"60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr" ( PDF , 10,2 MB)

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"60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr" ( PDF , 10,2 MB)
Kommando
Feldjäger der Bundeswehr
60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr
Akzente
TE
F
Ä
R SIS
K
T
I
E
BA
STR
Akzentuierung
Am 24. November 1740, also vor exakt 275 Jahren,
ordnete Friedrich II. von Preußen per Allerhöchster
Kabinettsorder die auf der folgenden Seite abgebildete Aufstellung eines Feldjägerkorps zu Pferde an.
Dieses Datum markiert die Entstehung einer Truppengattung, deren vornehmlichste Aufgaben die
Wegweisung der eigenen Truppen und der Schutz
des Königs und des königlichen Hauses waren Aufgaben, die in ihren Grundzügen auch heute
noch in den Kernfähigkeiten des Aufgabenbereichs
Feldjägerwesen der Bundeswehr abgebildet sind. Zur
Entwicklung des Feldjägerwesens seit dieser Zeit sind
bereits ausführliche Veröffentlichungen erschienen,
von denen einige an dieser Stelle beispielhaft in der
Fußnote benannt sind.1 Diesen Publikationen ist gemeinsam, dass sie - neben anderen Quellen - einen
umfassenden Überblick über die Geschichte der
Feldjäger seit 1740 geben.
Die vorliegende Festschrift verzichtet daher darauf,
die Geschichte der Feldjäger in den preußisch-deutschen Streitkräften ein weiteres Mal nachzuerzählen.
Das hat den Vorteil, das Hauptaugenmerk auf die
eigene Tradition der Feldjäger in der Bundeswehr seit 1955 zu richten. Auch bei dieser bewussten Akzentuierung auf 60 Jahre Feldjäger will die Festschrift indes keine chronologische Aneinanderreihung von
Daten, sondern vielmehr inhaltliche Schwerpunkte setzen.
Sie sind daher herzlich zu diesen Akzenten eingeladen. Zeichnen Sie den Weg der Feldjäger der Bundeswehr von der Gründung der Truppengattung bis zur Entstehung des heutigen Aufgabenbereichs und
ihren derzeitigen Standort nach. Nicht zuletzt können Sie dabei auch einen Blick auf die angestrebte
Zukunftsentwicklung erhalten.
1
Rettinghaus, Helmut: Die Deutsche Militärpolizei. Kgl. Preuß. Reit. Feldjägerkorps, Feldgendarmerie, Feldjägertruppe der Bundeswehr im Dienste der
Sicherheit und Ordnung in den deutschen Armeen von 1740 bis zum heutigen Zeitpunkt, Langen 2009.
Schütz, Peter:Die Vorläufer der Bundeswehr-Feldjäger - Ein Beitrag zur preußisch-deutschen Wehrrechtsgeschichte, Berlin 2005.
Böckle, Karlheinz: Feldgendarmen, Feldjäger, Militärpolizisten. Ihre Geschichte bis heute, Stuttgart 1987.
Winter, Robert: Die Geheime Feldpolizei, Wolfenbüttel 2013..
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Kabinettsorder an den Oberjäger Schenck
„Lieber getreuer. Da Ich ein Corps von Meiner Armee nechstens
marschieren zu laßen gesonnen bin, bey solchem aber ein
Capitaine de Guides mit erfordert wird, deßen Function ist,
wenn die Armee in frembden Landen kommet und marschiret,
von gute Wegweyser zu sorgen und solche an die Hand zu
haben, damit wenn marschiret wird, oder Commandos geschickt
werden, Ihnen jederzeit gute Wegweysers, die alle Wege und
Stege kennen, mit gegeben werden können; so habe Ich aus
besonders gnädigen Vertrauen zu Euch, resolvieret, Euch, bey
dem nechst bevorstehenden Marsch solche Function, mit
Beybehaltung Eurer bisherigen Bedienung, Tractament und
emolumenten, aufzutragen, daher dann Ihr Euch gleich fertig
machen und Eure Sachen so einrichten sollet, daß Ihr in Zeit
von acht Tagen höchstens, im Stande seyd sogleich abzugehen.
Ihr sollet demnächst 12 berittene Jägers unter Euch haben, die
Ihr aus denen in Meinen diensten stehenden Jägers selbst aussuchen und Mir citisime vorschlagen sollet, welches treue Leuthe
von guten Verstande seyn müßen und die Ihr zu allem was Eure
Function erfordert, gebrauchen könnet. Es soll ein jeder von diesen Jägern Monatlich 4 Tal. a part bekommen, sich aber selbst
ein kleines Pferdt nebst einem grünen Rock anschaffen, dabey
sie die versicherung bekommen sollen, daß wenn der Marsch
vorbey, selbige alsdann mit recht guten Diensten versorget
werden sollen. Wegen Eures künftigen Verhaltens in dieser
Function sollet Ihr noch hiernächst mit einer besonderen Instruction versehen werden, und damit Ihr um sofüglicher im
Stande seydt, Eurer Function vorzustehen, so soll Euch noch ein
Assistent zugegeben werden, welchen Ihr zu Hilfe nehmen sollet.
Ihr und Euer Assistent bekommet auf 8 Pferde Fourage, wovon
jeder von Euch sich ein paar Pferde, beyde zusammen aber Ihr
Euch einen Wagen halten könnet. Ihr habt Euch also danach zu
achten und keine Stunde zu versäumen, damit Ihr mit Euren
Jägers nechstens in Berlin und in marschfertigen Stande seyn
könnet. Rheinsberg, den 24. November 1740.“
"Friedrich"
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Inhaltsverzeichnis
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1 Vorwort und Grußworte
1.1 Vorwort des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr
1.2 Grußwort des Niedersächsischen Ministerpräsidenten
1.3 Grußwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover
1.4 Grußwort des Inspekteurs der Streitkräftebasis
1.5 Grußwort des Kommandeurs Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr
1.6 Grußwort des Befehlshabers Einsatzführungskommando
der Bundeswehr (bis 03.11.2015)
1.7 Grußwort des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums
1.8 Grußwort des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder
1.9 Grußwort des Präsidenten der Kameradschaft der Feldjäger e.V.
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2 Die Feldjäger der Bundeswehr
2.1 Die Gründung der Feldjägertruppe und ihre Namensgebung
2.2 Die Entwicklung der Feldjägertruppe in der Bundeswehr
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3 Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr in der Neuausrichtung der Bundeswehr
3.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr
3.2 Konzeption im Wandel
3.3Doktrin
3.4 Rüstung und Ausrüstung
3.5 Neugestaltung der Ausbildung
3.6 Feldjäger im Blick der internationalen Zusammenarbeit
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5 Vorstellung der aktuellen Dienststellen und Verbände
5.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr
5.2 Das Feldjägerregiment 1
5.3 Das Feldjägerregiment 2
5.4 Das Feldjägerregiment 3
5.5 Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
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6 Kameradschaft der Feldjäger
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7 Der Platz der Erinnerung - Lebendige Tradition der Feldjägertruppe
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4 Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz
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Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz
4.1 Feldjäger in Afrika
4.2Feldjäger auf dem Balkan
4.3 Feldjäger in Afghanistan
4.4 Feldjäger in See
4.5 Einsatzgleiche Verpflichtungen
4.6 Militärische Evakuierungsoperationen
4.7Gedenken
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1 Vorwort und Grußworte
1.1 Vorwort des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr
1.2 Grußwort des Niedersächsischen Ministerpräsidenten
1.3 Grußwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover
1.4 Grußwort des Inspekteurs der Streitkräftebasis
1.5 Grußwort des Kommandeurs Kommando Territoriale Aufgaben
der Bundeswehr
1.6 Grußwort des Befehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr
1.7 Grußwort des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums
1.8 Grußwort des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder
1.9 Grußwort des Präsidenten der Kameradschaft der Feldjäger e.V.
Wappen KdoFJgBw
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1.1 Vorwort des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr
Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Ehemalige,
Freundinnen und Freunde der Feldjäger,
liebe Kameraden Feldjäger!
Am 1. September dieses für uns historischen Jahres 2015 wurde erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland durch ein Bundesland die prüfungsfreie Übernahme von ehemaligen Zeitsoldaten
der Feldjägertruppe in den mittleren Polizeivollzugsdienst ermöglicht. Unter Anerkennung großer Teile der
Feldjägerausbildung und gewonnener Praxiserfahrungen im Feldjägerdienst werden die ersten 25 jungen
Kameraden derzeit in Oranienburg/Brandenburg als Beamte auf Probe in einer verkürzten Ausbildung
für diesen Dienst vorbereitet. Sie haben damit nach einer erfolgreichen Zeit als Feldjägerfeldwebel einen
neuen Lebensberuf begonnen, der es ihnen erlaubt, in der Heimat tiefere oder neue Wurzeln zu schlagen.
Mit dieser aktiv ergriffenen Maßnahme wurde der Zeitsoldatenstatus attraktiv verstärkt und unterstrichen,
dass auch eine zeitlich befristete Beschäftigung bei uns so ganz anders und vor allem auch in die Zukunft
gerichtet chancenreich sein kann.
Vor 275 Jahren erließ Friedrich II (später: der Große) noch auf
Schloss Rheinsberg bei Neuruppin eine Kabinettsorder, mit der er
das Feldjägercorps zu Pferde begründete und damit den Namen
dieser Truppengattung in die Welt setzte.
Vor 60 Jahren ordnete das damalige Bundesministerium für Verteidigung der jungen Bundesrepublik Deutschland im Aufstellungsbefehl Nr. 1 vom 6. Oktober 1955 die Aufstellung einer MilitärpolizeiLehrkompanie an. Nur wenige Wochen später wurde mit Blick auf
die vornehmliche Länderverantwortung für Polizeiaufgaben der
Name Feldjäger auf die eigene Ordnungstruppe übertragen, die
zugleich dennoch als die Militärpolizei der Bundeswehr im Sinne
der NATO-Verträge definiert wurde. Hier knüpft unsere eigene
Geschichte in der Bundeswehr an, schafft die Grundlage für eine
völlig eigene Entwicklung und Traditionsbildung in modernen, multinational ausgerichteten und parlamentarisch kontrollierten Streitkräften.
Nicht zuletzt schufen die zunächst durch die Heeresentwicklungen geprägten Veränderungen in der Personal- und Binnenstruktur der Feldjägertruppe einen beständig größer werdenden, an einer militärischen
Heimat auch über die aktive Dienstzeit hinaus interessierten Personenkreis. Folgerichtig wurde 1980 die
Gründung der Kameradschaft der Feldjäger e.V. vorgenommen, einem Verein, der sich als Teil des Feldjägerkorps versteht, der aktiven Truppe unterstützend zur Seite steht und auch an der Verwirklichung dieser
Festschrift einen wesentlichen Anteil hatte.
Diese Festschrift wagt einen Blick auf sechs Jahrzehnte, sie soll aber vor allem eines unterstreichen: die
Feldjäger sind „mitten drin" im Leben unseres Vaterlandes, unserer Bundesrepublik Deutschland!
Mit der vorliegenden Festschrift soll die Geschichte der Feldjäger in der Bundeswehr, vor allem ihre
Entwicklung, die in der Aufstellung eines Fähigkeitskommandos Feldjägerwesen Bundeswehr 2013 ihren
zunächst letzten Meilenstein gefunden hat, dargestellt werden. Der Weg dorthin und das bislang Erreichte
stehen im Vordergrund.
Von 1955 bis 2001 war die Feldjägertruppe eine Truppengattung des Heeres. Seit Aufstellung der Streitkräftebasis im Jahr 2001 ist die Feldjägertruppe ein fester Bestandteil dieses auf professionelle und verlässliche Dienstleistung ausgerichteten Organisationsbereichs der Bundeswehr. Die Breite des durch Feldjäger
wahrgenommenen Aufgaben- und Fähigkeitsspektrums hat sich hier noch einmal rasant weiter entwickelt
und die Feldjägertruppe zu dem in der heutigen Form existierenden hoch professionellen und flexiblen
Aufgabenbereich werden lassen. Unserem Selbstverständnis „Wir. Dienen. Deutschland." sind wir damit
im In- und Ausland in ganz besonderer Weise verbunden und verpflichtet.
Ich wünsche Ihnen viele interessante Momente bei der Lektüre,
Ihr
Udo Schnittker
Brigadegeneral
Die hohe Professionalität und das Können meiner Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter machen den Kern des heutigen Feldjägerwesens aus. Um in deren Begabungen zu investieren und ihre hohe Leistungsbereitschaft zu erhalten, dienen neben den in den Auslandseinsätzen und
im Feldjägerdienst gewonnenen Erfahrungen weitreichende konzeptionelle Überlegungen und unmittelbare Festlegungen zu Ausbildung und Einsatzgrundsätzen. Diese Grundzüge werden in der vorliegenden
Schrift dargestellt. Insgesamt stellt sich damit ein Aufgabenbereich der Bundeswehr dar, auf den Verlass
ist, dessen Dienstleistung in Deutschland ebenso wie in den Auslandseinsatzgebieten der Bundeswehr
gefragt ist und der sich nach knapp 60 Jahren nunmehr erstmals unter einheitlicher Führung - in einem
eigenen „Haus der Feldjäger" - befindet.
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1.2 Grußwort des Niedersächsischen Ministerpräsidenten
In diesen Tagen können die Feldjägerinnen und Feldjäger ein
besonderes Jubiläum begehen. Vor 60 Jahren wurde die Bundeswehr gegründet und ebenso lange bestehen die Feldjäger in der
Bundeswehr. Aber das Jahr 2015 ist noch in weiterer Hinsicht ein
besonderes Jahr: Am 24. November 1740, also vor 275 Jahren, unterzeichnete König Friedrich II. von Preußen die Stiftungsurkunde
des „Reitenden Feldjägercorps" und begründete damit die historische Truppengattung der Feldjäger. Zu diesen Jubiläen gratuliere
ich namens der Niedersächsischen Landesregierung sehr herzlich.
Die sicherheitspolitischen und krisenbezogenen Anforderungen
an die Bundeswehr haben sich in den vergangenen Jahrzehnten
grundlegend geändert. Die Aufgaben der Feldjägertruppe reichen
mittlerweile vom militärischen Ordnungs- und Verkehrsdienst über
strategische Sicherungsaufgaben bis zu Einsatzszenarien im Kosovo und in Afghanistan. Gerade die Auslandseinsätze erfordern ein
deutlich erweitertes militärpolizeiliches Anforderungsprofil, denn
zum Teil ist es nötig, auch fehlende zivile Strukturen zu ersetzen
und aufzubauen.
Die Soldatinnen und Soldaten der Feldjägertruppen haben bei ihren Auslandseinsätzen ein hohes Maß
an Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit gezeigt und die ihnen gestellten Aufgaben hervorragend
gemeistert. 60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr stehen damit auch stellvertretend für 60 Jahre Friedensdienst der Bundeswehr für unser Land und für Europa. Dafür gebührt den Feldjägerinnen und Feldjägern
und der gesamten Bundeswehr mein besonderer Dank und meine Anerkennung.
Bundeswehr und Feldjägertruppen haben auch für das Land Niedersachsen eine besondere Bedeutung.
Mit über 600 festen Dienstposten und unterjährig circa 6.000 Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmern führen die Feldjäger die Dienstpostenliste in Hannover deutlich an. Die Landeshauptstadt verfügt mit
der Schule für Feldjäger und Stabsdienst über einen europaweit einzigartigen Ausbildungsbetrieb.
Dieser ist international ausgerichtet und führt regelmäßig Soldatinnen und Soldaten in die Stadt und die
Region Hannover. Neben der Schule für Feldjäger sind hier das Kommando Feldjäger Bundeswehr und das
Landeskommando für territoriale Aufgaben aufgestellt. Mit allen Kommandeuren und ihren Dienststellen
verbindet das Land eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Dies zeigt exemplarisch, dass die Bundeswehr fest in den Städten und Regionen des Landes verankert ist.
Für die Zukunft wünsche ich allen Soldatinnen und Soldaten der Feldjäger Glück, Gesundheit und Erfolg
bei herausfordernden, aber möglichst gefahrlosen Einsätzen.
Hannover, im August 2015
Stephan Weil
Niedersächsischer Ministerpräsident
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1.3 Grußwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover
Für die Bundeswehr ist das Jahr 2015 mit mehreren Gedenktagen
verbunden. Es kann nicht nur das 60-jährige Bestehen, sondern
auch das historische Datum „25 Jahre Armee der Einheit" gefeiert
werden.
Wie die Bundeswehr selbst besteht auch die Truppengattung der
Feldjäger nunmehr seit 60 Jahren und gleichzeitig gedenkt man
des 275. Jahrestages der Gründung des Reitenden Feldjägerkorps.
Im Namen der Landeshauptstadt Hannover gratuliere ich herzlich
zu diesen Jubiläen! Ich tue dies aus voller Überzeugung und in
dem Bewusstsein, dass Hannover und die Bundeswehr eine besondere Beziehung zueinander haben.
Ein Jahr nach Gründung wurde die 1. Panzerdivision ins Leben gerufen, deren Stab nahezu sechs Jahrzehnte in Hannover seinen Sitz
hatte und von hier aus die Geschicke der Division lenkte. Leider
wird der Stab im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr nach
Oldenburg verlegt. Die Landeshauptstadt Hannover hat 1983 die weiter bestehende Ehrenpatenschaft für
die Division übernommen, was die enge Verbundenheit unterstreicht.
Eine solche Verbindung besteht auch zu den Feldjägern, denn mit dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr in der Scharnhorst-Kaserne in Bothfeld befindet sich seit 2013 die zentrale Kommandobehörde der
Truppe hier in Hannover.
Wenn die Feldjäger jetzt ihr Jubiläum feiern, feiert Hannover mit, auch wenn die recht junge Bundesbehörde hier erst seit zweieinhalb Jahren besteht, in dieser Zeit gab es jedoch schon zahlreiche Begegnungen zwischen den Feldjägern und der Stadt und aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass sich die Feldjäger in Hannover sehr wohlfühlen und der Standort bundesweit einen guten Ruf genießt. Nicht umsonst
redet man mittlerweile von der Feldjägerhauptstadt Hannover.
Ich wünsche den Feierlichkeiten einen guten Verlauf und allen Feldjägern weiterhin alles Gute.
Stefan Schostok
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover
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1.4 Grußwort des Inspekteurs der Streitkräftebasis
Weltweite Einsätze im gesamten Intensitätsspektrum sind natürlich immer auch eine Herausforderung.
Allen Angehörigen der Feldjägertruppe gilt daher mein besonderer Dank und meine große Anerkennung
für diese Leistungen. In diesen Dank schließe ich ausdrücklich Ihre Familienangehörigen mit ein. Mir ist bewusst, dass gerade die häufigen durch Auslandseinsätze bedingten Abwesenheiten eine große Belastung
für Ehefrauen, Ehemänner, Kinder und Eltern darstellen.
Liebe Soldatinnen und Soldaten,
liebe Ehemalige der Feldjägertruppe der Bundeswehr!
Meine Damen und Herren!
In 15 Jahre Streitkräftebasis, 25 Jahre Armee der Einheit und 60
Jahre Bundeswehr reiht sich die Feldjägertruppe mit ihrem 60-jährigen Jubiläum in diesem Jahr würdig ein. Ich gratuliere allen Angehörigen und Ehemaligen der Feldjägertruppe sehr herzlich zu sechs
Jahrzehnten Dienst für Frieden und Freiheit.
Ich verneige mich insbesondere vor all denen, die für Frieden, Freiheit und den Schutz ihrer Kameradinnen
und Kameraden Leib und Leben gegeben haben. Wir werden sie nie vergessen!
Durch ihre beispielgebenden Leistungen und ihre hohe Einsatzbereitschaft hat sich die Feldjägertruppe national und international zu Recht einen hervorragenden Ruf erworben. Ein tolles Zeichen dieser Wertschätzung ist die erstmalige Einstellung von Feldjägerfeldwebeln als Beamte auf Probe im Polizeivollzugsdienst
des Landes Brandenburg am 1. September 2015.
Darüber hinaus ergänzt ein weiteres besonderes Jubiläum die
lange Traditionslinie dieser Truppengattung. Vor 275 Jahren wurde
in der preußischen Armee das Reitende Feldjägerkorps gegründet,
das heute Namensgeber unserer Feldjägertruppe ist.
Das Bundesland in der Mitte Deutschlands hat damit ein Signal gesetzt. Die Verantwortungsträger in
Politik und Polizei schätzen das Potenzial der Feldjägerausbildung für den Polizeidienst und sind von der
großen Qualität unserer Militärpolizisten überzeugt.
60 Jahre Feldjäger der Bundeswehr stehen auch für 60 Jahre
Dienst an Recht und Gerechtigkeit und den zentralen Werten
der Inneren Führung: Pflichtbewusstsein, Disziplin, Kameradschaft und das Auftreten als Staatsbürger
in Uniform. Die Wahrung dieser starken Werte im Rahmen des Militärischen Ordnungsdienstes darf alle
Angehörigen und Ehemaligen der Feldjägertruppe mit Stolz erfüllen. Aber Feldjäger sein bedeutet heute
noch weit mehr.
Mein Dank gilt allen, die sich für dieses beispielgebende Projekt persönlich eingesetzt haben. Ich bin
überzeugt: Unsere Feldjägertruppe ist für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bestens gerüstet.
Ich wünsche den Kameradinnen und Kameraden alles erdenklich Gute für die Zukunft und Ihren Dienst an
unserem Land und unser Bundeswehr. Wir in der Streitkräftebasis sind sehr stolz auf unsere Feldjäger!
Unsere Feldjäger sind hochprofessionelle Spezialisten. Neben den klassischen Aufgaben des Militärischen
Ordnungsdienstes und des Militärischen Verkehrsdienstes gehören Sicherheitsaufgaben, Erhebungen und
Ermittlungen sowie Unterstützungsleistungen für Heimat-, Raum- und Objektschutz zum breiten Leistungsspektrum der Feldjägertruppe.
Das gesamte Einsatzspektrum der Bundeswehr ist heute Betätigungsfeld der Feldjäger. An Land, auf See
und in der Luft - kein Einsatz der Bundeswehr findet mehr ohne unsere Feldjäger statt.
Martin Schelleis
Generalleutnant
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1.5 Grußwort des Kommandeurs Kommando Territoriale Aufgaben
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der Bundeswehr
Als Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben ist mir
das Kommando Feldjäger als eines der meinem Kommandobereich
zugeordneten Fähigkeitskommandos unterstellt.
Im Rückblick auf meine frühere Verwendung als Stellvertreter Befehlshaber im Wehrbereich II, wo mir 2 Feldjägerbataillone unmittelbar unterstellt waren, ist es mir eine Freude heute feststellen zu
können, weiche Entwicklung die Feldjägertruppe, gerade auch in
ihrer strukturellen Ausprägung, in den letzten Jahren erfahren hat.
Die heute aus einem Fähigkeitskommando sichergestellte Führung
ist ein Gewinn und wird der Bedeutung dieser Truppengattung mit
ihren vielfältigen und unterschiedlichen Spezialisierungen gerecht,
hier vor allem auch mit dem Blick auf sich immer wieder verändernde Einsatzerfordernisse, auf die nur so flexibel und angemessen reagiert werden kann.
Im persönlichen Erleben möchte ich hier auch meine eigene Einsatzerfahrung herausstellen, wo es gerade „meine Feldjäger" waren, die nicht nur in ihrem Einsatzauftrag
überzeugt haben, sondern auch in ganz besonderem Maße durch ihr Engagement für Teamgeist und
Zusammenhalt dafür gesorgt haben, dass keiner „ALLEINE" war.
Das was wir unter dem Begriff „Kameradschaft" manchmal so richtig im täglichen Dienst nicht „fassen"
können, habe ich dort im täglichen Miteinander erleben dürfen. Und das hat die Feldjägertruppe praktiziert.
Es freut mich und es macht mich auch ein wenig stolz, dass ich in meiner neuen Verwendung nunmehr
ein zweites Mal für diese Truppengattung Mitverantwortung tragen darf.
Jürgen Knappe
Brigadegeneral
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1.6 Grußwort des Befehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr
(bis 03.11.2015)
Kameradinnen und Kameraden, sehr geehrte Damen und Herren,
unsere Bundeswehr ist eine Armee im Einsatz. Als Befehlshaber
des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und verantwortlicher Vorgesetzter für die Auslandseinsätze auf operativer Ebene
erlebe ich immer wieder, dass die Auftragserfüllung in der gesamten Bandbreite unserer Einsätze ohne die besondere Rolle der
Feldjägertruppe schwerlich vorstellbar wäre. „Wenn man einem
Feldjäger einen Befehl gab, war man sicher" - diesen preußischen
Grundsatz kennen Sie alle, und auch ich zitiere ihn gerne, wenn
ich an den elementaren Beitrag unserer Feldjäger im Einsatz
denke. Angefangen von den ersten Einsätzen noch in den frühen
1990er Jahren in Somalia über die Stabilisierungsmaßnahmen in
Bosnien-Herzegowina und Kosovo sowie den vielfältigen Aufgaben in Afghanistan bis hin zu der mandatierten Strafverfolgung im
Kontext des aktuell laufenden, maritimen Einsatzes ATALANTA ist
der Beitrag der Feldjägertruppe an der gesamten Erfüllung unseres
jeweiligen Auftrags im Einsatz nicht mehr wegzudenken. Es trifft
also tatsächlich zu, wie es landläufig heißt: „Überall, wo Truppe ist, ist auch ein Feldjäger." Dies bedeutet
auch den Einsatz des eigenen Lebens, wie es dem Beruf des Soldaten entspricht - und in Trauer und Dankbarkeit verneige ich mich vor den in den Einsätzen der Bundeswehr gefallenen Feldjägern.
Für mich als militärischen Führer stellen nicht nur, aber insbesondere auch die besonderen Fähigkeiten der
Feldjäger im Bereich des militärischen Ordnungsdienstes einschließlich der Erhebungen und Ermittlungen
absolut unverzichtbare Grundlagen meiner Führungsentscheidungen dar.
Der Wandel unserer Bundeswehr von der reinen Landesverteidigung im Kalten Krieg hin zu Streitkräften
im weltweiten Einsatz hat die Feldjägertruppe vor besonders große Herausforderungen gestellt- und die
Feldjäger haben sie angenommen und bestanden, ich sehe heute und in Zukunft keine Operation zu
Wasser und zu Lande und selbst keine militärische Evakuierung auf dem Luftwege, wo nicht auf so gut
wie jedem Luftfahrzeug und jedem Schiff ein Feldjägerkontingent fest eingeplant ist. Ich selbst - und diese
persönliche Anmerkung sei mir erlaubt - schulde „meinen" Feldjägern, die mich in den Einsätzen als treue
und aufopfernde Kameraden in der Rolle der Personenschützer begleitet haben, großen Dank, den ich
auch hier abstatten möchte.
Es ist gut zu wissen, dass wir an dieser Stelle auf sechs überaus erfolgreiche Dekaden der Feldjägertruppe
unserer Bundeswehr zurückschauen dürfen und auf eine Geschichte aufbauen können, die für die Feldjäger mit der Gründung des Reitenden Feldjägerkorps der Preußischen Armee im Jahre 1740 nun sogar 275
Jahre zurückreicht. Zu diesem doppelten Jubiläum gratuliere ich den Feldjägern im Namen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr aus ganzem Herzen und verbinde dies mit meinem Dank und meiner
vorzüglichen Wertschätzung für ihre Leistungen in sämtlichen Auslandseinsätzen, die wir bisher zu bestehen hatten und auch weiterhin zu bestehen haben werden.
Fritz
Generalleutnant
Diese reichen von justitiablen Tatsachenfeststellungen bis hin zu Feldjägerberichten, die häufig wiederum
Grundlage der Berichte an die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung sowie der Zusammenarbeit meiner Rechtsberater mit den Staatsanwaltschaften sind. Auch bei der Ausführung des mandatierten
Auftrags, sei es bei „Crowd and Riot Control"-Operationen oder „Search and Detention", können Feldjäger von ihrer Ausbildung und den Erfahrungen in den streitkräftepolizeilichen Verwendungen im Inland
profitieren.
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1.7 Grußwort des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums
Die Feldjäger in der Bundeswehr feiern in diesem Jahr ein doppeltes Jubiläum - 60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr und 25 Jahre
Armee der Einheit. Dazu gratuliere ich herzlich.
Es war eine mühsame Aufgabe, die die deutschen Polizisten und die Bundeswehrangehörigen erledigten,
eine Arbeit der vielen kleinen Schritte, die mit viel Geduld und viel Zeit zum Erfolg führen sollte. Im Ergebnis wurden im Rahmen des bilateralen Polizeiprojekts German Police Project Team (GPPT) in den letzten 13
Jahren insgesamt rund 72.000 Aus- und Fortbildungs- sowie Mentoringmaßnahmen für die afghanische
Polizei durchgeführt. Mit rund 157.000 ausgebildeten Polizisten war der personelle Aufbau der afghanischen Polizei 2014 abgeschlossen. Zukünftig wird sich das Engagement der Bundespolizei auf die Beratung von Entscheidungsträgern und die Fortbildung in speziellen Bereichen beschränken.
Unsere beiden Organisationen, Bundeswehr sowie Bundespolizei,
waren in den letzten Jahrzehnten tiefgreifenden Veränderungen
unterworfen. Mit dem Zusammenbruch der Berliner Mauer am 9.
November 1989 entfiel für zahlreiche Grenzschützer aus Ost und
West die Beschäftigungsgrundlage. Sowohl der Bundesgrenzschutz
als auch die Bundeswehr hatten zudem gemeinsam mit ihren ostdeutschen Pendants die Herkulesaufgabe zu stemmen, über Nacht
aus zwei Organisationen eine zu machen.
Zu den verfassungsbedingt weniger ausgeprägten Berührungspunkten zwischen Bundespolizei und Bundeswehr im Inland zählen Ausbildungskooperationen, auch im Personenschutz, Einsätze in Katastrophenfällen, wie beim Hochwasser 2013, sowie ein ständiger Abgleich über Verbindungsbeamte.
Unsere Organisationen verbindet eine enge Partnerschaft, die sich auch im personellen Bereich in Form
von zahlreichen Wechseln von Bundeswehrangehörigen zur Bundespolizei und umgekehrt zeigt. Wir ergänzen uns mit unseren Fähigkeiten gut und können so, im In- wie auch im Ausland, optimale Ergebnisse
bei unseren Einsätzen erzielen.
Wie geht man mit den Angehörigen der NVA um, wie mit denen
der Grenztruppen der DDR? Und dies vor dem Hintergrund einer
sich grundsätzlich verändernden politischen Weltlage?
Die Zusammenführungen ost- und westdeutscher Soldaten und
ost- und westdeutscher Polizisten gelangen, wenn auch nicht ganz reibungslos. In jedem Fall wurden die
beiden großen Organisationen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz wie der damalige Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg es einmal bezeichnete: „Schrittmacher der deutschen Einheit".
Ich wünsche uns allen, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bundespolizei auch in
Zukunft so erfolgreich weiterentwickeln wird.
Mit freundlichen Grüßen
Zu den notwendigen und gut gemeisterten Reformen der Bundeswehr und des damaligen Bundesgrenzschutzes gesellten sich für beide Organisationen schnell neue Herausforderungen.
Seit 1989 nehmen deutsche Polizeivollzugsbeamte des Bundes und der Länder an friedenssichernden und
friedenserhaltenden Einsätzen in verschiedenen Krisengebieten der Weit teil. Die Bundeswehr ist seit 1990
zunächst in humanitären, später in friedenserzwingenden Einsätzen, die zuweilen immer robuster wurden,
gefordert.
Dr. Dieter Romann
Uns allen ist dabei vor allem der langjährige Afghanistaneinsatz vor Augen. Hier haben insbesondere die
Feldjäger und die Bundespolizei durch ihren Einsatz die zivil-militärische Zusammenarbeit in einem neuen
Licht erscheinen lassen. Sie kümmerten sich gemeinsam um die Ausbildung afghanischer Polizisten in den
so genannten FDD Teams (Focused District Development).
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1.8 Grußwort des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder
Zum 275-jährigen Bestehen der Feldjäger und zum 60-jährigen
Jubiläum der Feldjäger in der Bundeswehr übermittle ich Ihnen
meinen herzlichen Glückwunsch.
Bereits 1740 wurde in der damaligen preußischen Armee das Reitende Feldjägerkorps aufgestellt. Diese weitsichtige Entscheidung
Friedrichs des Großen zeigt, dass Feldjäger schon damals als unverzichtbarer Teil einer funktionierenden Armee gesehen wurden.
Hieran hat sich bis heute nichts geändert.
Nach Unterzeichnung des Aufstellungsbefehls Nr. 1 für die Bundeswehr am 6. Oktober 1955 durch den ersten Generalinspekteur der
Bundeswehr, General Adolf Heusinger, wurde in Andernach eine
Lehrkompanie für die Militärpolizei aufgestellt. Ende Januar 1956
wurde der Begriff Militärpolizei durch „Feldjäger" aufgrund der
den Ländern obliegenden Polizeihoheit ersetzt. Damit wurde die
Traditionsbezeichnung Feldjäger wieder aufgegriffen und ist seither
im Sprachgebrauch fest als „Marke" verankert.
Die Feldjäger haben sich in der Bundeswehr mit ihrem inzwischen breiten Aufgabenspektrum zu einem
unverzichtbaren Truppenteil entwickelt. Die Feldjägertruppe ist damit eine bedeutende Organisation im
Gesamtgefüge der Bundeswehr geworden. Sie unterstützt in vielen Bereichen durch die Wahrnehmung
vielfältiger militärpolizeilicher Aufgaben die Auftragserfüllung der Bundeswehr. Sie helfen beim Überwachen der militärischen Disziplin und Ordnung, sorgen für Sicherheit und sind verantwortlich für den
militärischen Verkehrsdienst sowie Erhebungen und Ermittlungen, insbesondere bei Großveranstaltungen,
die von der Bundeswehr ausgerichtet werden, wie zum Beispiel öffentliche Gelöbnisse, arbeiten Polizei
und Feldjäger in enger Abstimmung zusammen. Gemeinsam die Sicherheit aller Teilnehmer bei derartigen
Veranstaltungen zu gewährleisten, verbindet und schafft ein gemeinsames Verständnis als Basis guter
Kooperation zwischen Feldjägern und Polizei.
Genauso wie die Bundeswehr insgesamt, befinden sich auch die Soldaten der Feldjägertruppe seit langem regelmäßig im Auslandseinsatz und beteiligen sich an friedenserhaltenden und friedenssichernden
Maßnahmen. Hierbei haben sich die Angehörigen der Feldjägertruppe insbesondere durch das Erfüllen
anspruchsvoller Spezialaufgaben auch auf internationaler Ebene große Anerkennung erworben. Der
insgesamt gewachsenen Bedeutung der Feldjäger wurde durch die Einrichtung des in Hannover beheimateten Kommandos Feldjäger im Jahre 2013 Rechnung getragen.
Mit ihrem Einsatz leisten die Soldaten der Feldjägertruppe einen wichtigen Beitrag, die Weit ein Stück
sicherer zu machen.
Ich wünsche der Feldjägertruppe, die ich gemeinsam mit vielen Kollegen der Polizei in zahlreichen Einsätzen schätzen gelernt habe, für die Zukunft alles Gute und stets eine gesunde Rückkehr aus den Einsätzen.
Wolfgang Lohmann
Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder
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1.9 Grußwort des Präsidenten der Kameradschaft der Feldjäger e.V.
Liebe Leserinnen und Leser,
das Jahr 2015 ist für alle aktiven und ehemaligen Soldaten, Reservisten und Freunde der Feldjägertruppe, kurz für das gesamte
Feldjägerkorps ein Jahr der Jubiläen.
So ist es exakt 275 Jahre her, dass Friedrich der Große am 24.
November 1740 dem Oberjäger Schenck die Aufstellung einer
schon bald darauf als „Feldjäger" bezeichneten neuen Truppengattung befahl, von der das Feldjägerwesen der Bundeswehr
seine Namensgebung ableitet. Zugleich blicken die Feldjäger der
Bundeswehr in diesem Jahr aber auch auf eine eigene bereits 60
Jahre währende Geschichte zurück, da sie zu den ersten Soldaten
zählten, die am 12. November 1955 in Andernach zusammengezogen wurden und die Kadereinheiten der neu aufzustellenden
bundesdeutschen Streitkräfte bildeten. Und schließlich jährt sich
der Gründungstag der Kameradschaft der Feldjäger e.V. und
damit desjenigen Vereins, der sich zum Ziel gesetzt hat, die aktive
Feldjägertruppe mit den Mitteln einer zivilrechtlich verfassten Personenvereinigung nach besten Kräften zu
unterstützen, alle Angehörigen des Feldjägerkorps auch über die aktive Dienstzeit hinaus kameradschaftlich miteinander zu verbinden sowie dazu beizutragen, Tradition und Geschichte des Feldjägerwesens zu
bewahren, in diesem Jahr bereits zum 35. Mal.
Anlass genug also, nicht nur zu feiern, sondern auch eine Festschrift vorzulegen, um die anstehenden
Jubiläen angemessen zu würdigen. Herausgekommen ist eine - wie ich meine - sowohl für das militärische
Fachpublikum als auch für den interessierten Laien ebenso informative wie spannende und lehrreiche
Darstellung, die sich nicht nur - wie andere Publikationen zu ähnlichen Anlässen - darauf beschränkt, die
Historie nachzuzeichnen, sondern vielmehr einen Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart bis
hin zur Zukunft des Feldjägerwesens spannt. Dies konnte nur aufgrund der guten und engen Zusammenarbeit zwischen dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr einerseits und der Kameradschaft der Feldjäger e.V. andererseits gelingen.
Für diese Zusammenarbeit bin ich als Präsident der Kameradschaft der Feldjäger e.V. dem Kommando
Feldjäger der Bundeswehr ausgesprochen dankbar und hoffe, dass sie sich auch zukünftig weiterhin so
fruchtbar gestaltet, wie dies durch die Herausgabe der vorliegenden Festschrift exemplarisch verdeutlicht
wird. Der Festschrift selbst wünsche ich eine weite Verbreitung und eine positive Resonanz der hoffentlich
zahlreichen Leserschaft.
Ihr
Dr. Peter Schütz
Präsident der Kameradschaft der Feldjäger e.V.
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2 Die Feldjäger der Bundeswehr
2.1 Die Gründung der Feldjägertruppe und ihre Namensgebung
2.2 Die Entwicklung der Feldjägertruppe in der Bundeswehr
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2 Die Feldjäger der Bundeswehr
2.1 Die Gründung der Feldjägertruppe und ihre Namensgebung
Oberstlt d.R. Dr. Peter Schütz,
Präsident der Kameradschaft der Feldjäger e.V.
Die Feldjägertruppe ist die Militärpolizei der
Bundeswehr. Diese scheinbar banale Erkenntnis ist
keineswegs so selbstverständlich, wie es zunächst
den Anschein haben mag. Denn dass es sich bei
der Feldjägertruppe um eine Truppengattung handelt, die militärpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt,
ist weder dem militärisch nicht vorgebildeten Betrachter noch den an die Bezeichnung „Militärpolizei“ gewöhnten Angehörigen der verbündeten
Die Rechtsstellung der geplanten Militärpolizei
Streitkräfte in der NATO auf den ersten Blick ersichtlich.1 Die durch diesen Befund aufgeworfene
Frage, wie es dazu kommen konnte, dass die für
die Aufstellung der Bundeswehr verantwortlichen
Planer im Bundesministerium der Verteidigung
nicht den Begriff „Militärpolizei“, sondern die
Bezeichnung „Feldjäger“ für die neu zu schaffende militärische Ordnungstruppe auswählten, lässt
sich nur im Wege eines Rückblicks auf die Frühzeit
der bundesdeutschen Verteidigungsplanungen
beantworten.
Die Planungen für die europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und ihre
Auswirkungen auf die deutsche Bezeichnung für die geplante militärische
Ordnungstruppe
Nachdem sich die anfänglich vollständig ablehnende Haltung der Siegermächte des Zweiten
Weltkrieges gegenüber einer deutschen Wiederbewaffnung, die ihren sichtbarsten Ausdruck in
den alliierten Rechtsetzungsakten zur Entmilitarisierung Deutschlands2 gefunden hatte, unter dem
Eindruck des Kalten Krieges und der Verschärfung
des Ost-West-Konfliktes schon bald nach Inkrafttreten des Grundgesetzes gewandelt hatte und
der zunehmenden Befürwortung einer deutschen
Wiederbewaffnung durch das westliche Ausland
gewichen war,3 gab der französische Ministerpräsident Pleven am 24. Oktober 1950 vor der Nationalversammlung eine Regierungserklärung ab, die
die Grundlage für den Entwurf einer Europäischen
Verteidigungsgemeinschaft (EVG) bildete. Dieser
sogenannte „Pleven-Plan“ sah die Schaffung von
gemeinsamen europäischen Streitkräften vor,
innerhalb welcher keine nationalen militärischen
Verbände mehr bestehen, sondern alle Verbände
europäisch sein sollten.4
Dementsprechend waren auch in der Bundesrepublik die Verteidigungsplanungen der Jahre 1950
bis 1954 ausschließlich auf die Organisation des
deutschen Beitrags zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ausgerichtet.
1 So auch Raap, Christian: „Umbenennung der Feldjägertruppe in
‚Militärpolizei‘?“, NZWehrr 1997, S. 199.
2 Vgl. Alliierte Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20.09.1945, Amtsblatt der Militärregierung Deutschland - Britisches Kontrollgebiet
(nachfolgend: Amtsbl.) Nr. 5, S. 27; Kontrollrats Direktive Nr. 18 vom
12.11.1945, Amtsbl. Nr. 9, S. 190; Kontrollratsgesetz Nr. 34 vom
20.08.1946, Amtsbl. Nr. 13, S. 295.
3 Ausführlich: Hahnenfeld, Günter: „Wehrverfassungsrecht“, Hamburg/ Berlin 1964, S. 35 f.
4 Vgl. Art. 9 und 15 EVG-Vertrag (BGBl. II 1954, S. 342) und ausführlich: Scheuner, Ulrich: „Beitritt der Bundesrepublik zur Europäischen
Verteidigungsgemeinschaft und Grundgesetz. Rechtsgutachten“,
(Bonn), 1952, S. 6 ff.
5 Stellungnahme der deutschen Delegation der Section 1/I zum Schreiben CM/Org/ll/168 vom 05.05.1953, Bundesarchiv-Militärarchiv
(nachfolgend: BA-MA), Signatur BW 9/1578, Bl. 167.
Dabei musste man sich schon sehr frühzeitig mit
der Frage einer militärischen Ordnungstruppe
befassen, da sowohl das ergänzend zum EVGVertrag ausgehandelte „Justizprotokoll“ in Art. 30
Ziffer 8 als auch das ‚Abkommen über die Rechtsstellung der europäischen Verteidigungsstreitkräfte“ in Art. 5, § 2 die Aufstellung einer solchen
Truppengattung vorsah.5 Der in den genannten
Abkommen verwendete Begriff für diese militärische Ordnungstruppe lautete „police militaire“.
Das hatte dann beinahe zwangsläufig zur Folge,
dass sich alsbald auch im Sprachgebrauch der
deutschen Aufstellungsplanungen für den Beitrag
zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft der
Name „Militärpolizei“ durchsetzte.
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Die demzufolge allgemein als „Militärpolizei“ bezeichnete Ordnungstruppe der geplanten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft sollte auch nach
den Vorstellungen der deutschen Delegation im
Planungsstab polizeiliche Aufgaben in einem umfassenden Sinne wahrnehmen. Vorgesehen war
nämlich nicht nur eine Aufgabenzuweisung auf
dem Gebiet des militärischen Ordnungsdienstes.
Vielmehr sollten spezielle Einheiten der Militärpolizei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft
(die sogenannten „circulation routière“) auch mit
Befugnissen zur Regelung des zivilen Straßenverkehrs ausgestattet werden6 und damit eine
Tätigkeit ausüben, die nach deutschem Recht
materiell immer eine Polizeiaufgabe ist. Darüber
hinaus sahen die Planungen auch die Mitwirkung
der Militärpolizei im Bereich der zivilen Strafverfolgung vor.7 Zu diesem Zweck sollten den Militärpolizisten im Dienst gegenüber allen Angehörigen
der Streitkräfte ohne Differenzierungen nach
Dienstgraden die im Einzelnen genau festgelegten
Befugnisse eines Hilfsbeamten der Wehrstaatsanwaltschaft, die in der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft auch im Frieden vorgesehen war8,
verliehen werden.
Gegenüber Zivilpersonen, die bestimmte strafbare
Handlungen wie etwa Sabotage oder Beschädigung von Einrichtungen der Streitkräfte begingen, war schließlich sogar vorgesehen, dass die
Militärpolizisten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft die Rechtsstellung der damals noch
so bezeichneten „Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft"9 (§ 152 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes) mit allen sich daraus in den einzelnen
Mitgliedsländern ergebenden Befugnissen10
erhalten sollten.11
6 Vortragsnotiz des G1/Paris vom 07.05.1953, BA-MA, Signatur BW
9/1578, Bl. 16
7 Stellungnahme der deutschen Delegation der Section 1/l, a.a.O. (s.o.
Fn. 5), Bl. 168.
8 Zu dieser Zeit enthielt das Grundgesetz noch nicht die Ermächtigung zur Errichtung von Wehrstrafgerichten für die nationalen
Streitkräfte, bei denen eine Wehrstaatsanwaltschaft hätte tätig sein
können. Dieser Ermächtigung bedurfte es vielmehr überhaupt erst
nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft.
Daher ist sie erst durch das „Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes“ vom 19.03.1956 (BGBl. I 1956, S. 111) als Art. 96 a (heute
Art. 96 Abs. 2 GG) in das Grundgesetz eingefügt worden. Danach
können Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte durch Bundesgesetz
errichtet werden, die jedoch im Frieden die Strafgerichtsbarkeit
lediglich über solche Angehörige der Streitkräfte ausüben können,
die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. Indessen hat der Bundesgesetzgeber von der ihm in Art.
96 Abs. 2 GG eingeräumten Befugnis keinen Gebrauch gemacht, so
dass eine Wehrstaatsanwaltschaft in Deutschland bis zum heutigen
Tag nicht existiert. Hiervon zu unterscheiden sind die Wehrdiszipli-
naranwälte bei den Truppendienstgerichten bzw. der Bundeswehrdisziplinaranwalt beim Bundesverwaltungsgericht, die von § 81 Abs.
1 und 3 WDO vorgesehen sind, denn die Wehrdienstgerichte des
Bundes basieren nicht auf Art. 96 Abs. 2 GG, sondern gehen auf
Art. 96 Abs. 4 GG zurück. Sie sind von der deutschen Delegation in
ihrer Stellungnahme (a.a.O., s. o. Fn. 5) auch nicht gemeint.
9 Seit dem 30. August 2004 wird stattdessen im Gerichtsverfassungsgesetz ebenso wie in der Strafprozessordnung der Begriff der „Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft“ verwendet, ohne dass
mit diesem Wechsel in der Bezeichnung inhaltliche Veränderungen
verbunden gewesen sind.
10 In Deutschland waren das nach der Strafprozessordnung in der
damals gültigen Fassung: Anordnung einer körperlichen Untersuchung eines Beschuldigten, § 81 a StPO, oder eines Unverdächtigen,
§ 81 c StPO; Anordnung einer Beschlagnahme, § 98 Abs. 1 StPO;
Anordnung einer Durchsuchung, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO.
11 Vgl. die „Studie über die Forderungen hinsichtlich der Rechtsstellung der Militär-Polizei“ vom 04.03.1953, BA-MA, Signatur BW
9/1578, Bl. 104.
Die Verteidigungsplanungen der Bundesrepublik
nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft
Indessen scheiterte das Vorhaben der Aufstellung
einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft,
weil die französische Nationalversammlung den
zu diesem Zweck geschlossenen Verträgen am
25. Oktober 1954 die Ratifikation verweigerte.
Nunmehr musste die Bundesrepublik ihre Absichten hinsichtlich einer Wiederbewaffnung ändern
und die Errichtung einer nationalen Armee in
Angriff nehmen. Aus naheliegenden Gründen der
Planungseffizienz griff man dabei aber so weit
als möglich auf die mit Blick auf die Europäische
Verteidigungsgemeinschaft geleisteten Vorarbeiten zurück.
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Die Planungen für den militärischen Ordnungsdienst der Bundeswehr:
Die Friedensorganisation
Für den militärischen Ordnungsdienst hieß dies
zunächst, dass die künftige Bundeswehr ebenso,
wie es schon die Planungen für die Europäische
Verteidigungsgemeinschaft vorgesehen hatten,12
auch im Frieden eine dafür zuständige Truppengattung aufweisen sollte. Neben den anlässlich
der Verhandlungen mit den Partnern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gewonnenen
Einsichten in die Notwendigkeit einer solchen
Truppe waren dafür auch die Erfahrungen, die im
Zweiten Weltkrieg mit den nur im Kriegsfall bestehenden Ordnungstruppen gemacht worden waren, ausschlaggebend. Danach war klargeworden,
dass ein moderner Krieg eine bereits im Frieden
geübte und auf ihre kriegsbedingten Aufgaben
vorbereitete Truppe erforderte, die Ordnung und
Disziplin aufrechterhalten, den umfangreichen
Verkehrsdienst versehen und Sicherheitsaufgaben
zuverlässig wahrnehmen konnte.13
So hatte es sich etwa beim Einsatz der Feldgendarmerie im Zweiten Weltkrieg nachteilig
bemerkbar gemacht, dass ihre Angehörigen vor
dem Kriegsausbruch lediglich bei einigen wenigen Großmanövern mit der Art ihrer militärischen
Verwendung in Berührung gekommen waren.
Das hatte nämlich nicht nur dazu geführt, dass
die Feldgendarmen nur unzureichend auf ihre
Aufgaben vorbereitet waren und die notwendigen
Kenntnisse über die Eigenarten und Erfordernisse
der Streitkräfte sowie über die kriegsbedingten
Schwierigkeiten des militärischen Straßenverkehrs
erst im Laufe des Krieges erwerben mussten.14
Vielmehr war damit umgekehrt auch eine die
zweckmäßige Verwendung der Feldgendarmerie
erheblich behindernde Unkenntnis der Einsatzmöglichkeiten dieser Truppengattung bei den
übrigen Streitkräften im Allgemeinen und der
12 Vgl. zur geplanten Friedensorganisation der Militärpolizei der
Europäischen Verteidigungsgemeinschaft die bereits erwähnte
Vortragsnotiz des G1/Paris vom 07.05.1953, a. a. O. (s. o. Fn. 6),
passim.
13 Böckle, Karlheinz: „Feldgendarmen. Feldjäger. Militärpolizisten. Ihre
Geschichte bis heute“, Stuttgart, 1987, S. 195.
14 Weitere Schwierigkeiten, die aus der Kaderung der Feldgendarmerie
resultierten, führt Boßbrügge, Herbert: „Zum Aufsatz ,Die Feldgendarmerie‘ von A. Sehrt“, in: „Wehrkunde“, Jahrgang 1955, S. 453,
an und folgert daraus sogar, dass der Feldgendarmerie während des
gesamten Krieges das improvisorische Wesen eigen gewesen sei.
Truppenführung im Besonderen verbunden.15
Entscheidend aber dürfte für die friedensmäßige
Einplanung eines Ordnungsdienstes in der Bundeswehr diejenige Überlegung gewesen sein, die
der Berichterstatter des Verteidigungsministeriums
in der 52. Sitzung des Bundestagsausschusses
für Fragen der europäischen Sicherheit (später
Verteidigungsausschuss genannt) am 13. Oktober
1955 vorgetragen hat, als sich einige Ausschussmitglieder darüber wunderten, dass im Gegensatz
zur Situation in der Wehrmacht nunmehr eine
militärische Ordnungstruppe auch in Friedenszeiten für erforderlich gehalten wurde. Danach
wurde es im Verteidigungsministerium als unausweichlich eingeschätzt, dass es in Standorten, in
denen deutsche Soldaten gemeinsam mit Angehörigen der in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte untergebracht waren, zu
Zusammenstößen kommen würde. Ein wirksames
Einschreiten in diesen Fällen erforderte aber nach
der Überzeugung des Verteidigungsministeriums,
insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass
gerade die ausländischen Soldaten den Begriff
„Militärpolizei“ schon seit Jahren oder vielleicht
sogar Jahrzehnten gewöhnt waren, das Auftreten
eines Militärpolizisten, der sich „gewissermaßen
ausweist, dass er zu Recht eingreift“.16 Aus diesen
Gründen wurde das Bestehen einer militärischen
Ordnungstruppe auch im Frieden eingeplant.
Dabei ging man davon aus, dass diese Truppe
schon aus den ersten Soldaten, die aufgrund
des „Freiwilligengesetzes“ vom 23. Juli 195517
die Kadereinheiten für die neu aufzustellenden
deutschen Streitkräfte bildeten, formiert werden
sollte, da zumindest die Einsatzbereitschaft einiger
Gruppen erwünscht war, sobald die personelle
Auffüllung der Bundeswehr in größerem Umfang
vorangetrieben würde.18
15 Sehrt, A.: „Die Feldgendarmerie“, in: „Wehrkunde“, Jahrgang
1955, S. 302.
16 Stenographisches Protokoll der 52. Sitzung des Ausschusses für
Fragen der europäischen Sicherheit am 13.10.1955, S. 9 und S. 31
f., Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestags.
17 BGBl. I 1955, S. 449.
18 Stenographisches Protokoll der 52. Sitzung des Ausschusses für
Fragen der europäischen Sicherheit am 13.10.1955, S. 31, a.a.O.
(s.o. Fn. 16)
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Dementsprechend sahen sowohl die Aufstellungsweisung Nr. 1 des Verteidigungsministers Blank
vom 4. Oktober 195519 als auch der zur Ausführung dieser Weisung von General Heusinger am
6. Oktober 1955 erlassene Aufstellungsbefehl
Nr. 120 zum 1. Januar 1956 bereits die Bildung ei-
ner Militärpolizei-Lehrkompanie in Andernach vor,
die die heeresübliche Gliederung mit sechs Offizieren, 137 Unteroffizieren und 33 Mannschaften
aufweisen sollte. Damit zählte die Feldjägertruppe
zu den ersten fünf Lehreinheiten des neu aufzustellenden Heeres.
Abb. 1 Erster Besuch Konrad Adenauer bei den Streitkräften in Andernach am 20. Januar 1956
Die „Entpolizeilichung“ der Aufgaben
Indessen begnügte sich der Ausschuss für Fragen
der europäischen Sicherheit in der vorerwähnten
Sitzung nicht damit, den Berichterstatter des Verteidigungsministeriums lediglich nach der Friedensorganisation der geplanten Ordnungstruppe
zu befragen, sondern wollte darüber hinaus auch
noch über die ihr zugedachten Aufgaben informiert werden. Hierzu führte der Berichterstatter
des Verteidigungsministeriums daraufhin wörtlich
aus:21
„Es ist ganz klar unterschieden zwischen der
Aufgabe im Frieden - das ist eine reine Aufgabe
der Aufrechterhaltung der Ordnung der eigenen
Truppe - und der Aufgabe im Kriege, wo insbesondere im Feindesland möglicherweise weitere
Aufgaben hinzukommen, die dann eine gewisse
Parallele zu normalen Polizeibefugnissen haben
können. Im Frieden hat diese [...] Militärpolizei
keine Hoheitsrechte sondern ist nur ein internes
Organ zur Aufrechterhaltung der Disziplin: das
wären also ,Streifendienst‘ und ähnliche Dinge.
Die zweite Aufgabe ist die der Verkehrsregelung
z. B. bei Marschbewegungen. Da ist ein verkehrspolizeiliches Recht gegenüber der eigenen Truppe
gegeben, nicht aber das ergänzende verkehrspolizeiliche Recht gegenüber Zivilfahrzeugen. Das
muss bei einem solchen Manöver vorher vereinbart sein und z. B. in der Form der vorübergehenden Sperrung einer Straße durch die zuständige
Polizei gemacht werden.
19 BA-MA, Signatur BW 2/5143, Bl. 68 f.
20 BA-MA, Signatur BW2/5143, ohne Blattangabe.
21 Sitzungsprotokoll, a.a.O. (s. o. Fn. 16), S. 29 bis 31.
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[...]. Eine dritte mögliche Aufgabe besteht für die
Militärpolizei darin, dass man für vorübergehende
Aufgaben rasch eine Truppe zur Verfügung hat,
die zu der einen oder anderen Bewachungsaufgabe eingesetzt wird.“
Vergleicht man die mit diesen Äußerungen nur
kursorisch umrissenen Aufgaben und Befugnisse,
die für die Militärpolizei der Bundeswehr vorgesehen worden waren, mit denen, die die Militärpolizei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft
hätte erhalten sollen, so fällt die starke Restriktion
auf, die in dieser Hinsicht in den Planungen eingetreten ist und die sich am ehesten mit dem Schlagwort „Entpolizeilichung"22 umschreiben lässt.
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Jegliche über den Bereich der eigenen Streitkräfteorganisation hinausreichende polizeiliche Funktion
und Kompetenz, die noch für die Militärpolizei der
Europäischen Verteidigungsgemeinschaft vorgesehen war, ist der Militärpolizei der Bundeswehr in
diesem Stadium der Vorbereitung für die Aufstellung der bundesdeutschen Streitkräfte genommen
worden. Es handelte sich bei der Militärpolizei
jetzt nicht mehr um eine Polizeitruppe in dem
Sinne, dass ihr auch allgemeinpolizeiliche Aufgaben und Befugnisse übertragen waren, sondern
vielmehr nur noch um ein Instrument der Stäbe
und Kommandobehörden zur Truppenführung.23
Die Entwicklung der Namensgebung der Feldjägertruppe in den Jahren 1955/56
Dessen ungeachtet wurde die Bezeichnung der
neuen Ordnungstruppe der Bundeswehr als „Militärpolizei“ zunächst unverändert beibehalten. Eine
Hinterfragung dieser Namensgebung durch die
verantwortlichen Planer im Verteidigungsministerium lässt sich in den überlieferten Akten für diesen
Zeitpunkt nicht nachweisen.
Im Gegensatz dazu gab sich der Ausschuss für
Fragen der europäischen Sicherheit in seiner schon
erwähnten 52. Sitzung am 13. Oktober 1955 mit
dem Begriff der „Militärpolizei“ nicht mehr zufrieden und sprach sich ausdrücklich dagegen aus.
Abgesehen davon, dass die Bezeichnung als Militärpolizei für eine Truppengattung, die überhaupt
keine polizeilichen Aufgaben wahrnehmen sollte,
den Ausschussmitgliedern widersinnig vorkam,24
22 Der Begriff „Entpolizeilichung“ wird im allgemeinen in einem
anderen Zusammenhang verwendet. Danach kennzeichnet er die
aufgrund besatzungsrechtlicher Anordnungen in der amerikanischen und britischen Besatzungszone seit 1946 vollzogene Abtrennung zahlreicher Verwaltungsaufgaben der gefahrenabwehrenden
Verwaltung von der Zuständigkeit der Polizeibehörden. Hier wird
der Begriff hingegen umgekehrt dazu verwendet zu verdeutlichen,
dass der Militärpolizei nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Aufgaben und Befugnisse entzogen wurden,
die auch nach der heute gültigen Definition des Polizeibegriffs noch
als „polizeilich“ bezeichnet werden.
23 Vgl. Hommer, Dieter: „Die Führungstruppen des Heeres“, in:
„Kampftruppen“, Jahrgang 1977, Heft 6, S. 201; Wagner, P./
Gutsfeld, Wolfgang: „Freunde und Helfer. Feldjägertruppe im
Porträt“, in: „Truppenmagazin - Heer“, Jahrgang 1974, Heft 10, S.
16; vgl. dazu auch die Nr. 422 und 436 der früheren HDv 100/100
„Truppenführung“.
24 Sitzungsprotokoll, a.a.O. (s. o. Fn. 16), S. 32.
waren für dieses Votum auch Gründe der deutschen Militärtradition ausschlaggebend, denn eine
als Militärpolizei bezeichnete Truppe stellte ein
Novum in der deutschen Heeresgeschichte dar.
Dementsprechend führte ein Abgeordneter auch
aus, er halte den Ausdruck „Militärpolizei“ nicht
für glücklich, „weil die Bezeichnung ‚Militärpolizei‘ uns überhaupt fremd ist - sie klingt so amerikanisch [...]“.25
Schließlich fürchteten die Ausschussmitglieder
noch, dass die Bezeichnung „Militärpolizei“ zur
Begriffsverwirrung beitragen könne, da nach der
Verfassung der Bundesrepublik die Polizei nun
einmal reine Hoheitsaufgabe der Länder sei.26
Obwohl der Ausschuss sich darüber im Klaren
war, dass nach der geplanten Ausgestaltung der
Rechtsstellung der Militärpolizei ein Eingriff in Be25 A. a. O. (s.o. Fn. 16), S. 28.
26 A. a. O. (s.o. Fn. 16), S. 28; die hier vom Ausschuss geäußerte Ansicht, das Grundgesetz behalte die Polizeihoheit ausschließlich den
Ländern vor, ist in dieser Allgemeinheit allerdings nicht zutreffend,
da der Bund eine ganze Reihe spezieller polizeilicher Zuständigkeiten besitzt. Neben einzelnen im Grundgesetz ausdrücklich aufgeführten Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes im Bereich der
ausschließlichen ebenso wie auf dem Gebiet der konkurrierenden
und der Rahmen-Gesetzgebungskompetenz ist insoweit insbesondere darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts (seit BVerfGE 3, 407, 433 und 8, 143,
149 f.) jede Zuweisung einer Gesetzgebungskompetenz zugleich
als Annex- Kompetenz auch die Befugnis mit einschließt, innerhalb
des betreffenden Sachgebietes auch polizeiliche Fragen zu regeln.
Schließlich gibt es auch - wenngleich in weit geringerem Umfang
- Bundeskompetenzen zur Errichtung von Polizeibehörden (z. B. in
Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG).
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fugnisse der Länder nicht zu besorgen war, wollte
er schon im Ansatz das Aufkommen des Verdachts verhindern, die Bundesrepublik schaffe sich
auf dem Umweg über die Bundeswehr nach dem
durch das Gesetz vom 16. März 195127 gegründeten Bundesgrenzschutz eine weitere Bundespolizei
und umgehe damit die im Grundgesetz verankerte
föderative Struktur der Polizei.28
sich folgerichtig am 17. Januar 1956 auch folgender Eintrag:
"Besprechung IV A:
[...]. Der Verteidigungsausschuss hat sich gegen
den Begriff der Militärpolizei gewandt. Nun wird
dafür die Bezeichnung 'Feldjäger' verwendet".29
Dieser kritischen Argumentation des Ausschusses
für Fragen der europäischen Sicherheit schloss sich
nunmehr auch das Verteidigungsministerium an:
im Textband des Tagebuchs des Referats IV V Min
(Bl) 2 des Bundesverteidigungsministeriums findet
Die Entwicklung der Namensgebung der Feldjägertruppe endet dann schließlich offiziell mit der
Anordnung des Staatssekretärs Dr. Josef Rust vom
30. Januar 1956, wonach der bisher angewandte
Begriff "Militärpolizei" ab sofort durch die Bezeichnung "Feldjägertruppe" zu ersetzen war.30
27 BGBl. I 1951, S. 201.
28Diese rücksichtsvolle Haltung gegenüber potentiellen Empfindlichkeiten
der Länder in Bezug auf ihre Polizeihoheit musste dem Ausschuss schon
deshalb angezeigt erscheinen, weil der Widerstand der Länder gegen
die Errichtung des Bundesgrenzschutzes in den Jahren 1950 und 1951
zeitweise nahezu unüberwindlich gewesen war, vgl. Ehlert, Hans /
Greiner, Christian / Meyer, Georg / Thoß, Bruno: „Die NATO-Option",
in: „Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945 - 1956", hrsg.
vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Band 3, München, 1993, S.
476 m.w.N. in Fn. 210, sowie den im Bundeskanzleramt zum internen
Gebrauch erstellten "Abriss über die Geschichte des Bundesgrenzschutzes", Bundesarchiv, Signatur B 136/1929, Bl. 167. Noch im Jahre 1956,
als mit dem "Zweiten Gesetz über den Bundesgrenzschutz" vom 30.
Mai 1956 (BGBl. I 1956, S. 436) die weitgehende Heranziehung der
Grenzschutzangehörigen zum Zwecke eines beschleunigten Aufbaus
der Streitkräfte angestrebt wurde, der Bundesgrenzschutz gemäß § 4
des Gesetzes aber dennoch weiter bestehen und personell wieder aufgefüllt werden sollte, gab es Versuche einzelner Länder, die ungeliebte
Bundespolizei wieder abzuschaffen (Ehlert/Greiner/Meyer/Thoß, a.a.O.,
S. 479; "Abriss über die Geschichte des Bundesgrenzschutzes", a.a.O.,
Bl. 170 f.). So führte der Vertreter des Landes Hessen, unterstützt durch
die Vertreter der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern, schon in der
137. Sitzung des Bundesratsausschusses für Innere Angelegenheiten
am 14./15. Dezember 1955 aus, die Aufgaben des Bundesgrenzschutzes "einschließlich der Passnachschau könnten künftig auch von der
Landespolizei wahrgenommen werden, was eine Verstärkung der
Bereitschaftspolizeien der Länder bedingen würde". Er schlug daher
vor, den Bundesgrenzschutz aufzuheben und seine bei Aufstellung der
Streitkräfte noch verbleibenden Angehörigen in die Bereitschaftspolizeien der Länder zu überführen (Niederschrift über die 137. Sitzung des
Ausschusses für Innere Angelegenheiten am 14./15. Dezember 1955,
S. 26, in: Gesetzesdokumentation Nr. 392/55, Archiv des Bundesrats).
Im Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit begründete das
Land Hessen diesen Vorschlag dann ausdrücklich damit, dass "die
bisherige Durchlöcherung der Polizeihoheit der Länder" bedenklich
genug erscheine (Niederschrift über die 9. Sitzung des Ausschusses für
Fragen der europäischen Sicherheit des Bundesrats am 16. Dezember
1955, S. 3, a.a.O.). Indessen wurde der Vorschlag des Landes Hessen
schon vom Innenausschuss des Bundesrats in der zuvor erwähnten
Sitzung gegen die Stimmen der Vertreter von Bayern, Hessen und
Nordrhein-Westfalen bei Stimmenenthaltung der Vertreter von Berlin
und Baden-Württemberg abgelehnt (Sitzungsniederschrift, a.a.O., S.
29). Auch im Plenum des Bundesrats fand der Antrag des Landes Hessen (BR-Drucks. 392/2/55, a.a.O.) in erster Lesung am 21. Dezember
1955 keine Mehrheit (Stenographische Berichte der Verhandlungen des
Bundesrates, 151. Sitzung am 21. Dezember 1955, S. 385 (D)). Obwohl
sich in der Folgezeit auch die Bundestagsabgeordneten der SPD sowohl
in den Beratungen des Bundestagsausschusses für Angelegenheiten
der inneren Verwaltung am 11. April 1956 als auch im Plenum des
Bundestags (vgl. z.B. die Rede des Abgeordneten Eschmann, Stenographische Berichte der Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 2.
Wahlperiode, 145. Sitzung, S. 7657 (B)) der Auffassung anschlossen,
dass der Bundesgrenzschutz aufgelöst werden müsse, weil ihm nach
der Gründung der Bundeswehr nur noch polizeiliche Aufgaben verblieben, für deren Wahrnehmung der Bund aber nicht zuständig sei (so die
in der 22. Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren
Verwaltung des Bundestags am 11. April 1956 unter Zustimmung der
SPD gewählte Formulierung des anwesenden Vertreters des Landes
Bayern, vgl. das Stenographische Protokoll dieser Sitzung, S. 9, a.a.O.),
blieb der Bundesrat auch in letzter Lesung bei seiner Ablehnung des
nochmals gestellten hessischen Antrags (BR-Drucks. 188/1/56, a.a.O.)
und beschloss dementsprechend, den Antrag gem. Art. 77 Abs. 2 Satz
1 GG nicht zu stellen und damit auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzichten (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Bundesrates, 159. Sitzung am 18. Mai 1956, S. 164 (A)).
Auch der Bundestag verabschiedete das Gesetz mit den Stimmen der
Mehrheitsfraktionen (Stenographische Berichte der Verhandlungen
des Deutschen Bundestags, 2. Wahlperiode, 145. Sitzung, S. 7660
(D)). Zwar blieb damit der Bundesgrenzschutz erhalten, doch zeigt der
erhebliche Widerstand einiger Länder gegen die Existenz einer Bundespolizei, dass der Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit
zu Recht befürchtete, die Bezeichnung "Militärpolizei" könne zu einer
Beunruhigung der Länder führen. Raap, a.a.O. (s.o. Fn. 1), S. 202, hat
sogar noch im Jahre 1997 die Ansicht vertreten, dass auch heute noch
eine etwaige Umbenennung der Feldjägertruppe der Bundeswehr in
"Militärpolizei" ablehnende Reaktionen der Länder hervorrufen könnte.
29BA-MA, Signatur BW 9/2527-8, Bl. 16.
30BA-MA, Signatur BW 1/1040, Bl. 10. Damit hatte man indessen ebenfalls einen Begriff gewählt, der der deutschen Polizeigeschichte nicht
völlig fremd war. So waren beispielsweise bereits kurz nach Beginn des
Ersten Weltkrieges zahlreiche Unteroffiziere und Mannschaften aller
Truppengattungen des Heeres unter der Bezeichnung "Hilfsfeldjäger",
die in einer in den Kriegs-Korps- Verordnungsblättern Ende 1917
erschienenen Dienstanweisung offiziell übernommen wurde, zur Bekämpfung des Lebensmittel-Schleichhandels auf das Land abkommandiert worden. Obgleich demnach auch der Name "Feldjäger" schon
früher polizeiliche Bezüge aufgewiesen hatte, waren diese doch nur
sehr schwach ausgeprägt und fanden sich lediglich an so versteckten
Stellen der deutschen Polizeigeschichte, dass eine Beunruhigung der
Länder im Hinblick auf eine etwaige Beschneidung ihrer Polizeihoheit
keinesfalls im gleichen Maße zu besorgen war, wie es bei der Wahl der
Bezeichnung "Militärpolizei" der Fall gewesen wäre.
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Das preußische Reitende Feldjägerkorps als Leitbild der Namensgebung der
Feldjägertruppe der Bundeswehr
Damit steht zwar der äußere Ablauf der Namensgebung der Feldjägertruppe der Bundeswehr
fest. Auf welche Art und Weise der Gedanke
aufgekommen ist, die künftige Ordnungstruppe
der Bundeswehr „Feldjäger" zu nennen, lässt sich
dem heute noch zugänglichen Quellenmaterial
indessen nicht entnehmen. Berichten aus den
Kreisen der ersten Offiziere der „MilitärpolizeiLehrkompanie" in Andernach zufolge hat jedoch
das Verteidigungsministerium die zuständigen
Referenten im Ministerium und die Offiziere der
Lehrkompanie kurzfristig dazu aufgefordert, unverzüglich einen neuen Namen für die Ordnungstruppe der Bundeswehr zu suchen, nachdem die
Bezeichnung als „Militärpolizei" durch das Votum
des Verteidigungsausschusses obsolet geworden
war. In stundenlangen Diskussionen einigten sich
die Teilnehmer des vom Ministerium eingesetzten
Gesprächskreises dann schließlich darauf, den Namen „Feldjäger" vorzuschlagen. Mit der Annahme
dieses Vorschlags und der nachfolgenden entsprechenden Umbenennung der Ordnungstruppe der
Bundeswehr hat das Verteidigungsministerium
an die Bezeichnung anderer Truppengattungen
angeknüpft, die in der preußischdeutschen Heeresgeschichte schon einmal den Namen „Feldjäger" getragen haben. So hat es Feldjägertruppen
in Hessen, Bayern, Österreich und insbesondere
in Preußen gegeben, wo in Gestalt des Reitenden
Feldjägerkorps und des Feldjägerregiments zu Fuß
gleich zwei Namensvorläufer der BundeswehrFeldjäger existiert haben. Auch in späteren Zeiten
hat es immer wieder Truppenteile gegeben, die
die Bezeichnung „Feldjäger" führten. Gleichwohl
war von Anfang an allein das preußische Reitende
Feldjägerkorps das Leitbild für die Namensgebung
der neuen Ordnungstruppe der Bundeswehr,
wie sich einer Stellungnahme des Bundesverteidigungsministeriums vom 11. November 1958
entnehmen lässt, in der es wörtlich heißt: „Bei der
Schaffung der Feldjägertruppe der Bundeswehr
1956 war nicht an eine Polizei-Funktion dieser
Truppe gedacht."
Nach ihrem Auftrag und entsprechenden Bestimmungen der Vorschrift „Die Feldjägertruppe" ist
sie Ordnungs- und Marschregelungstruppe der
Bundeswehr und Führungsorgan der Kommandobehörden des Heeres. Dabei obliegen ihr in erster
Linie folgende Aufgaben:
•Den flüssigen Ablauf militärischer Marschbewegungen sicherzustellen,
•Marschstraßen zu erkunden und zu kennzeichnen,
•Kuriere zu stellen usw.
Fast die gleichen Aufgaben sind in der Stiftungsurkunde des „Reitenden Feldjägerkorps“ durch
Friedrich II. im Jahre 1740 zu lesen. Die Aufgabenstellung zeigt also durchaus eine gewisse Wesensverwandtschaft. Selbst die Personalauswahl trifft
in zeitbedingter Abänderung für die heutige Feldjägertruppe als Elite-Einrichtung zu. Aus diesen
Gründen schien bei einem militärgeschichtlichen
Rückblick auf die Vorgänger dieser Truppe die
Bezeichnung „Feldjäger" zutreffend.31
In geradezu diametralem Gegensatz hierzu stand
indessen die Einschätzung der Akademischen
Vereinigung Feldjäger an der Georg-AugustUniversität in Göttingen und des Feldjägervereins
e.V., die beide satzungsgemäß noch heute die
akademische Tradition des preußischen Reitenden
Feldjägerkorps fortführen. So hatte der Vorstand
des Feldjägervereins e.V. der beabsichtigten
Umbenennung der künftigen Ordnungstruppe
der Bundeswehr in „Feldjägertruppe" schon sehr
frühzeitig nachdrücklich widersprochen und seinen Standpunkt am 25. September 1958 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung in
einer Denkschrift zusammengefasst, in der unter
Darlegung der geschichtlichen Entwicklung des
Reitenden Feldjägerkorps und seiner studentischen Nachfolge-Organisationen die Auffassung
vertreten wurde, dass der „personelle und organisatorische Aufbau des ehemaligen Preuß. Reitenden Feldjägercorps und seine Zweckbestimmung
31Abgedruckt in: Knigge, Wolfgang / Möhring, Karl: „Die Geschichte der
Akademischen Vereinigung Feldjäger an der Georg August - Universität
Göttingen und des Feldjägervereins 1945 - 1970", Göttingen, 1990,
Anlage 7, S. 249.
Welcher dieser beiden divergierenden Ansichten
letztlich zuzustimmen ist, kann im hier interessierenden Zusammenhang ebenso wenig abschließend geklärt werden wie die Frage, ob sich
das Bundesministerium der Verteidigung bei der
Umbenennung der künftigen Ordnungstruppe der
Bundeswehr zu Recht am Vorbild des preußischen Reitenden
Feldjägerkorps orientiert hat oder
ob nicht doch die Anknüpfung
an die Tradition einer anderen
Truppengattung als Namensvorläufer naheliegender gewesen
wäre. Festgehalten werden kann
jedoch, dass das preußische Reitende Feldjägerkorps zwar ganz
zweifellos keine militärpolizeiliche
Truppengattung im eigentlichen
Sinne gewesen ist, jedoch mit
Blick auf das Spektrum seiner
Aufgaben und Befugnisse eine
beachtliche Anzahl von Berührungspunkten mit der Feldjägertruppe der Bundeswehr aufgewiesen hat.
der Bundeswehr militärpolizeiliche Tätigkeiten zu
assoziieren. Vor diesem Hintergrund war zwar
mit der Wahl der Bezeichnung „Feldjäger" für die
neue Ordnungstruppe der Bundeswehr zwangsläufig eine Abkehr von der herkömmlichen Art der
Bezeichnung der Militärpolizei in den preußischdeutschen Streitkräften als „Feldgendarmerie"
verbunden, so dass es zu einer eigentümlichen
Aufspaltung zwischen den Namens- und den
Aufgabenvorläufern des Feldjägerwesens der
Bundeswehr gekommen ist; gleichwohl erweist
sich die Anknüpfung an das preußische Reitende
Feldjägerkorps bei der Namensgebung im Jahre
1956 aus den genannten Gründen als durchaus
konsequent, nachdem der ursprünglich vorgesehene Name „Militärpolizei" aufgrund des Votums
des Ausschusses für Fragen der europäischen
Sicherheit obsolet geworden war.
Zudem lässt eine (an dieser Stelle
nicht im Einzelnen darstellbare)
Betrachtung aller historischen
Truppenteile der preußischdeutschen Heeresgeschichte, die als
„Feldjäger" bezeichnet worden
sind, die im Laufe der Zeit deutlich ansteigende Tendenz erkennen, mit dem Begriff „Feldjäger"
auch schon vor der Gründung
32Knigge / Möhring, a.a.O. (s.o.Fn. 31), S. 248.
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in der kennzeichnenden Verbindung von Forst-,
Militär- und Kurierdienst in einer seit dem Jahre
1871 nur aus Offizieren bestehenden ArmeeEinheit niemals die geringste Verwandtschaft mit
einer Polizeitruppe gehabt" habe. Daher stellten
„Namensgebung und Traditionsübernahme der
derzeitigen Feldjägertruppe der Bundeswehr [eine]
sinnwidrige und wesensfremde [Inanspruchnahme
von] Sinn und Wesen des ehemaligen Preuß. Reitenden Feldjägercorps und seiner heute bestehenden Nachfolge-Organisationen" dar.32
STREITKRÄFTE
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2.2 Die Entwicklung der Feldjägertruppe in der Bundeswehr
Oberst a.D. Heiner Erdmann
Wann immer sich Soldaten treffen, dauert es nur
eine kurze Zeit, bis Gemeinsamkeiten aus der
Vergangenheit gesucht werden. „Warst du nicht
mal in...?", „Gehörtest du nicht mal zu...?" Bei
Feldjägern geht dann häufig ein Streitgespräch los
über die Frage, wo es mal Feldjägereinheiten oder
-teileinheiten gegeben habe, welche Aufgaben
sie hatten und wie sie ausgerüstet waren. Ganz
schnell landen solche Diskussionen im „KleinKlein". Dabei wird häufig übersehen, dass ein
Blick auf größere Zusammenhänge manchen Streit
beenden könnte.
Junge Feldjägerinnen und Feldjäger stehen häufig
vor den Erinnerungstafeln am Platz der Erinnerung
in der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der
Bundeswehr und staunen, wo überall Feldjäger
mal stationiert waren. Ihnen erschließt sich das
Rational dieser Stationierungen nicht mehr und so
bleibt ihnen die Geschichte der Feldjägertruppe
der Bundeswehr fremd.
Im Folgenden will der Autor den Versuch wagen, die konzeptionellen Grundlagen der Feldjägertruppe darzustellen und die Bindung an die
Konzeptionen der Bundeswehr und des Heeres
aufzuzeigen.
Diese Betrachtung erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, dazu fehlt es an hinreichendem
Grundlagenmaterial. Vielmehr soll der Weg sein,
retrospektiv die wahrscheinlichen konzeptionellen
Ableitungen für die Feldjägertruppe zu interpretieren, indem die konzeptionellen Aussagen der
NATO, der Bundeswehr und des Heeres (später
der Streitkräftebasis) herangezogen werden. Eine
andere Methode ist nicht möglich, da es in langen Phasen keine verwertbaren konzeptionellen
Aussagen zur Feldjägertruppe der Bundeswehr
gab. Aufgaben, Organisation, Ausrüstung und
Ausbildung wurden meist aus übergeordneten
Konzeptionen oder Aufgabendarstellungen der
zu unterstützenden Truppen abgeleitet. In einigen
Phasen waren auch zeitlich begrenzte Entwicklungen in Bundeswehr und Gesellschaft von konzeptioneller Bedeutung.
Ziel dieser Betrachtung soll es sein, den Lesern
aller Altersgruppen eine Handreichung zu geben,
die Geschichte und die Entwicklung der Feldjägertruppe der Bundeswehr besser zu verstehen
und darüber einen Zugang zu Fragen der Stationierung, der Aufgabenstellung, der Ausrüstung
und der Ausbildung zu finden. Eine historische
Betrachtung über diesen Rahmen hinaus ist nicht
das Ziel dieser Arbeit und würde auch den Rahmen sprengen.
In Schritten, die sich an konzeptionellen Entwicklungen der NATO, der Bundeswehr und des Heeres orientieren, werden die Rahmenbedingungen
für die Feldjägertruppe beschrieben und die sich
daraus erkennbar ergebenden konzeptionellen
Ableitungen der Feldjägertruppe dargestellt.
1951-1955
Bereits 1950 wurde in der beratenden Versammlung des Europarates die Bildung einer Europäischen Armee mit deutscher Beteiligung angeregt.
In der „Himmeroder Denkschrift" wurden auf
dieser Basis Überlegungen zur Aufstellung eines
deutschen Kontingentes im Rahmen einer internationalen Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas skizziert. Die aufzustellenden bundesdeutschen Landstreitkräfte sollten danach 12
Panzerdivisionen und 6 Korpsstäbe umfassen,
insgesamt 250.000 Soldaten.
Nachdem die Bemühungen für eine EVG gescheitert
waren, wurde 1954 der Beitritt Westdeutschlands
zur NATO beschlossen. Hierbei wurde der Grundgedanke der „Inneren Führung" und der Verankerung
der Streitkräfte in der Gesellschaft, nicht jedoch die
in der „Himmeroder Denkschrift" vorgeschlagene
Stärke der Streitkräfte übernommen.
Auch Luftwaffe und Marine wurden für Defensivaufgaben im Rahmen der Bündnisverteidigung
entlang der innerdeutschen Grenze und im Bereich der Ostsee konzipiert.
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Feldjägertruppe
Im Rahmen der Erarbeitung der Grundlagen
für das deutsche Kontingent der EVG wurde
­bereits 1953 in einer Arbeitsgruppe Militärpolizei
grundlegende Überlegungen für eine zukünftige
deutsche Militärpolizei formuliert. Dabei wurde
eine bemerkenswerte Kombination aus Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und Erkenntnissen
durch Kontakte mit den Militärpolizeien der USA,
Großbritanniens und Frankreichs zu einem ersten
konzeptionellen Entwurf. Dabei kristallisierte sich
u.a. die Idee einer Militärpolizei mit damals so
bezeichneten „Wehrmachtsaufgaben" heraus.
Heute würden wir wohl von Aufgaben für alle
Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche sprechen. Es wurde dabei sehr schnell deutlich, dass
man nach der eigenen Idee einer Militärpolizei
suchte.
Man entwickelte so das Konzept einer „Wehrmachtsmilitärpolizei" mit sehr begrenzten polizeilichen Aufgaben, die sie lediglich in der Bundeswehr ausüben sollte. Dementsprechend sollte sie
keinerlei „zivile Aufgaben" haben, ein deutlicher
Unterschied zu Aufgaben früherer Militärpolizeien. Dies hatte die auch heute noch in Deutschland
geltende „Polizeipflichtigkeit der Bundeswehr"
zur Folge. Wohl aus den Erfahrungen des Zweiten
Weltkrieges heraus legte man fest, dass es in der
Bundeswehr nur eine Militärpolizei geben sollte,
die sich im Schwerpunkt am Feldheer zu orientieren hatte, in zweiter Linie an einem Territorialheer
und Unterstützungsleistungen auch für Luftwaffe
und Marine leisten sollte.
Die Militärpolizei sollte 1% der Gesamtstreitkräfte
umfassen. Die Herkunft dieses Wertes ist heute
nicht mehr zu recherchieren, es ist anzunehmen,
dass Erfahrungswerte aus dem Zweiten Weitkrieg
zugrunde lagen.
Das Ergebnis dieser konzeptionellen Überlegungen war:
•Die Aufstellung von Militärpolizeikräften orientierte sich im Schwerpunkt an den neu aufzustellenden Heeresdivisionen.
1955-1959 NATO
•Militärpolizei sollte ein „Leitdienst" des Heeres
sein.
•Das Personal sollte anteilig aus Abstellungen
aller Teilstreitkräfte gewonnen werden. Die
Feldjäger sollten weiterhin die Uniformen ihrer
Teilstreitkraft tragen. Dies galt nur für die Feldjägerkräfte des Territorialheeres. Das Personal der
Feldjägerkompanien des Heeres sollte nur aus
Soldaten des Heeres bestehen.
•Militärpolizei war keine eigenständige Laufbahn
und hatte keine eigenen Rekrutierungsquellen.
•Die Grundausbildung sollte bei den ­abgebenden
„Truppengattungen und Truppenarten"
­stattfinden.
•Innerhalb der Militärpolizei, also an ihrer Schule,
sollte lediglich Militärpolizei-Fachausbildung
durchgeführt werden.
•Das an die Militärpolizei abgegebene Personal
sollte nach wenigen Jahren wieder zu den abgebenden „Truppengattungen und Truppenarten"
zurückkehren.
Darüber hinaus wurde bereits formuliert, dass die
rechtlichen Abstimmung und Zusammenarbeit
mit anderen Militärpolizeien in Westdeutschland
zwingend notwendig sei.
Wohlgemerkt, wir betrachten Überlegungen, die
vor 1955 angestellt wurden! Offensichtlich ist das
Bemühen, die neue deutsche Militärpolizei nicht
zu einem Fremdkörper in den Streitkräften werden
zu lassen, wie es in der Vergangenheit mit Militärpolizeieinheiten war, die aus Polizisten rekrutiert
wurden, solange die personellen Ressourcen dazu
ausreichten.
Dass die zeitlich begrenzte Verwendung als
Militärpolizist der Professionalität und die unterschiedliche Herkunft der Militärpolizisten auf Zeit
der Herausbildung eines stabilen Inneren Gefüges
in den Militärpolizeieinheiten und der bruchlosen
Dienstausübung nicht förderlich sein konnte, war
wohl nicht zu übersehen, vielleicht aber auch
gewollt.
nukleare und nicht-nukleare Angriffshandlungen
abgelöst. Die Begründung lag in der damaligen
konventionellen Überlegenheit der Sowjetunion in
Europa und der gleichzeitigen nuklearen Überlegenheit der USA.
Inwieweit diese Militärstrategie im Interesse der
Europäer, insbesondere Deutschlands lag, mag
jeder selbst beurteilen. Sicher ist, dass die Bemühungen um den Aufbau konventioneller Streitkräfte intensiver wurden.
Heeresstruktur I 1955 -1959
In der Heeresstruktur I wurden die Zusagen
Deutschlands an die NATO, bis 1959 zwölf Heeresdivisionen zu stellen, umgesetzt. Es begann die
Aufstellungsphase, in der etwa alle 6 Monate die
aufgestellten Verbände in zwei Verbände geteilt
wurden.
Bereits zu diesem Zeitpunkt wurden die Landstreitkräfte in das Heer und die Territoriale Verteidigung gegliedert. Die Truppenteile der Territorialen
Verteidigung sollten unter nationalem Kommando
bleiben. Die Territoriale Verteidigung bildete eigentlich einen eigenen Bereich neben den Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine.
Feldjägertruppe
Die seit 1953 formulierten konzeptionellen Überlegungen griffen nun. Allerdings lagen anfänglich
noch keine ausformulierten Rechtsgrundlagen für
den Einsatz der deutschen Militärpolizei vor. Dennoch nahm bereits die erste (Andernacher) Militärpolizeikompanie im Raum Andernach Verkehrsdienst und protokollarische Aufgaben wahr. Mit
Inkrafttreten des Soldatengesetzes am 19.03.1956
und der Vorgesetztenverordnung kurz darauf hatten die inzwischen in „Feldjäger" umbenannten
deutschen Militärpolizisten eine Rechtsgrundlage
für ihr Handeln gegenüber Angehörigen der Bundeswehr, die sich letztlich im Grundsatz bis heute
nicht geändert hat.
Feldjäger handeln stets als „verlängerter Arm" der
zuständigen Vorgesetzten, seien es Vorgesetzte
als Disziplinarvorgesetzte oder Vorgesetzte, deren
rechtmäßige Befehle durchzusetzen sind.
Parallel wurden Feldjägereinheiten für das Feldheer und für die Territoriale Organisation aufgestellt, woraus sich schon sehr früh die über
Jahrzehnte bestehende Spannungslage zwischen
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Seit 1952 galt in der NATO die "Vorwärtsstrategie". Dieses Prinzip einer beweglich geführten
Vorneverteidigung basierte auf der Überlegenheit
der NATO an Atomwaffen, in Deutschland bedeutete dies den Streitkräfteeinsatz zwischen innerdeutscher Grenze und der Linie Rhein-Ijssel, die
Mitwirkung bei der Erringung der Luftüberlegenheit und Verteidigung Dänemarks und Sperrung
der Ostseezugänge.
1957 wurde diese Militärstrategie durch die
Doktrin der „Massiven Vergeltung", also der
eines nuklearen Gegenschlages gegen potentielle
Feldjägern des Feldheeres und denen des Territorialheeres entwickelte.
Kompaniestandorte sollten stets die Standorte
der vorgesetzten Kommandobehörden, also der
Divisionsstäbe und der Wehrbereichskommandos
(WBK), sein. Die Feldjägerzüge sollten als „Feldjägerwachkommandos" in wichtigen Standorten oder an von den Wehrbereichskommandos
festgelegten örtlichen Schwerpunkten stationiert
werden.
Schwerpunkt war in dieser Zeit aber sicher der
Aufbau der Feldjägerkompanien des Feldheeres.
Die Einsatzverantwortung im Friedensdienst lag
beim WBK, dem damit auch die Feldjägerkräfte
des Feldheeres für den Feldjägereinsatz unterstanden - wenn diese nicht für Übungen und/oder
Ausbildungsvorhaben des Feldheeres benötigt
wurden. Hierdurch entstand ein zusätzliches Spannungsfeld für die kommenden Jahre.
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Abb. 2 Verkehrsregelung durch die Feldjäger, 1962
1959-1970 NATO
Die seit 1957 geltende Doktrin der „Massiven
Vergeltung", die ja letztlich die Bedeutung konventioneller Streitkräfte relativierte, wurde durch
die Entwicklung sowjetischer Atomwaffen weni-
ger glaubwürdig. Dies führte 1967 zu der bereits
seit 1961 insbesondere in den USA diskutierten
Strategie der „Flexiblen Reaktion".
Abb. 3 Feldjägereinsatz mit Munga, mit Hubschrauber Alouette I, 1962
Heeresstruktur II
Zunächst als Folge der atomaren Bedrohung durch
die Sowjetunion, später dann auch die Strategie
der „Flexiblen Reaktion" erforderten ein flexibles,
hochmobiles Heer. Die als unbeweglich eingestuften Divisionen wurden in kleinere mobile Einheiten, die Brigaden, untergliedert.
Feldjägertruppe
Obwohl sich für die Feldjägertruppe in dieser Heeresstruktur keine grundlegend neuen konzeptionellen Herausforderungen ergaben, gewann der
militärische Verkehrsdienst erheblich an Bedeutung, während parallel Aufgaben des Militärischen
Ordnungsdienstes ein wenig in den Hintergrund
traten. Das erste war der erhöhten Mobilität der
Landstreitkräfte, das zweite den Veränderungen
des militärischen Dienstes geschuldet, die die
Soldaten weniger als zuvor an die Standorte band.
Zunehmend war an den Wochenenden in den
Standorten Ruhe, allerdings nahm der Reiseverkehr von Soldaten zu.
Seit 1961 entwickelte die Feldjägertruppe die Idee
eines „Verkehrsleitnetzes" und setzte damit für
sich einen deutlichen konzeptionellen Schwerpunkt, der weitreichende Auswirkungen auch und
gerade für die Reservistenarbeit hatte.
Das Verkehrsleitnetz bestand aus dem Militärstraßengrundnetz (also Straßen, die im Verteidigungsfall den Streitkräften vorbehalten waren - es gab
auch ein Zivilstraßengrundnetz -), einem Verkehrsfernmeldenetz (festen Drahtverbindungen, die
weitgehend abhörsicher waren) und von durch
Feldjäger betriebenen Verkehrsleitstellen und
Verkehrsleitpunkten, auf die abgestützt Feldjäger
den Militärverkehr leiteten, Störungen beseitigten,
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Umleitungen und Umgehungen vorbereiteten und
den fließenden Militärverkehr so beeinflussten,
dass er „nach Absicht der Führung" ablief.
Im Verkehrsleitnetz befanden sich zusätzliche
Kräfte, wie Pioniere, logistische Kräfte und Sanitätseinrichtungen.
Geplant und koordiniert wurde der Militärverkehr
durch Verkehrskommandanturen. Wer von den
„Alten" erinnert sich nicht an die Anschlusskästen
60 und 62 und den FF OB/ ZB (Feldfernsprecher
Ortsbetrieb/ Zentralbetrieb) mit Wählzusatz, mit
denen sich Feldjäger an das Verkehrsfernmeldenetz anschlossen. Wer erinnert sich heute noch an
die gelben Schilder an den Brücken mit den MLCAngaben (Military Load Class), die auch heute
noch mancherorts, insbesondere in der Nähe von
Brücken, zu sehen sind?
Die Pflege des Verkehrsleitnetzes, insbesondere
des Verkehrsfernmeldenetzes, und der übungs-
weise Betrieb desselben war über Jahrzehnte der
Hauptinhalt des Übungs- und Ausbildungsbetriebes der Feldjägertruppe.
Bereits 1960 setzte sich die Erkenntnis durch, dass
es für die Leistungsfähigkeit der Feldjägertruppe
nicht förderlich war, das Personal permanent auszutauschen und mit Herkunft aus den verschiedenen
Teilstreitkräften Personalführung und Personalförderung zu belasten. Von da an wurden Feldjäger
Heeressoldaten - die Feldjäger aus anderen Teilstreitkräften durften ins Heer wechseln - und Feldjäger wurde eine Laufbahn mit Grundausbildung und
Laufbahnausbildung. In den nächsten Jahren entstanden Feldjägerausbildungskompanien, in denen
Rekruten grundausgebildet und auf die Ausbildung
zum Feldjägerunteroffizier vorbereitet wurden.
Der Gewinn von Reservisten aus dem nun der
Feldjägertruppe verfügbaren Personal war ein
weiterer wesentlicher Auftrag.
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1970 -1979 NATO
Die Doktrin der „Flexiblen Reaktion" wurde nun
bestimmendes Element aller konzeptionellen
Überlegungen und blieb es bis zum Ende des Kalten Krieges. Entspannungsbemühungen, z.B. die
Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in
Europa, kennzeichneten diese Phase genauso wie
der NATO- Doppelbeschluss als Reaktion auf die
Stationierung sowjetischer nuklearer Mittelstreckenraketen (SS-20) westlich des Urals.
Das Territorialheer mit seinen Wehrbereichskommandos gliederte seine Heimatschutzkommandos
Heer
Die Heeresstruktur 3 trug zwei Faktoren Rechnung, nämlich zum einen endlich die der NATO
assignierten Divisionen komplett mit 36 Brigaden
auffüllen zu können und zum anderen der Notwendigkeit der höheren Mobilität und Flexibilität
der Landstreitkräfte. Die 2. und 4. Panzergrenadierdivision wurden zu Jägerdivisionen umgeglie-
gestellt. Die in dieser Zeit vorgenommenen Veränderungen wirken bis heute nach und sind ein häufiger Grund für Irritationen und Missverständnisse.
Ganze Teileinheiten wurden neu unterstellt und
umbenannt, behielten aber die Bezeichnung des
Feldjägerdienstkommandos bei. Das Bemühen um
eine einheitliche Unterstellung und damit Führung
der Feldjägertruppe war in dieser Struktur nicht
erfolgreich.
Die Bedeutung der Reservekräfte wurde noch
einmal erhöht, indem auch die nicht aktiven Verbände der Feldjägertruppe und die „V- gestellten"
Anteile der aktiven Einheiten intensiv personell
aufgefüllt und intensiv ausgebildet wurden.
1980-1990 NATO
Diese Phase war gekennzeichnet durch nahezu diametrale Entwicklungen. Während bis
1983/84 noch die Problematik der „Intermediate Nuclear Forces (INF)" und die Auswirkungen
des NATO-Doppelbeschlusses bestimmend waren, änderte sich die sowjetische Außenpolitik
unter Michail Gorbatschow.
Dies führte zu kontroversen Diskussionen in der
NATO, wie auf diese Veränderung zu reagieren
sei. Letztlich wurde 1990 der Zwei-Plus- VierVertrag unterzeichnet, der die Wiedervereinigung
Deutschlands ermöglichte und den Kalten Krieg
beendete, welcher die politische Landschaft über
Jahrzehnte geprägt hatte.
Heer
In der Heeresstruktur 4 wurde das Ziel verfolgt,
erneut eine Untergliederung in kleinere, flexib-
In der Heeresstruktur 4 gelang es, die seit vielen Jahren verfolgte konzeptionelle Idee der
Zusammenfassung aller Feldjägerkräfte in einer
einheitlichen Struktur durchzusetzen. Die Korpsfeldjägerbataillone und die Divisionsfeldjägerkompanien wurden aufgegeben, bzw. gingen in den
Feldjägerbataillonen des Territorialheeres auf. Der
Feldjägerdienst wurde nunmehr ausschließlich
aus den Feldjägerbataillonen des Territorialheeres
geleistet, in denen einzelne Kompanien für die
Divisionen des Feldheeres assigniert waren und
bei Übungen (und im Verteidigungsfall) diesen
wieder unterstellt wurden. Die Feldjägerbataillone
der Reserve wurden zielgerichtet für Aufgaben im
Verkehrsleitnetz für Anfangs- und Folgebewegungen vorbereitet, entsprechend (orientiert an den
damaligen Verkehrsbezirken) planerisch disloziert
und ihre Ausstattung entsprechend vorbereitet.
Die Aufgaben des Host Nation Supports strahlten
auch auf die konzeptionelle Ausrichtung der Feldjägertruppe aus, indem zum ersten Mal logistische
Elemente der Bundeswehr zur Unterstützung
der Alliierten, insbesondere der US-Streitkräfte,
geplant und aufgestellt wurden. In der zweiten
Hälfte des Jahrzehnts verfügte die Feldjägertruppe
im Territorialheer über 6 aktive Feldjägerbataillone
und 11 Feldjägerbataillone der Reserve. Darüber
hinaus gab es keine Feldjägerkräfte mehr.
Diese zweite tiefgreifende Restrukturierung der
Feldjägertruppe wirkte sich über viele Jahre auf
das innere Gefüge der Feldjägertruppe und auf
das Selbstverständnis vieler Feldjäger aus. Die Auswirkungen sind noch bis heute zu spüren.
Und dann kam die „Wende".
1991 -2001 NATO
In der NATO begann eine Phase der Neuorientierung, der Öffnung für neue Partner aus Osteuropa
und dem Bemühen um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vor allem mit Russland. Parallel dazu entwickelten sich Einsätze außerhalb des NATO-Gebietes in einer bis dahin nicht für möglich gehaltenen
Dimension. Die gesamte NATO-Landschaft wurde
konzeptionell neu betrachtet und geordnet, die
selbstgewählte Ordnung, orientiert am Kalten Krieg,
nach und nach aufgegeben. Letztlich entschieden
sich die NATO-Partner, das Bündnis für den eher
unwahrscheinlichen Fall eines Verteidigungsfalles im
NATO- Vertragsgebiet beizubehalten und darüber
hinaus die Mechanismen und Instrumente der
NATO für die Bewältigung von Krisen und regionalen Konflikten zu nutzen, die u.U. auf das NATO-
Gebiet und die NATO-Staaten ausstrahlen konnten
oder die Sicherheitslage insgesamt so verschärften,
dass die Gefahr einer Destabilisierung der gesamten
Sicherheitsarchitektur weltweit entstehen konnte.
Einige NATO-Mitgliedsstaaten begannen, ihre
Streitkräfte mangels einer konkreten Bedrohung zu
reduzieren. Fragen der Rechtmäßigkeit von „Out of
area“-Einsätzen wurden genauso heiß diskutiert wie
Fragen der Mandatierung solcher Einsätze. Die Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der NATO
ist aus der Sicht des Autors noch nicht abgeschlossen, da es sich um einen ständigen Entwicklungsund Anpassungsprozess handelt, ist dies vielleicht
auch nicht möglich.
lere Kampfverbände zu erreichen. Die Brigaden
wurden erneut verstärkt (auf 4 Bataillone). Die
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in leistungsfähige Heimatschutzbrigaden um, von
denen 4 (teil)aktive Kampfverbände waren. Hinzu
kam nun die Aufgabe des Wartime Host Nation
Support für die amerikanischen Streitkräfte in
der Bundesrepublik, die durch dafür aufgestellte
Unterstützungskommandos sichergestellt werden
sollte.
Feldjägertruppe
dert. Die Korps erhielten als Reserve Panzerregimenter und eigene Luftlandekräfte.
Und schon warf eine neue Heeresstruktur ihre
Schatten voraus - die drei zuletzt aufgestellten
Brigaden des Heeres wurden Modellbrigaden in
Erprobung der Heeresstruktur 4.
Feldjägertruppe
In dieser Phase verlagerte sich der Schwerpunkt
der aktiven Feldjägertruppe zunehmend in die
Feldjägerkräfte des Territorialheeres, während
die Feldjägerkräfte des Feldheeres weitgehend
gekadert wurden (je Kompanie nur ein aktiver
Feldjägerzug, zwei Züge wurden durch Reservisten
besetzt) und einerseits Kräfte an das Territorialheer
abgeben mussten sowie andererseits Personal für
die Aufstellung der drei Korpsfeldjägerbataillone
190, 290 und 390 verfügbar zu machen hatten.
Die Bataillonsstruktur hatte sich sowohl im Feldheer als auch im Territorialheer als konzeptionelle
Linie durchgesetzt. In dieser Zeit wurden für die
Wehrbereiche und die Korps Feldjägerbataillone,
allerdings in unterschiedlicher Konfiguration, auf-
offenbar nicht hinreichend mobilen Jägerkräfte
wurden weitgehend aufgegeben und die 2. und
4. Jägerdivision wurden wieder in Panzergrenadierdivisionen zurück gegliedert, aus 1. und 7.
Panzergrenadierdivision wurden Panzerdivisionen.
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Heer
Das Heer durchlebte in rascher Folge eine Serie
von Strukturen oder besser Strukturanpassungen.
In den neuen Bundesländern wurde das Bundeswehrkommando Ost eingerichtet mit den beiden
Wehrbereichskommandos VII und VIII. Sehr bald
wurde die insgesamt geplante Fusion von Feldheer
und Territorialheer vollzogen, die allerdings auf
den Führungsebenen nur in Ostdeutschland vollständig eingenommen wurde. Es entstanden das
Korps/ Territorialkommando Ost und die Divisionen/ Wehrbereichskommandos VII und VIII. Durch
die Aufnahme von Soldaten der ehemaligen NVA
führte das gesamtdeutsche Heer zunächst 14
Divisionen und 43 Kampfbrigaden (zuzüglich der
neu aufgestellten deutschfranzösischen Brigade)
sowie 6 aktive und 6 nichtaktive Heimatschutzbrigaden. Die Brigaden wurden auf 26 teils teilaktive
Brigaden reduziert.
Schon bald (1993) erfolgte eine Nachsteuerung.
Die Territorialkommandos wurden aufgelöst, das
IV. Korps verlor damit auch seinen Anteil Territorialkommando.
Einige Korps wurden in multinationale Stäbe
umgewandelt (Deutsch-Niederländisches Korps
und Deutsch-Amerikanisches Korps). Das III. Korps
wurde aufgelöst und als Basis für das neu aufzustellende Heeresführungskommando genutzt. Das
Heeresunterstützungskommando wurde aufgestellt und sollte u.a. die logistischen und sanitätsdienstlichen Aufgaben im Heer zentralisieren.
Das IV. Korps in Potsdam blieb das einzige rein
nationale Korps im Heer. Mit dem Aufbau des
Kommando Spezialkräfte wurde im Heer erstmals
mit dem Aufbau eines Verbandes für Kommandooperationen begonnen.
Ein weiterer Anpassungsschritt wurde ab 1997
mit dem Neuen Heer für Neue Aufgaben vorgenommen. Unter dem Aspekt des erweiterten Aufgabenspektrums des Heeres wurde die
Differenzierung in Hauptverteidigungskräfte und
Krisenreaktionskräfte vorangetrieben.
Neben den Krisenreaktionskräften verfügte das
Heer über 20 Brigaden als HVK-Kräfte (Hauptverteidigungskräfte).
Das Heer war weiterhin am Deutsch-Niederländischen Korps, am Deutsch- Amerikanischen Korps,
dem Eurokorps, dem ACE Rapid Reaction Corps
und dem Multinationalen Korps Nord-Ost beteiligt, das inzwischen aus dem deutsch-dänischen
LANDJUT unter Eingliederung polnischer Heeresanteile entstanden war, und unterstellte diesen
Kräfte für Übungen und den Einsatz. Das IV. Korps
blieb zunächst bestehen.
Diese recht detaillierten Ausführungen sind notwendig, um deutlich zu machen, wie das Heer
von einem Heer, das sich auf den Einsatz in der
Landesverteidigung seit Jahrzehnten einstellte und
vorbereitete, zu einem Heer im Einsatz in „Out of
area“-Einsätzen wurde; um deutlich zu machen,
wie die Multinationalität eine völlig neue Bedeutung erfuhr; um die neue Qualität asymmetrischer
Auseinandersetzungen sichtbar zu machen und
um letztlich erkennbar zu machen, wie diese
Veränderungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Reduzierung der Umfänge der Streitkräfte zu
leisten waren.
Zunächst einmal waren aber die Konsequenzen der
Wiedervereinigung Deutschlands, der damit verbundenen Aufstellung neuer Verbände in Ostdeutschland und der Aufnahme und Ausbildung von
Soldaten aus der ehemaligen NVA abzuarbeiten.
Feldjägertruppe
All die Veränderungen des Heeres hatten unmittelbare Auswirkungen auf die Feldjägertruppe.
Der Aufbau von zwei neuen Feldjägerbataillonen
in Ostdeutschland, die neuen konzeptionellen Erfahrungen durch die Unterstellung dieser
Feldjägerbataillone unter die Divisionen/ Wehrbereichskommandos, die neue Form der Unter-
Zur Mitte des Jahrzehnts wurde auch die Feldjägertruppe bei Einsätzen in Somalia und in Ex-Jugoslawien gefordert. Schwerpunkt war sicherlich
zunächst der Einsatz in Bosnien-Herzegowina. In
dieser Zeit wurden konzeptionell bedeutsame Erfahrungen gesammelt, die in enger Abstimmung
zwischen zunächst dem Feldjägerstabsoffizier
und Verkehrsstabsoffizier im III. Korps, danach
vom Heeresführungskommando, Dezernat 2
(Auslandseinsatz) und Dezernat 3 Feldjägereinsatz, der Gruppe Feldjäger im Heeresamt und
der Gruppe Weiterentwicklung an der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
aufgearbeitet und umgesetzt wurden. Schrittweise setzte sich die Erkenntnis durch, dass der
Auslandseinsatz neue, zusätzliche Fähigkeiten
der Feldjägertruppe fordert, die nicht mehr jeder
Feldjäger beherrschen konnte - die Spezialisierung der Feldjäger wurde schrittweise definiert
und in Ausbildung und Ausstattung umgesetzt.
Auch die Feldjägertruppe hatte Krisenreaktions-
kräfte und Hauptverteidigungskräfte zu definieren und bereitzustellen.
Die Multinationalität bekam für die Feldjäger
eine neue Bedeutung! Im Auslandseinsatz fand
und findet militärpolizeiliche multinationale
Zusammenarbeit auf Streifenebene statt, mit den
notwendigen Konsequenzen für die Ausbildung
der Feldjäger.
Insgesamt führte diese Entwicklung zu konzeptionellen Veränderung der Feldjägertruppe in der
inneren Struktur der Einheiten und Teileinheiten.
Der Feldjägerdienst im Inland trat konzeptionell
in den Hintergrund, ohne dadurch an Bedeutung
zu verlieren. Der flächendeckende Feldjägerdienst
aus Feldjägerdienstkommandos wurde weiterhin
geleistet, allerdings lag der Schwerpunkt bei der
Vorbereitung und der Abstellung von Feldjägern für
die Einsätze, wie mittlerweile verkürzend die Auslandseinsätze genannt wurden. In dieser Zeit wurde
schrittweise der Weg hin zu dem heute bekannten
Prinzip „Zuerst Soldat - dann Feldjäger - dann Spezialist" begangen.
Die Entwicklung nicht nur der Feldjägertruppe
wurde durch die Erfahrungen im Einsatz im Kosovo
am Ende dieses Jahrzehnts beschleunigt und ausgeweitet.
Unvermeidlich war, dass nach Wegfall des Kernauftrages „Unterstützung von Anfangs- und Folgebewegungen im Verteidigungsfall" die Anzahl der
nicht aktiven Feldjägerbataillone reduziert wurde.
2001 - heute NATO
Trotz der Kernaufgabe der Kollektiven Verteidigung des Bündnisterritoriums war die Phase stark
durch die Anschläge des 11. September 2001
geprägt, die verdeutlichten, dass eine Bedrohung
nicht wie während des Kalten Krieges und unmittelbar danach aus Europa, sondern jenseits des
Kontinents zu erwarten war.
Streitkräftebasis
stützungsleistung für den zweiten Dienstsitz des
Verteidigungsministeriums in Berlin sowie die
Personalgewinnung und -auswahl von geeigneten
Soldaten der ehemaligen NVA und darüber hinaus
die Schaffung infrastruktureller und materieller
Rahmenbedingen erforderten Anstrengungen der
gesamten Feldjägertruppe.
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Für die nächsten Jahre sollte die Frage, wie die
ungleichen Umfänge der Feldjägerbataillone in
Ostdeutschland und die Lage des Feldjägerbataillons des BMVg optimiert werden könnten, die
Konzeptionäre der Feldjägertruppe beschäftigen.
Verschiedene Modelle wurden betrachtet und
erprobt. Die jeweils notwendigen Umbenennungen von Feldjägerkompanien führten dazu, dass
im Sprachgebrauch die Einheiten kaum noch mit
ihren offiziellen Bezeichnungen sondern nach
ihrem Standort bezeichnet wurden.
Mit dem Jahr 2001 begann für die Bundeswehr
eine tiefgreifende Umwälzung. Die bisher eingehaltene, aus dem Bild eines klassischen Krieges in
Mitteleuropa stammende Linie, bereits im Frieden
kleine mobile und eigenständig handlungs- und
zeitlich begrenzt durchhaltefähige Elemente zu
schaffen, wurde unter dem Eindruck der veränder-
ten Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten
durch die Einsätze vor allem in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo aufgegeben. Es entstanden die neuen Organisationsbereiche „Zentraler
Sanitätsdienst" und „Streitkräftebasis", in denen
querschnittliche Unterstützungsaufgaben für
die Teilstreitkräfte zusammengefasst wurden,
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um durch Zusammenfassung von Fachaufgaben
flexibler und wirtschaftlicher Unterstützung leisten
zu können.
Konzeptionell war die Feldjägertruppe seit Anfang
der Bundeswehr auf die querschnittliche Unterstützung aller Teilstreitkräfte ausgelegt. Das Feldjägerwesen war eine sogenannte Pilotaufgabe des
Heeres für alle Teilstreitkräfte. Konsequenterweise
wurde das „Feldjägerwesen der Bundeswehr"
nun auch in die Streitkräftebasis überführt. Da die
Streitkräftebasis auch Elemente des früheren Territorialheeres, wie WBK und VBK (Verteidigungsbezirkskommandos), übernahm, änderte sich für
die Feldjägerverbände an der truppendienstlichen
Unterstellung unter die Wehrbereichskommandos
nichts. Allerdings wurden in allen Fachaufgaben,
so auch für das Feldjägerwesen der Bundeswehr,
die fachliche Verantwortung und die Weiterent-
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wicklungsaufgaben im Streitkräfteunterstützungskommando in Fachabteilungen zusammengefasst.
Damit kamen die konzeptionellen Vorgaben
nunmehr aus der Streitkräftebasis. Die unmittelbare Linie Bundesministerium der Verteidigung,
Stellvertreter des Generalinspekteurs und Inspekteur der Streitkräftebasis, Referat für das Feldjägerwesen der Bundeswehr - Streitkräfteunterstützungskommando, Fachabteilung Feldjägerwesen
der Bundeswehr, verkürzte Entscheidungswege
deutlich und machte ein schnelleres Reagieren auf
Erkenntnisse aus dem Einsatz möglich, auch wenn
zusätzliche Abstimmung mit dem Heer (alle Feldjäger gehören dem Heeresuniformträgerbereich an)
und querschnittlich mit dem Streitkräfteamt zu
leisten waren. Auch andere Neuschöpfungen, wie
z.B. die Fuhrpark Service GmbH, machten schnellere Neuentwicklungen möglich.
Feldjägertruppe
Sehr schnell wurden, wie das gesamte Streitkräfteunterstützungskommando, die Fachabteilungen
(eben auch die selbständige Gruppe Feldjägerwesen
der Bundeswehr, später Abteilung Feldjägerwesen
der Bundeswehr) gefordert in der Auswertung der
Einsatzerfahrungen, vor allem im Kosovo.
Die wesentliche Erkenntnis für das Feldjägerwesen
war, dass Feldjäger als Einzige polizeiliche Aufgaben
für und mit der Bundeswehr wahrnehmen können,
insbesondere dann, wenn in einem zusammengebrochenen Staat (Failed State) keine anderen
Elemente zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung vorhanden sind. Feldjäger
mussten also lernen, polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen, Aufgaben, die sie im Inland, politisch
gewollt und im Grundgesetz verankert, nicht wahrnehmen sollen und wollen.
Dies wurde noch stärker deutlich, als ab 2002 der
Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan begann, der
von da an nahezu das gesamte Denken und Handeln bestimmen sollte. Die Bedeutung der Feldjäger
mit Spezialaufgaben nahm im Einsatz enorm zu.
Während anfänglich die Unterstützungskräfte für
den Auslandseinsatz dem Heeresführungskommando für den Einsatz unterstellt wurden, wurden sie ab
2002 dem aus dem IV. Korps hervorgegangenen Einsatzführungskommando der Bundeswehr unterstellt,
das national die Kräfte im Auslandseinsatz seitdem
führt. Mit ihm waren nunmehr auch Erfahrungen
und Konsequenzen aus den Einsätzen abzustimmen.
onalen Zusammenarbeit wirkte sich auch auf die
Arbeit in NATO-Gremien aus. Die NATO Military
Police Chiefs Conference, die historisch aus der
ehemals jährlich stattfindenden Militärpolizeikonferenz hervorging, bestellte für die Erarbeitung
von Grundsätzen für den multinationalen Einsatz
von Militärpolizeikräften eine Arbeitsgruppe, die
in enger Abstimmung mit der Land Operations
Working Group der NATO die Grundlagen für ein
erstmalig erstelltes Grundlagendokument für den
operativen Einsatz von Militärpolizeikräften, das
weit über das einzige bis dahin existierende und
mittlerweile veraltete Dokument, die STANAG
2085 - „Die gemeinsame Militärpolizei der NATO",
hinausging. Die Ergebnisse dieser Arbeit flossen in
die Erarbeitung einer „Teilkonzeption Feldjägerwesen der Bundeswehr" ein, in der, erstmals in der
Geschichte der Feldjägertruppe der Bundeswehr,
die konzeptionellen Grundlagen des Feldjägerwesens umfassend formuliert wurden. Diese Teilkonzeption wurde vom damaligen Generalinspekteur
der Bundeswehr unterzeichnet.
In den letzten Jahren hat sich die Feldjägertruppe,
auch nach dem Urteil unserer alliierten Kameraden, zu einer modernen, dem Aufgabenspektrum angepassten, leistungsfähigen Militärpolizei
entwickelt, die sich im Einsatz, aber eben auch in
Die Verlegung der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr von Sonthofen nach Hannover war ein weiterer Kraftakt, der die Ausbildungsmöglichkeiten erheblich verbesserte.
Ein irritierendes Problem war und ist die Neubenennung der Feldjägerbataillone, die für erforderlich erachtet wurde, um die Zuordnung in der
Streitkräftebasis sichtbar zu machen. Die Orientierung am Auslandseinsatz überstrahlte alle konzeptionelle Arbeit, dennoch gelang es, das Netz der
Feldjägerdienstkommandos in Deutschland, wenn
auch weniger dicht, zu erhalten und die materielle Ausstattung zu verbessern, insbesondere den
Fahrzeugpark, Waffen und Ausbildungsgerät. In
hohem Tempo wurden Ausrüstung, Ausstattung
und Ausbildung auf die Erfordernisse des Einsatzes
ausgerichtet - „Einsatzbedingter Sofortbedarf"
war das Zauberwort. Die konzeptionelle Arbeit
konzentrierte sich auf die Optimierung der inneren
Struktur der Feldjägereinheiten, die Verbesserung
und Neuentwicklung von Ausrüstung und Ausstat-
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tung für die Auslandseinsätze und die Definition
von Spezialfähigkeiten und der dazu erforderlichen
Ausbildung. Natürlich waren auch querschnittliche Strukturvorgaben umzusetzen, die Umfänge
und Zahl der Feldjägereinheiten veränderten. Die
Feldjägerverbände wurden übrigens geschlossen
den Einsatzkräften zugordnet, was auf Grund der
Einsatzforderungen erforderlich war und vermied,
dass Feldjägereinheiten qualitativ unterschiedlich
ausgestattet werden mussten. Auch die Reserve
veränderte sich erneut. Die letzten nicht aktiven
Bataillone wurden aufgelöst, in jedem aktiven
Feldjägerbataillon wurde allerdings eine nicht
aktive Kompanie eingerichtet. Die Mehrzahl der
Reservisten wurde auf sog. Spiegeldienstposten
eingeplant. Damit wurde sichtbar, dass die Kernaufgabe der Reserve die Kompensation der im
Auslandseinsatz verwendeten aktiven Feldjäger
wurde. Mit den Einsatzaufgaben und den konkret
gewordenen Aufgaben für die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Krisenregionen wurde auch
die Unterstützung der Teilstreitkräfte Luftwaffe
und Marine auf eine neue Grundlage gestellt. Feldjäger in Luftfahrzeugen der Bundeswehr und auf
Schiffen der Marine wurden Normalität. In diesem
Zusammenhang wurde auch die Unterstützung
von Evakuierungsmaßnahmen des Heeres planerisch festgelegt. Die neue Qualität der multinati-
Abb. 4 Feldjäger regelt bei Duvno den Verkehr zur Durchfahrt eines Konvois. IFOR 1996
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3 Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
in der Neuausrichtung der Bundeswehr
Deutschland, mit einem breiten Unterstützungsangebot bewährt hat und dem Eigennamen „Feldjäger" nicht nur in Deutschland einen neuen, guten
Klang gegeben hat.
In einem weiteren Schritt gelang es, alle Feldjägerkräfte in einem Kommandobereich, dem Kommando Feldjägerwesen der Bundeswehr, zusammenzufassen und so die Unterstützungsleistungen
noch einmal zu optimieren. Feldjäger sind in auf
den jeweiligen Auftrag zugeschnittener Konfiguration integraler Bestandteil der Einsätze der
Bundeswehr. An dieser Stelle endet die Betrachtung der konzeptionellen Entwicklung der Feldjägertruppe Bundeswehr und der Autor schaut, mit
ihnen gemeinsam, auf die weitere Entwicklung
des Feldjägerkorps mit seinen aktiven Soldatinnen
und Soldaten, seine Reservistinnen und Reservisten und auch mit dem unterstützenden Verein,
der Kameradschaft der Feldjäger e.V.
3.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr
3.2 Konzeption im Wandel
3.3Doktrin
3.4 Rüstung und Ausrüstung
3.5 Neugestaltung der Ausbildung
3.6 Feldjäger im Blick der internationalen Zusammenarbeit
Abb 4a Feldjäger-Eskorte vor dem Brandenburger Tor in Berlin, 2009
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3.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr
Oberst Heiko Thieser, Abteilungsleiter Grundlagen
und Weiterentwicklung
Die Neuausrichtung der Bundeswehr hat zu einer
fundamentalen Neugestaltung des Feldjägerwesens
geführt. Ausgangspunkt waren die zunehmend
komplexer werdenden und sich dynamisch wandelnden strategischen Rahmenbedingungen. Ziel
und Maßstab der Neuausrichtung ist eine Bundeswehr, deren Aufgaben und Fähigkeiten sicherheitspolitisch abgeleitet sind, deren Struktur demographiefest ist und die insgesamt nachhaltig finanziert
ist. Für den Aufgabenbereich Feldjägerwesen
Bundeswehr spiegeln sich diese Herausforderungen in der gesetzten Teilaufgabe: „Die Bundeswehr zu befähigen, militärpolizeiliche Aufgaben
im gesamten Aufgaben- und Intensitätsspektrum
weltweit wahrzunehmen." Die Bestandsaufnahme
zu Beginn der Neuausrichtung hatte gezeigt, dass
die Organisation und Struktur, einschließlich ihrer
Fähigkeiten, Finanzierung und Führungsstruktur für
den zukünftigen Auftrag der Bundeswehr unzureichend sind. Verschärft wurde diese Bestandsaufnahme durch die Herausforderungen des Einsatzes.
Dabei umfasst Einsatz nach dem neuen Verständnis
der Bundeswehr alle Aufgaben, die die Bundeswehr jenseits von Ausbildung und Übung täglich
bewältigt. Dieses betrifft insbesondere die Feldjäger
in ihren Aufgabenfeldern des Feldjägerdienstes
Inland, des Feldjägereinsatzes Inland sowie des
Feldjäger und Military Police Einsatzes Ausland.
Viele der Leistungen und Erfolge der Feldjäger wären ohne die Reformschritte nach Ende des „kalten
Krieges" nicht möglich gewesen. Beispielhaft ist
der Aufwuchs der Feldjägerverbände zu nennen,
die umfassende Ausstattung und Ausrüstung von
Feldjägerkräften, die Ausrichtung und Vertiefung
der Spezialisierungen oder die konzeptionelle
Ausrichtung auf das sich wandelnde Aufgabenspektrum mit der Teilkonzeption Feldjägerwesen
Bundeswehr. Dreh- und Angelpunkt dabei waren
die hervorragenden Leistungen und Ergebnisse, mit
welchen die Feldjäger im Feldjägerdienst und Feldjägereinsatz national und international überzeugen
konnten. Dabei steht der Name FELDJÄGER für die
Qualität deutscher Militärpolizei.
Die Neuausrichtung der Bundeswehr verfolgt einen
umfassenden Ansatz, dessen Startschuss im Mai
2011 mit den Eckpunkten zur Neuausrichtung
erfolgte und bis 2017 weitestgehend abgeschlossen
sein soll. Dabei geht es nicht nur um die öffentlichkeitswirksamen Themen der Stationierung und
strukturellen Fragen von Auflösungen, sondern auch
um tiefgreifende Veränderungen beispielsweise in
den Bereichen der Organisation, des Personalmanagements, der Rüstung und Nutzung, der Ausbildung sowie der Steuerung und des Controllings.
Diese Fragen haben auch entscheidende Veränderungen für den Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr zur Folge. Die offensichtlichen
Veränderungen liegen in der neuen Struktur des
Kommandobereichs mit einem Kommando Feldjäger der Bundeswehr mit einem Brigadegeneral
an der Spitze, drei Feldjägerregimentern und der
unterstellten Schule für Feldjäger und Stabsdienst
der Bundeswehr als Kommandobereich. Auch die
Standortfrage ist durch die persönliche Betroffenheit von Mensch und Kommune ein äußerst
sensibles Thema.
Weitere nicht unwichtige Themenfelder sind aber
erst auf den zweiten Blick zu erkennen, jedoch in
ihren Auswirkungen ebenso, wenn nicht wesentlich
einschneidender für die zukünftige Ausrichtung
der Bundeswehr. Eine neue Organisationsstruktur,
beginnend mit der Umstrukturierung des Bundesministeriums der Verteidigung mit einer umfassenden
Abschichtung bisheriger ministerieller Aufgaben, die
Aufstellung von Teilstreitkräftekommandos unterhalb der ministeriellen Ebene sowie die Schaffung
von Fähigkeitskommandos sind hier zu nennen.
Die Folgen für die Feldjäger waren fundamental:
Ein eigenes Fähigkeitskommando mit der zentralen
Verantwortung für alle Feldjäger und militärpolizeilichen Angelegenheiten.
Hier kommt ein weiterer neuer Ansatz zum Tragen:
die Prozessverantwortung.
Der prozessorientierte Ansatz ergänzt das ­Prinzip
der truppendienstlichen Führung. Ziel ist die
Zusammenführung von Aufgabe, Kompetenz und
Verantwortung an einer Stelle. Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr ist in der Prozessverantwortung für das Feldjägerwesen/Military
Police zuständig, er vereinigt als einzige Stelle innerhalb der Bundeswehr Aufgabe, Kompetenz und
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Abb. 5 System der Weiterentwicklung Feldjägerwesen Bundeswehr
Verantwortung dieses Bereiches und ist in diesem
Ansatz direkt dem Inspekteur der Streitkräftebasis
als dem „Prozesseigner" nachgeordnet.
Im Kommando Feldjäger der Bundeswehr werden
neben den Aufgaben der truppendienstlichen
Führung sowie der Führung und Koordinierung
des Feldjägereinsatzes die Aufgaben der Weiterentwicklung des Aufgabenbereichs wahrgenommen. Hierzu wurde im Kommando eine Abteilung
Grundlagen und Weiterentwicklung geschaffen.
Dort werden in dem System „Weiterentwicklung"
die Aufgabenfelder Konzeption, Rüstung/Nutzung,
Ausbildung und Internationale Kooperation sowie
Doktrin gebündelt.
Hierzu gestaltet und begleitet die Abteilung den
Prozess der Weiterentwicklung von der Konzeption
bis zur Planungsumsetzung sowie der späteren
Betreuung und Nutzung. Ausbildungsvorgaben,
Ausrüstung sowie Einsatzgrundsätze werden
entsprechend den konzeptionellen Vorgaben und
Einsatzerfordernissen aufeinander abgestimmt.
Dabei steht nicht die Binnenoptimierung eines
Aufgabenbereiches im Fokus, sondern der ganzheitliche aufgabenbereichsübergreifende Ansatz
der Weiterentwicklung zum Erreichen der oben
erwähnten Teilaufgabe „Die Bundeswehr zu
befähigen, militärpolizeiliche Aufgaben im gesamten Aufgaben- und Intensitätsspektrum weltweit
wahrzunehmen."
Zukunft ist nicht vorhersehbar und alle Ansätze,
dieses doch zu versuchen misslingen. Versuche,
Kräfte für eine spezielle Zukunft oder Einsätze in einem so wenig vorhersehbaren Umfeld aufzubauen,
auszubilden und auszurüsten sind zum Scheitern
verurteilt. Die Weiter- und Zukunftsentwicklung
sollte auf alles Denkbare vorbereitet sein, auf das
Wahrscheinlichste besonders gut. Wir brauchen
daher Führungs- und Einsatzgrundsätze (Doktrin), Ausbildung und Übungen sowie Ausrüstung,
die auf einer klaren konzeptionellen Ausrichtung
beruhen und uns eine schnelle Anpassung an
entstehende Konflikte ermöglichen. Die Weiterentwicklung zukunftsorientierter Kräfte zielt daher, auf
Flexibilität basierend, auf die Fähigkeit zum Kampf
sowie die Befähigung zu Stabilisierungsoperationen
beizutragen.
Die Neuausrichtung ist eine Chance, die wir als
Feldjäger zum Aufbau einer zukunftsfähigen
Truppe in Konzeption, Doktrin, Ausrüstung und
Ausbildung genutzt haben, die sich an der Einsatzrealität und potentiellen Herausforderungen
ausrichtet. Dieses stellt aber nur das Fundament
dar, welches durch die Soldatinnen und Soldaten
mit Kraft, Stärke und Professionalität umgesetzt
wird. Die entsprechende Weiterentwicklung und
Ausrichtung der Feldjäger erfolgt innerhalb des
oben erwähnten Systems Weiterentwicklung und
wird in den folgenden Abschnitten vertieft.
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3.2 Konzeption im Wandel
Oberstleutnant i. G. Andreas Düpmann,
Dezernatsleiter Grundsatz/Konzeption
Das Aufgabenfeld „Konzeption" im System Weiterentwicklung
Das Aufgabenfeld Konzeption beinhaltet im
System Weiterentwicklung die Abbildung und die
Einordnung von militärpolizeilichen Erfordernissen
auf ministerieller/strategischer Ebene sowohl im
multinationalen wie auch im nationalen Bereich.
Es umfasst dabei die Definition der sogenannten
Soll-Fähigkeiten, also die Frage - was sollen Feldjäger zukünftig können. Die Konzeption bestimmt
somit das sogenannte Fähigkeitsprofil und damit
die zukünftige Ausrichtung des Feldjägerwesens
in den verschiedenen Einsatzarten.
Entsprechend den ministeriellen Vorgaben für die
Bundeswehr werden im Kommando Feldjäger der
Bundeswehr die Soll-Fähigkeiten für militärpolizeiliche Aufgaben definiert und dann in sogenannten
bedarfsbegründenden Dokumenten auf konzeptioneller Ebene festgeschrieben. Dieser Prozess
erfolgt in bundeswehrgemeinsamer Abstimmung.
Maßgeblich hierfür ist der sogenannte „Integrierte Planungsprozess", in welchem die jeweiligen
Forderungen am Fähigkeitsverbund „FührungAufklärung-Wirkung-Unterstützung" ausgerichtet
sind und sich am Handlungs- und Leistungsspektrum der Bundeswehr orientieren.
Hierbei geht es nicht um eine Optimierung von
Feldjägerkräften, sondern um das Leistungsvermögen der Streitkräfte in Gänze. Ziel hierbei ist es,
die Bundeswehr zu befähigen, militärpolizeiliche
Aufgaben im gesamten Einsatzspektrum weltweit
wahrzunehmen.
Diese konzeptionellen Festlegungen sind dann
in der Folge die Grundlage für die Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen
Bundeswehr in allen weiteren Bereichen wie
Ausrüstung, Ausbildung oder Doktrin. Dieser
Prozess findet permanent statt und wird daher als
kontinuierliche Zukunftsentwicklung bezeichnet.
Sie dient im Zuge der Zielbildung zur Vorbereitung
der Bundeswehr auf wahrscheinliche Herausforderungen. Die daraus abgeleitete Umsetzung im
Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr hat
zur Zielsetzung, langfristig die konzeptionelle und
planerische Stabilität des eigenen Leistungs- und
Fähigkeitsprofil zu gewährleisten. Dabei wird das
aktuelle Aufgabenprofil ständig überprüft, Sachstände aktualisiert und auf Basis neuer Impulse
ggf. um weitere Themen ergänzt. Impulse können
aus allen Bereichen eingesteuert werden.
(AJP) "Allied Joint Doctrine for Military Police", welche allerdings auch nur den (kleinsten) „gemeinsamen Nenner" abbildet, da die Bandbreite nationaler Militärpolizeien groß ist und vom sogenannten
„US MP-Warrior" (eher infanteristisch geprägter
Militärpolizist) über die Gendarmerien (eigenständige Polizeibehörden wie z. B. in Italien, den Niederlanden oder Spanien) bis hin zur traditionellen
Militärpolizei reicht. Die deutschen Abweichungen
von diesem internationalen Kerndokument spiegeln sich im sogenannten „Nationalen Ergänzungsdokument zur Allied Joint Publication 'Allied Joint
Doctrine for Military Police'" wider. Als das national
höchste feldjägerspezifische Dokument ist dieses
Dachdokument für die Feldjäger richtungsweisend.
Dieses Dokument grenzt die Regelungen der spezifischen deutschen militärpolizeilichen Führungsund Einsatzgrundsätze sowie Einsatzverfahren für
den Einsatz von Feldjägern zum NATO Dokument
ab. Es verdeutlicht den ganzheitlichen Ansatz
der Rolle von Feldjägerkräften und Military Police
Kräften in der Einsatz- und Operationsführung im
Kontext der nationalen Besonderheiten.
Einsatz-, Aufgaben- und Fähigkeitsprofil
Das Einsatz-, Aufgaben- und Fähigkeitsprofil der
Feldjägerkräfte wird in den oben genannten konzeptionellen Dokumenten sowie der Dokumen-
tenlandschaft Einsatz festgelegt. Es umfasst dabei
die wesentlichen Elemente:
Das Fundament der Konzeption
Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr
wurde mit der Konzeption der Bundeswehr (KdB)
ein neues verbindliches Fundament gelegt. Dieses
Dokument ist die zentrale, langfristige Grundsatzweisung für die gesamte Bundeswehr und das
Dachdokument wie auch Ausgangspunkt für alle
weiteren konzeptionellen Arbeiten. Mit diesem
Neuansatz erfolgte eine noch stärkere Fokussierung als bisher auf den fähigkeitsorientierten
Ansatz. In Folge verlieren alle bisherigen aufgabenbereichs- oder truppengattungsspezifischen
konzeptionellen Papiere, wie die Teilkonzeption
Feldjägerwesen Bundeswehr, ihre Bedeutung. Der
Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
verfügt daher zukünftig nicht mehr über eine
eigenständige Teilkonzeption, sondern ist mit
seinem Aufgaben- und Fähigkeitsprofil in anderen
Teilkonzeptionen eingebracht. Als Beispiel hierfür stehen die Teilkonzeption der Reihe Wirkung
(bspw. Teilkonzeption Wirkung Land) oder die
Teilkonzeption Territoriale und gesamtstaatliche
Aufgaben.
Die Einsätze der Bundeswehr erfolgen heute
größtenteils im multinationalen Umfeld, sodass
die Multinationalität die Aufgabenwahrnehmung
der Bundeswehr prägt. Entsprechend sind die
Regelungen/Doktrinen der NATO anzuwenden und
im Bedarfsfall durch sogenannte nationale Ergänzungsdokumente zu ergänzen. Dieses wird in der
sogenannten „Dokumentenlandschaft Einsatz" zusammengefasst. Für die Feldjäger besteht als Kerndokument bei der NATO die Allied Joint Publication
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Abb. 6 Aufgaben und Einsatzspektrum
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•Einsatzprofil: Feldjägerdienst Inland/ Ausland,
Feldjägereinsatz Inland, Feldjäger-/MP Einsatz
Ausland
•Sechs Kernaufgaben
•Einzelaufgaben, Spezialisierungen
•Fähigkeitsprofil: „Soldat-Feldjäger- Spezialist"
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Mit diesem Einsatz-, Aufgaben- und Fähigkeitsprofil unterstützt der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr alle Organisationsbereiche
und das Bundesministerium der Verteidigung
sowie alliierte und befreundete Streitkräfte.
Einsatzprofil
Feldjägerdienst Inland/Ausland
Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
trägt im Rahmen des Feldjägerdienstes Inland
durch bedarfs-, zeit- und fähigkeitsgerechte Unterstützung zur Gewährleistung des Grundbetriebes bei. Die Wahrnehmung feldjägerspezifischer
Aufgaben erfolgt dabei insbesondere zur Unterstützung der jeweils zuständigen Vorgesetzten bei
der Gewährleistung der militärischen Sicherheit
zum Schutz der eigenen Kräfte, der Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung und Disziplin
sowie zur sonstigen Unterstützung der Vorgesetzten. Der Feldjägerdienst Inland dient dabei der
Erhöhung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte
durch Unterstützungsleistungen, insbesondere
durch die permanente Reaktionsfähigkeit rund um
die Uhr, sowie die Bereitstellung feldjägerspezifischer Fähigkeiten, einschließlich eines Meldewesens für außergewöhnliche sicherheitsrelevante
Lagen. Diese Unterstützungsleistung erfolgt
flächendeckend im Inland. Der Feldjägerdienst
Ausland findet im Zusammenhang mit Übungsvorhaben oder einer zeitlich befristeten Stationierung deutscher Kräfte im Ausland statt. Dafür
erfolgt regelmäßig die Ausplanung von Feldjägern
zur Wahrnehmung von erforderlichen militärpolizeilichen Aufgaben auf Grundlage der jeweiligen
rechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung
der Einsatzgrundsätze für den Feldjägerdienst im
Inland.
Feldjägereinsatz Inland
In klarer Abgrenzung zum Feldjägerdienst Inland
erfolgt der Feldjägereinsatz Inland im Rahmen
der Katastrophenhilfe. Feldjäger können bei
Naturkatastrophen oder besonders schweren
Unglücksfällen im verfassungsrechtlichen Rahmen
auf Weisung des Verteidigungsministeriums hoheitliche, eingreifende und polizeiliche Befugnisse
nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts - nach
Übertragung durch die zuständigen Stellen - wahrnehmen.
Feldjäger-/MP Einsatz Ausland
Beim Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland
sind im Rahmen der jeweiligen operationellen
Erfordernisse Feldjäger vorzusehen, um Kommandeure oder Kommandeurinnen der deutschen
Einsatzkontingente, deren Rechtsberater-Stabsoffiziere und die Vorgesetzten aller Ebenen durch
Wahrnehmung militärpolizeilicher Aufgaben in
nationaler wie multinationaler Verantwortung
zu unterstützen. Daneben können internationale Organisationen oder andere Nationen durch
Wahrnehmung militärpolizeilicher Aufgaben gegebenenfalls auch im Rahmen einer multinationalen Militärpolizei - bei deren Einsatzaufgaben
unterstützt werden.
Kernaufgaben
In Abhängigkeit von den politischen und rechtlichen Vorgaben nimmt der Aufgabenbereich
Zuge der Neuausrichtung wurden diese Kernaufgaben umfassend überarbeitet: So wurde
u. a. der bisherige „Aufgabenübergreifende Feldjägereinsatz" als selbstständige Aufgabe durch
Gewahrsamsaufgaben ausgetauscht und der
Beitrag zur Unterstützung von Heimat-, Raum und
Objektschutz hervorgehoben. Weiterhin wurden
die bisherigen Kernaufgaben in ihrer Ausgestaltung und inhaltlichen Hinterlegung (bspw. in
Einsatzgrundsätzen, Ausbildung und Ausrüstung)
der Einsatzrealität und dem neuen Aufgaben- und
Einsatzspektrum angepasst.
Militärischer Ordnungsdienst
Im Militärischen Ordnungsdienst unterstützen
Feldjäger die militärischen Vorgesetzten bei der
Wahrnehmung ihrer Dienstaufsichtspflicht. Sie
überwachen die militärische Disziplin und Ordnung und unterstützen bei deren Aufrechter-
haltung und Wiederherstellung. Der Militärische
Ordnungsdienst ist insbesondere gekennzeichnet
durch Präventivdienst und unterstützenden Feldjägerdienst.
Militärischer Verkehrsdienst
Im Militärischen Verkehrsdienst wirken Feldjäger
mit, die taktische und operative Bewegungsfrei-
heit der Streitkräfte zu gewährleisten. Sie leiten
bei Bedarf Befehle der Führung weiter, unterstüt-
Feldjägerwesen Bundeswehr im oben beschrieben
Einsatzprofil die sechs Kernaufgaben wahr. Im
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Abb. 7 Kernaufgaben Feldjägerwesen Bundeswehr
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zen die Führung der marschierenden Truppenteile
in deren Aufgaben, stellen bei Bedarf deren Information über den weiteren Marschverlauf sicher
und warnen oder regeln1 den Zivilverkehr.
Sie überwachen die Einhaltung der Kraftfahrbe-
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stimmungen beim Führen von Dienstfahrzeugen
der Bundeswehr sowie, bei Vorliegen entsprechender Vereinbarungen, deren Einhaltung durch
andere Streitkräfte.
Sicherheitsaufgaben
Durch Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben
unterstützen Feldjäger die zuständigen Vorgesetzten bei der Durchführung ihrer Aufgaben zur Abwehr von Straftaten gegen die Bundeswehr, zur
Beseitigung rechtswidriger Störungen der dienstlichen Tätigkeit und zur Auftragserfüllung der Bun-
deswehr. Hierbei stehen der Schutz, insbesondere
von besonders gefährdeten Personen, und die
Erhöhung der Einsatzbereitschaft von Kräften und
Mitteln im Fokus (z. B. die Abwehr von Angriffen
bzw. Straftaten und die Beseitigung von Störungen im Rahmen der Auftragsdurchführung).
Erhebungen und Ermittlungsunterstützung
Feldjäger stellen im Rahmen der jeweiligen gesetzlichen Befugnisse und des völkerrechtlichen
Mandats Erhebungen und - aufgrund eines Ersuchens oder einer Beauftragung durch berechtigte
Personen bzw. Institutionen - weitere Erhebungen
und Ermittlungen an. Erhebungen durch Feldjäger
sind Feststellungen eines Sachverhaltes im dienstlichen Bereich.
Ziel solcher Erhebungen ist es, gesetzes- bzw.
pflichtwidrige Zustände festzustellen oder zu beseitigen. Ermittlungsunterstützungen zum Zweck
der Aufklärung eines Dienstvergehens führen
Feldjäger nur auf Grundlage eines konkreten
Ersuchens durch zuständige Disziplinarvorgesetzte
durch.
Unterstützung bei Heimat-/Raum- und Objektschutz
Feldjäger leisten einen fachspezifischen Unterstützungsbeitrag im Rahmen des Heimat-, Raumund Objektschutzes mit dem vorrangigen Ziel,
Beschädigungen, Zerstörungen, Inbesitznahme
durch Dritte oder andere Beeinträchtigungen der
Funktion von Objekten zu verhindern. Der Feldjägerbeitrag zum Heimatschutz ist vorrangig die
Unterstützung der Absicherung militärischer Anlagen der Bundeswehr und der Stationierungsstreit-
kräfte Verbündeter im Inland. Der Beitrag zum
Objektschutz durch Feldjäger umfasst den Schutz
von besonders eingestuften und sicherheitsgefährdeten Objekten sowie kritischer Infrastruktur.
Der Beitrag zum Raumschutz beinhaltet u. a. das
Überwachen von Räumen sowie fähigkeitsspezifische Beiträge der Feldjäger zur Konvoi- und
Marschbegleitung.
zung findet in allen Phasen dieser Aufgabe durch
fachspezifische Beiträge sowie fachliche Beratung
seitens Feldjäger statt.
1 Bei Vorliegen der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen
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Spezialisierungen
Alle zuvor dargestellten Kernaufgaben bestehen
aus Einzelaufgaben. Teile dieser Einzelaufgaben
sind aufgrund ihres polizeiähnlichen Einsatzspektrums nur auf Grundlage einer ergänzenden
militärpolizeispezifischen Aus-, Fort- und Weiterbildung wahrzunehmen. Diese Einzelaufgaben
werden als Spezialisierungen bezeichnet. Die wesentlichen Spezialisierungen sind in der Abbildung
des Fähigkeitsprofils dargestellt. Sie erfordern
neben den handwerklichen Kenntnissen einge-
hende Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen
sowie Einsatz- und Verfahrensgrundsätze militärpolizeilichen Vorgehens.
Die umfangreichen unterschiedlichen Anforderungen an Feldjäger im Rahmen des Aufgaben - und
Einsatzprofiles benötigen abgestimmte, aufeinander aufbauende Qualifikationsmerkmale, die zu einem individuellem Fähigkeitsprofil von Feldjägern
führen sollen.
Fähigkeitsprofil Feldjäger
Gewahrsamsaufgaben
Bei der Wahrnehmung von Gewahrsamsaufgaben der Bundeswehr außerhalb internationaler
bewaffneter Konflikte unterstützen Feldjäger die
zuständigen Vorgesetzten auf Grundlage der
jeweiligen rechtlichen Vorgaben. Diese Unterstüt-
Abb. 8 Fähigkeitsprofil Feldjäger
Das individuelle Fähigkeitsprofil von Feldjägern
besteht dabei aus drei Qualifikationsebenen: In
erster Linie sind Feldjäger Soldaten, welche über
die allgemeinmilitärischen Fähigkeiten ihrer jeweiligen Laufbahnausbildung verfügen. Sie erreichen
damit die allgemeine Befähigung zum Kampf,
die im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung
vertieft wird. Kampf ist die verbindende Klammer
der Landstreitkräfte. In zweiter Linie sind Feldjäger Militärpolizisten. Im Rahmen der fachlichen
Dienstpostenausbildung werden Feldjäger in der
lehrgangsgebundenen Ausbildung an der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr mit
dem notwendigen militärpolizeilichen Basiswissen
für alle Kernaufgaben im Sinne einer querschnittlichen militärpolizeilichen Erstbefähigung ausgestattet. In dritter Linie sind Feldjäger Spezialisten.
Aus den Kernaufgaben herausgelöst benötigen
bestimmte Einzelaufgaben, aufgrund des vielseitigen militärpolizeilichen Anforderungsspektrums
im In- und Ausland, ein höheres Maß an fachlicher Spezialisierung und deren spezifischer Aus-,
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61
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Fort- und Weiterbildung. Art und Umfang des
Fähigkeitsbedarfs sind unter Berücksichtigung
der jeweiligen Einsatz- und Ausbildungsspezifika
ausgeplant. Dabei sieht der Regelfall eine auf
maximal zwei Spezialisierungen begrenzte Zusatz-
Headline
qualifikation vor. Gleichzeitig spiegelt dieses Profil
das Selbstverständnis des Aufgabenbereiches
Feldjägerwesen Bundeswehr, „Soldat-FeldjägerSpezialist", wider.
3.3Doktrin
Oberstleutnant Ruben Thiel,
Dezernatsleiter Regelungen/STANAG
Das Vorschriftenwesen der Bundeswehr unterliegt einem umfassenden Wandel. Dieser Wandel
umfasst nicht nur eine Änderung der Bezeichnung - im neuen System werden aus den allseits
bekannten Vorschriften die sogenannten Regelungen - sondern auch das äußere Erscheinungsbild
der neuen Dokumente sowie die umfangreichen
inhaltlichen Anpassungen. Dieser Paradigmen-
wechsel wird als das „Aktive Regelungsmanagement" bezeichnet. Hierfür zeichnet im System
Weiterentwicklung Feldjägerwesen Bundeswehr
das Systemelement Doktrin verantwortlich, welches sich im Dezernat Regelungen widerspiegelt.
Doktrinen, insbesondere die neuen Regelungen,
umfassen dabei die Umsetzung, vor allem die
Verschriftlichung, der Fähigkeiten durch Festlegung von Führungs- und Einsatzgrundsätzen auf
taktischer Ebene, im nationalen aber auch im
multinationalen Bereich.
des Umfangs erschwert wurde. Besonders für
Feldjäger und deren Aufgabenerfüllung ist ein
umfangreiches Vorschriftenwissen essentiell, welches mit der alten Vorschriftenlandschaft deutlich
erschwert war. Auch war die Überarbeitung einer
Vorschrift aufgrund der Schwerfälligkeit und
Komplexität des damaligen Mitzeichnungssystems
sehr zeitintensiv. Insbesondere konnten Erfahrungen aufgrund verschiedener Interessenlagen
nicht zeitgerecht erfasst und eingebracht werden.
Hinzu kam, dass der Änderungsdienst zusätzliche
Ressourcen verbrauchte.
Mit dem Arbeitsprogramm Deregulierung wurden die alten Strukturen des Vorschriftenwesens
aufgebrochen und die Regelungen eingeführt.
Auch unterliegen die Dokumente des Aktiven
Regelungsmanagements einem regelmäßigen
Zwang zur Überprüfung, sodass die Aktualität der
enthaltenen Informationen stets hoch gehalten
wird. Zudem sind die Zeiten für eine Überarbeitung deutlich verkürzt, wodurch auch kurzfristige
Änderungen zeitnah umgesetzt werden können.
Aktives Regelungsmanagement
Die Entscheidung zur Reform des Vorschriftenwesens ist im Rahmen des Arbeitsprogramms
Deregulierung im Zuge der Neuausrichtung der
Bundeswehr im Jahr 2013 mit dem Ziel getroffen worden, einerseits die Zahl der Vorschriften
deutlich zu reduzieren und den Wechsel von der
gedruckten zur digitalen Form zu initiieren. Im Folgejahr waren die Vorschriften auf den Prüfstand
zu stellen und bei Bedarf des Erhalts in das Regelungsformat zu überführen. Alle Vorschriften, die
bis zum Ende des Jahres 2014, sozusagen als erste
Hürde, nicht in die neue Systematik überführt
wurden, sind außer Kraft. Spätestens seit 2015
müssen alle formal überführten Vorschriften inhaltlich überarbeitet werden, um sie vor allem zu
„entschlacken" und zu aktualisieren. Diese zweite
Hürde muss bis Ende 2015 vollzogen sein, da
alle bis dahin zwar formal überführten, inhaltlich
aber nicht überarbeiteten Vorschriften ebenfalls
außer Kraft gesetzt werden. Unberührt von dieser
zeitlichen Regelung bleiben Neuerstellungen. Für
die Feldjäger bietet diese vollständige Überarbeitung der gesamten Vorschriftenlandschaft sowie
weiterer fachspezifischer Konzepte, Befehle und
Weisungen - aus insgesamt etwa 100 verschiedenen Dokumenten werden etwa 35 - eine historische Chance. Mit dem Kommando Feldjäger
der Bundeswehr gibt es nur noch eine Stelle, die
fachliche Vorgaben macht, das heißt, dass eine
einheitliche, stringente und logisch nachvollziehbare Dokumentenlandschaft geschaffen werden
kann. Weiterhin kann, zentral gesteuert, auf die
Fachexpertise der Feldjäger aus den Feldjägerverbänden als auch der Schule für Feldjäger und
Stabsdienst der Bundeswehr zurückgegriffen werden, um einen kontinuierlichen Wissenstransfer
sowie einen möglichst umfassenden Erfahrungserhalt zu garantieren.
Vorteile von Regelungen
Die Dokumente des Vorschriftenwesens der
Bundeswehr zeichneten sich, besonders in der
Endphase, in vielerlei Hinsicht negativ aus. Wenngleich die Inhalte über Jahrzehnte gewachsen und
erprobt waren, konnte dennoch nicht verhindert
werden, dass bereits Überholtes oder Binsen niedergeschrieben waren.
Dies führte mitunter zu Dokumenten, deren
Lesbarkeit und Verständlichkeit allein aufgrund
Abb. 9 Dokumentenhierarchie
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Dokumentenlandschaft Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
Die oben dargestellten Veränderungen im Rahmen des Aktiven Regelungsmanagement haben
uns die Möglichkeit gegeben, eine eigene Dokumentenlandschaft Feldjägerwesen Bundeswehr
aufzubauen. Diese kann man sich dabei als ein
Haus vorstellen, welches in den beiden letzten
Jahren entstand und bezogen wurde. Wie beim
Hausbau gilt auch hier, ständig zu renovieren,
zu verbessern, auszubauen und die Einrichtung
aktuell zu halten.
Im aktiven Regelungsmanagement wurde den
feldjägerspezifischen Regelungen eine eigene Ordnungsnummer zugeteilt. Entsprechend haben alle
Bundeswehrangehörigen auf der Intranet-Seite
„Regelungen-Online" unter der Ordnungsnummer 256 „Militärpolizeiliche Aufgaben" Zugriff
auf die feldjägerspezifischen Regelungen.
Dachdokument dieser feldjägerspezifischen Regelungslandschaft ist das schon im Absatz Konzeption erwähnte nationale Ergänzungsdokument zur
NATO Allied Joint Publication (AJP) "Allied Joint
Doctrine for Military Police". Dieses Dokument
stellt mit der einschlägigen NATO Publikation den
Rahmen für den Feldjägereinsatz auf der operativen Ebene. Parallel hierzu bestehen streitkräftegemeinsame Dokumente, die den Rahmen bei
Fazit
querschnittlichen und übergreifenden Themen
bilden. Diese gelten grundsätzlich für die gesamte
Bundeswehr oder zumindest klar definierte Teile
davon und haben in der Regel zumindest einen
feldjägerspezifischen Anteil. Für diese Regelungen
ist der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr federführend verantwortlich. Im Obergeschoss unseres Dokumentengebäudes befinden
sich die Grundsatzdokumente des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr. Diese
setzen die grundsätzlichen Vorgaben für den
Aufgabenbereich. Das Themenspektrum reicht
von den grundsätzlichen Vorgaben zur Aufgabenwahrnehmung des Feldjägerdienstes Inland in der
Bundeswehr, über die Beschreibung der Feldjägerregimenter bis hin zu Vorgaben wie im Bereich
Datenschutz oder dem Grundsatzdokument für
Aus-, Fort- und Weiterbildung. Im Erdgeschoss befinden sich die Verfahrens- und Durchführungsbestimmungen von Spezialisierungen und Einzelaufgaben. Sie bilden die Basis für Taktiken, Techniken
und Verfahren der Feldjäger im Feldjägerdienst
und Feldjäger-/MP- Einsatz. Aufbauend auf diesen
Regelungen werden nach Maßgabe des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr weitere fachspezifische detaillierte Ausbildungsunterlagen erstellt
und erlassen. Hiermit wird die Einheitlichkeit von
Lehre und Ausbildung sichergestellt.
Multinationaler Bereich
Neben der beschriebenen nationalen Hauptaufgabe des Dezernats Regelungen beteiligt sich das
Kommando Feldjäger der Bundeswehr auch an
der Ausrichtung der NATO Militärpolizei. Dazu
wurde innerhalb des regelmäßig tagenden NATO
Militärpolizei-Gremiums, dem sogenannten MP
Panel, eine Arbeitsgruppe Doktrin gebildet. Deren
Aufgabe ist es, die NATO Dokumente mit militärpolizeilicher Relevanz aktuell zu halten sowie
politische Entwicklungen und Einsatzerfahrungen
aller NATO Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen.
Dabei wird das wichtigste NATO Dokument für
Militärpolizei derzeit von Deutschland als Verfasser
betreut.
Im Rahmen der Neuausrichtung haben NATO Dokumente einen signifikanten Stellenwert.
Die Dokumentenlandschaft der Bundeswehr baut
verstärkt auf den NATO Doktrinen auf und verdeutlicht so den Stellenwert der multinationalen
Interoperabilität.
Dafür werden, neben den militärpolizeilich relevanten, auch querschnittliche NATO Dokumente
auf ihre Konsistenz mit Grundsätzen, Taktiken,
Techniken und Verfahren der Feldjäger hin geprüft, um eine möglichst umfangreiche Abbildung
des deutschen Verständnisses der militärpolizeilichen Aufgaben zu erzielen. In ähnlicher Weise
werden die Feldjäger auch durch die anderen
Organisationsbereiche an ihren Regelungen beteiligt. So wird sichergestellt, dass die feldjägerspezifischen Anteile, wo notwendig und angebracht,
umfassend und relevant abgedeckt sind.
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Aufgabe und Absicht des Systemelements Doktrin ist demnach keineswegs das simple Verfassen
von Vorgaben und Verbindlichkeiten. Vielmehr
werden durch das Sammeln, Auswerten und
Beurteilen von aktuellen Entwicklungen sowie
Erfahrungen und Ideen von Feldjägern handhabbare Handlungsanweisungen ebenengerecht
erstellt. Unter Beteiligung der jeweiligen Experten
aus den Feldjägerregimentern und der Schule für
Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr sollen
praktikable Verhaltens- und Handlungsgrundsätze standardisiert zur Verfügung gestellt werden.
So wird Handlungssicherheit im Feldjägerdienst
beziehungsweise Feldjägereinsatz, national wie
international, geschaffen.
3.4 Rüstung und Ausrüstung
Oberstleutnant Andreas Birke,
Dezernatsleiter Customer Product Management/
Rüstung
Innerhalb des Systems Weiterentwicklung erfolgt
im Systemelement „Rüstung" des Dezernates
„Customer Product Management/ Ausrüstung/Rüstung/Fähigkeitslage" die materielle Hinterlegung
der im Systemelement „Konzeption" definierten
SOLL-Fähigkeiten durch materielle IST-Fähigkeiten.
Für die differenzierte Einsatz- und Auftragslage des
Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr
ist es, insbesondere vor dem Hintergrund eines sich
ständig wandelnden Umfeldes, im Rahmen der
konzeptionellen Ausrichtung der Bundeswehr weiterhin unumgänglich, die Ausrüstung dem Einsatzund Wirkungsszenario kontinuierlich anzupassen.
Dies wird für die materielle Rüstung im „Integrierten Planungsprozess" (IPP) und durch den Prozess
des „Customer Product Management (novelliert)"
(CPM (nov.)) - dem Verfahren zur Bedarfsermittlung
und -deckung mit Produkten und Dienstleistungen
im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums - in Form haushaltsbegründender Dokumente,
der haushälterischen Planung sowie durch die
Finanzbedarfsanalyse sichergestellt. Als weiterer
Prozess-Baustein erfolgt die Sicherstellung der
durchgängigen Nutzung des eingeführten Wehrmaterials durch die Betriebs- und Versorgungsverantwortung.
Das betrifft zum einen das querschnittliche Material, das zum größten Teil die Ausrüstung der
Feldjäger bestimmt und somit die Basis bildet.
Die Weiterentwicklung hat hier aufgrund verschiedenster beeinflussender Faktoren, wie z. B. dem
immer schneller werdenden Innovationszyklus
der Industrie, dem allgemeinen technologischen
Fortschritt bzw. der immer wichtiger werdenden
Integration von Bausteinen der Informationstechnologie oder des sich in der Qualität rasant ändernden Bedrohungspotential im Einsatz, in den
letzten Jahren an Dynamik erheblich gewonnen.
Wenngleich auch die vor mehr als zwei Jahren neu
formulierten Verfahren in der Rüstung und Beschaffung die Schnittstellen deutlich reduziert und eine
streitkräftegemeinsame Betrachtung aller Projekte
deutlich vereinfacht haben, ist es deshalb umso
wichtiger, ein Informations- und Netzwerkmanagement zu bilden, in dem Interessen des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr adäquat
vertreten werden können. Zum anderen ist auch
die feldjägerspezifische Ausrüstung, welche die
querschnittliche Ausstattung in militärpolizeilicher
Hinsicht ergänzt, permanent der Auftrags- und
Einsatzlage anzupassen. Neben der Auswertung
der Erkenntnisse aus dem Feldjägerdienst Inland
und aus dem Feldjägereinsatz im Ausland ist insbesondere auch an ressortübergreifenden Vorgängen,
Vorhaben und Prozessen zu partizipieren, um auch
Entwicklungen bei den Polizeien der Länder und
des Bundes in die Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr einfließen lassen zu können.
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Fahrzeuge im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
Abb. 11 VW T5
Abb. 12 VW Widder
Abb. 13 Wechselzeichenanlage
Abb. 14 BMW R1200 RT
Abb. 10 VW Widder während einer Marschbegleitung durch Feldjäger
Ungeschützte Fahrzeuge
Nach dem langen Nutzungszeitraum, in dem das
Feldjägerstreifenfahrzeug „0,4t FJg" den Standard
markierte und die Einführung des „Opel Kadett,
FJg" zumindest in technischer Hinsicht ein neues
Zeitalter im Feldjägerdienst einläutete, gestaltete
sich die Weiterentwicklung der Feldjägerstreifenfahrzeuge in immer kürzeren Zyklen und gewann
auch immer mehr an Dynamik. Natürlich war
dies auch maßgeblich den Erkenntnissen aus den
Einsätzen im In- und Ausland geschuldet. Mit der
Einführung des Fahrzeugmanagements über die
Bundeswehrfuhrparkservice GmbH wurde jedoch
ein wahrer „Quantensprung" vollzogen. Für den
Grundbetrieb und den Feldjägerdienst Inland ist
der Aufgabenbereich mit ungeschützten Streifenfahrzeugen ausgestattet, welche für einen
Zeitraum von ein bis vier Jahren bei der Bundeswehrfuhrparkservice GmbH angemietet werden.
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Diese überwiegend handelsüblichen Fahrzeuge
sind neben der Sondersignalanlage („Blaulichtbrücke") unter anderem auch mit Fernmeldemitteln
ausgestattet. Feldjägerspezifische Ausstattungen
wie beispielsweise die Unfallaufnahmeausstattung
können mit diesen Fahrzeugen ladungssicher
transportiert werden.
Zusätzlich ist der Aufgabenbereich mit geländegängigen, ungeschützten Fahrzeugen ausgestattet, weiche neben dem Einsatz im Inland auch für
den Feldjägerdienst im Ausland vorgesehen sind.
Auch hier ist die Weiterentwicklung seit Einführung des VW T2 Syncro in die Feldjägertruppe
deutlich dokumentiert.
Abb. 11 Der VW T5 ist neben dem MB Vito das Standardfahrzeug im FJgDst
Abb. 12 Der Widder von VW markiert den Standard bei den geländegängigen
Einsatzfahrzeugen
Abb. 13 Zur Begleitung von Schwerlasttransporten verfügt der AufgBer über
Wechselzeichenanlagen, welche auf handelsübliche Transportfahrzeuge montiert sind
Abb. 14 Eskortendienst Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
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Geschützte Fahrzeuge
Speziell für den Feldjägereinsatz Ausland unter
dem Szenar einer Bedrohung war es notwendig,
an die jeweiligen Einsatzanforderungen angepasste, geschützte Fahrzeuge zu beschaffen. So verfügt der Aufgabenbereich über eine Typenvielfalt
von geschütztem Transportraum. Diese Fahrzeuge
verfügen über unterschiedliche Funktionalitäten
wie Schutz, Kommunikationsmittel, Bewaffnung,
Ladungskapazität sowie der Ausstattung mit einer
Sondersignalanlage.
Bei den Geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeugen (GFF) verfügt der Aufgabenbereich in
der Klasse 1 (GFF 1) über das geschützte Fahrzeug
„ENOK" in der Variante „ENOK, Feldjäger" und
„ENOK, Hundetransport", welche sukzessive den
„WOLF, SSA" ablösen. Diese unbewaffneten Fahrzeuge sind mit Kommunikationsmitteln wie Funk,
Satellitentelefon und einem Führungs- Informationssystem ausgestattet. Während in der Variante
„ENOK, Feldjäger" Transportraum für vier Soldaten vorhanden ist, bietet die Variante „ENOK,
Hundetransport" Platz für zwei Diensthundeführer
und deren Diensthunde.
Abb. 15 Protokollfahrzeug mit Sondersignalanlage
Für den Personenschutzeinsatz im Inland stehen
dem Aufgabenbereich Fahrzeuge der P5 Klasse
(MB E-Klasse, 5er BMW und Audi A6) zur Verfügung, welche mit einer verdeckten Sondersignalanlage und zusätzlich mit Wechselkennzeichen
ausgestattet sind. Für Personenschutzeinsätze in
besonderen Einsatz- und Gefährdungslagen wer-
den auch im Inland sondergeschützte Fahrzeuge
eingesetzt. Im Rahmen protokollarischer Einsätze
kann der Aufgabenbereich sowohl auf Protokollfahrzeuge der P5 Klasse (MB E-Klasse, 5er BMW
und Audi A6) mit Sondersignalanlage als auch auf
Eskortekräder vom Typ BMW R 1200 RT zurückgreifen.
Abb. 16 Feldjäger ENOK
Abb. 17 EAGLE
Abb. 18 Mercedes Benz SSA markiert den Standard bei den geschützten geländegängigen Einsatzfahrzeugen
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In der Klasse 2 (GFF 2) wurden der „EAGLE IV"
und der „EAGLE V" für den Aufgabenbereich
beschafft. Auch diese Fahrzeuge bieten Transportraum für vier Mann Besatzung, verbunden mit
einem höheren Schutzniveau gegenüber der GFF
Klasse 1, dazu verfügt das GFF 2 zusätzlich über
eine fernlenkbare Waffenstation für das mittlere
Maschinengewehr (derzeit Maschinengewehr MG
3, Kaliber 7,62 mm). Eine Integration des Rüstsatzes, Feldjäger, unter anderem mit einer Sondersignalanlage, wurde initiiert.
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Als DINGO 2 und YAK werden die geschützten
Fahrzeuge bezeichnet, welche für den Aufgabenbereich in der Klasse 3 (GFF 3) zum Einsatz kommen. Neben dem noch höheren Schutz der Besatzung gegenüber der Klassen 1 und 2 verfügen
diese Fahrzeuge ebenfalls über eine fernlenkbare
Waffenstation, allerdings für das schwere Maschinengewehr, Kaliber 12,7 mm oder für die 40
mm Granatmaschinenwaffe. Der DINGO 2 bietet
Transportraum für sechs Soldaten. Eine Integration
des Rüstsatzes Feldjäger unter anderem mit einer
Sondersignalanlage wurde analog zum EAGLE
ebenfalls auf den Weg gebracht.
Abb. 19 EAGLE IV
•Der Mehrzweckaufbau „Feldjägereinsatz" bietet
Platz für drei Soldaten bzw. Soldatinnen, verfügt
über eine fernlenkbare Waffenstation und kann
- unter anderem - feldjägerspezifische Ausstattungen ladungssicher transportieren.
•Der Mehrzweckaufbau „Wasserwerfer" kann
mittels Druckluftimpuls 12 Liter Wasser im
Einzelschuss oder 24 Liter im Doppelschuss bis
zu 55 m weit werfen und wird im Rahmen von
Crowd and Riot Control Einsätzen bei unfriedlichen Demonstrationen eingesetzt.
Abb. 20 Dingo 2
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Der YAK wiederum kann jeweils einen von drei
unterschiedlichen Mehrzweckaufbauten aufnehmen. Diese bieten die Möglichkeit, den YAK als
Gefangenentransporter, als Wasserwerfer oder als
Feldjägereinsatzfahrzeug einzusetzen, im Detail
bieten die Mehrzweckaufbauten folgende Spezifikationen:
•Der Mehrzweckaufbau „Gefangenentransport"
bietet sechs in Gewahrsam genommenen Personen und zwei Soldaten bzw. Soldatinnen zur
Überwachung Platz.
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Funk und Führungsmittel im Wandel
Der Weg vom Feldkabel zu Funk- und Kommunikationssystemen
Über Jahre umfassten die Funk- und Fernmeldemittel die Möglichkeit der Weitergabe von
Befehlen mittels Sprache. Dabei handelte es sich
um eine analoge Welt, bestehend aus dem Feldkabelbau bis hin zu den heute noch in Nutzung
befindlichen Funkgeräten, z. B. SEM 52.
Dabei war die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Funk- und Fernmeldemittel unter den besonderen Bedarfsforderungen des Feldjägerdienst/
Feldjägereinsatz eher limitiert. Insbesondere der
nichtsprachliche Informationsaustausch, wie z.
B. mittels Kurznachrichten, lässt sich mit den
derzeitigen Fernmeldemitteln nur eingeschränkt
realisieren.
Abb. 21 YAK mit Mehrzweckaufbau Gefangenentransport, FJg-Einsatz und Wasserwerfer
(von links nach rechts)
Zur Betankung des YAK mit Mehrzweckaufbau
„Wasserwerfer" kommt der Lkw 15t Multi mit
Fahrzeug-Schutz-Ausstattung zum Einsatz, welcher 10.000 Liter Wasser in seinem verlasteten
Tankcontainer mitführen kann. Zum Transport von
Munition, Wasser, Betriebsstoff oder Stückgut
kommen Geschützte Transportfahrzeuge (GTF)
zum Einsatz. Speziell im Aufgabenbereich wird
hierzu der „Lkw, 4x4, Winde, geschützt" eingesetzt. Dieser Lkw bietet Transportraum für zwei
Soldaten bzw. Soldatinnen und ist ebenfalls mit
Kommunikationsmitteln ausgestattet.
abdeckung, die Anbindung an unsere nationalen
aber auch multinationalen Partner, das Übermitteln der eigenen Position und auch die mobile
Anbindung an die „Behörden und Organisationen
mit Sicherheitsaufgaben" wurden als Kernforderungen formuliert. Für unseren Aufgabenbereich
skizziert soll es dabei eine Verbindung von einem
Gefechtsstand bis hin zur Ebene „Feldjägerstreife" ohne Zwischenstationen geben - das heißt im
taktischen Sinne - „ebenenübergreifend".
Abb. 23 SEM 52 SL
Mit dem Wandel der Fernmelde- und Informationstechnik von analoger zu digitaler Datennutzung war bzw. ist es unerlässlich, mit der auch
zivil genutzten Technik Schritt zu halten. Dem
folgend, wurde eine Initiative erarbeitet, die „Mobile Taktische Kommunikation". Das Ziel dieser
Initiative ist nicht nur die Beschaffung von neuen
Funkgeräten, sondern auch die Hinwendung zur
Nutzung eines „Internet Protokoll" basierenden
Netzwerks. Hier sollen alle gesammelten Erfahrungen der letzten Jahre mit einfließen.
Insbesondere die Herausforderungen zur Netz-
Abb. 22 GTF 5t (LKW, 4x4, geschützt)
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Um die taktische und mobile Kommunikation zu
verbessern, wird unter anderem in einer Studie
untersucht und erprobt, inwiefern eine Breitbanddatenübertragung und eine Bündelung von Funk
nutzbar sind. Da ein solches System aus mobilen Zellen bestehen soll, welche die Integration
der Systemkomponenten in einem geschützten
Fahrzeug (GFF/GTF) erlauben, spricht man von
„Hochmobilen Zellularen Netzen". Diese hochmobilen Zellen erlauben nicht nur eine direkte
Funkkommunikation von einem zum anderen
Fahrzeug, sondern bilden in der Fläche verteilt
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eine Infrastruktur, welche eine weitreichende
Netzabdeckung ermöglicht (zellulares Netz). Das
heißt jeder ist nicht nur Sender und Empfänger
einer Nachricht sondern reicht diese automatisch
bei Bedarf an den eigentlichen Empfänger weiter.
Ein zukünftig geplantes zellulares Netz besteht dabei aus den Hauptkomponenten „Mobile Zelle",
„Grundbefähigung" und „Verlegefähige Zelle".
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Die Initiative „Mobile Taktische Kommunikation"
und die daraus resultierende Umsetzung, wie z. B.
„Hochmobile Zellulare Netze", wird für das Feldjägerwesen Bundeswehr eine deutliche Steigerung
der Führungsfähigkeit bedeuten, was sich nicht
zuletzt auf die Qualität der Auftragserfüllung
auswirken wird.
Feldjägerspezifische Bekleidung und Ausrüstung
Grundsätzlich verfügte der Feldjäger seit Gründung der Truppengattung über die persönliche
Bekleidung und Ausrüstung des Heeres. Darüber
hinaus galt es, den einsatzspezifischen Forderungen der Feldjäger auch in diesem Segment
gerecht zu werden.
Anfang der 70er Jahre wurden Feldjäger mit dem
„Koppelzeug" und der „Pistolentasche, Feldjäger" ausgerüstet. Aufgrund der Fertigung in
weißem Leder wurde dieser Sonderbekleidungssatz - insbesondere auch im Zusammenhang mit
der „Schirmmütze, Feldjäger" mit einem weißen
Schirmbezug - umgangssprachlich als „Weißzeug" bezeichnet. Aufgrund der Standardisierung und des Bedarfs, sich auch optisch an die
Militärpolizeien der verbündeten NATO Staaten
anzupassen und gleichzeitig den immer mehr
Seit 2004 tragen Feldjäger das „Schwarzzeug",
wie früher bereits das „Weißzeug", mit Stolz. Die
Armbinde „MP/Feldjäger" gilt als klares Erkennungszeichen für den heutigen deutschen Militärpolizisten im In- sowie im Ausland. Ansonsten
erhielt der Feldjäger mit Einführung des Schwarzzeuges moderne Einsatzmittel wie den Rettungsund Mehrzweckeinsatzstock, eine Stabtaschenlampe und ein neues adaptives Koppel, mit der
Möglichkeit zur Aufnahme von Magazintaschen,
Reizstoffsprühgerät 4, Pistolenholster, Handschließen und weiterer Ausrüstungsgegenstände.
Abb. 25 So könnten Teile des geplanten neuen „Schwarzzeugs" aussehen
Abb. 24 Operationelles Konzept HochZeN (oben) und Mobile Zelle integriert in EAGLE IV (unten)
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aufkommenden Einsatzverpflichtungen gerecht
zu werden, wurde ab 1992 daran gearbeitet, das
„Weißzeug" gegen das heute noch vorhandene
„Schwarzzeug" auszutauschen.
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Waffen: Vom Gewehr G1 und Pistole P1 zu den heutigen Handwaffen
Das gilt auch für die Bewaffnung. Die erste Ausstattung der Feldjägertruppe mit Waffen war sehr
übersichtlich und bestand in den Anfängen aus
der Pistole P1. Ergänzt wurde die Ausstattung ab
1959 mit dem bekannten Gewehr G3, das seinerzeit das erste Standardgewehr der Bundeswehr,
das G1, ersetzte.
Auch eingeführt wurde die Maschinenpistole MP2
(UZI), weiche bis zum heutigen Tage vereinzelt
noch in der Nutzung ist.
Damit war die Feldjägertruppe lange Zeit nur
querschnittlich bewaffnet.
Als erste Waffe für eine Spezialisierung im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr wurde
in den sechziger Jahren die Pistole P21, auch
bekannt als Walther PPK, sowie ab 1985 erstmalig
eine Pistole „exklusiv" für den Aufgabenbereich,
die Pistole P7, eingeführt, welche 2013 durch die
Pistole P30 abgelöst wurde. Zusätzlich wurde den
besonderen Anforderungen des Personen- und
Begleitschutzes mit dem Austausch der Maschinenpistole MP2 durch die MP5k Rechnung
getragen. Die MP5k wurde bis 2012 genutzt und
bereits ab 2008 durch die Maschinenpistole MP7
schrittweise abgelöst. Hier wurden erstmalig nutzerspezifische Ergänzungssätze (Standard/ Personenschutz) implementiert. Ein Konzept, das auch
für das ab 1998 eingeführte Sturmgewehr G36
später umgesetzt wurde. Die nutzerspezifischen
Anforderungen wurden hier bei dem in 2014 eingeführten Gewehr G36K A4, berücksichtigt. Auch
hier gibt es einen speziell auf die Feldjägertruppe
zugeschnittenen Ergänzungssatz.
Anstehende Projekte sind u. a. die Regeneration des Maschinengewehrs MG3. Dies soll in
zwei Klassen erfolgen, MG, leicht (MG4, Kaliber 5,56mm) sowie MG, mittel (MG5, Kaliber
7,62mm). Der Aufgabenbereich verfügt bereits
jetzt, jedoch in geringen Stückzahlen, über das
MG4.
Auch an dem Projekt für den Nachfolger des
Scharfschützengewehrs G22 ist der Aufgabenbereich beteiligt.
Über „Einsatzbedingten Sofortbedarf" wurde
auch das Gewehr G28 „Designated Marksman
Rifle" eingeführt.
Nicht vergessen werden soll hier die Pistole P8,
die vor fast 20 Jahren als Standardbewaffnung,
zeitgleich mit dem G 36, eingeführt wurde und
auch weiterhin im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr genutzt wird.
Abb. 26 Über Jahrzehnte hinweg der Standard in der Bewaffnung der Bw: P1, G3 und MP2 (von links nach rechts)
Abb. 27 Können mit nutzerspezifischen Ergänzungssätzen ausgestattet werden - MP7, G36k und G28
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3.5 Neugestaltung der Ausbildung
Oberstleutnant Oliver Stratmann,
Dezernatsleiter Ausbildung und Internationale
Kooperation
Im System der Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr stellt der
Bereich der Ausbildung das Element dar, in dem
Konzeption und Rüstung in die konkreten Vorgaben für die fachliche Ausbildung von Feldjägern
integriert werden. Darüber hinaus werden hier
streitkräftegemeinsame Vorgaben und Forderungen in die Ausbildung der Feldjäger implementiert.
Laufbahnausbildung
Als fachlich zuständige Stelle für die Aus-, Fort und Weiterbildung der Feldjäger entwickelt das
Kommando Feldjäger der Bundeswehr Vorgaben
für die militärfachliche Ausbildung von Führungsund Fachpersonal im Aufgabenbereich und übernimmt die Steuerung der Ausbildung an der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr.
Angelehnt an das bewährte Prinzip der Verbindung von Unterricht und Praxis, wie es aus
der zivilen Berufsausbildung bekannt ist, ist die
Ausbildung der Feldjäger in mehrere Lehrgangsund Praktikumsabschnitte gegliedert. Insgesamt
verbringen die Soldatinnen und Soldaten im
Verlaufe ihrer ersten drei Ausbildungsjahre etwa
24 Monate an verschiedenen Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr und 12 Monate in einer
Feldjägereinheit, wo sie das erworbene Wissen
unter Anleitung erfahrener Feldjäger in der Praxis
anwenden können.
Der dabei zu erreichende Dreiklang „SoldatFeldjäger-Spezialist" stellt aufgrund der Vielfältigkeit der Fähigkeitsforderungen an die Feldjäger
die größte Herausforderung dar. Trotz des stark
militärpolizeilich geprägten Aufgabenspektrums
sind Feldjäger in erster Linie Soldaten. Die zum
Bestehen im Kampf erforderlichen Fähigkeiten
und Fertigkeiten stehen folglich zu Beginn der
militärischen Ausbildung im Mittelpunkt.
Abb. 29 Feldjäger bei der Schießausbildung
Im Rahmen der Laufbahnausbildung erfolgt darüber hinaus die Qualifikation als Feldjäger für den
Dienst in Deutschland und für Einsätze weltweit.
Jeder Feldjägerfeldwebel kann zum Abschluss des
dritten Ausbildungsjahres im militärischen Verkehrs- und Ordnungsdienst eingesetzt werden. Er
kann weiterhin Sicherheitsaufgaben wahrnehmen,
zum Beispiel bei der Absicherung eines feierlichen Gelöbnisses in der Öffentlichkeit oder im
Rahmen der Zugangskontrolle zu einem militärischen Sicherheitsbereich. Darüber hinaus kann er
an einem Unfall- oder Tatort erste Maßnahmen
der Spurensicherung durchführen und erforder-
liche Maßnahmen zur Aufklärung von einfachen
Sachverhalten einleiten. Er ist zur Sicherung von
Objekten befähigt und kann im Rahmen von Einsätzen zur Bewältigung von Unglücksfällen oder
Katastrophen eingesetzt werden. Der korrekte
und rechtssichere Umgang mit in Gewahrsam
genommenen Personen rundet dieses grundlegende, jedoch bereits überaus fachlich geprägte und
vielfältige Fähigkeitsprofil des Aufgabenbereiches
Feldjägerwesen Bundeswehr ab.
Feldjägeroffiziere erreichen diesen Ausbildungsstand nach 7 1/2 Jahren, bedingt durch das in die
Laufbahnausbildung integrierte Hochschulstudium.
Abb. 28 Feldjäger eingesetzt als Wasserwerfer mit Postenkette
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Fachliche Spezialisierung
Als letzter Schritt der Ausbildung der Feldjägerfeldwebel erfolgt im vierten Dienstjahr der Erwerb
von einer oder auch zwei Spezialisierungen, die
eine deutliche Vertiefung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aus dem grundlegenden
Aufgabenspektrum mit klarer Fokussierung auf
einen kleinen Bereich darstellen. In der Abbildung
„Fähigkeitsprofil Feldjägerwesen Bundeswehr"
(siehe Abb. 8 Fähigkeitsprofil Feldjäger) sind diese
Spezialisierungen im äußeren Kreis erkenntlich.
Aufgrund der differenzierten Rechtsstellung der
Feldjäger je nach Auftrag und Ort, sind in der
Ausbildung die Herausforderungen des Feldjägerdienstes im Inland mit den Anforderungen
von Feldjägereinsätzen im Ausland in Einklang zu
bringen.
Dies verleiht der Ausbildung ein hohes Maß an
Komplexität. Während einige Aufgaben, wie zum
Beispiel die Kontrolle von Gefahrguttransporten, nur in Deutschland ausgeführt werden, sind
andere Aufgaben, wie beispielsweise die Durch-
Weiterbildung und Fortbildung
führung von Zugriffsdurchsuchungen, ausschließlich im Ausland bzw. im Einsatz anzuwenden. Ein
erheblicher Anteil des Aufgabenspektrums findet
dennoch sowohl im Inland wie auch im Ausland
Anwendung.
Dies wiederum bringt teilweise sehr unterschiedliche Ausführungsmodalitäten mit sich. Zur
Verdeutlichung sei aufgeführt, dass der Personenschutz für eine Person innerhalb Deutschlands sich
vom Personenschutz für eine Person im Auslandseinsatz unter anderem aufgrund der Bedrohungslage, der eingesetzten Waffen und des Materials,
der Evakuierungsoptionen, der Verfügbarkeit
ärztlicher Unterstützung, der Einbindung anderer
Kräfte und vieler weiterer Umstände unterscheidet, die teilweise erhebliche taktische Anpassungen erforderlich machen.
Für Feldjägeroffiziere ist der Erwerb derjenigen
Spezialisierung vorgesehen, die dem geführten
Feldjägerzug entspricht.
Abb. 30 Feldjäger bei der Ausübung ihrer Spezialisierungen (Personenschutz)
Erhebungs- und Ermittlungsgruppe. Soldaten
bzw. Soldatinnen mit besonderem Leistungsprofil
werden in diesem Rahmen dazu geschult, spezialisierte Feldjäger ihrer Einheiten in Übung zu halten
und weiterzubilden. Im Sinne dieses Prinzips
des lebenslangen Lernens besuchen die Führer
bzw. Führerinnen der Spezialisierungen einmal
innerhalb von jeweils zwei Jahren einen Weiterbildungslehrgang bei der Schule für Feldjäger und
Stabsdienst der Bundeswehr.
Ausbildungseinrichtungen
Lebenslanges Lernen und damit die stetige persönliche Weiterentwicklung ist auch außerhalb
der Spezialisierung ein Eckpfeiler der Qualitätssicherung im Aufgabenbereich Feldjägerwesen
Bundeswehr. Aus diesem Gedanken heraus
werden sowohl für Feldjägerfeldwebel als auch für
Feldjägeroffiziere regelmäßig Fort- und Weiterbildungslehrgänge durch die Schule für Feldjäger
und Stabsdienst der Bundeswehr durchgeführt.
Als zentrale Ausbildungseinrichtung für die
fachliche Ausbildung von Feldjägern ist die Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in
Hannover mit einer ausgezeichneten Infrastruktur
ausgestattet.
Die Nachstellung von Tatorten, eine hoch professionelle Fahrfläche, Teile des Truppenübungsplatzes
Bergen und eine Raumschießanlage sind dabei
nur einige Beispiele für sogenannte „Handlungs-
Abb. 30a Feldjäger bei der Ausübung ihrer Spezialisierungen (Personenschutz)
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Um die dargestellte Pluralität der Fähigkeitsforderungen bewältigen zu können, sind zusätzlich zu
einer fundierten Ausbildung die stetige Weiterbildung und Inübunghaltung sowie eine zielgerichtete Fortbildung erforderlich.
Eine besondere Bedeutung hat deshalb die
Fortbildung zum Führer bzw. zur Führerin einer
Spezialisierung, zum Beispiel zum Kommandoführer bzw. zur Kommandoführerin im Personenschutz oder zum Führer bzw. zur Führerin einer
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3.6 Feldjäger im Blick der internationalen Zusammenarbeit
Oberstleutnant Oliver Stratmann, Dezernatsleiter
Ausbildung und internationale Kooperation
Die internationale Zusammenarbeit in NATO,
Europäischer Union und den Vereinten Nationen
ist ein bestimmender Faktor für die Auftragserfüllung der Bundeswehr. Auf der Ebene Kommando
Feldjäger der Bundeswehr ist es die internationale
Kooperation als Element des Systems Weiterentwicklung, welche die internationale Zusammenarbeit steuert. Die internationale Zusammenarbeit
im Auftrag der Bundesregierung vollzieht sich
ressortübergreifend und auf mehreren Ebenen mit
dem Ziel, mit Regierungen anderer Staaten Kontakte zu entwickeln, zu pflegen und auszubauen,
um so Konfliktvorsorge zu treffen und damit langfristig zur Krisenvorsorge und Stabilitätsförderung
beizutragen.
Um eine zielgerichtete und erfolgreiche internationale Zusammenarbeit zu ermöglichen, ist es
erforderlich, ein breites Spektrum von Fähigkeiten
vorzuhalten.
Handlungsfelder der internationalen Zusammenarbeit
Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr
gestaltet die internationale Zusammenarbeit im
Militärpolizeiwesen in verschiedenen Handlungsfeldern aus.
Abb. 31 Erheber und Ermittler bei der Ausbildung in einem Handlungstrainer der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der
Bundeswehr
trainer", welche die Ausbildung unter realistischen
Bedingungen und mit abwechslungsreichen Situationen gewährleisten.
Die Verknüpfung dieser Einrichtungen ermöglicht
am Ende den letzten Schritt der Ausbildung: die
Übung. Nachdem die Feldjäger in ihrer Spezialisierung ausgebildet und durch die Führer bzw.
Führerinnen der Spezialisierungen zu einem funktionierenden Team weitergebildet worden sind,
gilt es nun abschließend dafür Sorge zu tragen,
dass die verschiedenen Spezialisierungen auch
gemeinsam wirken können. Im Rahmen einer
Zugriffsdurchsuchung können beispielsweise der
Zugriffstrupp selbst, die Erheber/Ermittler, mehrere
Diensthundeteams, Präzisionsschützen und nicht
spezialisierte Sicherungskräfte beteiligt sein.
Um das Zusammenwirken dieser Kräfte noch
effektiver zu ermöglichen, werden die Ressourcen der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der
Bundeswehr ab 2016 in dem Übungszentrum
Feldjäger Bundeswehr zusammengefasst. Dadurch
werden die Nutzung für die Feldjägerregimenter vereinfacht und die beschriebenen Übungen
ermöglicht.
In der Zusammenfassung ist festzustellen, dass die
fachliche Ausbildung von Feldjägern der stetigen
Anpassung an die Anforderungen des Dienstes
und der Einsätze unterliegt und auf bewährte
Prinzipien der Erwachsenenbildung zurückgreift.
Die Ausbilder sind einsatzerfahrene Profis und die
Ausbildungseinrichtungen entsprechen hohen
Standards. Wir können unseren Feldjägern keine
Erfahrung lehren, aber wir bereiten sie so gut vor,
dass sie diese selbst sammeln können.
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Abb. 32 Handlungsfelder der internationalen Zusammenarbeit im Jahr 2015
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So besteht mit Österreich eine strukturierte Partnerschaft, welche über viele Jahrzehnte gewachsen ist. Diese erstreckt sich von gegenseitigen
Lehrgangsteilnahmen über gemeinsame Übungen
bis hin zu gemeinsamen Einsätzen im Rahmen der
Krisenvorsorge. In den letzten Jahren wurde diese
Zusammenarbeit als eine Kooperation im sogenannten D-A-CH Verband (Deutschland - Österreich - Schweiz) sowie unter Beteiligung von Polen
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führt. Bei dieser Übung wurde die Spezialisierung
„Personenschutz" mit dem Ziel der Identifizierung
von gemeinsamen Anknüpfungspunkten für Ausbildung und Einsatz geübt.
Weitere gemeinsame Übungen wurden für die
Jahre 2015 und 2016 vereinbart. Im Aufgabenfeld der internationalen Ausbildungskooperation
bilden die Zusammenarbeitsprogramme (ZAP) mit
Österreich und der Schweiz auf Basis der jewei-
Besondere Kooperationen im Rahmen der NATO
Ein weiterer Bestandteil der internationalen
Kooperation ist die Beteiligung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr am Standardisierungsprozess der NATO.
Für die Ausplanung zur Neuausrichtung der
Bundeswehr wurde als eine der ministeriellen
Leitlinien die konsequente Ausrichtung auf den
Einsatz sowie die zukünftig steigende Bedeutung
der multinationalen Zusammenarbeit vorgegeben.
Es kam dabei nicht nur darauf an, eingegangene
internationale Verpflichtungen verlässlich erfüllen
zu können, sondern auch die Befähigung der Bundeswehr zum multinationalen Zusammenwirken
mit den Partnern in NATO und Europäischer Union
durch konsequenten Aus- und Aufbau modularer
und interoperabler Fähigkeitspakete zu verbessern
und zu erweitern.
Das wesentliche Instrument zur Herstellung und
Erhaltung von Interoperabilität ist die Standardisierung von Grundsätzen, Verfahren und Material.
Vor dem Hintergrund der Erweiterung der NATO
und der Zusammenarbeit mit „Partnership for
Peace“-Staaten wächst die Bedeutung von Standardisierung stetig.
Diese Standardisierungsarbeit für die Militärpolizeien der NATO und „Partnership for Peace“Nationen findet im „NATO Military Police Panel"
statt. Dieses Gremium ist der „Land Operations
Working Group" zugeordnet und fester Bestandteil der NATO Standardisierungsorganisation.
Das NATO Military Police Panel tagt dreimal
jährlich an wechselnden Orten. Es hat durchschnittlich 50 Teilnehmer aus 22 Nationen sowie
NATO Dienststellen bzw. Partnerorganisationen.
Dies sind beispielsweise das Allied Command
Operations, das Allied Command Transformation,
das NATO Military Police Centre of Excellence, das
NATO Stability Policing Centre of Excellence, die
Joint Forces Commands sowie das Hauptquartier
der European Gendarmerie Force.
Das wesentliche Grundlagendokument der NATO
für die Aufgabe „Military Police" ist das Standardization Agreement 2296, die „Allied Joint
Doctrine for Military Police". Dieses Dokument
definiert auf operativer Ebene die Möglichkeiten
der militärpolizeilichen Unterstützung in multinationalen Einsätzen sowie die Rolle des Provost
Marshal als militärpolizeilicher Berater des Kommandeurs. Deutschland nimmt seit 2009 die Funktion des Kustoden für dieses Dokument wahr. Dies
beinhaltet die Verantwortlichkeiten als Bearbeiter
bzw. Verfasser sowie als international arbeitender,
fachlicher und administrativer Koordinator für das
Dokument im Auftrag der NATO.
Abb. 33 Feldjäger bei einer multinationalen Übung
in verschiedenen Projekten fortgeschrieben und
intensiviert. Mit Polen bestehen derzeit bilaterale
Beziehungen auf Ebene einer wechselseitigen
Unterstützung mit dem Ziel, eine strukturierte
Partnerschaft zu schaffen. Entsprechende Positionspapiere (Letters of Intent) im Militärpolizeiwesen wurden durch die Verantwortlichen der
beiden Militärpolizeien gezeichnet.
Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde 2014
erstmalig eine gemeinsame Übung mit Österreich,
der Schweiz und Polen in Deutschland durchge-
ligen bilateralen Ausbildungsabkommen sowie
die Ausbildungskooperation mit USA derzeit die
Schwerpunkte. Aber auch die Möglichkeit der Partizipation an Einzelmaßnahmen des Ausbildungsverbundes „Nordic Defence Cooperation", einem
zweckgebundenen Zusammenschluss skandinavischer Staaten, sowie zum Beispiel die Teilhabe
am sogenannten „International Military Police
Course" in Irland bieten in diesem Aufgabenfeld
Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung von
Feldjägern an ausländischen Ausbildungseinrichtungen.
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Internationale Kooperation außerhalb bestehender Bündnisstrukturen
Über die Kooperationen innerhalb der Bündnisstrukturen hinaus pflegt das Bundesministerium
der Verteidigung die militärpolitische und militärische Zusammenarbeit mit annähernd 90 Staaten,
welche mehr oder weniger von besonderer militärpolitischer Bedeutung sind. Diesen Staaten werden aktiv bei großer militärpolitischer Bedeutung
oder reaktiv bei weniger militärpolitischer Bedeutung Kooperationsprogramme in Form bilateraler
Jahresprogramme unterbreitet. Im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr werden jährlich
bis zu sechs dieser Kooperationsmaßnahmen
entweder als Besuch in einem Kooperationsland
oder als Gastgeber für ausländische Delegationen
in Deutschland durchgeführt. Weitere Instrumente
der internationalen Kooperation stellen militärische Berater, militärische Ausbildungsunterstüt-
zung und -hilfen, Ausbilderleistung im Ausland
sowie die Ausrüstungs- bzw. Ausstattungshilfe
dar. So bildet der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr regelmäßig unter anderem afghanische, ukrainische und mongolische Soldaten
auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen
Qualifikationen teilweise über mehrere Jahre aus.
Außerdem durchlaufen zum Beispiel afghanische
Kadetten die gesamte Ausbildung zum Feldjägeroffizier, je nach Vereinbarung mit oder ohne
Hochschulausbildung an einer der beiden Universitäten der Bundeswehr.
Bei der Anwendung dieser Instrumente wird
grundsätzlich der nachgeordnete Bereich, also die
Feldjägerregimenter und die Schule für Feldjäger
und Stabsdienst der Bundeswehr, mit der Durchführung beauftragt.
Abb. 34 Feldjäger bei der ILÜ LandOp 2013
Abb. 35 Feldjäger und schwedische Soldaten bei der ILÜ 2008
Abb. 36 Besuch einer Delegation aus Armenien
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4 Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz
4.1 Feldjäger in Afrika
4.2 Feldjäger auf dem Balkan
4.3 Feldjäger in Afghanistan
4.4 Feldjäger in See
4.5 Einsatzgleiche Verpflichtungen
4.6 Militärische Evakuierungsoperationen
4.7Gedenken
Feldjäger überwachen das Gelände während eines Buzkashi-Spiels in Kunduz, 2005. (Buzkashi ist ein traditionelles
Reiterspiel in Afghanistan und anderen persisch- und turksprachigen Teilen Zentralasiens.)
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Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz eadline
Hptm Ralph Müller, Dez FJgEinsAusl/EinsNBer
Die Bundeswehr war bis 1994 außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nur für humanitäre Missionen eingesetzt. Deutsche Soldaten führen jedoch
bereits seit 1960 weltweite humanitäre Hilfsaktionen im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland
durch, beispielsweise in Agadir, Marokko nach der
Erdbebenkatastrohe (1960), bei der internationalen Hilfsaktion für Algerien (1965), bei Katastrophenhilfen nach Erdbeben in Italien (1976, 1980)
oder der Hungerhilfe in Äthiopien (1984) und
Namibia (1988).
Neben den humanitären Missionen der Bundeswehr wurden von August 1990 bis September
1992 die Operation „Südflanke" von Minenabwehrkräften der Marine zur Minenräumung im
Persischen Golf, gefolgt vom Einsatz der Luftabwehrkräfte in Diyarbakir (Türkei) im Rahmen der
Allied Command Europe Mobile Force (AMF Air)
der NATO zum Schutz der Türkei vor Angriffen
aus dem Irak und ab November 1991 die Unterstützung der UN Advanced Mission in Cambodia
(UNAMiC) in Kambodscha durch Sanitätssoldaten
durchgeführt. Feldjäger der Bundeswehr wurden
im Rahmen der Stabilisierungsmission „United
Nations Operation in Somalia II“ ab Januar 1993
erstmals in einem mandatierten Auslandseinsatz
der Bundeswehr eingesetzt. Die Erfahrungen bei
Durchführung des Feldjägerdienstes im internationalen Umfeld, welche bis dato in den Feldjägerkommandos der Truppenübungsplätze Castlemartin (Großbritannien) und Shilo (Kanada), auf
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Kreta bei der Unterstützung taktischer Schießen
der Luftwaffe oder bei der Teilnahme an Manövern der internationalen Allied Mobile Force z.B.
in der Türkei, Griechenland, Italien, und Skandinavien sowie weiterer internationaler Übungen
gesammelt werden konnten, unterstützten einen
reibungsarmen Eintritt der Feldjäger in das Erweiterte Aufgabenspektrum der Bundeswehr.
Seit 1993 sind Feldjägerkräfte mit ihren speziellen Aufgaben und Fähigkeiten in nahezu jedem
Auslandseinsatz der Bundeswehr eingebunden.
Mit den aus unterschiedlichen Einsatzszenarien
resultierenden Veränderungen und Anforderungen an unsere Truppengattung hat sich auch das
Fähigkeitsbild und Selbstverständnis des Feldjägers
gewandelt und entwickelt, wie das Bild und die
Wahrnehmung des Feldjägers bei Truppenführern
und der Truppe selbst.
Während 1993 beim Einsatz in Somalia noch ein
allgemeiner Schlüssel von einem Feldjäger auf 50
Soldaten für die Abdeckung der militärpolizeilichen Kernaufgaben militärischer Ordnungsdienst,
militärischer Verkehrsdienst und Wahrnehmung
von Sicherheitsaufgaben zur Anwendung kam,
werden heute für jedes einzelne Einsatzszenario
benötigte Fähigkeiten wie allgemeine Feldjägerfähigkeiten, Personenschutz, Erhebungen und
Ermittlungen, Luftsicherheitsaufgaben, Diensthundewesen, Zugriff oder Crowd and Riot ControlKräfte (CRC) bewertet und abgerufen. Trotz
der notwendigen und erfolgten Spezialisierung
unserer Truppengattung ist die allgemein-militärische Ausbildung und Ausrichtung des Soldaten
die grundlegende Basis geblieben, gefolgt von
der in allen Laufbahnlehrgängen abgebildeten
militärpolizeilichen Grundlagenausbildung. Infolgedessen ist der Feldjäger unabhängig von seiner
Spezialisierung überall und jederzeit für allgemeinmilitärische Aufträge wie Force Protection
und allgemeine militärpolizeiliche Aufträge wie
die Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen des
Militärischen Verkehrsdienstes, z.B. zur Marschstraßenerkundung oder Aufnahme von Kraftfahrzeugunfällen, einsetzbar. Gleichzeitig befähigt die
Ausbildung den Feldjäger, bei Bedarf und Auftrag
im Auslandseinsatz, polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen und dies auch in Zusammenarbeit mit
Militärpolizeien anderer Nationen oder nationaler
und internationaler Polizeikontingente durchzuführen. Die vergleichsweise hohe Dienstgradstruk-
tur der Truppengattung, begünstigt durch den
damit verbundenen hohen Ausbildungsstand und
Erfahrungsstufen der Soldaten, ermöglicht eine
ad-hoc Gestellung von Feldjäger-Kräftedispositiven
für alle Szenarien. Ein weiterer besonderer Wert
liegt in der Dokumentation der Aufträge der
Feldjäger. Nicht nur über die Feldjägermeldungen
und -mitteilungen, sondern insbesondere über
die Feldjägerberichte zu Erhebungen und Ermittlungen, aber auch über die Dokumentation aller
Auftragsdurchführungen in den Tätigkeitsbüchern
der Feldjägerdienstkommandos und Feldjägerkommandos lassen sich selbst Jahrzehnte nach
den Ereignissen Sachverhalte aus den Einsatzkontingenten nachvollziehen.
Abb. 37 Feldjäger im Gespräch mit US-Soldaten und deutschen Infanteriekräften im Raum Imam Sahib, 2010
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Auslandseinsätze Feldjägereinsatzkontingente:
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Aug 1993 - Mar 1994
United Nations Operation Somalia (UNOSOM II)
Jan 1996 -Feb 1997
Implementation Force (IFOR, Kroatien u. BiH)
Jan 1997 - Jan 2005
Stabilization Force (SFOR, Bosnien u. Herzegow.)
Dez 1998 - Jun 1999
Kosovo Verification Mission (KVM, Mazedonien)
Jun 1999 - heute
Kosovo Force (KFOR)
Apr 1999 - Aug 1999
Albanian Force (AFOR)
Jun 2001 - Jun 2002
Task Force Fox (TF Fox, Mazedonien)
Jan 2002 - Jul 2003
Operation Enduring Freedom Kuwait (OEF Kuwait)
Jan 2002 - Nov 2007
Operation Enduring Freedom (OEF Djibouti)
Jan 2002 - Dez 2014
Internationale Security Assistance Force (ISAF, Afghanistan)
Mar 2002 - Okt 2003
Operation Enduring Freedom (OEF Mombasa)
Jan 2005 - Mar 2005
Humanitäre Hilfe Südostasien
Jul 2006 - Dez 2006
European Force RD Congo (EUFOR RD Congo)
Nov 2007 - heute
European Union Naval Force Somalia - Operation Atalanta (EUNAVFOR Atalanta)
Feb 2013 - heute
Active Fence Turkey (AF TUR, Türkei)
Feb 2013 - Feb 2015
Logistischer Umschlagpunkt Trabzon (Türkei, Auslandsdienst Verwendung)
Apr 2013 - heute
European Union Training Mission Mali (EUTM MLI)
Jan 2015 - heute
Operation Resolute Support (RS, Afghanistan)
Mar 2015 - heute
Operation Inherent Resolve (OIR Nordirak)
Mai 2015 - heute
European Naval Force - Mediterranean (EUNAVFOR MED, Mittelmeer) /
Humanitäre Hilfe Seenotrettung Mittelmeer
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Neben der Gestellung der Feldjägerkräftedispositive für die deutschen Einsatzkontingente in
mandatierten Auslandseinsätzen der Bundeswehr
werden Einzelabstellungen in verschiedensten
Szenarien geleistet. So nehmen Feldjäger an
UN-Beobachtermissionen im Sudan und Südsudan (UNMIS und UNMISS) teil, leisten Dienst als
Ausbilder und Stabspersonal in Somalia (EUTM
SOM), in Mali (EUTM MLI), im NATO Liaison and
Advisory Team im Kosovo und im Stabsquartier
Kabul (Afghanistan) bei Resolute Support.
Parallel zu den Feldjägern im Einsatz stellt die
Feldjägertruppe einsatzbereite Kräfte für „Einsatzgleiche Verpflichtungen", bringt hier ihre Fähigkeiten in die Nato Response Force (NFR), die Quick
Reaktion Force (ORF), die European Battlegroup
(EUBG), die Operational Response Force (ORF),
die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF),
als regelmäßige Unterstützung der Operation Air
Policing Baltikum sowie für Verbände zur Nationalen Krisenvorsorge mit Auftrag zur Durchführung militärischer Evakuierungsoperationen und
Krisenunterstützungsteams ein. Mit Veränderung der ehemals kräfteintensiven und robusten
Einsatzszenarien im Kosovo und Afghanistan und
den damit einhergehenden bereits erfolgten Kräftereduzierungen nimmt aktuell der Anteil kleiner
und kleinster deutscher Einsatzkontingente mit
Ausbildungs- und Unterstützungsaufträgen wie in
Mali, Somalia oder im Nordirak zu.
Infolgedessen werden verstärkt die Fähigkeiten
Personenschutz sowie Erhebungen und Ermittlungen für die deutschen Einsatzkontingente abgefragt.
In der Tendenz sind die Zahlen querschnittlich
und damit einhergehend auch die der Feldjäger
im Einsatz derzeit rückläufig. Während in 2011
noch mehr als 200 Feldjäger gleichzeitig weltweit
im Einsatz waren, ging diese Zahl bis Januar 2013
auf 179 Feldjäger in vier Einsatzszenarien zurück.
Im Juli 2015 befanden sich 85 Feldjäger in sieben
verschiedenen Ländern im Einsatz. Gleichzeitig
steigen mit der Veränderung der Sicherheitslage in Europa die Forderungen und personellen
Verpflichtungen im Bereich der Bereitschaftskräfte
auf annähernd 180 Feldjäger an.
Nach Beendigung der United Nations Operation II
in Somalia 1994 und mit Beginn des Engagements
auf dem Balkan mit IFOR 1996 ist die Feldjägertruppe bzw. das Feldjägerwesen der Bundeswehr
ununterbrochen im Einsatz. In verschiedenen
Szenarien mit unterschiedlichsten Anforderungen
konnte ein hohes Maß an Erfahrung gesammelt
werden. Die Feldjäger mit Hauptauftrag zur
Unterstützung der eigenen Truppe sind zu einer
unmittelbar und vielseitig einsetzbaren, leicht verlegbaren, international kompatiblen Militärpolizei
gereift.
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4.1 Feldjäger in Afrika
United Nations Operation in Somalia II (UNOSOM II)
Die Geschichte des Einsatzes von Feldjägern in
mandatierten Auslandseinsätzen reicht in das
Jahr 1993 zurück. Die
Friedensmission United
Nations Operation in
Somalia II (UNOSOM
II) unter Führung der
USA basierte auf der
Resolution 814 des
UN-Sicherheitsrates. Ziel
war die Schaffung und
Durchsetzung der Waffenruhe „mit allen erforderlichen Mitteln", um die Voraussetzungen für
die Durchführung Humanitärer Hilfsaktionen in
Somalia herzustellen.
Das deutsche Einsatzkontingent umfasste etwa
1700 Soldaten mit dem ursprünglichen Hauptauftrag zur Versorgung von ca. 4000 Blauhelmsoldaten im Raum Hiiraan. Im Mai 1993 verlegte
ein Vorkommando unter Beteiligung von drei
Feldjägern (hierbei - historisch - der erste Feldjäger mit Personenschutzauftrag) nach Beledweyne
und kehrte nach etwa zwei Wochen Aufenthalt
im Feldlager mit wenig Informationen nach
Deutschland zurück. Das Interesse zur Teilnahme
an diesem Auslandseinsatz unter den Feldjägern
war groß, der Auftrag der Feldjäger jedoch unklar.
Deshalb wurde entschieden, die Feldjägerkräfte
durch gezielte Personalauswahl mit nützlichen
Nebenfunktionen wie Kompaniefeldwebel, Fahr-
lehrer, Fernmelder und sogar Feldkoch möglichst
unabhängig aufzustellen. Sicher war auch, dass
polizeiliche Aufgaben und Ermittlungen zum
Aufgabenspektrum gehören würden. Die Landespolizeischule Rheinland-Pfalz bildete deshalb
Feldjäger in Tatortarbeit aus. Letztlich durften 21
Feldjäger aus Zweibrücken und 11 Feldjäger aus
Koblenz nach vorbereitender militärischer Ausbildung in Hammelburg mit dem ersten deutschen
Einsatzkontingent UNOSOM II im August 1993
nach Somalia verlegen. Parallel hierzu wurden
sieben weitere Feldjäger der Koblenzer Kompanie
während der ersten sieben Wochen des Einsatzes mit der Aufnahmeorganisation im Hafen von
Mogadischu beauftragt.
Wie die Bundeswehr konnte auch die Feldjägertruppe auf diesen kurzfristigen, ersten und völlig
neuartigen Auftrag nicht vorbereitet sein. Die
weißen Armbinden der Feldjägertruppe mussten
durch die international anerkannten, schwarzen
MP-Armbinden ersetzt werden. Diese konnten aus
Beständen der US-MP beschafft und mit deutschen Hoheitsabzeichen sowie UN-Kennzeichnung
versehen werden. Letzteres führte im Einsatz
zum Befehl, die MP-Armbinde im Gegensatz zur
FJg-Armbinde in Deutschland am rechten Arm zu
tragen.
Fast das gesamte deutsche Einsatzkontingent
wurde mit einem grauen, französischen Feldanzug
sowie einem sandfarbenen Tropenhut ausgestattet, welcher wie ein „Südwester" zu tragen war.
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Abb. 39 und 39a Feldjägereinsatzfahrzeuge im UNOSOM II Einsatz, 1993
Abb. 38 Feldjäger im UNOSOM II Einsatz, 1993
Am 3. August 1993 kam der erste Teil der Feldjägerkräfte des Deutschen Einsatzkontingentes
am Flughafen in Mogadischu an. Am 4. August
verließen mehrere US-Konvois unter deutschitalienischer Sicherung Mogadischu, um nach
340 km Landmarsch durch ungesichertes Gebiet
und nach nächtlicher Rast in einem italienischen
Camp im „Nirgendwo" am Folgetag Beledweyne zu erreichen. Hier wurde unmittelbar das
(Zelt-) Dienstkommando errichtet und fortan
im Vier-Schichtsystem betrieben. Zur Erfüllung
der Aufträge standen den Feldjägern drei VWT3
Syncro und sieben LKW 2-Tonner FJg zur Verfügung, die Bewaffnung entsprach mit Gewehr G3,
Maschinenpistole MP2, Maschinenpistole MP5k
und Pistole P7 für Personenschützer ihrer Zeit. Der
Feldjägerdienst gestaltete sich schwierig, da die
Führung - in der Mehrzahl Fallschirmjäger - wenig
Interesse daran zeigte, die Feldjäger einzusetzen.
Im Laufe des Kontingentes verbesserte sich dieser
Zustand, auch weil die Feldjäger auf Grund ihrer
englischen Sprachkenntnisse und ihres diplomatischen Verhandlungsgeschickes während der Nacht
den Gefechtsstand „Kastell Rühe" des Deutschen
Unterstützungsverbandes besetzten. Mit „Unfallstreifen" gliederten sich Feldjäger in die Konvois
des Einsatzkontingentes ein, um die unmittelbare
Aufnahme der häufigen Verkehrsunfälle sicherzustellen und bildeten so auch eine zusätzliche Komponente für den Konvoischutz ab. Später wurde
durch den deutschen Kontingentführer befohlen,
dass neben den Fallschirmjägern auch Feldjäger
Konvoischutzaufgaben wahrnehmen dürfen, was
unter den gegebenen Umständen einer Auszeichnung und Anerkennung der Leistungen der
Feldjäger gleichkam.
Im Zuge des Kontingentwechsels im Dezember 1993 wurden die Feldjäger durch Kräfte
des Feldjägerbataillons 760 ersetzt. Der Einsatz
UNOSOM II endete am 23. März 1994 mit der
Marineoperation „Southern Cross". Der Erfolg der
Mission UNOSOM ist heute politisch zweifelhaft
und strittig. Für die Feldjägertruppe muss dieser
erste Auslandseinsatz als Erfolg bewertet werden.
Die Fähigkeiten und das Leistungsvermögen der
Feldjäger wurden in Somalia unter Beweis gestellt.
Bis heute sind Feldjäger in (fast) jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr gegenwärtig.
Bis Ende des ersten deutschen Einsatzkontingentes wurden 91 Konvoischutzeinsätze durch
Feldjäger durchgeführt.
Innerhalb des Feldlagers nahmen Feldjäger Sicherheitsaufgaben wahr, begleiteten Einheimische,
stellten Eindringlinge und sicherten den sonntäglichen „Basar" innerhalb des Feldlagers. Erhebungen und Ermittlungen wurden für eine Vielzahl
von Einbrüchen und Diebstählen, den Besitz und
Konsum von Betäubungsmitteln und auch im
bekannten Fall des Todes eines einheimischen
Eindringlings, welcher nach mehrfachem erfolglosen Ansprechen und Warnschüssen durch einen
Wachsoldaten angeschossen wurde, durchgeführt. Im Laufe des Kontingentes wurde darüber
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hinaus eine Vielzahl von Personenschutzeinsätzen
zum Schutz hochrangiger militärischer und politischer Besucher geleistet. Regelmäßig fungierten
die Feldjäger auch als Bindeglied zur somalischen
Polizei und zur UN-MP.
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Operation Enduring Freedom (OEF)
Diese Operation ist die
bisher einzige militärische Großoperation
im Rahmen des von
den USA ausgerufenen
„Krieges gegen den
Terrorismus" und wurde
mit Afghanistan, dem
Horn von Afrika, den
Philippinen und in Afrika
südlich der Sahara im
Wesentlichen in vier
Gebieten durchgeführt. Deutschland beteiligte sich
neben der beendeten Teiloperation in Afghanistan
auch mit ABC- Abwehrkräften in Kuwait (Vorderasien). Diese wurden von Februar 2002 bis Juli
2003 bei der Durchführung des Auftrages durch
Feldjäger unterstützt.
Der Schwerpunkt des deutschen Engagements
innerhalb der Operation Enduring Freedom wurde
mit maritimen Operationen am Horn von Afrika
zur Überwachung des Seegebietes durch Aufklärung irregulärer und dem Schutz verbündeter
Kräfte gesetzt. Zur logistischen und organisatorischen Unterstützung der Schiffe und der Maritime
Patrol Aircraft Bréguet Atlantic - den luftgestützten
Marinefernaufklärungskräften - der OEF wurden in
Djibouti und Mombasa (Kenia) deutsche Verbindungsgruppen eingerichtet. Von März 2002 bis
Oktober 2003 wurden die Marinefernaufklärer im
kenianischen Mombasa durch 11 Feldjäger mit allgemeinem militärpolizeilichen Auftrag unterstützt.
Darüber hinaus nahmen Feldjäger Absicherungsaufträge und Begleitschutzaufgaben wahr. Als
Vorläufer des heutigen Air Marshal-Auftrages darf
wohl die Sicherung der Flüge von Mombasa nach
Djibouti und zurück zum Schutz der fliegenden
Besatzungen bewertet werden.
Abb. 40 Feldjägerstreifendienst in Mombasa, 2002
an Bord eines Schiffes befindet. Neben den allgemeinen militärpolizeilichen Aufgaben wie Aufnahme von Verkehrsunfällen, dem Überwachen von
Sperrzonen und Landgangszeiten, der Überwachung der Einhaltung gültiger Kontingentbefehle
oder dem Begleitschutz hochrangiger Besucher
stellt die Unterstützung und Organisation des IN
und OUT (Kontingentwechsel) deutscher Soldaten
auf dem Flughafen in Djibouti einen zeitintensiven
und sehr einsatzspezifischen Auftrag dar.
Abb. 41 Bréguet Atlantic auf dem Flughafen in Kuslo (Mombasa), 2002
STREITKRÄFTE
BASIS
102
Seit Januar 2002 bis heute sind mit kleinen Pausen
Feldjäger in Djibouti bei der Deutschen Verbindungs- und Unterstützungsgruppe stationiert. Mit
Umgliederung der Deutschen Marineeinheiten
von OEF zur European Union Naval Force - Somalia (EU NAVFOR Somalia) - Operation Atalanta im
Jahr 2008 wurden auch die Feldjäger in Djibouti
der Operation Atalanta zugeordnet. Die Feldjäger
unterstehen hierbei dem Commander Task Group
(CTG), dem deutschen Kontingentführer im Einsatz, weicher sich grundsätzlich als Kommandant
STREITKRÄFTE
BASIS
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103
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European Union Force Demokratische Republik Kongo (EUFOR RD Congo)
Auftrag des Einsatzverbandes EUFOR RD
Congo war die Unterstützung der bereits
seit 1999 im Kongo
laufenden UN-Mission
MONUC während der
dortigen Wahlen im
Jahr 2006. Die Mission
umfasste etwa 2400
Soldaten, darunter 780 Soldaten der Bundeswehr,
welche in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa
und in Libreville im Nachbarstaat Gabun stationiert wurden. Wie der Großteil des deutschen
Einsatzkontingentes mussten auch die Feldjägerkräfte uneingeschränkt luftverlegbar sein.
Fünf Feldjäger wurden beim Hauptquartier in
der gabunischen Hauptstadt Libreville stationiert.
Hauptauftrag dieser Feldjäger waren die Wahrnehmung nationaler militärpolizeilicher Aufgaben, dabei Beratung und Schutz des deutschen
Kontingentführers sowie die Unterstützung bei
möglichen militärischen Evakuierungsoperationen.
European Union Training Mission Mali (EUTM MLI)
Als besondere Herausforderung stellte sich hier
die Dislozierung des Einsatzkontingentes in elf
verschiedenen Liegenschaften innerhalb
Librevilles dar.
Zehn Feldjäger unter Führung eines Feldjägerstabsoffiziers verlegten in die kongolesische
Hauptstadt Kinshasa. Über die Durchführung
der allgemeinen militärpolizeilichen Aufgaben
hinaus wurden hier Unterstützungen für die vor
Ort befindlichen niederländischen und schwedischen EUFOR-Kräfte und Verbindung zu weiteren
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben geleistet und Luftsicherheitsaufgaben
wie Flugabfertigungen und Begleitschutzeinsätze
durchgeführt.
Sicherlich waren auch in diesem Einsatz die
dienstbegleitenden Lebensumstände eine besondere Herausforderung. Neben afrikatypischen
Temperaturen, tierischen Gefahrenquellen und
provisorischen Dienst- und Wohnunterkünften
blieb die Lage im Land angespannt und schwer
kalkulierbar.
Abb. 42 Feldjäger im Kongo, 2006
Die Bundeswehr stellte für die geplante Ausbildungsmission ca. 80 Ausbilder mit Schwerpunkt
Pionierausbildung sowie sanitätsdienstliche Ausbildung und Realversorgung bereit. Dem zu Beginn
der Mission ca. 180 Soldaten starken deutschen
Kontingent sind drei Feldjäger mit Spezialisierung
und Schwerpunktauftrag Erhebungen und Ermittlungen zugeordnet. Auf Grund der räumlichen
und logistischen Einschränkungen vor Ort blieben
diese Feldjäger als temporäre Unterstützungskräfte in Deutschland und werden bei Bedarf abgerufen und in das Einsatzland verlegt.
Seit Juli 2015 hat Deutschland die Führung der
European Union Training Mission Mali übernommen. Damit einhergehend übernimmt ein Personenschutzkommando, hier Kräfte des Feldjägerregimentes 2, den Schutz des Kommandeurs EUTM
Mali.
Abb. 43 Impressionen Mali, 2014
STREITKRÄFTE
BASIS
104
Nach der Offensive
islamistischer Rebellen
im Dezember 2012 im
Süden Malis griff Frankreich mit der Operation
„Serval" militärisch ein.
Gleichzeitig wurde die
Umsetzung des bereits
durch die Europäische
Union und den UNSicherheitsrat gebilligten
Einsatzes zur Unterstützung der territorialen Integrität und Schutz der demokratischen Ordnung
vorangetrieben.
STREITKRÄFTE
BASIS
104
105
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4.2 Feldjäger auf dem Balkan
Bosnien und Herzegowina
Mit Ende des OstWest -Konfliktes und
Zusammenbruch des
Warschauer Paktes
begann Anfang der
1990er Jahre auch das
Auseinanderbrechen der
Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Serbien versuchte ab
1991 mit militärischen
Mitteln, den Vielvölkerstaat zusammenzuhalten. Gleichzeitig stiegen die
Spannungen zwischen den Ethnien, die letztlich in
einer militärischen Eskalation und ethnischen Säuberungen endeten. Im November 1995 erzwang
die internationale Gemeinschaft mit dem Abkommen von Dayton das Ende des Krieges.
Die Bundeswehr beteiligte sich seit 1992 an
verschiedenen humanitären Hilfsaktionen und
Aufklärungsmissionen und unterstützte mit
Sanitäts-, Lufttransport- und Luftaufklärungsleistungen die United Nations Protection Force (UNPROFOR). Die Vereinten Nationen beauftragten
am 15.12.1995 die NATO mit der Überwachung
des Waffenstillstandsabkommens und der Einhaltung der Vereinbarungen von Dayton. An diesem
Einsatz beteiligten sich 16 NATO- und 17 Nicht-
NATO-Staaten. Die Sollstärke der IFOR-Truppen
betrug bis zu 57000 Soldatinnen und Soldaten.
Ab Januar 1996 stellte die Bundeswehr für das
1. Deutsche Kontingent IFOR (Land) (Implementation Force) GECONIFOR (L) 2600 Soldaten ab.
Vorauskommandos, hier auch Feldjäger des FJgBtl
760, hatten die Liegenschaften in Kroatien seit
dem 20. Dezember 1995 vorbereitet. GECONIFOR
gliederte sich in vier deutsche Einsatzverbände
und ein Feldlazarett. Die Feldjägerkompanie mit
30 Soldaten folgte am 3. Januar 1996, um aus
der Liegenschaft im kroatischen Primošten heraus
vor allem Verkehrsdienst zu leisten und in zum Teil
mehrtägigen Konvoibegleitungen deutsche Kräfte
bei Transporten und Märschen nach Bosnien in
die „Box" hinein und zurück zu leiten und zu
sichern. So führte das deutsche Heereskontingent
IFOR bis Dezember 1996 insgesamt 492 Konvois
und Transporteinsätze durch, welche (fast) alle
durch Feldjäger begleitet wurden - dies unter
ständiger Gefährdung durch Minen und versteckte Ladungen sowie den noch ungewohnten
Eindrücken einer völlig zerstörten, zerrütteten
und latent bedrohlichen Umgebung. In insgesamt
drei IFOR-Kontingenten leisteten so bis Februar
1997 Feldjäger Dienst „auf der Straße", bis dieser
Einsatz in die Stabilisation Force (SFOR) überging
und auch die Feldjäger in das Feldlager Rajlovac
verlegt wurden.
Die Stationierung in
Bosnien-Herzegowina
nahe Sarajevo führte zu
Neustrukturierungen im
Bereich der internationalen Militärpolizeikräfte. 20 Feldjäger führten
nun Feldjägerdienst
(Kopfbedeckung französisches Barett mit Feldjägerstern) zur Unterstützung des deutschen
Einsatzkontingentes
aus dem Feldjägerdienstkommando im Feldlager
Rajlovac heraus durch. Parallel hierzu koordinierte
erstmals ein Theater Provost Marshal im HQ SFOR
in Butmir eine internationale Militärpolizei (IMP).
Bis zu 105 Militärpolizisten aus Italien, Belgien,
Deutschland, den Niederlanden, Irland, Dänemark,
Großbritannien, den USA und im späteren Verlauf
weiterer Nationen wurden der IMP unterstellt.
im Rahmen der Sicherheit des Feldlagers aktuell,
erreichte die Liegenschaft doch nie einen Sicherheitsstandard, welcher ein unbefugtes Betreten
gänzlich ausgeschlossen hätte. Darüber hinaus
blieben die Aufgaben der Feldjäger unverändert.
Im Laufe der Jahre änderte sich der Schwerpunkt
vom militärischen Verkehrsdienst hin zum militärischen Ordnungsdienst. Erhebungen und Ermittlungen in ungezählten Delikten wie Diebstählen
oder Einbrüchen und schwerwiegenden Verkehrsunfällen, aber auch bei Todesfällen wurden
durchgeführt. Personenschützer gewährleisteten
den Schutz des Nationalen Befehlshabers im Einsatzland mit Begleitschutzeinsatz ebenso wie den
Schutz hochrangiger Besucher. Feldjägerstreifen
unterstützten die Truppe in der Fläche und wurden in Feldjägerkommandos den Kommandeuren
dislozierter Einheiten vor Ort „auf Zusammenarbeit angewiesen", beispielsweise im Feldlager
Filipovici nahe Foca oder im Camp Mostar.
Besonders zu Beginn der Nutzung des Feldlagers
Rajlovac waren die Tätigkeiten der Feldjäger als
„Lagerpolizei" gefordert, da es weder eine Wache
noch einen Wachvorgesetzten gab. Selbst in späteren Einsatzkontingenten blieben die Aufträge
Abb. 44 Feldjäger bei der Marschbegleitung und Verkehrsregelung, 1996
STREITKRÄFTE
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106
STREITKRÄFTE
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Im Dezember 2004
endete der Einsatz der
Stabilisation Force. Der
Auftrag wurde jedoch
durch die Europäische
Union mit der Operation
Althea der European
Force fortgesetzt. Zu
diesem Zeitpunkt war
die einst mehr als 30
Feldjäger starke Einsatzkompanie bereits auf Zugstärke abgeschmolzen. 2006 wurde das Feldjägerdienstkommando im Feldlager Rajlovac geschlossen und die weiter verminderten Feldjägerkräfte
der internationalen Militärpolizei (IMP) in Butmir
unterstellt. Hier leisteten Feldjäger noch bis 2010
Dienst. Damit schließt offiziell das Kapitel Bosnien
und Herzegowina, es bedeutet jedoch nicht das
Ende des Einsatzes der Feldjäger auf dem Balkan.
Abb. 45 Feldlager Rajlovac,
SFOR 1997
Abb. 46 Feldjäger bei Verkehrsregelung, EUFOR 2005
Abb. 47 Feldjäger auf Streife in Sarajevo, SFOR 2002
Abb. 48 Feldjägerdienstkommando Rajlovac, SFOR 1998
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BASIS
108
Kosovo
Während sich die Lage
in Bosnien und Herzegowina 1998 weiter
entspannte, verschärften
sich die Auseinandersetzungen zwischen serbischen und albanischen
Kräften im Kosovo weiter. Im Dezember 1998
erreichte das Deutsche
Einsatzkontingent Kosovo Verification Mission
(Land) [KVM (L)] über das griechische Thessaloniki schließlich Tetovo in Mazedonien, unweit der
serbischen Grenze zum Kosovo. Dem deutschen
Einsatzkontingent KVM (L) gehörten neun Feldjäger aus der damals den Krisenreaktionskräften der
Bundeswehr zugeordneten Feldjägerkompanie in
Roding an. Neben den allgemeinen militärpolizeilichen Aufgaben bestand der Auftrag der Feldjäger
darin, die Marschstraßen vom Hafen in Thessaloniki nach Mazedonien sowie Ausweichrouten zu
erkunden und zu dokumentieren und dabei unter
anderem auch die Traglast von Brücken einzuschätzen. An manchen Tagen wurden so mehr als
1000 Kilometer gefahren und zeitweise bestand
auf Grund des enormen Auftragsaufkommens
eine Feldjägerstreife nur noch aus einem Feldjäger.
Parallel hierzu waren die Feldjäger der „Extraction Force" zugeordnet. Dieser in Mazedonien
stationierte, etwa 1600 Mann starke, gepanzerte
multinationale Verband hatte den Auftrag, die bis
zu 1400 im Kosovo eingesetzten, unbewaffneten
OSCE- Beobachter der Kosovo Verification Mission
im Notfall zu evakuieren. Hauptauftrag der Feldjäger war hier die Identifizierung der OSCE- Beobachter vor der Evakuierung.
Abb. 49 Feldjäger bei der Unfallaufnahme
Abb. 50 Feldjäger bei der Durchsuchung eines
Waffenlagers
Im Februar 1999 wurden die ersten Konvois mit
Material der designierten KFOR-Truppe unter großem medialem Interesse in Nachtmärschen nach
Tetovo begleitet.
Im März 1999 wurden die Rodinger Feldjäger
durch eine 60 Mann starke Feldjägerkompanie aus
dem eigenen 760er Bataillon abgelöst.
STREITKRÄFTE
BASIS
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Diese organisierten den
Feldjägerdienst in Mazedonien aus Tetovo, später Ohrid und Strumica
heraus und führten mit
Schwerpunkt weitere
Konvois und Märsche
nach Mazedonien. Die
NATO fliegt zu diesem
Zeitpunkt nach gescheiterten Bemühungen um
eine politische Lösung seit dem 24. März Luftangriffe auf serbische Ziele im Kosovo und Serbien.
Am 12. Juni, nur zwei Tage nach Abschluss des
Abkommens zwischen Jugoslawien und der NATO
und der damit verbundenen Aussetzung der
Luftangriffe, rückte die Einsatzbrigade KFOR in
das Kosovo vor. Da für die deutschen KFOR-Kräfte
Abb. 51 Feldjägerfuhrpark, 1999
keine eigenen Feldjäger ausgeplant und verlegt
wurden, verstärkten acht Streifen der Feldjägerkompanie KVM(L) die Brigade. Nach Beendigung
des Krieges im Kosovo und Abzug der serbischen
Kräfte befand sich das gesamte Gebiet mangels
jeglicher rechtsstaatlicher Instanzen praktisch im
rechtsfreien Raum. Neben der Abstellung von
zwei Feldjägern für den Personenschutz des Deutschen Kontingentführers war die Herstellung der
öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine der wesentlichsten und herausforderndsten Aufgaben.
Dies bedingte unter anderem die unmittelbare
Einrichtung und den Betrieb eines Gefängnisses in
Prizren - Fähigkeiten, die bis dato von der Feldjägertruppe nicht abgefordert wurden. Gleichzeitig
wurden Erhebungen und Ermittlungen in einer
bislang unbekannten Dimension zur Dokumentation und Aufklärung von Verbrechen notwendig.
Abb. 52 Feldjäger im Gespräch mit Soldaten der UCK, 1999
STREITKRÄFTE
BASIS
110
Zahllose Tötungsdelikte mussten in den ersten
Wochen und Monaten bearbeitet, Kriegsverbrechen dokumentiert und Massengräber geöffnet
werden. Parallel hierzu galt es, Plünderungen und
weitere Übergriffe zu verhindern, die einsetzenden Rückkehrerströme aus Albanien in das Kosovo
zu organisieren und die Räumung widerrechtlich
besetzter Gebäude bis hin zu Maßnahmen zur
Entwaffnung der UCK mit Erstürmung der von
der UCK besetzten Gebäude sicherzustellen. Aus
Feldjägern wurden Polizisten, Kriminalbeamte,
Justizvollzugsbeamte und sogar Haftrichter. Bis zu
138 Feldjäger nahmen gleichzeitig ihren Auftrag
im Kosovo wahr, sorgten für die Herstellung und
die Einhaltung der öffentlichen Ordnung u.a. in
Prizren, Pristina, Suva Reka, Dragash, Orahovac
und Malisevo.
Bis heute sind Feldjäger im Kosovo im Einsatz.
Der Einsatzzug ist noch 10 Mann stark. Neben
dem Betrieb des Feldjägerdienstkommandos im
Feldlager in Prizren erbringen Erheber und Ermittler sowie Luftsicherheitskräfte Dienstleistungen
für das deutsche Einsatzkontingent und arbeiten
mit den vor Ort befindlichen Militärpolizeikräften
verbündeter Nationen zusammen. Möglich ist hier
eine kurzfristige Verstärkung des Einsatzkontingentes KFOR durch ein Operational Reserve Force
(ORF) Bataillon, um auf Spannungen im Kosovo
reagieren zu können. Aktuell ist dem deutsch-österreichischen ORF-Bataillon ein Feldjägerzug mit
22 Feldjägern zugeordnet, welcher die Fähigkeiten
Greiftrupp, Dokumentationstrupp, Gewahrsamsstelle und Präzisionsschützen für den Einsatz bei
unfriedlichen Demonstrationen einbringt.
Abb. 53 Feldjäger bei der Zugriffdurchsuchung
Abb. 54 Feldjäger MB Greenliner vor dem HQ Pristina
STREITKRÄFTE
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Albanien und Mazedonien
4.3 Feldjäger in Afghanistan
terstützungsverband Albanien (UstgVerb ALB), im
Schwerpunkt Pionierkräfte, unter Beteiligung von
10 Feldjägern beauftragt, bei Auf- und Ausbau
von Flüchtlingslagern zu unterstützen und Verkehrswege im Bedarfsfall ­auszubauen.
Parallel zu den Einsätzen der Feldjäger in KVM(L)
und KFOR fanden zwei weitere, zeitlich befristete
Szenarien und Operationen auf dem Balkan unter
Beteiligung von Feldjägerkräften statt. In Albanien
wurde im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion
im Zeitraum 3. Juni bis 11. August 1999 ein Un-
Ab September 2001 operierte als Nachfolger
der Operation Essential Harvest für ein Jahr die
deutsch-niederländische Task Force Fox in Mazedonien. Auslöser dieses Einsatzes waren die ethnischen Spannungen zwischen den slawischen und
albanischen Volksgruppen in Mazedonien, welche
bürgerkriegsähnliche Ausmaße anzunehmen drohten. Hauptauftrag dieser Kräfte war der Schutz der
in Mazedonien tätigen internationalen Beobachter.
Den etwa 600 Soldaten starken Einsatzkräften der
TF Fox wurde von Juni 2001 bis Juli 2002 ein Feldjägerzug zugeordnet und auf dem Erebino, einem
Berg südlich von Tetovo, stationiert.
Abb. 55 Camp Fox TFF, Mazedonien
erhaltung eines stabilen und sicheren Umfeldes,
was auch die Ausbildung afghanischer Sicherheitsorgane beinhaltete. Mit den Vorauskräften
der Bundeswehr trafen im Januar 2002 auch die
ersten Feldjäger in Kabul ein. Bereits im Folgemonat verlegte die erste Feldjägereinsatzkompanie
mit Kräften des FJgBtl 750 nach Kabul, wo bis
heute ununterbrochen Feldjäger im Einsatz sind.
Der Schwerpunkt des Auftrages der Feldjäger in
Afghanistan und besonders in Kabul liegt nach
wie vor im Personen- und Begleitschutz, wenngleich auch die Erheber und Ermittler vor neue Herausforderungen gestellt werden. Ab 2003 wurde
das Engagement der internationalen ISAF-Truppe
über den Großraum Kabul hinaus erweitert.
Abb. 56 Feldjäger unterwegs in Kabul
STREITKRÄFTE
BASIS
112
Nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001
in den USA begann der
friedenserzwingende
UN-mandatierte internationale Einsatz unter
NATO-Führung in Afghanistan. Von Beginn
an beteiligte sich die
Bundeswehr an diesem
Einsatz, welcher in seinem Verlauf zunehmend
herausfordernder werden sollte. Hauptauftrag
der International Security Assistance Force (ISAF)
war die Unterstützung der gewählten Regierung
Afghanistans durch Herstellung und Aufrecht-
STREITKRÄFTE
BASIS
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Headline
Die Feldjägereinsatzkompanie Kunduz verlegte
noch in diesem Jahr und nahm über zehn Jahre
bis 2013 mit bis zu 37 Feldjägern militärpolizeiliche Aufgaben und allgemeinmilitärische Aufgaben unter einer zum Teil hohen Gefährdungslage
wahr. Bis zum Abzug der Bundeswehr aus Kunduz
und Übergabe des Feldlagers fielen im Raum
Kunduz 25 deutsche Soldaten, unzählige wurden
bei Sprengstoffanschlägen und Feuergefechten
verwundet.
Headline
2004 wurde in Faizabad ein weiteres Regionales
Wiederaufbauteams (PRT) unter deutscher Führung eingerichtet. Das Feldlager wurde im Januar
2005 offiziell in Betrieb genommen. In Zugstärke
mit bis zu 18 Soldaten stellten Feldjäger hier bis
2012 den Personen- und Begleitschutz ebenso
sicher wie die Durchführung von Erhebungen und
Ermittlungen und die Wahrnehmung von Luftsicherheitsaufgaben.
Im Jahr 2006 baute Deutschland die britische Forward Support Base in Mazar-i-Sharif zum Feldlager
„Camp Marmal" aus. Im Juni übernahm Deutschland das Regionalkommando Nord mit Sitz des
Stabes im Camp Marmal. Damit wurde das Camp
Marmal zur Basis des deutschen Einsatzkontingentes.
Im Stab des Regionalkommandos Nord (RC N)
plante und koordinierte ein international besetztes
Provost-Marshal-Office unter deutscher Führung
bis 2014 nationale und internationale Militärpoli-
zeieinsätze. Die Feldjägereinsatzkompanie Mazari-Sharif war bis zu 54 Feldjäger stark, wurde darüber hinaus über mehrere Jahre mit amerikanischen
und kroatischen, später u.a. mit belgischen und
lettischen Militärpolizisten verstärkt.
Ab Dezember 2010 bis zur Übergabe des Außenpostens „Operation Post North" bei Pol-e Chomri
an die afghanischen Sicherheitskräfte wurde der
erste Zug der Feldjägereinsatzkompanie Mazar-iSharif mit Hauptauftrag Erhebungen und Ermittlungen sowie Force Protection hier stationiert.
Abb. 57 Feldjäger in der Sicherung, Faizabad
STREITKRÄFTE
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Neben der Feldjägereinsatzkompanie lag im Camp
Marmal auch das bis zu 45 Feldjäger umfassende
„Feldjägerausbildungskommando zur Unterstützung der Afghanischen Nationalen Polizei" (ANP).
Anfangs in Zuggliederung, wurden ab 2009 in
der Teamstruktur eines Police Mentoring Teams
(PMT) und in Zusammenarbeit mit internationalen
Polizeikräften im Norden des Landes die nationalen afghanischen Polizeikräfte vor Ort in deren
Distrikten aus- und weitergebildet.
Aufbauend auf den Erfahrungen vorheriger Einsätze wurden die Feldjäger in Afghanistan zu jeder
Zeit vor neue Herausforderungen in einem robusten Einsatz mit hoher Gefährdungslage gestellt.
Headline
So passten Personenschützer Ausstattung und
Einsatztaktik regelmäßig an die veränderten
Gegebenheiten an und arbeiten mit Sprengstoffspürhundeteams zusammen. Erheber und
Ermittler wurden bei Einsätzen durch Präzisionsschützen der eigenen Truppengattung gesichert und entwickelten Techniken, Spuren- und
Beweissicherung an Anschlagsorten innerhalb
von 30 Minuten durchführen zu können. Der
Feldjägerdienst wurde erstmalig aus dem verlegefähigen modularen Feldjägerdienstkommando
heraus betrieben. Feldjäger nahmen Kontroll- und
Ausbildungsaufgaben für afghanisches Gefängnispersonal wahr. Luftsicherheitskräfte kontrollierten
nationale und internationale Lufttransportfracht
Annähernd 200 Feldjäger waren 2011 zeitgleich
in Afghanistan in 5 Standorten eingesetzt. 2015
zählen wir noch 38 Feldjäger in Kabul und Mazari-Sharif. Die Herausforderungen bleiben. Neue
werden hinzukommen.
Abb. 59 Feldjäger beobachtet den Luftraum
Abb. 58 Feldjäger MB SSA am Helipad in Faizabad
STREITKRÄFTE
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auf die Einhaltung der
Sicherheitsbestimmungen und übernahmen
Sicherheitsaufgaben in
Luftfahrzeugen.Zum 1.
Januar 2015 ging ISAF
in die Mission „Resolute Support" (RS) über.
Während die Mandatsobergrenze für ISAF bei 5350 Soldaten lag, legt der
Beschluss des Deutschen Bundestages diese bei RS
für 850 Soldaten fest. Die Reduzierungen spiegeln
sich natürlich auch bei Feldjägerkräften wider.
STREITKRÄFTE
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4.4 Feldjäger in See
European Union Naval Force - Somalia
(EU NAVFOR Somalia) - Operation Atalanta
Erste Überlegungen zur
Gestellung von Feldjägerkräften auf Schiffen
der Marine gab es
bereits 2002 während
der Operation Enduring
Freedom.
Es sollte jedoch noch
sechs Jahre dauern, bis
die ersten Feldjäger im
Rahmen der Operation European Union Naval
Force - Somalia (EU NAVFOR Somalia) Operation
Atalanta erstmals als Teil eines deutschen Einsatzkontingentes an Bord eines deutschen Marineschiffs in See stachen.
Die multinationale Operation Atalanta wurde
2008 mit dem Ziel des Schutzes der Hilfslieferungen für Somalia sowie der Gewährleistung einer
freien Seefahrt und Bekämpfung der Piraterie am
Horn von Afrika und im Golf von Aden gestartet.
Die ersten Feldjäger, Kräfte aus dem FJgBtl 451
und FJgBtl 252, gingen im Dezember 2008 an
Bord der Fregatte Karlsruhe. Hauptauftrag der
Feldjäger war und ist die Unterstützung des Kommandanten bei der Durchführung der Gewahrsamnahme der Piraterie verdächtigter Personen
sowie die gerichtsverwertbare Sicherung und
Dokumentation der diesbezüglichen Beweismittel.
Zur Erfüllung dieses Auftrages sind auf jeder in EU
NAVFOR Atalanta eingesetzten Einheiten (Fregatte bzw. Einsatzgruppenversorger) drei Feldjäger
unter Führung eines Feldjägeroffiziers mit Spezialisierung und Befähigung für Erhebungen und
Ermittlungen an Bord.
Heute zählen wir das 22. Deutsche Einsatzkontingent EU NAVFOR Atalanta und 24 Feldjägerkommandos waren bis dato für mindestens 4 Monate
als Angehörige der Besatzungen in See. Wohl
jeder der auf einer seegehenden Marineeinheit
eingesetzten Feldjäger musste sich hierbei in einer
organisatorisch, sozial und kommunikativ fremden
Umgebung integrieren. Mittlerweile ist jedoch
vielen Feldjägern bekannt, dass jeder Marinestabsoffizier- kurz mit „Herr Kap'tän" angesprochen
wird, dass er in einer kleinen Kammer auf dem
Bock schläft, welche nicht vom „Spieß", sondern
vom Schiffswachtmeister zugewiesen wurde, sein
Mitbewohner vielleicht der 2SVO - der 2. Schiffsversorgungsoffizier - ist und man in der Kantine
Kleinigkeiten einkaufen kann, weil die Mahlzeiten
in der Messe eingenommen werden, wobei jede
Dienstgradgruppe über eine eigene Messe verfügt
und der Zutritt von dienstgradgruppenfremden
Soldaten ausschließlich mit Erlaubnis aller Anwesenden möglich ist, was wiederum während der
Mahlzeiten gänzlich ausgeschlossen ist.
führung der Gewahrsamnahme mit Sicherung
und gerichtsverwertbarer Dokumentation von
Beweismitteln. Die Gewahrsamnahme umfasst
hierbei die Aufnahme, die Betreuung und Beaufsichtigung der Personen im Gewahrsamsbereich
sowie die Übergabe bzw. Freilassung. Bei allen
Phasen der Gewahrsamnahme sind die Feldjäger
an Bord auf Unterstützung von Marinesoldaten
angewiesen. Die hier eingeteilten Soldaten müssen durch die Feldjäger eingewiesen und ausgebildet werden. Der Erfolg der Operation EUNAVFOR
Atalanta kann in Zahlen dokumentiert werden.
Wurden im Jahr 2009 163 Piratenangriffe und
Geiselnahmen registriert, lag die Zahl in 2014 nur
noch bei zwei gemeldeten Angriffen. Insgesamt
wurden durch den internationalen Marineverband
155 Piraten den Strafverfolgungsbehörden übergeben, davon 128 rechtskräftig verurteilt.
Abb. 61 Feldjäger bei der Fotoüberwachung an Bord der Fregatte Hamburg
Abb. 60 Feldjäger an Bord bei der Registrierung und Dokumentation von Beweismitteln
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Auch für die Marine waren anfangs die Feldjäger
an Bord doch gewöhnungsbedürftig und es galt
besonders für die ersten Feldjägerkommandos in
See einige Ressentiments auszuräumen. Durch
Fachwissen, professionelle Einstellung, Kooperations- und Anpassungsfähigkeit, ein klein wenig
Geduld von Feldjägeroffizieren und Feldjägerportepeeunteroffizieren (die hier übrigens Feldjägermeister heißen) und viel Unterstützung von
den Marinesoldaten wurden die Feldjäger jedoch
schnell zu Besatzungsmitgliedern und anerkannten Fachleuten innerhalb ihres speziellen Aufgabenbereiches. Mussten die ersten Feldjägeroffiziere noch um die Übertragung von Ermittlungen
nach der Wehrdisziplinarordnung kämpfen, ist
dies heute an Bord selbstverständlich. Der eigentliche Hauptauftrag bleibt jedoch die Wahrnehmung
der Garantenpflicht des Kommandanten gegenüber den Gewahrsamspersonen sowie die Durch-
STREITKRÄFTE
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European Union Naval Force - Mediterranean (EU NAVFOR MED)
Nach nur fünf Tagen
Vorbereitungszeit gingen am 4. Mai 2015 die
ersten dreizehn Feldjäger aus der 8./ FJgRgt
1 in Burg an Bord der
Fregatte Hessen und des
Einsatzgruppenversorgers Berlin. Das Feldjägerdienstkommando
Burg stellte vorübergehend den durchgehenden
Feldjägerdienst ein. Auftrag an Bord der Schiffe,
die kurzfristig zur Humanitären Hilfe Seenotrettung ins Mittelmeer abgestellt wurden, war die
Aufnahme, Betreuung und Beaufsichtigung sowie
die Übergabe von durch die Marine aus Seenot
geretteten und an Bord genommenen Flüchtlingen. Grundsätzlich ist dieser Auftrag artverwandt
mit den Aufgaben der Feldjäger bei EU NAVFOR
Atalanta im Bereich Gewahrsamnahme, die Herausforderungen sind jedoch andere. Während sich
bei Atalanta i.d.R. nicht mehr als zehn der Piraterie verdächtige Personen bis zu zehn Tagen an
Bord befinden, mussten auf der Fregatte Hessen
zeitweise mehr als 800 Personen aufgenommen
und betreut werden.
Diese sind zwar grundsätzlich keiner Straftaten
verdächtigt und werden als Flüchtlinge behandelt,
dafür werden Problemlösungen bedingt durch
Anzahl, Alter und Ethnien erforderlich. Diesen
Herausforderungen stellen sich sechs Feldjäger mit
Unterstützung von Marinesoldaten, welche aber
natürlich nicht den Ausbildungs- und Erfahrungsstand der eingesetzten Feldjäger besitzen können.
Zum Teil bis zu 36 Stunden ohne Unterbrechung
waren die Feldjäger in der Aufnahme und Betreuung gebunden, bevor die Flüchtlinge in Italien den
dortigen Behörden übergeben werden konnten.
Aufgrund der hohen physischen und psychischen
Belastungen wurde erstmalig eine Einsatzdauerobergrenze von 70 Tagen für die Feldjägerkräfte
befohlen.
Im Juli 2015 ging die Humanitäre Hilfeleistung
Seenotrettung Mittelmeer in den mandatierten
Einsatz European Union Naval Force - Mediterranean (EU NAVFOR MED) über. Damit einher geht
ein Wechsel des Hauptauftrages für die Marineeinheiten von Seenotrettung zu Erkundung und
Aufklärung. Der Hauptauftrag und Kräfteansatz
der Feldjäger bleibt davon jedoch unberührt.
Zusätzliche Aufträge im Bereich von Erhebungen
und Ermittlungen und Unterstützungsleistungen
werden außerhalb der Flüchtlingshilfe wahrgenommen.
Abb. 62 u. 63 Seenotrettung Mittelmeer: Feldjäger an Bord der Fregatte Hessen
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4.5 Einsatzgleiche Verpflichtungen
Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr
(AufgBer FJgWesBw) plant neben den „klassischen Auslandseinsätzen" auch Feldjägerkräftedispositive für die Einsatzgleichen Verpflichtungen
aus. Im Schwerpunkt werden hierbei die European
Battlegroup (EUBG) und die NATO Response
Force (NRF) betrachtet. Einsatzkontingente der
EUBG unterliegen einer Standby-Phase von sechs
Monaten, wobei diese grundsätzlich im Januar
und im Juli beginnt. Die Bereitschaftsphase der
NRF umfasst ein volles Kalenderjahr. Sie beginnt
im Januar und endet im Dezember. Die eingeplanten Feldjägerkräfte sind in den entsprechenden
Zeiträumen fest gebunden und können nicht für
andere Einsatzverpflichtungen eingeplant werden,
die parallel zu den entsprechenden Kontingenten
zu stellen sind. Für beide Einsatzgleichen Verpflichtungen gilt, dass die eingeplanten Feldjägerkräfte sowie das benötigte Material einen Monat
über das Ende der jeweiligen Standby-Phase
hinaus bereitgehalten werden müssen.
Die Einsatzkontingente der NRF und
der EUBG werden,
abhängig von der Gesamtstärke des jeweiligen deutschen Einsatzkontingentes, als
Einheit (verminderte
Feldjägereinsatzkompanie) oder Teileinheit
(verminderter Feldjägerzug) ausgeplant.
Absicht ist es, mithilfe
einer bereits erfolgten Standardisierung dieser
Elemente, zukünftig die Ausplanungen und die
4.6 Militärische Evakuierungsoperationen
damit einhergehenden Koordinierungen zwischen
den militärischen Organisationsbereichen (MilOrgBer), den Fähigkeitskommandos der Streitkräftebasis und den Verbänden innerhalb des AufgBer
FJgWesBw nachhaltig zu optimieren. Neben einer
rein nationalen Aufstellung der Einsatzkontingente spielt die Zusammenarbeit im multinationalen
Verbund eine immer stärkere Rolle. So werden die
aufgestellten Feldjägereinsatzkompanien regelmäßig durch andere Partnernationen unterstützt
und durch Komponenten anderer Militärpolizeien
ergänzt. Beispielgebend kann hier die multinationale Militärpolizeikompanie für die EUBG II/2016
genannt werden, die durch das Kommando
Feldjäger der Bundeswehr ausgeplant wurde, im
Schwerpunkt durch Feldjäger betrieben und durch
mehr als 40 Militärpolizisten aus Österreich und
der Tschechischen Republik unterstützt wird. Umgekehrt ist es allerdings auch möglich, dass sich
Feldjägerkräfte an eine multinationale Militärpolizeikompanie der EUBG oder der NRF angliedern,
die durch eine andere Nation geführt wird. Um
die multinationale Zusammenarbeit zu optimieren,
findet nach den entsprechenden Absprachen eine
zielgerichtete Übungstätigkeit im In- und Ausland
statt. Ziel ist hierbei, die eingesetzten Kräfte der
verschiedenen Militärpolizeien miteinander zu
harmonisieren und zu zertifizieren.
Staatsbürger aus Libyen im Februar 2011) sowohl
an Bord eines Ausbildungs- und Einsatzverbandes
(EAV) der Deutschen Marine im Mittelmeer, als
auch an Bord von zwei Transall-Transportflugzeugen, welche zur Unterstützung dieser Operation
bereit standen. Für den Erfolg von Militärischen
Evakuierungsoperationen geben Geheimhaltung
in der Vorbereitung, Überraschung im Ansatz und
zupackendes Handeln in der Durchführung den
Ausschlag. Deshalb sehen Sie uns bitte nach, dass
wir an dieser Stelle thematisch nicht weiter in die
Tiefe gehen, sondern es bei diesem allgemeinen
Überblick belassen.
Abb. 64 Feldjäger bei der Operation Pegasus
So ist zum Beispiel in Vorbereitung auf die EUBG
II/2016 eine trinationale Teilnahme an der Volltruppenübung EUROPEAN SPIRIT 2016 geplant,
bei der deutsche Feldjäger zusammen mit den
Partnern aus Österreich und der Tschechischen
Republik ihre allgemeinmilitärischen sowie ihre
militärpolizeilichen Fähigkeiten beüben und kohäsieren können.
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Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr stellt
für Militärische Evakuierungsoperationen (MilEvakOp) ein Kräftedispositiv bereit, um jederzeit
und zielgerichtet im gesamten militärpolizeilichen
Aufgabenspektrum im Rahmen der Nationalen
Krisenvorsorge eingesetzt zu werden. Das Einsatzportfolio dieses Kräftedispositives ist äußerst facettenreich und reicht von der Personenregistrierung
der zu Evakuierenden bis hin zur Durchführung
von Personenschutz für entsprechend eingestufte
Soldaten des Einsatzverbandes MilEvakOp. Eingesetzt wurden Feldjägerkräfte zum Beispiel im Zuge
der Operation Pegasus (Evakuierung deutscher
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123
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4.7Gedenken
Die Feldjäger der Bundeswehr haben seit Beginn
mandatierter Auslandseinsätze der Bundeswehr
eine enorme Entwicklung vollzogen, die viele Anfang der 1990er Jahre nicht für möglich hielten.
Die Feldjägertruppe hat die Herausforderungen
angenommen, hat sie bestanden und ist daran
gewachsen -
sie hat hierfür jedoch auch einen hohen Preis
zahlen müssen, da nicht jeder Feldjäger lebend
nach Hause zurückkehren konnte. Unseren
Kameraden ein ehrendes Andenken zu bewahren
ist und bleibt Verpflichtung aller Feldjäger der
Bundeswehr.
Bei Verkehrsunfällen im Kosovo starben die Feldjäger
•Hauptfeldwebel Christian Falk am 12. Oktober 1999 (5./FJgBtl 801) - Bild oben rechts
•Feldwebel Thomas Grubert am 12. Oktober 1999 (5./FJgBtl 801) - Bild oben rechts
•Oberfeldwebel Michael Zirkelbach am 3. Oktober 2003 (3./FJgBtl 451) - Bild unten rechts
•Stabsunteroffizier Marco Heling am 3. Oktober 2003 (4./FJgBtl 451) - Bild unten rechts
Die einheimische Bevölkerung im Kosovo pflegt die Gedenkstätten an unsere Kameraden bis
zum heutigen Tag.
Bei einem Sprengstoffanschlag in Taloqan/Afghanistan starb am
28.05.2011 Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein (5./FJgBtl 152)
in Ausübung seines Dienstes. Er fiel als Kommandoführer des
Personenschutzteams des Kommandeurs
Regionalkommando Nord.
Auch dieser fünf Kameraden wird am Platz der Erinnerung (Kapitel 7) gedacht.
Abb. 65 u. 66 Der Kommandeur KdoFJgBw an den Gedenkstätten der im Kosovo gestorbenen Feldjäger
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5 Vorstellung der aktuellen Dienststellen und
Verbände
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5.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr
5.2 Feldjägerregiment 1
5.3 Feldjägerregiment 2
5.4 Feldjägerregiment 3
5.5 Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
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5.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr
Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr in
Hannover ist die vorgesetzte Dienststelle aller Feldjägerverbände und der Schule für Feldjäger und
Stabsdienst der Bundeswehr. Als Dienststelle der
Streitkräftebasis ist es dem Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr truppendienstlich
nachgeordnet.
In ihm liegen erstmals in der Geschichte des
Feldjägerwesens Bundeswehr Führung, Einsatz,
Ausbildung und Weiterentwicklung in einer Hand.
Kernaufgabe des Kommandos ist es, militärpolizeiliche Fähigkeiten der Bundeswehr im In- und
Ausland lageabhängig abzubilden, den Feldjägerdienst Inland zu führen und hierfür die erforderlichen Feldjägerkräfte bereitzustellen.
Der Feldjägerführer Bundeswehr und Kommandeur des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr,
Herr Brigadegeneral Udo Schnittker, nimmt alle
Aufgaben des zentralen fachlichen Beraters in
Fragen des Feldjägerwesens und des militärpolizeilichen Aufgabenspektrums der Bundeswehr
für das Bundesministerium der Verteidigung und
alle Organisationsbereiche der Bundeswehr wahr.
Er wird hierbei durch den Stab des Kommandos
Feldjäger der Bundeswehr unterstützt.
Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr ist
verantwortlich für die truppendienstliche und
fachliche Führung der drei Feldjägerregimenter
in Berlin, Hilden und München sowie der bundeswehrgemeinsamen Schule für Feldjäger und
Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover mit einer
Gesamtstärke von 2700 Soldaten und Soldatinnen
sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen
(Abb. 67).
Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr wurde
am 20. Februar 2013 im Rahmen eines feierlichen
Appells durch den Stellvertretenden Inspekteur
der Streitkräftebasis, Herrn Generalleutnant Engelhardt, in der Scharnhorst-Kaserne in Hannover
in Dienst gestellt. Alle Truppenteile des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr sowie die
Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr wurden hierbei dem Kommando Feldjäger
der Bundeswehr unterstellt (Abb. 69).
Abb. 67 Dislozierung der Truppenteile des Feldjägerwesens Bundeswehr in der Zielstruktur der Streitkräftebasis der Zukunft
Der Stab des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr besteht aus zwei Fachabteilungen
(Feldjägereinsatz und Weiterentwicklung), einer
Stabsabteilung (Führung), einem Dezernat Zent-
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rale Aufgaben, einem Dezernat Controlling, den
Rechtsberatern sowie dem Stabsquartier mit rund
150 Soldaten und Soldatinnen sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (Abb. 68).
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Die Abteilung Führung nimmt die truppendienstliche Führung für den gesamten Kommandobereich in allen Führungsgrundgebieten im Auftrag
des Kommandeurs Kommando Feldjäger der
Bundeswehr wahr. Das Personal der Abteilung
Führung setzt sich aus Soldaten und Soldatinnen
aller Uniformträger- und Organisationsbereiche
zusammen.
Die Abteilung Feldjägereinsatz Bundeswehr ist
verantwortlich für die Planung und Führung des
Feldjägerdienstes Inland, die Koordinierung der
Grundsätze des Feldjägereinsatzes Ausland in
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enger Abstimmung mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr und die Bedarfsdeckung
der militärpolizeilichen Fähigkeiten im In- und
Ausland.
In seiner Grundgliederung ist das Kommando
Feldjäger der Bundeswehr befähigt, alle truppendienstlichen und fachlichen Aufgaben im engen
Zusammenwirken mit dem nachgeordneten
Bereich zu erfüllen und so den militärpolizeilichen
Beitrag zur Erfüllung des Gesamtauftrages der
Bundeswehr zu leisten.
Die Abteilung Grundlagen und Weiterentwicklung nimmt die fachliche Weiterentwicklung des
Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr
wahr.
Dieses umfasst im ganzheitlichen System Weiterentwicklung die Zuständigkeit für Konzeption,
Doktrin, Ausbildung, Rüstung und Ausrüstung
sowie internationale Kooperation.
Abb. 69 Einmarsch der Truppenfahnen während des Indienststellungsappells Kommando Feldjäger der Bundeswehr am
20. Februar 2013
Abb. 68 Gliederung des Stabes Kommando Feldjäger der Bundeswehr
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Vom Inspizienten der Feldjägertruppe bis zum Feldjägerführer Bundeswehr
5.2 Das Feldjägerregiment 1
Weiträumig. Flexibel. Exzellent.
Oberst Fischer
1958-1961
Oberst Brucker
1961-1963
Oberst Ballhorn
1963-1967
Am 26.09.2013 wurde das Feldjägerregiment 1
(FJgRgt 1) im Rahmen eines feierlichen Appells
durch den Kommandeur Kommando Feldjäger
der Bundeswehr, Brigadegeneral Udo Schnittker,
zum 01.10.2013 unter der Führung von Oberst
Carsten Bullwinkel in Dienst gestellt. Die im neuen
Einsatzraum befindlichen Kompanien der Feldjägerbataillone 151, 350 und 351 wurden dabei
dem FJgRgt 1 unterstellt.
Das Alte bewahren und das Neue formen - dieser
Grundsatz führte zu einer einmaligen mathematischen Gleichung:
151+350+351=1
Oberst Elfering
1967-1970
Oberst Koch
1970-1974
Oberst Schwarz
1974
Oberst Herold
1974-1981
Oberst Neumann
1981-1985
Oberst Trampusch
1985-1988
Oberst Diez
1988-1994
Oberst Herzog
1995-2000
Oberst Helms
2000-2001
Oberst Erdmann
2001-2008
Oberst Stumpp
2008-2012
Brigadegeneral Schnittker
seit 2013
Die drei ehemaligen Bataillone waren in Berlin
(350) unter Führung von Oberstleutnant Andreas
Reitz, in Neubrandenburg (151) unter Führung
von Oberstleutnant Ulf Lübberstedt und in Leipzig
(351) unter Führung von Oberstleutnant Dirk
Gerlich disloziert. Durch die Beibehaltung wesentlichen Führungspersonals aus den drei Verbänden
gelang es verzugslos, vorhandene Expertise aus
dem jeweiligen Verantwortungsbereich zu konservieren und im neu aufgestellten Regimentsstab in
Berlin verwertbar zu machen. So ist seit der Auf-
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stellung Oberstleutnant Reitz der stellvertretende
Kommandeur des Regimentes und Oberstleutnant
Lübberstedt der Abteilungsleiter S3. Im Wesentlichen trugen die Last der Neuaufstellung die
Unteroffiziere der drei Verbände, die bekanntes
Terrain verlassen und sich in „neuen" Kompanien
zurechtfinden mussten. Ihre Professionalität und
ihre Leistungsbereitschaft trugen im Kern dazu
bei, dass in kürzester Zeit ein „Wir-Gefühl" im
Feldjägerregiment 1 entstand.
Jedoch sei an dieser Stelle auch kurz an die aufgelösten Kompanien erinnert: Das Feldjägerdienstkommando Potsdam ist sicherlich das geschichtsträchtigste von allen Kompanien gewesen. Auch
Hagenow hatte ein eigenes Dienstkommando.
Deren Einsatzräume und Aufträge sind natürlich
durch die anderen Einsatzkompanien lückenlos
übernommen worden.
Die langjährigen und intensiven Patenschaften
mit dem Bezirk Berlin-Mitte in Wedding sowie der
polnischen Zandarmerii Wojskowej in Zagan sind
weiter bestimmende Merkmale dieses Verbandes.
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Stab Feldjägerregiment 1
Teamfähig. Kompetent. Innovativ.
Oberstleutnant Uwe Staab nimmt als Regimentskommandeur die fachliche Beratungsfunktion für
alle Bedarfsträger in seinem Verantwortungsbereich
wahr und ist als Verbandsführer der erste Mann des
Regimentes. Er ist verantwortlich für die truppendienstliche Führung der acht Feldjägerkompanien
in Berlin, Eckernförde, Neubrandenburg, Hamburg,
Storkow, Burg und Leipzig sowie der Versorgungskompanie in Berlin mit einer Gesamtstärke von ca.
800 Soldaten und Soldatinnen sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen.
Hierbei wird er durch den Stab FJgRgt 1 unter
Führung des StvRgtKdr mit seinen sechs Fachabteilungen sowie dem Stabszug, unter Führung des
Stabszugführers mit der Disziplinargewalt der Stufe
1, mit insgesamt 42 Soldaten und Soldatinnen
sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unterstützt. Somit nehmen die täglichen ablauforganisatorischen Verantwortlichkeiten Oberstleutnant
Andreas Reitz als stellvertretender Kommandeur
und Hauptmann Ferdinand Storm als Stabszugführer wahr und sind folglich die Garanten für das gute
Gelingen des Stabes.
1./Feldjägerregiment 1
Unterstützend. Breitgefächert. Reibungslos.
Einsatzraum im Nordosten Deutschlands
Der Einsatzraum des Feldjägerregiments 1 erstreckt sich von der deutsch-dänischen Grenze
im Norden bis hin zum Erzgebirge im Süden, der
Grenze zu Polen und Tschechien im Osten auf
einer Fläche von 108.919 km2. Darin befinden
sich 229 Dienststellen an 83 Standorten in 116
Liegenschaften der Bundeswehr mit insgesamt ca.
49.000 Soldatinnen und Soldaten.
Soweit die Fakten. Was sich aber hinter diesem
Einsatzraum verbirgt, kann eher folgende Darstellung vermitteln: Das Bundesministerium der Verteidigung hat im Bendler-Block in Berlin seinen 2.
Dienstsitz. Weitere prominente und den Einsatzraum kennzeichnende Dienststellen auf der operativen Ebene sind das Einsatzführungskommando
der Bundeswehr, das Planungsamt, die Bundesakademie für Sicherheitspolitik, das Kommando
Heer, das Kommando Luftwaffe, das Marinekom-
mando, das Kommando Territoriale Aufgaben der
Bundeswehr, die Führungsakademie der Bundeswehr, die Offizierschule des Heeres u.v.m. Neben
diesen hochkarätigen Bedarfsträgern sind mit dem
Verantwortungsbereich des Feldjägerregiments
1 auch die Hochwertveranstaltungen wie das
Feierliche Gelöbnis am 20.07. eines jeden Jahres,
der Hafengeburtstag in Hamburg, der Hanse Sail
in Rostock oder aber auch die Kieler Woche verknüpft, die immer wieder herausragende Feldjägereinsätze darstellen.
Das heißt: Die Aufgaben des Feldjägerregimentes
1 können sich aufgrund der Konzentration der
unterschiedlichsten Dienststellen wohl von seinen
Schwesterregimentern etwas unterscheiden.
Doch nun zu den einzelnen Manöverelementen
des Verbandes.
Die 1. Kompanie ist als Versorgungskompanie im
Wesentlichen für das gesamte Regiment zuständig
und betreibt die Realversorgung des Verbandes.
Intern bezeichnet sich die Kompanie als „Dienstleister der Dienstleister". Die 1. Kompanie leistet
durch verschiedenste Unterstützungsleistungen
ihren Beitrag für das Gelingen der Aufträge des
2./Feldjägerregiment 1
Zuverlässig. Wendig. Bereit.
Die 2. Kompanie ist als „schwere Kompanie" eine
Ausnahme im Feldjägerwesen Bundeswehr. Unter
Führung von Hauptmann Manuel Myrrhe sichert
sie mit dem Absicherungszug den 2. Dienstsitz
des Bundesverteidigungsministeriums im BendlerBlock. Darüber hinaus hat die Kompanie den
Auftrag, den Generalinspekteur der Bundeswehr
134
weltweit mit ihren Personenschützern zu beschützen. Ferner ist der Eskortenzug für die deutschlandweite protokollarische Begleitung von Gästen
zuständig, die durch das BMVg angeordnet wird,
und ist in Berlin als „ausgelagerter" Teil der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
lehrbeauftragt für die Vergabe der Eskorten ATN.
3./Feldjägerregiment 1
Weitreichend. Facettenreich. Bärenstark.
Die 3. Kompanie ist nicht nur durch ihren „BuddyBären" bekannt, sondern ist das Leit-Dienstkommando des Regimentes und verrichtet ihren Dienst
in Berlin sowie im westlichen Brandenburg. Sie ist
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Verbandes. Sichtbar sind eher der Technische Zug
oder die Verpflegungsgruppe: jedoch ist die Leistungsfähigkeit der Material- und der Transportgruppe den „externen" Kompanien hinlänglich
bekannt. Die Kompanie wird durch Hauptmann
Sebastian Büchler geführt.
die Allzweckwaffe im Raum Berlin und versieht
mit ihren Feldjägern in Berlin und im westlichen
Brandenburg den Feldjägerdienst. Erfahrung im
Handling von Großveranstaltungen in der Bun-
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deshauptstadt sind Kennzeichen dieser Kompanie
unter der Führung von Major Alexander Schikora.
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Aber Berlin ist aus Sicht unseres Regimentes nicht
alles. Dafür stehen die gleichrangingen Schwesterkompanien.
4./Feldjägerregiment 1
Nordisch. Maritim. Aktiv.
Die 4. Kompanie ist derzeit noch in Eckernförde ansässig. Frau Major Diana Klotz bereitet
gleichwohl als erster weiblicher Stabsoffizier des
Aufgabenbereiches den Umzug ihrer Kompanie
nach Kiel vor. Das Symbol der Kompanie hat logi-
Elementar. Präzise. Robust.
Das Leipziger Dienstkommando unter Führung
von Major Stefan Nitsche leistet seinen Dienst in
Sachsen. In der Vergangenheit konnten die Leipziger ihre hervorragende Leistung bei Einsätzen wie
im letzten Elbe-Hochwasser unter Beweis stellen
oder aber bei der Kommandoübergabe des Inspekteurs des Heeres sowie der Leutnantsbeförderung in Dresden an der Offizierschule des Heeres.
Das Zusammenwachsen der drei Bataillone ist
vollumfänglich abgeschlossen. Das Regiment ist
nun EINS. Davon zeugen verbandsinterne Zusammenziehungen, wie zum Beispiel der „Tag des
Feldwebels", an dem sich im September eines
jeden Jahres unter der Schirmherrschaft des Kommandeurs alle verfügbaren Portepeeunteroffiziere
treffen, um unter Ausgestaltung durch die Offiziere des Verbandes einen kameradschaftlichen Tag
zu erleben. Auch der Regimentssporttag ist ein
Zeichen der Kameradschaft und des Wettkampfes.
Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl wird auch
bei den zahlreichen Einsätzen und Unterstützungen deutlich.
scherweise ein Schiff im Wappen, da der Hauptbedarfsträger die Kameradinnen und Kameraden
der Marine sind, die wesentlich im Einsatzraum
des Dienstkommandos stationiert sind.
5./Feldjägerregiment 1
Spezialisiert. Schützend. Ausgezeichnet.
Die 5. Kompanie ist in Neubrandenburg stationiert. Unter Führung von Hauptmann Stefan
Quandt ist sie die zweite maritim orientierte
Kompanie. Gleichwohl ist mit der Panzerbrigade
9./Feldjägerregiment 1
41 eine der sechs Heeresbrigaden Bedarfsträger
unserer Kompanie im Nordosten. Die Weiten
Mecklenburg-Vorpommers sind ebenfalls charakteristisch für den Raum.
Das Feldjägerregiment 1 ist und bleibt:
Weiträumig. Flexibel. Exzellent.
6./Feldjägerregiment 1
Qualifiziert. Dynamisch. Weitblickend.
Die 6. Kompanie unter Führung von Hauptmann
Markus Diegler ist in der Freien und Hansestadt
Hamburg stationiert und hat einen Einsatzraum,
der von Holstein nach Mecklenburg reicht. Somit
sind nicht nur der Hamburger Hafen und die Helmut-Schmidt-Universität im Schwerpunkt abzusichern, sondern auch der interessante Einsatzraum,
der wie in Berlin, Ost und West verbindet.
7./Feldjägerregiment 1
Beständig. Treu. Fokussiert.
Die 7. Kompanie leistet ihren Dienst im ostwärtigen
Teil Brandenburgs unter Führung von Hauptmann
Stefan Otto. Mit der Internationalen Luftfahrtausstellung und diversen Großereignissen unter Feder-
führung des Kommandos Heer ist dieses Dienstkommando auch in der Öffentlichkeit deutlich sichtbar.
Daneben ist in Storkow der Regimentsbeauftragte
für das Diensthundewesen des Verbandes ansässig.
8./Feldjägerregiment 1
Einzigartig. Vorausschauend. Vernetzt.
Die 8. Kompanie unter Führung von Major Stefan
Zickelkau leistet ihren Dienst in Burg. Der Auftrag
der Kompanie wird im Wesentlichen durch das
Gefechtsübungszentrum (GÜZ) des Heeres in
Letzlingen, und somit in unmittelbarer Nähe zum
Dienstkommando, geprägt. Jährlich wird dort die
gesamte Kompanie im Rahmen des präventiven
Feldjägerdienstes gebunden, um militante Störaktionen zu verhindern.
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Führungspersonal Feldjägerregiment 1 (im Jubiläumsjahr)
Führung Feldjägerregiment 1
Gespiegelte Führungskräfte im Feldjägerregiment 1
Kommandeur
Oberstleutnant Staab
Kommandeur
vakant
Stellvertretender Kommandeur
Oberstleutnant Reitz
Stellvertretender Kommandeur
Oberstleutnant d.R. Kanold
Stab Feldjägerregiment 1
Stab Feldjägerregiment 1
AbtLtr S1
Oberstleutnant Baganz
AbtLtr S2
Hauptmann Lehmann
AbtLtr S1
vakant
AbtLtr S2
vakant
AbtLtr S3
Oberstleutnant Lübberstedt
AbtLtr S4
Major Loose
AbtLtr S3
Oberstleutnant d.R. Seeger
AbtLtr S4
vakant
T-Offz
Hauptmann Jurk
AbtLtr S6
Hauptmann Kostelnik
T-Offz
Hauptmann d.R. Hasner
AbtLtr S6
vakant
StZgFhr
Hauptmann Storm
TrPsych
Regierungsrätin Lippok
StZgFhr
vakant
TrPsych
vakant
Kompaniechefs
Kompaniefeldwebel
Feldjägerkompanien
Feldjägerkompanien
Kompaniechefs
Kompaniefeldwebel
1./1
Hauptmann Büchler
Oberstabsfeldwebel Müller
1./1
Hauptmann d.R. Bouchouchi
Oberstabsfeldwebel d.R. Baum
2./1
Hauptmann Myrrhe
Oberstabsfeldwebel Stagge
2./1
vakant
vakant
3./1
Major Schikora
Oberstabsfeldwebel Winterboer
3./1
Major d.R. Ehmer
vakant
4./1
Major Klotz
Stabsfeldwebel Stier
4./1
Hauptmann d.R. Ropte
vakant
5./1
Hauptmann Quandt
Oberstabsfeldwebel Widmann
5./1
Hauptmann d.R. Rech
vakant
6./1
Hauptmann Diegler
Oberstabsfeldwebel Ruhnke
6./1
Major d.R. Franzke
vakant
7./1
Hauptmann Otto
Oberstabsfeldwebel Beer
7./1
Hauptmann d.R. Lück
vakant
8./1
Major Zickelkau
Oberstabsfeldwebel Schilling
8./1
Major d.R. Simon
vakant
9./1
Major Nitsche
Oberstabsfeldwebel Walther
9./1
Major d.R. Enzmann
Oberstabsfeldwebel d.R. Wotschke
10./1
Hauptmann d. R. Nerger
11./1
Major d. R. Stiehler
Stabsfeldwebel d. R. David
12./1
Major d. R. Schmidt
Oberstabsfeldwebel d. R. Wotschke
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5.3 Das Feldjägerregiment 2
Team 2 -„Wir sind 2! Gemeinsam gestalten!"
Nach offizieller Außerdienststellung der traditionsreichen Feldjägerbataillone 152, 251 und 252 am 26.
September 2013 wurde mit dem Feldjägerregiment
2 zum 01.10.2013 die neue militärische Heimat der
Soldatinnen und Soldaten der genannten Altverbände in Dienst gestellt. In die vorgelagerte Aufstellungsphase zwischen Juli und September 2013
fiel die Auflösung der bisherigen Bataillonsstäbe
in Hannover und Mainz sowie der dazugehörigen
Stabskompanien.
Die Angehörigen der bisherigen 1. Kompanie des
Feldjägerbataillons 252 wurden in die umgegliederte Versorgungskompanie und den neu aufgestellten
Stab des Regimentes in Hilden überführt. Zeitgleich
wurden dem neuen Verband im Rahmen einer
ersten Umgliederung die noch bestehenden zwölf
Feldjägerkompanien, drei nichtaktive Einheiten, zwei
ZAW-Betreuungsstellen und die Ausbildungskompanie (6. Kompanie des Feldjägerbataillons 251)
mit alter Bataillonsbezeichnung unterstellt. Zum
31.10.2013 wurde mit der Auflösung der Mainzer
ZAW-Betreuungsstelle und der Rotenburger Ausbildungskompanie die bevorstehende Reduzierung der
Kompanien eingeläutet. Es folgte zum 31.03.2014
die Auflösung der Feldjägerkompanien aus Zweibrücken, Münster, Koblenz und Bremen. An allen
Standorten wurde dazu ein entsprechender Appell
durchgeführt. Zum 01.04.2014 erfolgte die zweite
Umgliederung und gleichzeitige Umbenennung der
verbliebenen acht Feldjägerkompanien aus Munster, Hannover, Wilhelmshaven, Augustdorf, Bonn,
Hilden, Mainz und Rotenburg a.d. Fulda. Die drei
neu aufgestellten Ergänzungstruppenteile wurden
an den Standorten Hannover, Mainz und Hilden mit
dem Ziel des Erhalts einer militärischen Heimat, einer
flächendeckenden Unterstützungs- und Einsatzmöglichkeit der Aktiven und einer bestmöglichen
Erreichbarkeit für die Reservistendienstleistenden
verortet. Zur äußerlichen Wahrnehmung der innerlichen Verpflichtung und Bindung des Regimentes
an die jahrzehntelange Tradition der Altverbände
fanden die Wappen von 152, 251 und 252 schon
im Oktober 2013 ihren Platz auf dem neuen Regimentswimpel. Alle ehemaligen und aktiven (Vorgän-
ger-) Verbände und Einheiten im heutigen Verantwortungsbereich des Regimentes begrüßen zudem
mit ihren Wappen jede Besucherin, jeden Besucher
im Stabsgebäude in Hilden, denn Tradition wird im
Verband groß geschrieben.
Der Prozess von Auflösung, Aufstellung und zweifacher Umgliederung wurde maßgeblich bestimmt
durch eine schrittweise personelle Reduzierung
von rund 1.200 auf rund 800 aktive Soldatinnen
und Soldaten. Dieser von viel Kommunikation,
Planungsvariabilität und organisatorischer wie individueller Flexibilität und Professionalität geprägte Schritt war bis Mitte 2014 abgeschlossen. Ende
2015 fühlen sich, inklusive Reserve und ZAWBetreuungsstelle, rund 1.600 Soldatinnen und
Soldaten dem Verband zugehörig. Der logistische
Anteil des Reformprozesses mit der Organisation,
Steuerung, Lagerung, Wartung und Rücklieferung
von Material und Fahrzeugen von insgesamt sieben aufgelösten Einheiten war hoch komplex und
dauerte bis weit ins Jahr 2015.
Neben der strukturellen, personellen und materiellen „Pflicht" galt es frühzeitig, neue Grundlagen
in Sachen Befehle, Weisungen und Vorgaben zu
schaffen und auf Basis eines Meilensteinplanes
die Zukunft zu gestalten. Unvergessen bleiben aus
den ersten Monaten die erste Führungsrunde mit
fast 50 Führungskräften auf der Kompaniechef-,
Kompaniefeldwebel- und Stabsabteilungsleiterebene, das erste Regimentsbiwak als eigene
„Aufstellungsveranstaltung" sowie die erste große
„3.a-Reise" des Kommandeurs mit allen Stabsabteilungsleitern in alle Kompanien.
Neben dem vom ersten Tag an von Reformen und
Veränderungen unbeeindruckt weiter „brummenden" Tagesgeschäft im In- und Ausland und
- damit verbunden - einer der neuen Größenordnung geschuldeten, unvermeidlich hohen Taktzahl
waren vom Start weg regelmäßige Begegnungen
und Zusammenziehungen im weit dislozierten
Verband eine wichtige Säule des hiesigen „Team
2"-Konzeptes.
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Führungs-/Kompetenzrunden und Offizier-/
Führer-/Spezialistenweiterbildungen u. ä. besaßen
schnell große Regelmäßigkeit und Intensität. Biwak- und Kohäsions- sowie Wettkampfveranstaltungen verschiedenster Art ergänzten das neue,
breite „Kommunikations-Portfolio" zum Ziele
einer gesund wachsenden „Corporate Identity".
Am 1. Oktober 2015 wurde mit Gästen und
Freunden aus Gesellschaft und Politik feierlich mit
einer Serenade aus Anlass „Zwei Jahre Feldjägerregiment 2" gefeiert, vorgeschaltet wurde ein
internes Regimentsbiwak mit knapp 400 Teilnehmenden durchgeführt.
Hinzu kommen u. a. regelmäßige Zusammenziehungen im Bereich der Reserve, die vom ersten
Tag an eng (ein)gebunden wurde, und im Bereich
des Offizier- und Unteroffiziernachwuchses, beispielsweise unter den Namen P.E.T.Z. (Prägung, Erziehung und Training von Zugführern) und F.A.T.I.
(Feldwebel-Anwärter-Training und Integration).
Der Regimentseinsatzraum umfasst die sechs
Bundesländer Niedersachsen, Bremen, NordrheinWestfalen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen
und wird im Norden durch die Nordsee und im
Westen durch die Benelux-Staaten und Frankreich
begrenzt. Die acht dislozierten Feldjägerdienstkommandos sind Dienstleister für ca. 50% aller
Bundeswehrangehörigen, was schon einiges allein
hinsichtlich des Umfangs des Feldjägerdienstes
Inland verrät. Als besondere Bedarfsträger sind
insbesondere der erste Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung, das Kommando
Streitkräftebasis, das 1. Deutsch- Niederländische
Korps, das Kommando Sanitätsdienst und die 1.
Panzerdivision hervorzuheben.
Um den ständigen Anforderungen neben der häufig leitungsrelevanten „24/7"- Reaktionsfähigkeit
und den unvermindert hohen Einsatzbelastungen
und Weiterbildungsverpflichtungen gerecht zu
werden, wurden zwischen jeweils zwei Feldjägerkompanien konkrete Couleur-Verhältnisse neu
zugeordnet, um sich im Bedarfsfall im „direkten
Richten" zu unterstützen. In der neuen Struktur
hat sich gezeigt, dass viele Aufträge gar nur noch
als Regimentsaufgabe zu lösen sind.
Bei den Feldjägerkompanien verfügt die personell
und materiell stärker aufgestellte 2./2 aus Munster über die Besonderheit des Quick Reaction-
STREITKRÄFTE
BASIS
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141
Headline
und Military Evacuation Operations-Status. Alle
anderen Einheiten sind gleichermaßen „robust"
mit allen Fähigkeiten, die das Feldjägerwesen zu
bieten hat, ausgestattet. In der jungen Geschichte
des Regimentes sind bereits einige nennenswerte
Großeinsätze im Inland geleistet worden. Neben
der Beteiligung an den jährlichen Informationslehrübungen sind hier vor allem die Feldjägereinsätze in Münster (Absicherung öffentlicher Veranstaltungen des I. Deutsch-Niederländischen Korps)
sowie am Tag der Bundeswehr zu nennen.
Die zuletzt genannte Veranstaltung stellte die
Leistungsfähigkeit des Verbandes auf die bislang
größte Bewährungsprobe. Hierbei wurde mit
massiver Unterstützung der drei nichtaktiven
Feldjägerkompanien mit insgesamt rund 450 Ver-
Headline
bandsangehörigen an den Standorten Nörvenich,
Hannover, Bonn, Wilhelmshaven, Fritzlar und Koblenz die militärische Sicherheit und der reibungslose Ablauf aller Veranstaltungen sichergestellt.
Das Regiment blickt stolz auf zwei von 275 Jahren
„Feldjägerei" zurück.
Ob es hell oder dunkel ist, „mit dem 2ten (Regiment) sieht man besser"!!! So soll es auch noch
viele viele weitere Jahre sein!
Führungspersonal Feldjägerregiment 2 (im Jubiläumsjahr)
Führung Feldjägerregiment 2
Kommandeur
Oberst Wiesner
Stellvertretender Kommandeur
Oberstleutnant Gerlich
Stab Feldjägerregiment 2
AbtLtr S1
Major Katterbach
AbtLtr S2
Hauptmann Erley
AbtLtr S3
Oberstleutnant Kessler
AbtLtr S4
Oberstleutnant Weinberger
T-Offz
Hauptmann Nepora
AbtLtr S6
Hauptmann Koch
StZgFhr
Hauptmann Pommerenke
TrPsych
Oberregierungsrat Abel
Feldjägerkompanien / ZAW Betreuungsstelle
Kompaniechefs
Kompaniefeldwebel
1./2
Hauptmann Jakob
Oberstabsfeldwebel Peters
2./2
Major v. Loeper
Stabsfeldwebel Tschense
3./2
Major König
Oberstabsfeldwebel Dikty
4./2
Hauptmann Heuchert
Stabsfeldwebel Matzeschke
5./2
Hauptmann Tiedau
Oberstabsfeldwebel Schröder
6./2
Hauptmann Seifert
Stabsfeldwebel Ozekala
7./2
Hauptmann Mühlbach
Oberstabsfeldwebel Haugrund
8./2
Major Vogel
Stabsfeldwebel Wendsche
9./2
Hauptmann v. Kannen
Oberstabsfeldwebel v. Holten
10./2
Major d. R. Liesmann
Stabsfeldwebel d.R. Hildebrandt
11./2
Major d. R. Janz
Oberstabsfeldwebel d. R. Weber
Stabsfeldwebel d.R. Schmidt
12./2
Major d. R. Dr. Klohs
Major d. R. Langhoff
Oberstabsfeldwebel d. R. Kirchel
ZAW BetrSt
Oberleutnant Braun
Hauptfeldwebel Baumann
Abb. 70 Das Stabsgebäude des Feldjägerregiments 2
STREITKRÄFTE
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BASIS
142
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Headline
5.4 Das Feldjägerregiment 3
Gespiegelte Führungskräfte im Feldjägerregiment 2
Kommandeur
Oberstleutnant d.R. Tönsgerlemann
Stellvertretender Kommandeur
Oberstleutnant d.R. Bächt
Oberstleutnant d.R. Schürmann
Stab Feldjägerregiment 2
AbtLtr S1
Oberstleutnant d.R. SchulzePellengahn
Major d.R. Rinke
AbtLtr S2
vakant
AbtLtr S3
Oberstleutnant d.R. Anders
Major d.R. Buchwalder
AbtLtr S4
Oberstleutnant d.R. Schmitz
T-Offz
vakant
AbtLtr S6
vakant
StZgFhr
vakant
TrPsych
vakant
Kompaniechefs
Kompaniefeldwebel
1./2
Oberleutnant d.R. Kraska
Oberstabsfeldwebel d.R. Sukau
2./2
Major d.R. Mindemann
vakant
3./2
vakant
vakant
4./2
Major d.R. Nienerza
Oberstabsfeldwebel d.R. Gasenzer
5./2
Hauptmann d.R. Wilms
vakant
6./2
Hauptmann d.R. Mahrenbach
Oberstabsfeldwebel d.R. Bents
7./2
Major d.R. Gerard
vakant
8./2
Major d.R. Berndt
Oberstabsfeldwebel Stramm
9./2
Major d.R. Pausch
Oberstabsfeldwebel Stock
ZAW BetrSt
vakant
vakant
Feldjägerkompanien
Am 26. September 2013 wurde mit der formalen
Außerdienststellung aller Feldjägerbataillone in
Deutschland im Rahmen der Neuausrichtung der
Bundeswehr auch das Feldjägerregiment 3 zum 1.
Oktober 2013 neu aufgestellt. Die neue militärische Heimat der Soldatinnen und Soldaten ging
aus dem in Bayern stationierten Feldjägerbataillon
451, dem hauptsächlich in Baden-Württemberg
beheimateten Feldjägerbataillon 452 sowie der 3./
Feldjägerbataillon 351 in Erfurt hervor.
Durch den Einsatz eines Aufstellungsstabes (Juli
2013) unter der Führung von OTL i.G. Claus Jeske
hatte dies für die Bataillonsstäbe der Feldjägerbataillone 451 und 452 die Folge, dass diese zum
30. September 2013 aufgelöst und der Regimentsstab mit einem Stabszug mit Sitz in München zum 1. Oktober 2013 neu aufgestellt wurde.
Die Angehörigen der Stabs- und Versorgungskompanie des Feldjägerbataillons 451 wurden zum 1.
Oktober 2013 in die umgegliederte Versorgungskompanie des Regimentes überführt. Alle anderen
STREITKRÄFTE
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Feldjägerkompanien der Feldjägerbataillone 451,
452 und die 3./Feldjägerbataillon 351 wurden
vorerst noch unter ihrer alten Bezeichnung
geführt. Die Umgliederung und Umbenennung
der Feldjägerkompanien in die 2./ bis 9./ Feldjägerregiment 3 sowie die Indienststellung der
drei neu aufgestellten und fest in den Verband
integrierten Ergänzungstruppenteile 10./ bis 12./
Feldjägerregiment 3 erfolgte zum 1. April 2014.
Der Einsatzraum des Regimentes besteht seitdem
auf den Gebieten des Freistaates Bayern (Standorte München, Amberg, Roding, Veitshöchheim),
des Bundeslandes Baden-Württemberg (Bruchsal,
Stetten am kalten Markt, Ulm) und des Freistaates Thüringen (Erfurt). Dies deckt rund 30% der
Fläche der Bundesrepublik Deutschland ab. Neben
der strukturellen und materiellen Neugliederung
galt es zu Beginn der Umstrukturierung, den
jungen Verband mit Leben und Geist zu füllen,
um eine gemeinsame Identität zu entwickeln und
zu festigen. Hierzu werden seitdem regelmäßig
Zusammenziehungen bzw. verbandsweite Veran-
STREITKRÄFTE
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staltungen wie Offizier-Weiterbildungen, Politische
Bildungsfahrten und vor allem die Aus- und Weiterbildung der Spezialisten durchgeführt.
tungen abzubilden. In dieser Funktion wurde die
Kompanie bereits mehrfach alarmiert und konnte
sich international bewähren.
Im Bereich der Spezialaufgaben erfolgte eine
Neuausrichtung. So wurden die Beauftragten auf
Kompanie- und Regimentsebene mit der Absicht
neu bestimmt, „frischen Wind" in die Ausbildung
und Weiterentwicklung der jeweiligen Spezialisierungen zu bringen, ambitioniertem Personal eine
Bewährungschance zu geben und alle Spezialbereiche konzeptionell neu aufzustellen. So ist
nun jeder bzw. jede Regimentsbeauftragte für 2
Jahre gesetzt und wesentlich verantwortlich für
die regimentsinterne Aus- und Weiterbildung der
jeweiligen Spezialisierung. Ein Blick in die jeweilige Kompanie soll einen Eindruck vom breiten
Spektrum an Verpflichtungen und den einzelnen
Spezifika der Einheiten im Regiment geben:
Die 3. Kompanie des Feldjägerregiments 3 ist
durch ihre Stationierung in der bayerischen Landeshauptstadt München für die Absicherung von
Großereignissen, wie beispielsweise die Wahrnehmung von Schutzmaßnahmen für exponierte Bundeswehrangehörige und Angehörige befreundeter
Streitkräfte im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz, eingesetzt. Durch die Übernahme
eines Großteils des Einsatzraumes der aufgelösten
Kompanie in Murnau mit der oberbayerischen
Alpenregion hat die 3./- einen deutlich größeren
Zuständigkeitsraum abzudecken. Noch sind die
vier Diensthundeteams in Murnau stationiert, der
Umzug nach München ist geplant.
Für die 1. Kompanie des Regiments, deren Schwerpunkt in der Versorgung des gesamten dislozierten
Verbandes z.B. mit Munition und Material sowie
der Instandsetzung von Waffen, Gerät und Fahrzeugen definiert ist, stellt die Neugliederung eine
enorme Herausforderung dar. Diese Dienstleistungen wurden vorher von zwei eigenständigen und
zentral stationierten Einheiten erfüllt und müssen
nun - ohne zusätzliches Personal - zentral vom
Standort München aus geleistet werden. Daher ist
eine gute und vorausschauende logistische Planung
ein Muss. Anders als in den Feldjägerkompanien
leisten in der 1./- etliche Freiwillig Wehrdienstleistende ihren Dienst. Der Anteil der Stabsarbeit
wurde mit der Aufstellung des Stabszuges mit dem
Stabszugführer an den Regimentsstab abgegeben.
Rund 23 km liegen zwischen Sigmaringen und
Stetten am kalten Markt, dem neuen Standort der
2. Kompanie. Sie hat 2014/2015 die Verpflichtung
als sogenannte „MilEvakOp - Kompanie" übernommen und unterscheidet sich aufgrund dieses
Auftrages und der hieraus abgeleiteten Größe
und Ausstattung von den anderen Kompanien des
Regimentes. Als „MilEvakOp - Kompanie" sind die
Stettener Feldjäger insbesondere dazu befähigt,
in einer weltweiten militärischen Evakuierungsoperation die erforderliche Feldjägerexpertise und
-fähigkeit im Verbund mit anderen Truppengat-
Neu in unseren süddeutschen Verband hinzugekommen ist die 4. Kompanie in Erfurt. Die Lage
in der reizvollen Landeshauptstadt Thüringens ist
sicher ein Grund für die Attraktivität dieser Kompanie, in der annähernd alle Stellen besetzt sind.
So gelingt es den Erfurtern in diesem Jahr, auch
die Unterstützung der Informationslehrübung (ILÜ)
2015 im September und Oktober weitgehend im
eigenen Beritt zu stemmen.
Die 5. Kompanie bedient durch die Stationierung
in Veitshöchheim zwei Bundesländer in ihrem Einsatzraum, was durch unterschiedliche Regelungen
und Behördenstrukturen nicht immer einfach ist.
Daher legt die Kompanie großen Wert auf gute
Beziehungen zu den im weitläufigen Umfeld befindlichen Behörden. Behördenvergleichsschießen
und andere gemeinsame Veranstaltungen tragen
hier zu einem guten Miteinander bei. Durch die
beiden großen Truppenübungsplätze Wildflecken
und Hammelburg sowie dem Ausbildungszentrum Infanterie sind im Einsatzraum der Kompanie
zahlreiche Truppenbewegungen zu unterstützen.
Für den eigenen Verband leistet die Kompanie
durch die „Veitshöchheimer Runde" im Bereich
der Erhebung und Ermittlung ihren Beitrag zur
Qualitätssicherung und erarbeitet Innovationen.
Die Tradition der 6. Kompanie („Die Badische")
begründet sich auf der ehemaligen Luftlandefeld-
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jägerkompanie 9 aus Bruchsal und der ehemaligen
2./Feldjägerbataillon 750 aus Karlsruhe. Seit jeher
sind Feldjäger auf dem Bruchsaler Eichelberg am
westlichen Rand des Kraichgaus und unweit von
Karlsruhe stationiert. Als besondere Bedarfsträger
im Einsatzraum, der sich grob von Mannheim im
Norden bis zur Schweizer Grenze im Süden erstreckt, sind das Bildungszentrum der Bundeswehr
in Mannheim und die Deutsch/ Französische Brigade in Müllheim zu nennen. Dadurch besteht eine
enge Verbindung zur französischen Gendarmerie
in Müllheim. Ein Herausstellungsmerkmal für die
Kompanie ist die Bereitstellung eines einsatzfähigen Zugriffsteams und der daraus resultierenden
Leitfunktion und Fachexpertise für das Feldjägerregiment 3 und den Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr. Feldjägereinsätze zur Unterstützung des Evangelischen Kirchentages in Stuttgart
und zur Aufrechterhaltung der Bewegungsfreiheit
für die belgischen Streitkräfte zählten zu den
Highlights des letzten Jahres. Weiterhin präsentierte sich die Kompanie beim Tag der Sicherheit
im Rahmen der Heimattage Baden-Württembergs
der breiten Öffentlichkeit im Stadtzentrum Bruchsals. Sowohl bei der Ausbildungsmission im IRAK,
als auch bei der Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge im Mittelmeer waren Feldjäger der Kompanie
zuletzt eingesetzt.Mehrmals im Jahr führt die
Kompanie in Zusammenarbeit mit der Karriereberatung der Bundeswehr Praktikumswochen für an
der Bundeswehr Interessierte durch.
"Furchtlos und Treu" ist der Leitspruch der Ulmer
Spatzen - der 7. Kompanie des Regiments. Im
Einsatzraum dieser Kompanie befindet sich das
einzige multinationale Kommando in Deutschland. Mit dem Kommando Operative Führung und
ihrem Provost Marshal arbeitet die Kompanie eng
zusammen und unterstützt hier im ganzen Einsatzspektrum des Aufgabenbereiches. Für das Bundeswehrkrankenhaus in Ulm werden notfallmedizinische Transporte von verwundeten Soldaten
und Soldatinnen durch die Feldjäger abgesichert
und begleitet. Insgesamt stellt die Kompanie 29
Verbänden und Einheiten, vier Bundeswehrschulen und einem Munitionsdepot militärpolizeiliche Unterstützung zur Verfügung. Und dass die
Kompanie "Furchtlos und Treu" in allen Regionen
ihres Einsatzraumes ihren Dienst versieht, wird
bei Einsätzen im Hochgebirge der Allgäuer Alpen
bewiesen. Für diese hält sich die Kompanie im
Sommer wie im Winter fit.
Wie die Beziehungen zu den befreundeten Streitkräften, zu den Reservistenverbänden und zur
Bevölkerung gepflegt werden können, zeigt die
8. Kompanie in Roding. Zwar nicht mehr zu ihrem
Einsatzraum gehörend, betreuen die Rodinger
dennoch den Truppenübungsplatz Hohenfels
und pflegen dort eine intensive Partnerschaft mit
der 527th Military Police Company. Hier stehen
regelmäßige gemeinsame Ausbildungen wie
Schießübungen oder Märsche auf dem Programm. Ebenfalls eng ist die Verbindung zu den
Reservistenverbänden und zur Kameradschaft der
Feldjäger. So konnte das 25-jährige Bestehen des
Ortsverbandes der Kameradschaft der Feldjäger
sowohl im Kreise als auch unterstützt durch die
Rodinger Kompanie gefeiert werden. Auch zur
Bevölkerung, die der Bundeswehr im Bayerischen
Wald positiv gegenübersteht, wird ein enger Kontakt gepflegt, so z.B. zur Patengemeinde Bruck.
Mehrere Behördenschießen oder die Teilnahme
mit Abordnungen zu Festen und Feierlichkeiten
sind hier Zeugnis für ein gutes Miteinander. In
naher Zukunft sollen in Roding auch vier Diensthundeteams ihren Dienst leisten, von denen
bereits zwei in die neu errichtete Zwingeranlage
eingezogen sind.
Die stetige Neuausrichtung der Bundeswehr wirkt
sich durch Standortschließungen oder - Verlagerungen auch auf die dislozierten Feldjägereinheiten aus. So stellt für die 9. Kompanie der für
2017 geplante Umzug von Amberg nach Roth
eine große Herausforderung dar. Mit einem der
größten Einsatzräume des Feldjägerregiments 3
und dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr bringt
die 9. Kompanie als „Haus und Hof Kompanie"
der Panzerbrigade 12 - „Oberpfalz" einiges an
Kilometern auf die Straße. Sie unterhält zudem
eine Patenschaft zur 615th US MP COY in Grafenwöhr und wird ab November 2015 mit großen
Teilen der Kompanie am 4. DEU Einsatzkontingent
der ISAF-Nachfolgemission Resolute Support in
Afghanistan teilnehmen.
In der noch relativ jungen Geschichte des Feldjägerregimentes 3 wurden bereits einige Großeinsätze geleistet. Hier gilt es vor allem die Feldjäge-
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reinsätze im Rahmen des G7- Gipfels in Elmau bei
Garmisch-Partenkirchen, den Tag der Bundeswehr,
bei dem das Feldjägerregiment 3 mit Feldjägerunterstützung in Manching, Bischofswiesen, Laupheim, Bonn und einer luftbeweglichen Reserve in
Nörvenich seine Leistungsfähigkeit unter Beweis
stellte, oder die Leutnantsbeförderungen der Studenten der Universität der Bundeswehr München
in der Öffentlichkeit hervorzuheben.
densten Verpflichtungen im Rahmen der nationalen Krisenvorsorge seinen Dienst. Bei all diesen
Aufgaben werden die Einheiten und auch der
Stab des Regiments unterstützt von einer Reihe
Reservedienstleistender, die neben ihren zivilen
Berufen oder bereits im Ruhestand befindlich mit
großem Engagement durch einzelne Übungstage
oder auch für mehrere Monate Vakanzen auffangen oder Sonderprojekte begleiten.
Ebenso leistete der junge Verband in diversen
Einsätzen wie beispielsweise dem Stabsquartier
2014/2015 in Kabul/Afghanistan oder verschie-
Führungspersonal Feldjägerregiment 3 (im Jubiläumsjahr)
Führung Feldjägerregiment 3
Gespiegelte Führungskräfte im Feldjägerregiment 3
Kommandeur
Oberst Jeske
Kommandeur
Oberst d.R. Schwarz
Stellvertretender Kommandeur
Oberstleutnant Böer
Stellvertretender Kommandeur
Oberstleutnant d.R. Cipolla
Oberstleutnant d.R. Schmitz
Oberstleutnant d.R. Schönfisch
Stab Feldjägerregiment 3
AbtLtr S1
Oberstleutnant Dittmann
AbtLtr S2
Hauptmann Gebel
AbtLtr S3
Oberstleutnant Thimm
AbtLtr S4
Oberstleutnant Ullrich
T-Offz
Hauptmann Liwack
AbtLtr S6
Oberleutnant Herrmann
StZgFhr
Hauptmann Fischer
TrPsych
Oberregierungsrätin Landerer
Kompaniechefs
1./3
Stab Feldjägerregiment 3
AbtLtr S1
Oberstleutnant d.R. Kuzmany
Major d.R. Klix
AbtLtr S2
Hauptmann d.R. Happel
Hauptmann D.R. Wilhelm
AbtLtr S3
Oberstleutnant d.R. Hähn
Oberstleutnant d.R. Eberle
AbtLtr S4
Oberstleutnant d.R. Auracher
Kompaniefeldwebel
T-Offz
Hauptmann d.R. Gruber
AbtLtr S6
vakant
Hauptmann Gutsmiedl
Oberstabsfeldwebel Turba
StZgFhr
vakant
TrPsych
vakant
2./3
Hauptmann Lehner
Oberstabsfeldwebel Seitz
Feldjägerkompanien
3./3
Hauptmann Wehnert
Oberstabsfeldwebel Krips
Kompaniechefs
Kompaniefeldwebel
4./3
Major Kratzius
Oberstabsfeldwebel Graf
1./3
vakant
Oberstabsfeldwebel d.R. Henning
5./3
Hauptmann Parlak
Oberstabsfeldwebel Schröter
2./3
vakant
6./3
Hauptmann Pantel
Oberstabsfeldwebel Arndt
Major d.R. Wocher
Major d.R. Degen
7./3
Hauptmann Scheffler
Oberstabsfeldwebel Ditscher
3./3
Major d.R. Knuschke
Oberstabsfeldwebel d.R. Schaller
8./3
Hauptmann Zeps
Oberstabsfeldwebel Dümig
4./3
Major d.R. Firme
vakant
9./3
Hauptmann Rohder
Oberstabsfeldwebel Hutzler
5./3
Major d.R. Müller
vakant
10./3
Hauptmann d. R. Trantow
Oberstabsfeldwebel d.R. Maier
6./3
Major d.R. Walter
Oberstabsfeldwebel d.R. Oberle
11./3
Major d. R. Kretschmann
Stabsfeldwebel d. R. Wensauer
7./3
Major d.R. Ginzel
vakant
12./3
Hauptmann d.R. Fritzen
Oberstabsfeldwebel d. R. Bayer
8./3
Hauptmann d.R. Maier
Oberstabsfeldwebel d.R. Fuchs
9./3
Major d.R. Dr. Gänsbauer
Oberstabsfeldwebel d.R. Kremmel
Feldjägerkompanien
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5.5 Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
Die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der
Bundeswehr (SFJg/StDstBw) ist die zentrale
Ausbildungseinrichtung der Streitkräfte für das
Feldjägerwesen und den Stabsdienst der Bundeswehr. Der heutige Standort Hannover ist allerdings
erst seit 2009 die neue „Feldjägerheimat", in rund
50 Jahren davor wurde der Lehr- und Ausbildungsauftrag der Schule in der GeneraloberstBeck-Kaserne in Sonthofen wahrgenommen. Die
vergangenen 59 Jahre lassen die Schule auf eine
lange Tradition als Ausbildungseinrichtung der
Bundeswehr sowie eine facettenreiche Geschichte zurückblicken, in der sie bewiesen hat, wie
wandelbar und anpassungsfähig sie ist. 275 Jahre
Feldjägertruppe bieten nun einen hervorragenden Anlass, diese Geschichte und die besonderen
Ereignisse und Veränderungen wiederzugeben.
Die Anfänge ...
Ursprünglich war nach der Neuaufstellung der
deutschen Streitkräfte als Standort zunächst
Mittenwald vorgesehen, wo auch der Aufbau der
Schule im Mai 1956 begann. Doch die endgültige Entscheidung fiel letztendlich auf Sonthofen
- einen bekannten Luftkur- und Wintersportort
des Allgäus. Die einst als Ordensburg bekannte
Generaloberst-Beck- Kaserne - heute den meisten
als „Burg" in Erinnerung geblieben - sollte das
neue Zuhause der Feldjägertruppe werden. Die
ersten fünf Offiziere und sieben Unteroffiziere,
die zunächst in Mittenwald eingetroffen waren,
verlegten am 15. Juni 1956 als Vorauspersonal
nach Sonthofen an die neue „Feldjägerschule der
Streitkräfte". Neben der Feldjägerschule befanden sich in der ehemaligen Ordensburg weitere
Truppenschulen wie beispielsweise die ABC- und
die Fernmeldeschule.
Erste Gliederung der Feldjägerschule
Kommandeur: Oberst Wölfinger
S1:
Major Turner
S3:
Kapitänleutnant Paulus
Leiter Lehrstab:Oberstleutnant Ulrich
Leiter ATP-Stab:Hauptmann Ross
(Auswertung, Truppenversuch und Planung)
Am 27. Juni 1956 begann die offizielle Ausbildung des Lehrpersonals unter Leitung von Oberstleutnant Ulrich. Zu diesem Zeitpunkt existierten
keine Vorschriften oder Anweisungen, sodass der
ATP-Stab die erforderlichen vorläufigen „Ausbildungs- und Lehrhilfen" unter der Federführung
von Hauptmann Ross konzipiert hat. Einige
Monate später wurde Major Ross, der inzwischen
befördert wurde, ins „Bundesministerium für Verteidigung" versetzt, um dort die ersten offiziellen
Vorschriften für die Ausbildung und Führung der
Feldjägerkräfte zu erstellen. Die „Geburtsstunde
STREITKRÄFTE
BASIS
150
der Feldjägerschule" erfolgte am 23. Juni 1956
im Rahmen des ersten Planspiels, welches beim 1.
Stabsoffizierlehrgang durchgeführt wurde. Dieses
gab einen ersten Einblick in die Aufgaben des
Feldjägerwesens.
Am Sonntag, den 5.
August 1956, kamen
die ersten rund 500
Lehrgangsteilnehmer künftige Feldjäger vom
Schützen bis zum Major
- an. Nach der Einkleidung und Zuordnung
zu den jeweiligen Inspektionen und Hörsälen
konnte der planmäßige
Lehrbetrieb eine Woche
später, am 13. August, aufgenommen werden.
Die Zusammensetzung der Lehrgangsteilnehmer
war im gleichen Verhältnis wie der Stab der Schule
gegliedert: 6 (Heer) zu 3 (Luftwaffe) zu 1 (Marine).
Zu Beginn gab es zunächst fünf Inspektionen mit
je drei Hörsälen, in denen Offiziere, Feldwebel,
STREITKRÄFTE
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Unteroffiziere und Mannschaften ausgebildet wurden, wobei die V. Inspektion eine Ausbildungsinspektion für die Rekruten war. Das Offizierskorps
der Feldjägertruppe bestand zu der Zeit aufgrund
des geringen Umfangs zunächst aus den zuversetzten Offizieren anderer Truppengattungen.
Unter Leitung des ersten Schulkommandeurs
Oberst Wölfinger - ehemals Polizeirat der Bayerischen Bereitschaftspolizei - erhielten die Lehrgangsteilnehmer in Einsatzlehre und Recht von
Beginn an eine praxisorientierte Ausbildung.
Dies lag vor allem daran, dass die Lehroffiziere
selbst überwiegend aus der Polizei der Bundesländer stammten und ihre Erfahrung erfolgreich
vermitteln konnten. Zudem wurden die Hörsaaloffiziere von einem neunköpfigen US-Team unterstützt, einer „German Training Assistance Group"
(GTAG) unter Führung des LtCol Michau und Capt
Schneider. Somit konnte an den US-Waffen und
-geräten sowie in den Verfahrensweisen, wie der
Verkehrsunfallaufnahme, nach dem Vorbild der
US-Militärpolizei ausgebildet werden. Der erste
Feldjägerlehrgang wurde am 19. November 1956
in Anwesenheit zahlreicher militärischer Gäste
offiziell verabschiedet. Mit wachsender Personalstärke der Bundeswehr sowie der Entwicklung
des „Verkehrsleitnetzes" zur Bewältigung des
Militärverkehrs in einem Verteidigungsfall kam es
innerhalb der Feldjägerkompanien, aber auch in
STREITKRÄFTE
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152
der Ausbildung an der Feldjägerschule zu Anpassungen. So erweiterte sich das Lehrgangsangebot
beispielsweise um den Streifenführer- und Zugführerlehrgang, den Funktruppführerlehrgang sowie
Feldwebel-, Fähnrichs- und Stabsfeldwebellehrgang. Auch Verkehrsüberwachungslehrgänge an
den neu eingeführten Traffipax- und Radaranlagen zur Geschwindigkeitsmessung wurden in das
neue Ausbildungsprogramm der Feldjägerschule
übernommen.
Ab 1960 bestand der Auftrag der Feldjägerschule zusammenfassend in der Durchführung von
Laufbahn- und Verwendungslehrgängen, der
Entwicklung von Einsatzverfahren, Erprobung von
Gerät sowie der Bearbeitung von Dienstvorschriften. Organisatorisch unterstand die Schule den
Führungstruppen im Truppenamt.
Im November 1965 wurde an der Schule zum
225. Bestehen der Feldjägertruppe eine Gedenktafel durch den General der Führungstruppen, Brigadegeneral v. Winning, enthüllt. Der erste Höhepunkt der Schule war erreicht, der Lehrbetrieb lief
auf vollen Touren und es gab immerzu Besuche inund ausländischer Gäste. Bis zu diesem Zeitpunkt
- seit der Gründung der Schule waren bereits zehn
Jahre vergangen - wurden rund 11.500 Offiziere,
Unteroffiziere und Mannschaften in 29 verschiedenen Lehrgangsarten ausgebildet.
Die Schule im Wandel ...
In den folgenden Jahren gab es - bedingt durch
die unterschiedlichen Heeresmodelle und der
damit einhergehenden teilweisen Umgliederung
der Truppe - einige Änderungen bei der Organisations- und Verantwortungsstruktur der Truppengattung. 1972 erhielt die Schule den Auftrag, die
Stabsdienstausbildung für das Heer durchzuführen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden im Heer alle
Stabsdiensttätigkeiten am Arbeitsplatz erlernt.
Damit erhielt die Schule auch einen neuen offiziellen Namen: Schule für Feldjäger und Stabsdienst.
Alle Kompaniefeldwebel, Rechnungsführer und
Leitungsgehilfen der Kommandeure wurden somit
in Sonthofen vorbereitet und ausgebildet. Nur drei
Jahre später, im Oktober 1975, wurde der Schule ein dritter Aufgabenbereich zugewiesen, die
Ausbildung in Betriebswirtschaft - Schwerpunkt
Personalwirtschaft - für Unteroffiziere. Geeignete
Soldaten sollten in der neu geschaffenen Lehrgruppe C über einen Zeitraum von zwei Jahren
zum staatlich geprüften Betriebswirt ausgebildet
werden. Diese haben im Anschluss daran die
Offizierausbildung und -prüfung durchlaufen und
wurden als Personalfachleute in Truppenstäben
und Kommandobehörden eingesetzt. Dieser neue
Auftrag hatte eine erneute Namensänderung der
Schule zu Folge, die nun als „Schule für Feldjäger/
Stabsdienst und Fachakademie für Wirtschaft des
Heeres" bezeichnet wurde. Bereits wenige Jahre
später - im Jahr 1982 - wurde die Lehrgruppe C
jedoch wieder herausgelöst und als selbstständige
Akademie mit Sitz in Darmstadt weitergeführt.
Seit 1975 hat die Schule den Rahmen für die
damals jährlich stattfindende „Alliierte Militärpolizeikonferenz" geboten. Zu Beginn stand die
Notwendigkeit gegenseitiger Information über
Aufgaben, Gliederung und Einsatzverfahren, um
bei Bedarf möglichst ungehindert und störungsfrei
zusammenwirken zu können. Belgien, Dänemark,
Frankreich, Großbritannien, Kanada, Niederlande
und die Vereinigten Staaten nahmen mit ranghöchsten Offizieren und
Kommandeuren der Militärpolizei, die in der Bundesrepublik Deutschland
stationiert oder dafür
vorgesehen waren, daran
teil. Die Veranstaltung
hatte sich schnell etabliert
und wurde zur aktuellen
Information, Regelung
von Grundsätzen, zur
Verbesserung der Zusammenarbeit, Abstimmung von Verfahrensweisen und
zur Aufbereitung besonderer Einsätze genutzt.
STREITKRÄFTE
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Es ist offensichtlich, dass die Schule einem stetigen
Wandel ausgesetzt war. Die im Feldjägerdienst
gesammelten Erfahrungen führten zur Konzeption weiterer neuer Lehrgänge wie beispielsweise
„Englisch für Feldjäger" und „Angewandte Psychologie im Feldjägerdienst". Der Entwicklung der
Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland
in den 70er Jahren im Rahmen der Mordanschläge der RAF (Rote Armee Fraktion) erforderte die
Wahrnehmung zusätzlicher Schutzaufgaben für
gefährdete Personen und militärische Bereiche.
Innerhalb kurzer Zeit musste das Personal auf die
neue Herausforderung vorbereitet werden, wobei
die Personenschutzausbildung ihren Weg in die
Feldjägertruppe fand.
In den 70er Jahren entstand weiterhin die Idee,
einen Traditionsraum der Feldjäger an der Schule
einzurichten. Dieses wurde
mit dem Ziel, die Entwicklung
der Feldjägertruppe vorzustellen und die Traditionspflege zu fördern, in Form der
Eröffnung einer Lehrsammlung am 20. Januar 1982 in
die Tat umgesetzt.
Wandel und erneute Strukturanpassungen an der
Schule bleiben aber erforderlich, so auch im Rahmen
der vierten Heeresstruktur
(1980- 1992). Die bis dahin
selbstständige Feldjägerausbildungskompanie 905, die
den Auftrag für die Spezialausbildung zum Feldjäger
nach der Grundausbildung
innehatte, wurde 1986 als IV.
Inspektion in die Lehrgruppe
A integriert. Der 25. Oktober
1990 war für die Feldjägerschule ein ereignisreicher und
wichtiger Tag. Im Sonnenhof
der Generaloberst-BeckKaserne wurde zur Feier
des 250. Jahrestages der
Feldjägertruppe der von der
„Kameradschaft der Feldjäger" gestiftete Feldjägerstein
feierlich übergeben. Der fünf Tonnen schwere
Stein aus dem Naturspaltfelsen des Grünten - der
bereits für den Bau der Burg verwendet wurde steht als Wahrzeichen und Gedenkstein für die
Tradition der Feldjäger seit 1740.
Im Rahmen der folgenden Heeresstruktur „Neues
Heer für Neue Aufgaben" wurde im Mai 1998
vom Inspekteur des Heeres entschieden, dass
der Kommandeur der Schule für Feldjäger und
Stabsdienst der Bundeswehr die zusätzliche Bezeichnung „General der Feldjägertruppe" tragen
wird. Künftig sollte der Kommandeur der Schule
oberster Repräsentant der Feldjägertruppe sein,
der für die lehrgangsgebundene Ausbildung sowie
für die personelle und materielle Ausbildung in
den Verbänden verantwortlich ist.
bereits zu diesem Zeitpunkt der Umzug der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr von
Sonthofen (Generaloberst-Beck- Kaserne) nach
Hannover (Emmich-Cambrai- Kaserne - ehemalige
Offizierschule des Heeres) entschieden. Mit dieser
Entscheidung bot sich die einmalige Möglichkeit, eine zukunftsorientierte und hochmoderne
Ausbildungsinfrastruktur zentral in Deutschland
zu schaffen. Damit konnte man den gewachsenen Herausforderungen sicherheitspolitischer
Entwicklungen optimal gerecht werden. Neben
den umfassenden Struktur-/ Laufbahnänderungen und Herausforderungen im Rahmen der
Bundeswehrreform gab es jedoch auch grundlegende sicherheitspolitische Entscheidungen, die
die Schule nicht unerheblich beeinflusst haben,
wie beispielsweise die Erweiterung der Einsätze
in ausländischen Einsatzgebieten. Aufgrund der
unterschiedlichen Einsatzbedingungen und damit
einhergehend immer umfänglicheren Anforderungen an die Feldjäger wurden die Ausbildungsinhalte stetig aktualisiert und verändert. Neben
Abb. 72 Ehrenhain Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Sonthofen
Abb. 71 Feierliche Übergabe „Feldjägerstein"
STREITKRÄFTE
BASIS
STREITKRÄFTE
BASIS
154
Die nächste Strukturänderung ließ nicht lange auf
sich warten, denn schon bald musste die gesamte
Feldjägertruppe die bis dahin größte und einschneidendste Änderung ihrer bisherigen 45-jährigen Geschichte vornehmen. Im Jahr 2001 erfolgte
die Verabschiedung aus dem Heer, die Integration
in den neu aufgestellten Organisationsbereich
Streitkräftebasis (SKB) und damit einhergehend
die Überführung der Funktion des „Generals der
Feldjägertruppe" in das
Streitkräfteunterstützungskommando, an
den Leiter Gruppe Feldjägerwesen Bundeswehr,
Oberst Erdmann. Damit
war dieses Amt - nun
losgelöst vom Dienstposten des Schulkommandeurs - von einem
Feldjäger besetzt. Im
Rahmen dieser Strukturentscheidung wurde
154
155
Headline
der allgemeinen Feldjägerausbildung musste nun
jeder Feldjäger eine Spezialisierung erhalten. So
kam es dazu, dass - losgelöst von heeresbezogener Kontingentausbildung - die für den Einsatz
bei SFOR und KFOR vorgesehenen Feldjägerkontingente zur Entlastung der Feldjägerbataillone
zentral an der Schule auf den Auslandseinsatz
vorbereitet wurden. Die Lehrgangsinhalte reichten
von der Checkpoint- und Fahrausbildung über
Sprachausbildung Englisch bis hin zu Psychologie
und Tatortarbeit. Auch wenn weitere Einsätze wie
ISAF und OEF folgten, wurde die anspruchsvolle
Ausbildung den Anforderungen an die Feldjägerkräfte gerecht.
Unabhängig von diesen Veränderungen an der
Schule und in der Truppe wurde 2002 weiteres
Traditionswürdiges geschaffen: der „Ehrenhain".
Diese durch Spenden finanzierte Gedenkwand für
die aufgelösten Feldjägertruppenteile fand unter den
Arkaden des Sonnenhofs ihren würdigen Platz und
sollte so vor dem Vergessen bewahren. Der Ehrenhain ergänzte die Ehrenhalle, in der die Feldjäger
den im Dienst verstorbenen Soldaten gedachten.
Mit Einführung der neuen Soldatenlaufbahnverordnung vom 19. März 2002 fand eine Zäsur in
der Ausbildung der Unteroffiziere statt. Erstmals
Headline
wurde die eigenständige
Laufbahn der Feldwebel
geschaffen. Dies hatte
maßgeblichen Einfluss
auf die Ausbildung an
der Schule und erforderte eine Anpassung der
bisherigen Ausbildungskonzepte. Die ersten
- nach dem neuen
Konzept ausgebildeten
- Feldjägerfeldwebel
standen ab 2006 zur Verfügung. Auch der Name
der Schule wurde erneut geändert, sodass nun die
neue - heute noch aktuelle - Bezeichnung Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
lautete. Mit Einführung einer neuen STAN änderte sich auch die Grundgliederung der Schule in
zwei Bereiche unterhalb der Schulführung: dem
Stabsbereich und dem Bereich Lehre und Ausbildung. Der Auftrag der Schule dagegen blieb im
Wesentlichen unverändert, jedoch kamen einige
neue Verwendungslehrgänge dazu. Auf inzwischen rund 1.000 Lehrgangsplätze und etwa 80
verschiedene Lehrgangstypen konnte die Schule in
diesen Jahren ihr weitgefächertes Lehrgangsangebot erweitern.
Am 23.10.2009
nahm die Schule für
Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr den Lehrbetrieb in Hannover
offiziell auf. Rund 80
Mio. Euro wurden
in etwa zwei Jahren
in den Umbau der
Emmich-CambraiKaserne investiert,
um diese zu einer
der modernsten
Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr zu machen.
In der Liegenschaft,
die im Norden von
Hannover direkt an
der Autobahn A2
liegt, befand sich
bis zur Verlegung
nach Dresden 1997
die Offizierschule des Heeres. Der Doppelname
der neuen Feldjägerheimat hat ihren Ursprung
im I. Weltkrieg. General Albert Theodor Otto von
Emmich, der einige Jahre seines Lebens in Hannover verbrachte, war ein Truppenführer des I.
Weltkrieges, und Cambrai ist ein Ort in Frankreich,
an dem es 1917 erstmals zum Einsatz massierter
Panzerkräfte durch die Engländer gegen deutsche
Truppen kam. Die moderne Ausbildungsinfrastruktur in Hannover bot nunmehr die Möglichkeit,
eine vernetzte und einsatzorientierte Ausbildung
mit realistischen Szenarien umzusetzen. Hierzu
wurden spezielle Handlungstrainer entwickelt, mit
denen komplexe und vernetzte Lagen geübt und
mit Hilfe von Videoaufnahmen konstruktiv ausgewertet werden können.
Dazu gehört u.a. ein Lehr-Dienstkommando, ein
Handlungstrainer Erhebungen und Ermittlungen
mit integriertem Labor und Tatorträumen, sowie
eine Raumschießanlage, in der im scharfen Schuss
trainiert werden kann. Darüber hinaus verfügt die
Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr mit dem Handlungstrainer 61 über ein
Die Feldjäger verlassen die Burg…
Zwischen der Entscheidung, die Schule von
Sonthofen nach Hannover zu verlegen und dem
tatsächlichen Umzug im Juli 2009 vergingen acht
Jahre. Der Abschied von der bayerischen „Feldjägerheimat" in Sonthofen verlief eindrucksvoll,
stilvoll und angemessen. Rund 50 Jahre Tradition
mussten in der „Burg" zurückgelassen werden,
die für viele Feldjägergenerationen viele Erinnerungen und Erfahrungen bedeutet hat, welche
zusammengenommen das Wesen der Schule
ausmachten. Bei der Verabschiedung hat Oberst
Katz das mit den Worten verdeutlicht: „Es gilt
nun, unsere „Burg" nach Hannover zu verlegen.
Die Herausforderung dabei ist nicht der Transport
der ca. 250 Tonnen an Material in etwa acht Um-
zugswochen. Wichtiger ist es, den Geist und die
Seele unserer Schule zu transportieren, denn die
Identität dieser Institution lebt durch ihre Angehörigen und ihr erfolgreiches Wirken."
Nationale und internationale Repräsentanten aus
Politik, Wirtschaft und Militär sowie insgesamt
rund 4.000 Gäste nahmen an dieser Veranstaltung teil, um sich von der „Burg" gebührend zu
verabschieden. Anschließend gab es als Andenken an die Berge eine Reihe von landestypischen
Geschenken - Fahnen und Wimpel und das
bayerische Staatswappen auf Holz für die zukünftige „Sonthofener Hütte" in Hannover sind hier
beispielhaft zu nennen.
Abb. 73 Einfahrtsbereich der Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover
STREITKRÄFTE
BASIS
156
STREITKRÄFTE
BASIS
156
157
Die Schulkommandeure
Headline
Gebäude mit über 120 unterschiedlichen Räumen,
die z.B. als Wohnung, Hotel oder Industrieanlage
in verschiedensten Szenaren für die unterschiedlichen Ausbildungsbereiche genutzt werden
können.
Mit der hochmodernen und in der Bundeswehr
einmaligen Kraftfahrausbildungsfläche kann jederzeit eine zielgerichtete und fordernde Fahrausbildung gewährleistet werden - insbesondere im
Bereich Personenschutz.
Seit dem Jahr 2014 ist die Schule für Feldjäger
und Stabsdienst der Bundeswehr mit erneuter
Umgliederung der Bundeswehr und Auflösung
der Feldjägerausbildungskompanien auch eine
der Ausbildungseinrichtungen, welche die
Allgemeine Grundausbildung sowie die Feldwebel- und Unteroffizieranwärterausbildung
(Feldjägertruppe/ABC- Abwehrtruppe) für die
SKB durchführt. Die vielfältigen, zum Teil hochspezialisierten Ausbildungsbereiche wären ohne
eine umfassende Unterstützung aus dem Bereich
externer Dienststellen und Einrichtungen nicht
durchführbar, sodass sich auch hier in Hannover ein hervorragendes Netzwerk gegenseitiger
Unterstützung bei der Ausbildung der Feldjäger
und des Stabsdienstes nicht nur national sondern
auch international entwickelt hat. Neben Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben
und weiteren Einrichtungen wie der Medizinischen Hochschule aus Hannover gibt es eine
enge Kooperation mit internationalen Partnern
vor allem aus Österreich, der Schweiz und Polen.
Im Rahmen des letzten Feldjägertages am 2. Juli
2015 wurde mit dem Military Gendarmerie Training Centre aus Polen offiziell eine Patenschaft
begründet. Regelmäßige Kontakte mit dem Kommando Militärstreife und Militärpolizei (Wien),
der Heeresunteroffizierakademie (Enns), dem
Kommando Militärische Sicherheit im Eidgenössischen Departement für Verteidigung (Bern) sowie
dem Kommando Technische Lehrgänge (Luzern)
sind ebenso fester Bestandteil der Jahresplanungen. Bereits praktizierte gegenseitige Lehrgangsbeschickung mit Österreich und der Schweiz und
Austausch in den unterschiedlichen Ausbildungsbereichen, auch auf Expertenebene, tragen zu
einem gegenseitigen Vertrauen und vertiefter
Zusammenarbeit zur Vorbereitung multinationaler Einsätze bei.
Die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der
Bundeswehr hat sich am Standort Hannover als
die Ausbildungseinrichtung der Feldjäger, des
Stabsdienstes und für den allgemeinmilitärischen
Bereich der Spitzensportler der Bundeswehr
etabliert. Dabei ist es gelungen, den „Geist und
die Seele" von Sonthofen in die moderne und
zukunftsorientierte Ausbildungseinrichtung
nach Hannover mitzunehmen. So ist die Schule
bestens auch für zukünftige Herausforderungen
aufgestellt.
Abb. 74 Ehrenhain Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover
STREITKRÄFTE
BASIS
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Oberst Wölfinger
1956-1958
Oberst Ballhorn
1958-1963
Oberst Elfering
1963-1967
Oberst Koch
1967-1970
Oberst Ross
1970-1974
Oberst Hackenbuchner
1974-1977
Oberst Meitzel
1977-1979
Oberst Wohlgemuht
1980-1984
Oberst R. v. Waechter
1984-1988
Oberst Schlolaut
1988-1992
Oberst Herzog
1993-2000
Oberst Helms
2000-2002
Oberst Müller
2002-2008
Oberst Katz
2008-2013
Oberst Keller
seit 2013
STREITKRÄFTE
BASIS
159
Headline
Headline
Die Leiter Lehre und Ausbildung
Im Rahmen der Umstrukturierung gemäß der Heeresstruktur 5 wurde an der Schule für Feldjäger
und Stabsdienst der Bereich Lehre und Ausbildung
geschaffen.
Oberst Kurek 1995
Oberst Erdmann1998
Oberst Richter 2001
Oberst Katz
2005
Oberst Körbi
2008
Oberst Meuser 2011
OTL Weschollek 2014
-
-
-
-
-
-
-
Die Leiter Spezialstab ATV/Weiterentwicklung
Dieser ist verantwortlich für die lehrgangsgebundene Ausbildung in den zwei Lehrgruppen A und
Der Leiter dieses Bereiches ist seitdem auch gleichzeitig der stellvertretende Schulkommandeur.
1998
2001
2004
2008
2011
2014
M Ross
H Küppers
M Nägler
OTL Beck
OTL Pieper
OTL Nöchel
OTL Böckle
OTL Kreitz
OTL Bräuni
OTL Rösner
OTL Jelinek
Die Lehrgruppenkommandeure
Kommandeur Lehrgruppe A
Kommandeur Lehrgruppe B
OTL Ulrich
1956
OTL Bürkner
1960
OTL Elfering
1962
OTL Ross
1963
OTL Ludewig
1970
Oberst Schwarz
1972
Oberst Herold
1974
Oberst Singer
1974
Oberst Neumann 1980
Oberst Trampusch 1981
Oberst Barth
1985
Oberst Rehbein
1989
Oberst Kurek
1993
OTL Busse
1995
OTL Probst
2000
OTL Lache
2004
OTL Weschollek 2010
OTL Sdrojek
2014
OTL Schüssel
OTL Heger
OTL Schabert
OTL Laqua
OTL Sommer
OTL Billek
OTL Leuning
OTL Maul
OTL Abel
OTL Kläsener
OTL Hartmann
- 1960
- 1962
- 1963
- 1970
- 1972
- 1974
- 1974
- 1980
- 1981
- 1985
- 1989
- 1993
- 1995
- 2000
- 2004
- 2010
- 2014
-
1972
1976
1983
1989
1993
2002
2004
2006
2010
2012
2013
1956
1956
1958
1960
1962
1974
1980
1987
1989
1992
1993
entscheidend, bis schließlich 1994 der Spezialstab
ATV aufgelöst wurde und in Teilen in der Gruppe
Weiterentwicklung aufging. Im Jahr 2003 wurde
die Gruppe Weiterentwicklung aus der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
ausgegliedert.
- 1956
- 1957
- 1960
- 1961
- 1974
- 1979
- 1987
- 1989
- 1992
- 1993
- 1994
Leiter Gruppe Weiterentwicklung
OTL Jarosch
1994 - 2003
- 1976
- 1983
- 1989
- 1993
- 2002
- 2003
- 2006
- 2010
- 2012
- 2013
-
STREITKRÄFTE
BASIS
160
Der Spezialstab ATV (Auswertung, Truppenversuch
und Vorschriften) erstellte die Vorschriften für die
Feldjägertruppe und passte diese sowohl an die
praktischen Erfahrungen des Feldjägerdienstes als
auch an neue Aufträge an. Somit prägte diese Abteilung das Gesicht der Feldjägertruppe seit jeher
STREITKRÄFTE
BASIS
160
161
6 Kameradschaft der Feldjäger
Headline
35 Jahre Kameradschaft der Feldjäger e.V.
275 Jahre Feldjäger
Ein zuverlässiger Partner der Feldjägertruppe
Es ist nun 35 Jahre her, dass die „Kameradschaft
der Feldjäger e.V." am 6. Dezember 1980 in
Sonthofen/Allgäu als gemeinnütziger Verein ins
Leben gerufen wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren
gerade einmal 25 Jahre vergangen, seit die Bundeswehr am 12. November 1955, dem Geburtstag des preußischen Heeresreformers Gerhard von
Scharnhorst, gegründet worden war.
Bereits mit der Aufstellung der ersten Einheiten
der Feldjägertruppe 1955 in Andernach und Sonthofen kam es zu Anregungen aus der Truppe, eine
eigene Feldjägertradition zu bilden. Doch war es
noch ein langer Weg bis zur Verwirklichung und
Umsetzung dieser Gedanken. So kam es erst im
Jahre 1976 in Ulm zu einem Treffen eines kleinen
Kreises von aktiven und ehemaligen Feldjägern,
die damit begannen, sich intensiv mit dem Thema
der Pflege einer eigenen Feldjägertradition und
einer Kameradschaftsverbindung auseinanderzusetzen. Die Überlegungen gingen schließlich
dahin, einen Zusammenschluss von Feldjägern zu
STREITKRÄFTE
BASIS
162
schaffen, der ein Forum
dafür bieten sollte, die
im Dienst erlebte und
gelebte Kameradschaft
auch im außerdienstlichen Bereich weiter zu
pflegen und zu intensivieren. Diese Idee wurde
vom ehemaligen Inspizienten der Feldjägertruppe, Oberst Erwin Koch,
dankbar aufgenommen,
so dass er sich, gemeinsam mit einigen anderen,
zur treibenden Kraft für die Gründung der Kameradschaft entwickelte. Damit nahm die Forderung,
eine eigene Feldjägertradition zu entwickeln, ihren
Lauf. Da jedoch allen Beteiligten bewusst war,
dass dieses Vorhaben nicht während des täglichen
Dienstes zu verwirklichen war, ging man den Weg,
einen eigenen privatrechtlich organisierten Verein
zu gründen und diesem den Namen „Feldjäger"
beizugeben - hatte sich die Namensgebung der
Feldjägertruppe der Bundeswehr doch an dem
herausragenden Traditionsnamen des preußischen
Reitenden Feldjägerkorps (1740-1919) orientiert.
STREITKRÄFTE
BASIS
162
163
Headline
In der Fläche war man
zu dieser Zeit indessen
weiter. Hier hatten sich
bei einzelnen Feldjägerwach- und -dienstkommandos lockere (Feldjäger-) Kameradschaften
gebildet, zu denen nach
ihrem Ausscheiden aus
dem aktiven Dienst
alsbald auch Ehemalige
und Reservisten hinzustießen. Zugleich entwickelte sich der Wunsch,
sich von Zeit zu Zeit überregional auf der „Burg"
in Sonthofen, der damaligen Heimat der Feldjägerschule, zu treffen.
Ende des Jahres 1980 war es dann endlich so
weit, dass die Gründung eines Vereins in greifbare
Nähe rückte. Die ersten „Wegbereiter" fanden
sich in der Person des Obersten a.D. Ross, dem als
Helfer bald die Oberstleutnante Willi Nöchel, Kurt
Schnabel, Karlheinz Böckle und Hauptmann Hans
Thomas zur Seite traten. Nach einer Gründungsveranstaltung wurden erste Gedanken auf einer
konstituierenden Sitzung formuliert und schließlich am 24. September 1980 konkretisiert. Es wurde beschlossen, dem Verein den Namen „Kameradschaft der Feldjäger" (KamdFJg) zu geben und
eine Zeitschrift mit dem Namen „Der Feldjäger"
herauszugeben. Oberstleutnant Böckle stellte
den Entwurf des "Vereinsabzeichens" vor, Oberst
a.D. Elfering und Oberst a.D. Koch stifteten erste
Geldbeträge. Folgende Leitlinien und Vereinsziele
haben sich aus den Anfängen bis heute erhalten
und unter dem Motto „unterstützt- verbindet bewahrt" fortentwickelt:
Die Kameradschaft der Feldjäger
•unterstützt die Truppe ideell und materiell,
•fördert die Kameradschaft der Feldjäger und
hält Verbindung zur Feldjägertruppe,
•fördert den Zusammenschluss aller Feldjäger
und führt gemeinsame Veranstaltungen durch,
•übernimmt Patenschaften von Feldjägereinheiten und -dienststellen,
•bewahrt die militärische Tradition der Feldjäger,
•führt gesellige Kameradschaftsveranstaltungen
durch mit Vorträgen, Besichtigungen und Reisen,
Headline
•unterstützt in Not geratene Feldjäger,
•trägt zur Verbindung aller Angehörigen des
Feldjägerkorps bei und
•informiert die Mitglieder durch die Herausgabe
unserer Zeitschrift „Der Feldjäger".
Der Verein sollte offen sein für alle aktiven Soldaten der Feldjägertruppe, Reservisten, Pensionäre,
Zivilbedienstete wie auch für Familienangehörige
und Freunde der Feldjägertruppe.
Am 6. Dezember 1980 fand in der GeneraloberstBeck-Kaserne dann die Gründungsversammlung
mit 54 Gründungsmitgliedern statt. Oberst a.D.
Erwin Koch, Präsident des Gründungsvorstandes, begrüßte die Versammlung und bedankte
sich beim Hausherrn, Oberst Wohlgemuth, für
die großzügig gewährte Unterstützung. Oberst
Wohlgemuth in seiner Eigenschaft als Hausherr
begrüßte die Teilnehmer und sagte unter dem Beifall der Anwesenden, dass er sich als in die Pflicht
genommener Kamerad in der „Kameradschaft der
Feldjäger" betrachte. Als solcher versprach er die
volle Unterstützung. Zudem verlas er das Grußwort des Inspizienten der Feldjägertruppe, Oberst
Herold. Bei der anschließenden Wahl wurde
Oberst a.D. Koch für die nächsten zwei Jahre als
1. Vorsitzender gewählt. Gleichzeitig konnten 140
Mitglieder vermeldet werden und 100 weitere
Bewerber warteten darauf, in die „Kameradschaft
der Feldjäger" aufgenommen zu werden.
Damit begann eine erfolgreiche Entwicklung der
„Kameradschaft der Feldjäger". Wenn sich die
Schwerpunkte der Vereinsarbeit im Laufe der Zeit
auch teilweise verschoben, so blieb es doch stets
dabei, dass die Kameradschaft als gemeinnütziger
STREITKRÄFTE
BASIS
164
Verein die Feldjägertruppe ideell und materiell zu
unterstützen, die Verbindung zu den Truppenteilen zu halten und den Zusammenhalt unter ihren
Mitgliedern zu fördern bestrebt war. Dabei sollten
aber auch gemeinsame Veranstaltungen, möglichst zusammen mit der aktiven Truppe, nicht zu
kurz kommen. Als Bindeglied wollte der Verein
den Zusammenhalt zwischen Aktiven, Reservisten,
Ehemaligen und Freunden der Feldjägertruppe
vermitteln und fördern. Zudem wollte man die
Angehörigen der Feldjägertruppe besonders bei
Versetzungen oder im Einsatz betreuen.
Durch das Eingehen von Patenschaften zwischen
den Ortsverbänden Sonthofen und der Feldjägerkompanie Murnau sowie Marburg-Wetzlar-Dietz
und der Feldjägerkompanie in Erfurt wird auch
heute noch die enge Verbindung zwischen der
Kameradschaft der Feldjäger und der Feldjägertruppe bestätigt. Nicht vergessen werden darf,
dass die Truppe mit der Kameradschaft der Feldjäger auch ein gemeinsames historisches Abzeichen
verbindet, nämlich der „Feldjägerstern", der aus
dem preußischen Schwarzen Adler Orden hervorgegangen ist und später von den Gardetruppen
bis 1919 als Gardestern getragen wurde.
Auch daran wird deutlich, dass sich die Kameradschaft der Feldjäger e.V. als Teil des Feldjägerkorps
versteht.
Die Kameradschaft der Feldjäger fand im Laufe
der Zeit so starken Zuspruch, dass die Mitgliederzahl von ursprünglich 54 auf z.Zt. etwa 2.600
Mitglieder anwuchs, die in acht Regionen mit
bundesweit insgesamt neunundzwanzig Ortsverbänden von Heide bis Sonthofen und von
Berlin bis Dinslaken aufgeteilt sind. Im Jahre 1990
feierten die Kameradschaft der Feldjäger und
die aktive Feldjägertruppe gemeinsam den 250.
Geburtstag der Truppengattung in der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen mit einem Großen Zapfenstreich. Nachdem die Bundesgeschäftsstelle im Jahr 2009 im Gleichschritt mit der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr von
Sonthofen nach Hannover verlegt worden war,
wurde auch hier die erfolgsreiche Vereinsarbeit
fortgesetzt. Doch schon in Sonthofen hatte der
stete Aufschwung eine Veränderung der Strukturen erfordert: Die Arbeit in der Geschäftsführung
war allein mit ehrenamtlichen Mitarbeitern nicht
mehr zu bewältigen. Aus diesem Grund wurde
in den 90er Jahren nicht nur die Geschäftsstelle
aus dem privaten Bereich in die GeneraloberstBeck-Kaserne verlegt, sondern auch erstmals eine
hauptamtlich tätige Kraft angestellt.
Wenn nachfolgend einige erfolgreiche Schwerpunkte in der Vereinsarbeit aufgezeigt werden, so
ist damit ein besonderer Dank an unsere Mitglieder und die Funktionsträger in den Untergliederungen des Vereins verbunden, wobei die heute
nicht mehr aktiv an der Vereinsarbeit Mitwirkenden ausdrücklich eingeschlossen sind. Oftmals
waren sogar zeitgleich mehrere Angehörige einer
Familie Mitglied bzw. in der Vorstandsarbeit der
Kameradschaft der Feldjäger e.V. tätig.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. So werden
beispielsweise seit frühester Zeit Geschichte und
Tradition der Feldjäger und ihrer Truppe dokumentiert, archiviert und bearbeitet, wozu auch die
Erstellung einer historischen Stellenbesetzungsliste
der Feldjägertruppe zählt. Zu diesem Zweck wird
überdies ein „Archiv" unterhalten, das schon in
Sonthofen und nun auch wieder in Hannover
durch ehrenamtliche Mitglieder betreut wurde
und wird.
In diesem Zusammenhang unterstützt die Kameradschaft der Feldjäger auch die „Militärgeschichtliche Lehrsammlung" (MGLS) an der Schule
für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr
nicht nur durch Fachexpertisen zur Feldjägertruppe, sondern auch materiell und mit Rat und Tat.
So sind im Vorraum der MGLS etwa die Namen
der Lehrgangsbesten eines Jahrgangs auf einer
besonderen Tafel aufgeführt, die jährlich durch die
Kameradschaft ergänzt wird. Bisher sind hier 68
Feldjäger verzeichnet.
Aus Anlass des 250sten Jahrestages der Gründung
des preußischen Reitenden Feldjägerkorps, an dessen militärische Tradition die Feldjäger der Bundeswehr anknüpfen, stiftete die Kameradschaft der
Feldjäger einen Feldjägerstein. Die Übergabe an
die Truppe erfolgte am 25. Oktober 1990 durch
den damaligen 1. Vorsitzenden, Oberstleutnant
a.D. Karlheinz Böckle, im Sonnenhof der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen. Seit 2009
STREITKRÄFTE
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Headline
Headline
Abb. 75 Kranzniederlegung am Platz der Erinnerung, Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover
befindet sich der Stein auf dem Platz der Erinnerung in der Emmich-Cambrai Kaserne in Hannover. Dieser Platz war ein besonderes Anliegen der
Kameradschaft, die in der Kaserne eine besondere
Stätte zum Gedenken an die im Feldjägereinsatz
gefallenen oder ums Leben gekommenen Kameraden schaffen wollte. Um dieses zu verwirklichen,
wurde im Jahre 2006 in der Ehrenhalle der Generaloberst Beck Kaserne eine Gedenktafel angebracht. Seitdem wird zu jedem Feldjägertag an der
Gedenkstätte, dem Platz der Erinnerung, der sich
jetzt in Hannover befindet, von der aktiven Feldjägertruppe und der Kameradschaft der Feldjäger
e.V. ein Kranz niedergelegt.
Feldjäger e.V. ausgerichtet wird. Mit einem Appell
und einem Gottesdienst wird dabei an den Gründungstag der Feldjägertruppe am 24. November
1740 erinnert. Zudem werden im Rahmen des
Feldjägertages die jeweils besten Absolventen
der Laufbahnlehrgänge an der Schule für Feldjäger und Stabdienst der Bundeswehr von der
Kameradschaft der Feldjäger ausgezeichnet. Nach
der Verlegung der Schule von Sonthofen nach
Hannover ist der Feldjägertag seit dem Jahre 2013
noch um einen Sommergarten erweitert worden,
der sich an den Appell anschließt und von der Kameradschaft der Feldjäger mit einem namhaften
Geldbetrag finanziell unterstützt wird.
Ebenfalls auf eine Initiative des Bundesvorstandes der Kameradschaft geht der „Feldjägertag"
zurück, der jährlich gemeinsam von der aktiven
Feldjägertruppe und der Kameradschaft der
Auf diese Weise hat sich der Feldjägertag heute zu
einem nicht mehr wegzudenkenden Ereignis entwickelt und findet regelmäßig großen Anklang. Er
ist, kurz gesagt, ganz sicher eine Erfolgsgeschichte.
STREITKRÄFTE
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Auf Anregung von Oberst a.D. Herold erinnert die
Kameradschaft der Feldjäger e.V. seit dem Jahre
2002 mit von ihr und ihren Mitgliedern gestifteten, besonders gestalteten Tafeln an die in der
Vergangenheit aufgelösten Feldjägertruppenteile
der Bundeswehr. Auf den Erinnerungstafeln finden sich Informationen über die jeweilige Einheit,
ihren Standort, die Kaserne, in der sie untergebracht war, sowie den Zeitraum ihres Bestehens.
Die ersten dieser Tafeln wurden zunächst unter
den Arkaden der Generaloberst-Beck-Kaserne
in Sonthofen aufgehängt, wo sie anlässlich des
Feldjägertages 2002 durch den damaligen General
der Feldjäger, Oberst Erdmann, ihrer Bestimmung
übergeben wurden. In der Emmich-CambraiKaserne in Hannover befinden sich die Tafeln
nunmehr an einer Gedenkwand des Platzes der
Erinnerung. Inzwischen sind dort insgesamt nicht
weniger als 163 Erinnerungstafeln angebracht.
Darüber hinaus hat die Kameradschaft der Feldjäger e.V. unter den Titeln „Die Feldjägertruppe
der Bundeswehr 1955-2005" und „Die Namensvorläufer der Feldjägertruppe der Bundeswehr
1740-1946" inzwischen zwei eigene Bücher zur
Geschichte der Feldjägertruppe herausgegeben.
Eine ganz besonders bedeutsame Einrichtung ist
schließlich der Hilfsfonds „Feldjäger helfen Feldjägern", den die Kameradschaft der Feldjäger e.V.
vor dem Hintergrund der zahlreicher werdenden
Auslandseinsätze der Feldjägertruppe im Jahre
2005 ins Leben gerufen hat. Bis heute konnte
auf diese Weise durch die Spendenfreudigkeit der
Mitglieder des gesamten Feldjägerkorps bereits
mehrfach in Not geratenen Feldjägern unbürokratisch und schnell geholfen werden. Wenn auch in
den 35 Jahren des Bestehens der Kameradschaft
der Feldjäger e.V. sicherlich nicht alles gelungen
ist, was unternommen wurde, so bleibt doch die
Hoffnung, auf dem richtigen Weg zu sein. Der
Rückblick auf die Geschichte der Kameradschaft
der Feldjäger e.V. berechtigt sicherlich zu ein wenig Stolz auf das in der Vergangenheit Geleistete.
Dadurch wird aber keineswegs der Blick auf die
Herausforderungen der Zukunft verstellt, in der
sich die Kameradschaft der Feldjäger e.V. in enger
Kooperation mit der aktiven Feldjägertruppe auch
weiterhin den zeitgemäßen Anforderungen stellen
wird.
STREITKRÄFTE
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7 Der Platz der Erinnerung - Lebendige Tradition der
Feldjägertruppe
Die Präsidenten der Kameradschaft der Feldschaft e.V.
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Oberst a.D. Koch
1980-1984
Oberstleutnant a.D. Erdmann
2008-2014
Oberstleutnant a.D. Böckle
1984-1992
Oberstleutnent a.D. Kammerer
1992-2000
Oberstleutnant a.D. Jarosch
2000-2008
Die Feldjägertruppe feiert dieses Jahr ihr 275-jähriges Jubiläum und blickt stolz auf eine facettenreiche Geschichte, deren Wurzeln bis zum 24.
November 1740 zurückreichen. Als Friedrich II.
kurz nach seiner Krönung zum König von Preußen
die Aufstellung eines Reitenden Feldjägerkorps
veranlasste, begründete sich damit die Geschichte
der Feldjägertruppe bis zum heutigen Tag.
Oberstleutnant d.R. Dr. Schütz
2014-heute
Bereits im 18. Jahrhundert gehörten das Überbringen von Befehlen und Nachrichten (Kurierjägertätigkeit), die Erkundung und Begleitung
von Märschen (Kolonnenjägertätigkeit) sowie der
Schutz der königlichen Familie (Furierjägertätigkeit) zu den Aufträgen des Feldjägerkorps. Bereits
hier lassen sich Aufgaben der heutigen Feldjägertruppe, wie der militärische Verkehrsdienst oder
der Personenschutz, erkennen. Dieses spiegelt sich
auch in der Uniform der Truppengattung wider,
denn das reitende Feldjägerkorps trug einen dem
„Hohen Orden des Schwarzen Adler" nachempfundenen Gardestern und auch heute trägt ihn
jeder Feldjäger in stilisierter Form und eingefasst
in Eichenlaub als Barettabzeichen.
In der gesamten Bundeswehr ist die Traditionspflege ein wichtiges Mittel, um die Integration der
Streitkräfte in die pluralistische Gesellschaft und
den demokratischen Rechtsstaat zu verankern. Als
Überlieferung von Normen und Werten verbindet
sie die Generationen, sichert die Identität und
schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft. Wir können stolz sein
auf unsere eigene, mit dem Befehl zur Aufstellung
einer Militärpolizeilehrkompanie vom 06.10.1955
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verbundene Tradition als Feldjäger in einer
modernen, einem demokratischen Staatswesen
verpflichteten Bundeswehr.
Dass Tradition dabei hochaktuell sein kann, zeigt
in der Feldjägertruppe der Platz der Erinnerung,
der 2012 an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover entstand.
Auf dem Gelände der Emmich-Cambrai-Kaserne
- inmitten modernster Ausbildungseinrichtungen
- liegt dieser Gedenkort an zentraler Stelle, sodass
er sich im täglichen Blickfeld der meisten Soldaten
und Soldatinnen befindet. Zwischen Militärgeschichtlicher Lehrsammlung und Feldjägerstein
fügt sich der Platz der Erinnerung in ein harmonisches Gesamtkonzept ein und sticht dennoch
sofort ins Auge. Die schlichte, offene Bauweise
ermöglicht die Einsicht auf die im Inneren angebrachten Gedenktafeln. Diese erinnern auf der
einen Seite an die 29 im Dienst verstorbenen und
gefallenen Feldjäger, auf der anderen Seite an die
aufgelösten Verbände, Einheiten und Dienstkommandos der Truppengattung. Die Idee zu einer
Gedenkstätte entstand bereits vor dem Umzug
der Schule nach Hannover. In der GeneraloberstBeck-Kaserne in Sonthofen existierte schon im
Jahr 2002 der Ehrenhain mit zuletzt 133 Gedenktafeln für die aufgelösten Verbände sowie seit
2005 die Gedenkstätte in der Ehrenhalle.
Nach dem Umzug nach Hannover fanden diese
beiden Ehrenmale unter der Federführung des damaligen Schulkommandeurs Oberst Katz am Platz
der Erinnerung eine würdige Heimat. Seitdem
ist dieser Platz der zentrale Ort für alle aktiven
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und ehemaligen Feldjäger um innezuhalten, der
verstorbenen Kameraden zu gedenken und über
Vergangenheit und Zukunft der Truppengattung
zu reflektieren. In seiner Rede zur Einweihung des
Platzes der Erinnerung im Rahmen des Feldjägertages am 19.07.2012 fasste Oberst Katz diese
Eindrücke mit den Worten Klarsicht, Durchsicht,
Weitsicht und Einsicht zusammen. Der Platz der
Erinnerung ist demnach ein Ort, der durch seine
schnörkellose Architektur (Klarsicht) dazu anregt,
die Vergangenheit zu beobachten (Durchsicht),
ohne dabei den Weitblick zu verlieren (Weitsicht),
den man braucht, um für die Zukunft Maximen
für das eigene Handeln abzuleiten (Einsicht). Damit ist der Rückblick in die Vergangenheit gleichzeitig mit dem Ausblick in die Zukunft verbunden.
In diesem Sinne ist es besonders erfreulich, dass
Aktive und Ehemalige den Platz der Erinnerung
immer weiter gestalten und dieser durch Spenden
und die Unterstützung der Kameradschaft der
Feldjäger finanziert wird. Dem jeweiligen Offizierlehrgang 3 wird die Ehre zuteil, die Patenschaft
für den Platz der Erinnerung für ein Jahr zu übernehmen. Zukünftige Generationen von Feldjägern
werden diesen Ort weiter pflegen und dabei die
Vergangenheit vor Augen haben, während sie
selbst die Zukunft der Truppengattung aktiv mitgestalten. Am jährlich stattfinden „Feldjägertag"
steht der Platz der Erinnerung im Rahmen eines
Gottesdienstes und einer Kranzniederlegung im
Mittelpunkt des Gedenkens an unsere verstorbenen Kameraden.
Am Feldjägertag ist dieser Platz darüber hinaus
auch ein zentraler Anlaufpunkt für jeden interessierten Besucher, da er die Tradition der Feldjäger
lebendig macht.
Abb. 76 Platz der Erinnerung, Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover
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Die vorliegende Festschrift „60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr" wurde durch das Kommando Feldjäger
der Bundeswehr in enger Zusammenarbeit mit der Kameradschaft der Feldjäger e.V. erstellt, die ihrerseits
im Jubiläumsjahr 2015 ihr 35-jähriges Bestehen feiert.
Herausgeber:
Kommando Feldjäger der Bundeswehr
Scharnhorst-Kaserne
Langenforther Str. 1
30657 Hannover
Ansprechpartner Presse
Presseoffizier
Tel.: +49 (0)511 903-3850
[email protected]
Hannover, November 2015
Zweite, überarbeitete Auflage
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