Bericht
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KEY e.V. Reiseberichte – 02 – März 2013 Simone Monthuley, Lehrerin, 2 x 1 Woche in der St. Francis of Assisi Primary School Eine Schulpatenschaft/-Partnerschaft Entsteht September 2011: Zum zweiten Mal ist mein ältester Sohn nach Kenia aufgebrochen, der erste Besuch hatte ihn zu sehr beeindruckt, die Bilder ihn nicht mehr losgelassen. Nun will er ein dreimonatiges Sozialpraktikum in einem Dorf namens Mitunguu absolvieren. Entstanden durch die Kontakte über meine Arbeitsstelle an der Elisabethenschule, Hofheim und die dort aktiven Dernbacher Schwestern wird er in diese Zeit in einem Waisenhaus, einer Schule und einem Krankenhaus verbringen. Oktober 2011: Die lebhaften Berichte und Erzählungen meines Sohnes Samuel bringen mich zu dem Entschluss, ihn während seines Praktikums zu besuchen. So reise ich in den Schulherbstferien für eine gute Woche allein nach Mitunguu, in eine mir vollkommen fremde Welt der Armut, des Elends und Drecks, aber auch – wie ich bald feststellen werde – in eine Welt der Herzlichkeit und Freude für die kleinen Dinge des Lebens. Ich besuche das von Dernbacher Schwestern geleitete Waisenhaus und ebenso das etwas weiter entfernte Krankenhaus; schließlich verbringe ich einige Tage an der St. Francis of Assisi Primary School, in der zu diesem Zeitpunkt drei Schwestern der Armen Dienstmägde Jesu Christi arbeiten. Als Lehrerin werde ich hier in der Schule besonders herzlich willkommen geheißen, darf am ersten Morgen gleich in der Kirche am Ende der Morgenmesse alle Schüler und Lehrer begrüßen, und schon beginnt man, mich in den kenianischen Schulalltag einzuführen. Ich begleite die beiden unterrichtenden Schwestern zu ihrem Unterricht und übernehme auch einige Stunden selbständig. St. Francis – eine Schuleinrichtung vom Kindergartenalter an bis hin zu einem dem deutschen Realabschluss vergleichbaren Examen. In jeder Klasse gibt es zwischen 15 und 30 Schüler. Englisch gilt als Amtssprache und wird ab der ersten Klasse, also unserer Grundschule entsprechend, gelehrt. Schnell höre ich mich in das mir zu Beginn völlig unverständliche „kenianische Englisch“ ein und kann bald mit Schülern und Lehrern ungezwungen kommunizieren. Der Abschied am Ende meines Kurzaufenthaltes fällt mir sehr schwer und noch lange laufen mir viele kenianische Kinder winkend nach. „Bye bye Mama Sam, du kommst doch bald wieder?“ Ja, werde ich wiederkommen? Zurück in Deutschland beginne ich zunächst Kollegen von meinen erlebnisreichen Tagen in Kenia zu berichten und stoße auf viel Interesse. Aus einer ersten spontanen Idee heraus erzähle ich in einer fünften Klasse, die ich in Englisch unterrichte, von meinem Besuch an der St. Francis School und die Schüler sind begeistert. Sie wollen mehr erfahren, Bilder, Fakten kennenlernen. Mein Sohn kehrt nach 3 Monaten um einige Erfahrungen reicher und mit einer konkreten Idee aus Mitunguu zurück. Er will ab sofort gezielt helfen, vor allem den Waisenjungen, aber auch den ärmeren Kindern in der Schule. Außerdem sollen medizinische Hilfsprogramme laufen. So beschließt er einen Verein zu gründen. Rasch finden sich 10 Gründungsmitglieder, natürlich mache ich mit, ebenso drei meiner Kollegen von der Elisabethenschule. Aber wie nun weiter vorgehen? Samuel konzentriert sich zunächst auf die Jungen im Waisenhaus und beginnt mit der Suche nach Sponsoren. Ich wiederum erzähle immer mehr von der Schule in Mitunguu und kann mithilfe einer Kollegin zunächst die genannte deutsche Klasse dazu bewegen, eine erste Spendensammlung am Tag der offenen Tür zu veranstalten. Samuel beginnt, einen kleinen Bildvortrag über Kenia in der Klasse der Elisabethenschule und an einer weiteren Einrichtung zu halten. Meine Englischschüler haben eine beachtliche Summe für Kenia eingenommen und verfassen einen ersten Brief an gleichaltrige Schüler in Mitunguu. Über nach Kenia reisende Dernbacher Schwestern gelangen Geld und Brief an die St. Francis Primary School, werden dort mit Freude entgegen genommen und auf dem gleichen Weg beantwortet. Auch Bilder, die den deutschen Schülern die ärmlichen Verhältnisse wie auch das freudige Lachen der Kinder in Mitunguu zeigen, gelangen nach Hofheim an die Elisabethenschule. September 2012: In diesem Schuljahr übernehme ich eine neue fünfte Klasse und erzähle schon bald von den Schülern in Mitunguu. Elternschaft und meine jetzigen Schüler sind sich bald einig, dass auch sie nach dem Vorbild der Vorgängerklasse helfen möchten. Gleichzeitig entsteht im Kollegium, vor allem in der Fachschaft Religion, der Wunsch, die St. Francis Primary School intensiver zu unterstützen. Erste Ideen werden gesammelt und mit der Schulleitung sowie Samuels gegründetem Verein besprochen. März 2013: Unsere nächste Keniareise ist geplant. Wir fliegen zu dritt, Sam, ein Zahnarzt und ich. Jeder von uns hat bei diesem erneuten Besuch seinen Aufgabenbereich, meiner liegt im endgültigen Aufbau einer Schulpatenschaft bzw. –partnerschaft zwischen der Elisabethenschule, Hofheim und der St. Francis of Assisi Primary School, Mitunguu. In meinem Koffer habe ich Briefe und eine erneute Spendensammlung der Klasse 6, Bleistifte und Radiergummis meiner Klasse 5 und Spitzer der Klassen 10. Mit einem fröhlichen „Good morning, Mama Sam“ werde ich diesmal empfangen und erhalte von der neuen Schulleiterin, Sr. Josephine (mittlerweile haben die Dernbacher Schwestern die Leitung der Schule übernommen, was vieles für uns vereinfacht) sofort meinen „Stundenplan“. Ich werde in den nächsten Tagen jeweils 1-2 Stunden in die Klassen 5-8 gehen, meine Mitbringsel verteilen und die kenianischen Kinder dazu animieren, Antwortbriefe zu schreiben, Bilder zu malen, mir ihre Namen und Adressen für Brieffreundschaften zu geben. Nebenbei erzähle ich ihnen ein wenig von Deutschland, der Schule, den Kindern, ihrem Leben und bringe ihnen ein paar Worte Deutsch bei. Mit der Abschlussklasse, Class 8, spreche ich auch über notwendige Verbesserungen in der Schuleinrichtung, denn unsere Zehntklässler würden gerne bei ihrer diesjährigen Abschlussfeier zu einer Spendenaktion aufrufen. Fast einstimmig sprechen sich die Jugendlichen für eine Renovierung der Toiletten und Latrinen aus. Die Begeisterung ist groß, die Dankesbriefe schnell geschrieben. Bis zum Ende meines Aufenthaltes hat sich meine Blumendose, in der ich alle Briefe und Mitbringsel aus Deutschland gesammelt hatte, erneut gefüllt. Briefe, Briefe ohne Ende, Bilder von Tieren aus Afrika, Adressen, Namen… Es hört nicht auf. Die kenianischen Kinder haben verstanden: Hier will jemand wirklich helfen, hier gibt es gleichaltrige Schüler, deren Lehrer und auch Eltern, die an ihnen interessiert sind. April 2013: Wir reisen nach Deutschland zurück, die Koffer sind vollgepackt mit Erinnerungen und vor allem Grüßen verschiedenster Art an unbekannte Freunde in Deutschland. Eine Schulpatenschaft hat erste Wurzeln gefasst und wird in der nächsten Zeit noch enger, intensiver werden. Hofheim – Mitunguu, Elisabethenschule – St. Francis Primary School = zwei grundverschiedene Orte, zwei nicht vergleichbare Schuleinrichtungen, und doch verbindet sie etwas ganz Großartiges: Freundschaft…