rrd 2005_q3.vp - FONDS professionell Multimedia GmbH
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Risk & Reward RESEARCH UND ANLAGESTRATEGIEN 3. QUARTAL 2005 IMPRESSUM Risk & Reward – Research und Anlagestrategien Editoren: Bernhard Langer, Ulrich Leuchtmann Autoren: Jörg Bartenstein (Fixed Income Manager), Nili Gilbert (Research Analyst), Dr. Martin Kolrep (Portfolio Manager), Ulrich Leuchtmann (FX Manager), Heike Möhlmann (Fixed Income Manager), Thorsten Paarmann (Portfolio Manager), Stuart Parks (Head of Asian Equities, Invesco Perpetual), Mark Roberts (CFA, Director Real Estate Investment Research), Alexander Tavernaro (Portfolio Manager), Alexander Uhlmann (Portfolio Manager) Copyright: INVESCO Asset Management Deutschland GmbH Bleichstraße 60-62, D-60313 Frankfurt am Main Tel.: +49 (0) 69 29807 400, Fax: +49 (0) 69 29807 178 Redaktionsschluss: 29. Juli 2005 Sämtliche Beiträge in dieser Publikation wurden von INVESCO Mitarbeitern im Rahmen ihrer Berufsausübung erstellt. Die hier dargestellten Meinungen sind die der Autoren oder von INVESCO zum Stand Juli 2005, die ständigen Änderungen unterworfen sind. Diese Broschüre ist nicht Bestandteil eines Verkaufsprospektes. Das Dokument enthält lediglich allgemeine Informationen und berücksichtigt keine individuellen Erwartungen, steuerliche oder finanzielle Interessen. Obwohl große Sorgfalt darauf verwendet wurde, sicherzustellen, dass die in dieser Broschüre enthaltenen Informationen korrekt sind, kann ebenso wenig eine Verantwortung für Fehler oder Auslassungen irgendwelcher Art übernommen werden wie für alle Arten von Handlungen, die auf diesen basieren. Der Wert der Anteile sowie die Erträge hieraus können sowohl steigen als auch fallen, und es ist möglich, dass der Anleger den ursprünglich angelegten Betrag nicht zurückerhält. Weiterhin können auch Wechselkursänderungen Schwankungen des Wertes der Anlage verursachen. Weder INVESCO noch ein anderes Unternehmen der AMVESCAP Gruppe übernimmt eine Garantie für die Entwicklung eines Fonds noch für den Werterhalt einer Anlage. Die Performance der Vergangenheit ist keine Garantie für die zukünftige Entwicklung. Bitte lesen Sie vor jeder Investition den ausführlichen Verkaufsprospekt, insbesondere den Teil über besondere Risiken. Diese Broschüre dient lediglich der Information und stellt keinen Anlagerat oder Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Anteilen dar. Herausgeber dieser Broschüre in Deutschland ist INVESCO Asset Management GmbH, Bleichstraße 60-62, D-60313 Frankfurt am Main, beaufsichtigt durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Herausgeber dieser Broschüre in Österreich ist INVESCO Asset Management Österreich GmbH, Rotenturmstraße 16-18, A-1010 Wien. Herausgeber in der Schweiz ist INVESCO Asset Management (Switzerland) Ltd., Genferstrasse 21, CH-8002 Zürich (Standort, an welchem der Prospekt, die Jahres- und Halbjahrberichte sowie die Treuhandurkunde und die Statuten kostenlos bezogen werden können). Die Broschüre richtet sich ausschließlich an institutionelle Investoren, Finanzberater und Finanzexperten, dagegen nicht an sonstige Dritte. Sämtliche Rechte sind vorbehalten. RISK & REWARD Q3/2005 – INHALT 1 Inhalt MÄRKTE Altes Asien, neues Asien: Herausforderungen für Anleger 2 Stuart Parks Asien steht an einem Wendepunkt. Kurzfristig stehen die asiatischen Volkswirtschaften vor Herausforderungen, deren Folge nachgebende Aktienmärkte sein könnten. Dennoch halten wir asiatische Aktien auch weiterhin für eine interessante Assetklasse – wenn man weiß, worauf es ankommt. Corporate-Bond-Analyse: Spannender denn je 6 Heike Möhlmann Wir geben einen Einblick in die Arbeit eines Corporate-Bond-Analysten und wagen eine Prognose seiner zukünftigen Rolle angesichts neuer Rechnungslegungsvorschriften und einer veränderten Informationspolitik der Unternehmen. Euro-Staatsanleihen: Divergenzgewinne 11 Jörg Bartenstein Trotz Europäischer Zentralbank und Währungsunion entwickeln sich die Volkswirtschaften des Euroraums zum Teil sehr unterschiedlich. Daher gibt es auch noch immer kleinere Unterschiede in den Staatsanleiherenditen. Hier bieten sich Ertragschancen, die es zu nutzen gilt. Einzelwertorientiert, kontrolliert, fundiert – mit einem Wort: quantitativ 14 Torsten Paarmann, Alexander Tavernaro Quantitative Investmentstrategien sind weder stupide Optimierungen noch undurchschaubare „Black Boxes“. Im Gegenteil: Erfolgreiche Quant-Manager legen großen Wert auf Transparenz und ökonomische Logik. Beides ist unabdingbar. METHODIK Trendfolgestrategien: Spiel mit dem Feuer? 17 Nili Gilbert Eine Kombination aus Bewertung, Fundamentalanalyse und Kontraindikatoren kann verhindern, dass man einem Trend auch dann noch hinterherläuft, wenn sein Ende unmittelbar bevorsteht. PRODUKTE Immobilienindizes: NFI-ODCE oder NPI? Beide! 20 Mark Roberts, CFA Das NCREIF hat einen neuen Immobilienindex aufgelegt. Gemeinsam mit dem bereits bestehenden NPI sorgt der neue NFI-ODCE für mehr Transparenz am amerikanischen Immobilienmarkt. STRATEGIE Taktische Asset Allocation: Aktien maximal übergewichtet 26 Dr. Martin Kolrep In unseren europäischen und globalen Asset-Allocation-Produkten haben wir Aktien seit Jahresanfang stets maximal übergewichtet. Damit haben wir vor allem in unseren europäischen Portfolios einen deutlichen Mehrertrag erzielt. Die INVESCO Structured Core Equities: Die Einzelwertstrategie im Überblick 29 Alexander Uhlmann Die internationalen Aktienmärkte haben sich im Jahr 2005 bislang positiv entwickelt, und die Volatilität liegt weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau. Unsere Indikatoren haben im zurückliegenden Quartal nahezu durchweg positive Ergebnisbeiträge geliefert. Rentenmärkte: Von Pensionären und Großvätern 32 Jörg Bartenstein, Ulrich Leuchtmann Zwei Themen beherrschen zurzeit die Rentenmärkte: Das erfreuliche Wirtschaftswachstum in den USA und das noch immer schwache Wachstum im Euroraum. In den Blickpunkt ist aber auch der Einfluss der Pensionskassen auf die Rentenmärkte gerückt. Und man spricht über Altanleihen. RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 2 Altes Asien, neues Asien: Herausforderungen für Anleger Asien steht an einem Wendepunkt. Kurzfristig stehen die asiatischen Volkswirtschaften vor Herausforderungen, deren Folge nachgebende Aktienmärkte sein könnten. Dennoch halten wir asiatische Aktien auch weiterhin für eine interessante Assetklasse – wenn man weiß, worauf es ankommt. Höhere Öl- und Rohstoffpreise gehen an den asiatischen Volkswirtschaften nicht spurlos vorüber. Sie sind noch immer stärker von Energie- und Rohstoffimporten abhängig als der Westen. Die höheren Rohstoffpreise dürften auch die Weltkonjunktur schwächen, was erfahrungsgemäß überdurchschnittlich starke Auswirkungen auf die exportabhängigen Volkswirtschaften Asiens hat. Die Wechselkurse könnten ebenfalls zu Problemen führen (man erinnere sich an die Währungskrisen vergangener Jahre). Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass China kürzlich eine leichte Aufwertung des Renminbi zugelassen hat (von 8,277 Renminbi je Dollar auf 8,11) und die Währung jetzt in einem engen Band um den Schlusskurs des Vortages schwanken lässt. Andererseits sind wir auch davon überzeugt, dass sowohl die Volkswirtschaften als auch die Unternehmen in der Region inzwischen sehr stark von den Strukturreformen profitieren, die insbesondere seit der Asienkrise in den Jahren 1997 und 1998 stattgefunden haben. Vor allem drei Dinge haben sich grundlegend geändert: • Corporate Governance: Weil die Unternehmen jetzt besser geführt werden, können sie höhere Gewinne erwirtschaften – auch wenn das Wirtschaftswachstum in den meisten asiatischen Ländern jetzt niedriger ist als früher. • Das starke Wachstum in China: Im Gegensatz zu den übrigen Ländern ist in China das Wachstum nicht zurückgegangen. Dies hat Auswirkungen auf die gesamte Region. Da der chinesische Aktienmarkt aber noch immer vergleichsweise Abb. 1a: Asien ohne China – Bruttoinlandsprodukt 8 unterentwickelt ist und die Fortschritte in der Unternehmensführung bislang weniger ausgeprägt sind als in den übrigen Ländern der Region, ist es nicht immer einfach, das starke Wachstum in Portfoliogewinne umzusetzen. • Die Märkte sind reifer geworden: Sie sind jetzt weniger stark von den Unwägbarkeiten der Weltwirtschaft abhängig. Länder und Branchenauswahl, die in der Vergangenheit die Schlüsselfaktoren für einen Mehrwert waren, sind jetzt weniger wichtig als die Einzelwertauswahl. Im Folgenden gehen wir auf diese Veränderungen und ihre Rolle bei der Zusammenstellung unserer Portfolios näher ein. Bessere Corporate Governance Häufig sind die einzelnen asiatischen Volkswirtschaften in den letzten 20 Jahren zwar stark gewachsen, die Anleger haben davon aber kaum profitiert. Erklärt wurde dies damit, dass die Unternehmen weniger die Steigerung ihrer Gewinne zum Ziel hatten, als vielmehr den Aufbau von Produktionskapazitäten außerhalb ihres Kerngeschäfts – selbst wenn dies betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll war. Dennoch wurden Unternehmensgewinne häufig dazu verwendet. Der Kapazitätsausbau führte oft zu enttäuschenden Ergebnissen für die Aktionäre, denn es wurden neue Produktionskapazitäten in Branchen geschaffen, in denen die Nachfrage zu optimistisch eingeschätzt wurde. Die Asienkrise der Jahre 1997 und 1998 stellte diese traditionelle Praxis aber in Frage. Nach dieser Erfahrung haben Unternehmen, die die Krise überAbb. 1b: Asien ohne China – Aktienmarkt In % z. Vj. In % z. Vj. 60 6 Durchschnitt = 4,8% 40 4 20 2 0 0 -20 -2 Durchschnitt = 9,2% -40 1998 1999 Stand: 31.12.2004 Quelle: CSFB 2000 2001 2002 2003 2004 1998 1999 Stand: 31.12.2004 Quelle: CSFB 2000 2001 2002 2003 2004 RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 3 Abb. 2a: China – Bruttoinlandsprodukt 10 Abb. 2b: China – Aktienmarkt In % z. Vj. In % z. Vj. 60 Durchschnitt = 8,2% 8 40 6 20 Durchschnitt = 3,4% 4 0 2 -20 0 -40 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Stand: 31.12.2004 Quelle: Bloomberg standen haben, ihre Lektion gelernt und ihren Managementansatz ebenso wie ihre Corporate Governance grundlegend reformiert. Dies hatte zur Folge, dass sie sich von nun an erheblich stärker an den Aktionärsinteressen orientierten. An die Stelle des Kapazitätsausbaus trat das Gewinnwachstum. Man bemühte sich, akzeptable Erträge zu erzielen, den Aktionären diese Gewinne zukommen zu lassen und die CorporateGovernance-Standards zu verbessern. Diese neue Schwerpunktsetzung lässt sich etwa daran ablesen, dass die Aktienmärkte in den sieben Jahren von 1998 bis 2004 um durchschnittlich 9,2% p.a. stiegen, obgleich die asiatischen Volkswirtschaften (ohne China) nur um durchschnittlich 4,8% p.a. gewachsen sind (Abb. 1a und 1b). Im Wirtschaftswachstum ist China führend … Im Gegensatz dazu wuchs das chinesische Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 1998 bis 2004 um durchschnittlich 8,2% p.a. und damit erheblich stärker als das der westlichen Industrieländer (Abb. 2a). Bei einer solchen Wachstumsrate verdoppelt sich das BIP alle neun Jahre. Dieses enorme Potential ist der Grund, weshalb China bei ausländischen Investoren auf so großes Interesse stößt. Das Wirtschaftswachstum hat aber nicht zu einem entsprechenden Kursanstieg an den Aktienmärkten geführt. Der Markt für chinesische A-Shares, an dem im Wesentlichen nur inländische Anleger investieren können (auch wenn er jetzt allmählich geöffnet wird), ist im gleichen Zeitraum nur um 3,4% p.a. gestiegen (Abb. 2b). … aber noch immer erinnert vieles an das „alte Asien“ … Dass sich das starke Wirtschaftswachstum in China nicht in einem entsprechenden Kursanstieg am Aktienmarkt niederschlägt, lässt sich leicht erklä- 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Stand: 31.12.2004 Quelle: Bloomberg ren: In weiten Teilen der Volkswirtschaft herrschen noch immer die traditionellen asiatischen Praktiken vor. Insbesondere sind die Anlageinvestitionen viel zu hoch. Man baut Produktionskapazitäten auf, anstatt Gewinne für die Aktionäre zu erwirtschaften (Abb. 3 und 4). In vielerlei Hinsicht steht China für das alte Asien. Das liegt vor allem daran, dass die chinesische Währung in der Krise der Jahre 1997 und 1998 kaum unter Druck geriet – denn es gab Kapitalverkehrskontrollen, die die Kapitalflucht in Grenzen hielten. Sowohl vor als auch nach der Asienkrise gab es umfangreiche ausländische Direktinvestitionen, denn viele Unternehmen wollten und wollen noch heute in einem strategisch so bedeutsamen Land wie China präsent sein. „Wir müssen einfach in China dabei sein“, wiederholen ihre Vorstände unablässig. Wir können dies durchaus nachvollziehen, glauben aber auch, dass die mit einer solchen Strategie verAbb. 3: Eigenkapitalrendite – China und übriges Asien im Vergleich 16 In % z. Vj. Prognose 12 8 4 1996 1998 2000 China (A-Shares) 2002 übriges Asien Prognose auf Basis der Daten bis 31.12.2004 Stand: 4.7.2005 Quelle: UBS 2004 2006 RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 4 Abb. 4: China: Starker Anstieg der Anlageinvestitionen 50 Anlageinvestitionen, in % z. Vj., gleitender 3-Monats-Durchschnitt 40 30 20 10 0 1/99 1/00 1/01 1/02 1/03 1/04 1/05 Stand: 31.3.2005 Quelle: UBS bundenen Kosten häufig unterschätzt werden – zum einen, weil die Erträge später anfallen als erwartet, und zum anderen, weil häufig zusätzliche Investitionen erforderlich werden, um die strategischen Ziele zu erfüllen. Die Tatsache, dass China weitgehend unbeschadet aus der Asienkrise hervorging, und die Leichtigkeit, mit der das Land ausländische Investoren gewinnt, haben aber auch einen erheblich geringeren Reformdruck als in den anderen Ländern zur Folge gehabt. Chinas Kapitalrenditen haben kürzlich begonnen, sich leicht zu verbessern, aber insgesamt sind die Erträge noch immer niedriger als in den übrigen Ländern Asiens. ... und die Währungsanbindung wird – mehr oder weniger – beibehalten. Die Finanzkrise in Asien hat die meisten Länder der Region zu wirtschaftspolitischen Reformen veranlasst. Vor der Krise war es das klassische Ziel der Wirtschaftspolitik, die Wechselkurse möglichst konstant zu halten, um der Exportwirtschaft nicht zu schaden. In jüngster Zeit ist man zu einer weniAbb. 5: China: Nur 11% Anteil an Asiens Marktkapitalisierung Hongkong 17% China 11% Singapur 9% Taiwan 18% Indien 8% Malaysia 5% Korea 25% Sonstige 7% Stand: 31.3.2005 Benchmark: MSCI AC Asia Free ex Japan Index Quelle: MSCI ger einseitigen Politik übergegangen, bei der die Zentralbanken auch die Binnenkonjunktur im Auge behalten. So wurden in Korea die Zinsen gesenkt, um die Inlandsnachfrage anzukurbeln – und das zu einer Zeit, in der die US-Leitzinsen kontinuierlich erhöht wurden. Noch vor wenigen Jahren wäre dies völlig undenkbar gewesen. Dass China die Dollarbindung des Renminbi am 21. Juli leicht modifiziert hat, bedeutet nicht, dass man sich jetzt zum Übergang zu einem System flexibler Wechselkurse entschlossen hat. Das alte Asien, dessen Ziel es ist, vor allem die Exportwettbewerbsfähigkeit zu steigern, dominiert noch immer. Sollte China sich aber eines Tages zu einer echten Freigabe seiner Währung entschließen, wird unserer Meinung nach die gesamte Region davon profitieren. Die Währungen der übrigen Länder würden dann ebenfalls aufwerten, das Zinsniveau in den asiatischen Ländern könnte zurückgehen, und als Folge würde die Binnennachfrage gestärkt. Um von Chinas Wachstum zu profitieren, ist eine sorgfältige Einzelwertauswahl erforderlich Da China in vielerlei Hinsicht das alte Asien repräsentiert, ist es mitunter nicht einfach, als Anleger von den Stärken des Landes zu profitieren. Trotz einiger Bedenken halten wir Investitionen am Markt für Inlandsaktien für den besten Weg. Dieser Markt ist allerdings noch immer sehr klein (Abb. 5), so dass er allein nicht genügend Investmentchancen bietet. Um dennoch vom chinesischen Wachstum zu profitieren, investieren wir auch in andere Aktien, die stark von der chinesischen Binnenkonjunktur profitieren. Sehr oft sind dies Firmen, die ihren Sitz außerhalb der Volksrepublik haben. Aber in jedem Fall wählen wir Unternehmen aus, für die der Shareholder Value wichtig ist. Auch in den anderen Ländern kommt es auf die Einzelwertauswahl an In der Tat wird die Einzelwertauswahl in der gesamten Region immer wichtiger. Im alten Asien kam es vor allem darauf an, Änderungen in den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu erkennen und dann jene Branchen auszuwählen, die davon besonders stark profitieren. So profitierte beispielsweise der Technologiesektor besonders stark von einem Anziehen der Weltkonjunktur, und defensive Branchen entwickelten sich dann überdurchschnittlich, wenn es zu Kapitalabflüssen aus der Region kam. Da die asiatischen Börsen RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 5 üblicherweise stärker als andere auf die Weltkonjunktur reagierten, waren solche Branchenentscheidungen zum richtigen Zeitpunkt entscheidend für die Performance des Portfolios. Das ändert sich aber jetzt. Zum einen sind übertriebene Bewertungsschwankungen wie in der Vergangenheit in jüngster Zeit nicht mehr vorgekommen. Die asiatischen Märkte werden reifer, und damit fällt es ihnen auch leichter, zukünftige Ereignisse angemessen in den Kursen abzubilden. Früher gaben die Märkte im Anschluss an eine Phase hoher Bewertungen oft deutlich nach, so dass Anleger doppelt verloren: einerseits als Folge schwächerer Unternehmensgewinne, und andererseits aufgrund zurückgehender Bewertungskennziffern. In Asien (ohne Japan) liegt das durchschnittliche Kursniveau derzeit beim Elffachen der für dieses Jahr erwarteten Gewinne. Auch die Dividendenrendite von zurzeit 3% bietet dem Markt Unterstützung. Zum anderen hat sich der Technologiesektor bis vor kurzem trotz starker Weltkonjunktur als vergleichsweise schwach erwiesen. Das lag vor allem daran, dass die Branchenkonjunktur nicht mit der Weltkonjunktur synchron lief. Ausgerechnet jetzt, da die Weltkonjunktur nachlässt, nähern sich Angebot und Nachfrage nach Technologieprodukten aber wieder einander an. Es gibt eine Tendenz hin zu geringeren Performanceunterschieden zwischen den einzelnen Ländern und den einzelne Branchen, und das ist keinesfalls auf Asien beschränkt. Diese Entwicklung gibt es weltweit. Fazit Asien steht am Scheideweg, sowohl in volkswirtschaftlicher Hinsicht als auch im Hinblick auf seine Aktienmärkte. Die Region ist weniger abhängig von der Weltkonjunktur geworden. Für die Unternehmen hat der Shareholder Value an Bedeutung gewonnen, und trotz geringerem Wirtschaftswachstum erzielen sie höhere Gewinne. Dieser Wandel im Selbstverständnis asiatischer Unternehmen (und Politiker) ist zu einem wesentlichen Teil die unmittelbare Folge der Auswirkungen der Asienkrise. Chinas Wachstum hat Anleger weltweit auf die enormen Chancen aufmerksam gemacht, die das Land bietet, auch wenn es in vielerlei Hinsicht noch immer für das alte Asien steht und Wachstum noch nicht gleichbedeutend mit Gewinnen für die Aktionäre ist. Es kommt aber darauf an, von diesem Wachstum so stark wie möglich zu profitieren. Am besten ist dies unserer Meinung nach möglich, indem man sich auf Unternehmen konzentriert, die von der chinesischen Binnenkonjunktur profitieren, ohne dass sie den Shareholder Value aus den Augen verlieren. Stuart Parks, Head of Asian Equities, +44 (0) 1491 417148, [email protected] Invesco Perpetual RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 6 Corporate-Bond-Analyse: Spannender denn je Alle reden über Aktien. Im Vergleich dazu führen Unternehmensanleihen eher ein Schattendasein. Dabei ist ihre Analyse ebenso spannend, und als Anlageinstrument sind sie mindestens ebenso interessant. Wir geben einen Einblick in die Arbeit eines Corporate-Bond-Analysten und wagen eine Prognose seiner zukünftigen Rolle angesichts neuer Rechnungslegungsvorschriften und einer veränderten Informationspolitik der Unternehmen. Kurse, Unternehmensereignisse und Bilanzveröffentlichungen; Einzelwertauswahl, Branchenmodelle und Risikosteuerung – über Aktien und ihre Auswahl wird viel geschrieben. Aber auch festverzinsliche Wertpapiere haben ihren Charme. Das gilt insbesondere für Unternehmensanleihen (Corporate Bonds), bei deren Analyse und Auswahl sowohl volkswirtschaftliche Aspekte (wie bei Staatsanleihen) als auch unternehmensspezifische Faktoren (wie bei Aktien) betrachtet werden. Allerdings setzen Corporate-Bond-Analysten andere Schwerpunkte als Analysten, die Aktien beurteilen. Bei der Aktienanalyse werden vor allem Kennziffern betrachtet, die es ermöglichen, eine Aussage über die zukünftige Gewinnentwicklung zu treffen, da sie den Aktienkurs maßgeblich beeinflusst. und damit auch auf die Spreadentwicklung der Anleihen hat. So hatte die Insolvenz von Unternehmen wie Wordcom, Enron, Adelphia, Tyco und Parmalat nahezu einen Totalverlust des von Anleiheinvestoren eingesetzten Kapitals zur Folge. Die Analyse und das Management von Corporate Bonds konzentrieren sich daher auf die Verminderung von Zahlungsausfall- und SpreadRisiken. Abb. 1: Symmetrische Aktien, asymmetrische Unternehmensanleihen 0,6 Häufigkeit in % 0,5 0,4 Corporate-Bond-Analyse: Cashflow, Liquidität und Verschuldung Ähnlich wie bei Aktien spielen auch bei der Analyse von Corporate Bonds zukünftige Unternehmenserfolge eine Rolle. Der Schwerpunkt liegt dabei allerdings auf Faktoren, die Auskunft über die langfristige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens geben. Denn nur sie stellt sicher, dass Couponund Rückzahlungen pünktlich und vollständig erfolgen können. Hinzu kommt, dass die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens direkten Einfluss auf seine Bonitätseinstufung durch die Ratingagenturen 0,3 0,2 0,1 0,0 -7,21 -5,81 -4,42 -3,02 -1,63 -0,23 1,17 2,56 3,96 5,35 6,75 (Aktien) -0,59 -0,49 -0,38 -0,28 -0,17 -0,07 0,03 0,14 0,24 0,35 0,45 (Anleihen) Tagesperformance in % Aktien Unternehmensanleihen Häufigkeitsverteilung der Tagesperformance des MSCI World Index (in Euro) und des Merrill Lynch EMU Corporate Bond Index vom 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2005 Quellen: MSCI, Merrill Lynch, INVESCO Kasten 1: Aktien und Unternehmensanleihen – unterschiedliche Risikoprofile Die Kurse von Aktien sind erheblich volatiler als die Kurse von Unternehmensanleihen. So schwankte beispielsweise die tägliche Performance des MSCI World Index von Januar 2000 bis Juni 2005 zwischen -7,21% und +6,75%. Für Unternehmensanleihen (gemessen am Merrill Lynch EMU Corporate Bond Index) betrug diese Spanne im gleichen Zeitraum nur -0,59% bis +0,45% (Abb.1). Gleichzeitig fällt aber auch auf, dass sich die Häufigkeitsverteilungen von Aktien und Unternehmensanleihen deutlich unterscheiden. Während die täglichen Aktienerträge nahezu symmetrisch um ihren Mittelwert verteilt sind, ist die Verteilung der Erträge von Unternehmensanleihen asymmetrisch. Im Gegensatz zu Aktien sind Erträge knapp über dem Mittelwert der mit Abstand wahrscheinlichste Fall. Sie werden erzielt, wenn das Unternehmen seine Anleihen ordnungsgemäß bedient und es nicht zu deutlichen Ratingherabstufungen kommt. Andererseits ist aber auch die Wahrscheinlichkeit einer extrem unterdurchschnittlichen Performance erhöht: Wenn ein Unternehmen seine Anleihen nicht mehr ordnungsgemäß bedienen kann (was auf Sicht von fünf Jahren bei etwa 10% aller Unternehmensanleihen der Fall ist, Abb. 2), ist die Folge ein extremer Kurssturz, und selbst ein Totalverlust ist nicht ausgeschlossen. Typisch ist das Beispiel Enron: Die Bekanntgabe von Bilanzmanipulationen und die Herabstufung der Enron-Anleihen durch die Rating-Agenturen lösten mehrere Kursstürze aus (Abb. 3). Aufgabe des Corporate-Bond-Managers ist es, solche Ereignisse im Vorfeld zu antizipieren und entsprechend zu reagieren. RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 7 Mit dem Ziel, das Ausfall- und Spreadrisiko im Portfolio zu vermindern (Kasten 1) und die Chance auf Kursgewinne zu erhöhen, stellen sich bei der Analyse von Corporate-Bonds also zwei zentrale Fragen: • Kann der Schuldner den Coupon der emittierten Anleihe und das geschuldete Kapital pünktlich und vollständig an den Anleihegläubiger zurückzahlen? • Wie wirken sich die fundamentalen Faktoren des Unternehmens auf das bestehende AnleihenRating und damit auf den Zinsabstand gegenüber Staatsanleihen aus? Abb. 2: Corporate Bonds – 10% Ausfallwahrscheinlichkeit in fünf Jahren 12 Kumulierte Ausfallwahrscheinlichkeit in % 10 8 6 4 2 0 1 2 3 Jahre 4 5 Wahrscheinlichkeit eines „Kreditereignisses“ über Zeiträume von 1 bis 5 Jahren; als Kreditereignis gilt jegliche Abweichung von den vorgesehenen Zahlungsmodalitäten, von einer um wenige Tage verspäteten Zinszahlung bis hin zum Totalausfall der Anleihe. Betrachtet wurde der Gesamtmarkt für Corporate Bonds (inklusive High-Yield-Anleihen). Quelle: Schätzungen von Moody's für den Zeitraum 1998 bis 2004 Abb. 3: Beinahe ein Totalausfall – das Beispiel Enron 120 Kurs in % Um diese beiden Fragen zu beantworten, stehen drei Größen im Mittelpunkt des Interesses: Cash Flow, Liquidität und Verschuldung. Cash Flow: Das Geld muss fließen Eine zentrale Stellung nimmt die Analyse des Cash Flow ein, da hier das Ergebnis aller Aktivitäten aus der Innenfinanzierung eines Unternehmens zum Ausdruck kommt (Kasten 2). Der nach Zahlung von Dividenden und Steuern und unter Berücksichtigung der notwendigen Mittel für Instandhaltungsinvestitionen verbleibende Free Cash Flow kann für Erweiterungsinvestitionen sowie für Zinszahlungen und die Rückzahlung von Schulden verwendet werden. Das macht ihn zu einer Kenngröße für die Selbstfinanzierungskraft eines Unternehmens. Besonderes Augenmerk wird bei der Cash-FlowAnalyse auf die Verwendung des verfügbaren Free Cash Flow gelegt. So ist beispielsweise seine Reinvestition in die Entwicklung neuer Produkte sowohl für Aktien- als auch für Corporate-BondAnalysten ein gutes Zeichen. Denn ein diversifiziertes Produktportfolio, das ständig weiterentwickelt wird, bietet nicht nur Chancen auf zukünftige Unternehmenserfolge. Es erhöht vor allem die Wahrscheinlichkeit, dass das Unternehmen auch in Zukunft in der Lage ist, einen hohen Cash Flow zu generieren. Und der ist notwendig, um über die gesamte Laufzeit seiner Unternehmensanleihen hinweg den mit ihnen verbundenen Zinszahlungsverpflichtungen nachzukommen und das aufgenommene Kapital bei Fälligkeit der Anleihen zurückzuzahlen. Hingegen ist eine Ausschüttung des Free Cash Flow an die Aktionäre sowie der Rückkauf eigener Aktien für Aktienanalysten ein gutes, aus Sicht eines Anleiheinvestors aber zunächst einmal ein eher schlechtes Zeichen. Denn in beiden Fällen fließt Geld aus dem Unternehmen, Kasten 2: Cash Flow und Free Cash Flow (vereinfachte Darstellung) 100 Cash Flow = 80 60 40 20 0 30.11.00 28.2.01 30.5.01 30.8.01 30.11.01 28.2.02 Jahresüberschuss nach Steuern + Abschreibungen Zuschreibungen Dividenden + Veränderung langfristiger Rückstellungen* Free Cash Flow = Cash Flow Instandhaltungsinvestitionen 4 3/8% Enron, Fälligkeit 08.04.2005 Tagesdaten, Stand 28.5.02 Quelle: Bloomberg * nur eine der vielen unterschiedlichen Cash-Flow-Definitionen, die in der einschlägigen Literatur verwendet werden RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 8 das dann für Zins- und Tilgungszahlungen für ausstehende Anleihen bzw. zum Schuldenabbau nicht mehr zur Verfügung steht. Ist der Free Cash Flow eines Unternehmens mittelfristig negativ, sind Investitionen nicht mehr möglich. Zur kurzfristigen Aufrechterhaltung des Gewinnwachstums (eine von Aktienanalysten viel beachtete Kennzahl) steigt häufig der Verschuldungsgrad, was wiederum das Rating gefährdet und zu einer Spreadausweitung führt. In einem solchen Fall ist davon auszugehen, dass mittelfristig nicht ausreichend Liquidität zur Verfügung stehen wird, um die Geschäftstätigkeit aufrechterhalten zu können. Das Ausfallrisiko steigt. Vorübergehend können Unternehmen den Free Cash Flow steigern, indem sie Auszahlungen verzögern, Einzahlungen forcieren (beispielsweise durch ein disziplinierteres Forderungsmanagement) oder das Inventar abbauen. Hauptsache liquide Ein Mangel an Free Cash Flow kann durch ausreichende Unternehmensliquidität kompensiert werden. Mit Liquidität sind in erster Linie Bargeldreserven und Kreditlinien gemeint. Sie dienen der Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit für das operative Geschäft sowie der Durchführung geplanter Investitionen. Erst wenn auch die Liquidität extrem sinkt und sich ein strukturelles Liquiditätsproblem abzeichnet, das beispielsweise durch die Produktion nicht marktgerechter Produkte hervorgerufen wurde, verschlechtert sich die Unternehmenssituation nachhaltig. Generell muss bei der Betrachtung der im Unternehmen vorhandenen Liquidität auch deren tatsächliche Verfügbarkeit überprüft werden. Liquidität, die zwar in der Bilanz als solche ausgewiesen ist, sich aber beispielsweise bei einer Tochtergesellschaft in einem Land befindet, aus dem ein Liquiditätsabzug aufgrund bestehender Steuerbestimmungen und Repatriierungsregelungen nicht möglich ist, steht nicht zur Sicherstellung der Zahlungsbereitschaft zur Verfügung. Das gleiche gilt für den Teil der liquiden Mittel, der als Sicherheit für laufende Transaktionen (wie Swaps oder Futures) dient und daher nicht ohne weiteres für andere Zwecke eingesetzt werden kann. Wenn in einem Unternehmen Liquiditätsmangel herrscht, lenkt ein Corporate-Bond-Analyst seinen Blick darauf, ob es noch nicht ausgeschöpfte Bankkreditlinien gibt. Vorausschauende Unternehmen werden frühzeitig mit potentiellen Kapitalgebern Kontakt aufgenommen haben, um sich ausreichende Kreditlinien unterschiedlicher Fristigkeit einräumen zu lassen. Dabei ist zu beachten, dass feste Kreditlinien kostenpflichtig sind. Denn Banken, die Kreditlinien fest zusagen, müssen diese anteilig mit haftendem Eigenkapital unterlegen. Ein effizientes Liquiditätsmanagement zeichnet sich durch eine sinnvolle Kombination aus fest zugesagten und nicht fest zugesagten Kreditlinien aus. Darüber hinaus ist bei der Beurteilung der Liquiditätssituation eines Unternehmens zu beachten, dass Kreditzusagen zum Teil an Nebenbedingungen (sogenannte Covenants) geknüpft sein können, die die Bereitstellung der Kreditlinien beispielsweise von einem bestimmten Unternehmensrating abhängig machen. Wird dieses Mindestrating unterschritten, ist das Kreditinstitut berechtigt, seine Kreditzusage zurückzunehmen, was bei dem betroffenen Unternehmen eine Liquiditätskrise auslösen kann. Dies war beispielsweise 2002 bei ABB der Fall: Eine Rating-Herabstufung des Unternehmens durch Moodys auf Baa1 führte zu einer Rücknahme der Kreditzusagen, was zu einem massiven Liquiditätsengpass und zu einem Verfall der Anleihekurse von über pari auf 40 Prozent ihres Nennwertes führte. Selbst wenn alle Kreditlinien ausgeschöpft sind, gibt es noch Möglichkeiten, Liquidität zu generieren. Zum einen bietet sich die Veräußerung nicht betriebsnotweniger Vermögensgegenstände (wie z.B. Grundstücke und Wertpapiere) an. Auch der Abbau von Vorräten und Forderungen sowie die Nutzung unverzinslicher Lieferantenkredite können kurzfristig zu einer Entspannung der Situation führen. Erst wenn alle anderen Optionen ausgeschöpft sind, muss das Unternehmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes sein Eigenkapital heranziehen, was zu einer akuten Gefährdung des Unternehmens führt und die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls erheblich erhöht. Um rechtzeitig reagieren zu können beziehungsweise um gar nicht erst in Anleihen eines Unternehmens zu investieren, dem ein solches Schicksal droht, ist es für einen Corporate-Bond-Analysten wichtig, so früh und umfassend wie möglich über die Verschuldungssituation des Unternehmen informiert zu sein. Die Last mit der versteckten Schuldenlast Die meisten spektakulären Konkurse der Vergangenheit waren nicht die Folge einer plötzlich zu Tage tretenden Ertragsschwäche, die durch „kreative Buchhaltung“ lange verschleiert worden war, sondern die Konsequenz einer Überschuldung. Ins- RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 9 besondere zu Beginn einer Rezession spielt der Verschuldungsgrad eines Unternehmens für Corporate-Bond-Analysten eine wichtige Rolle, da dann Zins- und Tilgungszahlungen einer Anleihe aus einem sinkenden Gewinn finanziert werden müssen. Hinzu kommt, dass der Verschuldungsgrad eines Unternehmens direkten Einfluss auf seine Bonität hat – und damit auf seine Einstufung durch die Ratingagenturen. Bei der Analyse von Corporate Bonds sind auch die in der Bilanz enthaltenen Verschuldungspositionen und -kennzahlen von Interesse. Noch interessanter sind aber diejenigen Verschuldungsinformationen, die allenfalls im Anhang bzw. im Lagebericht des Unternehmens zu finden sind. Manchmal erinnert die Analyse dieser Bestandteile des Jahresabschlusses an Detektivarbeit, da „versteckte“ Verbindlichkeiten häufig wohl formuliert und nicht einfach aufzuspüren sind. Dazu einige Beispiele: Zu der nicht auf den ersten Blick ersichtlichen Verschuldung gehört zum einen der komplexe Bereich des Leasings, bei dem die Leasingraten des Leasing-Gebers keinen Eingang in die Gewinnund Verlustrechnung (GuV) finden, und zum anderen der Einsatz von Derivaten wie z.B. Futures, Optionen, Swaps, Caps und Floors, die bilanzneutral zu behandeln sind. Der Einsatz dieser Instrumente kann jedoch zu einem erheblichen Abfluss liquider Mittel führen und die finanzielle Flexibilität des Unternehmens einschränken. Auch die Schulden eines Joint Ventures, an dem ein Unternehmen eine Minderheitsbeteiligung hält (unkonsolidierte Joint Ventures), für deren Rückzahlung es aber eine Garantie übernommen hat, finden keinen Eingang in seine Bilanz, können sich aber erheblich auf die Liquiditätssituation auswirken. Kosten für Garantien und Gewährleistungsansprüche, wie z.B. massive Rückrufaktionen in der Automobilindustrie, sind im Vorfeld nur schwer abschätzbar und häufig nicht oder nur unzureichend in den Rückstellungspositionen der Bilanz enthalten. Solche potentiellen Ansprüche führen zwar für sich genommen selten zu einer Bonitätsverschlechterung des Unternehmens, können jedoch bereits bestehende Probleme erheblich verstärken. Bei der Analyse von Unternehmen einiger Branchen muss deshalb die Möglichkeit solcher Ereignisse einkalkuliert werden. Natürlich wecken auch komplexe Unternehmensstrukturen die Aufmerksamkeit des Analysten. In vielen Fällen dienen sie lediglich der Reduzierung der Steuerlast. Mit ihrer Hilfe lassen sich aber auch bestehende Schulden leichter verschleiern. Erhöhte Vorsicht ist auch bei Finanzvehikeln geboten, deren Sitz sich ohne nachvollziehbaren Grund z.B. auf den Bahamas, den Niederländischen Antillen, oder den Britischen Jungferninseln befindet. Der im Dezember 2003 insolvent gewordene italienische Molkerei-Konzern Parmalat verfügte beispielsweise über eine Vielzahl solcher Finanzvehikel. Ein Blick nach vorn: Mehr Informationen durch bessere Investor Relations? Um Cash Flow, Liquidität und Verschuldungsgrad in angemessenem Umfang analysieren zu können, benötigt ein Corporate-Bond-Analyst Informationen – idealerweise direkt aus dem Unternehmen. Sie zur Verfügung zu stellen, ist Aufgabe der Investor Relations, deren Bedeutung in den letzten Jahren gestiegen ist. Corporate-Bond-Analysten, Aktienanalysten und Unternehmen: keine Interessenidentität Über die Aufgabe der Investor-Relations-Bemühungen ist man sich weitgehend einig: Sie sollen Informationsasymmetrien zwischen Unternehmen und Marktteilnehmern abbauen, damit die Finanzmärkte die Aktien oder Anleihen eines Unternehmens fair bewerten können. Die meisten Unternehmen haben erkannt, wie wichtig gute Beziehungen zu den Marktteilnehmern sind. Daher gibt es kaum noch eines, das sich nicht die Verbesserung seiner Investor-Relations-Aktivitäten auf die Fahne geschrieben hätte. Darüber, in welcher Form und welche Inhalte man kommuniziert, gehen die Meinungen jedoch noch immer stark auseinander. In der Praxis ist nicht immer sichergestellt, dass die Corporate-Bond-Analysten genau die Informationen bekommen, die für die Beurteilung von Cash Flow, Liquidität und Verschuldung wichtig sind. Denn noch immer orientieren sich Investor-Relations-Abteilungen eher an den Bedürfnissen der Aktionäre. Corporate-Bond-Analysten: „Stiefkinder“ der Informationspolitik Gemeinsam ist Analysten von Aktien und Corporate Bonds, dass sie an der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens interessiert sind und sich umfassende Informationen wünschen. Allerdings sind die Blickwinkel verschieden, und deshalb benötigen sie unterschiedliche Informationen. Während für Aktienanalysten Bilanz und GuV bereits ein wertvoller Grundstock für ihre Untersu- RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 10 chungen sind, müssen Corporate-Bond-Analysten auf Anhang und Lagebericht ausweichen und sind auf darüber hinausgehende Informationen angewiesen, die häufig nicht einfach zu beschaffen sind. Dazu zählen beispielsweise Informationen über Garantien in Verbindung mit Minderheitsbeteiligungen an Joint Ventures, Eventualverbindlichkeiten sowie Nebenbedingungen für nicht fest zugesagte Kreditlinien. Aber nicht nur der Jahresabschluss, auch die Investor-Relations-Bemühungen der Unternehmen orientieren sich nach wie vor hauptsächlich an den Bedürfnissen von Aktieninvestoren. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Anleiheinvestoren dürfte sich das aber bald ändern: Immer mehr Unternehmen denken darüber nach, sich über die Emission von Unternehmensanleihen zu refinanzieren. Grund für diesen Trend zur „Zweitfinanzierung“, d.h. zur Emanzipation von der oder den Hausbanken ist insbesondere die Eigenkapitalvereinbarung des Baseler Ausschusses (Basel II), die Ende 2006 in Kraft tritt. Basel II enthält neue gesetzliche Regelungen zur Begrenzung des Risikos durch ausgereichte Unternehmenskredite. Sie zwingen die Banken dazu, sich besser gegen Kreditausfälle zu schützen. Zukünftig müssen alle ausgegebenen Kredite abhängig von der Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers bei der Bank mit haftendem Eigenkapital unterlegt werden. Als Folge werden Kredite für Unternehmen mit überdurchschnittlich hoher Bonität zwar tendenziell billiger. Für Unternehmen mit durchschnittlicher und mit schwächerer Bonität werden sie aber tendenziell teurer. Darüber hinaus werden einige Kreditinstitute aufgrund ihrer geringen Eigenkapitalausstattung nicht mehr in der Lage sein, Kredite in gewohnter Höhe zu vergeben. Immer mehr Unternehmen wenden sich daher dem Kapitalmarkt zu, wenn sie Fremdkapital aufnehmen wollen. Um Interessenten für die Anleihen zu finden, wird sich die Informationspolitik der Unternehmen daher ändern, zumal insbesondere für den Mittel- stand neben Anleihe-Emissionen auch VentureCapital- und Private-Equity-Investoren deutlich an Bedeutung gewinnen, die ähnliche Informationsanforderungen wie Corporate-Bond-Analysten haben. Rollenwechsel: vom Detektiv zum Full-Time-Analyst Erste Schritte zur Beseitigung der Schwierigkeiten, auf die Corporate-Bond-Analysten bei der Informationsbeschaffung stoßen, sind bereits getan. Am 1. Januar 2005 wurde die Rechungslegung gemäß den International Accounting Standards (IAS) und den International Financial Reporting Standards (IFRS) für kapitalmarktorientierte Unternehmen in der EU zur Pflicht. Das international anerkannte Rechnungslegungskonzept soll entscheidungsrelevante Informationen vermitteln, die die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens betreffen. Damit ist das neue Regelwerk stärker auf die Informationsbedürfnisse der Investoren ausgerichtet als der Jahresabschluss nach HGB. Viele Sachverhalte, die für eine Beurteilung von Corporate Bonds wichtig sind und sich bislang bilanzneutral und mehr oder weniger klar formuliert in Anhang bzw. Lagebericht „verbargen“, sind jetzt in Bilanz und GuV enthalten. Das trägt ebenso zu einer Veränderung der Rolle des Corporate-Bond-Analysten bei wie die zu erwartende Veränderung der Informationspolitik der Unternehmen. In Zukunft werden sich Corporate-Bond-Analysten stärker darauf konzentrieren können, die richtigen Schlüsse aus den verfügbaren Informationen zu ziehen, anstatt wie bisher ihre Zeit vor allem mit der Beschaffung relevanter Daten zu verbringen. Der Mehrwert, den sie für ein Corporate-BondPortfolio schaffen, wird dann nicht mehr auf ihrem Informationsvorsprung basieren, sondern auf ihrer Fähigkeit, die zur Verfügung stehenden Daten richtig zu interpretieren. Heike Möhlmann, Fixed Income Manager +49 (0) 69 29807 255 , [email protected], INVESCO Fixed Income RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 11 Euro-Staatsanleihen: Divergenzgewinne Viele Anleger sind der Meinung, dass man mit Euro-Staatsanleihen allenfalls durch die richtige Laufzeitenauswahl einen Mehrwert schaffen kann. Aber trotz Europäischer Zentralbank und Währungsunion entwickeln sich die Volkswirtschaften des Euroraums zum Teil sehr unterschiedlich, und so gibt es auch noch immer kleinere Unterschiede in den Renditen der Staatsanleihen. Wie die letzten Spreadveränderungen gezeigt haben, bieten sich hier Ertragschancen, die es zu nutzen gilt. Ein Blick zurück Vor der Einführung des Euro waren die Zinsunterschiede in den einzelnen europäischen Ländern erheblich. Nahezu jedes heutige Mitglied der Währungsunion hatte eine eigene Notenbank mit einer individuellen Notenbankpolitik, und folglich entwickelte sich auch die Konjunktur in den einzelnen Ländern recht unterschiedlich. Mit dem Beschluss, eine einheitliche Währung und eine zentrale Notenbank einzurichten, begann der Konvergenzprozess. näherten sich die Rentenmarktrenditen der Hochzinsländer den niedrigen Renditen von Frankreich und Deutschland an. So schrumpfte beispielsweise der Zinsabstand (Spread) zwischen italienischen und deutschen zehnjährigen Staatsanleihen binnen fünf Jahren von 1,8% auf 0,24% (Abb. 1a). An den Konvergenzanleihemärkten konnte man viel Geld verdienen, da die Papiere einiger Konvergenzländer nicht nur eine attraktive laufende Verzinsung boten, sondern man durch den sinkenden Spread auch Kursgewinne erzielte. Um sich für den Euro zu qualifizieren, mussten die Länder einige volkswirtschaftliche Kriterien erfüllen. Nachdem alle Hürden genommen waren, Während der Konvergenzphase wurde der Stabilitätspakt geschlossen, in dem festgelegt ist, welche volkswirtschaftlichen Kriterien und Budgetbedingungen die einzelnen Mitgliedsländer einhalten müssen, damit kein Land die anderen finanziell belastet. Abb. 1a: Italien – starke Konvergenz vor der Euro-Einführung ... Prozentpunkte Buchhalterische Einführung des Euro (Jan. '99) 2,0 2,5 Festlegung der Teilnehmerländer (Mai '98) 1,5 Ausgabe des Euro-Bargelds (Jan. '02) 1,0 0,5 0,0 1.1.97 1.1.99 1.1.01 1.1.03 1.1.05 Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen 10j. Staatsanleihen Tagesdaten, Stand 14.7.2005 Quelle: Datastream Abb. 1b: … doch auch danach gibt es noch Bewegung 0,5 Prozentpunkte Ausgabe des Euro-Bargelds (Jan. '02) 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 1.1.99 1.1.01 1.1.03 1.1.05 Zinsabstand zwischen italienischen und deutschen 10j. Staatsanleihen Tagesdaten, Stand 14.7.2005 Quelle: Datastream … und dann kam der Euro Bei Einführung des Euro waren die Spreads bereits stark geschrumpft. Eine einheitliche Notenbankpolitik sollte zu einer weiteren Harmonisierung der wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum führen. Tatsächlich wuchsen die Volkswirtschaften aber bislang noch nicht in dem Maße zusammen, wie gewünscht und erwartet. Die nach wie vor bestehenden Unterschiede haben bis heute Auswirkungen auf die Anleihespreads der einzelnen Länder (Abb. 1b). Spanien und Deutschland: Positionswechsel Ein Beispiel dafür, welche Entwicklungen die Währungsunion auslöste, sind die Spreads zwischen spanischen und deutschen Anleihen (Abb. 2). Spanien – mit hohem Wirtschaftswachstum und geringer Nettoneuverschuldung – gewann an Kreditqualität. Deutschland hat hingegen seit seiner Wiedervereinigung keine neuen Wachstumsimpulse mehr geschaffen, und zum Thema Verschuldung gab es hier nur negative Schlagzeilen. Zeitweise waren die Renditen spanischer Anleihen sogar niedriger als die Renditen von Bundesanleihen. Dennoch bilden deutsche Bundesanleihen nach wie vor die Benchmark und dienen als Basis für die Berechnung der Anleihespreads aller Länder des Euroraums. Die große Bedeutung der Bundesanleihen zeigt sich auch im hohen RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 12 Abb. 2: Spanien – zeitweise niedrigere Renditen als in Deutschland Prozentpunkte 0,2 0,1 0,0 -0,1 1.1.02 1.1.03 1.1.04 1.1.05 Zinsabstand zwischen spanischen und deutschen 10j. Staatsanleihen (gleitender Fünftagesdurchschnitt) Tagesdaten, Stand 14.7.2005 Quelle: Datastream Handelsvolumen des Bund Futures. Mit einem Umsatz von bis zu 2 Millionen Kontrakten an manchen Tagen (Abb. 3) ist er der am aktivsten gehandelte Future auf einen Rentenmarkt weltweit. Griechenland: Kreative Buchführung Griechenland ist das einzige Land, das den Euro eingeführt hat, aber nicht von Anfang an am Konvergenzprozess beteiligt war. Eine Weile war es fragwürdig, ob Griechenland die für eine Aufnahme in den Euroclub notwendigen Kriterien erfüllen würde. Besonders kritisch war die immense Staatsverschuldung. Die Zeit wurde knapp, aber kurz vor dem geplanten Beitrittsdatum gab Griechenland bekannt, dass die Kriterien erfüllt seien. Als die Olympischen Spiele im Jahr 2004 den griechischen Staatshaushalt aus den Fugen geraten ließen und man die wirtschaftliche Situation genauer unter die Lupe nahm, musste Griechenland eingestehen, dass auch die Zahlen der Vergangenheit weniger Abb. 3: Der Bund Future – der meistgehandelte Rentenfuture der Welt 2500 In 1000 Stück erfreulich gewesen waren als berichtet. Genau genommen hätte das Land das Verschuldungskriterium immer deutlich verfehlt. Mit den nun korrigierten Zahlen wäre ein Beitritt zum Euro kaum möglich gewesen. Auf die Spreads hatte diese spektakuläre Enthüllung jedoch kaum einen Einfluss: Als relativ kleiner Schuldner mit dem ohnehin schon größten Zinsabstand waren die Auswirkungen der kreativen Buchführung am Ende recht begrenzt. Italien: Politische Beben Unter allen späteren Teilnehmerländern der Währungsunion war Italien stets dasjenige mit den häufigsten Regierungswechseln. Mit der zweiten Amtsübernahme Berlusconis im Jahr 2001 (nach einem kurzen Zwischenspiel als Ministerpräsident im Jahr 1994) schien aber Ruhe eingekehrt zu sein. Seine Amtszeit ist die bislang längste in der Geschichte Italiens. In diesem Jahr hatte Berlusconi jedoch Schwierigkeiten, die Koalition zusammenzuhalten. Im April musste die Regierung zurücktreten, um dann aber wieder in leicht veränderter Form neu eingesetzt zu werden. Begleitet wurde dies von einigen Enthüllungen: Das neue Budget sah eine höhere Neuverschuldung vor als erwartet, und bei näherem Hinsehen entdeckte man für die beiden Vorjahre einige Ungereimtheiten. Es stellte sich heraus, dass Italien schon in diesen beiden Jahren den Stabilitätspakt verletzt hatte, ohne dass es publik gemacht worden war. Einige Politiker nutzten die Situation, um sich zu profilieren. Sie forderten eine Abschaffung des Euro und eine Wiedereinführung der Lira – sicherlich kein praktikabler Vorschlag, aber ein kluger politischer Schachzug mit großer Medienwirksamkeit. Die neuen politischen Turbulenzen und die durch sie ausgelöste Verunsicherung bezüglich der ZuAbb. 4: Griechische und italienische Staatsanleihen – jetzt deutlich höhere Spreads über alle Laufzeiten 3,5 Staatsanleihenrendite in % 3,3 2000 3,1 1500 2,9 1000 2,7 2,5 500 0 1.1.04 2,3 2,1 1.5.04 1.9.04 Gehandelte Kontrakte Tagesdaten, Stand 14.7.2005 Quelle: Bloomberg 1.1.05 1.5.05 Durchschnitt seit Januar 2004 2 3 4 5 6 7 Fälligkeit in Jahren Deutschland Stand 14.7.2005 Quellen: JP Morgan, INVESCO Griechenland 8 Italien 9 10 RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 13 … kann von der EZB nicht berücksichtigt werden Die EZB verfolgt im Euroraum eine einheitliche Geldpolitik, bei der regionale Differenzen nicht oder zumindest nicht vollständig berücksichtigt werden können. Die Inflationsrate – von der EZB mit Argusaugen beobachtet – weist in den einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede auf (Abb. 5). Nicht nur bei Steuern und staatlich administrierten Preisen sind die einzelnen Länder noch immer echte Individualisten. Auch der wirtschaftliche Konvergenzprozess ist noch lange nicht abgeschlossen. Investmentchancen Mit seinen zwölf Teilnehmerländern ist der Euroraum eine Gemeinschaft selbständiger Staaten, die in vielen Bereichen autonom agieren. So sind insbesondere politische „Event-Risiken“ immer wieder ein Thema. Die Europäische Zentralbank ist gezwungen, eine Geldpolitik des Kompromisses einzuschlagen und kann nicht (oder nur in begrenztem Maße) auf einzelne Länder Rücksicht nehmen. Deshalb bieten die Brüche in der Spreadentwicklung von Euro-Staatsanleihen Investoren auch immer die Chance, durch eine gezielte Länderallokation einen Mehrwert zu erzielen. Eine beliebte Strategie ist die Anlage von Anleihen mit kurzen Restlaufzeiten (bis zu drei Jahren) in die so genannten „Euro High Yielder“ Griechenland, Portugal und Italien. Allerdings ist hier mittlerweile die Nachfrage sehr hoch, und natürlich sind die Spreads von Anleihen mit kürzeren Laufzeiten am wenigsten attraktiv. 4,0 % 3,5 3,0 2,5 2,0 1,5 1,0 Spanien Luxemburg Griechenland Portugal Irland Österreich Italien Frankreich Belgien Niederlande 0,0 Deutschland 0,5 Finnland Wirtschaftliche Divergenz … Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie groß die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen einigen Ländern des Euroraums sind und wie schnell sich ihre Position in der Gemeinschaft ändern kann. So zählte Deutschland beim Wirtschaftswachstum lange zu den Schlusslichtern des Euroraums, hat aber in letzter Zeit wieder etwas aufgeholt. Italien und die Niederlande zeigen hingegen neue wirtschaftliche Schwächen. Abb. 5: Euroraum – noch immer unterschiedliche Inflationsraten Euroraum kunft der Gemeinschaftswährung führten dazu, dass sich die Spreads italienischer – und griechischer – Anleihen gegenüber den letzten drei Jahren deutlich ausweiteten (Abb. 4). Stand Mai 2005 Quelle: Eurostat Bei Anleihen mit längeren Laufzeiten sind SpreadTrades, also Käufe von Anleihen mit hohen Spreads und gleichzeitige Verkäufe von Anleihen mit niedrigen Spreads, am verheißungsvollsten. Aufgrund der aktuellen Ausweitung der Spreads italienischer Anleihen bietet sich beispielsweise ein Umtausch französischer oder deutscher Anleihen in italienische als interessante Anlagemöglichkeit an. Wenn der italienische Spread wieder auf sein Niveau vor der Ausweitung zurückgeht, wird das zu Kursgewinnen führen. Dabei sind viele Risikofaktoren bereits jetzt in den Kursen italienischer Anleihen berücksichtigt: eine Regierung, die an Stabilität verloren hat, eine Statistik, die man wieder mit größerem Misstrauen betrachtet und die aktuelle Rezessionsgefahr. Eine ähnliche Entwicklung könnte sich auch in Portugal abzeichnen, dessen Anleihen von Investoren zuletzt ebenfalls kritisch betrachtet wurden. Das politische Eventrisiko im Euroraum ist in den letzten Monaten wieder deutlich gestiegen. Weil aber nach wie vor die Anleihen von Frankreich und Deutschland der Renditeboden sind, an dem sich alle anderen Euro-Staatsanleihen orientieren müssen, ergeben sich daraus Renditechancen, die es zu nutzen gilt. Jörg Bartenstein, Fixed Income Manager, +49 (0) 69 29807 110, [email protected], INVESCO Fixed Income RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 14 Einzelwertorientiert, kontrolliert, fundiert – mit einem Wort: quantitativ Oft werden quantitative Investmentstrategien mit stupider Optimierung auf Basis historischer Zeitreihen, die nur sehr eingeschränkt auf die Zukunft übertragbar sind, oder mit einem „Black Box“-Ansatz in Verbindung gebracht. Dies entspricht nicht der Realität, legen doch erfolgreiche Quant-Manager sehr großen Wert auf Transparenz und ökonomische Logik. Beides ist unabdingbar, wenn man einen Investor davon überzeugen will, ein Mandat an einen quantitativen Manager zu vergeben. Quantitative Investmentprozesse sind frei von subjektiven und emotionalen Entscheidungen und zeichnen sich durch ein Höchstmaß an Objektivität aus. Entscheidend für ihren nachhaltigen Erfolg sind ein konsistenter Investmentprozess, menschliche Logik und moderne Technologie. Quantitative Analysten und Portfoliomanager entwickeln und testen ökonometrische Modelle und stellen auf ihrer Grundlage ein den Kundenwünschen entsprechendes Portfolio zusammen. Dabei wird besonderen Wert auf möglichst niedrige Transaktionskosten gelegt. Voraussetzung ist eine moderne IT-Infrastruktur, die die Verarbeitung der großen täglich anfallenden Datenmengen zuverlässig und schnell erledigt. Quantitativ bedeutet einzelwertorientiert Grundsätzlich kann ein aktiver Manager auf zwei Wegen eine bessere Wertentwicklung als der Marktindex erreichen: 1. durch eine hohe Qualität der Einzelwetten und 2. durch die Anzahl dieser Wetten. Bei gleicher Prognosegüte ermöglicht eine höhere Anzahl von Einzelwetten ein höheres Information Abb. 1: Abhängigkeit des Information Ratio* von der Prognosegüte und der Anzahl der Einzelwetten 600 Anzahl der Einzelwetten 500 400 300 200 100 0 0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 Prognosegüte** Information Ratio 0,50 0,12 0,14 Information Ratio 0,25 * Das Information Ratio ist das Verhältnis von Mehrertrag gegenüber der Benchmark und dem dafür eingegangenen Risiko. ** gemessen am Informationskoeffizienten (= Korrelation einer Renditeprognose mit dem tatsächlichen Ergebnis) Nur zur Illustration. Quelle: INVESCO Ratio (Abb. 1). Das Information Ratio ist das Verhältnis von Mehrertrag gegenüber der Benchmark relativ zum dafür eingegangenen Risiko. Je höher es ist, desto besser gelingt es dem Portfoliomanager, durch Abweichungen von der Benchmark einen Mehrertrag für den Kunden zu generieren. Während qualitative Manager häufig wenige größere Wetten eingehen, neigen quantitative Manager dazu, auf eine größere Anzahl kleinerer Wetten zu setzen. Nach der sogenannten „fundamental law of active management“ (der „Grundregel“ des aktiven Portfoliomanagements) ist, bei gleich großer Chance auf einen Mehrertrag, das Risiko einer Abweichung von der Benchmark umso geringer, je mehr voneinander unabhängige Einzelwetten der Portfoliomanager eingeht. Daher konzentrieren sich viele quantitative Manager ausschließlich auf die Einzeltitelauswahl und orientieren sich bei der Branchen-, Länder- und Währungspositionierung des Portfolios eng am Gesamtmarkt. Grund dafür ist, dass die Anzahl der möglichen Prognosen auf Branchen-, Länder- oder Währungsebene viel geringer ist als die Anzahl möglicher Einzeltitelprognosen in einem Universum von hunderten oder gar tausenden von Aktien. Quantitativ bedeutet objektiv Bestimmt man die Attraktivität einzelner Aktien nach quantitativen Kriterien, lassen sich auch mit knappen Ressourcen sehr viele Einzeltitel täglich beobachten, da zeitaufwendige Unternehmensbesuche, Gespräche mit Finanzvorständen und die Lektüre von Geschäftsberichten entfallen. Die Einzelwertanalyse liegt bei einem quantitativen Ansatz auch bei einem sehr großen Anlageuniversum in den Händen eines kleinen Teams. Dies stellt sicher, dass die Anlageentscheidungen auf einer einheitlichen Basis getroffen werden, die nicht von subjektiven Faktoren beeinflusst wird. Die Implementierung der quantitativ gewonnenen Erkenntnisse über die Attraktivität einzelner Aktien gibt dem Portfoliomanager keinerlei Ermessensspielraum beim Transfer der Analyseergebnisse in das Portfolio. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zum traditionellen Portfoliomanager dar, der seine persönliche Sicht der Dinge ebenfalls einbringt. RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 15 Quantitativ bedeutet risikokontrolliert Eine größere Anzahl von Titeln führt zu einer breiteren Streuung und damit zu einer Reduzierung des Risikos, eine vorab definierte Benchmark deutlich zu verfehlen. Das Risikomanagement wird somit zu einem integralen Bestandteil des gesamten quantitativen Prozesses. Auch im Rahmen der Portfoliooptimierung wird nicht nur auf die Rendite abgestellt, sondern auch das Risiko einer Abweichung von der Benchmark begrenzt. So wird für einen vorgegebenen Tracking Error und unter Berücksichtigung von Nebenbedingungen (wie z.B. Transaktionskostenbeschränkungen und kundenspezifische Restriktionen) das optimale Risiko-Rendite-Verhältnis implementiert. Hierdurch wird gewährleistet, dass sich die Wertentwicklung des Portfolios nicht zu sehr von der Wertentwicklung des Marktindex entfernt. Dadurch wird sichergestellt, dass ein Portfolio ein ähnliches Risiko- und Ertragsprofil hat wie der entsprechende Referenzindex. Hinzu kommt, dass aufgrund der schnellen und effizienten Informationsauswertung mit mathematischen Methoden Marktineffizienzen bei einem quantitativen Ansatz sofort und ohne zeitliche Verzögerung genutzt werden können. Auch das trägt zur Verringerung des Portfoliorisikos bei. Quantitativ bedeutet kostenbewusst Mittels einer Analyse der Transaktionskosten wird darüber hinaus ermittelt, ob eine Umschichtung im Portfolio auch nach Brokergebühren und ihrem direkten Einfluss auf den Marktpreis noch einen Mehrwert schafft. Nicht jede Transaktion, die vor Kosten attraktiv wirkt, ist auch nach Kosten noch empfehlenswert. Auch hier liefern mathematische Verfahren die nötigen objektiven Einschätzungen. Quantitativ bedeutet ökonomisch fundiert Die Entwicklung einer quantitativen Anlagestrategie hört nicht mit der Analyse von Vergangenheitsdaten auf. Ein einfaches technisches Modell ist unseres Erachtens nicht dazu geeignet, einen Die vier Konzepte im Detail • Gewinnrevisionen: Diesem Indikator liegt die Logik zugrunde, dass Analysten zwar in der Lage sind, die Richtung der Gewinnentwicklung zu prognostizieren, aber nicht deren exaktes Ausmaß. Es werden die Anzahl der positiven und negativen Gewinnrevisionen innerhalb der jeweils vorangegangenen vier Wochen gezählt und voneinander abgezogen. Diese Zahl dividiert durch die Anzahl der Revisionen insgesamt ergibt unseren Indikator. Hierbei verwenden wir einen gewichteten Durchschnitt aus den Revisionen für das laufende und das nächste Geschäftsjahr. Als Datenlieferant bedienen wir uns für diesen Indikator IBES. • Managementverhalten: Mit diesem Konzept greifen wir Signale auf, die das Management eines Unternehmens dem Markt liefert. Der zugrundeliegende Indikator berücksichtigt Aktienrückkäufe und Aktienemissionen. Dabei wird angenommen, dass das Unternehmen bei einem Aktienrückkauf seinen eigenen Marktpreis offensichtlich für unterbewertet hält. Außerdem wird analog zu den akademischen Erkenntnissen unterstellt, dass ein Aktienrückkauf das Management vor schlechten Investitionen bewahren kann. Zu schlechten Investitionen könnte das Management verleitet werden, wenn es zu wenig lohnende Investitionsmöglichkeiten gibt. • Bewertung: Indikatoren zur Bewertung von Aktien sind Kennzahlen, die das aktuelle Kursniveau ins Verhältnis zu einer Kennzahl des Unternehmenserfolges bzw. Unternehmenswertes setzen. In diesem Zusammenhang wird jede Aktie relativ zum Universum bewertet. Der fundamentale Hintergrund dieses Vorgehens ist die Erwartung, dass aktuell fehlbewertete Aktien über die Zeit ihren fairen Wert erreichen. • Relative Stärke: Die langfristige, auf dem 12-Monats-Zeitraum basierende Relative Stärke einer Aktie ist ein guter Indikator, um Ereignisse und Stimmungen aufzugreifen, die nicht durch die anderen Konzepte abgedeckt werden. Das aus der Behavioral Finance bekannte Herdentriebverhalten der Anleger machen wir uns hierbei zu Nutze. Über einen Zeitraum von einem Jahr wird die Rendite jeder Aktie mit der Benchmarkrendite verglichen. Die vier dargestellten Konzepte wurden auf ihrer Stabilität sowie auf ihre gegenseitige Unabhängigkeit geprüft. Jede Aktie im Anlageuniversum wird mit Hilfe dieser vier Konzepte bewertet. Das jeweilige Konzept geht abhängig von der regionalen Unternehmenszugehörigkeit mit einem Gewicht zwischen 20 % bis 30 % in unser Modell ein. Die Ergebnisse unserer Indikatorenauswertung werden anschließend in eine Normalverteilung transformiert. Das Ergebnis ist eine Prognose der relativen Attraktivität einer Aktie für den folgenden Monat. Unser Aktienselektionsmodell wird mehrmals wöchentlich für das gesamte Universum gerechnet. RISK & REWARD Q3/2005 – MÄRKTE 16 dauerhaften Mehrwert für den Investor zu schaffen, wenn es ansonsten jeglicher fundamentaler ökonomischer Logik entbehrt. Wichtig ist nicht nur, dass ein Modell die Wertentwicklung der Vergangenheit erklärt. Es muss auch eine logische, fundamentale Begründung für den in der Vergangenheit beobachteten Zusammenhang zwischen mehreren Variablen liefern. Nur dann ist zu erwarten, dass dieser Zusammenhang auch in Zukunft Bestand hat. Nur quantitative Indikatoren, die sich fundamental begründen lassen, werden langfristig einen Beitrag zum Erfolg leisten. Ein wesentlicher Punkt bei der Berücksichtigung mehrerer Indikatoren ist außerdem, dass sich die einzelnen Konzepte möglichst wenig überschneiden und unterschiedliche Aspekte einer Aktie berücksichtigen. So basiert z.B. die Renditeprognose der Global Structured Products Group von INVESCO auf insgesamt vier Indikatoren, die nahezu unkorrelierte Teilergebnisse liefern (Kasten 1). Um eine aktive Rendite zu erzielen, gehen wir einzelwertorientiert vor und berechnen für jede Aktie des Universums einen auf Indikatoren basierenden Attraktivitätswert. Diese Indikatoren beruhen auf den vier Konzepten Gewinnrevisionen, Managementverhalten, Bewertung und Relative Stärke. Bei der Differenzierung zwischen attraktiven und unattraktiven Aktien konzentrieren wir uns auf die Prognose der erwarteten Renditen relativ zum Anlageuniversum. Unser selbstentwickeltes Modell zur Aktienselektion wird seit insgesamt 20 Jahren in den USA erfolgreich eingesetzt. Seit 1999 werden auch unsere europäischen und EuroraumProdukte sowie seit 2001 unsere globalen Produkte nach dem gleichen Ansatz gemanagt. Jedes unserer vier Konzepte bestimmt die Attraktivität einzelner Aktien relativ zum Universum. Das Konzept hat sich in der Vergangenheit bewährt, und wir sind davon überzeugt, dass sich diese Entwicklung zukünftig fortsetzen wird; nicht zuletzt auch aufgrund der Tatsache, dass jedes Konzept fundamental und analytisch begründet ist. Mit anderen Worten: Alle Konzepte in unserem Modell sind ökonomisch sinnvoll gewählte Kennzahlen und daher nicht zu verwechseln mit den Ergebnissen eines unmotivierten Data Mining. Am Ende zählt nur der Erfolg Die Structured Products Group von INVESCO hat noch zwei weitere Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Managern festgestellt. Im Gegensatz zu qualitativ gemanagten sind quantitativ optimierte Portfolios stets fast vollständig in Aktien investiert und orientieren sich auch in Bezug auf die Marktkapitalisierung am Referenzindex. Qualitative Portfolios weisen im Durchschnitt eine höhere Kassequote auf und gewichten Einzeltitel mehr nach Attraktivitätsgesichtspunkten als nach Marktgewicht. Daraus folgt, dass sich quantitative Fonds tendenziell besser entwickeln, wenn die Aktienrendite den Geldmarktzins übersteigt und wenn sich Large Caps besser entwickeln als Mid Caps und Small Caps. Eine Kombination qualitativer und quantitativer Strategien hat demnach auch einen Diversifikationseffekt. Letztlich werden sowohl qualitativ als auch quantitativ orientierte Asset Manager daran gemessen, welchen Mehrwert gegenüber einer Benchmark – in der Investmentterminologie auch Alpha genannt – sie dauerhaft erzielen können. Die Verbindung von Intelligenz und Innovation in der Entwicklung von Anlagekonzepten und ihre schnelle und effiziente Umsetzung sind unserer Ansicht nach ein Vorteil quantitativer Anlagestrategien. Die Einbindung des Risikomanagements in den gesamten Anlageprozess ist ein weiterer Pluspunkt, da wir uns nicht nur eindimensional auf den Ertrag konzentrieren, sondern das vom Investor vorgegebene Risikobudget optimal ausnutzen. Thorsten Paarmann, Portfolio Manager, +49 (0) 69 29807 249, [email protected], Alexander Tavernaro, Portfolio Manager +49 (0) 69 29807 177, [email protected] INVESCO Global Structured Products RISK & REWARD Q3/2005 – METHODIK 17 Trendfolgestrategien: Spiel mit dem Feuer? Trendfolger leben gefährlich. Schließlich kann einem Investor kaum etwas Schlimmeres passieren, als ausgerechnet dann in eine Assetklasse zu investieren, wenn die Kurse gerade ihren Höchststand erreicht haben und eine Trendumkehr unmittelbar bevorsteht. Erst die Kombination aus Bewertung, Fundamentalanalyse und Kontraindikatoren kann verhindern, dass man einem Trend auch dann noch hinterherläuft, wenn sein Ende unmittelbar bevorsteht. Vorsicht ist geboten Wendepunkte rechtzeitig zu erkennen ist nicht nur für Portfoliomanager bei der taktischen Asset Allocation wichtig, sondern auch für institutionelle Investoren, die langfristige strategische Entscheidungen treffen müssen. Nur wenige Anleger würden ihre Asset-Allocation-Strategie offen als „Trendfolge-Strategie“ bezeichnen. Dennoch neigen viele dazu, Kapital aus Assetklassen abzuziehen, die sich zuletzt unterdurchschnittlich entwickelt haben und in Assetklassen zu investieren, deren jüngste Wertentwicklung überdurchschnittlich war. Vor allem, wenn man sein Portfolio nur selten umschichtet, läuft man dabei Gefahr, zu spät zu reagieren und der relativen Performance hinterherzulaufen. Man verkauft Wertpapiere auf ihrem Tiefststand und investiert in andere, die gerade ihr Hoch erreicht haben. Ein Beispiel: Die Erträge amerikanischer Aktien liegen seit ihrem Höchststand am 14. Januar 2000 (als der Dow Jones 11.908,50 Punkte erreichte) noch immer unter ihrem erwarteten Langfristdurchschnitt. Anleihen haben sich deutlich besser entwickelt, insbesondere wenn man die risikoadjustierten Erträge betrachtet. Das widerspricht der allgemeinen Einschätzung, dass sich mit Aktien langfristig mehr verdienen lässt als mit Renten. Zwar wird niemand bestreiten, dass sich Anleihen zeitweise (und manchmal sogar über Jahre) besser entwickeln können als Aktien, doch der gegenwärtige Rentenmarktboom dauert im Vergleich zu früheren Haussen schon sehr lange (am 22. Juli 2005 betrug die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen nur 4,22%; am 20. Januar 2000 hatte sie noch 6,79% betragen). Dennoch spricht vieles dafür, dass er kein Zeichen eines Strukturwandels ist und deshalb wie frühere Haussen auch irgendwann zu Ende geht. Sollten Investoren vor diesem Hintergrund jetzt eine Umschichtung in Renten oder andere zinssensitive Assetklassen (wie Immobilien) in Betracht ziehen oder eher das Gegenteil tun? Welche der heutigen Markttrends bieten echte Investmentchancen und welche sind bereits ausgereizt? Um diese Fragen zu beantworten, untersuchen wir, wie man Trendwenden frühzeitig identifizieren kann. Es gilt, Indikatoren zu finden, die anzei- gen, wann man mit dem Strom schwimmen sollte und wann eine antizyklische Positionierung die bessere Wahl ist. Wie bereits erwähnt, führt eine Trendfolge-Strategie an einem Wendepunkt zu Verlusten. Zwar reichen die im Trendverlauf erzielten Erträge in der Regel aus, um diese Verluste auszugleichen, aber selbstverständlich ist es besser, sich an Wendepunkten neutral oder gegen den Trend zu positionieren Im Folgenden zeigen wir, dass: • relative Bewertungsmaße oft nur wenig geeignet sind, Wendepunkte frühzeitig zu erkennen (denn im Voraus weiß man nur selten genau, bei welcher Über- oder Unterbewertung der Markt seine Richtung ändert), • der Richtungswechsel fundamentaler Indikatoren, die üblicherweise eng mit der Marktentwicklung korreliert sind, zwar grundsätzlich als Signal für erhöhte Vorsicht zu werten ist, die Indikatoren für eine Portfolioumschichtung aber möglicherweise zu spät reagieren; • Kennziffern dafür, inwieweit gute oder schlechte Nachrichten bereits in den Kursen enthalten sind, in Kombination mit den anderen beiden Kennziffern wichtige Hinweise darauf geben können, wann eine antizyklische Positionierung angeraten ist. Relative Bewertungsmaße: Wertvoll, aber oft zu spät Im Zusammenhang mit der Asset Allokation wird oft auf relative Bewertungskennziffern verwiesen. Mit ihnen lässt sich feststellen, ob der Mehrertrag eines Investments das mit ihm verbundene Risiko in ausreichendem Maße entlohnt. Ein einfaches Beispiel für eine solche Kennziffer ist der Renditespread zwischen High-Yield-Anleihen und amerikanischen Staatsanleihen. Kennziffern für die relative Bewertung sind an Wendepunkten deshalb nützlich, weil die Kapitalrendite (Return on Investment, ROI) nach einem Kursrückgang naturgemäß höher ist als nach einem Kursanstieg. Doch leider weiß man erst im Nachhinein, bei welcher Überoder Unterbewertung sich der Richtungswechsel vollzogen hat. Da sich die Bewertungsniveaus in RISK & REWARD Q3/2005 – METHODIK 18 der Vergangenheit häufig als „zu hoch“ oder „zu niedrig“ erwiesen haben, können sie auch zurzeit irreführend sein. Ein anschauliches Beispiel für irreführende Bewertungsindikatoren sind die strukturellen Veränderungen der Dividendenrenditen in den fünfziger Jahren. Bis dahin waren die amerikanischen Dividendenrenditen höher als die Renditen amerikanischer Anleihen gewesen, denn nach Großer Depression und zwei Weltkriegen war die Risikoprämie für Aktien hoch. In den Fünfzigern wurde das mit Aktieninvestitionen verbundene Risiko dann aber anders eingeschätzt, so dass die Dividendenrendite mehrere Jahre lang fiel. Im Vergleich zu früher erschienen Aktien daher teuer. Gemessen an den historischen Bewertungsmaßstäben hätte man während der gesamten fünfziger Jahre mit fallenden Kursen rechnen müssen. Auch an anderen Märkten änderten sich die Bewertungsmaßstäbe, und Aktien erlebten eine Blütezeit, die bis zum Beginn der Sechziger andauerte. Erst 1961 kam es zu jener Trendwende, die gemessen an historischen Bewertungsrelationen bereits viel früher hätte stattfinden müssen. Dieses Beispiel zeigt, dass Bewertungskennzahlen einen Wendepunkt mitunter zu früh signalisieren und lange Zeit falsche Signale geben können. Das Erkennen von Hoch- und Tiefpunkten erfordert mehr Indikatoren als nur die relative Bewertung. Fundamentale Indikatoren: Wenn es Zeit wird, das Tempo zu ändern Fundamentalindikatoren, die dem Markt nicht folgen, sondern ihm vorangehen, sind zur Überprüfung der Nachhaltigkeit eines Trends von größerem Nutzen. So ist davon auszugehen, dass eine hohe Aktienbewertung dann gerechtfertigt ist, wenn das erwartete Wachstum der Unternehmensgewinne hoch ist und weiter steigt. Und Anleihen dürfen dann hoch bewertet sein, wenn viel für einen niedriges reales Wirtschaftswachstum spricht. Eine Aktienmarktrallye ist aber dann mit Vorsicht zu genießen, wenn ein Rückgang des Gewinnwachstums erwartet wird. Und wenn allgemein mit einer Konjunkturerholung gerechnet wird, ist eine Rentenmarktrallye voraussichtlich nicht von langer Dauer. Gewinnerwartungen und Konjunkturdaten sind Beispiele für fundamentale Frühindikatoren, die davor warnen können, auf die Dauerhaftigkeit eines Markttrends zu setzen. Grundsätzlich können Investoren einem Markttrend gegenüber weniger misstrauisch sein, wenn er durch Fundamentalindikatoren bestätigt wird und diese die aktuellen Bewertungsniveaus unter- mauern. Vorsicht ist dagegen geboten, wenn Faktoren, die sich üblicherweise im Gleichschritt mit dem Markt bewegen, allmählich ihre Richtung ändern. Für die Entscheidung, sich gegen den Markttrend zu stellen, sind diese Indikatoren allerdings keine ausreichende Basis. Denn auch sogenannte Frühindikatoren haben oft keinen ausreichenden Vorlauf vor der Marktentwicklung und hinken ihr manchmal sogar hinterher. Zur Verdeutlichung betrachten wir noch einmal das Beispiel des erwarteten Gewinnwachstums: Ein langsameres Gewinnwachstum würde bei einer Aktienrallye zur Vorsicht mahnen. Sobald das erwartete Gewinnwachstum sinkt, würde man aufgrund dieses Indikators also seine Aktienquote verringern. Tatsächlich kommt es aber oft vor, dass das Gewinnwachstum auch dann noch stabil ist, wenn der Aktienmarkt bereits zu fallen beginnt, und erst später zurückgeht. Der Rückgang des erwarteten Gewinnwachstums kann einen Trend daher allenfalls weniger stabil erscheinen lassen, aber keine Trendwende voraussagen. Leider reagieren Fundamentalindikatoren häufig zu spät, da der Markt verfügbare Informationen schnell in den Kursen berücksichtigt. Kontraindikatoren und Informationsverarbeitung durch den Markt: Wenn es Zeit wird, die Richtung zu ändern Im Gegensatz dazu geben Indikatoren, die an der Informationsverarbeitung durch den Markt ansetzen, oft dem Markttrend entgegengesetzte Signale. Weil sich solche Indikatoren naturgemäß fast immer gegen den Markttrend entwickeln, dienen sie der Risikobegrenzung, indem sie Trendsignale relativieren, bevor sie zu extrem werden. Da sie häufig das überzeugendste Argument für eine Positionierung gegen den Markttrend sind, bezeichnet man sie auch als Kontraindikatoren. Je stärker eine positive Nachricht bereits in den Kursen berücksichtigt ist, je kleiner sollte (ceteris paribus) die Position des Anlegers sein. Umgekehrt sollte die Position umso größer sein, je stärker eine negative Nachricht schon in den Kursen enthalten ist. Wenn die meisten Anleger optimistisch sind und substantielle Mittelzuflüsse in eine Assetklasse für einen starken positiven Trend gesorgt haben, gibt es offensichtlich nur wenige potentielle Anleger, die noch nicht in diese Assetklasse investiert haben. Damit die Kurse weiter steigen können, wären aber zusätzliche Mittelzuflüsse erforderlich. RISK & REWARD Q3/2005 – METHODIK 19 Außerdem spricht vieles dafür, dass der Markt in einer solchen Situation überbewertet ist, und dass sämtliche denkbaren guten Nachrichten, volkswirtschaftlicher Art oder unternehmensbezogen, bereits bekannt und in den Kursen berücksichtigt sind. Trendfolgestrategien können dann leicht zu Verlusten führen. Beispielsweise bezeichneten sich auf dem Höhepunkt der Aktienmarkt-Bubble im Januar 2000 mehr als doppelt so viele Anleger als Optimisten wie als Pessimisten.1 Gleichzeitig erreichten die Zuflüsse in Aktienfonds historische Höchststände, und gemessen am (immer noch weiter steigenden) ROI waren Aktien außerordentlich hoch bewertet. Die gleichen Überlegungen gelten selbstverständlich auch bei einem negativen Trend: Wenn schlechte Nachrichten vollständig in den Kursen berücksichtigt sind, könnte der Abwärtstrend bald vorbei sein. betrachtet werden, zu der neben Fundamentalindikatoren auch Bewertungskennziffern und Kontraindikatoren zählen. Schlussfolgerungen Wer Hoch- und Tiefpunkte eines Marktes erkennen will, sollte hellhörig werden, wenn die Fundamentaldaten den aktuellen Trend nicht mehr rechtfertigen können und gute oder schlechte Nachrichten zu stark in den Kursen berücksichtigt werden. Im gegenwärtigen Marktumfeld ist aber davon auszugehen, dass die zurzeit zu beobachtende Konzentration auf wenige Anlagestrategien die Informationsverarbeitung durch den Markt beschleunigt und die Aussagekraft fundamentaler Frühindikatoren verringert. Deshalb sollte stets eine Kombination unterschiedlicher Indikatoren Darüber hinaus raten wir davon ab, „in letzter Minute“ strategische Allokationsentscheidungen zu treffen. Vor einer grundlegenden Änderung der Asset Allocation ist es wichtig, zunächst darauf zu achten, dass die Fundamentaldaten sie bestätigen. Dann sollte man fragen, wie viele Investoren bereits auf den Zug aufgesprungen sind und wie viele es noch tun werden. 1 Quelle: Barra, Januar 2000. In der strategischen Asset Allocation halten wir es für sinnvoll, zusätzlich zur langfristigen strategischen Asset Allocation auch kürzerfristige AssetAllocation-Overlays einzusetzen. Dieser Ansatz sieht vor, die Portfolios regelmäßig im Hinblick auf langfristige strategische Ziele anzupassen und eine taktische Allokation vorzunehmen, die präzise und rechtzeitig auf Veränderungen des Marktumfelds reagiert. Auch kann eine passive Währungs-Teilabsicherung internationaler Investments, kombiniert mit einem aktiv gemanagten Währungsoverlay, zu besseren Langfristergebnissen führen als ein vollständig oder gar nicht währungsgesichertes Portfolio. Nili Gilbert, Research Analyst, +1 212-278-9112, [email protected] INVESCO Global Structured Products RISK & REWARD Q3/2005 – PRODUKTE 20 Immobilienindizes: NFI-ODCE oder NPI? Beide! Weltweit war in letzter Zeit die so genannte Immobilien-Bubble ein großes Thema. Häufig wurden dabei aber die Unterschiede zwischen Gewerbeimmobilien und Einfamilienhäusern übersehen. Sicher gibt es, wie in jeder anderen Assetklasse, auch an den Immobilienmärkten Risiken. In den letzten zehn Jahren hat es jedoch enorme Fortschritte gegeben, um die Anforderungen der Investoren zu erfüllen und durch mehr Transparenz die Risiken zu verringern. In diesem Zusammenhang hat das National Council of Real Estate Investment Fiduciaries (NCREIF)1 vor kurzem eine neue Benchmark für Investoren angekündigt. Der bewährte NCREIF Property Index (NPI)2 wurde ursprünglich entwickelt, um institutionellen Investoren einen datenbankbasierten Index zur Messung der Performancequellen von amerikanischen, ausschließlich eigenkapitalfinanzierten Qualitätsimmobilien („Core Real Estate“) zur Verfügung zu stellen. Im Laufe der Zeit lernten die Investoren das Diversifikationspotential und die Renditevorteile von Immobilieninvestitionen als Teil eines gemischten Portfolios zu schätzen und betrachten Immobilien inzwischen als eine eigene Assetklasse. In Folge dessen verwendeten immer mehr Investoren den NPI als Vergleichsstab – trotz seiner Schwächen. Um einige dieser Schwächen abzubauen und auf die Anforderungen der Investoren zu reagieren, hat NCREIF kürzlich einen neuen Performanceindex ins Leben gerufen – den NCREIF Fund Index Open End Diversified Core Equity, auch NFI-ODCE genannt. Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über die Situation am amerikanischen Immobilienmarkt und betrachten den NPI und den NFI-ODCE näher. Die beiden Indizes ergänzen sich, weisen aber auch einige entscheidende Unterschiede auf. Zusammen bieten sie Investoren eine vollständigere und transparentere Basis für den Performancevergleich von Direktinvestitionen in amerikanische Immobilien. Die aktuelle Lage am Markt für Immobilien-Direktinvestitionen Immobilien-Direktinvestitionen und REITs haben sowohl in den vergangenen zwölf Monaten als auch in den letzten drei, fünf und zehn Jahren im Vergleich zum S&P500, zum Lehman Brothers Aggregate Bond Index und zum US-Geldmarkt attraktive Erträge erzielt. Zusammen mit den fallenden Zinsen haben relativ stabile Fundamentaldaten für deutlich überdurchschnittliche Erträge gesorgt (Abb. 1). 1 2 Langfristig erzielte man mit amerikanischen Immobilien-Direktinvestitionen einen durchschnittlichen Nominalertrag von 9,5% p.a. (Abb. 2). Unter Berücksichtigung der Inflation liegt der durchschnittliche Ertrag bei 5,2% p.a. bzw. etwa 70 Basispunkte über dem amerikanischer Anleihen und 150 Basispunkte unter dem amerikanischer Aktien. Die außergewöhnlich gute Wertentwicklung des NPI im letzten Jahr (15,5%) ist dem Einkaufszentren-Segment zu verdanken. Einkaufszentren haben einen Anteil von 14% am NPI und erzielten im Jahr 2004 eine Eigenkapitalrendite von 27,4%. Abb. 1: Relative Performance unterschiedlicher Assetklassen 25 Gesamtertrag p.a., in % 20 15 10 5 0 -5 1 Jahr 3 Jahre 5 Jahre 10 Jahre Immobiliendirektinvestitionen (NPI) REITs* S&P 500 Anleihen (LB Aggregate Bond) Geldmarkt (30-tägige US Treasury Bills) Stand: 31.3.2005 * NAREIT-Equity-Index Quellen: Ibbotson Associates, NCREIF Abb. 2: Jährliche Renditen des NPI 25 % 20 Langfristiger Durchschnitt = 9,5% 15 10 5 0 -5 -10 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 00 02 04 Stand: 31.12.2004 Quelle: NCREIF Die National Association of Real Estate Investment Fiduciaries (NCREIF) wurde 1983 auf Initiative der Frank Russell Company ge gründet. Die Non-Profit-Organisation hat sich die Förderung des Research in der Assetklasse Immobilien sowie die Performancebe richterstattung über Immobilien-Direktinvestitionen zur Aufgabe gemacht, die von institutionellen Investoren gehalten werden. Der NPI ist in Deutschland auch unter der Bezeichnung NCREIF bekannt (nach der Organisation, die ihn berechnet). RISK & REWARD Q3/2005 – PRODUKTE 21 Abb. 3: Rendite amerikanischer Immobilieninvestitionen 8 Prozentpunkte 4 0 -4 Spreads auf sehr hohem Niveau -8 -12 79 81 83 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 Spread ggü. 10j. US-Staatsanleihen Spread ggü. Dividendenrendite des S&P 500 Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, S&P 500, Ibbotson Associates Abb. 4: NPI – enge Korrelation von Nettoanfangsrendite und Vermietungsquote 96 % % 10 94 9 92 8 90 7 88 6 86 5 84 4 82 3 84 86 88 90 NPI-Vermietungsquote 92 94 96 98 00 02 Außerdem sind Vermietungsquoten und Nettoanfangsrenditen stark positiv miteinander korreliert (65%, Abb. 4). Abbildung 4 zeigt auch, dass die Vermietungsquoten im letzten Jahr aufgrund der größeren Mietnachfrage und den geringeren Neubauaktivitäten bei Gewerbeimmobilien gestiegen sind. Vorausgesetzt, dass die Immobilienpreise stabil bleiben, ist davon auszugehen, dass die Nettoanfangsrenditen aufgrund des stärkeren Cash-Flow-Wachstums steigen sollten. 04 NPI-Nettoanfangsrendite (rechte Skala) Gleitender 4-Quartals-Durchschnitt jeweils für das 1. Quartal des Jahres, Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, INVESCO Real Estate Bereinigt man die Ergebnisse des NPI um die überdurchschnittliche Performance der Einkaufszentren, vermindert sich seine Wertentwicklung um insgesamt 178 Basispunkte auf 13,75%, ist damit aber noch immer besser als die anderer Assetklassen. Natürlich ist die Performance der Vergangenheit keine Garantie für zukünftige Erträge, aber die Frühindikatoren sind nach wie vor positiv. Auf Basis des laufenden Cash Flows übertrafen die Renditen von Immobilien-Direktinvestitionen die Renditen zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen um beinahe 40 Basispunkte und die durchschnittliche Dividendenrendite der im S&P500 enthaltenen Aktien um etwa 290 Basispunkte (Stand: Ende 1. Quartal 2005, Abb. 3). Zwar liegen diese Spreads unter ihren jüngsten Höchstständen, bleiben aber überdurchschnittlich und implizieren eine faire relative Bewertung. Vergleich und Abgrenzung des NPI mit dem NFI-ODCE Die Basis des NPI hat sich über die Jahre deutlich erweitert. Heute umfasst er 4.224 Immobilienobjekte, die einen Marktwert von insgesamt 159,2 Mrd. US-Dollar haben. Seit Auflegung des NPI ist der Marktwert der in ihm enthaltenen Objekte um fast 20% p.a. gestiegen. Da sein Track Record beinahe 28 Jahre zurückreicht, lassen sich sowohl seine relative als auch seine absolute Performance über eine Vielzahl von Konjunktur- und Immobilienmarktzyklen analysieren. Die Mehrzahl der im NFI-ODCE berücksichtigten Immobilien ist auch im NPI enthalten. Entsprechend sind auch die Wertentwicklungen dieser beiden Indizes stark miteinander korreliert, aber darauf gehen wir später noch ein. Außerdem sind beide Indizes mit den Werten der Immobilien gewichtet, berücksichtigen nicht den Abzug von Gebühren und werden mit Hilfe einer zeitgewichteten Renditeformel und nicht mit Hilfe des internen Zinsfuß berechnet. Allerdings werden für den Gesamtertrag des NFI-ODCE auch die Werte nach Abzug von Gebühren ausgewiesen. Einer der wichtigsten Unterschiede zwischen den beiden Indizes ist, dass der NPI die Eigenkapitalrendite eines Korbes einzelner Immobilieninvestitionen abbildet, während der NFI-ODCE auf Basis der Nettoinventarwerte von Immobilienfonds berechnet wird. Die Erträge gemäß NFI-ODCE berücksichtigen also auch den Einsatz von Fremdkapital und den nicht investierten Kassebestand. Tabelle 1 zeigt einige unterschiedliche Eigenschaften der beiden Indizes sowie die von NCREIF aufgestellten Aufnahmekriterien für Immobilen bzw. Immobilienfonds. Angesichts einiger dieser Aufnahmekriterien für den NFI-ODCE stellt sich möglicherweise die Frage, ob der neue Index wirklich als Index für Qualitätsimmobilien angesehen werden kann. Die Tabelle zeigt aber auch, dass die derzeitige Zusammen- RISK & REWARD Q3/2005 – PRODUKTE 22 Tab. 1: NPI und NFI-ODCE im Vergleich NCREIF Property Index (NPI) Datenreihen verfügbar ab NCREIF Fund Index: Open-End Diversified Core Equity (NFI-ODCE) • 31.12.1977 • 25 Tage nach dem jeweiligen Quartalsende • 31.12.1977 • 25 Tage nach dem jeweiligen Quartalsende • 159,2 Mrd. USD • 4.224 Immobilienobjekte • 47,7 Mrd. USD (Bruttovermögen) • 26 offene Immobilienfonds mit mehreren Investoren („Commingled Funds“); 14 Fonds existieren noch, die übrigen 12 wurden aufgelöst, aber ihr Track Record ist im Index enthalten. Ende des 1. Quartals 2005 umfasste der Index 1.074 Immobilienobjekte. Immobilienarten • Mietwohnungen • Büros • Einkaufszentren • Industrie-/Lagergebäude • Hotels • Mindestens 80% des Nettovermögens muss in denselben Immobilienarten investiert sein, wie im NPI enthalten sind (derzeit im Durchschnitt 99%). Andere Investments • Ausschließlich Investments in die oben genannten Immobilienarten. Lebenszyklus • In Betrieb genommene Immobilien mit einer Vermietungsquote von mindestens 60%. Immobilien, die einmal in den Index aufgenommen wurden, bleiben auch dann darin enthalten, wenn die Vermietungsquote unter 60% fällt, um einen „Survivor Bias“ zu verhindern. • Die aktuelle durchschnittliche Vermietungsquote liegt bei 89,8%. Diversifikation • Keine Vorgaben Fremdkapitalanteil • Erträge werden nur auf Eigenkapitalbasis ausgewiesen Standort • Ausschließlich Immobilien innerhalb der USA • Bis zu 20% des in Immobilien investierten Nettovermögens dürfen beispielsweise Immobilienanleihen und Eigenkapitalinvestitionen bzw. Unternehmensanleihen von börsenotierten oder nicht börsennotierten Unternehmen sein (derzeit weniger als 1%). • Mindestens 80% des Nettovermögens muss in Immobilien investiert sein, die bereits bezogen sind und deren Vermietungsquote mindestens 60% beträgt. • Die derzeitige durchschnittliche Vermietungsquote liegt bei 90,4%. • Bis zu 20% des Vermögens darf in Immobilienobjekte investiert sein, die sich noch in der (frühen) Planungsphase befinden, Sanierungsoder Leasingobjekte sind. • Nicht mehr als 70% (± Abschlag/Zuschlag für Marktbewegungen) des Marktwerts des Nettoimmobilienwerts dürfen in eine Immobilienart oder Region (wie im NPI definiert) investiert sein. • Der Fremdkapitalanteil darf nicht höher als 40% sein (derzeit im Durchschnitt 20,7%). Der Fremdkapitalanteil ist definiert als das Verhältnis zwischen Gesamtverschuldung (plus Eigentümeranteil an nicht bilanzrelevanten Schulden) zum Gesamtvermögen des Fonds (ebenfalls plus nicht bilanzrelevanter Schulden). • Mindestens 95% des Marktwerts des Nettoimmobilienvermögens müssen in den USA investiert sein (derzeit mindestens 99,5%). Reporting Marktkapitalisierung Zusammensetzung Stand: 31.3.2005 Quelle: NCREIF setzung des NFI-ODCE die Kriterien mehr als erfüllt. Bei der Entwicklung dieser Vorgaben hat das NCREIF die im Wandel begriffene Definition von „Qualitätsimmobilien“ berücksichtigt, eine willkürliche Benachteiligung einzelner Immobilienarten auszuschließen versucht und sich stattdessen an dem orientiert, was am Markt allgemein akzeptiert wird. Beispielsweise galten in den frühen achtziger Jahren Investitionen in Mietwohnungen nicht als Qualitätsinvestitionen, und vor 1984 enthielt der NPI keine Performancedaten zu Mietwohnungen. Einigen Marktteilnehmern mag es bei der einen oder anderen im NFI-ODCE enthaltene Immobilie fraglich erscheinen, ob sie die Eigenschaften einer Qualitätsimmobilie hat, aber wie im Folgenden noch zu sehen sein wird, ähneln sich die Performanceeigenschaften bezogen auf die beiden Gesamtindizes recht stark. RISK & REWARD Q3/2005 – PRODUKTE 23 Performanceeigenschaften Die risikoadjustierten Erträge des NPI und des NFI-ODCE weisen keine großen Unterschiede auf3 (Abb. 5). Die kleine Differenz zwischen den beiden Erträgen ist wahrscheinlich auf den Fremdkapitalanteil oder auf die Berücksichtigung der nicht investierten Kassebestände zurückzuführen. In den letzten zehn Jahren ist das durchschnittlich eingesetzte Fremdkapital im NFI-ODCE von etwa 3% auf fast 21% gestiegen. Dies geschah in einer Phase, in der die Nettoanfangsrendite4 im Durchschnitt um mehr als 300 Basispunkte über dem Geldmarktzins lag. Wenn sich dieser Vorsprung deutlich verringert, wäre eine Fremdfinanzierung deutlich weniger vorteilhaft und die Fremdkapitalquoten würden voraussichtlich zurückgehen. Ein Blick auf die Verteilung der jährlichen Gesamterträge zeigt, dass der durchschnittliche Gesamtertrag der im NPI enthaltenen Werte in 17 von 27 Jahren und damit in 63% der gesamten Zeit höher als 8% war. Im Vergleich dazu lag der Gesamtertrag der im NFI-ODCE enthaltenen Werte in 14 von 27 Jahren (53%) über 8%. Was das Verlustrisiko betrifft, gab es nur zwei Jahre mit einem negativen Gesamtertrag. Diese Performanceähnlichkeit könnte auf die Überschneidung der in den beiden Indizes enthaltenen Immobilien und auf die gleiche geographische Verteilung zurückzuführen sein. Die Aufteilung der beiden Indizes bezüglich der Immobilienmärkte und Immobilienarten unterschied sich in den letzten Jahren um kaum mehr als 1 bis 3%. Tatsächlich würden diese Unterschiede (wenn auch nur leicht) steigen, wenn man den NPI um die im NFI-ODCE enthaltenen Immobilien bereinigte. Schließlich liegt die Korrelation zwischen NPI und NFI-ODCE auf Basis der Jahreserträge seit 1978 bei durchschnittlich 99%. Allerdings schwanken die Korrelationen auf Basis der Quartalserträge im gleitenden Fünfjahresdurchschnitt deutlich – zwischen niedrigen 76% von 1996 bis 2001 und einem Hoch von etwa 90% in jüngerer Zeit. Dass sich die Korrelation im Zeitablauf so stark ändert, ist teilweise durch unterschiedliche Immobilienunterarten und Immobiliengrößen zu erklären. Zwar sind hier weitere Analysen notwendig, aber die durchschnittliche Bruttogröße der im NFI-ODCE enthaltenen Werte beträgt nur etwa 80% der durchschnittlichen Bruttogröße der im NPI enthaltenen. Zuletzt hat sich dieser Größenabstand 3 4 Abb. 5: Risiko und Rendite: NPI und NFI-ODCE im Vergleich 12 Rendite in % NFI ODCE: 10 J. NPI: 10 J. NPI: 5 J. 10 NPI: seit Auflegung NFI ODCE: seit Auflegung NFI ODCE: 5 J. 8 NPI: 20 J. NFI ODCE: 20 J. NPI: 15 J. NFI ODCE: 15 J. 6 1 2 3 4 5 6 Risiko in % Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, INVESCO Real Estate Abb. 6: NFI-ODCE – Fremdkapitalquote und Rendite 25 % % 4 20 2 15 0 10 -2 5 -4 -6 0 85 87 89 91 93 95 97 99 01 03 05 NFI-ODCE: durchschnittliche Fremdfinanzierungsquote NPI-Nettoanfangsrendite - Rendite 10j. US-Staatsanleihen (rechte Skala) Gleitender 4-Quartals-Durchschnitt jeweils für das 1. Quartal des Jahres, Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, INVESCO Real Estate Abb. 7: NPI und NFI-ODCE – regionale Aufteilung 40 % 35 30 25 20 15 10 5 0 Osten Mittlerer Westen NFI-ODCE Süden Westen NPI Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, INVESCO Real Estate Weder ein F-Test noch ein t-Test der Varianzen und Mittelwerte haben ein eindeutiges Ergebnis geliefert, da die meisten im NFI-ODCE enthaltenen Immobilien auch im NPI enthalten sind. Im Gegensatz zur weiter oben genannten Cashflow-Rendite. RISK & REWARD Q3/2005 – PRODUKTE 24 Abb. 8: NPI und NFI-ODCE – Aufteilung nach Immobilienarten 40 Tab. 2: Korrelation der Renditen wichtiger Assetklassen (Januar 1978 – März 2005, p.a.) % NPI 35 NFI-ODCE NPI 1,00 0,99 25 NFI-ODCE 0,99 1,00 20 NAREIT-Equity 0,07 0,08 LB Aggregate Bond -0,22 -0,29 5 S&P 500 0,11 0,11 0 Russell 2000 0,06 0,06 MSCI EAFE 0,19 0,16 nachrichtl.: US Inflation 0,50 0,49 nachrichtl.: 30-tägige US Treasury Bills 0,44 0,41 30 15 10 Büros Einkaufszentren Industrie-/ Lagergebäude NFI-ODCE Mietwohnungen NPI Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, INVESCO Real Estate Stand: 31.3.2005 Quellen: NCREIF, Ibbotson Associates, INVESCO Real Estate allerdings verringert. Einige kürzlich durchgeführte Analysen geben Hinweise darauf, dass sich überdurchschnittlich große Immobilien in der Vergangenheit besser entwickelt haben als Immobilien unterdurchschnittlicher Größe, was den jüngsten Anstieg der Korrelation erklären könnte. Die Vorteile für Investoren Trotz der offensichtlichen Ähnlichkeiten der beiden Indizes bietet der neue Index Vorteile: In der Vergangenheit war es schwierig, einen Maßstab für private direkte Immobilieninvestments zu finden. Idealerweise würde eine optimale Benchmark folgendes leisten: • Sie bietet eine Vergleichsbasis für die Asset Allocation. • Sie ermöglicht eine Analyse der Performanceaufteilung. • Sie ermöglicht einen Vergleich verschiedener Asset Manager, die ähnliche Investmentstile verfolgen. • Sie erlaubt die Messung der relativen Performance mit und ohne Berücksichtigung von Gebühren • Sie dient als Vergleichsmaßstab sowohl für aktives auch für passives Management 5 Beide Indizes können als Vergleichsbasis für die Asset Allocation dienen, aber keiner der beiden Indizes kann allein die übrigen vier Punkte erfüllen. Die wichtigsten Vorteile des NFI-ODCE für den Anleger sind: • Er bietet Informationen zu Investmentfonds unter Berücksichtigung des Fremdkapitaleinsatzes. • Im Gegensatz zum NPI unterteilt er die Performance von Asset Managern, die den gleichen 5 Investmentstil verfolgen, in Quartile. • Er bietet Performanceinformationen sowohl auf Brutto- als auch auf Nettobasis (mit und ohne Berücksichtigung von Gebühren), während der NPI ausschließlich die Bruttoperformance nennt (in den letzten zehn Jahren machten die Gebühren im NFI-ODCE im Durchschnitt etwa 100 Basispunkte aus). • Schließlich kann man in die in ihm enthaltenen Immobilien investieren (indem man Fondsanteile erwirbt), was beim NPI naturgemäß nicht der Fall ist, da sich die in ihm enthaltenen Immobilien bereits im Besitz anderer Investoren befinden. Damit können Investoren den Ertrag ihres eigenen Immobilienportfolios sofort mit dem von Immobilienfonds vergleichen. Derzeit ist es dem NCREIF aufgrund Regulation D des SEC nicht gestattet, Fondsinformationen, die sich auf einzelne Asset Manager beziehen, zu veröffentlichen. Regulation D verbietet, „die Voraussetzungen …“ für ein Angebot von Anteile bestimmter offener Fonds (wie privaten, nicht börsennotierten REITS) „ …zu schaffen“. Da aber eine größere Transparenz für Investoren von Vorteil sein kann, sucht NCREIF derzeit eine den Regulierungen entsprechende Möglichkeit für die bessere Veröffentlichung der Performance einzelner Asset Manager, wie man sie auch in öffentlich zugänglichen Datenbanken für Fonds anderer Assetklassen finden kann. RISK & REWARD Q3/2005 – PRODUKTE 25 Aber auch der NPI hat einiges zu bieten: Erstens ist er für Investoren von großem Vorteil, die ein Portfolio aus Immobilien zusammenstellen wollen, bei denen sie Alleineigentümer sind und dabei kein Fremdkapital einsetzen dürfen. Hingegen ist der NFI-ODCE derzeit darauf ausgerichtet, die durchschnittliche Performance von Gesamtportfolios abzubilden und nicht die Durchschnittsperformance einzelner Immobilien. Um die Performanceanalyse zu erleichtern, hat das NCREIF in den letzten zehn Jahren seine Marktanalysen erheblich ausgeweitet. Heute stellt das NCREIF Performanceinformationen zu über 150 amerikanischen Sub-Indizes, bzw. „lokalen Märkten für bestimmte Immobilienarten“6 zur Verfügung. Über 100 dieser Subindizes verfügen über einen Track Record von mindestens zehn Jahren, was auch die Performanceanalyse im Rahmen eines Gleichgewichtsmodells für den Immobilienmarkt erleichtert. Schließlich bietet der NPI aufgrund der Vielzahl und des großen Umfangs der in ihm enthaltenen Sub-Indizes Investoren die Möglichkeit, individuelle Indizes zusammenzustellen, die ihrem individuellen Risikoprofil und ihren Anlagerestriktionen entsprechen. bilien betrifft. Doch wird der Wunsch vieler Investoren nach Maximierung der Rendite des investierten Kapitals und Minimierung des Risikos diesen Prozess noch weiter vorantreiben. So wird das NCREIF in Kürze beginnen, Informationen über das laufende Vermietungsgeschäft und Bewertungsinformationen für die im NPI enthaltenen Immobilien zur Verfügung zu stellen. Das wird der Branche eine noch genauere Performanceanalyse ermöglichen, um das Risiko zu mindern und die Ertragchancen zu erhöhen. Darüber hinaus gibt es Fortschritte bei der Veröffentlichung von Performanceinformationen für einzelne Immobilienfonds, die im NFI-ODCE enthalten sind. Damit können Anleger noch leichter nachvollziehen, welchen Mehrwert Asset Manager durch Asset Allocation, Einzelobjektauswahl sowie durch die Finanzierung erzielen. Schließlich sind noch weitere Indizes geplant: ein Index für Fonds mit begrenzter Laufzeit sowie ein Index, der sämtliche Immobilienfonds enthält und es Investoren ermöglichen wird, die Performance von amerikanischen Immobiliendirektinvestitionen über das gesamte Risiko- und Ertragsspektrum hinweg zu beurteilen. Ziele: noch mehr Transparenz und weniger Risiko Zwar wurden bereits viele Fortschritte gemacht, was die Transparenz und die Vergleichsmaßstäbe für die Performance privater amerikanischer Immo- Mark Roberts (CFA), Director – Real EstateInvestment Research, 6 + 1 (972) 715-7485, [email protected] INVESCO Real Estate Zur Erklärung: „Büros in Washington DC” ist beispielsweise ein solcher immobilienartspezifischer Markt. Für viele Regionalmärkte wie z.B. für Chicago, stellt das NCREIF für die Performance jeder wichtige Immobilienart (Büros, Industriegebäude, Einkaufszen tren, Mietwohnungen) einen eigenen Sub-Index zur Verfügung, die dann vier „lokale immobilienartspezifische Märkte“ darstellen würden. RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 26 1 Taktische Asset Allocation : Aktien maximal übergewichtet In unseren europäischen und globalen Asset-Allocation-Produkten haben wir Aktien seit Jahresanfang stets maximal übergewichtet und damit vor allem in europäischen Portfolios einen deutlichen Mehrertrag erzielt. Auf der Rentenseite haben wir die Duration im 2. Quartal wieder erhöht, so dass wir in den globalen Portfolios wie dem INVESCO Capital Shield Fonds nicht nur vom Anstieg der Aktien, sondern auch von der Rallye am Rentenmarkt profitiert haben. Von April bis Juni 2005 sind sowohl Aktien als auch Renten insgesamt deutlich gestiegen. Begonnen hatte das 2. Quartal allerdings unter weniger positiven Vorzeichen: Enttäuschende Quartalsergebnisse bei IBM und Philips ließen die Aktienmärkte unter Druck geraten. Zusätzlich sorgte das Abb. 1: Internationale Aktien signifikant unterbewertet 1200 % Index 1000 800 600 400 50 200 0 0 31.12.90 -50 31.12.94 31.12.98 31.12.02 MSCI World MSCI fair* Über-/Unterbewertung, rechte Skala +/-1 Standardabweichung, rechte Skala Wochendaten, Stand 30.6.2005 * MSCI fair: Wert errechnet gemäß INVESCO-Modell Quellen: Datastream, INVESCO Abb. 2: Internationale Aktien – Trend lässt weiteren Kursanstieg erwarten 1200 Internationale Aktien sind aus unserer Sicht weiterhin signifikant unterbewertet (Abb. 1). Nach wie vor ist das Umfeld für weitere Kursgewinne enorm günstig: Die Renditen am Rentenmarkt sind nach wie vor niedrig, und die Unternehmensgewinne steigen weiter, wenn auch langsam. Auch die Trendkomponente unseres Modells (Abb. 2) liefert positive Signale. Die Kurse internationaler Aktien lagen Ende des 2. Quartals rund 5% über ihrem langfristigen Trend. Für europäische Aktien beträgt dieser Abstand fast 10%. Wir sind daher weiterhin maximal in Aktien übergewichtet. Index 1000 800 600 1 0 400 31.12.00 -1 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 MSCI World 12-Wochen-Durchschnitt 52-Wochen-Durchschnitt Volatilitätsband 52-Wochen-Durchschnitt + 1 Standardabweichung 52-Wochen-Trendindikator auf/ab (+1/-1), rechte Skala Wochendaten, Stand 30.6.2005 Quellen: Datastream, INVESCO 1 nicht den Erwartungen entsprechende USVerbrauchervertrauen für eine negative Stimmung. Von Ende April bis Ende Juni bildete sich jedoch ein deutlicher Aufwärtstrend an den Aktienmärkten aus. Führend waren wieder europäische Aktien mit einem Anstieg des EuroStoxx 50 um knapp 6% im 2. Quartal 2005. Amerikanische Titel stiegen, gemessen am S&P500, um 1,2%, während japanische Aktien gemessen am Nikkei 225 in den Monaten April bis Juni 0,7% nachgaben. In Japan hatte die Ende April einsetzende Erholung nicht ausgereicht, um den vorangegangenen Einbruch auszugleichen. Weltweit legten Aktien, in lokaler Währung gerechnet, um 2,2% zu (MSCI World). Unsere positiven Erwartungen zur bevorstehenden Berichtssaison bestärken uns in der Überzeugung, dass eine maximale Übergewichtung von Aktien sinnvoll ist. Der Markt hat mögliche negative Ergebnisse bereits in großem Umfang in den Kursen berücksichtigt. Wir gehen daher davon aus, dass die in den nächsten Wochen veröffentlichten Unternehmenszahlen mit großer Wahrscheinlichkeit eher positiv als negativ überraschen werden. Der weitere Ölpreisanstieg und das Erreichen neuer Rekordpreise im 2. Quartal haben die Anleger recht unbeeindruckt gelassen. Es setzt sich immer mehr die Einsicht durch, dass die weltweite Konjunktur trotz des hohen Ölpreises solide ist. Die Taktische Asset Allocation dient dazu, Aktienquote und Duration in den nach unserem strukturierten Ansatz verwalteten Portfolios festzulegen. Die Modellergebnisse sind nicht für alle INVESCO Fonds verbindlich. Gemeinsam mit dem Kunden legen wir die erlaubten Bandbreiten für Aktienquote und Duration individuell fest. Dadurch können sich im Einzelfall Abweichungen vom Musterportfolio ergeben. RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 27 Abb. 3: Europäische Renten – ebenfalls signifikant unterbewertet 1,0 % Abb. 4: Europäische Renten – Renditetrend weist nach unten 6 % 0,5 5 0,0 4 -0,5 3 -1,0 31.12.00 2 31.12.00 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 Rendite 10-j. Bundesanleihen minus faire Rendite* +/-1 Standardabweichung Wochendaten, Stand 8.7.2005 * Faire Rendite: Wert errechnet gemäß INVESCO-Modell Quellen: Datastream, INVESCO Die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen hat im 2. Quartal mit 3,11% einen neuen Rekord-Tiefstand erreicht. Da die europäische Zentralbank die Zinsen bei 2% belassen hat, haben sich die Renditeabstände zwischen kurzen und langen Zinsen im Euroraum deutlich reduziert. Noch stärker ist dieser Effekt allerdings in den USA: Lag der Renditeabstand vor rund einem Jahr noch bei über 3%, ist er bis Ende Juni auf knapp 0,75% zusammengeschmolzen (Dreimonatsrendite 3,25%, Zehnjahresrendite 3,97%). 1 0 -1 31.12.01 31.12.02 31.12.03 31.12.04 Rendite 10-j. Bundesanleihen 12-Wochen-Durchschnitt 26-Wochen-Durchschnitt 26-Wochen-Durchschnitt +/-1 Standardabweichung 26-Wochen-Trendindikator auf/ab (+1/-1), rechte Skala Wochendaten, Stand 8.7.2005 Quellen: Datastream, INVESCO Gemäß unserem Bewertungsmodell erscheinen sowohl US- als auch Euroraum-Anleihen signifikant überbewertet (Abb. 3). Der nach unten gerichtete Renditetrend hat in beiden Regionen zu einer optimistischen Grundhaltung geführt (Abb. 4), die auch von der Überbewertung nicht signifikant beeinträchtigt wird. Die Signale für Renten aus den USA und dem Euroraum waren daher über weite Strecken des 2. Quartals moderat positiv. In Japan sehen wir trotz des absolut Die Benchmark und die Grundzüge der Entscheidungsregel Indizes: In einem Europa- bzw. Weltportfolio wird für Aktien der MSCI-Europa-Preisindex (ohne Großbritannien) bzw. der MSCI-Welt-Preisindex verwendet, für Renten der deutsche zehnjährige REX-Performanceindex. Benchmark: Der Vergleichsmaßstab besteht aus 50% Aktien und 50% Renten. Ober- und Untergrenze für Aktien: höchstens 70% und mindestens 30% Aktien Indikatoren: Aktienmarktbewertung, 12-Wochen-Durchschnitt, 52-Wochen-Durchschnitt, 52-Wochen-Durchschnitt plus 1 Standardabweichung, 52-Wochen-Trendindikator, Volatilitätsband Entscheidungsregel: n Maximale Übergewichtung Aktien (++): entweder signifikante Unterbewertung der Aktien mit Crashszenario und intaktem Kurzfristtrend oder aufwärtsgerichteter 52-Wochen-Trendindikator und keine signifikante Überbewertung der Aktien n Moderate Übergewichtung Aktien (+): signifikante Unterbewertung mit Crashszenario und intaktem Volatilitätsband n Neutrale Aktiengewichtung (0): signifikante Überbewertung der Aktien und intakter Kurzfristtrend oder signifikante Unterbewertung mit Crashszenario n Moderate Untergewichtung Aktien (-): keine signifikante Unterbewertung der Aktien und abwärtsgerichteter 52-Wochen-Trendindikator n Maximale Untergewichtung Aktien (--): Überbewertung der Aktien und gebrochener Kurzfristtrend RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 28 niedrigen Renditeniveaus derzeit keine Überbewertung von Renten und sind wegen des nach unten gerichteten Renditetrends ebenfalls optimistisch. Da sich in den USA und im Euroraum die Renditen immer weiter dem kurzfristigen Trend annähern, hat sich die Wahrscheinlichkeit für einen Signalwechsel auf neutral und eine damit verbundene Reduzierung der Duration erhöht. sondere europäischer Aktien in der ersten Jahreshälfte (plus 12%) sind wir davon überzeugt, dass die Märkte weiteres Potential haben. An den Rentenmärkten sehen wir aufgrund ihrer hohen Bewertung hingegen nur noch begrenztes Kurspotential. Dr. Martin Kolrep, Portfolio Manager, +49 (0) 69 29807 176, [email protected] Ausblick Wir gehen davon aus, dass Aktien im weiteren Verlauf des Jahres 2005 weiter moderat steigen werden. Trotz des deutlichen Kursanstiegs insbe- INVESCO Global Structured Products Group Dieser Beitrag enthält keine Empfehlungen für Anleger, sondern gibt lediglich die Meinung des Portfoliomanagers im Bezug auf die von ihm verwalteten Portfolios wieder. RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 29 1 Die INVESCO Structured Core Equities : Die Einzelwertstrategie im Überblick Nach einem verhaltenen Start haben sich die internationalen Aktienmärkte im Jahr 2005 bisher positiv entwickelt, wobei die europäischen Indizes deutlich stärker gestiegen sind als amerikanische oder asiatische. Die Volatilität am Aktienmarkt liegt weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau und ist lediglich im April vorübergehend etwas gestiegen. Europäische Investoren in internationale Aktien haben vom jüngsten Anstieg des US-Dollar stark profitiert. In diesem Umfeld haben sich insbesondere unsere US-Strategien überdurchschnittlich entwickelt, und auch unsere globalen Strategien und EuroraumPortfolios haben ihre jeweiligen Benchmarks übertroffen. Im Folgenden berichten wir zum einen über die aktuelle Entwicklung unserer Portfolios, gehen jedoch auch auf interessante Details unseres modellgestützten Aktienauswahlprozesses ein, der im wesentlichen die strukturierte Umsetzung fundamentaler sowie marktpsychologischer Erkenntnisse zum Inhalt hat. Vier Konzepte … Kernstück dieses Aktienauswahlprozesses sind vier Anlagekonzepte, mit denen es langfristig möglich ist, auf Grundlage dieser Erkenntnisse einen Mehrertrag zu erzielen. Hierbei handelt es sich um Gewinnrevisionen, Relative Stärke, Managementverhalten und Bewertung. Jedes dieser vier Konzepte basiert auf ökonomisch sinnvoll gewählten Kennzahlen und bestimmt die Attraktivität einzelner Aktien relativ zum Anlageuniversum. Mit dem Konzept Gewinnrevisionen nutzen wir die Erkenntnis, dass Analysten zwar dazu neigen, die Tendenz der Gewinnentwicklung richtig zu prognostizieren, jedoch nicht deren Ausmaß. Dies machen wir uns zu Nutze, indem wir aus Anzahl und Richtung der Gewinnrevisionen innerhalb eines vierwöchigen Zeitfensters eine Kennzahl für unser Konzept erstellen. Darüber hinaus kommt eine Komponente zum Tragen, die man „Revisio- nen gegen den Trend“ nennt. Sie trägt insbesondere denjenigen Analysten Rechnung, die sich gegen den am Markt beobachtbaren Kurstrend stellen. Sie werden sich im Allgemeinen nämlich nur dann so verhalten, wenn sie Informationen zu haben glauben, die in der momentan am Markt vorherrschenden Einschätzung noch nicht enthalten sind. Hierdurch gelingt es uns, diejenigen Analysten aus unserer Betrachtung auszuschließen, die lediglich dem Herdentrieb folgen. Im 2. Quartal stach beim Thema Gewinnrevisionen u.a. Apple Computer positiv hervor, da die Gewinnerwartungen für dieses Unternehmen kontinuierlich stiegen, obwohl die Aktie gegen Ende des Quartals etwas Performance eingebüßt hat. Abb. 1: Aktienselektion im Überblick Gewinnrevisionen Relative Stärke Structured Core Equities Bewertung Managementverhalten Risikokontrolle Tab. 1: Informationskoeffizienten (2. Quartal 2005) Welt USA Asien Europa Gewinnrevisionen 0,04 0,04 0,04 0,04 Managementverhalten -0,02 -0,02 -0,04 -0,02 Relative Stärke 0,06 0,03 0,06 0,11 Bewertung 0,03 0,04 0,05 0,01 Alpha (gesamt) 0,05 0,05 0,02 0,04 Theoretisch reicht die Bandbreite der Korrelation von +1 bis -1. Dabei ist jedoch zu beachten, dass bereits ein Informationskoeffizient von 0,02 statistisch signifikant ist, die Prognose also ab diesem Wert schon einen Mehrwert schafft. Quelle: INVESCO 1 Structured Core Equities ist ein einzelwertbezogener Ansatz zur Aktienauswahl. Es ist keine für alle INVESCO-Produkte verbind liche Liste von Einzelwerten. RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 30 Das Managementverhalten greift Signale auf, die das Management eines Unternehmens dem Markt liefert. Der diesem Konzept zugrundeliegende Indikator berücksichtigt Aktienrückkäufe und Aktienemissionen. Dabei wird angenommen, dass das Unternehmen bei einem Aktienrückkauf seine eigenen Aktien offensichtlich für unterbewertet hält. Außerdem wird analog zu den akademischen Erkenntnissen unterstellt, dass ein Aktienrückkauf das Management im Falle mangelnder Investitionsmöglichkeiten vor schlechten Investitionen bewahren kann. Eines der positiven Beispiele in jüngerer Vergangenheit war die Deutsche Bank, die kontinuierlich eigene Aktien zurückkaufte. Die langfristige, auf einem 12-Monats-Zeitraum basierende Relative Stärke einer Aktie ist ein guter Indikator, um Ereignisse und Stimmungen aufzugreifen, die nicht durch die anderen Konzepte abgedeckt werden. Das Konzept basiert auf einem wichtigen Aspekt der Behavioral-Finance-Theorie, nach dem Investoren Gewinne im Allgemeinen zu früh mitnehmen, Verluste hingegen erst zu spät realisieren. Unsere langfristige Momentumorientierung stellt sicher, dass Kauf- und Verkaufentschei- dungen nach objektiven Kriterien gefällt werden. Beispielhaft dafür war im Berichtszeitraum die Aktie des finnischen Finanzdienstleisters Sampo, die sich über mehr als 12 Monate kontinuierlich besser entwickelte als der Gesamtmarkt und somit eine hohe „Relative Stärke“ hatte. Indikatoren zur Bewertung von Aktien sind Kennzahlen, die das aktuelle Kursniveau ins Verhältnis zu einer Kennzahl für den Unternehmenserfolg bzw. das Unternehmenskapital setzen. In diesem Zusammenhang wird jede Aktie relativ zum Universum bewertet. Der fundamentale Hintergrund dieses Vorgehens ist die Erwartung, dass zurzeit fehlbewertete Aktien im Laufe der Zeit zu ihrem fairen Wert zurückkehren. Repräsentativ dafür war im Berichtszeitraum u.a. das Reiseunternehmen Tui, dessen Aktie sich in diesem Jahr positiv entwickelte und aufgrund ihrer niedrigen Bewertung gleichzeitig attraktiv erschien. … und ihre Ergebnisbeiträge Die Prognosegüte und somit der Erfolg unserer vier Anlagekonzepte wird regelmäßig geprüft. Dies geschieht mit Hilfe des sogenannten Informations- Structured Core Equities Mit unserer Einzelwertstrategie „Structured Core Equities” stellen wir uns den Herausforderungen der Aktienmärkte. Unser strukturierter Investmentprozess nutzt die Tatsache, dass die im Markt bereits verfügbaren Daten ausreichen, um intelligente Investmententscheidungen zu treffen. Ziel ist, dass sich unser Portfolio bei einem begrenzten, streng kontrollierten Risiko besser entwickelt als der Referenzindex. Wir maximieren also das Information Ratio, d.h. wir streben ein maximales Verhältnis von aktiver Rendite zu aktivem Risiko an. Zunächst wählen wir mit Hilfe des INVESCO Aktienselektionsmodells aus einem globalen Anlageuniversum von über 1500 Titeln die erfolgversprechendsten aus. Das INVESCO Aktienselektionsmodell setzt dabei auf vier bewährte Investmentkonzepte: Gewinnrevisionen, Relative Stärke, Managementverhalten und Bewertung. Nach Berechnung der zugrundeliegenden Indikatoren verdichten wir die Ergebnisse zu Einzelwertalphas, die eine Aussage über die erwarteten relativen Erträge jeder einzelnen Aktie gegenüber dem Markt treffen. Sie werden in einem nächsten Schritt als Input für den Optimierungsprozess genutzt. Der Optimierungsprozess berücksichtigt zusätzlich kundenspezifische Benchmarks und Restriktionen, Transaktionskosten und das Risikoprofil. Die aktiven Länder- und Branchengewichte werden begrenzt, um den Anteil des nicht-einzelwertspezifischen Risikos am Tracking Error zu minimieren. Folglich ergeben sich die Länder- und Branchengewichte im Kundenportfolio im Wesentlichen durch die jeweilige Benchmark sowie innerhalb der von uns gesetzten Grenzen implizit durch die Aktienselektion. Unsere Portfolios werden einmal im Monat umgeschichtet (max. 5% des Portfolios). Aktien mit negativen Prognosewerten werden, soweit dies die Risikostruktur des Fonds zulässt, verkauft bzw. untergewichtet. Aktien, für die ein hoher Ertrag erwartet wird, werden gekauft bzw. übergewichtet. Das Transaktionskostenmanagement ist bei INVESCO integraler Bestandteil der Portfoliokonstruktion und nach detaillierten und nachvollziehbaren Kriterien organisiert. Die Indikatoren, die den Investmentkonzepten zugrunde liegen, werden ständig auf ihre Funktionalität und eine geringe Korrelation miteinander überprüft und weiterentwickelt. Der Track Record der Indikatoren bestätigt, dass sich die von uns ausgewählten Aktien deutlich besser entwickelt haben als die Aktien, die wir als unattraktiv eingeschätzt haben. RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 31 koeffizienten (IC), einem Maß für die Prognosefähigkeit des Modells bzw. des Selektionsprozesses. Der IC misst die Korrelation zwischen den zunächst prognostizierten und der dann tatsächlich realisierten Rendite. Im 2. Quartal 2005 haben sich unsere Gesamtprognosen zur Einzelwertauswahl insgesamt positiv entwickelt (Tab. 1). Die Ergebnisbeiträge der Konzepte Bewertung, Gewinnrevisionen und Relative Stärke waren durchweg positiv, lediglich das Managementverhalten bildete eine Ausnahme. Regional betrachtet lieferte das US-Modell die besten Prognosen, aber auch in Europa und Asien erzielten die Modelle positive ICs. renzindizes MSCI Welt, S&P 500 und EuroStoxx 50. Lediglich das gesamteuropäische Produkt liegt marginal hinter dem Referenzindex MSCI Europe zurück. Die relative Performance der Produkte seit Auflegung ist durchweg positiv. Sie beträgt 2,5% p.a. für das Weltportfolio (Auflegung im Jahr 2001), 1,6% p.a. für das US-Portfolio (Auflegung im Jahr 1984), 0,9% p.a. für das Europaportfolio (Auflegung im Jahr 1999) sowie 2,0% p.a. für das Euroraumprodukt (Auflegung im Jahr 2001). Alexander Uhlmann, Portfolio Manager, +49 (0) 69 29807-450, [email protected] INVESCO Global Structured Products Performance (Stand 30. Juni 2005) Seit Jahresbeginn 2005 zeigen sowohl das globale als auch das US- sowie das Euroraum-Produkt eine positive Wertentwicklung gegenüber ihren Refe- RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 32 Rentenmärkte: Von Pensionären und Großvätern Zwei Themen beherrschen die Rentenmärkte zurzeit: Das erfreuliche Wirtschaftswachstum in den USA und das noch immer schwache Wachstum im Euroraum. Die Fed wird ihre Leitzinsen wohl weiter erhöhen, während die EZB ihren Zinssatz unverändert bei 2% belassen dürfte. In den Blickpunkt ist aber auch der Einfluss der Pensionskassen auf die Rentenmärkte gerückt. Und man spricht über Altanleihen. Trotz des recht negativen Umfelds haben sich die US-Renten zunächst sehr widerstandsfähig gezeigt und sind erst Anfang Juli deutlicher unter Druck geraten. Viele Marktteilnehmer – auch Fed-Chef Alan Greenspan – sind überrascht, dass die Renditen längerlaufender Anleihen bislang nur wenig gestiegen sind. Grund dafür ist in erster Linie die hohe internationale Nachfrage nach Anleihen, insbesondere aus Asien, aber auch aus den USA selbst (Abb. 1). Im Euroraum haben die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen im Sommer ein neues historisches Tief erreicht. Schwache Wirtschaftsdaten und eine auch hier hohe Nachfrage nach Anleihen waren die Hauptgründe. Mittlerweile ist Italien auf dem Weg in die Rezession, und die Niederlande scheinen den Italienern zu folgen. Deutschland, das lange wirtschaftlich geschwächelt hat – findet sich bei unverändert kümmerlichem Wachstum von etwa 1% plötzlich im europäischen Mittelfeld wieder. Die EZB kann nicht anders, als eine abwartende Haltung einzunehmen. Pensionskassen: gut für den europäischen Rentenmarkt Angesichts der historisch niedrigen Renditen in Europa wird viel darüber diskutiert, welche Veränderungen im Anlegerverhalten zu der hohen Nachfrage nach Anleihen geführt haben: Eine wichtige Rolle spielen Pensionskassen. In einigen europäischen Ländern (Großbritannien, Dänemark, Schweden) hat es schon größere Reformen der Abb. 1: USA – robuste Renten 5,0 gesetzlichen Vorschriften für Pensionskassen gegeben. Jetzt stehen auch in den Niederlanden Änderungen an. Die dortigen Pensionskassen sind gewaltige Kapitalsammelstellen. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen werden zu einem Umdenken in der Anlagepolitik führen. Denn neben einer strengen Bewertung der Anlagen zu ihren Marktwerten müssen Pensionskassen in Zukunft das Geld ihrer Kunden so investieren, dass künftige Zahlungsströme präziser aufeinander abgestimmt sind (Liability Driven Investing, LDI). Nicht zuletzt aufgrund der veränderten Altersstruktur der Versicherungsnehmer wird die Umstellung auf LDI zu einer weiterhin hohen Nachfrage nach langlaufenden Anleihen führen. Dabei werden die großen Pensionskassen sicherlich einen erheblichen Anteil des „LDI-Matchings“ über Derivative steuern. Solange jedoch ihr Vermögen weiter wächst – was in den nächsten fünf Jahren noch der Fall sein sollte – wird ein erheblicher Teil der neuen Gelder auch auf dem Rentenmarkt angelegt werden müssen. Insbesondere Hedgefonds setzen darauf, dass der Zinsabstand von dreißigjährigen Anleihen zu zehnjährigen Anleihen sinkt. In den letzten Monaten war das allerdings nicht der Fall (Abb. 2). Viele Marktteilnehmer halten insbesondere die Reform der niederländischen Pensionskassen für ein europäisches Pilotprojekt, dem andere Länder folgen könnten. Die zukünftigen Pensionäre wären dann eine langfristige Stütze für den europäischen Rentenmarkt. Auch für die Geldpolitik der EZB Abb. 2: Euroraum – Zinsabstand zögert noch Renditen 10j. Staatsanleihen in % 1,0 4,5 0,8 4,0 0,6 3,5 0,4 3,0 30.12.02 30.6.03 30.12.03 30.6.04 USA Deutschland Tagesdaten, Stand 22.7.2005 Quelle: Datastream 30.12.04 30.6.05 Prozentpunkte 0,2 30.12.02 30.6.03 30.12.03 30.6.04 30.12.04 30.6.05 Zinsabstand zwischen 30j. und 10.j. deutschen Staatsanleihen Tagesdaten, Stand 22.7.2005 Quelle: Datastream RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 33 Abb. 3: Starker Dollar – schwacher Dollar 160 Abb. 4: Einseitiger Handel mit Asien Handelsgewichteter Index (Januar 1997 = 100) 140 Länder mit den 7 meistgehandelten Währungen 120 Asien ex Japan 100 Sonstige 80 1/95 1/97 1/99 USD vs. alle Handelspartner USD vs. kleine Währungen 1/01 1/03 1/05 0% 20% 40% USD vs. große Währungen Monatsdaten, Stand 30.6.2005 Quelle: Board of Governors of the Federal Reserve spielen die Pensionskassen eine immer größere Rolle: Aufgrund ihres steigenden Vermögens und ihrer hohen Liquidität absorbieren sie einen Teil des Geldmengenwachstums. Vorsicht vor den Großvätern Die „Großväter“ sind ein weiteres aktuelles Thema am Rentenmarkt. Eine Reihe rechtlicher Änderungen hat dazu geführt, dass man bei Altanleihen andere Bewertungskriterien anlegen muss als bei Neuemissionen. Im Deutschen spricht man in diesem Zusammenhang auch von „Bestandsschutz“ – im englischen von „Grandfathering“. Insbesondere hat die europäische Richtlinie zur Zinsbesteuerung dazu geführt, dass Altanleihen mit hohen Bonitäten hoch gehandelt werden, denn in einigen europäischen Ländern werden die Zinsen dieser Altanleihen nun geringer besteuert. Solche Anleihen, z.B. einige Jumbopfandbriefe, erscheinen aber überbewertet und könnten illiquide werden. Eine Anlage in diesen Anleihen erscheint deshalb unserer Ansicht nach wenig attraktiv. Nichts überstürzen Insgesamt scheinen europäische Renten gegen eine deutliche Korrektur fast immun zu sein. Dennoch dürften ihre Renditen bis zum Spätsommer leicht steigen. Für den Aufbau einer langfristig interessanten Positionierung auf der Zinsstrukturkurve mit einem Schwerpunkt zwischen dreißigjährigen und zehnjährigen Euro-Staatsanleihen (um von den zu erwartenden Käufen langlaufender Anleihen durch Pensionskassen zu profitieren) sollte man sich daher noch etwas Zeit lassen. Denn noch steht deren Einkaufstour nicht unmittelbar bevor – und Altanleihen sind derzeit ohnehin zu teuer. Anteil am US-Handelsvolumen Anteil am US-Handelsdefizit Stand: 2004 Quellen: US Bureau of the Census, INVESCO Renminbi-Aufwertung sorgt für Dollarstärke Am 21. Juli wertete China seine Währung, den Renminbi, gegenüber dem Dollar um 2,11% auf. 2,11% sind angesichts einer Unterbewertung des Renminbi um geschätzte 40% ein Tropfen auf den heißen Stein. Es ist kaum davon auszugehen, dass wegen dieser 2,11% Plastikspielzeug und Turnschuhe jetzt in Detroit statt in Shenzen produziert werden. Ein sichtbarer Effekt auf den Außenhandel der USA dürfte daher kaum zu erwarten sein. Wir werden uns also noch einige Zeit mit dem Leistungsbilanzdefizit der USA beschäftigen müssen. Obgleich das amerikanische Leistungsbilanzdefizit auch in letzter Zeit weiter gestiegen ist, hat der US-Dollar nicht weiter abgewertet Im Gegenteil, er ist sogar gestiegen. Als Grund dafür werden häufig die steigenden US-Zinsen angeführt. Ein weiterer Grund mag allerdings auch die gestiegene Risikobereitschaft internationalen Investoren sein, die sich in niedrigen Emerging-Market- und Swap-Spreads, einem stabilen Goldpreis und einem freundlichen Aktienmarkt zeigt. Sollte die Risikobereitschaft der Investoren wieder abnehmen, dürfte das US-Leistungsbilanzdefizit wieder stärker in den Blickpunkt geraten. Davon wären die Wechselkurse unterschiedlich stark betroffen. Auch die deutliche Dollar-Abwertung in den Jahren 2002 bis 2004 war sehr ungleichmäßig auf die verschiedenen Währungsblöcke verteilt. Während die amerikanische Währung in diesem Zeitraum gegenüber den sieben meistgehandelten Währungen (Euro, kanadischer Dollar, japanischer Yen, britisches Pfund, Schweizer Franken, australischer Dollar, schwedische RISK & REWARD Q3/2005 – STRATEGIE 34 Krone) um 27% abwertete, hat sie gegenüber den Währungen aller anderen Handelspartner im selben Zeitraum sogar um 3% zugelegt (Abb. 3). Bemerkenswert ist, dass das Handelsbilanzdefizit der USA – der größte Beitrag zum Leistungsbilanzdefizit – gegenüber den sieben am stärksten betroffenen Währungsräumen gerade einmal 230 Mrd. Dollar p.a beträgt1. Mit 420 Mrd. Dollar p.a. ist es gegenüber allen anderen Ländern beinahe doppelt so hoch. Das amerikanische Handelsvolumen verteilt sich hingegen mehr oder weniger gleichmäßig auf beide Gruppen (Abb. 4). Der Dollar hätte also gerade gegenüber den „kleinen“ Währungen abwerten müssen. Aber das ist nicht geschehen, weil die asiatischen Währungen, allen voran der Renminbi, von den asiatischen Zentralbanken künstlich schwach gehalten wurden. 1 Quelle: US Bureau of Economic Analysis Durch die jetzt beginnende Flexibilisierung der asiatischen Wechselkurse (Malaysia hat noch am selben Tag wie China den Ringgit aufgewertet) dürfte also das US-Leistungsbilanzdefizit auf den Dollar-Wechselkurs gegenüber den „großen“ Währungen in Zukunft weniger Einfluss haben als in den vergangenen Jahren. Wenn der Dollar gegenüber den asiatischen Währung in Zukunft leichter abwerten kann, wird er gegenüber den „großen“ Währungen nicht mehr so stark an Wert verlieren. Jörg Bartenstein, Fixed Income Manager, +49 (0) 69 29807 110, [email protected] Ulrich Leuchtmann, FX Manager, +49 (0) 69 29807 183, [email protected] INVESCO Fixed Income RISK & REWARD Q3/2005 35 Unsere Investmentgrundsätze INVESCO zählt weltweit zu den führenden Investmentmanagern. Unser Ziel ist es, Menschen beim Aufbau ihres Vermögens zu unterstützen – durch ein umfassendes Angebot an klar definierten Investmentprodukten und herausragende Investmentqualität. Die Basis dafür sind unsere übergreifenden Investmentgrundsätze, die für alle unsere Produkte Anwendung finden. Die Philosophie • Eine fundamentale Erläuterung, wo wir Investmentchancen sehen • Wird anhand transparenter und klarer Prozesse effizient umgesetzt • Ist eindeutig und klar vermittelbar Der Prozess • Hat ein theoretisches Fundament und ist empirisch abgesichert • Basiert auf klaren und realistischen Risiko- und Ertragszielen • Definiert klar, wie das Risikobudget aufgeteilt wird und wo die Ertragsquellen liegen Die Wertentwicklung • Soll innerhalb der Produktvorgaben attraktiv sein • Soll aus den zuvor festgelegten Ertragsquellen stammen Die Mitarbeiter • Teamansatz mit einer „Partner“-Philosophie • Hochqualifizierte Experten, die sich auf ihr Gebiet spezialisieren • Erfolgsbasiertes Incentive-System Die Produkte • Klare Gestaltung inkl. messbarer Benchmark, Ertragserwartungen und Risikoparametern • Streben eine attraktive risikoadjustierte Wertentwicklung an • Angemessene Gebührenstruktur, die die Performance nicht beeinträchtigt Die INVESCO Investment Centres of Excellence AKTIEN • INVESCO, Atlanta – internationale Aktien – amerikanische Aktien (Value-Ansatz) • INVESCO-NAM, Louisville – amerikanische Aktien (Multi-Attribute-Ansatz) • Invesco Perpetual, Henley – kontinentaleuropäische und britische Aktien, Spezialitätenfonds • INVESCO Structured Products, New York, Boston, Frankfurt • INVESCO Asia Pacific, Tokio, Hongkong, Taipeh, Melbourne – asiatische und pazifische Aktien RENTEN • INVESCO Fixed Income, Louisville, New York, Boston, London, Henley, Frankfurt, Melbourne, Tokio ALTERNATIVE INVESTMENTS • INVESCO Real Estate, Dallas, London, München • INVESCO Private Capital, New York, Denver, London GEMISCHTE PORTFOLIOS • INVESCO Multi-Asset Strategies, Atlanta – Asset-Allocation-Produkte • INVESCO Multimanagement, Paris – Multi-Manager-Fonds Kontakt Atlanta (+1 404 898 0771) Boston (+1 617 345 8200) Dallas (+1 972 715 7400) Frankfurt (+49 69 29807 400) Henley (+44 149 141 7000) Hongkong (+85 2 2868 3228) London (+44 207 065 4000) Louisville (+1 502 581 7668) Melbourne (+61 3 9611 3600) München (+49 89 2060 6000) New York (+1 212 278 9000) Paris (+33 1 56 62 43 00) Taipeh (+886 2 2545 2211) Tokio (+81 3 3506 6800) www.invesco.com