Reha in der Fachklinik „Maria am Meer“ auf Norderney

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Reha in der Fachklinik „Maria am Meer“ auf Norderney
Reha in der Fachklinik „Maria am Meer“ auf Norderney
Stark angeschlagen durch eine schwere Erkrankung im Frühjahr und viel Stress durch meine pubertierenden Zwillinge startete ich am 2. Oktober 2013 in Bonn mit dem Zug Richtung Norderney. Obwohl ich
bis Norddeich Mole nicht umsteigen musste, verlief die Fahrt alles andere als stressfrei, denn wie ich erst
später erfuhr, ist Norderney im Herbst eine richtige Partyinsel und so machten sich unmittelbar vor dem
Feiertag etliche Klübchen auf den Weg, um auf der Insel vier Tage lang so richtig abzufeiern.
Damit begannen sie allerdings leider schon im Zug, was für die übrigen Reisenden mehr als nervig war.
Immerhin wurde dank des Massenansturms in Norddeich eine zusätzliche Fähre eingesetzt, so dass ich
dort eine dreiviertel Stunde Wartezeit einsparte. Zufällig lernte ich auf der Fähre bereits eine sehr nette
Mitpatientin kennen und gemeinsam quetschten wir uns dann mit unseren Koffern in einen der am Hafen
bereitstehenden öffentlichen Busse. Von der Haltestelle aus waren es dann nur ca. 100m Fußweg bis zur
Klinik, wo wir freundlich begrüßt wurden. Nach Erledigung der Anmeldeformalitäten bezog ich mein geräumiges und helles Zimmer im 2. Stock. Noch am selben Nachmittag erfolgten die Eingangsuntersuchung
beim Arzt und ein Erstgespräch mit einer Mitarbeiterin des psychosozialen Dienstes.
„Maria am Meer“ ist eine Fachklinik des Müttergenesungswerkes in der Trägerschaft der Caritas und bietet
eine dreiwöchige Prävention und Rehabilitation für jeweils 50 Frauen an. An- und Abreisetag ist immer der
Mittwoch. Unsere Gruppe war mit 20 Frauen sehr groß, meistens reisen wöchentlich 16 bis 17 Frauen an
und wieder ab. Natürlich hatte ich mich vorab im Internet informiert, und so wusste ich schon, dass sowohl
der Strand, als auch der Ortskern von Norderney von der Klinik aus in wenigen Minuten zu Fuß zu erreichen sind. So machte ich noch vor dem ersten Abendessen einen kurzen Erkundungsgang und konnte
am Strand die von mir so geliebte Nordseeluft tief einatmen. Nicht umsonst heißt der Slogan der Klinik
„Atemholen an der Nordsee“! Danach wurde es noch einmal spannend, denn beim Abendessen lern-
te man nun die drei Frauen kennen, mit denen
man die nächsten drei Wochen täglich bei drei
Mahlzeiten gemeinsam am Tisch sitzen würde.
Am nächsten Morgen wurden wir von einer Mitarbeiterin durch das ganze Haus geführt, wobei sie ausführlich und humorvoll die im Haus
geltenden Regeln erklärte. Danach fand im
Vortragsraum eine Vorstellungsrunde statt. Die
meisten Frauen kommen zur Prävention nach
Norderney. Sie erhalten eine Mütterkur, um sich
vom stressigen Alltag, oft mit mehreren oder
auch behinderten Kindern, zu erholen und neue
Kraft zu tanken. Die Rehapatientinnen sind in
der Minderheit. Sie bekommen einige zusätzliche Anwendungen und sind nicht an das Pflichtprogramm der übrigen Frauen gebunden. Wir
waren insgesamt eine wirklich nette Truppe im
Alter von Ende dreißig bis Ende fünfzig.
Am Donnerstagabend erhielten wir unsere Therapiepläne und am Freitag ging es dann richtig los. Neben festen Terminen, wie Massage,
Physiotherapie oder Rückenschule konnte man
unter einer Vielzahl von Angeboten wählen.
So ging ich morgens gern mit an den Strand
zu „Atem und Bewegung“ und nahm an Entspannungsübungen nach Feldenkrais oder der
Beckenbodengymnastik teil. Die Mutigen unter
uns gingen auch zur Klimareiztherapie und badeten (kurz) in der 11 Grad kalten Nordsee. Dies kam für
mich aufgrund meiner Erkrankung allerdings nicht in Frage.
Neben den eher sportlichen Angeboten konnten wir bis zu drei Einzelgespräche mit einer Mitarbeiterin
des psychosozialen Dienstes führen und die Rehapatientinnen konnten auf freiwilliger Basis an einer
Gruppentherapie teilnehmen. Richtig schön war, dass eine Mitpatientin das Gitarrespielen für sich wieder
entdeckte. So haben wir an einigen Abenden in der Bibliothek gesessen und zur Gitarre gesungen. An den
Wochenenden wurden verschiedene Ausflüge oder Aktionen angeboten, wie z.B. eine Museumsführung,
eine Wanderung zum Wrack am äußersten Ostende der Insel, oder das in Ostfriesland so beliebte Boßeln.
Sehr interessant und gut gemacht waren die Historische Stadtführung von dem auf ganz Norderney bekannten Ernie und die Ostfriesische Teezeremonie in alten Trachten.
Unsere Gruppe hatte insgesamt großes Glück mit dem Wetter, so dass man jeden Tag raus gehen konnte.
Durch lange Strandspaziergänge habe ich so ein wenig von meiner durch die Krankheit verlorenen Kondition zurück gewonnen. Überhaupt empfand ich es als angenehm, dass man jeden Tag genug Zeit fand
seinen eigenen Interessen nachzugehen, egal ob allein oder mit anderen. Die Gewissheit, dass ich mich
in diesen drei Wochen ganz auf mich konzentrieren konnte, ohne Zwänge, ohne Verpflichtungen und mit
ausreichend Zeit hat mir unglaublich gut getan. Auch sich an den gedeckten Tisch zu setzen, ohne vorher
einkaufen und kochen zu müssen ist einfach herrlich!
Als kleinen Wermutstropfen dieser insgesamt sehr schönen Zeit haben wir alle empfunden, dass das
Haus nicht genügend Möglichkeiten bietet, sich mit mehreren Frauen zusammen zu setzen. Die Klinik
stellt absichtlich in den einzelnen Zimmern keine Fernseher zur Verfügung, da man so gezwungen wird,
sich andere Beschäftigungen zu suchen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, es sollten dann
jedoch auch die räumlichen Gegebenheiten da sein, um sich zu treffen. „Maria am Meer“ bietet hier leider
nur je einen Fernsehraum inklusive einer Teeküche auf den beiden Etagen, der jedoch mit sechs Frauen
schon überfüllt ist. Dazu gibt es eine Sitzecke in der Bibliothek, welche aber auch nur Platz für acht bis
zehn Frauen bietet. Leider ist der Speisesaal abends für die Patientinnen nicht zugänglich.
Hier hätte man sich gut treffen können, um z.B. Karten oder Brettspiele zu spielen.
Viel zu schnell ging die erholsame Zeit zu Ende! Am Schluss habe ich im Namen der Gruppe für das Gästebuch der Klinik noch ein Gedicht verfasst:
Mit Hoffen und Bangen kamen wir her
zu uns’ren drei Wochen in „Maria am Meer“.
Eine Jede hatte ihr Päckchen zu tragen
an Sorgen, an Krankheit, an bohrenden Fragen.
Bei „Atem und Bewegung“ durften wir schreien,
das sollte unsere Lungen befreien.
Einige gingen auch mutig ins Meer,
das fiel am Anfang ganz schön schwer!
Der erste Abend – alle Eindrücke frisch
fragten wir uns: Wer sitzt mit am Tisch?
Wird man sich miteinander verstehen?
Oder wird eine Jede ihrer Wege nur gehen?
Wir wanderten durch tiefen Sand,
am Strand sich manche Muschel fand.
Und oft wurd‘ die „Weiße Düne“ zum Ziel,
Wo es allen gut gefiel.
Der Rundgang am Morgen – wir waren gespannt
und lauschten Frau Morgenthal ganz gebannt.
Schnell lernten wir uns besser kennen,
und konnten uns auch beim Namen nennen.
Am Abend Gitarrentöne erklangen,
wozu wir viele Lieder sangen.
Dazu wurd‘ gehäkelt und gestrickt,
die Wolle hat Amazon geschickt.
Wir trainierten Bauch, Beine und Rücken,
lernten auch, uns richtig zu bücken,
der Beckenboden wurde trainiert,
und 3x wurden wir durchmassiert.
Danke für diese schönen drei Wochen,
für Sport, für Gespräche, für’s gute Kochen,
danke für diese Atempause,
wir nehmen Vieles mit nach Hause!
D. vW.