieter Kläy (Winterthur) wollen das per Gesetzesänderung erreichen. Bis Frühjahr 2009 soll eine Teilrevision des kantonalen Planungs- und Baugesetzes erfolgen, schreiben sie in einer Anfrage, die sie am Montag eingereicht haben. Und sie wollen vom Regierungsrat wissen, ob er sich im Rahmen dieser PBG-Anpassung dafür einsetze, dass «die Verfahren für die Bewilligung von Strassencafés wieder rasch und unbürokratisch erledigt werden können». Die beiden Parlamentarier sind nicht die einzigen, die auf diesem Weg wieder eine einfache Bewilligungspraxis für Gartenbeizen durchsetzen wollen. Auch die Stadträte von Winterthur und Zürich haben sich schon mit dem gleichen Anliegen an Baudirektor Markus Kägi (SVP) gewandt. Ob er ihnen die Bitte erfüllen will, war gestern nicht zu erfahren. (pak) Begeisterte Zuhörer auf der einen und engagierte Jungtalente auf der anderen Seite: die «Strandgirls» aus Ossingen, die den Open-Stage-Wettbewerb gewonnen haben. Bild: dc Open-Air-Atmosphäre für Kinder Zum Konzert von Kinderstar Bruno Hächler liessen sich Kinder und Eltern nicht lange bitten: In Scharen erschienen sie zum Kindernachmittag der Musikfestwochen. Ausgerüstet mit Kinderwagen, Schoppen, Windeln – und Gehörschutz. Herr Konrad, der das Programm eröffnet, spricht Hochdeutsch. Genauer: Er ist eine ziemliche Quasselstrippe, was schon bei den ersten Worten klar wird. So gesehen ist die Textzeile «Jetzt red ich und ihr bleibt stumm», die er in seinen Begrüssungs-Rap eingebaut hat, ziemlich überflüssig: Den Kindern bleibt ohnehin die Sprache weg, denn seine Moderationen sind voll von Witzen und Wortspielen, bei denen die Mütter und Väter einiges herzhafter lachen als die Kids. Für diejenigen, die sie verstehen, sind seine Nummern aber ziemlich gelungen. So bezeichnet er die folgende Ballade als «ein trauriges Lied mit Bällen». Sie folge dem Muster der «Zehn kleinen Negerlein», erklärt er, damit es aber keine Leserbriefe hagle, habe er es politisch korrekt in «Fünf kleine Bleichgesichter» umbenannt. Das trifft sich, jongliert er dazu doch mit fünf weissen Bällen. Dies tut er ziemlich virtuos und man fragt sich, wie er es schafft, die Ball- und die Wortjonglage gleichzeitig durchzuhalten. Tanztalente aus Ossingen Auch die folgende Keulen-Nummer ist ziemlich beeindruckend, obwohl ein Mädchen aus dem Publikum die Nummer «megabubig» findet, wohl wegen der sie begleitenden Sprüche. Und in der Tat kann man sich fragen, ob die vielen Knirpse im Publikum Wortungetüme wie «akkurat akribisch» verstehen. Die folgende Ansage mit Doppelbedeutung sollen sie allerdings nicht verstehen: Er komme jetzt zum Höhepunkt, lässt er die Eltern wissen. Dem steigenden Unruhepegel nach zu schliessen, finden die Kids, dieser sei schon längst überschritten, doch Herr Konrad sagt auch noch die Preisträger des Open-Stage-Wettbewerbs an. Es sind die «Strandgirls» aus Ossingen. Die Tanzdarbietung der drei Mädchen zu fetzigem Swingsound ist nicht so entspannt, wie der Einstieg mit Liegestühlen und Sonnencreme glauben machen will. Für ihr Alter ist der Auftritt recht gut choreografiert und getanzt. Das Interview des Moderators mit einer der drei kleinen Tänzerinnen will indes nicht so recht in Fahrt kommen. Das Publikum geht mit Unterdessen hat sich die Steinberggasse fast zur Hälfte gefüllt und es ist klar, wem der Grossaufmarsch gilt: Alle wollen Bruno Hächler und seine Band sehen. Dieser hat eine neue CD ge- Ein Streifzug durch Völkis heilige Hallen Die Denkmalpflege führte gestern durch die alten Sulzer-Hallen. Dabei meldeten sich unverhofft jene zu Wort, die dort gearbeitet haben. Statt einen Prunkbau gabs am Ende eine Fabrikhalle. Es waren nicht die pompösen Gebäude, welche die Denkmalpflege zum Abschluss der Führungsreihe über Lebrecht Völki ausgewählt hatte. Anstelle einer Villa oder des Sitzes der Sulzer-Geschäftsleitung, welchen der Architekt ebenfalls gebaut hatte, wurden gestern zwei auf den ersten Blick gewöhnliche Gebäude präsentiert: die Dieselmotorenhalle und die Rohrschlosserei auf dem Sulzer-Areal Stadtmitte. Es sind dies die heutige «City-Halle» und das über Leitungen mit ihr verbundene Nachbarsgebäude. Den beiden Bauten aus den 1930erJahren sieht man ihre Funktion an: Die Formen sind einfach und klar, Eternit und grosse Fenster bestimmen die Aussenansicht. In der Fassade sieht man sogar die Löcher der Auspuffrohre und die Installationsvorrichtungen der Leitungen. Gebäuden einen grossen Gestaltungswillen, der sich in der Reduktion aufs Wesentliche ausdrückt.» So seien beispielsweise die Auspuffrohre, die früher an der Fassade angebracht gewesen waren, nicht nur ein funktionales, sondern auch ein gestalterisches Mittel gewesen, welche die Verkleidung des Gebäudes in mehrere Abschnitte teilte. Während andere Architekten versuchten, den Produktionshallen eine schmucke Backsteinfassade voranzustellen, wie beispielsweise an der Zürcherstrasse 51, wollte Völki beim Bau seiner Hallen die Tätigkeiten im Innern des Gebäudes auch aussen sichtbar machen. Geheimnisse in der Halle Von den Arbeiten in den Hallen erhielten die Besucher der Führung denn auch ein lebhaftes Bild, wenn auch Einfachheit statt Schmuck Doch gerade in dieser Einfachheit liege das Besondere an Völkis Fabrikhallen, wie der Referent Reto Bieli erklärte. «Der Architekt zeigt bei diesen Die Führung der Denkmalpflege in der imposanten Dieselmotorenhalle. Bild: wue nicht nur durch die Architektur. Nachdem der Referent der Denkmalpflege die Stahlkonstruktion in der Dieselmotorenhalle erläutert hatte, ergriff ein ehemaliger Sulzer-Mitarbeiter das Wort. «Dort hinten wurden die Fenster bis weit über den Boden zugemauert», erzählte er und deutete in eine Ecke der Halle. «Im Geheimen sollte dort ein neuer Motor entwickelt werden.» Zudem hätten nur ausgewählte Mitarbeiter Zugang zum Testbereich gehabt, erzählte der frühere Messtechniker. Die Errungenschaften des damaligen Weltkonzerns wurden selbst auf dem eigenen Gelände vor den Blicken der Konkurrenz geschützt. Ein ehemaliger Maschinenzeichner erzählte zudem, dass die Maschinen manchmal derart laut gerattert und gepfiffen hätten, dass sich die Bewohner am Heiligberg über Lärm beschwerten. «Deshalb wurden dann an den Auspuffrohren Schalldämpfer angebracht.» 63 und 40 Jahre haben die beiden für Sulzer gearbeitet, manche davon auch in Völkis Hallen. Die Erinnerungen an seinen früheren Arbeitsort seien im Nu wieder da, wenn er diesen Ort betrete, sagte der Messtechniker. Nur leider sei bereits heute vieles verschwunden. Von den gigantischen Motoren sei kaum mehr etwas zu sehen. Und selbst an den denkmalgeschützten Fassaden fehlten die grossen Rohre. «Die vermisse ich schon.» lMARIUS BEERLI macht und steigt gleich mit den Titeln «Sibe langi Schlange» und «Fuultier» (mit faultiermässigen Übungen zur Animation) daraus ein. Danach dürfen aber auch ein paar ältere Songs von früheren CDs nicht fehlen, das ist man seinem treuen Fanpublikum schuldig: «Langi Ohre» zum Beispiel oder später «Pfefferland», bei dem die Kids engagiert mitsingen. Einen stimmungsmässigen Höhepunkt bildet das Lied vom Schnägg: Auf die Frage, ob der Schnägg noch ein bisschen schneller werden solle, schallt ein vielhundertstimmiges «Jaaaaaaa!» aus dem Publikum. Und wie gewohnt geben Hächler und seine bewährte Band (Sandra Merk, b, Remo Signer, dr, Marcel Thomi, key) alles, um den Wünschen des Publikums nach mehr Tempo gerecht zu werden. Mit vielen weiteren Hächler-Hits – von «Superman» und «Sibeschlöfer» zum rockigeren «Zebra» oder dem besinnlichen «Wänn i truurig bin» – vergeht der Nachmittag für die begeisterten Kids wohl viel zu schnell. Nämlich im Flug. lALEX HOSTER Städtische Aufträge für 126 Millionen Der Stadtrat hat gestern den Bericht der Fachstelle Beschaffungswesen zur Kenntnis genommen. Das teilt die Regierung mit. Die Stelle ist dem Baupolizeiamt angegliedert und hat dargelegt, dass im letzten Jahr 758 Beschaffungsvorgänge mit einem Gesamtvolumen von 126 Millionen Franken durchgeführt wurden. 58 Millionen entfielen auf das Bauhaupt- und Nebengewerbe, 49 Millionen auf Lieferungen, 19 Millionen auf verschiedene Dienstleistungen. In den beiden Vorjahren verzeichnete die Fachstelle Auftragsvolumina von 60, respektive 49 Millionen Franken. Bauvorstand Walter Bossert erklärt den «markanten Anstieg» etwa mit der Auftragserteilung für das neue Unterwerk Tössfeld, «das als eine Beschaffung registriert wurde». Das Unterwerk alleine schlägt mit 34,6 Millio nen Franken zu Buche. Von den 758 Beschaffungsvorgängen waren 75 offene oder selektive Verfahren (grundsätzlich mit öffentlicher Ausschreibung), 208 Einladungsverfahren (die Stadt bestimmt, welche Anbieter ohne Ausschreibung ein Angebot einreichen dürfen) und 475 freihändige Verfahren (die Stadt vergibt einen Auftrag direkt und ohne Ausschreibung). 77 Prozent der Aufträge gingen an Firmen aus Winterthur oder aus dem Kanton Zürich, 22 Prozent an ausserkantonale Firmen und weniger als ein Prozent der Aufträge ging ins Ausland. (ms)