"60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr" ( PDF , 10,2 MB)
Transcrição
"60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr" ( PDF , 10,2 MB)
Kommando Feldjäger der Bundeswehr 60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr Akzente TE F Ä R SIS K T I E BA STR Akzentuierung Am 24. November 1740, also vor exakt 275 Jahren, ordnete Friedrich II. von Preußen per Allerhöchster Kabinettsorder die auf der folgenden Seite abgebildete Aufstellung eines Feldjägerkorps zu Pferde an. Dieses Datum markiert die Entstehung einer Truppengattung, deren vornehmlichste Aufgaben die Wegweisung der eigenen Truppen und der Schutz des Königs und des königlichen Hauses waren Aufgaben, die in ihren Grundzügen auch heute noch in den Kernfähigkeiten des Aufgabenbereichs Feldjägerwesen der Bundeswehr abgebildet sind. Zur Entwicklung des Feldjägerwesens seit dieser Zeit sind bereits ausführliche Veröffentlichungen erschienen, von denen einige an dieser Stelle beispielhaft in der Fußnote benannt sind.1 Diesen Publikationen ist gemeinsam, dass sie - neben anderen Quellen - einen umfassenden Überblick über die Geschichte der Feldjäger seit 1740 geben. Die vorliegende Festschrift verzichtet daher darauf, die Geschichte der Feldjäger in den preußisch-deutschen Streitkräften ein weiteres Mal nachzuerzählen. Das hat den Vorteil, das Hauptaugenmerk auf die eigene Tradition der Feldjäger in der Bundeswehr seit 1955 zu richten. Auch bei dieser bewussten Akzentuierung auf 60 Jahre Feldjäger will die Festschrift indes keine chronologische Aneinanderreihung von Daten, sondern vielmehr inhaltliche Schwerpunkte setzen. Sie sind daher herzlich zu diesen Akzenten eingeladen. Zeichnen Sie den Weg der Feldjäger der Bundeswehr von der Gründung der Truppengattung bis zur Entstehung des heutigen Aufgabenbereichs und ihren derzeitigen Standort nach. Nicht zuletzt können Sie dabei auch einen Blick auf die angestrebte Zukunftsentwicklung erhalten. 1 Rettinghaus, Helmut: Die Deutsche Militärpolizei. Kgl. Preuß. Reit. Feldjägerkorps, Feldgendarmerie, Feldjägertruppe der Bundeswehr im Dienste der Sicherheit und Ordnung in den deutschen Armeen von 1740 bis zum heutigen Zeitpunkt, Langen 2009. Schütz, Peter:Die Vorläufer der Bundeswehr-Feldjäger - Ein Beitrag zur preußisch-deutschen Wehrrechtsgeschichte, Berlin 2005. Böckle, Karlheinz: Feldgendarmen, Feldjäger, Militärpolizisten. Ihre Geschichte bis heute, Stuttgart 1987. Winter, Robert: Die Geheime Feldpolizei, Wolfenbüttel 2013.. STREITKRÄFTE BASIS 5 Kabinettsorder an den Oberjäger Schenck „Lieber getreuer. Da Ich ein Corps von Meiner Armee nechstens marschieren zu laßen gesonnen bin, bey solchem aber ein Capitaine de Guides mit erfordert wird, deßen Function ist, wenn die Armee in frembden Landen kommet und marschiret, von gute Wegweyser zu sorgen und solche an die Hand zu haben, damit wenn marschiret wird, oder Commandos geschickt werden, Ihnen jederzeit gute Wegweysers, die alle Wege und Stege kennen, mit gegeben werden können; so habe Ich aus besonders gnädigen Vertrauen zu Euch, resolvieret, Euch, bey dem nechst bevorstehenden Marsch solche Function, mit Beybehaltung Eurer bisherigen Bedienung, Tractament und emolumenten, aufzutragen, daher dann Ihr Euch gleich fertig machen und Eure Sachen so einrichten sollet, daß Ihr in Zeit von acht Tagen höchstens, im Stande seyd sogleich abzugehen. Ihr sollet demnächst 12 berittene Jägers unter Euch haben, die Ihr aus denen in Meinen diensten stehenden Jägers selbst aussuchen und Mir citisime vorschlagen sollet, welches treue Leuthe von guten Verstande seyn müßen und die Ihr zu allem was Eure Function erfordert, gebrauchen könnet. Es soll ein jeder von diesen Jägern Monatlich 4 Tal. a part bekommen, sich aber selbst ein kleines Pferdt nebst einem grünen Rock anschaffen, dabey sie die versicherung bekommen sollen, daß wenn der Marsch vorbey, selbige alsdann mit recht guten Diensten versorget werden sollen. Wegen Eures künftigen Verhaltens in dieser Function sollet Ihr noch hiernächst mit einer besonderen Instruction versehen werden, und damit Ihr um sofüglicher im Stande seydt, Eurer Function vorzustehen, so soll Euch noch ein Assistent zugegeben werden, welchen Ihr zu Hilfe nehmen sollet. Ihr und Euer Assistent bekommet auf 8 Pferde Fourage, wovon jeder von Euch sich ein paar Pferde, beyde zusammen aber Ihr Euch einen Wagen halten könnet. Ihr habt Euch also danach zu achten und keine Stunde zu versäumen, damit Ihr mit Euren Jägers nechstens in Berlin und in marschfertigen Stande seyn könnet. Rheinsberg, den 24. November 1740.“ "Friedrich" STREITKRÄFTE BASIS 6 STREITKRÄFTE BASIS 7 Inhaltsverzeichnis Headline 1 Vorwort und Grußworte 1.1 Vorwort des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr 1.2 Grußwort des Niedersächsischen Ministerpräsidenten 1.3 Grußwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover 1.4 Grußwort des Inspekteurs der Streitkräftebasis 1.5 Grußwort des Kommandeurs Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr 1.6 Grußwort des Befehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr (bis 03.11.2015) 1.7 Grußwort des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums 1.8 Grußwort des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder 1.9 Grußwort des Präsidenten der Kameradschaft der Feldjäger e.V. 11 12 15 17 18 21 2 Die Feldjäger der Bundeswehr 2.1 Die Gründung der Feldjägertruppe und ihre Namensgebung 2.2 Die Entwicklung der Feldjägertruppe in der Bundeswehr 31 32 41 3 Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr in der Neuausrichtung der Bundeswehr 3.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr 3.2 Konzeption im Wandel 3.3Doktrin 3.4 Rüstung und Ausrüstung 3.5 Neugestaltung der Ausbildung 3.6 Feldjäger im Blick der internationalen Zusammenarbeit 53 22 24 27 29 54 56 64 67 80 87 93 94 99 106 113 118 122 123 124 5 Vorstellung der aktuellen Dienststellen und Verbände 5.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr 5.2 Das Feldjägerregiment 1 5.3 Das Feldjägerregiment 2 5.4 Das Feldjägerregiment 3 5.5 Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr 127 128 133 140 145 151 6 Kameradschaft der Feldjäger 163 7 Der Platz der Erinnerung - Lebendige Tradition der Feldjägertruppe 169 STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 8 4 Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz 4 Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz 4.1 Feldjäger in Afrika 4.2Feldjäger auf dem Balkan 4.3 Feldjäger in Afghanistan 4.4 Feldjäger in See 4.5 Einsatzgleiche Verpflichtungen 4.6 Militärische Evakuierungsoperationen 4.7Gedenken 8 9 1 Vorwort und Grußworte 1.1 Vorwort des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr 1.2 Grußwort des Niedersächsischen Ministerpräsidenten 1.3 Grußwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover 1.4 Grußwort des Inspekteurs der Streitkräftebasis 1.5 Grußwort des Kommandeurs Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr 1.6 Grußwort des Befehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr 1.7 Grußwort des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums 1.8 Grußwort des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder 1.9 Grußwort des Präsidenten der Kameradschaft der Feldjäger e.V. Wappen KdoFJgBw STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 10 10 11 1.1 Vorwort des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr Sehr geehrte Damen und Herren, geschätzte Ehemalige, Freundinnen und Freunde der Feldjäger, liebe Kameraden Feldjäger! Am 1. September dieses für uns historischen Jahres 2015 wurde erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland durch ein Bundesland die prüfungsfreie Übernahme von ehemaligen Zeitsoldaten der Feldjägertruppe in den mittleren Polizeivollzugsdienst ermöglicht. Unter Anerkennung großer Teile der Feldjägerausbildung und gewonnener Praxiserfahrungen im Feldjägerdienst werden die ersten 25 jungen Kameraden derzeit in Oranienburg/Brandenburg als Beamte auf Probe in einer verkürzten Ausbildung für diesen Dienst vorbereitet. Sie haben damit nach einer erfolgreichen Zeit als Feldjägerfeldwebel einen neuen Lebensberuf begonnen, der es ihnen erlaubt, in der Heimat tiefere oder neue Wurzeln zu schlagen. Mit dieser aktiv ergriffenen Maßnahme wurde der Zeitsoldatenstatus attraktiv verstärkt und unterstrichen, dass auch eine zeitlich befristete Beschäftigung bei uns so ganz anders und vor allem auch in die Zukunft gerichtet chancenreich sein kann. Vor 275 Jahren erließ Friedrich II (später: der Große) noch auf Schloss Rheinsberg bei Neuruppin eine Kabinettsorder, mit der er das Feldjägercorps zu Pferde begründete und damit den Namen dieser Truppengattung in die Welt setzte. Vor 60 Jahren ordnete das damalige Bundesministerium für Verteidigung der jungen Bundesrepublik Deutschland im Aufstellungsbefehl Nr. 1 vom 6. Oktober 1955 die Aufstellung einer MilitärpolizeiLehrkompanie an. Nur wenige Wochen später wurde mit Blick auf die vornehmliche Länderverantwortung für Polizeiaufgaben der Name Feldjäger auf die eigene Ordnungstruppe übertragen, die zugleich dennoch als die Militärpolizei der Bundeswehr im Sinne der NATO-Verträge definiert wurde. Hier knüpft unsere eigene Geschichte in der Bundeswehr an, schafft die Grundlage für eine völlig eigene Entwicklung und Traditionsbildung in modernen, multinational ausgerichteten und parlamentarisch kontrollierten Streitkräften. Nicht zuletzt schufen die zunächst durch die Heeresentwicklungen geprägten Veränderungen in der Personal- und Binnenstruktur der Feldjägertruppe einen beständig größer werdenden, an einer militärischen Heimat auch über die aktive Dienstzeit hinaus interessierten Personenkreis. Folgerichtig wurde 1980 die Gründung der Kameradschaft der Feldjäger e.V. vorgenommen, einem Verein, der sich als Teil des Feldjägerkorps versteht, der aktiven Truppe unterstützend zur Seite steht und auch an der Verwirklichung dieser Festschrift einen wesentlichen Anteil hatte. Diese Festschrift wagt einen Blick auf sechs Jahrzehnte, sie soll aber vor allem eines unterstreichen: die Feldjäger sind „mitten drin" im Leben unseres Vaterlandes, unserer Bundesrepublik Deutschland! Mit der vorliegenden Festschrift soll die Geschichte der Feldjäger in der Bundeswehr, vor allem ihre Entwicklung, die in der Aufstellung eines Fähigkeitskommandos Feldjägerwesen Bundeswehr 2013 ihren zunächst letzten Meilenstein gefunden hat, dargestellt werden. Der Weg dorthin und das bislang Erreichte stehen im Vordergrund. Von 1955 bis 2001 war die Feldjägertruppe eine Truppengattung des Heeres. Seit Aufstellung der Streitkräftebasis im Jahr 2001 ist die Feldjägertruppe ein fester Bestandteil dieses auf professionelle und verlässliche Dienstleistung ausgerichteten Organisationsbereichs der Bundeswehr. Die Breite des durch Feldjäger wahrgenommenen Aufgaben- und Fähigkeitsspektrums hat sich hier noch einmal rasant weiter entwickelt und die Feldjägertruppe zu dem in der heutigen Form existierenden hoch professionellen und flexiblen Aufgabenbereich werden lassen. Unserem Selbstverständnis „Wir. Dienen. Deutschland." sind wir damit im In- und Ausland in ganz besonderer Weise verbunden und verpflichtet. Ich wünsche Ihnen viele interessante Momente bei der Lektüre, Ihr Udo Schnittker Brigadegeneral Die hohe Professionalität und das Können meiner Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen den Kern des heutigen Feldjägerwesens aus. Um in deren Begabungen zu investieren und ihre hohe Leistungsbereitschaft zu erhalten, dienen neben den in den Auslandseinsätzen und im Feldjägerdienst gewonnenen Erfahrungen weitreichende konzeptionelle Überlegungen und unmittelbare Festlegungen zu Ausbildung und Einsatzgrundsätzen. Diese Grundzüge werden in der vorliegenden Schrift dargestellt. Insgesamt stellt sich damit ein Aufgabenbereich der Bundeswehr dar, auf den Verlass ist, dessen Dienstleistung in Deutschland ebenso wie in den Auslandseinsatzgebieten der Bundeswehr gefragt ist und der sich nach knapp 60 Jahren nunmehr erstmals unter einheitlicher Führung - in einem eigenen „Haus der Feldjäger" - befindet. STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 12 12 13 1.2 Grußwort des Niedersächsischen Ministerpräsidenten In diesen Tagen können die Feldjägerinnen und Feldjäger ein besonderes Jubiläum begehen. Vor 60 Jahren wurde die Bundeswehr gegründet und ebenso lange bestehen die Feldjäger in der Bundeswehr. Aber das Jahr 2015 ist noch in weiterer Hinsicht ein besonderes Jahr: Am 24. November 1740, also vor 275 Jahren, unterzeichnete König Friedrich II. von Preußen die Stiftungsurkunde des „Reitenden Feldjägercorps" und begründete damit die historische Truppengattung der Feldjäger. Zu diesen Jubiläen gratuliere ich namens der Niedersächsischen Landesregierung sehr herzlich. Die sicherheitspolitischen und krisenbezogenen Anforderungen an die Bundeswehr haben sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend geändert. Die Aufgaben der Feldjägertruppe reichen mittlerweile vom militärischen Ordnungs- und Verkehrsdienst über strategische Sicherungsaufgaben bis zu Einsatzszenarien im Kosovo und in Afghanistan. Gerade die Auslandseinsätze erfordern ein deutlich erweitertes militärpolizeiliches Anforderungsprofil, denn zum Teil ist es nötig, auch fehlende zivile Strukturen zu ersetzen und aufzubauen. Die Soldatinnen und Soldaten der Feldjägertruppen haben bei ihren Auslandseinsätzen ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft und Leistungsfähigkeit gezeigt und die ihnen gestellten Aufgaben hervorragend gemeistert. 60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr stehen damit auch stellvertretend für 60 Jahre Friedensdienst der Bundeswehr für unser Land und für Europa. Dafür gebührt den Feldjägerinnen und Feldjägern und der gesamten Bundeswehr mein besonderer Dank und meine Anerkennung. Bundeswehr und Feldjägertruppen haben auch für das Land Niedersachsen eine besondere Bedeutung. Mit über 600 festen Dienstposten und unterjährig circa 6.000 Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmern führen die Feldjäger die Dienstpostenliste in Hannover deutlich an. Die Landeshauptstadt verfügt mit der Schule für Feldjäger und Stabsdienst über einen europaweit einzigartigen Ausbildungsbetrieb. Dieser ist international ausgerichtet und führt regelmäßig Soldatinnen und Soldaten in die Stadt und die Region Hannover. Neben der Schule für Feldjäger sind hier das Kommando Feldjäger Bundeswehr und das Landeskommando für territoriale Aufgaben aufgestellt. Mit allen Kommandeuren und ihren Dienststellen verbindet das Land eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dies zeigt exemplarisch, dass die Bundeswehr fest in den Städten und Regionen des Landes verankert ist. Für die Zukunft wünsche ich allen Soldatinnen und Soldaten der Feldjäger Glück, Gesundheit und Erfolg bei herausfordernden, aber möglichst gefahrlosen Einsätzen. Hannover, im August 2015 Stephan Weil Niedersächsischer Ministerpräsident STREITKRÄFTE BASIS 15 1.3 Grußwort des Oberbürgermeisters der Landeshauptstadt Hannover Für die Bundeswehr ist das Jahr 2015 mit mehreren Gedenktagen verbunden. Es kann nicht nur das 60-jährige Bestehen, sondern auch das historische Datum „25 Jahre Armee der Einheit" gefeiert werden. Wie die Bundeswehr selbst besteht auch die Truppengattung der Feldjäger nunmehr seit 60 Jahren und gleichzeitig gedenkt man des 275. Jahrestages der Gründung des Reitenden Feldjägerkorps. Im Namen der Landeshauptstadt Hannover gratuliere ich herzlich zu diesen Jubiläen! Ich tue dies aus voller Überzeugung und in dem Bewusstsein, dass Hannover und die Bundeswehr eine besondere Beziehung zueinander haben. Ein Jahr nach Gründung wurde die 1. Panzerdivision ins Leben gerufen, deren Stab nahezu sechs Jahrzehnte in Hannover seinen Sitz hatte und von hier aus die Geschicke der Division lenkte. Leider wird der Stab im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr nach Oldenburg verlegt. Die Landeshauptstadt Hannover hat 1983 die weiter bestehende Ehrenpatenschaft für die Division übernommen, was die enge Verbundenheit unterstreicht. Eine solche Verbindung besteht auch zu den Feldjägern, denn mit dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr in der Scharnhorst-Kaserne in Bothfeld befindet sich seit 2013 die zentrale Kommandobehörde der Truppe hier in Hannover. Wenn die Feldjäger jetzt ihr Jubiläum feiern, feiert Hannover mit, auch wenn die recht junge Bundesbehörde hier erst seit zweieinhalb Jahren besteht, in dieser Zeit gab es jedoch schon zahlreiche Begegnungen zwischen den Feldjägern und der Stadt und aus zahlreichen Gesprächen weiß ich, dass sich die Feldjäger in Hannover sehr wohlfühlen und der Standort bundesweit einen guten Ruf genießt. Nicht umsonst redet man mittlerweile von der Feldjägerhauptstadt Hannover. Ich wünsche den Feierlichkeiten einen guten Verlauf und allen Feldjägern weiterhin alles Gute. Stefan Schostok Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 16 16 17 1.4 Grußwort des Inspekteurs der Streitkräftebasis Weltweite Einsätze im gesamten Intensitätsspektrum sind natürlich immer auch eine Herausforderung. Allen Angehörigen der Feldjägertruppe gilt daher mein besonderer Dank und meine große Anerkennung für diese Leistungen. In diesen Dank schließe ich ausdrücklich Ihre Familienangehörigen mit ein. Mir ist bewusst, dass gerade die häufigen durch Auslandseinsätze bedingten Abwesenheiten eine große Belastung für Ehefrauen, Ehemänner, Kinder und Eltern darstellen. Liebe Soldatinnen und Soldaten, liebe Ehemalige der Feldjägertruppe der Bundeswehr! Meine Damen und Herren! In 15 Jahre Streitkräftebasis, 25 Jahre Armee der Einheit und 60 Jahre Bundeswehr reiht sich die Feldjägertruppe mit ihrem 60-jährigen Jubiläum in diesem Jahr würdig ein. Ich gratuliere allen Angehörigen und Ehemaligen der Feldjägertruppe sehr herzlich zu sechs Jahrzehnten Dienst für Frieden und Freiheit. Ich verneige mich insbesondere vor all denen, die für Frieden, Freiheit und den Schutz ihrer Kameradinnen und Kameraden Leib und Leben gegeben haben. Wir werden sie nie vergessen! Durch ihre beispielgebenden Leistungen und ihre hohe Einsatzbereitschaft hat sich die Feldjägertruppe national und international zu Recht einen hervorragenden Ruf erworben. Ein tolles Zeichen dieser Wertschätzung ist die erstmalige Einstellung von Feldjägerfeldwebeln als Beamte auf Probe im Polizeivollzugsdienst des Landes Brandenburg am 1. September 2015. Darüber hinaus ergänzt ein weiteres besonderes Jubiläum die lange Traditionslinie dieser Truppengattung. Vor 275 Jahren wurde in der preußischen Armee das Reitende Feldjägerkorps gegründet, das heute Namensgeber unserer Feldjägertruppe ist. Das Bundesland in der Mitte Deutschlands hat damit ein Signal gesetzt. Die Verantwortungsträger in Politik und Polizei schätzen das Potenzial der Feldjägerausbildung für den Polizeidienst und sind von der großen Qualität unserer Militärpolizisten überzeugt. 60 Jahre Feldjäger der Bundeswehr stehen auch für 60 Jahre Dienst an Recht und Gerechtigkeit und den zentralen Werten der Inneren Führung: Pflichtbewusstsein, Disziplin, Kameradschaft und das Auftreten als Staatsbürger in Uniform. Die Wahrung dieser starken Werte im Rahmen des Militärischen Ordnungsdienstes darf alle Angehörigen und Ehemaligen der Feldjägertruppe mit Stolz erfüllen. Aber Feldjäger sein bedeutet heute noch weit mehr. Mein Dank gilt allen, die sich für dieses beispielgebende Projekt persönlich eingesetzt haben. Ich bin überzeugt: Unsere Feldjägertruppe ist für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bestens gerüstet. Ich wünsche den Kameradinnen und Kameraden alles erdenklich Gute für die Zukunft und Ihren Dienst an unserem Land und unser Bundeswehr. Wir in der Streitkräftebasis sind sehr stolz auf unsere Feldjäger! Unsere Feldjäger sind hochprofessionelle Spezialisten. Neben den klassischen Aufgaben des Militärischen Ordnungsdienstes und des Militärischen Verkehrsdienstes gehören Sicherheitsaufgaben, Erhebungen und Ermittlungen sowie Unterstützungsleistungen für Heimat-, Raum- und Objektschutz zum breiten Leistungsspektrum der Feldjägertruppe. Das gesamte Einsatzspektrum der Bundeswehr ist heute Betätigungsfeld der Feldjäger. An Land, auf See und in der Luft - kein Einsatz der Bundeswehr findet mehr ohne unsere Feldjäger statt. Martin Schelleis Generalleutnant STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 18 Ihr 18 19 1.5 Grußwort des Kommandeurs Kommando Territoriale Aufgaben Headline der Bundeswehr Als Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben ist mir das Kommando Feldjäger als eines der meinem Kommandobereich zugeordneten Fähigkeitskommandos unterstellt. Im Rückblick auf meine frühere Verwendung als Stellvertreter Befehlshaber im Wehrbereich II, wo mir 2 Feldjägerbataillone unmittelbar unterstellt waren, ist es mir eine Freude heute feststellen zu können, weiche Entwicklung die Feldjägertruppe, gerade auch in ihrer strukturellen Ausprägung, in den letzten Jahren erfahren hat. Die heute aus einem Fähigkeitskommando sichergestellte Führung ist ein Gewinn und wird der Bedeutung dieser Truppengattung mit ihren vielfältigen und unterschiedlichen Spezialisierungen gerecht, hier vor allem auch mit dem Blick auf sich immer wieder verändernde Einsatzerfordernisse, auf die nur so flexibel und angemessen reagiert werden kann. Im persönlichen Erleben möchte ich hier auch meine eigene Einsatzerfahrung herausstellen, wo es gerade „meine Feldjäger" waren, die nicht nur in ihrem Einsatzauftrag überzeugt haben, sondern auch in ganz besonderem Maße durch ihr Engagement für Teamgeist und Zusammenhalt dafür gesorgt haben, dass keiner „ALLEINE" war. Das was wir unter dem Begriff „Kameradschaft" manchmal so richtig im täglichen Dienst nicht „fassen" können, habe ich dort im täglichen Miteinander erleben dürfen. Und das hat die Feldjägertruppe praktiziert. Es freut mich und es macht mich auch ein wenig stolz, dass ich in meiner neuen Verwendung nunmehr ein zweites Mal für diese Truppengattung Mitverantwortung tragen darf. Jürgen Knappe Brigadegeneral STREITKRÄFTE BASIS 21 1.6 Grußwort des Befehlshabers Einsatzführungskommando der Bundeswehr (bis 03.11.2015) Kameradinnen und Kameraden, sehr geehrte Damen und Herren, unsere Bundeswehr ist eine Armee im Einsatz. Als Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr und verantwortlicher Vorgesetzter für die Auslandseinsätze auf operativer Ebene erlebe ich immer wieder, dass die Auftragserfüllung in der gesamten Bandbreite unserer Einsätze ohne die besondere Rolle der Feldjägertruppe schwerlich vorstellbar wäre. „Wenn man einem Feldjäger einen Befehl gab, war man sicher" - diesen preußischen Grundsatz kennen Sie alle, und auch ich zitiere ihn gerne, wenn ich an den elementaren Beitrag unserer Feldjäger im Einsatz denke. Angefangen von den ersten Einsätzen noch in den frühen 1990er Jahren in Somalia über die Stabilisierungsmaßnahmen in Bosnien-Herzegowina und Kosovo sowie den vielfältigen Aufgaben in Afghanistan bis hin zu der mandatierten Strafverfolgung im Kontext des aktuell laufenden, maritimen Einsatzes ATALANTA ist der Beitrag der Feldjägertruppe an der gesamten Erfüllung unseres jeweiligen Auftrags im Einsatz nicht mehr wegzudenken. Es trifft also tatsächlich zu, wie es landläufig heißt: „Überall, wo Truppe ist, ist auch ein Feldjäger." Dies bedeutet auch den Einsatz des eigenen Lebens, wie es dem Beruf des Soldaten entspricht - und in Trauer und Dankbarkeit verneige ich mich vor den in den Einsätzen der Bundeswehr gefallenen Feldjägern. Für mich als militärischen Führer stellen nicht nur, aber insbesondere auch die besonderen Fähigkeiten der Feldjäger im Bereich des militärischen Ordnungsdienstes einschließlich der Erhebungen und Ermittlungen absolut unverzichtbare Grundlagen meiner Führungsentscheidungen dar. Der Wandel unserer Bundeswehr von der reinen Landesverteidigung im Kalten Krieg hin zu Streitkräften im weltweiten Einsatz hat die Feldjägertruppe vor besonders große Herausforderungen gestellt- und die Feldjäger haben sie angenommen und bestanden, ich sehe heute und in Zukunft keine Operation zu Wasser und zu Lande und selbst keine militärische Evakuierung auf dem Luftwege, wo nicht auf so gut wie jedem Luftfahrzeug und jedem Schiff ein Feldjägerkontingent fest eingeplant ist. Ich selbst - und diese persönliche Anmerkung sei mir erlaubt - schulde „meinen" Feldjägern, die mich in den Einsätzen als treue und aufopfernde Kameraden in der Rolle der Personenschützer begleitet haben, großen Dank, den ich auch hier abstatten möchte. Es ist gut zu wissen, dass wir an dieser Stelle auf sechs überaus erfolgreiche Dekaden der Feldjägertruppe unserer Bundeswehr zurückschauen dürfen und auf eine Geschichte aufbauen können, die für die Feldjäger mit der Gründung des Reitenden Feldjägerkorps der Preußischen Armee im Jahre 1740 nun sogar 275 Jahre zurückreicht. Zu diesem doppelten Jubiläum gratuliere ich den Feldjägern im Namen des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr aus ganzem Herzen und verbinde dies mit meinem Dank und meiner vorzüglichen Wertschätzung für ihre Leistungen in sämtlichen Auslandseinsätzen, die wir bisher zu bestehen hatten und auch weiterhin zu bestehen haben werden. Fritz Generalleutnant Diese reichen von justitiablen Tatsachenfeststellungen bis hin zu Feldjägerberichten, die häufig wiederum Grundlage der Berichte an die Leitung des Bundesministeriums der Verteidigung sowie der Zusammenarbeit meiner Rechtsberater mit den Staatsanwaltschaften sind. Auch bei der Ausführung des mandatierten Auftrags, sei es bei „Crowd and Riot Control"-Operationen oder „Search and Detention", können Feldjäger von ihrer Ausbildung und den Erfahrungen in den streitkräftepolizeilichen Verwendungen im Inland profitieren. STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 22 22 23 1.7 Grußwort des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums Die Feldjäger in der Bundeswehr feiern in diesem Jahr ein doppeltes Jubiläum - 60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr und 25 Jahre Armee der Einheit. Dazu gratuliere ich herzlich. Es war eine mühsame Aufgabe, die die deutschen Polizisten und die Bundeswehrangehörigen erledigten, eine Arbeit der vielen kleinen Schritte, die mit viel Geduld und viel Zeit zum Erfolg führen sollte. Im Ergebnis wurden im Rahmen des bilateralen Polizeiprojekts German Police Project Team (GPPT) in den letzten 13 Jahren insgesamt rund 72.000 Aus- und Fortbildungs- sowie Mentoringmaßnahmen für die afghanische Polizei durchgeführt. Mit rund 157.000 ausgebildeten Polizisten war der personelle Aufbau der afghanischen Polizei 2014 abgeschlossen. Zukünftig wird sich das Engagement der Bundespolizei auf die Beratung von Entscheidungsträgern und die Fortbildung in speziellen Bereichen beschränken. Unsere beiden Organisationen, Bundeswehr sowie Bundespolizei, waren in den letzten Jahrzehnten tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. Mit dem Zusammenbruch der Berliner Mauer am 9. November 1989 entfiel für zahlreiche Grenzschützer aus Ost und West die Beschäftigungsgrundlage. Sowohl der Bundesgrenzschutz als auch die Bundeswehr hatten zudem gemeinsam mit ihren ostdeutschen Pendants die Herkulesaufgabe zu stemmen, über Nacht aus zwei Organisationen eine zu machen. Zu den verfassungsbedingt weniger ausgeprägten Berührungspunkten zwischen Bundespolizei und Bundeswehr im Inland zählen Ausbildungskooperationen, auch im Personenschutz, Einsätze in Katastrophenfällen, wie beim Hochwasser 2013, sowie ein ständiger Abgleich über Verbindungsbeamte. Unsere Organisationen verbindet eine enge Partnerschaft, die sich auch im personellen Bereich in Form von zahlreichen Wechseln von Bundeswehrangehörigen zur Bundespolizei und umgekehrt zeigt. Wir ergänzen uns mit unseren Fähigkeiten gut und können so, im In- wie auch im Ausland, optimale Ergebnisse bei unseren Einsätzen erzielen. Wie geht man mit den Angehörigen der NVA um, wie mit denen der Grenztruppen der DDR? Und dies vor dem Hintergrund einer sich grundsätzlich verändernden politischen Weltlage? Die Zusammenführungen ost- und westdeutscher Soldaten und ost- und westdeutscher Polizisten gelangen, wenn auch nicht ganz reibungslos. In jedem Fall wurden die beiden großen Organisationen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz wie der damalige Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg es einmal bezeichnete: „Schrittmacher der deutschen Einheit". Ich wünsche uns allen, dass sich die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Bundespolizei auch in Zukunft so erfolgreich weiterentwickeln wird. Mit freundlichen Grüßen Zu den notwendigen und gut gemeisterten Reformen der Bundeswehr und des damaligen Bundesgrenzschutzes gesellten sich für beide Organisationen schnell neue Herausforderungen. Seit 1989 nehmen deutsche Polizeivollzugsbeamte des Bundes und der Länder an friedenssichernden und friedenserhaltenden Einsätzen in verschiedenen Krisengebieten der Weit teil. Die Bundeswehr ist seit 1990 zunächst in humanitären, später in friedenserzwingenden Einsätzen, die zuweilen immer robuster wurden, gefordert. Dr. Dieter Romann Uns allen ist dabei vor allem der langjährige Afghanistaneinsatz vor Augen. Hier haben insbesondere die Feldjäger und die Bundespolizei durch ihren Einsatz die zivil-militärische Zusammenarbeit in einem neuen Licht erscheinen lassen. Sie kümmerten sich gemeinsam um die Ausbildung afghanischer Polizisten in den so genannten FDD Teams (Focused District Development). STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 24 24 25 1.8 Grußwort des Inspekteurs der Bereitschaftspolizeien der Länder Zum 275-jährigen Bestehen der Feldjäger und zum 60-jährigen Jubiläum der Feldjäger in der Bundeswehr übermittle ich Ihnen meinen herzlichen Glückwunsch. Bereits 1740 wurde in der damaligen preußischen Armee das Reitende Feldjägerkorps aufgestellt. Diese weitsichtige Entscheidung Friedrichs des Großen zeigt, dass Feldjäger schon damals als unverzichtbarer Teil einer funktionierenden Armee gesehen wurden. Hieran hat sich bis heute nichts geändert. Nach Unterzeichnung des Aufstellungsbefehls Nr. 1 für die Bundeswehr am 6. Oktober 1955 durch den ersten Generalinspekteur der Bundeswehr, General Adolf Heusinger, wurde in Andernach eine Lehrkompanie für die Militärpolizei aufgestellt. Ende Januar 1956 wurde der Begriff Militärpolizei durch „Feldjäger" aufgrund der den Ländern obliegenden Polizeihoheit ersetzt. Damit wurde die Traditionsbezeichnung Feldjäger wieder aufgegriffen und ist seither im Sprachgebrauch fest als „Marke" verankert. Die Feldjäger haben sich in der Bundeswehr mit ihrem inzwischen breiten Aufgabenspektrum zu einem unverzichtbaren Truppenteil entwickelt. Die Feldjägertruppe ist damit eine bedeutende Organisation im Gesamtgefüge der Bundeswehr geworden. Sie unterstützt in vielen Bereichen durch die Wahrnehmung vielfältiger militärpolizeilicher Aufgaben die Auftragserfüllung der Bundeswehr. Sie helfen beim Überwachen der militärischen Disziplin und Ordnung, sorgen für Sicherheit und sind verantwortlich für den militärischen Verkehrsdienst sowie Erhebungen und Ermittlungen, insbesondere bei Großveranstaltungen, die von der Bundeswehr ausgerichtet werden, wie zum Beispiel öffentliche Gelöbnisse, arbeiten Polizei und Feldjäger in enger Abstimmung zusammen. Gemeinsam die Sicherheit aller Teilnehmer bei derartigen Veranstaltungen zu gewährleisten, verbindet und schafft ein gemeinsames Verständnis als Basis guter Kooperation zwischen Feldjägern und Polizei. Genauso wie die Bundeswehr insgesamt, befinden sich auch die Soldaten der Feldjägertruppe seit langem regelmäßig im Auslandseinsatz und beteiligen sich an friedenserhaltenden und friedenssichernden Maßnahmen. Hierbei haben sich die Angehörigen der Feldjägertruppe insbesondere durch das Erfüllen anspruchsvoller Spezialaufgaben auch auf internationaler Ebene große Anerkennung erworben. Der insgesamt gewachsenen Bedeutung der Feldjäger wurde durch die Einrichtung des in Hannover beheimateten Kommandos Feldjäger im Jahre 2013 Rechnung getragen. Mit ihrem Einsatz leisten die Soldaten der Feldjägertruppe einen wichtigen Beitrag, die Weit ein Stück sicherer zu machen. Ich wünsche der Feldjägertruppe, die ich gemeinsam mit vielen Kollegen der Polizei in zahlreichen Einsätzen schätzen gelernt habe, für die Zukunft alles Gute und stets eine gesunde Rückkehr aus den Einsätzen. Wolfgang Lohmann Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder STREITKRÄFTE BASIS 27 1.9 Grußwort des Präsidenten der Kameradschaft der Feldjäger e.V. Liebe Leserinnen und Leser, das Jahr 2015 ist für alle aktiven und ehemaligen Soldaten, Reservisten und Freunde der Feldjägertruppe, kurz für das gesamte Feldjägerkorps ein Jahr der Jubiläen. So ist es exakt 275 Jahre her, dass Friedrich der Große am 24. November 1740 dem Oberjäger Schenck die Aufstellung einer schon bald darauf als „Feldjäger" bezeichneten neuen Truppengattung befahl, von der das Feldjägerwesen der Bundeswehr seine Namensgebung ableitet. Zugleich blicken die Feldjäger der Bundeswehr in diesem Jahr aber auch auf eine eigene bereits 60 Jahre währende Geschichte zurück, da sie zu den ersten Soldaten zählten, die am 12. November 1955 in Andernach zusammengezogen wurden und die Kadereinheiten der neu aufzustellenden bundesdeutschen Streitkräfte bildeten. Und schließlich jährt sich der Gründungstag der Kameradschaft der Feldjäger e.V. und damit desjenigen Vereins, der sich zum Ziel gesetzt hat, die aktive Feldjägertruppe mit den Mitteln einer zivilrechtlich verfassten Personenvereinigung nach besten Kräften zu unterstützen, alle Angehörigen des Feldjägerkorps auch über die aktive Dienstzeit hinaus kameradschaftlich miteinander zu verbinden sowie dazu beizutragen, Tradition und Geschichte des Feldjägerwesens zu bewahren, in diesem Jahr bereits zum 35. Mal. Anlass genug also, nicht nur zu feiern, sondern auch eine Festschrift vorzulegen, um die anstehenden Jubiläen angemessen zu würdigen. Herausgekommen ist eine - wie ich meine - sowohl für das militärische Fachpublikum als auch für den interessierten Laien ebenso informative wie spannende und lehrreiche Darstellung, die sich nicht nur - wie andere Publikationen zu ähnlichen Anlässen - darauf beschränkt, die Historie nachzuzeichnen, sondern vielmehr einen Bogen von der Vergangenheit über die Gegenwart bis hin zur Zukunft des Feldjägerwesens spannt. Dies konnte nur aufgrund der guten und engen Zusammenarbeit zwischen dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr einerseits und der Kameradschaft der Feldjäger e.V. andererseits gelingen. Für diese Zusammenarbeit bin ich als Präsident der Kameradschaft der Feldjäger e.V. dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr ausgesprochen dankbar und hoffe, dass sie sich auch zukünftig weiterhin so fruchtbar gestaltet, wie dies durch die Herausgabe der vorliegenden Festschrift exemplarisch verdeutlicht wird. Der Festschrift selbst wünsche ich eine weite Verbreitung und eine positive Resonanz der hoffentlich zahlreichen Leserschaft. Ihr Dr. Peter Schütz Präsident der Kameradschaft der Feldjäger e.V. STREITKRÄFTE BASIS 29 2 Die Feldjäger der Bundeswehr 2.1 Die Gründung der Feldjägertruppe und ihre Namensgebung 2.2 Die Entwicklung der Feldjägertruppe in der Bundeswehr STREITKRÄFTE BASIS 31 2 Die Feldjäger der Bundeswehr 2.1 Die Gründung der Feldjägertruppe und ihre Namensgebung Oberstlt d.R. Dr. Peter Schütz, Präsident der Kameradschaft der Feldjäger e.V. Die Feldjägertruppe ist die Militärpolizei der Bundeswehr. Diese scheinbar banale Erkenntnis ist keineswegs so selbstverständlich, wie es zunächst den Anschein haben mag. Denn dass es sich bei der Feldjägertruppe um eine Truppengattung handelt, die militärpolizeiliche Aufgaben wahrnimmt, ist weder dem militärisch nicht vorgebildeten Betrachter noch den an die Bezeichnung „Militärpolizei“ gewöhnten Angehörigen der verbündeten Die Rechtsstellung der geplanten Militärpolizei Streitkräfte in der NATO auf den ersten Blick ersichtlich.1 Die durch diesen Befund aufgeworfene Frage, wie es dazu kommen konnte, dass die für die Aufstellung der Bundeswehr verantwortlichen Planer im Bundesministerium der Verteidigung nicht den Begriff „Militärpolizei“, sondern die Bezeichnung „Feldjäger“ für die neu zu schaffende militärische Ordnungstruppe auswählten, lässt sich nur im Wege eines Rückblicks auf die Frühzeit der bundesdeutschen Verteidigungsplanungen beantworten. Die Planungen für die europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) und ihre Auswirkungen auf die deutsche Bezeichnung für die geplante militärische Ordnungstruppe Nachdem sich die anfänglich vollständig ablehnende Haltung der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges gegenüber einer deutschen Wiederbewaffnung, die ihren sichtbarsten Ausdruck in den alliierten Rechtsetzungsakten zur Entmilitarisierung Deutschlands2 gefunden hatte, unter dem Eindruck des Kalten Krieges und der Verschärfung des Ost-West-Konfliktes schon bald nach Inkrafttreten des Grundgesetzes gewandelt hatte und der zunehmenden Befürwortung einer deutschen Wiederbewaffnung durch das westliche Ausland gewichen war,3 gab der französische Ministerpräsident Pleven am 24. Oktober 1950 vor der Nationalversammlung eine Regierungserklärung ab, die die Grundlage für den Entwurf einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) bildete. Dieser sogenannte „Pleven-Plan“ sah die Schaffung von gemeinsamen europäischen Streitkräften vor, innerhalb welcher keine nationalen militärischen Verbände mehr bestehen, sondern alle Verbände europäisch sein sollten.4 Dementsprechend waren auch in der Bundesrepublik die Verteidigungsplanungen der Jahre 1950 bis 1954 ausschließlich auf die Organisation des deutschen Beitrags zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft ausgerichtet. 1 So auch Raap, Christian: „Umbenennung der Feldjägertruppe in ‚Militärpolizei‘?“, NZWehrr 1997, S. 199. 2 Vgl. Alliierte Kontrollratsproklamation Nr. 2 vom 20.09.1945, Amtsblatt der Militärregierung Deutschland - Britisches Kontrollgebiet (nachfolgend: Amtsbl.) Nr. 5, S. 27; Kontrollrats Direktive Nr. 18 vom 12.11.1945, Amtsbl. Nr. 9, S. 190; Kontrollratsgesetz Nr. 34 vom 20.08.1946, Amtsbl. Nr. 13, S. 295. 3 Ausführlich: Hahnenfeld, Günter: „Wehrverfassungsrecht“, Hamburg/ Berlin 1964, S. 35 f. 4 Vgl. Art. 9 und 15 EVG-Vertrag (BGBl. II 1954, S. 342) und ausführlich: Scheuner, Ulrich: „Beitritt der Bundesrepublik zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft und Grundgesetz. Rechtsgutachten“, (Bonn), 1952, S. 6 ff. 5 Stellungnahme der deutschen Delegation der Section 1/I zum Schreiben CM/Org/ll/168 vom 05.05.1953, Bundesarchiv-Militärarchiv (nachfolgend: BA-MA), Signatur BW 9/1578, Bl. 167. Dabei musste man sich schon sehr frühzeitig mit der Frage einer militärischen Ordnungstruppe befassen, da sowohl das ergänzend zum EVGVertrag ausgehandelte „Justizprotokoll“ in Art. 30 Ziffer 8 als auch das ‚Abkommen über die Rechtsstellung der europäischen Verteidigungsstreitkräfte“ in Art. 5, § 2 die Aufstellung einer solchen Truppengattung vorsah.5 Der in den genannten Abkommen verwendete Begriff für diese militärische Ordnungstruppe lautete „police militaire“. Das hatte dann beinahe zwangsläufig zur Folge, dass sich alsbald auch im Sprachgebrauch der deutschen Aufstellungsplanungen für den Beitrag zur Europäischen Verteidigungsgemeinschaft der Name „Militärpolizei“ durchsetzte. STREITKRÄFTE BASIS 32 Die demzufolge allgemein als „Militärpolizei“ bezeichnete Ordnungstruppe der geplanten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft sollte auch nach den Vorstellungen der deutschen Delegation im Planungsstab polizeiliche Aufgaben in einem umfassenden Sinne wahrnehmen. Vorgesehen war nämlich nicht nur eine Aufgabenzuweisung auf dem Gebiet des militärischen Ordnungsdienstes. Vielmehr sollten spezielle Einheiten der Militärpolizei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (die sogenannten „circulation routière“) auch mit Befugnissen zur Regelung des zivilen Straßenverkehrs ausgestattet werden6 und damit eine Tätigkeit ausüben, die nach deutschem Recht materiell immer eine Polizeiaufgabe ist. Darüber hinaus sahen die Planungen auch die Mitwirkung der Militärpolizei im Bereich der zivilen Strafverfolgung vor.7 Zu diesem Zweck sollten den Militärpolizisten im Dienst gegenüber allen Angehörigen der Streitkräfte ohne Differenzierungen nach Dienstgraden die im Einzelnen genau festgelegten Befugnisse eines Hilfsbeamten der Wehrstaatsanwaltschaft, die in der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft auch im Frieden vorgesehen war8, verliehen werden. Gegenüber Zivilpersonen, die bestimmte strafbare Handlungen wie etwa Sabotage oder Beschädigung von Einrichtungen der Streitkräfte begingen, war schließlich sogar vorgesehen, dass die Militärpolizisten der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft die Rechtsstellung der damals noch so bezeichneten „Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft"9 (§ 152 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes) mit allen sich daraus in den einzelnen Mitgliedsländern ergebenden Befugnissen10 erhalten sollten.11 6 Vortragsnotiz des G1/Paris vom 07.05.1953, BA-MA, Signatur BW 9/1578, Bl. 16 7 Stellungnahme der deutschen Delegation der Section 1/l, a.a.O. (s.o. Fn. 5), Bl. 168. 8 Zu dieser Zeit enthielt das Grundgesetz noch nicht die Ermächtigung zur Errichtung von Wehrstrafgerichten für die nationalen Streitkräfte, bei denen eine Wehrstaatsanwaltschaft hätte tätig sein können. Dieser Ermächtigung bedurfte es vielmehr überhaupt erst nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Daher ist sie erst durch das „Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes“ vom 19.03.1956 (BGBl. I 1956, S. 111) als Art. 96 a (heute Art. 96 Abs. 2 GG) in das Grundgesetz eingefügt worden. Danach können Wehrstrafgerichte für die Streitkräfte durch Bundesgesetz errichtet werden, die jedoch im Frieden die Strafgerichtsbarkeit lediglich über solche Angehörige der Streitkräfte ausüben können, die in das Ausland entsandt oder an Bord von Kriegsschiffen eingeschifft sind. Indessen hat der Bundesgesetzgeber von der ihm in Art. 96 Abs. 2 GG eingeräumten Befugnis keinen Gebrauch gemacht, so dass eine Wehrstaatsanwaltschaft in Deutschland bis zum heutigen Tag nicht existiert. Hiervon zu unterscheiden sind die Wehrdiszipli- naranwälte bei den Truppendienstgerichten bzw. der Bundeswehrdisziplinaranwalt beim Bundesverwaltungsgericht, die von § 81 Abs. 1 und 3 WDO vorgesehen sind, denn die Wehrdienstgerichte des Bundes basieren nicht auf Art. 96 Abs. 2 GG, sondern gehen auf Art. 96 Abs. 4 GG zurück. Sie sind von der deutschen Delegation in ihrer Stellungnahme (a.a.O., s. o. Fn. 5) auch nicht gemeint. 9 Seit dem 30. August 2004 wird stattdessen im Gerichtsverfassungsgesetz ebenso wie in der Strafprozessordnung der Begriff der „Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft“ verwendet, ohne dass mit diesem Wechsel in der Bezeichnung inhaltliche Veränderungen verbunden gewesen sind. 10 In Deutschland waren das nach der Strafprozessordnung in der damals gültigen Fassung: Anordnung einer körperlichen Untersuchung eines Beschuldigten, § 81 a StPO, oder eines Unverdächtigen, § 81 c StPO; Anordnung einer Beschlagnahme, § 98 Abs. 1 StPO; Anordnung einer Durchsuchung, § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO. 11 Vgl. die „Studie über die Forderungen hinsichtlich der Rechtsstellung der Militär-Polizei“ vom 04.03.1953, BA-MA, Signatur BW 9/1578, Bl. 104. Die Verteidigungsplanungen der Bundesrepublik nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Indessen scheiterte das Vorhaben der Aufstellung einer europäischen Verteidigungsgemeinschaft, weil die französische Nationalversammlung den zu diesem Zweck geschlossenen Verträgen am 25. Oktober 1954 die Ratifikation verweigerte. Nunmehr musste die Bundesrepublik ihre Absichten hinsichtlich einer Wiederbewaffnung ändern und die Errichtung einer nationalen Armee in Angriff nehmen. Aus naheliegenden Gründen der Planungseffizienz griff man dabei aber so weit als möglich auf die mit Blick auf die Europäische Verteidigungsgemeinschaft geleisteten Vorarbeiten zurück. STREITKRÄFTE BASIS 32 33 Headline Headline Die Planungen für den militärischen Ordnungsdienst der Bundeswehr: Die Friedensorganisation Für den militärischen Ordnungsdienst hieß dies zunächst, dass die künftige Bundeswehr ebenso, wie es schon die Planungen für die Europäische Verteidigungsgemeinschaft vorgesehen hatten,12 auch im Frieden eine dafür zuständige Truppengattung aufweisen sollte. Neben den anlässlich der Verhandlungen mit den Partnern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft gewonnenen Einsichten in die Notwendigkeit einer solchen Truppe waren dafür auch die Erfahrungen, die im Zweiten Weltkrieg mit den nur im Kriegsfall bestehenden Ordnungstruppen gemacht worden waren, ausschlaggebend. Danach war klargeworden, dass ein moderner Krieg eine bereits im Frieden geübte und auf ihre kriegsbedingten Aufgaben vorbereitete Truppe erforderte, die Ordnung und Disziplin aufrechterhalten, den umfangreichen Verkehrsdienst versehen und Sicherheitsaufgaben zuverlässig wahrnehmen konnte.13 So hatte es sich etwa beim Einsatz der Feldgendarmerie im Zweiten Weltkrieg nachteilig bemerkbar gemacht, dass ihre Angehörigen vor dem Kriegsausbruch lediglich bei einigen wenigen Großmanövern mit der Art ihrer militärischen Verwendung in Berührung gekommen waren. Das hatte nämlich nicht nur dazu geführt, dass die Feldgendarmen nur unzureichend auf ihre Aufgaben vorbereitet waren und die notwendigen Kenntnisse über die Eigenarten und Erfordernisse der Streitkräfte sowie über die kriegsbedingten Schwierigkeiten des militärischen Straßenverkehrs erst im Laufe des Krieges erwerben mussten.14 Vielmehr war damit umgekehrt auch eine die zweckmäßige Verwendung der Feldgendarmerie erheblich behindernde Unkenntnis der Einsatzmöglichkeiten dieser Truppengattung bei den übrigen Streitkräften im Allgemeinen und der 12 Vgl. zur geplanten Friedensorganisation der Militärpolizei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft die bereits erwähnte Vortragsnotiz des G1/Paris vom 07.05.1953, a. a. O. (s. o. Fn. 6), passim. 13 Böckle, Karlheinz: „Feldgendarmen. Feldjäger. Militärpolizisten. Ihre Geschichte bis heute“, Stuttgart, 1987, S. 195. 14 Weitere Schwierigkeiten, die aus der Kaderung der Feldgendarmerie resultierten, führt Boßbrügge, Herbert: „Zum Aufsatz ,Die Feldgendarmerie‘ von A. Sehrt“, in: „Wehrkunde“, Jahrgang 1955, S. 453, an und folgert daraus sogar, dass der Feldgendarmerie während des gesamten Krieges das improvisorische Wesen eigen gewesen sei. Truppenführung im Besonderen verbunden.15 Entscheidend aber dürfte für die friedensmäßige Einplanung eines Ordnungsdienstes in der Bundeswehr diejenige Überlegung gewesen sein, die der Berichterstatter des Verteidigungsministeriums in der 52. Sitzung des Bundestagsausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit (später Verteidigungsausschuss genannt) am 13. Oktober 1955 vorgetragen hat, als sich einige Ausschussmitglieder darüber wunderten, dass im Gegensatz zur Situation in der Wehrmacht nunmehr eine militärische Ordnungstruppe auch in Friedenszeiten für erforderlich gehalten wurde. Danach wurde es im Verteidigungsministerium als unausweichlich eingeschätzt, dass es in Standorten, in denen deutsche Soldaten gemeinsam mit Angehörigen der in Deutschland stationierten ausländischen Streitkräfte untergebracht waren, zu Zusammenstößen kommen würde. Ein wirksames Einschreiten in diesen Fällen erforderte aber nach der Überzeugung des Verteidigungsministeriums, insbesondere im Hinblick auf die Tatsache, dass gerade die ausländischen Soldaten den Begriff „Militärpolizei“ schon seit Jahren oder vielleicht sogar Jahrzehnten gewöhnt waren, das Auftreten eines Militärpolizisten, der sich „gewissermaßen ausweist, dass er zu Recht eingreift“.16 Aus diesen Gründen wurde das Bestehen einer militärischen Ordnungstruppe auch im Frieden eingeplant. Dabei ging man davon aus, dass diese Truppe schon aus den ersten Soldaten, die aufgrund des „Freiwilligengesetzes“ vom 23. Juli 195517 die Kadereinheiten für die neu aufzustellenden deutschen Streitkräfte bildeten, formiert werden sollte, da zumindest die Einsatzbereitschaft einiger Gruppen erwünscht war, sobald die personelle Auffüllung der Bundeswehr in größerem Umfang vorangetrieben würde.18 15 Sehrt, A.: „Die Feldgendarmerie“, in: „Wehrkunde“, Jahrgang 1955, S. 302. 16 Stenographisches Protokoll der 52. Sitzung des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit am 13.10.1955, S. 9 und S. 31 f., Parlamentsarchiv des Deutschen Bundestags. 17 BGBl. I 1955, S. 449. 18 Stenographisches Protokoll der 52. Sitzung des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit am 13.10.1955, S. 31, a.a.O. (s.o. Fn. 16) STREITKRÄFTE BASIS 34 Dementsprechend sahen sowohl die Aufstellungsweisung Nr. 1 des Verteidigungsministers Blank vom 4. Oktober 195519 als auch der zur Ausführung dieser Weisung von General Heusinger am 6. Oktober 1955 erlassene Aufstellungsbefehl Nr. 120 zum 1. Januar 1956 bereits die Bildung ei- ner Militärpolizei-Lehrkompanie in Andernach vor, die die heeresübliche Gliederung mit sechs Offizieren, 137 Unteroffizieren und 33 Mannschaften aufweisen sollte. Damit zählte die Feldjägertruppe zu den ersten fünf Lehreinheiten des neu aufzustellenden Heeres. Abb. 1 Erster Besuch Konrad Adenauer bei den Streitkräften in Andernach am 20. Januar 1956 Die „Entpolizeilichung“ der Aufgaben Indessen begnügte sich der Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit in der vorerwähnten Sitzung nicht damit, den Berichterstatter des Verteidigungsministeriums lediglich nach der Friedensorganisation der geplanten Ordnungstruppe zu befragen, sondern wollte darüber hinaus auch noch über die ihr zugedachten Aufgaben informiert werden. Hierzu führte der Berichterstatter des Verteidigungsministeriums daraufhin wörtlich aus:21 „Es ist ganz klar unterschieden zwischen der Aufgabe im Frieden - das ist eine reine Aufgabe der Aufrechterhaltung der Ordnung der eigenen Truppe - und der Aufgabe im Kriege, wo insbesondere im Feindesland möglicherweise weitere Aufgaben hinzukommen, die dann eine gewisse Parallele zu normalen Polizeibefugnissen haben können. Im Frieden hat diese [...] Militärpolizei keine Hoheitsrechte sondern ist nur ein internes Organ zur Aufrechterhaltung der Disziplin: das wären also ,Streifendienst‘ und ähnliche Dinge. Die zweite Aufgabe ist die der Verkehrsregelung z. B. bei Marschbewegungen. Da ist ein verkehrspolizeiliches Recht gegenüber der eigenen Truppe gegeben, nicht aber das ergänzende verkehrspolizeiliche Recht gegenüber Zivilfahrzeugen. Das muss bei einem solchen Manöver vorher vereinbart sein und z. B. in der Form der vorübergehenden Sperrung einer Straße durch die zuständige Polizei gemacht werden. 19 BA-MA, Signatur BW 2/5143, Bl. 68 f. 20 BA-MA, Signatur BW2/5143, ohne Blattangabe. 21 Sitzungsprotokoll, a.a.O. (s. o. Fn. 16), S. 29 bis 31. STREITKRÄFTE BASIS 34 35 Headline [...]. Eine dritte mögliche Aufgabe besteht für die Militärpolizei darin, dass man für vorübergehende Aufgaben rasch eine Truppe zur Verfügung hat, die zu der einen oder anderen Bewachungsaufgabe eingesetzt wird.“ Vergleicht man die mit diesen Äußerungen nur kursorisch umrissenen Aufgaben und Befugnisse, die für die Militärpolizei der Bundeswehr vorgesehen worden waren, mit denen, die die Militärpolizei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft hätte erhalten sollen, so fällt die starke Restriktion auf, die in dieser Hinsicht in den Planungen eingetreten ist und die sich am ehesten mit dem Schlagwort „Entpolizeilichung"22 umschreiben lässt. Headline Jegliche über den Bereich der eigenen Streitkräfteorganisation hinausreichende polizeiliche Funktion und Kompetenz, die noch für die Militärpolizei der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft vorgesehen war, ist der Militärpolizei der Bundeswehr in diesem Stadium der Vorbereitung für die Aufstellung der bundesdeutschen Streitkräfte genommen worden. Es handelte sich bei der Militärpolizei jetzt nicht mehr um eine Polizeitruppe in dem Sinne, dass ihr auch allgemeinpolizeiliche Aufgaben und Befugnisse übertragen waren, sondern vielmehr nur noch um ein Instrument der Stäbe und Kommandobehörden zur Truppenführung.23 Die Entwicklung der Namensgebung der Feldjägertruppe in den Jahren 1955/56 Dessen ungeachtet wurde die Bezeichnung der neuen Ordnungstruppe der Bundeswehr als „Militärpolizei“ zunächst unverändert beibehalten. Eine Hinterfragung dieser Namensgebung durch die verantwortlichen Planer im Verteidigungsministerium lässt sich in den überlieferten Akten für diesen Zeitpunkt nicht nachweisen. Im Gegensatz dazu gab sich der Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit in seiner schon erwähnten 52. Sitzung am 13. Oktober 1955 mit dem Begriff der „Militärpolizei“ nicht mehr zufrieden und sprach sich ausdrücklich dagegen aus. Abgesehen davon, dass die Bezeichnung als Militärpolizei für eine Truppengattung, die überhaupt keine polizeilichen Aufgaben wahrnehmen sollte, den Ausschussmitgliedern widersinnig vorkam,24 22 Der Begriff „Entpolizeilichung“ wird im allgemeinen in einem anderen Zusammenhang verwendet. Danach kennzeichnet er die aufgrund besatzungsrechtlicher Anordnungen in der amerikanischen und britischen Besatzungszone seit 1946 vollzogene Abtrennung zahlreicher Verwaltungsaufgaben der gefahrenabwehrenden Verwaltung von der Zuständigkeit der Polizeibehörden. Hier wird der Begriff hingegen umgekehrt dazu verwendet zu verdeutlichen, dass der Militärpolizei nach dem Scheitern der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft Aufgaben und Befugnisse entzogen wurden, die auch nach der heute gültigen Definition des Polizeibegriffs noch als „polizeilich“ bezeichnet werden. 23 Vgl. Hommer, Dieter: „Die Führungstruppen des Heeres“, in: „Kampftruppen“, Jahrgang 1977, Heft 6, S. 201; Wagner, P./ Gutsfeld, Wolfgang: „Freunde und Helfer. Feldjägertruppe im Porträt“, in: „Truppenmagazin - Heer“, Jahrgang 1974, Heft 10, S. 16; vgl. dazu auch die Nr. 422 und 436 der früheren HDv 100/100 „Truppenführung“. 24 Sitzungsprotokoll, a.a.O. (s. o. Fn. 16), S. 32. waren für dieses Votum auch Gründe der deutschen Militärtradition ausschlaggebend, denn eine als Militärpolizei bezeichnete Truppe stellte ein Novum in der deutschen Heeresgeschichte dar. Dementsprechend führte ein Abgeordneter auch aus, er halte den Ausdruck „Militärpolizei“ nicht für glücklich, „weil die Bezeichnung ‚Militärpolizei‘ uns überhaupt fremd ist - sie klingt so amerikanisch [...]“.25 Schließlich fürchteten die Ausschussmitglieder noch, dass die Bezeichnung „Militärpolizei“ zur Begriffsverwirrung beitragen könne, da nach der Verfassung der Bundesrepublik die Polizei nun einmal reine Hoheitsaufgabe der Länder sei.26 Obwohl der Ausschuss sich darüber im Klaren war, dass nach der geplanten Ausgestaltung der Rechtsstellung der Militärpolizei ein Eingriff in Be25 A. a. O. (s.o. Fn. 16), S. 28. 26 A. a. O. (s.o. Fn. 16), S. 28; die hier vom Ausschuss geäußerte Ansicht, das Grundgesetz behalte die Polizeihoheit ausschließlich den Ländern vor, ist in dieser Allgemeinheit allerdings nicht zutreffend, da der Bund eine ganze Reihe spezieller polizeilicher Zuständigkeiten besitzt. Neben einzelnen im Grundgesetz ausdrücklich aufgeführten Gesetzgebungszuständigkeiten des Bundes im Bereich der ausschließlichen ebenso wie auf dem Gebiet der konkurrierenden und der Rahmen-Gesetzgebungskompetenz ist insoweit insbesondere darauf zu verweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (seit BVerfGE 3, 407, 433 und 8, 143, 149 f.) jede Zuweisung einer Gesetzgebungskompetenz zugleich als Annex- Kompetenz auch die Befugnis mit einschließt, innerhalb des betreffenden Sachgebietes auch polizeiliche Fragen zu regeln. Schließlich gibt es auch - wenngleich in weit geringerem Umfang - Bundeskompetenzen zur Errichtung von Polizeibehörden (z. B. in Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG). STREITKRÄFTE BASIS 36 fugnisse der Länder nicht zu besorgen war, wollte er schon im Ansatz das Aufkommen des Verdachts verhindern, die Bundesrepublik schaffe sich auf dem Umweg über die Bundeswehr nach dem durch das Gesetz vom 16. März 195127 gegründeten Bundesgrenzschutz eine weitere Bundespolizei und umgehe damit die im Grundgesetz verankerte föderative Struktur der Polizei.28 sich folgerichtig am 17. Januar 1956 auch folgender Eintrag: "Besprechung IV A: [...]. Der Verteidigungsausschuss hat sich gegen den Begriff der Militärpolizei gewandt. Nun wird dafür die Bezeichnung 'Feldjäger' verwendet".29 Dieser kritischen Argumentation des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit schloss sich nunmehr auch das Verteidigungsministerium an: im Textband des Tagebuchs des Referats IV V Min (Bl) 2 des Bundesverteidigungsministeriums findet Die Entwicklung der Namensgebung der Feldjägertruppe endet dann schließlich offiziell mit der Anordnung des Staatssekretärs Dr. Josef Rust vom 30. Januar 1956, wonach der bisher angewandte Begriff "Militärpolizei" ab sofort durch die Bezeichnung "Feldjägertruppe" zu ersetzen war.30 27 BGBl. I 1951, S. 201. 28Diese rücksichtsvolle Haltung gegenüber potentiellen Empfindlichkeiten der Länder in Bezug auf ihre Polizeihoheit musste dem Ausschuss schon deshalb angezeigt erscheinen, weil der Widerstand der Länder gegen die Errichtung des Bundesgrenzschutzes in den Jahren 1950 und 1951 zeitweise nahezu unüberwindlich gewesen war, vgl. Ehlert, Hans / Greiner, Christian / Meyer, Georg / Thoß, Bruno: „Die NATO-Option", in: „Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945 - 1956", hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Band 3, München, 1993, S. 476 m.w.N. in Fn. 210, sowie den im Bundeskanzleramt zum internen Gebrauch erstellten "Abriss über die Geschichte des Bundesgrenzschutzes", Bundesarchiv, Signatur B 136/1929, Bl. 167. Noch im Jahre 1956, als mit dem "Zweiten Gesetz über den Bundesgrenzschutz" vom 30. Mai 1956 (BGBl. I 1956, S. 436) die weitgehende Heranziehung der Grenzschutzangehörigen zum Zwecke eines beschleunigten Aufbaus der Streitkräfte angestrebt wurde, der Bundesgrenzschutz gemäß § 4 des Gesetzes aber dennoch weiter bestehen und personell wieder aufgefüllt werden sollte, gab es Versuche einzelner Länder, die ungeliebte Bundespolizei wieder abzuschaffen (Ehlert/Greiner/Meyer/Thoß, a.a.O., S. 479; "Abriss über die Geschichte des Bundesgrenzschutzes", a.a.O., Bl. 170 f.). So führte der Vertreter des Landes Hessen, unterstützt durch die Vertreter der Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern, schon in der 137. Sitzung des Bundesratsausschusses für Innere Angelegenheiten am 14./15. Dezember 1955 aus, die Aufgaben des Bundesgrenzschutzes "einschließlich der Passnachschau könnten künftig auch von der Landespolizei wahrgenommen werden, was eine Verstärkung der Bereitschaftspolizeien der Länder bedingen würde". Er schlug daher vor, den Bundesgrenzschutz aufzuheben und seine bei Aufstellung der Streitkräfte noch verbleibenden Angehörigen in die Bereitschaftspolizeien der Länder zu überführen (Niederschrift über die 137. Sitzung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten am 14./15. Dezember 1955, S. 26, in: Gesetzesdokumentation Nr. 392/55, Archiv des Bundesrats). Im Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit begründete das Land Hessen diesen Vorschlag dann ausdrücklich damit, dass "die bisherige Durchlöcherung der Polizeihoheit der Länder" bedenklich genug erscheine (Niederschrift über die 9. Sitzung des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit des Bundesrats am 16. Dezember 1955, S. 3, a.a.O.). Indessen wurde der Vorschlag des Landes Hessen schon vom Innenausschuss des Bundesrats in der zuvor erwähnten Sitzung gegen die Stimmen der Vertreter von Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen bei Stimmenenthaltung der Vertreter von Berlin und Baden-Württemberg abgelehnt (Sitzungsniederschrift, a.a.O., S. 29). Auch im Plenum des Bundesrats fand der Antrag des Landes Hessen (BR-Drucks. 392/2/55, a.a.O.) in erster Lesung am 21. Dezember 1955 keine Mehrheit (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Bundesrates, 151. Sitzung am 21. Dezember 1955, S. 385 (D)). Obwohl sich in der Folgezeit auch die Bundestagsabgeordneten der SPD sowohl in den Beratungen des Bundestagsausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung am 11. April 1956 als auch im Plenum des Bundestags (vgl. z.B. die Rede des Abgeordneten Eschmann, Stenographische Berichte der Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 2. Wahlperiode, 145. Sitzung, S. 7657 (B)) der Auffassung anschlossen, dass der Bundesgrenzschutz aufgelöst werden müsse, weil ihm nach der Gründung der Bundeswehr nur noch polizeiliche Aufgaben verblieben, für deren Wahrnehmung der Bund aber nicht zuständig sei (so die in der 22. Sitzung des Ausschusses für Angelegenheiten der inneren Verwaltung des Bundestags am 11. April 1956 unter Zustimmung der SPD gewählte Formulierung des anwesenden Vertreters des Landes Bayern, vgl. das Stenographische Protokoll dieser Sitzung, S. 9, a.a.O.), blieb der Bundesrat auch in letzter Lesung bei seiner Ablehnung des nochmals gestellten hessischen Antrags (BR-Drucks. 188/1/56, a.a.O.) und beschloss dementsprechend, den Antrag gem. Art. 77 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu stellen und damit auf eine Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzichten (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Bundesrates, 159. Sitzung am 18. Mai 1956, S. 164 (A)). Auch der Bundestag verabschiedete das Gesetz mit den Stimmen der Mehrheitsfraktionen (Stenographische Berichte der Verhandlungen des Deutschen Bundestags, 2. Wahlperiode, 145. Sitzung, S. 7660 (D)). Zwar blieb damit der Bundesgrenzschutz erhalten, doch zeigt der erhebliche Widerstand einiger Länder gegen die Existenz einer Bundespolizei, dass der Ausschuss für Fragen der europäischen Sicherheit zu Recht befürchtete, die Bezeichnung "Militärpolizei" könne zu einer Beunruhigung der Länder führen. Raap, a.a.O. (s.o. Fn. 1), S. 202, hat sogar noch im Jahre 1997 die Ansicht vertreten, dass auch heute noch eine etwaige Umbenennung der Feldjägertruppe der Bundeswehr in "Militärpolizei" ablehnende Reaktionen der Länder hervorrufen könnte. 29BA-MA, Signatur BW 9/2527-8, Bl. 16. 30BA-MA, Signatur BW 1/1040, Bl. 10. Damit hatte man indessen ebenfalls einen Begriff gewählt, der der deutschen Polizeigeschichte nicht völlig fremd war. So waren beispielsweise bereits kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges zahlreiche Unteroffiziere und Mannschaften aller Truppengattungen des Heeres unter der Bezeichnung "Hilfsfeldjäger", die in einer in den Kriegs-Korps- Verordnungsblättern Ende 1917 erschienenen Dienstanweisung offiziell übernommen wurde, zur Bekämpfung des Lebensmittel-Schleichhandels auf das Land abkommandiert worden. Obgleich demnach auch der Name "Feldjäger" schon früher polizeiliche Bezüge aufgewiesen hatte, waren diese doch nur sehr schwach ausgeprägt und fanden sich lediglich an so versteckten Stellen der deutschen Polizeigeschichte, dass eine Beunruhigung der Länder im Hinblick auf eine etwaige Beschneidung ihrer Polizeihoheit keinesfalls im gleichen Maße zu besorgen war, wie es bei der Wahl der Bezeichnung "Militärpolizei" der Fall gewesen wäre. STREITKRÄFTE BASIS 36 37 Headline Headline Das preußische Reitende Feldjägerkorps als Leitbild der Namensgebung der Feldjägertruppe der Bundeswehr Damit steht zwar der äußere Ablauf der Namensgebung der Feldjägertruppe der Bundeswehr fest. Auf welche Art und Weise der Gedanke aufgekommen ist, die künftige Ordnungstruppe der Bundeswehr „Feldjäger" zu nennen, lässt sich dem heute noch zugänglichen Quellenmaterial indessen nicht entnehmen. Berichten aus den Kreisen der ersten Offiziere der „MilitärpolizeiLehrkompanie" in Andernach zufolge hat jedoch das Verteidigungsministerium die zuständigen Referenten im Ministerium und die Offiziere der Lehrkompanie kurzfristig dazu aufgefordert, unverzüglich einen neuen Namen für die Ordnungstruppe der Bundeswehr zu suchen, nachdem die Bezeichnung als „Militärpolizei" durch das Votum des Verteidigungsausschusses obsolet geworden war. In stundenlangen Diskussionen einigten sich die Teilnehmer des vom Ministerium eingesetzten Gesprächskreises dann schließlich darauf, den Namen „Feldjäger" vorzuschlagen. Mit der Annahme dieses Vorschlags und der nachfolgenden entsprechenden Umbenennung der Ordnungstruppe der Bundeswehr hat das Verteidigungsministerium an die Bezeichnung anderer Truppengattungen angeknüpft, die in der preußischdeutschen Heeresgeschichte schon einmal den Namen „Feldjäger" getragen haben. So hat es Feldjägertruppen in Hessen, Bayern, Österreich und insbesondere in Preußen gegeben, wo in Gestalt des Reitenden Feldjägerkorps und des Feldjägerregiments zu Fuß gleich zwei Namensvorläufer der BundeswehrFeldjäger existiert haben. Auch in späteren Zeiten hat es immer wieder Truppenteile gegeben, die die Bezeichnung „Feldjäger" führten. Gleichwohl war von Anfang an allein das preußische Reitende Feldjägerkorps das Leitbild für die Namensgebung der neuen Ordnungstruppe der Bundeswehr, wie sich einer Stellungnahme des Bundesverteidigungsministeriums vom 11. November 1958 entnehmen lässt, in der es wörtlich heißt: „Bei der Schaffung der Feldjägertruppe der Bundeswehr 1956 war nicht an eine Polizei-Funktion dieser Truppe gedacht." Nach ihrem Auftrag und entsprechenden Bestimmungen der Vorschrift „Die Feldjägertruppe" ist sie Ordnungs- und Marschregelungstruppe der Bundeswehr und Führungsorgan der Kommandobehörden des Heeres. Dabei obliegen ihr in erster Linie folgende Aufgaben: •Den flüssigen Ablauf militärischer Marschbewegungen sicherzustellen, •Marschstraßen zu erkunden und zu kennzeichnen, •Kuriere zu stellen usw. Fast die gleichen Aufgaben sind in der Stiftungsurkunde des „Reitenden Feldjägerkorps“ durch Friedrich II. im Jahre 1740 zu lesen. Die Aufgabenstellung zeigt also durchaus eine gewisse Wesensverwandtschaft. Selbst die Personalauswahl trifft in zeitbedingter Abänderung für die heutige Feldjägertruppe als Elite-Einrichtung zu. Aus diesen Gründen schien bei einem militärgeschichtlichen Rückblick auf die Vorgänger dieser Truppe die Bezeichnung „Feldjäger" zutreffend.31 In geradezu diametralem Gegensatz hierzu stand indessen die Einschätzung der Akademischen Vereinigung Feldjäger an der Georg-AugustUniversität in Göttingen und des Feldjägervereins e.V., die beide satzungsgemäß noch heute die akademische Tradition des preußischen Reitenden Feldjägerkorps fortführen. So hatte der Vorstand des Feldjägervereins e.V. der beabsichtigten Umbenennung der künftigen Ordnungstruppe der Bundeswehr in „Feldjägertruppe" schon sehr frühzeitig nachdrücklich widersprochen und seinen Standpunkt am 25. September 1958 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung in einer Denkschrift zusammengefasst, in der unter Darlegung der geschichtlichen Entwicklung des Reitenden Feldjägerkorps und seiner studentischen Nachfolge-Organisationen die Auffassung vertreten wurde, dass der „personelle und organisatorische Aufbau des ehemaligen Preuß. Reitenden Feldjägercorps und seine Zweckbestimmung 31Abgedruckt in: Knigge, Wolfgang / Möhring, Karl: „Die Geschichte der Akademischen Vereinigung Feldjäger an der Georg August - Universität Göttingen und des Feldjägervereins 1945 - 1970", Göttingen, 1990, Anlage 7, S. 249. Welcher dieser beiden divergierenden Ansichten letztlich zuzustimmen ist, kann im hier interessierenden Zusammenhang ebenso wenig abschließend geklärt werden wie die Frage, ob sich das Bundesministerium der Verteidigung bei der Umbenennung der künftigen Ordnungstruppe der Bundeswehr zu Recht am Vorbild des preußischen Reitenden Feldjägerkorps orientiert hat oder ob nicht doch die Anknüpfung an die Tradition einer anderen Truppengattung als Namensvorläufer naheliegender gewesen wäre. Festgehalten werden kann jedoch, dass das preußische Reitende Feldjägerkorps zwar ganz zweifellos keine militärpolizeiliche Truppengattung im eigentlichen Sinne gewesen ist, jedoch mit Blick auf das Spektrum seiner Aufgaben und Befugnisse eine beachtliche Anzahl von Berührungspunkten mit der Feldjägertruppe der Bundeswehr aufgewiesen hat. der Bundeswehr militärpolizeiliche Tätigkeiten zu assoziieren. Vor diesem Hintergrund war zwar mit der Wahl der Bezeichnung „Feldjäger" für die neue Ordnungstruppe der Bundeswehr zwangsläufig eine Abkehr von der herkömmlichen Art der Bezeichnung der Militärpolizei in den preußischdeutschen Streitkräften als „Feldgendarmerie" verbunden, so dass es zu einer eigentümlichen Aufspaltung zwischen den Namens- und den Aufgabenvorläufern des Feldjägerwesens der Bundeswehr gekommen ist; gleichwohl erweist sich die Anknüpfung an das preußische Reitende Feldjägerkorps bei der Namensgebung im Jahre 1956 aus den genannten Gründen als durchaus konsequent, nachdem der ursprünglich vorgesehene Name „Militärpolizei" aufgrund des Votums des Ausschusses für Fragen der europäischen Sicherheit obsolet geworden war. Zudem lässt eine (an dieser Stelle nicht im Einzelnen darstellbare) Betrachtung aller historischen Truppenteile der preußischdeutschen Heeresgeschichte, die als „Feldjäger" bezeichnet worden sind, die im Laufe der Zeit deutlich ansteigende Tendenz erkennen, mit dem Begriff „Feldjäger" auch schon vor der Gründung 32Knigge / Möhring, a.a.O. (s.o.Fn. 31), S. 248. STREITKRÄFTE BASIS 38 in der kennzeichnenden Verbindung von Forst-, Militär- und Kurierdienst in einer seit dem Jahre 1871 nur aus Offizieren bestehenden ArmeeEinheit niemals die geringste Verwandtschaft mit einer Polizeitruppe gehabt" habe. Daher stellten „Namensgebung und Traditionsübernahme der derzeitigen Feldjägertruppe der Bundeswehr [eine] sinnwidrige und wesensfremde [Inanspruchnahme von] Sinn und Wesen des ehemaligen Preuß. Reitenden Feldjägercorps und seiner heute bestehenden Nachfolge-Organisationen" dar.32 STREITKRÄFTE BASIS 38 39 2.2 Die Entwicklung der Feldjägertruppe in der Bundeswehr Oberst a.D. Heiner Erdmann Wann immer sich Soldaten treffen, dauert es nur eine kurze Zeit, bis Gemeinsamkeiten aus der Vergangenheit gesucht werden. „Warst du nicht mal in...?", „Gehörtest du nicht mal zu...?" Bei Feldjägern geht dann häufig ein Streitgespräch los über die Frage, wo es mal Feldjägereinheiten oder -teileinheiten gegeben habe, welche Aufgaben sie hatten und wie sie ausgerüstet waren. Ganz schnell landen solche Diskussionen im „KleinKlein". Dabei wird häufig übersehen, dass ein Blick auf größere Zusammenhänge manchen Streit beenden könnte. Junge Feldjägerinnen und Feldjäger stehen häufig vor den Erinnerungstafeln am Platz der Erinnerung in der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr und staunen, wo überall Feldjäger mal stationiert waren. Ihnen erschließt sich das Rational dieser Stationierungen nicht mehr und so bleibt ihnen die Geschichte der Feldjägertruppe der Bundeswehr fremd. Im Folgenden will der Autor den Versuch wagen, die konzeptionellen Grundlagen der Feldjägertruppe darzustellen und die Bindung an die Konzeptionen der Bundeswehr und des Heeres aufzuzeigen. Diese Betrachtung erhebt keinen wissenschaftlichen Anspruch, dazu fehlt es an hinreichendem Grundlagenmaterial. Vielmehr soll der Weg sein, retrospektiv die wahrscheinlichen konzeptionellen Ableitungen für die Feldjägertruppe zu interpretieren, indem die konzeptionellen Aussagen der NATO, der Bundeswehr und des Heeres (später der Streitkräftebasis) herangezogen werden. Eine andere Methode ist nicht möglich, da es in langen Phasen keine verwertbaren konzeptionellen Aussagen zur Feldjägertruppe der Bundeswehr gab. Aufgaben, Organisation, Ausrüstung und Ausbildung wurden meist aus übergeordneten Konzeptionen oder Aufgabendarstellungen der zu unterstützenden Truppen abgeleitet. In einigen Phasen waren auch zeitlich begrenzte Entwicklungen in Bundeswehr und Gesellschaft von konzeptioneller Bedeutung. Ziel dieser Betrachtung soll es sein, den Lesern aller Altersgruppen eine Handreichung zu geben, die Geschichte und die Entwicklung der Feldjägertruppe der Bundeswehr besser zu verstehen und darüber einen Zugang zu Fragen der Stationierung, der Aufgabenstellung, der Ausrüstung und der Ausbildung zu finden. Eine historische Betrachtung über diesen Rahmen hinaus ist nicht das Ziel dieser Arbeit und würde auch den Rahmen sprengen. In Schritten, die sich an konzeptionellen Entwicklungen der NATO, der Bundeswehr und des Heeres orientieren, werden die Rahmenbedingungen für die Feldjägertruppe beschrieben und die sich daraus erkennbar ergebenden konzeptionellen Ableitungen der Feldjägertruppe dargestellt. 1951-1955 Bereits 1950 wurde in der beratenden Versammlung des Europarates die Bildung einer Europäischen Armee mit deutscher Beteiligung angeregt. In der „Himmeroder Denkschrift" wurden auf dieser Basis Überlegungen zur Aufstellung eines deutschen Kontingentes im Rahmen einer internationalen Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas skizziert. Die aufzustellenden bundesdeutschen Landstreitkräfte sollten danach 12 Panzerdivisionen und 6 Korpsstäbe umfassen, insgesamt 250.000 Soldaten. Nachdem die Bemühungen für eine EVG gescheitert waren, wurde 1954 der Beitritt Westdeutschlands zur NATO beschlossen. Hierbei wurde der Grundgedanke der „Inneren Führung" und der Verankerung der Streitkräfte in der Gesellschaft, nicht jedoch die in der „Himmeroder Denkschrift" vorgeschlagene Stärke der Streitkräfte übernommen. Auch Luftwaffe und Marine wurden für Defensivaufgaben im Rahmen der Bündnisverteidigung entlang der innerdeutschen Grenze und im Bereich der Ostsee konzipiert. STREITKRÄFTE BASIS 40 40 41 Headline Headline Feldjägertruppe Im Rahmen der Erarbeitung der Grundlagen für das deutsche Kontingent der EVG wurde bereits 1953 in einer Arbeitsgruppe Militärpolizei grundlegende Überlegungen für eine zukünftige deutsche Militärpolizei formuliert. Dabei wurde eine bemerkenswerte Kombination aus Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und Erkenntnissen durch Kontakte mit den Militärpolizeien der USA, Großbritanniens und Frankreichs zu einem ersten konzeptionellen Entwurf. Dabei kristallisierte sich u.a. die Idee einer Militärpolizei mit damals so bezeichneten „Wehrmachtsaufgaben" heraus. Heute würden wir wohl von Aufgaben für alle Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche sprechen. Es wurde dabei sehr schnell deutlich, dass man nach der eigenen Idee einer Militärpolizei suchte. Man entwickelte so das Konzept einer „Wehrmachtsmilitärpolizei" mit sehr begrenzten polizeilichen Aufgaben, die sie lediglich in der Bundeswehr ausüben sollte. Dementsprechend sollte sie keinerlei „zivile Aufgaben" haben, ein deutlicher Unterschied zu Aufgaben früherer Militärpolizeien. Dies hatte die auch heute noch in Deutschland geltende „Polizeipflichtigkeit der Bundeswehr" zur Folge. Wohl aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges heraus legte man fest, dass es in der Bundeswehr nur eine Militärpolizei geben sollte, die sich im Schwerpunkt am Feldheer zu orientieren hatte, in zweiter Linie an einem Territorialheer und Unterstützungsleistungen auch für Luftwaffe und Marine leisten sollte. Die Militärpolizei sollte 1% der Gesamtstreitkräfte umfassen. Die Herkunft dieses Wertes ist heute nicht mehr zu recherchieren, es ist anzunehmen, dass Erfahrungswerte aus dem Zweiten Weitkrieg zugrunde lagen. Das Ergebnis dieser konzeptionellen Überlegungen war: •Die Aufstellung von Militärpolizeikräften orientierte sich im Schwerpunkt an den neu aufzustellenden Heeresdivisionen. 1955-1959 NATO •Militärpolizei sollte ein „Leitdienst" des Heeres sein. •Das Personal sollte anteilig aus Abstellungen aller Teilstreitkräfte gewonnen werden. Die Feldjäger sollten weiterhin die Uniformen ihrer Teilstreitkraft tragen. Dies galt nur für die Feldjägerkräfte des Territorialheeres. Das Personal der Feldjägerkompanien des Heeres sollte nur aus Soldaten des Heeres bestehen. •Militärpolizei war keine eigenständige Laufbahn und hatte keine eigenen Rekrutierungsquellen. •Die Grundausbildung sollte bei den abgebenden „Truppengattungen und Truppenarten" stattfinden. •Innerhalb der Militärpolizei, also an ihrer Schule, sollte lediglich Militärpolizei-Fachausbildung durchgeführt werden. •Das an die Militärpolizei abgegebene Personal sollte nach wenigen Jahren wieder zu den abgebenden „Truppengattungen und Truppenarten" zurückkehren. Darüber hinaus wurde bereits formuliert, dass die rechtlichen Abstimmung und Zusammenarbeit mit anderen Militärpolizeien in Westdeutschland zwingend notwendig sei. Wohlgemerkt, wir betrachten Überlegungen, die vor 1955 angestellt wurden! Offensichtlich ist das Bemühen, die neue deutsche Militärpolizei nicht zu einem Fremdkörper in den Streitkräften werden zu lassen, wie es in der Vergangenheit mit Militärpolizeieinheiten war, die aus Polizisten rekrutiert wurden, solange die personellen Ressourcen dazu ausreichten. Dass die zeitlich begrenzte Verwendung als Militärpolizist der Professionalität und die unterschiedliche Herkunft der Militärpolizisten auf Zeit der Herausbildung eines stabilen Inneren Gefüges in den Militärpolizeieinheiten und der bruchlosen Dienstausübung nicht förderlich sein konnte, war wohl nicht zu übersehen, vielleicht aber auch gewollt. nukleare und nicht-nukleare Angriffshandlungen abgelöst. Die Begründung lag in der damaligen konventionellen Überlegenheit der Sowjetunion in Europa und der gleichzeitigen nuklearen Überlegenheit der USA. Inwieweit diese Militärstrategie im Interesse der Europäer, insbesondere Deutschlands lag, mag jeder selbst beurteilen. Sicher ist, dass die Bemühungen um den Aufbau konventioneller Streitkräfte intensiver wurden. Heeresstruktur I 1955 -1959 In der Heeresstruktur I wurden die Zusagen Deutschlands an die NATO, bis 1959 zwölf Heeresdivisionen zu stellen, umgesetzt. Es begann die Aufstellungsphase, in der etwa alle 6 Monate die aufgestellten Verbände in zwei Verbände geteilt wurden. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurden die Landstreitkräfte in das Heer und die Territoriale Verteidigung gegliedert. Die Truppenteile der Territorialen Verteidigung sollten unter nationalem Kommando bleiben. Die Territoriale Verteidigung bildete eigentlich einen eigenen Bereich neben den Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine. Feldjägertruppe Die seit 1953 formulierten konzeptionellen Überlegungen griffen nun. Allerdings lagen anfänglich noch keine ausformulierten Rechtsgrundlagen für den Einsatz der deutschen Militärpolizei vor. Dennoch nahm bereits die erste (Andernacher) Militärpolizeikompanie im Raum Andernach Verkehrsdienst und protokollarische Aufgaben wahr. Mit Inkrafttreten des Soldatengesetzes am 19.03.1956 und der Vorgesetztenverordnung kurz darauf hatten die inzwischen in „Feldjäger" umbenannten deutschen Militärpolizisten eine Rechtsgrundlage für ihr Handeln gegenüber Angehörigen der Bundeswehr, die sich letztlich im Grundsatz bis heute nicht geändert hat. Feldjäger handeln stets als „verlängerter Arm" der zuständigen Vorgesetzten, seien es Vorgesetzte als Disziplinarvorgesetzte oder Vorgesetzte, deren rechtmäßige Befehle durchzusetzen sind. Parallel wurden Feldjägereinheiten für das Feldheer und für die Territoriale Organisation aufgestellt, woraus sich schon sehr früh die über Jahrzehnte bestehende Spannungslage zwischen STREITKRÄFTE BASIS 42 Seit 1952 galt in der NATO die "Vorwärtsstrategie". Dieses Prinzip einer beweglich geführten Vorneverteidigung basierte auf der Überlegenheit der NATO an Atomwaffen, in Deutschland bedeutete dies den Streitkräfteeinsatz zwischen innerdeutscher Grenze und der Linie Rhein-Ijssel, die Mitwirkung bei der Erringung der Luftüberlegenheit und Verteidigung Dänemarks und Sperrung der Ostseezugänge. 1957 wurde diese Militärstrategie durch die Doktrin der „Massiven Vergeltung", also der eines nuklearen Gegenschlages gegen potentielle Feldjägern des Feldheeres und denen des Territorialheeres entwickelte. Kompaniestandorte sollten stets die Standorte der vorgesetzten Kommandobehörden, also der Divisionsstäbe und der Wehrbereichskommandos (WBK), sein. Die Feldjägerzüge sollten als „Feldjägerwachkommandos" in wichtigen Standorten oder an von den Wehrbereichskommandos festgelegten örtlichen Schwerpunkten stationiert werden. Schwerpunkt war in dieser Zeit aber sicher der Aufbau der Feldjägerkompanien des Feldheeres. Die Einsatzverantwortung im Friedensdienst lag beim WBK, dem damit auch die Feldjägerkräfte des Feldheeres für den Feldjägereinsatz unterstanden - wenn diese nicht für Übungen und/oder Ausbildungsvorhaben des Feldheeres benötigt wurden. Hierdurch entstand ein zusätzliches Spannungsfeld für die kommenden Jahre. STREITKRÄFTE BASIS 42 43 Headline Headline Abb. 2 Verkehrsregelung durch die Feldjäger, 1962 1959-1970 NATO Die seit 1957 geltende Doktrin der „Massiven Vergeltung", die ja letztlich die Bedeutung konventioneller Streitkräfte relativierte, wurde durch die Entwicklung sowjetischer Atomwaffen weni- ger glaubwürdig. Dies führte 1967 zu der bereits seit 1961 insbesondere in den USA diskutierten Strategie der „Flexiblen Reaktion". Abb. 3 Feldjägereinsatz mit Munga, mit Hubschrauber Alouette I, 1962 Heeresstruktur II Zunächst als Folge der atomaren Bedrohung durch die Sowjetunion, später dann auch die Strategie der „Flexiblen Reaktion" erforderten ein flexibles, hochmobiles Heer. Die als unbeweglich eingestuften Divisionen wurden in kleinere mobile Einheiten, die Brigaden, untergliedert. Feldjägertruppe Obwohl sich für die Feldjägertruppe in dieser Heeresstruktur keine grundlegend neuen konzeptionellen Herausforderungen ergaben, gewann der militärische Verkehrsdienst erheblich an Bedeutung, während parallel Aufgaben des Militärischen Ordnungsdienstes ein wenig in den Hintergrund traten. Das erste war der erhöhten Mobilität der Landstreitkräfte, das zweite den Veränderungen des militärischen Dienstes geschuldet, die die Soldaten weniger als zuvor an die Standorte band. Zunehmend war an den Wochenenden in den Standorten Ruhe, allerdings nahm der Reiseverkehr von Soldaten zu. Seit 1961 entwickelte die Feldjägertruppe die Idee eines „Verkehrsleitnetzes" und setzte damit für sich einen deutlichen konzeptionellen Schwerpunkt, der weitreichende Auswirkungen auch und gerade für die Reservistenarbeit hatte. Das Verkehrsleitnetz bestand aus dem Militärstraßengrundnetz (also Straßen, die im Verteidigungsfall den Streitkräften vorbehalten waren - es gab auch ein Zivilstraßengrundnetz -), einem Verkehrsfernmeldenetz (festen Drahtverbindungen, die weitgehend abhörsicher waren) und von durch Feldjäger betriebenen Verkehrsleitstellen und Verkehrsleitpunkten, auf die abgestützt Feldjäger den Militärverkehr leiteten, Störungen beseitigten, STREITKRÄFTE BASIS 44 Umleitungen und Umgehungen vorbereiteten und den fließenden Militärverkehr so beeinflussten, dass er „nach Absicht der Führung" ablief. Im Verkehrsleitnetz befanden sich zusätzliche Kräfte, wie Pioniere, logistische Kräfte und Sanitätseinrichtungen. Geplant und koordiniert wurde der Militärverkehr durch Verkehrskommandanturen. Wer von den „Alten" erinnert sich nicht an die Anschlusskästen 60 und 62 und den FF OB/ ZB (Feldfernsprecher Ortsbetrieb/ Zentralbetrieb) mit Wählzusatz, mit denen sich Feldjäger an das Verkehrsfernmeldenetz anschlossen. Wer erinnert sich heute noch an die gelben Schilder an den Brücken mit den MLCAngaben (Military Load Class), die auch heute noch mancherorts, insbesondere in der Nähe von Brücken, zu sehen sind? Die Pflege des Verkehrsleitnetzes, insbesondere des Verkehrsfernmeldenetzes, und der übungs- weise Betrieb desselben war über Jahrzehnte der Hauptinhalt des Übungs- und Ausbildungsbetriebes der Feldjägertruppe. Bereits 1960 setzte sich die Erkenntnis durch, dass es für die Leistungsfähigkeit der Feldjägertruppe nicht förderlich war, das Personal permanent auszutauschen und mit Herkunft aus den verschiedenen Teilstreitkräften Personalführung und Personalförderung zu belasten. Von da an wurden Feldjäger Heeressoldaten - die Feldjäger aus anderen Teilstreitkräften durften ins Heer wechseln - und Feldjäger wurde eine Laufbahn mit Grundausbildung und Laufbahnausbildung. In den nächsten Jahren entstanden Feldjägerausbildungskompanien, in denen Rekruten grundausgebildet und auf die Ausbildung zum Feldjägerunteroffizier vorbereitet wurden. Der Gewinn von Reservisten aus dem nun der Feldjägertruppe verfügbaren Personal war ein weiterer wesentlicher Auftrag. STREITKRÄFTE BASIS 44 45 Headline Headline 1970 -1979 NATO Die Doktrin der „Flexiblen Reaktion" wurde nun bestimmendes Element aller konzeptionellen Überlegungen und blieb es bis zum Ende des Kalten Krieges. Entspannungsbemühungen, z.B. die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, kennzeichneten diese Phase genauso wie der NATO- Doppelbeschluss als Reaktion auf die Stationierung sowjetischer nuklearer Mittelstreckenraketen (SS-20) westlich des Urals. Das Territorialheer mit seinen Wehrbereichskommandos gliederte seine Heimatschutzkommandos Heer Die Heeresstruktur 3 trug zwei Faktoren Rechnung, nämlich zum einen endlich die der NATO assignierten Divisionen komplett mit 36 Brigaden auffüllen zu können und zum anderen der Notwendigkeit der höheren Mobilität und Flexibilität der Landstreitkräfte. Die 2. und 4. Panzergrenadierdivision wurden zu Jägerdivisionen umgeglie- gestellt. Die in dieser Zeit vorgenommenen Veränderungen wirken bis heute nach und sind ein häufiger Grund für Irritationen und Missverständnisse. Ganze Teileinheiten wurden neu unterstellt und umbenannt, behielten aber die Bezeichnung des Feldjägerdienstkommandos bei. Das Bemühen um eine einheitliche Unterstellung und damit Führung der Feldjägertruppe war in dieser Struktur nicht erfolgreich. Die Bedeutung der Reservekräfte wurde noch einmal erhöht, indem auch die nicht aktiven Verbände der Feldjägertruppe und die „V- gestellten" Anteile der aktiven Einheiten intensiv personell aufgefüllt und intensiv ausgebildet wurden. 1980-1990 NATO Diese Phase war gekennzeichnet durch nahezu diametrale Entwicklungen. Während bis 1983/84 noch die Problematik der „Intermediate Nuclear Forces (INF)" und die Auswirkungen des NATO-Doppelbeschlusses bestimmend waren, änderte sich die sowjetische Außenpolitik unter Michail Gorbatschow. Dies führte zu kontroversen Diskussionen in der NATO, wie auf diese Veränderung zu reagieren sei. Letztlich wurde 1990 der Zwei-Plus- VierVertrag unterzeichnet, der die Wiedervereinigung Deutschlands ermöglichte und den Kalten Krieg beendete, welcher die politische Landschaft über Jahrzehnte geprägt hatte. Heer In der Heeresstruktur 4 wurde das Ziel verfolgt, erneut eine Untergliederung in kleinere, flexib- In der Heeresstruktur 4 gelang es, die seit vielen Jahren verfolgte konzeptionelle Idee der Zusammenfassung aller Feldjägerkräfte in einer einheitlichen Struktur durchzusetzen. Die Korpsfeldjägerbataillone und die Divisionsfeldjägerkompanien wurden aufgegeben, bzw. gingen in den Feldjägerbataillonen des Territorialheeres auf. Der Feldjägerdienst wurde nunmehr ausschließlich aus den Feldjägerbataillonen des Territorialheeres geleistet, in denen einzelne Kompanien für die Divisionen des Feldheeres assigniert waren und bei Übungen (und im Verteidigungsfall) diesen wieder unterstellt wurden. Die Feldjägerbataillone der Reserve wurden zielgerichtet für Aufgaben im Verkehrsleitnetz für Anfangs- und Folgebewegungen vorbereitet, entsprechend (orientiert an den damaligen Verkehrsbezirken) planerisch disloziert und ihre Ausstattung entsprechend vorbereitet. Die Aufgaben des Host Nation Supports strahlten auch auf die konzeptionelle Ausrichtung der Feldjägertruppe aus, indem zum ersten Mal logistische Elemente der Bundeswehr zur Unterstützung der Alliierten, insbesondere der US-Streitkräfte, geplant und aufgestellt wurden. In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts verfügte die Feldjägertruppe im Territorialheer über 6 aktive Feldjägerbataillone und 11 Feldjägerbataillone der Reserve. Darüber hinaus gab es keine Feldjägerkräfte mehr. Diese zweite tiefgreifende Restrukturierung der Feldjägertruppe wirkte sich über viele Jahre auf das innere Gefüge der Feldjägertruppe und auf das Selbstverständnis vieler Feldjäger aus. Die Auswirkungen sind noch bis heute zu spüren. Und dann kam die „Wende". 1991 -2001 NATO In der NATO begann eine Phase der Neuorientierung, der Öffnung für neue Partner aus Osteuropa und dem Bemühen um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vor allem mit Russland. Parallel dazu entwickelten sich Einsätze außerhalb des NATO-Gebietes in einer bis dahin nicht für möglich gehaltenen Dimension. Die gesamte NATO-Landschaft wurde konzeptionell neu betrachtet und geordnet, die selbstgewählte Ordnung, orientiert am Kalten Krieg, nach und nach aufgegeben. Letztlich entschieden sich die NATO-Partner, das Bündnis für den eher unwahrscheinlichen Fall eines Verteidigungsfalles im NATO- Vertragsgebiet beizubehalten und darüber hinaus die Mechanismen und Instrumente der NATO für die Bewältigung von Krisen und regionalen Konflikten zu nutzen, die u.U. auf das NATO- Gebiet und die NATO-Staaten ausstrahlen konnten oder die Sicherheitslage insgesamt so verschärften, dass die Gefahr einer Destabilisierung der gesamten Sicherheitsarchitektur weltweit entstehen konnte. Einige NATO-Mitgliedsstaaten begannen, ihre Streitkräfte mangels einer konkreten Bedrohung zu reduzieren. Fragen der Rechtmäßigkeit von „Out of area“-Einsätzen wurden genauso heiß diskutiert wie Fragen der Mandatierung solcher Einsätze. Die Diskussion über die zukünftige Ausrichtung der NATO ist aus der Sicht des Autors noch nicht abgeschlossen, da es sich um einen ständigen Entwicklungsund Anpassungsprozess handelt, ist dies vielleicht auch nicht möglich. lere Kampfverbände zu erreichen. Die Brigaden wurden erneut verstärkt (auf 4 Bataillone). Die STREITKRÄFTE BASIS 46 in leistungsfähige Heimatschutzbrigaden um, von denen 4 (teil)aktive Kampfverbände waren. Hinzu kam nun die Aufgabe des Wartime Host Nation Support für die amerikanischen Streitkräfte in der Bundesrepublik, die durch dafür aufgestellte Unterstützungskommandos sichergestellt werden sollte. Feldjägertruppe dert. Die Korps erhielten als Reserve Panzerregimenter und eigene Luftlandekräfte. Und schon warf eine neue Heeresstruktur ihre Schatten voraus - die drei zuletzt aufgestellten Brigaden des Heeres wurden Modellbrigaden in Erprobung der Heeresstruktur 4. Feldjägertruppe In dieser Phase verlagerte sich der Schwerpunkt der aktiven Feldjägertruppe zunehmend in die Feldjägerkräfte des Territorialheeres, während die Feldjägerkräfte des Feldheeres weitgehend gekadert wurden (je Kompanie nur ein aktiver Feldjägerzug, zwei Züge wurden durch Reservisten besetzt) und einerseits Kräfte an das Territorialheer abgeben mussten sowie andererseits Personal für die Aufstellung der drei Korpsfeldjägerbataillone 190, 290 und 390 verfügbar zu machen hatten. Die Bataillonsstruktur hatte sich sowohl im Feldheer als auch im Territorialheer als konzeptionelle Linie durchgesetzt. In dieser Zeit wurden für die Wehrbereiche und die Korps Feldjägerbataillone, allerdings in unterschiedlicher Konfiguration, auf- offenbar nicht hinreichend mobilen Jägerkräfte wurden weitgehend aufgegeben und die 2. und 4. Jägerdivision wurden wieder in Panzergrenadierdivisionen zurück gegliedert, aus 1. und 7. Panzergrenadierdivision wurden Panzerdivisionen. STREITKRÄFTE BASIS 46 47 Headline Headline Heer Das Heer durchlebte in rascher Folge eine Serie von Strukturen oder besser Strukturanpassungen. In den neuen Bundesländern wurde das Bundeswehrkommando Ost eingerichtet mit den beiden Wehrbereichskommandos VII und VIII. Sehr bald wurde die insgesamt geplante Fusion von Feldheer und Territorialheer vollzogen, die allerdings auf den Führungsebenen nur in Ostdeutschland vollständig eingenommen wurde. Es entstanden das Korps/ Territorialkommando Ost und die Divisionen/ Wehrbereichskommandos VII und VIII. Durch die Aufnahme von Soldaten der ehemaligen NVA führte das gesamtdeutsche Heer zunächst 14 Divisionen und 43 Kampfbrigaden (zuzüglich der neu aufgestellten deutschfranzösischen Brigade) sowie 6 aktive und 6 nichtaktive Heimatschutzbrigaden. Die Brigaden wurden auf 26 teils teilaktive Brigaden reduziert. Schon bald (1993) erfolgte eine Nachsteuerung. Die Territorialkommandos wurden aufgelöst, das IV. Korps verlor damit auch seinen Anteil Territorialkommando. Einige Korps wurden in multinationale Stäbe umgewandelt (Deutsch-Niederländisches Korps und Deutsch-Amerikanisches Korps). Das III. Korps wurde aufgelöst und als Basis für das neu aufzustellende Heeresführungskommando genutzt. Das Heeresunterstützungskommando wurde aufgestellt und sollte u.a. die logistischen und sanitätsdienstlichen Aufgaben im Heer zentralisieren. Das IV. Korps in Potsdam blieb das einzige rein nationale Korps im Heer. Mit dem Aufbau des Kommando Spezialkräfte wurde im Heer erstmals mit dem Aufbau eines Verbandes für Kommandooperationen begonnen. Ein weiterer Anpassungsschritt wurde ab 1997 mit dem Neuen Heer für Neue Aufgaben vorgenommen. Unter dem Aspekt des erweiterten Aufgabenspektrums des Heeres wurde die Differenzierung in Hauptverteidigungskräfte und Krisenreaktionskräfte vorangetrieben. Neben den Krisenreaktionskräften verfügte das Heer über 20 Brigaden als HVK-Kräfte (Hauptverteidigungskräfte). Das Heer war weiterhin am Deutsch-Niederländischen Korps, am Deutsch- Amerikanischen Korps, dem Eurokorps, dem ACE Rapid Reaction Corps und dem Multinationalen Korps Nord-Ost beteiligt, das inzwischen aus dem deutsch-dänischen LANDJUT unter Eingliederung polnischer Heeresanteile entstanden war, und unterstellte diesen Kräfte für Übungen und den Einsatz. Das IV. Korps blieb zunächst bestehen. Diese recht detaillierten Ausführungen sind notwendig, um deutlich zu machen, wie das Heer von einem Heer, das sich auf den Einsatz in der Landesverteidigung seit Jahrzehnten einstellte und vorbereitete, zu einem Heer im Einsatz in „Out of area“-Einsätzen wurde; um deutlich zu machen, wie die Multinationalität eine völlig neue Bedeutung erfuhr; um die neue Qualität asymmetrischer Auseinandersetzungen sichtbar zu machen und um letztlich erkennbar zu machen, wie diese Veränderungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Reduzierung der Umfänge der Streitkräfte zu leisten waren. Zunächst einmal waren aber die Konsequenzen der Wiedervereinigung Deutschlands, der damit verbundenen Aufstellung neuer Verbände in Ostdeutschland und der Aufnahme und Ausbildung von Soldaten aus der ehemaligen NVA abzuarbeiten. Feldjägertruppe All die Veränderungen des Heeres hatten unmittelbare Auswirkungen auf die Feldjägertruppe. Der Aufbau von zwei neuen Feldjägerbataillonen in Ostdeutschland, die neuen konzeptionellen Erfahrungen durch die Unterstellung dieser Feldjägerbataillone unter die Divisionen/ Wehrbereichskommandos, die neue Form der Unter- Zur Mitte des Jahrzehnts wurde auch die Feldjägertruppe bei Einsätzen in Somalia und in Ex-Jugoslawien gefordert. Schwerpunkt war sicherlich zunächst der Einsatz in Bosnien-Herzegowina. In dieser Zeit wurden konzeptionell bedeutsame Erfahrungen gesammelt, die in enger Abstimmung zwischen zunächst dem Feldjägerstabsoffizier und Verkehrsstabsoffizier im III. Korps, danach vom Heeresführungskommando, Dezernat 2 (Auslandseinsatz) und Dezernat 3 Feldjägereinsatz, der Gruppe Feldjäger im Heeresamt und der Gruppe Weiterentwicklung an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr aufgearbeitet und umgesetzt wurden. Schrittweise setzte sich die Erkenntnis durch, dass der Auslandseinsatz neue, zusätzliche Fähigkeiten der Feldjägertruppe fordert, die nicht mehr jeder Feldjäger beherrschen konnte - die Spezialisierung der Feldjäger wurde schrittweise definiert und in Ausbildung und Ausstattung umgesetzt. Auch die Feldjägertruppe hatte Krisenreaktions- kräfte und Hauptverteidigungskräfte zu definieren und bereitzustellen. Die Multinationalität bekam für die Feldjäger eine neue Bedeutung! Im Auslandseinsatz fand und findet militärpolizeiliche multinationale Zusammenarbeit auf Streifenebene statt, mit den notwendigen Konsequenzen für die Ausbildung der Feldjäger. Insgesamt führte diese Entwicklung zu konzeptionellen Veränderung der Feldjägertruppe in der inneren Struktur der Einheiten und Teileinheiten. Der Feldjägerdienst im Inland trat konzeptionell in den Hintergrund, ohne dadurch an Bedeutung zu verlieren. Der flächendeckende Feldjägerdienst aus Feldjägerdienstkommandos wurde weiterhin geleistet, allerdings lag der Schwerpunkt bei der Vorbereitung und der Abstellung von Feldjägern für die Einsätze, wie mittlerweile verkürzend die Auslandseinsätze genannt wurden. In dieser Zeit wurde schrittweise der Weg hin zu dem heute bekannten Prinzip „Zuerst Soldat - dann Feldjäger - dann Spezialist" begangen. Die Entwicklung nicht nur der Feldjägertruppe wurde durch die Erfahrungen im Einsatz im Kosovo am Ende dieses Jahrzehnts beschleunigt und ausgeweitet. Unvermeidlich war, dass nach Wegfall des Kernauftrages „Unterstützung von Anfangs- und Folgebewegungen im Verteidigungsfall" die Anzahl der nicht aktiven Feldjägerbataillone reduziert wurde. 2001 - heute NATO Trotz der Kernaufgabe der Kollektiven Verteidigung des Bündnisterritoriums war die Phase stark durch die Anschläge des 11. September 2001 geprägt, die verdeutlichten, dass eine Bedrohung nicht wie während des Kalten Krieges und unmittelbar danach aus Europa, sondern jenseits des Kontinents zu erwarten war. Streitkräftebasis stützungsleistung für den zweiten Dienstsitz des Verteidigungsministeriums in Berlin sowie die Personalgewinnung und -auswahl von geeigneten Soldaten der ehemaligen NVA und darüber hinaus die Schaffung infrastruktureller und materieller Rahmenbedingen erforderten Anstrengungen der gesamten Feldjägertruppe. STREITKRÄFTE BASIS 48 Für die nächsten Jahre sollte die Frage, wie die ungleichen Umfänge der Feldjägerbataillone in Ostdeutschland und die Lage des Feldjägerbataillons des BMVg optimiert werden könnten, die Konzeptionäre der Feldjägertruppe beschäftigen. Verschiedene Modelle wurden betrachtet und erprobt. Die jeweils notwendigen Umbenennungen von Feldjägerkompanien führten dazu, dass im Sprachgebrauch die Einheiten kaum noch mit ihren offiziellen Bezeichnungen sondern nach ihrem Standort bezeichnet wurden. Mit dem Jahr 2001 begann für die Bundeswehr eine tiefgreifende Umwälzung. Die bisher eingehaltene, aus dem Bild eines klassischen Krieges in Mitteleuropa stammende Linie, bereits im Frieden kleine mobile und eigenständig handlungs- und zeitlich begrenzt durchhaltefähige Elemente zu schaffen, wurde unter dem Eindruck der veränder- ten Rahmenbedingungen und Notwendigkeiten durch die Einsätze vor allem in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo aufgegeben. Es entstanden die neuen Organisationsbereiche „Zentraler Sanitätsdienst" und „Streitkräftebasis", in denen querschnittliche Unterstützungsaufgaben für die Teilstreitkräfte zusammengefasst wurden, STREITKRÄFTE BASIS 48 49 Headline um durch Zusammenfassung von Fachaufgaben flexibler und wirtschaftlicher Unterstützung leisten zu können. Konzeptionell war die Feldjägertruppe seit Anfang der Bundeswehr auf die querschnittliche Unterstützung aller Teilstreitkräfte ausgelegt. Das Feldjägerwesen war eine sogenannte Pilotaufgabe des Heeres für alle Teilstreitkräfte. Konsequenterweise wurde das „Feldjägerwesen der Bundeswehr" nun auch in die Streitkräftebasis überführt. Da die Streitkräftebasis auch Elemente des früheren Territorialheeres, wie WBK und VBK (Verteidigungsbezirkskommandos), übernahm, änderte sich für die Feldjägerverbände an der truppendienstlichen Unterstellung unter die Wehrbereichskommandos nichts. Allerdings wurden in allen Fachaufgaben, so auch für das Feldjägerwesen der Bundeswehr, die fachliche Verantwortung und die Weiterent- Headline wicklungsaufgaben im Streitkräfteunterstützungskommando in Fachabteilungen zusammengefasst. Damit kamen die konzeptionellen Vorgaben nunmehr aus der Streitkräftebasis. Die unmittelbare Linie Bundesministerium der Verteidigung, Stellvertreter des Generalinspekteurs und Inspekteur der Streitkräftebasis, Referat für das Feldjägerwesen der Bundeswehr - Streitkräfteunterstützungskommando, Fachabteilung Feldjägerwesen der Bundeswehr, verkürzte Entscheidungswege deutlich und machte ein schnelleres Reagieren auf Erkenntnisse aus dem Einsatz möglich, auch wenn zusätzliche Abstimmung mit dem Heer (alle Feldjäger gehören dem Heeresuniformträgerbereich an) und querschnittlich mit dem Streitkräfteamt zu leisten waren. Auch andere Neuschöpfungen, wie z.B. die Fuhrpark Service GmbH, machten schnellere Neuentwicklungen möglich. Feldjägertruppe Sehr schnell wurden, wie das gesamte Streitkräfteunterstützungskommando, die Fachabteilungen (eben auch die selbständige Gruppe Feldjägerwesen der Bundeswehr, später Abteilung Feldjägerwesen der Bundeswehr) gefordert in der Auswertung der Einsatzerfahrungen, vor allem im Kosovo. Die wesentliche Erkenntnis für das Feldjägerwesen war, dass Feldjäger als Einzige polizeiliche Aufgaben für und mit der Bundeswehr wahrnehmen können, insbesondere dann, wenn in einem zusammengebrochenen Staat (Failed State) keine anderen Elemente zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorhanden sind. Feldjäger mussten also lernen, polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen, Aufgaben, die sie im Inland, politisch gewollt und im Grundgesetz verankert, nicht wahrnehmen sollen und wollen. Dies wurde noch stärker deutlich, als ab 2002 der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan begann, der von da an nahezu das gesamte Denken und Handeln bestimmen sollte. Die Bedeutung der Feldjäger mit Spezialaufgaben nahm im Einsatz enorm zu. Während anfänglich die Unterstützungskräfte für den Auslandseinsatz dem Heeresführungskommando für den Einsatz unterstellt wurden, wurden sie ab 2002 dem aus dem IV. Korps hervorgegangenen Einsatzführungskommando der Bundeswehr unterstellt, das national die Kräfte im Auslandseinsatz seitdem führt. Mit ihm waren nunmehr auch Erfahrungen und Konsequenzen aus den Einsätzen abzustimmen. onalen Zusammenarbeit wirkte sich auch auf die Arbeit in NATO-Gremien aus. Die NATO Military Police Chiefs Conference, die historisch aus der ehemals jährlich stattfindenden Militärpolizeikonferenz hervorging, bestellte für die Erarbeitung von Grundsätzen für den multinationalen Einsatz von Militärpolizeikräften eine Arbeitsgruppe, die in enger Abstimmung mit der Land Operations Working Group der NATO die Grundlagen für ein erstmalig erstelltes Grundlagendokument für den operativen Einsatz von Militärpolizeikräften, das weit über das einzige bis dahin existierende und mittlerweile veraltete Dokument, die STANAG 2085 - „Die gemeinsame Militärpolizei der NATO", hinausging. Die Ergebnisse dieser Arbeit flossen in die Erarbeitung einer „Teilkonzeption Feldjägerwesen der Bundeswehr" ein, in der, erstmals in der Geschichte der Feldjägertruppe der Bundeswehr, die konzeptionellen Grundlagen des Feldjägerwesens umfassend formuliert wurden. Diese Teilkonzeption wurde vom damaligen Generalinspekteur der Bundeswehr unterzeichnet. In den letzten Jahren hat sich die Feldjägertruppe, auch nach dem Urteil unserer alliierten Kameraden, zu einer modernen, dem Aufgabenspektrum angepassten, leistungsfähigen Militärpolizei entwickelt, die sich im Einsatz, aber eben auch in Die Verlegung der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr von Sonthofen nach Hannover war ein weiterer Kraftakt, der die Ausbildungsmöglichkeiten erheblich verbesserte. Ein irritierendes Problem war und ist die Neubenennung der Feldjägerbataillone, die für erforderlich erachtet wurde, um die Zuordnung in der Streitkräftebasis sichtbar zu machen. Die Orientierung am Auslandseinsatz überstrahlte alle konzeptionelle Arbeit, dennoch gelang es, das Netz der Feldjägerdienstkommandos in Deutschland, wenn auch weniger dicht, zu erhalten und die materielle Ausstattung zu verbessern, insbesondere den Fahrzeugpark, Waffen und Ausbildungsgerät. In hohem Tempo wurden Ausrüstung, Ausstattung und Ausbildung auf die Erfordernisse des Einsatzes ausgerichtet - „Einsatzbedingter Sofortbedarf" war das Zauberwort. Die konzeptionelle Arbeit konzentrierte sich auf die Optimierung der inneren Struktur der Feldjägereinheiten, die Verbesserung und Neuentwicklung von Ausrüstung und Ausstat- STREITKRÄFTE BASIS 50 tung für die Auslandseinsätze und die Definition von Spezialfähigkeiten und der dazu erforderlichen Ausbildung. Natürlich waren auch querschnittliche Strukturvorgaben umzusetzen, die Umfänge und Zahl der Feldjägereinheiten veränderten. Die Feldjägerverbände wurden übrigens geschlossen den Einsatzkräften zugordnet, was auf Grund der Einsatzforderungen erforderlich war und vermied, dass Feldjägereinheiten qualitativ unterschiedlich ausgestattet werden mussten. Auch die Reserve veränderte sich erneut. Die letzten nicht aktiven Bataillone wurden aufgelöst, in jedem aktiven Feldjägerbataillon wurde allerdings eine nicht aktive Kompanie eingerichtet. Die Mehrzahl der Reservisten wurde auf sog. Spiegeldienstposten eingeplant. Damit wurde sichtbar, dass die Kernaufgabe der Reserve die Kompensation der im Auslandseinsatz verwendeten aktiven Feldjäger wurde. Mit den Einsatzaufgaben und den konkret gewordenen Aufgaben für die Evakuierung deutscher Staatsbürger aus Krisenregionen wurde auch die Unterstützung der Teilstreitkräfte Luftwaffe und Marine auf eine neue Grundlage gestellt. Feldjäger in Luftfahrzeugen der Bundeswehr und auf Schiffen der Marine wurden Normalität. In diesem Zusammenhang wurde auch die Unterstützung von Evakuierungsmaßnahmen des Heeres planerisch festgelegt. Die neue Qualität der multinati- Abb. 4 Feldjäger regelt bei Duvno den Verkehr zur Durchfahrt eines Konvois. IFOR 1996 STREITKRÄFTE BASIS 50 51 3 Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr in der Neuausrichtung der Bundeswehr Deutschland, mit einem breiten Unterstützungsangebot bewährt hat und dem Eigennamen „Feldjäger" nicht nur in Deutschland einen neuen, guten Klang gegeben hat. In einem weiteren Schritt gelang es, alle Feldjägerkräfte in einem Kommandobereich, dem Kommando Feldjägerwesen der Bundeswehr, zusammenzufassen und so die Unterstützungsleistungen noch einmal zu optimieren. Feldjäger sind in auf den jeweiligen Auftrag zugeschnittener Konfiguration integraler Bestandteil der Einsätze der Bundeswehr. An dieser Stelle endet die Betrachtung der konzeptionellen Entwicklung der Feldjägertruppe Bundeswehr und der Autor schaut, mit ihnen gemeinsam, auf die weitere Entwicklung des Feldjägerkorps mit seinen aktiven Soldatinnen und Soldaten, seine Reservistinnen und Reservisten und auch mit dem unterstützenden Verein, der Kameradschaft der Feldjäger e.V. 3.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr 3.2 Konzeption im Wandel 3.3Doktrin 3.4 Rüstung und Ausrüstung 3.5 Neugestaltung der Ausbildung 3.6 Feldjäger im Blick der internationalen Zusammenarbeit Abb 4a Feldjäger-Eskorte vor dem Brandenburger Tor in Berlin, 2009 STREITKRÄFTE BASIS 52 STREITKRÄFTE BASIS 52 53 Headline Headline 3.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr Oberst Heiko Thieser, Abteilungsleiter Grundlagen und Weiterentwicklung Die Neuausrichtung der Bundeswehr hat zu einer fundamentalen Neugestaltung des Feldjägerwesens geführt. Ausgangspunkt waren die zunehmend komplexer werdenden und sich dynamisch wandelnden strategischen Rahmenbedingungen. Ziel und Maßstab der Neuausrichtung ist eine Bundeswehr, deren Aufgaben und Fähigkeiten sicherheitspolitisch abgeleitet sind, deren Struktur demographiefest ist und die insgesamt nachhaltig finanziert ist. Für den Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr spiegeln sich diese Herausforderungen in der gesetzten Teilaufgabe: „Die Bundeswehr zu befähigen, militärpolizeiliche Aufgaben im gesamten Aufgaben- und Intensitätsspektrum weltweit wahrzunehmen." Die Bestandsaufnahme zu Beginn der Neuausrichtung hatte gezeigt, dass die Organisation und Struktur, einschließlich ihrer Fähigkeiten, Finanzierung und Führungsstruktur für den zukünftigen Auftrag der Bundeswehr unzureichend sind. Verschärft wurde diese Bestandsaufnahme durch die Herausforderungen des Einsatzes. Dabei umfasst Einsatz nach dem neuen Verständnis der Bundeswehr alle Aufgaben, die die Bundeswehr jenseits von Ausbildung und Übung täglich bewältigt. Dieses betrifft insbesondere die Feldjäger in ihren Aufgabenfeldern des Feldjägerdienstes Inland, des Feldjägereinsatzes Inland sowie des Feldjäger und Military Police Einsatzes Ausland. Viele der Leistungen und Erfolge der Feldjäger wären ohne die Reformschritte nach Ende des „kalten Krieges" nicht möglich gewesen. Beispielhaft ist der Aufwuchs der Feldjägerverbände zu nennen, die umfassende Ausstattung und Ausrüstung von Feldjägerkräften, die Ausrichtung und Vertiefung der Spezialisierungen oder die konzeptionelle Ausrichtung auf das sich wandelnde Aufgabenspektrum mit der Teilkonzeption Feldjägerwesen Bundeswehr. Dreh- und Angelpunkt dabei waren die hervorragenden Leistungen und Ergebnisse, mit welchen die Feldjäger im Feldjägerdienst und Feldjägereinsatz national und international überzeugen konnten. Dabei steht der Name FELDJÄGER für die Qualität deutscher Militärpolizei. Die Neuausrichtung der Bundeswehr verfolgt einen umfassenden Ansatz, dessen Startschuss im Mai 2011 mit den Eckpunkten zur Neuausrichtung erfolgte und bis 2017 weitestgehend abgeschlossen sein soll. Dabei geht es nicht nur um die öffentlichkeitswirksamen Themen der Stationierung und strukturellen Fragen von Auflösungen, sondern auch um tiefgreifende Veränderungen beispielsweise in den Bereichen der Organisation, des Personalmanagements, der Rüstung und Nutzung, der Ausbildung sowie der Steuerung und des Controllings. Diese Fragen haben auch entscheidende Veränderungen für den Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr zur Folge. Die offensichtlichen Veränderungen liegen in der neuen Struktur des Kommandobereichs mit einem Kommando Feldjäger der Bundeswehr mit einem Brigadegeneral an der Spitze, drei Feldjägerregimentern und der unterstellten Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr als Kommandobereich. Auch die Standortfrage ist durch die persönliche Betroffenheit von Mensch und Kommune ein äußerst sensibles Thema. Weitere nicht unwichtige Themenfelder sind aber erst auf den zweiten Blick zu erkennen, jedoch in ihren Auswirkungen ebenso, wenn nicht wesentlich einschneidender für die zukünftige Ausrichtung der Bundeswehr. Eine neue Organisationsstruktur, beginnend mit der Umstrukturierung des Bundesministeriums der Verteidigung mit einer umfassenden Abschichtung bisheriger ministerieller Aufgaben, die Aufstellung von Teilstreitkräftekommandos unterhalb der ministeriellen Ebene sowie die Schaffung von Fähigkeitskommandos sind hier zu nennen. Die Folgen für die Feldjäger waren fundamental: Ein eigenes Fähigkeitskommando mit der zentralen Verantwortung für alle Feldjäger und militärpolizeilichen Angelegenheiten. Hier kommt ein weiterer neuer Ansatz zum Tragen: die Prozessverantwortung. Der prozessorientierte Ansatz ergänzt das Prinzip der truppendienstlichen Führung. Ziel ist die Zusammenführung von Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung an einer Stelle. Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr ist in der Prozessverantwortung für das Feldjägerwesen/Military Police zuständig, er vereinigt als einzige Stelle innerhalb der Bundeswehr Aufgabe, Kompetenz und STREITKRÄFTE BASIS 54 Abb. 5 System der Weiterentwicklung Feldjägerwesen Bundeswehr Verantwortung dieses Bereiches und ist in diesem Ansatz direkt dem Inspekteur der Streitkräftebasis als dem „Prozesseigner" nachgeordnet. Im Kommando Feldjäger der Bundeswehr werden neben den Aufgaben der truppendienstlichen Führung sowie der Führung und Koordinierung des Feldjägereinsatzes die Aufgaben der Weiterentwicklung des Aufgabenbereichs wahrgenommen. Hierzu wurde im Kommando eine Abteilung Grundlagen und Weiterentwicklung geschaffen. Dort werden in dem System „Weiterentwicklung" die Aufgabenfelder Konzeption, Rüstung/Nutzung, Ausbildung und Internationale Kooperation sowie Doktrin gebündelt. Hierzu gestaltet und begleitet die Abteilung den Prozess der Weiterentwicklung von der Konzeption bis zur Planungsumsetzung sowie der späteren Betreuung und Nutzung. Ausbildungsvorgaben, Ausrüstung sowie Einsatzgrundsätze werden entsprechend den konzeptionellen Vorgaben und Einsatzerfordernissen aufeinander abgestimmt. Dabei steht nicht die Binnenoptimierung eines Aufgabenbereiches im Fokus, sondern der ganzheitliche aufgabenbereichsübergreifende Ansatz der Weiterentwicklung zum Erreichen der oben erwähnten Teilaufgabe „Die Bundeswehr zu befähigen, militärpolizeiliche Aufgaben im gesamten Aufgaben- und Intensitätsspektrum weltweit wahrzunehmen." Zukunft ist nicht vorhersehbar und alle Ansätze, dieses doch zu versuchen misslingen. Versuche, Kräfte für eine spezielle Zukunft oder Einsätze in einem so wenig vorhersehbaren Umfeld aufzubauen, auszubilden und auszurüsten sind zum Scheitern verurteilt. Die Weiter- und Zukunftsentwicklung sollte auf alles Denkbare vorbereitet sein, auf das Wahrscheinlichste besonders gut. Wir brauchen daher Führungs- und Einsatzgrundsätze (Doktrin), Ausbildung und Übungen sowie Ausrüstung, die auf einer klaren konzeptionellen Ausrichtung beruhen und uns eine schnelle Anpassung an entstehende Konflikte ermöglichen. Die Weiterentwicklung zukunftsorientierter Kräfte zielt daher, auf Flexibilität basierend, auf die Fähigkeit zum Kampf sowie die Befähigung zu Stabilisierungsoperationen beizutragen. Die Neuausrichtung ist eine Chance, die wir als Feldjäger zum Aufbau einer zukunftsfähigen Truppe in Konzeption, Doktrin, Ausrüstung und Ausbildung genutzt haben, die sich an der Einsatzrealität und potentiellen Herausforderungen ausrichtet. Dieses stellt aber nur das Fundament dar, welches durch die Soldatinnen und Soldaten mit Kraft, Stärke und Professionalität umgesetzt wird. Die entsprechende Weiterentwicklung und Ausrichtung der Feldjäger erfolgt innerhalb des oben erwähnten Systems Weiterentwicklung und wird in den folgenden Abschnitten vertieft. STREITKRÄFTE BASIS 54 55 Headline Headline 3.2 Konzeption im Wandel Oberstleutnant i. G. Andreas Düpmann, Dezernatsleiter Grundsatz/Konzeption Das Aufgabenfeld „Konzeption" im System Weiterentwicklung Das Aufgabenfeld Konzeption beinhaltet im System Weiterentwicklung die Abbildung und die Einordnung von militärpolizeilichen Erfordernissen auf ministerieller/strategischer Ebene sowohl im multinationalen wie auch im nationalen Bereich. Es umfasst dabei die Definition der sogenannten Soll-Fähigkeiten, also die Frage - was sollen Feldjäger zukünftig können. Die Konzeption bestimmt somit das sogenannte Fähigkeitsprofil und damit die zukünftige Ausrichtung des Feldjägerwesens in den verschiedenen Einsatzarten. Entsprechend den ministeriellen Vorgaben für die Bundeswehr werden im Kommando Feldjäger der Bundeswehr die Soll-Fähigkeiten für militärpolizeiliche Aufgaben definiert und dann in sogenannten bedarfsbegründenden Dokumenten auf konzeptioneller Ebene festgeschrieben. Dieser Prozess erfolgt in bundeswehrgemeinsamer Abstimmung. Maßgeblich hierfür ist der sogenannte „Integrierte Planungsprozess", in welchem die jeweiligen Forderungen am Fähigkeitsverbund „FührungAufklärung-Wirkung-Unterstützung" ausgerichtet sind und sich am Handlungs- und Leistungsspektrum der Bundeswehr orientieren. Hierbei geht es nicht um eine Optimierung von Feldjägerkräften, sondern um das Leistungsvermögen der Streitkräfte in Gänze. Ziel hierbei ist es, die Bundeswehr zu befähigen, militärpolizeiliche Aufgaben im gesamten Einsatzspektrum weltweit wahrzunehmen. Diese konzeptionellen Festlegungen sind dann in der Folge die Grundlage für die Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr in allen weiteren Bereichen wie Ausrüstung, Ausbildung oder Doktrin. Dieser Prozess findet permanent statt und wird daher als kontinuierliche Zukunftsentwicklung bezeichnet. Sie dient im Zuge der Zielbildung zur Vorbereitung der Bundeswehr auf wahrscheinliche Herausforderungen. Die daraus abgeleitete Umsetzung im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr hat zur Zielsetzung, langfristig die konzeptionelle und planerische Stabilität des eigenen Leistungs- und Fähigkeitsprofil zu gewährleisten. Dabei wird das aktuelle Aufgabenprofil ständig überprüft, Sachstände aktualisiert und auf Basis neuer Impulse ggf. um weitere Themen ergänzt. Impulse können aus allen Bereichen eingesteuert werden. (AJP) "Allied Joint Doctrine for Military Police", welche allerdings auch nur den (kleinsten) „gemeinsamen Nenner" abbildet, da die Bandbreite nationaler Militärpolizeien groß ist und vom sogenannten „US MP-Warrior" (eher infanteristisch geprägter Militärpolizist) über die Gendarmerien (eigenständige Polizeibehörden wie z. B. in Italien, den Niederlanden oder Spanien) bis hin zur traditionellen Militärpolizei reicht. Die deutschen Abweichungen von diesem internationalen Kerndokument spiegeln sich im sogenannten „Nationalen Ergänzungsdokument zur Allied Joint Publication 'Allied Joint Doctrine for Military Police'" wider. Als das national höchste feldjägerspezifische Dokument ist dieses Dachdokument für die Feldjäger richtungsweisend. Dieses Dokument grenzt die Regelungen der spezifischen deutschen militärpolizeilichen Führungsund Einsatzgrundsätze sowie Einsatzverfahren für den Einsatz von Feldjägern zum NATO Dokument ab. Es verdeutlicht den ganzheitlichen Ansatz der Rolle von Feldjägerkräften und Military Police Kräften in der Einsatz- und Operationsführung im Kontext der nationalen Besonderheiten. Einsatz-, Aufgaben- und Fähigkeitsprofil Das Einsatz-, Aufgaben- und Fähigkeitsprofil der Feldjägerkräfte wird in den oben genannten konzeptionellen Dokumenten sowie der Dokumen- tenlandschaft Einsatz festgelegt. Es umfasst dabei die wesentlichen Elemente: Das Fundament der Konzeption Im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr wurde mit der Konzeption der Bundeswehr (KdB) ein neues verbindliches Fundament gelegt. Dieses Dokument ist die zentrale, langfristige Grundsatzweisung für die gesamte Bundeswehr und das Dachdokument wie auch Ausgangspunkt für alle weiteren konzeptionellen Arbeiten. Mit diesem Neuansatz erfolgte eine noch stärkere Fokussierung als bisher auf den fähigkeitsorientierten Ansatz. In Folge verlieren alle bisherigen aufgabenbereichs- oder truppengattungsspezifischen konzeptionellen Papiere, wie die Teilkonzeption Feldjägerwesen Bundeswehr, ihre Bedeutung. Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr verfügt daher zukünftig nicht mehr über eine eigenständige Teilkonzeption, sondern ist mit seinem Aufgaben- und Fähigkeitsprofil in anderen Teilkonzeptionen eingebracht. Als Beispiel hierfür stehen die Teilkonzeption der Reihe Wirkung (bspw. Teilkonzeption Wirkung Land) oder die Teilkonzeption Territoriale und gesamtstaatliche Aufgaben. Die Einsätze der Bundeswehr erfolgen heute größtenteils im multinationalen Umfeld, sodass die Multinationalität die Aufgabenwahrnehmung der Bundeswehr prägt. Entsprechend sind die Regelungen/Doktrinen der NATO anzuwenden und im Bedarfsfall durch sogenannte nationale Ergänzungsdokumente zu ergänzen. Dieses wird in der sogenannten „Dokumentenlandschaft Einsatz" zusammengefasst. Für die Feldjäger besteht als Kerndokument bei der NATO die Allied Joint Publication STREITKRÄFTE BASIS 56 Abb. 6 Aufgaben und Einsatzspektrum STREITKRÄFTE BASIS 56 57 Headline •Einsatzprofil: Feldjägerdienst Inland/ Ausland, Feldjägereinsatz Inland, Feldjäger-/MP Einsatz Ausland •Sechs Kernaufgaben •Einzelaufgaben, Spezialisierungen •Fähigkeitsprofil: „Soldat-Feldjäger- Spezialist" Headline Mit diesem Einsatz-, Aufgaben- und Fähigkeitsprofil unterstützt der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr alle Organisationsbereiche und das Bundesministerium der Verteidigung sowie alliierte und befreundete Streitkräfte. Einsatzprofil Feldjägerdienst Inland/Ausland Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr trägt im Rahmen des Feldjägerdienstes Inland durch bedarfs-, zeit- und fähigkeitsgerechte Unterstützung zur Gewährleistung des Grundbetriebes bei. Die Wahrnehmung feldjägerspezifischer Aufgaben erfolgt dabei insbesondere zur Unterstützung der jeweils zuständigen Vorgesetzten bei der Gewährleistung der militärischen Sicherheit zum Schutz der eigenen Kräfte, der Aufrechterhaltung der militärischen Ordnung und Disziplin sowie zur sonstigen Unterstützung der Vorgesetzten. Der Feldjägerdienst Inland dient dabei der Erhöhung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte durch Unterstützungsleistungen, insbesondere durch die permanente Reaktionsfähigkeit rund um die Uhr, sowie die Bereitstellung feldjägerspezifischer Fähigkeiten, einschließlich eines Meldewesens für außergewöhnliche sicherheitsrelevante Lagen. Diese Unterstützungsleistung erfolgt flächendeckend im Inland. Der Feldjägerdienst Ausland findet im Zusammenhang mit Übungsvorhaben oder einer zeitlich befristeten Stationierung deutscher Kräfte im Ausland statt. Dafür erfolgt regelmäßig die Ausplanung von Feldjägern zur Wahrnehmung von erforderlichen militärpolizeilichen Aufgaben auf Grundlage der jeweiligen rechtlichen Vorgaben und unter Berücksichtigung der Einsatzgrundsätze für den Feldjägerdienst im Inland. Feldjägereinsatz Inland In klarer Abgrenzung zum Feldjägerdienst Inland erfolgt der Feldjägereinsatz Inland im Rahmen der Katastrophenhilfe. Feldjäger können bei Naturkatastrophen oder besonders schweren Unglücksfällen im verfassungsrechtlichen Rahmen auf Weisung des Verteidigungsministeriums hoheitliche, eingreifende und polizeiliche Befugnisse nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts - nach Übertragung durch die zuständigen Stellen - wahrnehmen. Feldjäger-/MP Einsatz Ausland Beim Einsatz deutscher Streitkräfte im Ausland sind im Rahmen der jeweiligen operationellen Erfordernisse Feldjäger vorzusehen, um Kommandeure oder Kommandeurinnen der deutschen Einsatzkontingente, deren Rechtsberater-Stabsoffiziere und die Vorgesetzten aller Ebenen durch Wahrnehmung militärpolizeilicher Aufgaben in nationaler wie multinationaler Verantwortung zu unterstützen. Daneben können internationale Organisationen oder andere Nationen durch Wahrnehmung militärpolizeilicher Aufgaben gegebenenfalls auch im Rahmen einer multinationalen Militärpolizei - bei deren Einsatzaufgaben unterstützt werden. Kernaufgaben In Abhängigkeit von den politischen und rechtlichen Vorgaben nimmt der Aufgabenbereich Zuge der Neuausrichtung wurden diese Kernaufgaben umfassend überarbeitet: So wurde u. a. der bisherige „Aufgabenübergreifende Feldjägereinsatz" als selbstständige Aufgabe durch Gewahrsamsaufgaben ausgetauscht und der Beitrag zur Unterstützung von Heimat-, Raum und Objektschutz hervorgehoben. Weiterhin wurden die bisherigen Kernaufgaben in ihrer Ausgestaltung und inhaltlichen Hinterlegung (bspw. in Einsatzgrundsätzen, Ausbildung und Ausrüstung) der Einsatzrealität und dem neuen Aufgaben- und Einsatzspektrum angepasst. Militärischer Ordnungsdienst Im Militärischen Ordnungsdienst unterstützen Feldjäger die militärischen Vorgesetzten bei der Wahrnehmung ihrer Dienstaufsichtspflicht. Sie überwachen die militärische Disziplin und Ordnung und unterstützen bei deren Aufrechter- haltung und Wiederherstellung. Der Militärische Ordnungsdienst ist insbesondere gekennzeichnet durch Präventivdienst und unterstützenden Feldjägerdienst. Militärischer Verkehrsdienst Im Militärischen Verkehrsdienst wirken Feldjäger mit, die taktische und operative Bewegungsfrei- heit der Streitkräfte zu gewährleisten. Sie leiten bei Bedarf Befehle der Führung weiter, unterstüt- Feldjägerwesen Bundeswehr im oben beschrieben Einsatzprofil die sechs Kernaufgaben wahr. Im STREITKRÄFTE BASIS 58 Abb. 7 Kernaufgaben Feldjägerwesen Bundeswehr STREITKRÄFTE BASIS 58 59 Headline zen die Führung der marschierenden Truppenteile in deren Aufgaben, stellen bei Bedarf deren Information über den weiteren Marschverlauf sicher und warnen oder regeln1 den Zivilverkehr. Sie überwachen die Einhaltung der Kraftfahrbe- Headline stimmungen beim Führen von Dienstfahrzeugen der Bundeswehr sowie, bei Vorliegen entsprechender Vereinbarungen, deren Einhaltung durch andere Streitkräfte. Sicherheitsaufgaben Durch Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben unterstützen Feldjäger die zuständigen Vorgesetzten bei der Durchführung ihrer Aufgaben zur Abwehr von Straftaten gegen die Bundeswehr, zur Beseitigung rechtswidriger Störungen der dienstlichen Tätigkeit und zur Auftragserfüllung der Bun- deswehr. Hierbei stehen der Schutz, insbesondere von besonders gefährdeten Personen, und die Erhöhung der Einsatzbereitschaft von Kräften und Mitteln im Fokus (z. B. die Abwehr von Angriffen bzw. Straftaten und die Beseitigung von Störungen im Rahmen der Auftragsdurchführung). Erhebungen und Ermittlungsunterstützung Feldjäger stellen im Rahmen der jeweiligen gesetzlichen Befugnisse und des völkerrechtlichen Mandats Erhebungen und - aufgrund eines Ersuchens oder einer Beauftragung durch berechtigte Personen bzw. Institutionen - weitere Erhebungen und Ermittlungen an. Erhebungen durch Feldjäger sind Feststellungen eines Sachverhaltes im dienstlichen Bereich. Ziel solcher Erhebungen ist es, gesetzes- bzw. pflichtwidrige Zustände festzustellen oder zu beseitigen. Ermittlungsunterstützungen zum Zweck der Aufklärung eines Dienstvergehens führen Feldjäger nur auf Grundlage eines konkreten Ersuchens durch zuständige Disziplinarvorgesetzte durch. Unterstützung bei Heimat-/Raum- und Objektschutz Feldjäger leisten einen fachspezifischen Unterstützungsbeitrag im Rahmen des Heimat-, Raumund Objektschutzes mit dem vorrangigen Ziel, Beschädigungen, Zerstörungen, Inbesitznahme durch Dritte oder andere Beeinträchtigungen der Funktion von Objekten zu verhindern. Der Feldjägerbeitrag zum Heimatschutz ist vorrangig die Unterstützung der Absicherung militärischer Anlagen der Bundeswehr und der Stationierungsstreit- kräfte Verbündeter im Inland. Der Beitrag zum Objektschutz durch Feldjäger umfasst den Schutz von besonders eingestuften und sicherheitsgefährdeten Objekten sowie kritischer Infrastruktur. Der Beitrag zum Raumschutz beinhaltet u. a. das Überwachen von Räumen sowie fähigkeitsspezifische Beiträge der Feldjäger zur Konvoi- und Marschbegleitung. zung findet in allen Phasen dieser Aufgabe durch fachspezifische Beiträge sowie fachliche Beratung seitens Feldjäger statt. 1 Bei Vorliegen der verfassungsrechtlichen Voraussetzungen STREITKRÄFTE BASIS 60 Spezialisierungen Alle zuvor dargestellten Kernaufgaben bestehen aus Einzelaufgaben. Teile dieser Einzelaufgaben sind aufgrund ihres polizeiähnlichen Einsatzspektrums nur auf Grundlage einer ergänzenden militärpolizeispezifischen Aus-, Fort- und Weiterbildung wahrzunehmen. Diese Einzelaufgaben werden als Spezialisierungen bezeichnet. Die wesentlichen Spezialisierungen sind in der Abbildung des Fähigkeitsprofils dargestellt. Sie erfordern neben den handwerklichen Kenntnissen einge- hende Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen sowie Einsatz- und Verfahrensgrundsätze militärpolizeilichen Vorgehens. Die umfangreichen unterschiedlichen Anforderungen an Feldjäger im Rahmen des Aufgaben - und Einsatzprofiles benötigen abgestimmte, aufeinander aufbauende Qualifikationsmerkmale, die zu einem individuellem Fähigkeitsprofil von Feldjägern führen sollen. Fähigkeitsprofil Feldjäger Gewahrsamsaufgaben Bei der Wahrnehmung von Gewahrsamsaufgaben der Bundeswehr außerhalb internationaler bewaffneter Konflikte unterstützen Feldjäger die zuständigen Vorgesetzten auf Grundlage der jeweiligen rechtlichen Vorgaben. Diese Unterstüt- Abb. 8 Fähigkeitsprofil Feldjäger Das individuelle Fähigkeitsprofil von Feldjägern besteht dabei aus drei Qualifikationsebenen: In erster Linie sind Feldjäger Soldaten, welche über die allgemeinmilitärischen Fähigkeiten ihrer jeweiligen Laufbahnausbildung verfügen. Sie erreichen damit die allgemeine Befähigung zum Kampf, die im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiterbildung vertieft wird. Kampf ist die verbindende Klammer der Landstreitkräfte. In zweiter Linie sind Feldjäger Militärpolizisten. Im Rahmen der fachlichen Dienstpostenausbildung werden Feldjäger in der lehrgangsgebundenen Ausbildung an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr mit dem notwendigen militärpolizeilichen Basiswissen für alle Kernaufgaben im Sinne einer querschnittlichen militärpolizeilichen Erstbefähigung ausgestattet. In dritter Linie sind Feldjäger Spezialisten. Aus den Kernaufgaben herausgelöst benötigen bestimmte Einzelaufgaben, aufgrund des vielseitigen militärpolizeilichen Anforderungsspektrums im In- und Ausland, ein höheres Maß an fachlicher Spezialisierung und deren spezifischer Aus-, STREITKRÄFTE BASIS 60 61 63 Headline Fort- und Weiterbildung. Art und Umfang des Fähigkeitsbedarfs sind unter Berücksichtigung der jeweiligen Einsatz- und Ausbildungsspezifika ausgeplant. Dabei sieht der Regelfall eine auf maximal zwei Spezialisierungen begrenzte Zusatz- Headline qualifikation vor. Gleichzeitig spiegelt dieses Profil das Selbstverständnis des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr, „Soldat-FeldjägerSpezialist", wider. 3.3Doktrin Oberstleutnant Ruben Thiel, Dezernatsleiter Regelungen/STANAG Das Vorschriftenwesen der Bundeswehr unterliegt einem umfassenden Wandel. Dieser Wandel umfasst nicht nur eine Änderung der Bezeichnung - im neuen System werden aus den allseits bekannten Vorschriften die sogenannten Regelungen - sondern auch das äußere Erscheinungsbild der neuen Dokumente sowie die umfangreichen inhaltlichen Anpassungen. Dieser Paradigmen- wechsel wird als das „Aktive Regelungsmanagement" bezeichnet. Hierfür zeichnet im System Weiterentwicklung Feldjägerwesen Bundeswehr das Systemelement Doktrin verantwortlich, welches sich im Dezernat Regelungen widerspiegelt. Doktrinen, insbesondere die neuen Regelungen, umfassen dabei die Umsetzung, vor allem die Verschriftlichung, der Fähigkeiten durch Festlegung von Führungs- und Einsatzgrundsätzen auf taktischer Ebene, im nationalen aber auch im multinationalen Bereich. des Umfangs erschwert wurde. Besonders für Feldjäger und deren Aufgabenerfüllung ist ein umfangreiches Vorschriftenwissen essentiell, welches mit der alten Vorschriftenlandschaft deutlich erschwert war. Auch war die Überarbeitung einer Vorschrift aufgrund der Schwerfälligkeit und Komplexität des damaligen Mitzeichnungssystems sehr zeitintensiv. Insbesondere konnten Erfahrungen aufgrund verschiedener Interessenlagen nicht zeitgerecht erfasst und eingebracht werden. Hinzu kam, dass der Änderungsdienst zusätzliche Ressourcen verbrauchte. Mit dem Arbeitsprogramm Deregulierung wurden die alten Strukturen des Vorschriftenwesens aufgebrochen und die Regelungen eingeführt. Auch unterliegen die Dokumente des Aktiven Regelungsmanagements einem regelmäßigen Zwang zur Überprüfung, sodass die Aktualität der enthaltenen Informationen stets hoch gehalten wird. Zudem sind die Zeiten für eine Überarbeitung deutlich verkürzt, wodurch auch kurzfristige Änderungen zeitnah umgesetzt werden können. Aktives Regelungsmanagement Die Entscheidung zur Reform des Vorschriftenwesens ist im Rahmen des Arbeitsprogramms Deregulierung im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr im Jahr 2013 mit dem Ziel getroffen worden, einerseits die Zahl der Vorschriften deutlich zu reduzieren und den Wechsel von der gedruckten zur digitalen Form zu initiieren. Im Folgejahr waren die Vorschriften auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf des Erhalts in das Regelungsformat zu überführen. Alle Vorschriften, die bis zum Ende des Jahres 2014, sozusagen als erste Hürde, nicht in die neue Systematik überführt wurden, sind außer Kraft. Spätestens seit 2015 müssen alle formal überführten Vorschriften inhaltlich überarbeitet werden, um sie vor allem zu „entschlacken" und zu aktualisieren. Diese zweite Hürde muss bis Ende 2015 vollzogen sein, da alle bis dahin zwar formal überführten, inhaltlich aber nicht überarbeiteten Vorschriften ebenfalls außer Kraft gesetzt werden. Unberührt von dieser zeitlichen Regelung bleiben Neuerstellungen. Für die Feldjäger bietet diese vollständige Überarbeitung der gesamten Vorschriftenlandschaft sowie weiterer fachspezifischer Konzepte, Befehle und Weisungen - aus insgesamt etwa 100 verschiedenen Dokumenten werden etwa 35 - eine historische Chance. Mit dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr gibt es nur noch eine Stelle, die fachliche Vorgaben macht, das heißt, dass eine einheitliche, stringente und logisch nachvollziehbare Dokumentenlandschaft geschaffen werden kann. Weiterhin kann, zentral gesteuert, auf die Fachexpertise der Feldjäger aus den Feldjägerverbänden als auch der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr zurückgegriffen werden, um einen kontinuierlichen Wissenstransfer sowie einen möglichst umfassenden Erfahrungserhalt zu garantieren. Vorteile von Regelungen Die Dokumente des Vorschriftenwesens der Bundeswehr zeichneten sich, besonders in der Endphase, in vielerlei Hinsicht negativ aus. Wenngleich die Inhalte über Jahrzehnte gewachsen und erprobt waren, konnte dennoch nicht verhindert werden, dass bereits Überholtes oder Binsen niedergeschrieben waren. Dies führte mitunter zu Dokumenten, deren Lesbarkeit und Verständlichkeit allein aufgrund Abb. 9 Dokumentenhierarchie STREITKRÄFTE BASIS 64 STREITKRÄFTE BASIS 64 65 Headline Headline Dokumentenlandschaft Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr Die oben dargestellten Veränderungen im Rahmen des Aktiven Regelungsmanagement haben uns die Möglichkeit gegeben, eine eigene Dokumentenlandschaft Feldjägerwesen Bundeswehr aufzubauen. Diese kann man sich dabei als ein Haus vorstellen, welches in den beiden letzten Jahren entstand und bezogen wurde. Wie beim Hausbau gilt auch hier, ständig zu renovieren, zu verbessern, auszubauen und die Einrichtung aktuell zu halten. Im aktiven Regelungsmanagement wurde den feldjägerspezifischen Regelungen eine eigene Ordnungsnummer zugeteilt. Entsprechend haben alle Bundeswehrangehörigen auf der Intranet-Seite „Regelungen-Online" unter der Ordnungsnummer 256 „Militärpolizeiliche Aufgaben" Zugriff auf die feldjägerspezifischen Regelungen. Dachdokument dieser feldjägerspezifischen Regelungslandschaft ist das schon im Absatz Konzeption erwähnte nationale Ergänzungsdokument zur NATO Allied Joint Publication (AJP) "Allied Joint Doctrine for Military Police". Dieses Dokument stellt mit der einschlägigen NATO Publikation den Rahmen für den Feldjägereinsatz auf der operativen Ebene. Parallel hierzu bestehen streitkräftegemeinsame Dokumente, die den Rahmen bei Fazit querschnittlichen und übergreifenden Themen bilden. Diese gelten grundsätzlich für die gesamte Bundeswehr oder zumindest klar definierte Teile davon und haben in der Regel zumindest einen feldjägerspezifischen Anteil. Für diese Regelungen ist der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr federführend verantwortlich. Im Obergeschoss unseres Dokumentengebäudes befinden sich die Grundsatzdokumente des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr. Diese setzen die grundsätzlichen Vorgaben für den Aufgabenbereich. Das Themenspektrum reicht von den grundsätzlichen Vorgaben zur Aufgabenwahrnehmung des Feldjägerdienstes Inland in der Bundeswehr, über die Beschreibung der Feldjägerregimenter bis hin zu Vorgaben wie im Bereich Datenschutz oder dem Grundsatzdokument für Aus-, Fort- und Weiterbildung. Im Erdgeschoss befinden sich die Verfahrens- und Durchführungsbestimmungen von Spezialisierungen und Einzelaufgaben. Sie bilden die Basis für Taktiken, Techniken und Verfahren der Feldjäger im Feldjägerdienst und Feldjäger-/MP- Einsatz. Aufbauend auf diesen Regelungen werden nach Maßgabe des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr weitere fachspezifische detaillierte Ausbildungsunterlagen erstellt und erlassen. Hiermit wird die Einheitlichkeit von Lehre und Ausbildung sichergestellt. Multinationaler Bereich Neben der beschriebenen nationalen Hauptaufgabe des Dezernats Regelungen beteiligt sich das Kommando Feldjäger der Bundeswehr auch an der Ausrichtung der NATO Militärpolizei. Dazu wurde innerhalb des regelmäßig tagenden NATO Militärpolizei-Gremiums, dem sogenannten MP Panel, eine Arbeitsgruppe Doktrin gebildet. Deren Aufgabe ist es, die NATO Dokumente mit militärpolizeilicher Relevanz aktuell zu halten sowie politische Entwicklungen und Einsatzerfahrungen aller NATO Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Dabei wird das wichtigste NATO Dokument für Militärpolizei derzeit von Deutschland als Verfasser betreut. Im Rahmen der Neuausrichtung haben NATO Dokumente einen signifikanten Stellenwert. Die Dokumentenlandschaft der Bundeswehr baut verstärkt auf den NATO Doktrinen auf und verdeutlicht so den Stellenwert der multinationalen Interoperabilität. Dafür werden, neben den militärpolizeilich relevanten, auch querschnittliche NATO Dokumente auf ihre Konsistenz mit Grundsätzen, Taktiken, Techniken und Verfahren der Feldjäger hin geprüft, um eine möglichst umfangreiche Abbildung des deutschen Verständnisses der militärpolizeilichen Aufgaben zu erzielen. In ähnlicher Weise werden die Feldjäger auch durch die anderen Organisationsbereiche an ihren Regelungen beteiligt. So wird sichergestellt, dass die feldjägerspezifischen Anteile, wo notwendig und angebracht, umfassend und relevant abgedeckt sind. STREITKRÄFTE BASIS 66 Aufgabe und Absicht des Systemelements Doktrin ist demnach keineswegs das simple Verfassen von Vorgaben und Verbindlichkeiten. Vielmehr werden durch das Sammeln, Auswerten und Beurteilen von aktuellen Entwicklungen sowie Erfahrungen und Ideen von Feldjägern handhabbare Handlungsanweisungen ebenengerecht erstellt. Unter Beteiligung der jeweiligen Experten aus den Feldjägerregimentern und der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr sollen praktikable Verhaltens- und Handlungsgrundsätze standardisiert zur Verfügung gestellt werden. So wird Handlungssicherheit im Feldjägerdienst beziehungsweise Feldjägereinsatz, national wie international, geschaffen. 3.4 Rüstung und Ausrüstung Oberstleutnant Andreas Birke, Dezernatsleiter Customer Product Management/ Rüstung Innerhalb des Systems Weiterentwicklung erfolgt im Systemelement „Rüstung" des Dezernates „Customer Product Management/ Ausrüstung/Rüstung/Fähigkeitslage" die materielle Hinterlegung der im Systemelement „Konzeption" definierten SOLL-Fähigkeiten durch materielle IST-Fähigkeiten. Für die differenzierte Einsatz- und Auftragslage des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr ist es, insbesondere vor dem Hintergrund eines sich ständig wandelnden Umfeldes, im Rahmen der konzeptionellen Ausrichtung der Bundeswehr weiterhin unumgänglich, die Ausrüstung dem Einsatzund Wirkungsszenario kontinuierlich anzupassen. Dies wird für die materielle Rüstung im „Integrierten Planungsprozess" (IPP) und durch den Prozess des „Customer Product Management (novelliert)" (CPM (nov.)) - dem Verfahren zur Bedarfsermittlung und -deckung mit Produkten und Dienstleistungen im Geschäftsbereich des Verteidigungsministeriums - in Form haushaltsbegründender Dokumente, der haushälterischen Planung sowie durch die Finanzbedarfsanalyse sichergestellt. Als weiterer Prozess-Baustein erfolgt die Sicherstellung der durchgängigen Nutzung des eingeführten Wehrmaterials durch die Betriebs- und Versorgungsverantwortung. Das betrifft zum einen das querschnittliche Material, das zum größten Teil die Ausrüstung der Feldjäger bestimmt und somit die Basis bildet. Die Weiterentwicklung hat hier aufgrund verschiedenster beeinflussender Faktoren, wie z. B. dem immer schneller werdenden Innovationszyklus der Industrie, dem allgemeinen technologischen Fortschritt bzw. der immer wichtiger werdenden Integration von Bausteinen der Informationstechnologie oder des sich in der Qualität rasant ändernden Bedrohungspotential im Einsatz, in den letzten Jahren an Dynamik erheblich gewonnen. Wenngleich auch die vor mehr als zwei Jahren neu formulierten Verfahren in der Rüstung und Beschaffung die Schnittstellen deutlich reduziert und eine streitkräftegemeinsame Betrachtung aller Projekte deutlich vereinfacht haben, ist es deshalb umso wichtiger, ein Informations- und Netzwerkmanagement zu bilden, in dem Interessen des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr adäquat vertreten werden können. Zum anderen ist auch die feldjägerspezifische Ausrüstung, welche die querschnittliche Ausstattung in militärpolizeilicher Hinsicht ergänzt, permanent der Auftrags- und Einsatzlage anzupassen. Neben der Auswertung der Erkenntnisse aus dem Feldjägerdienst Inland und aus dem Feldjägereinsatz im Ausland ist insbesondere auch an ressortübergreifenden Vorgängen, Vorhaben und Prozessen zu partizipieren, um auch Entwicklungen bei den Polizeien der Länder und des Bundes in die Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr einfließen lassen zu können. STREITKRÄFTE BASIS 66 67 Headline Fahrzeuge im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr Abb. 11 VW T5 Abb. 12 VW Widder Abb. 13 Wechselzeichenanlage Abb. 14 BMW R1200 RT Abb. 10 VW Widder während einer Marschbegleitung durch Feldjäger Ungeschützte Fahrzeuge Nach dem langen Nutzungszeitraum, in dem das Feldjägerstreifenfahrzeug „0,4t FJg" den Standard markierte und die Einführung des „Opel Kadett, FJg" zumindest in technischer Hinsicht ein neues Zeitalter im Feldjägerdienst einläutete, gestaltete sich die Weiterentwicklung der Feldjägerstreifenfahrzeuge in immer kürzeren Zyklen und gewann auch immer mehr an Dynamik. Natürlich war dies auch maßgeblich den Erkenntnissen aus den Einsätzen im In- und Ausland geschuldet. Mit der Einführung des Fahrzeugmanagements über die Bundeswehrfuhrparkservice GmbH wurde jedoch ein wahrer „Quantensprung" vollzogen. Für den Grundbetrieb und den Feldjägerdienst Inland ist der Aufgabenbereich mit ungeschützten Streifenfahrzeugen ausgestattet, welche für einen Zeitraum von ein bis vier Jahren bei der Bundeswehrfuhrparkservice GmbH angemietet werden. STREITKRÄFTE BASIS 68 Diese überwiegend handelsüblichen Fahrzeuge sind neben der Sondersignalanlage („Blaulichtbrücke") unter anderem auch mit Fernmeldemitteln ausgestattet. Feldjägerspezifische Ausstattungen wie beispielsweise die Unfallaufnahmeausstattung können mit diesen Fahrzeugen ladungssicher transportiert werden. Zusätzlich ist der Aufgabenbereich mit geländegängigen, ungeschützten Fahrzeugen ausgestattet, weiche neben dem Einsatz im Inland auch für den Feldjägerdienst im Ausland vorgesehen sind. Auch hier ist die Weiterentwicklung seit Einführung des VW T2 Syncro in die Feldjägertruppe deutlich dokumentiert. Abb. 11 Der VW T5 ist neben dem MB Vito das Standardfahrzeug im FJgDst Abb. 12 Der Widder von VW markiert den Standard bei den geländegängigen Einsatzfahrzeugen Abb. 13 Zur Begleitung von Schwerlasttransporten verfügt der AufgBer über Wechselzeichenanlagen, welche auf handelsübliche Transportfahrzeuge montiert sind Abb. 14 Eskortendienst Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr STREITKRÄFTE BASIS 69 Geschützte Fahrzeuge Speziell für den Feldjägereinsatz Ausland unter dem Szenar einer Bedrohung war es notwendig, an die jeweiligen Einsatzanforderungen angepasste, geschützte Fahrzeuge zu beschaffen. So verfügt der Aufgabenbereich über eine Typenvielfalt von geschütztem Transportraum. Diese Fahrzeuge verfügen über unterschiedliche Funktionalitäten wie Schutz, Kommunikationsmittel, Bewaffnung, Ladungskapazität sowie der Ausstattung mit einer Sondersignalanlage. Bei den Geschützten Führungs- und Funktionsfahrzeugen (GFF) verfügt der Aufgabenbereich in der Klasse 1 (GFF 1) über das geschützte Fahrzeug „ENOK" in der Variante „ENOK, Feldjäger" und „ENOK, Hundetransport", welche sukzessive den „WOLF, SSA" ablösen. Diese unbewaffneten Fahrzeuge sind mit Kommunikationsmitteln wie Funk, Satellitentelefon und einem Führungs- Informationssystem ausgestattet. Während in der Variante „ENOK, Feldjäger" Transportraum für vier Soldaten vorhanden ist, bietet die Variante „ENOK, Hundetransport" Platz für zwei Diensthundeführer und deren Diensthunde. Abb. 15 Protokollfahrzeug mit Sondersignalanlage Für den Personenschutzeinsatz im Inland stehen dem Aufgabenbereich Fahrzeuge der P5 Klasse (MB E-Klasse, 5er BMW und Audi A6) zur Verfügung, welche mit einer verdeckten Sondersignalanlage und zusätzlich mit Wechselkennzeichen ausgestattet sind. Für Personenschutzeinsätze in besonderen Einsatz- und Gefährdungslagen wer- den auch im Inland sondergeschützte Fahrzeuge eingesetzt. Im Rahmen protokollarischer Einsätze kann der Aufgabenbereich sowohl auf Protokollfahrzeuge der P5 Klasse (MB E-Klasse, 5er BMW und Audi A6) mit Sondersignalanlage als auch auf Eskortekräder vom Typ BMW R 1200 RT zurückgreifen. Abb. 16 Feldjäger ENOK Abb. 17 EAGLE Abb. 18 Mercedes Benz SSA markiert den Standard bei den geschützten geländegängigen Einsatzfahrzeugen STREITKRÄFTE BASIS 70 STREITKRÄFTE BASIS 70 71 Headline In der Klasse 2 (GFF 2) wurden der „EAGLE IV" und der „EAGLE V" für den Aufgabenbereich beschafft. Auch diese Fahrzeuge bieten Transportraum für vier Mann Besatzung, verbunden mit einem höheren Schutzniveau gegenüber der GFF Klasse 1, dazu verfügt das GFF 2 zusätzlich über eine fernlenkbare Waffenstation für das mittlere Maschinengewehr (derzeit Maschinengewehr MG 3, Kaliber 7,62 mm). Eine Integration des Rüstsatzes, Feldjäger, unter anderem mit einer Sondersignalanlage, wurde initiiert. Headline Als DINGO 2 und YAK werden die geschützten Fahrzeuge bezeichnet, welche für den Aufgabenbereich in der Klasse 3 (GFF 3) zum Einsatz kommen. Neben dem noch höheren Schutz der Besatzung gegenüber der Klassen 1 und 2 verfügen diese Fahrzeuge ebenfalls über eine fernlenkbare Waffenstation, allerdings für das schwere Maschinengewehr, Kaliber 12,7 mm oder für die 40 mm Granatmaschinenwaffe. Der DINGO 2 bietet Transportraum für sechs Soldaten. Eine Integration des Rüstsatzes Feldjäger unter anderem mit einer Sondersignalanlage wurde analog zum EAGLE ebenfalls auf den Weg gebracht. Abb. 19 EAGLE IV •Der Mehrzweckaufbau „Feldjägereinsatz" bietet Platz für drei Soldaten bzw. Soldatinnen, verfügt über eine fernlenkbare Waffenstation und kann - unter anderem - feldjägerspezifische Ausstattungen ladungssicher transportieren. •Der Mehrzweckaufbau „Wasserwerfer" kann mittels Druckluftimpuls 12 Liter Wasser im Einzelschuss oder 24 Liter im Doppelschuss bis zu 55 m weit werfen und wird im Rahmen von Crowd and Riot Control Einsätzen bei unfriedlichen Demonstrationen eingesetzt. Abb. 20 Dingo 2 STREITKRÄFTE BASIS 72 Der YAK wiederum kann jeweils einen von drei unterschiedlichen Mehrzweckaufbauten aufnehmen. Diese bieten die Möglichkeit, den YAK als Gefangenentransporter, als Wasserwerfer oder als Feldjägereinsatzfahrzeug einzusetzen, im Detail bieten die Mehrzweckaufbauten folgende Spezifikationen: •Der Mehrzweckaufbau „Gefangenentransport" bietet sechs in Gewahrsam genommenen Personen und zwei Soldaten bzw. Soldatinnen zur Überwachung Platz. STREITKRÄFTE BASIS 72 73 Headline Headline Funk und Führungsmittel im Wandel Der Weg vom Feldkabel zu Funk- und Kommunikationssystemen Über Jahre umfassten die Funk- und Fernmeldemittel die Möglichkeit der Weitergabe von Befehlen mittels Sprache. Dabei handelte es sich um eine analoge Welt, bestehend aus dem Feldkabelbau bis hin zu den heute noch in Nutzung befindlichen Funkgeräten, z. B. SEM 52. Dabei war die Leistungsfähigkeit der verschiedenen Funk- und Fernmeldemittel unter den besonderen Bedarfsforderungen des Feldjägerdienst/ Feldjägereinsatz eher limitiert. Insbesondere der nichtsprachliche Informationsaustausch, wie z. B. mittels Kurznachrichten, lässt sich mit den derzeitigen Fernmeldemitteln nur eingeschränkt realisieren. Abb. 21 YAK mit Mehrzweckaufbau Gefangenentransport, FJg-Einsatz und Wasserwerfer (von links nach rechts) Zur Betankung des YAK mit Mehrzweckaufbau „Wasserwerfer" kommt der Lkw 15t Multi mit Fahrzeug-Schutz-Ausstattung zum Einsatz, welcher 10.000 Liter Wasser in seinem verlasteten Tankcontainer mitführen kann. Zum Transport von Munition, Wasser, Betriebsstoff oder Stückgut kommen Geschützte Transportfahrzeuge (GTF) zum Einsatz. Speziell im Aufgabenbereich wird hierzu der „Lkw, 4x4, Winde, geschützt" eingesetzt. Dieser Lkw bietet Transportraum für zwei Soldaten bzw. Soldatinnen und ist ebenfalls mit Kommunikationsmitteln ausgestattet. abdeckung, die Anbindung an unsere nationalen aber auch multinationalen Partner, das Übermitteln der eigenen Position und auch die mobile Anbindung an die „Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben" wurden als Kernforderungen formuliert. Für unseren Aufgabenbereich skizziert soll es dabei eine Verbindung von einem Gefechtsstand bis hin zur Ebene „Feldjägerstreife" ohne Zwischenstationen geben - das heißt im taktischen Sinne - „ebenenübergreifend". Abb. 23 SEM 52 SL Mit dem Wandel der Fernmelde- und Informationstechnik von analoger zu digitaler Datennutzung war bzw. ist es unerlässlich, mit der auch zivil genutzten Technik Schritt zu halten. Dem folgend, wurde eine Initiative erarbeitet, die „Mobile Taktische Kommunikation". Das Ziel dieser Initiative ist nicht nur die Beschaffung von neuen Funkgeräten, sondern auch die Hinwendung zur Nutzung eines „Internet Protokoll" basierenden Netzwerks. Hier sollen alle gesammelten Erfahrungen der letzten Jahre mit einfließen. Insbesondere die Herausforderungen zur Netz- Abb. 22 GTF 5t (LKW, 4x4, geschützt) STREITKRÄFTE BASIS 74 Um die taktische und mobile Kommunikation zu verbessern, wird unter anderem in einer Studie untersucht und erprobt, inwiefern eine Breitbanddatenübertragung und eine Bündelung von Funk nutzbar sind. Da ein solches System aus mobilen Zellen bestehen soll, welche die Integration der Systemkomponenten in einem geschützten Fahrzeug (GFF/GTF) erlauben, spricht man von „Hochmobilen Zellularen Netzen". Diese hochmobilen Zellen erlauben nicht nur eine direkte Funkkommunikation von einem zum anderen Fahrzeug, sondern bilden in der Fläche verteilt STREITKRÄFTE BASIS 74 75 Headline eine Infrastruktur, welche eine weitreichende Netzabdeckung ermöglicht (zellulares Netz). Das heißt jeder ist nicht nur Sender und Empfänger einer Nachricht sondern reicht diese automatisch bei Bedarf an den eigentlichen Empfänger weiter. Ein zukünftig geplantes zellulares Netz besteht dabei aus den Hauptkomponenten „Mobile Zelle", „Grundbefähigung" und „Verlegefähige Zelle". Headline Die Initiative „Mobile Taktische Kommunikation" und die daraus resultierende Umsetzung, wie z. B. „Hochmobile Zellulare Netze", wird für das Feldjägerwesen Bundeswehr eine deutliche Steigerung der Führungsfähigkeit bedeuten, was sich nicht zuletzt auf die Qualität der Auftragserfüllung auswirken wird. Feldjägerspezifische Bekleidung und Ausrüstung Grundsätzlich verfügte der Feldjäger seit Gründung der Truppengattung über die persönliche Bekleidung und Ausrüstung des Heeres. Darüber hinaus galt es, den einsatzspezifischen Forderungen der Feldjäger auch in diesem Segment gerecht zu werden. Anfang der 70er Jahre wurden Feldjäger mit dem „Koppelzeug" und der „Pistolentasche, Feldjäger" ausgerüstet. Aufgrund der Fertigung in weißem Leder wurde dieser Sonderbekleidungssatz - insbesondere auch im Zusammenhang mit der „Schirmmütze, Feldjäger" mit einem weißen Schirmbezug - umgangssprachlich als „Weißzeug" bezeichnet. Aufgrund der Standardisierung und des Bedarfs, sich auch optisch an die Militärpolizeien der verbündeten NATO Staaten anzupassen und gleichzeitig den immer mehr Seit 2004 tragen Feldjäger das „Schwarzzeug", wie früher bereits das „Weißzeug", mit Stolz. Die Armbinde „MP/Feldjäger" gilt als klares Erkennungszeichen für den heutigen deutschen Militärpolizisten im In- sowie im Ausland. Ansonsten erhielt der Feldjäger mit Einführung des Schwarzzeuges moderne Einsatzmittel wie den Rettungsund Mehrzweckeinsatzstock, eine Stabtaschenlampe und ein neues adaptives Koppel, mit der Möglichkeit zur Aufnahme von Magazintaschen, Reizstoffsprühgerät 4, Pistolenholster, Handschließen und weiterer Ausrüstungsgegenstände. Abb. 25 So könnten Teile des geplanten neuen „Schwarzzeugs" aussehen Abb. 24 Operationelles Konzept HochZeN (oben) und Mobile Zelle integriert in EAGLE IV (unten) STREITKRÄFTE BASIS 76 aufkommenden Einsatzverpflichtungen gerecht zu werden, wurde ab 1992 daran gearbeitet, das „Weißzeug" gegen das heute noch vorhandene „Schwarzzeug" auszutauschen. STREITKRÄFTE BASIS 76 77 Headline Headline Waffen: Vom Gewehr G1 und Pistole P1 zu den heutigen Handwaffen Das gilt auch für die Bewaffnung. Die erste Ausstattung der Feldjägertruppe mit Waffen war sehr übersichtlich und bestand in den Anfängen aus der Pistole P1. Ergänzt wurde die Ausstattung ab 1959 mit dem bekannten Gewehr G3, das seinerzeit das erste Standardgewehr der Bundeswehr, das G1, ersetzte. Auch eingeführt wurde die Maschinenpistole MP2 (UZI), weiche bis zum heutigen Tage vereinzelt noch in der Nutzung ist. Damit war die Feldjägertruppe lange Zeit nur querschnittlich bewaffnet. Als erste Waffe für eine Spezialisierung im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr wurde in den sechziger Jahren die Pistole P21, auch bekannt als Walther PPK, sowie ab 1985 erstmalig eine Pistole „exklusiv" für den Aufgabenbereich, die Pistole P7, eingeführt, welche 2013 durch die Pistole P30 abgelöst wurde. Zusätzlich wurde den besonderen Anforderungen des Personen- und Begleitschutzes mit dem Austausch der Maschinenpistole MP2 durch die MP5k Rechnung getragen. Die MP5k wurde bis 2012 genutzt und bereits ab 2008 durch die Maschinenpistole MP7 schrittweise abgelöst. Hier wurden erstmalig nutzerspezifische Ergänzungssätze (Standard/ Personenschutz) implementiert. Ein Konzept, das auch für das ab 1998 eingeführte Sturmgewehr G36 später umgesetzt wurde. Die nutzerspezifischen Anforderungen wurden hier bei dem in 2014 eingeführten Gewehr G36K A4, berücksichtigt. Auch hier gibt es einen speziell auf die Feldjägertruppe zugeschnittenen Ergänzungssatz. Anstehende Projekte sind u. a. die Regeneration des Maschinengewehrs MG3. Dies soll in zwei Klassen erfolgen, MG, leicht (MG4, Kaliber 5,56mm) sowie MG, mittel (MG5, Kaliber 7,62mm). Der Aufgabenbereich verfügt bereits jetzt, jedoch in geringen Stückzahlen, über das MG4. Auch an dem Projekt für den Nachfolger des Scharfschützengewehrs G22 ist der Aufgabenbereich beteiligt. Über „Einsatzbedingten Sofortbedarf" wurde auch das Gewehr G28 „Designated Marksman Rifle" eingeführt. Nicht vergessen werden soll hier die Pistole P8, die vor fast 20 Jahren als Standardbewaffnung, zeitgleich mit dem G 36, eingeführt wurde und auch weiterhin im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr genutzt wird. Abb. 26 Über Jahrzehnte hinweg der Standard in der Bewaffnung der Bw: P1, G3 und MP2 (von links nach rechts) Abb. 27 Können mit nutzerspezifischen Ergänzungssätzen ausgestattet werden - MP7, G36k und G28 STREITKRÄFTE BASIS 78 STREITKRÄFTE BASIS 78 79 Headline Headline 3.5 Neugestaltung der Ausbildung Oberstleutnant Oliver Stratmann, Dezernatsleiter Ausbildung und Internationale Kooperation Im System der Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr stellt der Bereich der Ausbildung das Element dar, in dem Konzeption und Rüstung in die konkreten Vorgaben für die fachliche Ausbildung von Feldjägern integriert werden. Darüber hinaus werden hier streitkräftegemeinsame Vorgaben und Forderungen in die Ausbildung der Feldjäger implementiert. Laufbahnausbildung Als fachlich zuständige Stelle für die Aus-, Fort und Weiterbildung der Feldjäger entwickelt das Kommando Feldjäger der Bundeswehr Vorgaben für die militärfachliche Ausbildung von Führungsund Fachpersonal im Aufgabenbereich und übernimmt die Steuerung der Ausbildung an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr. Angelehnt an das bewährte Prinzip der Verbindung von Unterricht und Praxis, wie es aus der zivilen Berufsausbildung bekannt ist, ist die Ausbildung der Feldjäger in mehrere Lehrgangsund Praktikumsabschnitte gegliedert. Insgesamt verbringen die Soldatinnen und Soldaten im Verlaufe ihrer ersten drei Ausbildungsjahre etwa 24 Monate an verschiedenen Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr und 12 Monate in einer Feldjägereinheit, wo sie das erworbene Wissen unter Anleitung erfahrener Feldjäger in der Praxis anwenden können. Der dabei zu erreichende Dreiklang „SoldatFeldjäger-Spezialist" stellt aufgrund der Vielfältigkeit der Fähigkeitsforderungen an die Feldjäger die größte Herausforderung dar. Trotz des stark militärpolizeilich geprägten Aufgabenspektrums sind Feldjäger in erster Linie Soldaten. Die zum Bestehen im Kampf erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten stehen folglich zu Beginn der militärischen Ausbildung im Mittelpunkt. Abb. 29 Feldjäger bei der Schießausbildung Im Rahmen der Laufbahnausbildung erfolgt darüber hinaus die Qualifikation als Feldjäger für den Dienst in Deutschland und für Einsätze weltweit. Jeder Feldjägerfeldwebel kann zum Abschluss des dritten Ausbildungsjahres im militärischen Verkehrs- und Ordnungsdienst eingesetzt werden. Er kann weiterhin Sicherheitsaufgaben wahrnehmen, zum Beispiel bei der Absicherung eines feierlichen Gelöbnisses in der Öffentlichkeit oder im Rahmen der Zugangskontrolle zu einem militärischen Sicherheitsbereich. Darüber hinaus kann er an einem Unfall- oder Tatort erste Maßnahmen der Spurensicherung durchführen und erforder- liche Maßnahmen zur Aufklärung von einfachen Sachverhalten einleiten. Er ist zur Sicherung von Objekten befähigt und kann im Rahmen von Einsätzen zur Bewältigung von Unglücksfällen oder Katastrophen eingesetzt werden. Der korrekte und rechtssichere Umgang mit in Gewahrsam genommenen Personen rundet dieses grundlegende, jedoch bereits überaus fachlich geprägte und vielfältige Fähigkeitsprofil des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr ab. Feldjägeroffiziere erreichen diesen Ausbildungsstand nach 7 1/2 Jahren, bedingt durch das in die Laufbahnausbildung integrierte Hochschulstudium. Abb. 28 Feldjäger eingesetzt als Wasserwerfer mit Postenkette STREITKRÄFTE BASIS 80 STREITKRÄFTE BASIS 80 81 83 Headline Headline Fachliche Spezialisierung Als letzter Schritt der Ausbildung der Feldjägerfeldwebel erfolgt im vierten Dienstjahr der Erwerb von einer oder auch zwei Spezialisierungen, die eine deutliche Vertiefung der Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten aus dem grundlegenden Aufgabenspektrum mit klarer Fokussierung auf einen kleinen Bereich darstellen. In der Abbildung „Fähigkeitsprofil Feldjägerwesen Bundeswehr" (siehe Abb. 8 Fähigkeitsprofil Feldjäger) sind diese Spezialisierungen im äußeren Kreis erkenntlich. Aufgrund der differenzierten Rechtsstellung der Feldjäger je nach Auftrag und Ort, sind in der Ausbildung die Herausforderungen des Feldjägerdienstes im Inland mit den Anforderungen von Feldjägereinsätzen im Ausland in Einklang zu bringen. Dies verleiht der Ausbildung ein hohes Maß an Komplexität. Während einige Aufgaben, wie zum Beispiel die Kontrolle von Gefahrguttransporten, nur in Deutschland ausgeführt werden, sind andere Aufgaben, wie beispielsweise die Durch- Weiterbildung und Fortbildung führung von Zugriffsdurchsuchungen, ausschließlich im Ausland bzw. im Einsatz anzuwenden. Ein erheblicher Anteil des Aufgabenspektrums findet dennoch sowohl im Inland wie auch im Ausland Anwendung. Dies wiederum bringt teilweise sehr unterschiedliche Ausführungsmodalitäten mit sich. Zur Verdeutlichung sei aufgeführt, dass der Personenschutz für eine Person innerhalb Deutschlands sich vom Personenschutz für eine Person im Auslandseinsatz unter anderem aufgrund der Bedrohungslage, der eingesetzten Waffen und des Materials, der Evakuierungsoptionen, der Verfügbarkeit ärztlicher Unterstützung, der Einbindung anderer Kräfte und vieler weiterer Umstände unterscheidet, die teilweise erhebliche taktische Anpassungen erforderlich machen. Für Feldjägeroffiziere ist der Erwerb derjenigen Spezialisierung vorgesehen, die dem geführten Feldjägerzug entspricht. Abb. 30 Feldjäger bei der Ausübung ihrer Spezialisierungen (Personenschutz) Erhebungs- und Ermittlungsgruppe. Soldaten bzw. Soldatinnen mit besonderem Leistungsprofil werden in diesem Rahmen dazu geschult, spezialisierte Feldjäger ihrer Einheiten in Übung zu halten und weiterzubilden. Im Sinne dieses Prinzips des lebenslangen Lernens besuchen die Führer bzw. Führerinnen der Spezialisierungen einmal innerhalb von jeweils zwei Jahren einen Weiterbildungslehrgang bei der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr. Ausbildungseinrichtungen Lebenslanges Lernen und damit die stetige persönliche Weiterentwicklung ist auch außerhalb der Spezialisierung ein Eckpfeiler der Qualitätssicherung im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr. Aus diesem Gedanken heraus werden sowohl für Feldjägerfeldwebel als auch für Feldjägeroffiziere regelmäßig Fort- und Weiterbildungslehrgänge durch die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr durchgeführt. Als zentrale Ausbildungseinrichtung für die fachliche Ausbildung von Feldjägern ist die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover mit einer ausgezeichneten Infrastruktur ausgestattet. Die Nachstellung von Tatorten, eine hoch professionelle Fahrfläche, Teile des Truppenübungsplatzes Bergen und eine Raumschießanlage sind dabei nur einige Beispiele für sogenannte „Handlungs- Abb. 30a Feldjäger bei der Ausübung ihrer Spezialisierungen (Personenschutz) STREITKRÄFTE BASIS 84 Um die dargestellte Pluralität der Fähigkeitsforderungen bewältigen zu können, sind zusätzlich zu einer fundierten Ausbildung die stetige Weiterbildung und Inübunghaltung sowie eine zielgerichtete Fortbildung erforderlich. Eine besondere Bedeutung hat deshalb die Fortbildung zum Führer bzw. zur Führerin einer Spezialisierung, zum Beispiel zum Kommandoführer bzw. zur Kommandoführerin im Personenschutz oder zum Führer bzw. zur Führerin einer STREITKRÄFTE BASIS 84 85 Headline Headline 3.6 Feldjäger im Blick der internationalen Zusammenarbeit Oberstleutnant Oliver Stratmann, Dezernatsleiter Ausbildung und internationale Kooperation Die internationale Zusammenarbeit in NATO, Europäischer Union und den Vereinten Nationen ist ein bestimmender Faktor für die Auftragserfüllung der Bundeswehr. Auf der Ebene Kommando Feldjäger der Bundeswehr ist es die internationale Kooperation als Element des Systems Weiterentwicklung, welche die internationale Zusammenarbeit steuert. Die internationale Zusammenarbeit im Auftrag der Bundesregierung vollzieht sich ressortübergreifend und auf mehreren Ebenen mit dem Ziel, mit Regierungen anderer Staaten Kontakte zu entwickeln, zu pflegen und auszubauen, um so Konfliktvorsorge zu treffen und damit langfristig zur Krisenvorsorge und Stabilitätsförderung beizutragen. Um eine zielgerichtete und erfolgreiche internationale Zusammenarbeit zu ermöglichen, ist es erforderlich, ein breites Spektrum von Fähigkeiten vorzuhalten. Handlungsfelder der internationalen Zusammenarbeit Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr gestaltet die internationale Zusammenarbeit im Militärpolizeiwesen in verschiedenen Handlungsfeldern aus. Abb. 31 Erheber und Ermittler bei der Ausbildung in einem Handlungstrainer der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr trainer", welche die Ausbildung unter realistischen Bedingungen und mit abwechslungsreichen Situationen gewährleisten. Die Verknüpfung dieser Einrichtungen ermöglicht am Ende den letzten Schritt der Ausbildung: die Übung. Nachdem die Feldjäger in ihrer Spezialisierung ausgebildet und durch die Führer bzw. Führerinnen der Spezialisierungen zu einem funktionierenden Team weitergebildet worden sind, gilt es nun abschließend dafür Sorge zu tragen, dass die verschiedenen Spezialisierungen auch gemeinsam wirken können. Im Rahmen einer Zugriffsdurchsuchung können beispielsweise der Zugriffstrupp selbst, die Erheber/Ermittler, mehrere Diensthundeteams, Präzisionsschützen und nicht spezialisierte Sicherungskräfte beteiligt sein. Um das Zusammenwirken dieser Kräfte noch effektiver zu ermöglichen, werden die Ressourcen der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr ab 2016 in dem Übungszentrum Feldjäger Bundeswehr zusammengefasst. Dadurch werden die Nutzung für die Feldjägerregimenter vereinfacht und die beschriebenen Übungen ermöglicht. In der Zusammenfassung ist festzustellen, dass die fachliche Ausbildung von Feldjägern der stetigen Anpassung an die Anforderungen des Dienstes und der Einsätze unterliegt und auf bewährte Prinzipien der Erwachsenenbildung zurückgreift. Die Ausbilder sind einsatzerfahrene Profis und die Ausbildungseinrichtungen entsprechen hohen Standards. Wir können unseren Feldjägern keine Erfahrung lehren, aber wir bereiten sie so gut vor, dass sie diese selbst sammeln können. STREITKRÄFTE BASIS 86 Abb. 32 Handlungsfelder der internationalen Zusammenarbeit im Jahr 2015 STREITKRÄFTE BASIS 86 87 Headline So besteht mit Österreich eine strukturierte Partnerschaft, welche über viele Jahrzehnte gewachsen ist. Diese erstreckt sich von gegenseitigen Lehrgangsteilnahmen über gemeinsame Übungen bis hin zu gemeinsamen Einsätzen im Rahmen der Krisenvorsorge. In den letzten Jahren wurde diese Zusammenarbeit als eine Kooperation im sogenannten D-A-CH Verband (Deutschland - Österreich - Schweiz) sowie unter Beteiligung von Polen Headline führt. Bei dieser Übung wurde die Spezialisierung „Personenschutz" mit dem Ziel der Identifizierung von gemeinsamen Anknüpfungspunkten für Ausbildung und Einsatz geübt. Weitere gemeinsame Übungen wurden für die Jahre 2015 und 2016 vereinbart. Im Aufgabenfeld der internationalen Ausbildungskooperation bilden die Zusammenarbeitsprogramme (ZAP) mit Österreich und der Schweiz auf Basis der jewei- Besondere Kooperationen im Rahmen der NATO Ein weiterer Bestandteil der internationalen Kooperation ist die Beteiligung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr am Standardisierungsprozess der NATO. Für die Ausplanung zur Neuausrichtung der Bundeswehr wurde als eine der ministeriellen Leitlinien die konsequente Ausrichtung auf den Einsatz sowie die zukünftig steigende Bedeutung der multinationalen Zusammenarbeit vorgegeben. Es kam dabei nicht nur darauf an, eingegangene internationale Verpflichtungen verlässlich erfüllen zu können, sondern auch die Befähigung der Bundeswehr zum multinationalen Zusammenwirken mit den Partnern in NATO und Europäischer Union durch konsequenten Aus- und Aufbau modularer und interoperabler Fähigkeitspakete zu verbessern und zu erweitern. Das wesentliche Instrument zur Herstellung und Erhaltung von Interoperabilität ist die Standardisierung von Grundsätzen, Verfahren und Material. Vor dem Hintergrund der Erweiterung der NATO und der Zusammenarbeit mit „Partnership for Peace“-Staaten wächst die Bedeutung von Standardisierung stetig. Diese Standardisierungsarbeit für die Militärpolizeien der NATO und „Partnership for Peace“Nationen findet im „NATO Military Police Panel" statt. Dieses Gremium ist der „Land Operations Working Group" zugeordnet und fester Bestandteil der NATO Standardisierungsorganisation. Das NATO Military Police Panel tagt dreimal jährlich an wechselnden Orten. Es hat durchschnittlich 50 Teilnehmer aus 22 Nationen sowie NATO Dienststellen bzw. Partnerorganisationen. Dies sind beispielsweise das Allied Command Operations, das Allied Command Transformation, das NATO Military Police Centre of Excellence, das NATO Stability Policing Centre of Excellence, die Joint Forces Commands sowie das Hauptquartier der European Gendarmerie Force. Das wesentliche Grundlagendokument der NATO für die Aufgabe „Military Police" ist das Standardization Agreement 2296, die „Allied Joint Doctrine for Military Police". Dieses Dokument definiert auf operativer Ebene die Möglichkeiten der militärpolizeilichen Unterstützung in multinationalen Einsätzen sowie die Rolle des Provost Marshal als militärpolizeilicher Berater des Kommandeurs. Deutschland nimmt seit 2009 die Funktion des Kustoden für dieses Dokument wahr. Dies beinhaltet die Verantwortlichkeiten als Bearbeiter bzw. Verfasser sowie als international arbeitender, fachlicher und administrativer Koordinator für das Dokument im Auftrag der NATO. Abb. 33 Feldjäger bei einer multinationalen Übung in verschiedenen Projekten fortgeschrieben und intensiviert. Mit Polen bestehen derzeit bilaterale Beziehungen auf Ebene einer wechselseitigen Unterstützung mit dem Ziel, eine strukturierte Partnerschaft zu schaffen. Entsprechende Positionspapiere (Letters of Intent) im Militärpolizeiwesen wurden durch die Verantwortlichen der beiden Militärpolizeien gezeichnet. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit wurde 2014 erstmalig eine gemeinsame Übung mit Österreich, der Schweiz und Polen in Deutschland durchge- ligen bilateralen Ausbildungsabkommen sowie die Ausbildungskooperation mit USA derzeit die Schwerpunkte. Aber auch die Möglichkeit der Partizipation an Einzelmaßnahmen des Ausbildungsverbundes „Nordic Defence Cooperation", einem zweckgebundenen Zusammenschluss skandinavischer Staaten, sowie zum Beispiel die Teilhabe am sogenannten „International Military Police Course" in Irland bieten in diesem Aufgabenfeld Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung von Feldjägern an ausländischen Ausbildungseinrichtungen. STREITKRÄFTE BASIS 88 STREITKRÄFTE BASIS 88 89 Headline Headline Internationale Kooperation außerhalb bestehender Bündnisstrukturen Über die Kooperationen innerhalb der Bündnisstrukturen hinaus pflegt das Bundesministerium der Verteidigung die militärpolitische und militärische Zusammenarbeit mit annähernd 90 Staaten, welche mehr oder weniger von besonderer militärpolitischer Bedeutung sind. Diesen Staaten werden aktiv bei großer militärpolitischer Bedeutung oder reaktiv bei weniger militärpolitischer Bedeutung Kooperationsprogramme in Form bilateraler Jahresprogramme unterbreitet. Im Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr werden jährlich bis zu sechs dieser Kooperationsmaßnahmen entweder als Besuch in einem Kooperationsland oder als Gastgeber für ausländische Delegationen in Deutschland durchgeführt. Weitere Instrumente der internationalen Kooperation stellen militärische Berater, militärische Ausbildungsunterstüt- zung und -hilfen, Ausbilderleistung im Ausland sowie die Ausrüstungs- bzw. Ausstattungshilfe dar. So bildet der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr regelmäßig unter anderem afghanische, ukrainische und mongolische Soldaten auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Qualifikationen teilweise über mehrere Jahre aus. Außerdem durchlaufen zum Beispiel afghanische Kadetten die gesamte Ausbildung zum Feldjägeroffizier, je nach Vereinbarung mit oder ohne Hochschulausbildung an einer der beiden Universitäten der Bundeswehr. Bei der Anwendung dieser Instrumente wird grundsätzlich der nachgeordnete Bereich, also die Feldjägerregimenter und die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr, mit der Durchführung beauftragt. Abb. 34 Feldjäger bei der ILÜ LandOp 2013 Abb. 35 Feldjäger und schwedische Soldaten bei der ILÜ 2008 Abb. 36 Besuch einer Delegation aus Armenien STREITKRÄFTE BASIS 90 STREITKRÄFTE BASIS 90 91 4 Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz 4.1 Feldjäger in Afrika 4.2 Feldjäger auf dem Balkan 4.3 Feldjäger in Afghanistan 4.4 Feldjäger in See 4.5 Einsatzgleiche Verpflichtungen 4.6 Militärische Evakuierungsoperationen 4.7Gedenken Feldjäger überwachen das Gelände während eines Buzkashi-Spiels in Kunduz, 2005. (Buzkashi ist ein traditionelles Reiterspiel in Afghanistan und anderen persisch- und turksprachigen Teilen Zentralasiens.) STREITKRÄFTE BASIS 93 93 4 Feldjäger im Ausland/Auslandseinsatz eadline Hptm Ralph Müller, Dez FJgEinsAusl/EinsNBer Die Bundeswehr war bis 1994 außerhalb der Bundesrepublik Deutschland nur für humanitäre Missionen eingesetzt. Deutsche Soldaten führen jedoch bereits seit 1960 weltweite humanitäre Hilfsaktionen im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland durch, beispielsweise in Agadir, Marokko nach der Erdbebenkatastrohe (1960), bei der internationalen Hilfsaktion für Algerien (1965), bei Katastrophenhilfen nach Erdbeben in Italien (1976, 1980) oder der Hungerhilfe in Äthiopien (1984) und Namibia (1988). Neben den humanitären Missionen der Bundeswehr wurden von August 1990 bis September 1992 die Operation „Südflanke" von Minenabwehrkräften der Marine zur Minenräumung im Persischen Golf, gefolgt vom Einsatz der Luftabwehrkräfte in Diyarbakir (Türkei) im Rahmen der Allied Command Europe Mobile Force (AMF Air) der NATO zum Schutz der Türkei vor Angriffen aus dem Irak und ab November 1991 die Unterstützung der UN Advanced Mission in Cambodia (UNAMiC) in Kambodscha durch Sanitätssoldaten durchgeführt. Feldjäger der Bundeswehr wurden im Rahmen der Stabilisierungsmission „United Nations Operation in Somalia II“ ab Januar 1993 erstmals in einem mandatierten Auslandseinsatz der Bundeswehr eingesetzt. Die Erfahrungen bei Durchführung des Feldjägerdienstes im internationalen Umfeld, welche bis dato in den Feldjägerkommandos der Truppenübungsplätze Castlemartin (Großbritannien) und Shilo (Kanada), auf Headline Kreta bei der Unterstützung taktischer Schießen der Luftwaffe oder bei der Teilnahme an Manövern der internationalen Allied Mobile Force z.B. in der Türkei, Griechenland, Italien, und Skandinavien sowie weiterer internationaler Übungen gesammelt werden konnten, unterstützten einen reibungsarmen Eintritt der Feldjäger in das Erweiterte Aufgabenspektrum der Bundeswehr. Seit 1993 sind Feldjägerkräfte mit ihren speziellen Aufgaben und Fähigkeiten in nahezu jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr eingebunden. Mit den aus unterschiedlichen Einsatzszenarien resultierenden Veränderungen und Anforderungen an unsere Truppengattung hat sich auch das Fähigkeitsbild und Selbstverständnis des Feldjägers gewandelt und entwickelt, wie das Bild und die Wahrnehmung des Feldjägers bei Truppenführern und der Truppe selbst. Während 1993 beim Einsatz in Somalia noch ein allgemeiner Schlüssel von einem Feldjäger auf 50 Soldaten für die Abdeckung der militärpolizeilichen Kernaufgaben militärischer Ordnungsdienst, militärischer Verkehrsdienst und Wahrnehmung von Sicherheitsaufgaben zur Anwendung kam, werden heute für jedes einzelne Einsatzszenario benötigte Fähigkeiten wie allgemeine Feldjägerfähigkeiten, Personenschutz, Erhebungen und Ermittlungen, Luftsicherheitsaufgaben, Diensthundewesen, Zugriff oder Crowd and Riot ControlKräfte (CRC) bewertet und abgerufen. Trotz der notwendigen und erfolgten Spezialisierung unserer Truppengattung ist die allgemein-militärische Ausbildung und Ausrichtung des Soldaten die grundlegende Basis geblieben, gefolgt von der in allen Laufbahnlehrgängen abgebildeten militärpolizeilichen Grundlagenausbildung. Infolgedessen ist der Feldjäger unabhängig von seiner Spezialisierung überall und jederzeit für allgemeinmilitärische Aufträge wie Force Protection und allgemeine militärpolizeiliche Aufträge wie die Wahrnehmung von Aufgaben im Rahmen des Militärischen Verkehrsdienstes, z.B. zur Marschstraßenerkundung oder Aufnahme von Kraftfahrzeugunfällen, einsetzbar. Gleichzeitig befähigt die Ausbildung den Feldjäger, bei Bedarf und Auftrag im Auslandseinsatz, polizeiliche Aufgaben wahrzunehmen und dies auch in Zusammenarbeit mit Militärpolizeien anderer Nationen oder nationaler und internationaler Polizeikontingente durchzuführen. Die vergleichsweise hohe Dienstgradstruk- tur der Truppengattung, begünstigt durch den damit verbundenen hohen Ausbildungsstand und Erfahrungsstufen der Soldaten, ermöglicht eine ad-hoc Gestellung von Feldjäger-Kräftedispositiven für alle Szenarien. Ein weiterer besonderer Wert liegt in der Dokumentation der Aufträge der Feldjäger. Nicht nur über die Feldjägermeldungen und -mitteilungen, sondern insbesondere über die Feldjägerberichte zu Erhebungen und Ermittlungen, aber auch über die Dokumentation aller Auftragsdurchführungen in den Tätigkeitsbüchern der Feldjägerdienstkommandos und Feldjägerkommandos lassen sich selbst Jahrzehnte nach den Ereignissen Sachverhalte aus den Einsatzkontingenten nachvollziehen. Abb. 37 Feldjäger im Gespräch mit US-Soldaten und deutschen Infanteriekräften im Raum Imam Sahib, 2010 STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 94 94 95 Headline Headline Auslandseinsätze Feldjägereinsatzkontingente: STREITKRÄFTE BASIS 96 Aug 1993 - Mar 1994 United Nations Operation Somalia (UNOSOM II) Jan 1996 -Feb 1997 Implementation Force (IFOR, Kroatien u. BiH) Jan 1997 - Jan 2005 Stabilization Force (SFOR, Bosnien u. Herzegow.) Dez 1998 - Jun 1999 Kosovo Verification Mission (KVM, Mazedonien) Jun 1999 - heute Kosovo Force (KFOR) Apr 1999 - Aug 1999 Albanian Force (AFOR) Jun 2001 - Jun 2002 Task Force Fox (TF Fox, Mazedonien) Jan 2002 - Jul 2003 Operation Enduring Freedom Kuwait (OEF Kuwait) Jan 2002 - Nov 2007 Operation Enduring Freedom (OEF Djibouti) Jan 2002 - Dez 2014 Internationale Security Assistance Force (ISAF, Afghanistan) Mar 2002 - Okt 2003 Operation Enduring Freedom (OEF Mombasa) Jan 2005 - Mar 2005 Humanitäre Hilfe Südostasien Jul 2006 - Dez 2006 European Force RD Congo (EUFOR RD Congo) Nov 2007 - heute European Union Naval Force Somalia - Operation Atalanta (EUNAVFOR Atalanta) Feb 2013 - heute Active Fence Turkey (AF TUR, Türkei) Feb 2013 - Feb 2015 Logistischer Umschlagpunkt Trabzon (Türkei, Auslandsdienst Verwendung) Apr 2013 - heute European Union Training Mission Mali (EUTM MLI) Jan 2015 - heute Operation Resolute Support (RS, Afghanistan) Mar 2015 - heute Operation Inherent Resolve (OIR Nordirak) Mai 2015 - heute European Naval Force - Mediterranean (EUNAVFOR MED, Mittelmeer) / Humanitäre Hilfe Seenotrettung Mittelmeer STREITKRÄFTE BASIS 96 97 Neben der Gestellung der Feldjägerkräftedispositive für die deutschen Einsatzkontingente in mandatierten Auslandseinsätzen der Bundeswehr werden Einzelabstellungen in verschiedensten Szenarien geleistet. So nehmen Feldjäger an UN-Beobachtermissionen im Sudan und Südsudan (UNMIS und UNMISS) teil, leisten Dienst als Ausbilder und Stabspersonal in Somalia (EUTM SOM), in Mali (EUTM MLI), im NATO Liaison and Advisory Team im Kosovo und im Stabsquartier Kabul (Afghanistan) bei Resolute Support. Parallel zu den Feldjägern im Einsatz stellt die Feldjägertruppe einsatzbereite Kräfte für „Einsatzgleiche Verpflichtungen", bringt hier ihre Fähigkeiten in die Nato Response Force (NFR), die Quick Reaktion Force (ORF), die European Battlegroup (EUBG), die Operational Response Force (ORF), die Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), als regelmäßige Unterstützung der Operation Air Policing Baltikum sowie für Verbände zur Nationalen Krisenvorsorge mit Auftrag zur Durchführung militärischer Evakuierungsoperationen und Krisenunterstützungsteams ein. Mit Veränderung der ehemals kräfteintensiven und robusten Einsatzszenarien im Kosovo und Afghanistan und den damit einhergehenden bereits erfolgten Kräftereduzierungen nimmt aktuell der Anteil kleiner und kleinster deutscher Einsatzkontingente mit Ausbildungs- und Unterstützungsaufträgen wie in Mali, Somalia oder im Nordirak zu. Infolgedessen werden verstärkt die Fähigkeiten Personenschutz sowie Erhebungen und Ermittlungen für die deutschen Einsatzkontingente abgefragt. In der Tendenz sind die Zahlen querschnittlich und damit einhergehend auch die der Feldjäger im Einsatz derzeit rückläufig. Während in 2011 noch mehr als 200 Feldjäger gleichzeitig weltweit im Einsatz waren, ging diese Zahl bis Januar 2013 auf 179 Feldjäger in vier Einsatzszenarien zurück. Im Juli 2015 befanden sich 85 Feldjäger in sieben verschiedenen Ländern im Einsatz. Gleichzeitig steigen mit der Veränderung der Sicherheitslage in Europa die Forderungen und personellen Verpflichtungen im Bereich der Bereitschaftskräfte auf annähernd 180 Feldjäger an. Nach Beendigung der United Nations Operation II in Somalia 1994 und mit Beginn des Engagements auf dem Balkan mit IFOR 1996 ist die Feldjägertruppe bzw. das Feldjägerwesen der Bundeswehr ununterbrochen im Einsatz. In verschiedenen Szenarien mit unterschiedlichsten Anforderungen konnte ein hohes Maß an Erfahrung gesammelt werden. Die Feldjäger mit Hauptauftrag zur Unterstützung der eigenen Truppe sind zu einer unmittelbar und vielseitig einsetzbaren, leicht verlegbaren, international kompatiblen Militärpolizei gereift. STREITKRÄFTE BASIS 98 4.1 Feldjäger in Afrika United Nations Operation in Somalia II (UNOSOM II) Die Geschichte des Einsatzes von Feldjägern in mandatierten Auslandseinsätzen reicht in das Jahr 1993 zurück. Die Friedensmission United Nations Operation in Somalia II (UNOSOM II) unter Führung der USA basierte auf der Resolution 814 des UN-Sicherheitsrates. Ziel war die Schaffung und Durchsetzung der Waffenruhe „mit allen erforderlichen Mitteln", um die Voraussetzungen für die Durchführung Humanitärer Hilfsaktionen in Somalia herzustellen. Das deutsche Einsatzkontingent umfasste etwa 1700 Soldaten mit dem ursprünglichen Hauptauftrag zur Versorgung von ca. 4000 Blauhelmsoldaten im Raum Hiiraan. Im Mai 1993 verlegte ein Vorkommando unter Beteiligung von drei Feldjägern (hierbei - historisch - der erste Feldjäger mit Personenschutzauftrag) nach Beledweyne und kehrte nach etwa zwei Wochen Aufenthalt im Feldlager mit wenig Informationen nach Deutschland zurück. Das Interesse zur Teilnahme an diesem Auslandseinsatz unter den Feldjägern war groß, der Auftrag der Feldjäger jedoch unklar. Deshalb wurde entschieden, die Feldjägerkräfte durch gezielte Personalauswahl mit nützlichen Nebenfunktionen wie Kompaniefeldwebel, Fahr- lehrer, Fernmelder und sogar Feldkoch möglichst unabhängig aufzustellen. Sicher war auch, dass polizeiliche Aufgaben und Ermittlungen zum Aufgabenspektrum gehören würden. Die Landespolizeischule Rheinland-Pfalz bildete deshalb Feldjäger in Tatortarbeit aus. Letztlich durften 21 Feldjäger aus Zweibrücken und 11 Feldjäger aus Koblenz nach vorbereitender militärischer Ausbildung in Hammelburg mit dem ersten deutschen Einsatzkontingent UNOSOM II im August 1993 nach Somalia verlegen. Parallel hierzu wurden sieben weitere Feldjäger der Koblenzer Kompanie während der ersten sieben Wochen des Einsatzes mit der Aufnahmeorganisation im Hafen von Mogadischu beauftragt. Wie die Bundeswehr konnte auch die Feldjägertruppe auf diesen kurzfristigen, ersten und völlig neuartigen Auftrag nicht vorbereitet sein. Die weißen Armbinden der Feldjägertruppe mussten durch die international anerkannten, schwarzen MP-Armbinden ersetzt werden. Diese konnten aus Beständen der US-MP beschafft und mit deutschen Hoheitsabzeichen sowie UN-Kennzeichnung versehen werden. Letzteres führte im Einsatz zum Befehl, die MP-Armbinde im Gegensatz zur FJg-Armbinde in Deutschland am rechten Arm zu tragen. Fast das gesamte deutsche Einsatzkontingent wurde mit einem grauen, französischen Feldanzug sowie einem sandfarbenen Tropenhut ausgestattet, welcher wie ein „Südwester" zu tragen war. STREITKRÄFTE BASIS 98 99 Headline Headline Abb. 39 und 39a Feldjägereinsatzfahrzeuge im UNOSOM II Einsatz, 1993 Abb. 38 Feldjäger im UNOSOM II Einsatz, 1993 Am 3. August 1993 kam der erste Teil der Feldjägerkräfte des Deutschen Einsatzkontingentes am Flughafen in Mogadischu an. Am 4. August verließen mehrere US-Konvois unter deutschitalienischer Sicherung Mogadischu, um nach 340 km Landmarsch durch ungesichertes Gebiet und nach nächtlicher Rast in einem italienischen Camp im „Nirgendwo" am Folgetag Beledweyne zu erreichen. Hier wurde unmittelbar das (Zelt-) Dienstkommando errichtet und fortan im Vier-Schichtsystem betrieben. Zur Erfüllung der Aufträge standen den Feldjägern drei VWT3 Syncro und sieben LKW 2-Tonner FJg zur Verfügung, die Bewaffnung entsprach mit Gewehr G3, Maschinenpistole MP2, Maschinenpistole MP5k und Pistole P7 für Personenschützer ihrer Zeit. Der Feldjägerdienst gestaltete sich schwierig, da die Führung - in der Mehrzahl Fallschirmjäger - wenig Interesse daran zeigte, die Feldjäger einzusetzen. Im Laufe des Kontingentes verbesserte sich dieser Zustand, auch weil die Feldjäger auf Grund ihrer englischen Sprachkenntnisse und ihres diplomatischen Verhandlungsgeschickes während der Nacht den Gefechtsstand „Kastell Rühe" des Deutschen Unterstützungsverbandes besetzten. Mit „Unfallstreifen" gliederten sich Feldjäger in die Konvois des Einsatzkontingentes ein, um die unmittelbare Aufnahme der häufigen Verkehrsunfälle sicherzustellen und bildeten so auch eine zusätzliche Komponente für den Konvoischutz ab. Später wurde durch den deutschen Kontingentführer befohlen, dass neben den Fallschirmjägern auch Feldjäger Konvoischutzaufgaben wahrnehmen dürfen, was unter den gegebenen Umständen einer Auszeichnung und Anerkennung der Leistungen der Feldjäger gleichkam. Im Zuge des Kontingentwechsels im Dezember 1993 wurden die Feldjäger durch Kräfte des Feldjägerbataillons 760 ersetzt. Der Einsatz UNOSOM II endete am 23. März 1994 mit der Marineoperation „Southern Cross". Der Erfolg der Mission UNOSOM ist heute politisch zweifelhaft und strittig. Für die Feldjägertruppe muss dieser erste Auslandseinsatz als Erfolg bewertet werden. Die Fähigkeiten und das Leistungsvermögen der Feldjäger wurden in Somalia unter Beweis gestellt. Bis heute sind Feldjäger in (fast) jedem Auslandseinsatz der Bundeswehr gegenwärtig. Bis Ende des ersten deutschen Einsatzkontingentes wurden 91 Konvoischutzeinsätze durch Feldjäger durchgeführt. Innerhalb des Feldlagers nahmen Feldjäger Sicherheitsaufgaben wahr, begleiteten Einheimische, stellten Eindringlinge und sicherten den sonntäglichen „Basar" innerhalb des Feldlagers. Erhebungen und Ermittlungen wurden für eine Vielzahl von Einbrüchen und Diebstählen, den Besitz und Konsum von Betäubungsmitteln und auch im bekannten Fall des Todes eines einheimischen Eindringlings, welcher nach mehrfachem erfolglosen Ansprechen und Warnschüssen durch einen Wachsoldaten angeschossen wurde, durchgeführt. Im Laufe des Kontingentes wurde darüber STREITKRÄFTE BASIS 100 hinaus eine Vielzahl von Personenschutzeinsätzen zum Schutz hochrangiger militärischer und politischer Besucher geleistet. Regelmäßig fungierten die Feldjäger auch als Bindeglied zur somalischen Polizei und zur UN-MP. STREITKRÄFTE BASIS 100 101 Headline Headline Operation Enduring Freedom (OEF) Diese Operation ist die bisher einzige militärische Großoperation im Rahmen des von den USA ausgerufenen „Krieges gegen den Terrorismus" und wurde mit Afghanistan, dem Horn von Afrika, den Philippinen und in Afrika südlich der Sahara im Wesentlichen in vier Gebieten durchgeführt. Deutschland beteiligte sich neben der beendeten Teiloperation in Afghanistan auch mit ABC- Abwehrkräften in Kuwait (Vorderasien). Diese wurden von Februar 2002 bis Juli 2003 bei der Durchführung des Auftrages durch Feldjäger unterstützt. Der Schwerpunkt des deutschen Engagements innerhalb der Operation Enduring Freedom wurde mit maritimen Operationen am Horn von Afrika zur Überwachung des Seegebietes durch Aufklärung irregulärer und dem Schutz verbündeter Kräfte gesetzt. Zur logistischen und organisatorischen Unterstützung der Schiffe und der Maritime Patrol Aircraft Bréguet Atlantic - den luftgestützten Marinefernaufklärungskräften - der OEF wurden in Djibouti und Mombasa (Kenia) deutsche Verbindungsgruppen eingerichtet. Von März 2002 bis Oktober 2003 wurden die Marinefernaufklärer im kenianischen Mombasa durch 11 Feldjäger mit allgemeinem militärpolizeilichen Auftrag unterstützt. Darüber hinaus nahmen Feldjäger Absicherungsaufträge und Begleitschutzaufgaben wahr. Als Vorläufer des heutigen Air Marshal-Auftrages darf wohl die Sicherung der Flüge von Mombasa nach Djibouti und zurück zum Schutz der fliegenden Besatzungen bewertet werden. Abb. 40 Feldjägerstreifendienst in Mombasa, 2002 an Bord eines Schiffes befindet. Neben den allgemeinen militärpolizeilichen Aufgaben wie Aufnahme von Verkehrsunfällen, dem Überwachen von Sperrzonen und Landgangszeiten, der Überwachung der Einhaltung gültiger Kontingentbefehle oder dem Begleitschutz hochrangiger Besucher stellt die Unterstützung und Organisation des IN und OUT (Kontingentwechsel) deutscher Soldaten auf dem Flughafen in Djibouti einen zeitintensiven und sehr einsatzspezifischen Auftrag dar. Abb. 41 Bréguet Atlantic auf dem Flughafen in Kuslo (Mombasa), 2002 STREITKRÄFTE BASIS 102 Seit Januar 2002 bis heute sind mit kleinen Pausen Feldjäger in Djibouti bei der Deutschen Verbindungs- und Unterstützungsgruppe stationiert. Mit Umgliederung der Deutschen Marineeinheiten von OEF zur European Union Naval Force - Somalia (EU NAVFOR Somalia) - Operation Atalanta im Jahr 2008 wurden auch die Feldjäger in Djibouti der Operation Atalanta zugeordnet. Die Feldjäger unterstehen hierbei dem Commander Task Group (CTG), dem deutschen Kontingentführer im Einsatz, weicher sich grundsätzlich als Kommandant STREITKRÄFTE BASIS 102 103 Headline Headline European Union Force Demokratische Republik Kongo (EUFOR RD Congo) Auftrag des Einsatzverbandes EUFOR RD Congo war die Unterstützung der bereits seit 1999 im Kongo laufenden UN-Mission MONUC während der dortigen Wahlen im Jahr 2006. Die Mission umfasste etwa 2400 Soldaten, darunter 780 Soldaten der Bundeswehr, welche in der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa und in Libreville im Nachbarstaat Gabun stationiert wurden. Wie der Großteil des deutschen Einsatzkontingentes mussten auch die Feldjägerkräfte uneingeschränkt luftverlegbar sein. Fünf Feldjäger wurden beim Hauptquartier in der gabunischen Hauptstadt Libreville stationiert. Hauptauftrag dieser Feldjäger waren die Wahrnehmung nationaler militärpolizeilicher Aufgaben, dabei Beratung und Schutz des deutschen Kontingentführers sowie die Unterstützung bei möglichen militärischen Evakuierungsoperationen. European Union Training Mission Mali (EUTM MLI) Als besondere Herausforderung stellte sich hier die Dislozierung des Einsatzkontingentes in elf verschiedenen Liegenschaften innerhalb Librevilles dar. Zehn Feldjäger unter Führung eines Feldjägerstabsoffiziers verlegten in die kongolesische Hauptstadt Kinshasa. Über die Durchführung der allgemeinen militärpolizeilichen Aufgaben hinaus wurden hier Unterstützungen für die vor Ort befindlichen niederländischen und schwedischen EUFOR-Kräfte und Verbindung zu weiteren Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben geleistet und Luftsicherheitsaufgaben wie Flugabfertigungen und Begleitschutzeinsätze durchgeführt. Sicherlich waren auch in diesem Einsatz die dienstbegleitenden Lebensumstände eine besondere Herausforderung. Neben afrikatypischen Temperaturen, tierischen Gefahrenquellen und provisorischen Dienst- und Wohnunterkünften blieb die Lage im Land angespannt und schwer kalkulierbar. Abb. 42 Feldjäger im Kongo, 2006 Die Bundeswehr stellte für die geplante Ausbildungsmission ca. 80 Ausbilder mit Schwerpunkt Pionierausbildung sowie sanitätsdienstliche Ausbildung und Realversorgung bereit. Dem zu Beginn der Mission ca. 180 Soldaten starken deutschen Kontingent sind drei Feldjäger mit Spezialisierung und Schwerpunktauftrag Erhebungen und Ermittlungen zugeordnet. Auf Grund der räumlichen und logistischen Einschränkungen vor Ort blieben diese Feldjäger als temporäre Unterstützungskräfte in Deutschland und werden bei Bedarf abgerufen und in das Einsatzland verlegt. Seit Juli 2015 hat Deutschland die Führung der European Union Training Mission Mali übernommen. Damit einhergehend übernimmt ein Personenschutzkommando, hier Kräfte des Feldjägerregimentes 2, den Schutz des Kommandeurs EUTM Mali. Abb. 43 Impressionen Mali, 2014 STREITKRÄFTE BASIS 104 Nach der Offensive islamistischer Rebellen im Dezember 2012 im Süden Malis griff Frankreich mit der Operation „Serval" militärisch ein. Gleichzeitig wurde die Umsetzung des bereits durch die Europäische Union und den UNSicherheitsrat gebilligten Einsatzes zur Unterstützung der territorialen Integrität und Schutz der demokratischen Ordnung vorangetrieben. STREITKRÄFTE BASIS 104 105 Headline Headline 4.2 Feldjäger auf dem Balkan Bosnien und Herzegowina Mit Ende des OstWest -Konfliktes und Zusammenbruch des Warschauer Paktes begann Anfang der 1990er Jahre auch das Auseinanderbrechen der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Serbien versuchte ab 1991 mit militärischen Mitteln, den Vielvölkerstaat zusammenzuhalten. Gleichzeitig stiegen die Spannungen zwischen den Ethnien, die letztlich in einer militärischen Eskalation und ethnischen Säuberungen endeten. Im November 1995 erzwang die internationale Gemeinschaft mit dem Abkommen von Dayton das Ende des Krieges. Die Bundeswehr beteiligte sich seit 1992 an verschiedenen humanitären Hilfsaktionen und Aufklärungsmissionen und unterstützte mit Sanitäts-, Lufttransport- und Luftaufklärungsleistungen die United Nations Protection Force (UNPROFOR). Die Vereinten Nationen beauftragten am 15.12.1995 die NATO mit der Überwachung des Waffenstillstandsabkommens und der Einhaltung der Vereinbarungen von Dayton. An diesem Einsatz beteiligten sich 16 NATO- und 17 Nicht- NATO-Staaten. Die Sollstärke der IFOR-Truppen betrug bis zu 57000 Soldatinnen und Soldaten. Ab Januar 1996 stellte die Bundeswehr für das 1. Deutsche Kontingent IFOR (Land) (Implementation Force) GECONIFOR (L) 2600 Soldaten ab. Vorauskommandos, hier auch Feldjäger des FJgBtl 760, hatten die Liegenschaften in Kroatien seit dem 20. Dezember 1995 vorbereitet. GECONIFOR gliederte sich in vier deutsche Einsatzverbände und ein Feldlazarett. Die Feldjägerkompanie mit 30 Soldaten folgte am 3. Januar 1996, um aus der Liegenschaft im kroatischen Primošten heraus vor allem Verkehrsdienst zu leisten und in zum Teil mehrtägigen Konvoibegleitungen deutsche Kräfte bei Transporten und Märschen nach Bosnien in die „Box" hinein und zurück zu leiten und zu sichern. So führte das deutsche Heereskontingent IFOR bis Dezember 1996 insgesamt 492 Konvois und Transporteinsätze durch, welche (fast) alle durch Feldjäger begleitet wurden - dies unter ständiger Gefährdung durch Minen und versteckte Ladungen sowie den noch ungewohnten Eindrücken einer völlig zerstörten, zerrütteten und latent bedrohlichen Umgebung. In insgesamt drei IFOR-Kontingenten leisteten so bis Februar 1997 Feldjäger Dienst „auf der Straße", bis dieser Einsatz in die Stabilisation Force (SFOR) überging und auch die Feldjäger in das Feldlager Rajlovac verlegt wurden. Die Stationierung in Bosnien-Herzegowina nahe Sarajevo führte zu Neustrukturierungen im Bereich der internationalen Militärpolizeikräfte. 20 Feldjäger führten nun Feldjägerdienst (Kopfbedeckung französisches Barett mit Feldjägerstern) zur Unterstützung des deutschen Einsatzkontingentes aus dem Feldjägerdienstkommando im Feldlager Rajlovac heraus durch. Parallel hierzu koordinierte erstmals ein Theater Provost Marshal im HQ SFOR in Butmir eine internationale Militärpolizei (IMP). Bis zu 105 Militärpolizisten aus Italien, Belgien, Deutschland, den Niederlanden, Irland, Dänemark, Großbritannien, den USA und im späteren Verlauf weiterer Nationen wurden der IMP unterstellt. im Rahmen der Sicherheit des Feldlagers aktuell, erreichte die Liegenschaft doch nie einen Sicherheitsstandard, welcher ein unbefugtes Betreten gänzlich ausgeschlossen hätte. Darüber hinaus blieben die Aufgaben der Feldjäger unverändert. Im Laufe der Jahre änderte sich der Schwerpunkt vom militärischen Verkehrsdienst hin zum militärischen Ordnungsdienst. Erhebungen und Ermittlungen in ungezählten Delikten wie Diebstählen oder Einbrüchen und schwerwiegenden Verkehrsunfällen, aber auch bei Todesfällen wurden durchgeführt. Personenschützer gewährleisteten den Schutz des Nationalen Befehlshabers im Einsatzland mit Begleitschutzeinsatz ebenso wie den Schutz hochrangiger Besucher. Feldjägerstreifen unterstützten die Truppe in der Fläche und wurden in Feldjägerkommandos den Kommandeuren dislozierter Einheiten vor Ort „auf Zusammenarbeit angewiesen", beispielsweise im Feldlager Filipovici nahe Foca oder im Camp Mostar. Besonders zu Beginn der Nutzung des Feldlagers Rajlovac waren die Tätigkeiten der Feldjäger als „Lagerpolizei" gefordert, da es weder eine Wache noch einen Wachvorgesetzten gab. Selbst in späteren Einsatzkontingenten blieben die Aufträge Abb. 44 Feldjäger bei der Marschbegleitung und Verkehrsregelung, 1996 STREITKRÄFTE BASIS 106 STREITKRÄFTE BASIS 106 107 Im Dezember 2004 endete der Einsatz der Stabilisation Force. Der Auftrag wurde jedoch durch die Europäische Union mit der Operation Althea der European Force fortgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war die einst mehr als 30 Feldjäger starke Einsatzkompanie bereits auf Zugstärke abgeschmolzen. 2006 wurde das Feldjägerdienstkommando im Feldlager Rajlovac geschlossen und die weiter verminderten Feldjägerkräfte der internationalen Militärpolizei (IMP) in Butmir unterstellt. Hier leisteten Feldjäger noch bis 2010 Dienst. Damit schließt offiziell das Kapitel Bosnien und Herzegowina, es bedeutet jedoch nicht das Ende des Einsatzes der Feldjäger auf dem Balkan. Abb. 45 Feldlager Rajlovac, SFOR 1997 Abb. 46 Feldjäger bei Verkehrsregelung, EUFOR 2005 Abb. 47 Feldjäger auf Streife in Sarajevo, SFOR 2002 Abb. 48 Feldjägerdienstkommando Rajlovac, SFOR 1998 STREITKRÄFTE BASIS 108 Kosovo Während sich die Lage in Bosnien und Herzegowina 1998 weiter entspannte, verschärften sich die Auseinandersetzungen zwischen serbischen und albanischen Kräften im Kosovo weiter. Im Dezember 1998 erreichte das Deutsche Einsatzkontingent Kosovo Verification Mission (Land) [KVM (L)] über das griechische Thessaloniki schließlich Tetovo in Mazedonien, unweit der serbischen Grenze zum Kosovo. Dem deutschen Einsatzkontingent KVM (L) gehörten neun Feldjäger aus der damals den Krisenreaktionskräften der Bundeswehr zugeordneten Feldjägerkompanie in Roding an. Neben den allgemeinen militärpolizeilichen Aufgaben bestand der Auftrag der Feldjäger darin, die Marschstraßen vom Hafen in Thessaloniki nach Mazedonien sowie Ausweichrouten zu erkunden und zu dokumentieren und dabei unter anderem auch die Traglast von Brücken einzuschätzen. An manchen Tagen wurden so mehr als 1000 Kilometer gefahren und zeitweise bestand auf Grund des enormen Auftragsaufkommens eine Feldjägerstreife nur noch aus einem Feldjäger. Parallel hierzu waren die Feldjäger der „Extraction Force" zugeordnet. Dieser in Mazedonien stationierte, etwa 1600 Mann starke, gepanzerte multinationale Verband hatte den Auftrag, die bis zu 1400 im Kosovo eingesetzten, unbewaffneten OSCE- Beobachter der Kosovo Verification Mission im Notfall zu evakuieren. Hauptauftrag der Feldjäger war hier die Identifizierung der OSCE- Beobachter vor der Evakuierung. Abb. 49 Feldjäger bei der Unfallaufnahme Abb. 50 Feldjäger bei der Durchsuchung eines Waffenlagers Im Februar 1999 wurden die ersten Konvois mit Material der designierten KFOR-Truppe unter großem medialem Interesse in Nachtmärschen nach Tetovo begleitet. Im März 1999 wurden die Rodinger Feldjäger durch eine 60 Mann starke Feldjägerkompanie aus dem eigenen 760er Bataillon abgelöst. STREITKRÄFTE BASIS 108 109 Headline Headline Diese organisierten den Feldjägerdienst in Mazedonien aus Tetovo, später Ohrid und Strumica heraus und führten mit Schwerpunkt weitere Konvois und Märsche nach Mazedonien. Die NATO fliegt zu diesem Zeitpunkt nach gescheiterten Bemühungen um eine politische Lösung seit dem 24. März Luftangriffe auf serbische Ziele im Kosovo und Serbien. Am 12. Juni, nur zwei Tage nach Abschluss des Abkommens zwischen Jugoslawien und der NATO und der damit verbundenen Aussetzung der Luftangriffe, rückte die Einsatzbrigade KFOR in das Kosovo vor. Da für die deutschen KFOR-Kräfte Abb. 51 Feldjägerfuhrpark, 1999 keine eigenen Feldjäger ausgeplant und verlegt wurden, verstärkten acht Streifen der Feldjägerkompanie KVM(L) die Brigade. Nach Beendigung des Krieges im Kosovo und Abzug der serbischen Kräfte befand sich das gesamte Gebiet mangels jeglicher rechtsstaatlicher Instanzen praktisch im rechtsfreien Raum. Neben der Abstellung von zwei Feldjägern für den Personenschutz des Deutschen Kontingentführers war die Herstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine der wesentlichsten und herausforderndsten Aufgaben. Dies bedingte unter anderem die unmittelbare Einrichtung und den Betrieb eines Gefängnisses in Prizren - Fähigkeiten, die bis dato von der Feldjägertruppe nicht abgefordert wurden. Gleichzeitig wurden Erhebungen und Ermittlungen in einer bislang unbekannten Dimension zur Dokumentation und Aufklärung von Verbrechen notwendig. Abb. 52 Feldjäger im Gespräch mit Soldaten der UCK, 1999 STREITKRÄFTE BASIS 110 Zahllose Tötungsdelikte mussten in den ersten Wochen und Monaten bearbeitet, Kriegsverbrechen dokumentiert und Massengräber geöffnet werden. Parallel hierzu galt es, Plünderungen und weitere Übergriffe zu verhindern, die einsetzenden Rückkehrerströme aus Albanien in das Kosovo zu organisieren und die Räumung widerrechtlich besetzter Gebäude bis hin zu Maßnahmen zur Entwaffnung der UCK mit Erstürmung der von der UCK besetzten Gebäude sicherzustellen. Aus Feldjägern wurden Polizisten, Kriminalbeamte, Justizvollzugsbeamte und sogar Haftrichter. Bis zu 138 Feldjäger nahmen gleichzeitig ihren Auftrag im Kosovo wahr, sorgten für die Herstellung und die Einhaltung der öffentlichen Ordnung u.a. in Prizren, Pristina, Suva Reka, Dragash, Orahovac und Malisevo. Bis heute sind Feldjäger im Kosovo im Einsatz. Der Einsatzzug ist noch 10 Mann stark. Neben dem Betrieb des Feldjägerdienstkommandos im Feldlager in Prizren erbringen Erheber und Ermittler sowie Luftsicherheitskräfte Dienstleistungen für das deutsche Einsatzkontingent und arbeiten mit den vor Ort befindlichen Militärpolizeikräften verbündeter Nationen zusammen. Möglich ist hier eine kurzfristige Verstärkung des Einsatzkontingentes KFOR durch ein Operational Reserve Force (ORF) Bataillon, um auf Spannungen im Kosovo reagieren zu können. Aktuell ist dem deutsch-österreichischen ORF-Bataillon ein Feldjägerzug mit 22 Feldjägern zugeordnet, welcher die Fähigkeiten Greiftrupp, Dokumentationstrupp, Gewahrsamsstelle und Präzisionsschützen für den Einsatz bei unfriedlichen Demonstrationen einbringt. Abb. 53 Feldjäger bei der Zugriffdurchsuchung Abb. 54 Feldjäger MB Greenliner vor dem HQ Pristina STREITKRÄFTE BASIS 110 111 Headline Headline Albanien und Mazedonien 4.3 Feldjäger in Afghanistan terstützungsverband Albanien (UstgVerb ALB), im Schwerpunkt Pionierkräfte, unter Beteiligung von 10 Feldjägern beauftragt, bei Auf- und Ausbau von Flüchtlingslagern zu unterstützen und Verkehrswege im Bedarfsfall auszubauen. Parallel zu den Einsätzen der Feldjäger in KVM(L) und KFOR fanden zwei weitere, zeitlich befristete Szenarien und Operationen auf dem Balkan unter Beteiligung von Feldjägerkräften statt. In Albanien wurde im Rahmen einer humanitären Hilfsaktion im Zeitraum 3. Juni bis 11. August 1999 ein Un- Ab September 2001 operierte als Nachfolger der Operation Essential Harvest für ein Jahr die deutsch-niederländische Task Force Fox in Mazedonien. Auslöser dieses Einsatzes waren die ethnischen Spannungen zwischen den slawischen und albanischen Volksgruppen in Mazedonien, welche bürgerkriegsähnliche Ausmaße anzunehmen drohten. Hauptauftrag dieser Kräfte war der Schutz der in Mazedonien tätigen internationalen Beobachter. Den etwa 600 Soldaten starken Einsatzkräften der TF Fox wurde von Juni 2001 bis Juli 2002 ein Feldjägerzug zugeordnet und auf dem Erebino, einem Berg südlich von Tetovo, stationiert. Abb. 55 Camp Fox TFF, Mazedonien erhaltung eines stabilen und sicheren Umfeldes, was auch die Ausbildung afghanischer Sicherheitsorgane beinhaltete. Mit den Vorauskräften der Bundeswehr trafen im Januar 2002 auch die ersten Feldjäger in Kabul ein. Bereits im Folgemonat verlegte die erste Feldjägereinsatzkompanie mit Kräften des FJgBtl 750 nach Kabul, wo bis heute ununterbrochen Feldjäger im Einsatz sind. Der Schwerpunkt des Auftrages der Feldjäger in Afghanistan und besonders in Kabul liegt nach wie vor im Personen- und Begleitschutz, wenngleich auch die Erheber und Ermittler vor neue Herausforderungen gestellt werden. Ab 2003 wurde das Engagement der internationalen ISAF-Truppe über den Großraum Kabul hinaus erweitert. Abb. 56 Feldjäger unterwegs in Kabul STREITKRÄFTE BASIS 112 Nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001 in den USA begann der friedenserzwingende UN-mandatierte internationale Einsatz unter NATO-Führung in Afghanistan. Von Beginn an beteiligte sich die Bundeswehr an diesem Einsatz, welcher in seinem Verlauf zunehmend herausfordernder werden sollte. Hauptauftrag der International Security Assistance Force (ISAF) war die Unterstützung der gewählten Regierung Afghanistans durch Herstellung und Aufrecht- STREITKRÄFTE BASIS 112 113 Headline Die Feldjägereinsatzkompanie Kunduz verlegte noch in diesem Jahr und nahm über zehn Jahre bis 2013 mit bis zu 37 Feldjägern militärpolizeiliche Aufgaben und allgemeinmilitärische Aufgaben unter einer zum Teil hohen Gefährdungslage wahr. Bis zum Abzug der Bundeswehr aus Kunduz und Übergabe des Feldlagers fielen im Raum Kunduz 25 deutsche Soldaten, unzählige wurden bei Sprengstoffanschlägen und Feuergefechten verwundet. Headline 2004 wurde in Faizabad ein weiteres Regionales Wiederaufbauteams (PRT) unter deutscher Führung eingerichtet. Das Feldlager wurde im Januar 2005 offiziell in Betrieb genommen. In Zugstärke mit bis zu 18 Soldaten stellten Feldjäger hier bis 2012 den Personen- und Begleitschutz ebenso sicher wie die Durchführung von Erhebungen und Ermittlungen und die Wahrnehmung von Luftsicherheitsaufgaben. Im Jahr 2006 baute Deutschland die britische Forward Support Base in Mazar-i-Sharif zum Feldlager „Camp Marmal" aus. Im Juni übernahm Deutschland das Regionalkommando Nord mit Sitz des Stabes im Camp Marmal. Damit wurde das Camp Marmal zur Basis des deutschen Einsatzkontingentes. Im Stab des Regionalkommandos Nord (RC N) plante und koordinierte ein international besetztes Provost-Marshal-Office unter deutscher Führung bis 2014 nationale und internationale Militärpoli- zeieinsätze. Die Feldjägereinsatzkompanie Mazari-Sharif war bis zu 54 Feldjäger stark, wurde darüber hinaus über mehrere Jahre mit amerikanischen und kroatischen, später u.a. mit belgischen und lettischen Militärpolizisten verstärkt. Ab Dezember 2010 bis zur Übergabe des Außenpostens „Operation Post North" bei Pol-e Chomri an die afghanischen Sicherheitskräfte wurde der erste Zug der Feldjägereinsatzkompanie Mazar-iSharif mit Hauptauftrag Erhebungen und Ermittlungen sowie Force Protection hier stationiert. Abb. 57 Feldjäger in der Sicherung, Faizabad STREITKRÄFTE BASIS 114 STREITKRÄFTE BASIS 114 115 Headline Neben der Feldjägereinsatzkompanie lag im Camp Marmal auch das bis zu 45 Feldjäger umfassende „Feldjägerausbildungskommando zur Unterstützung der Afghanischen Nationalen Polizei" (ANP). Anfangs in Zuggliederung, wurden ab 2009 in der Teamstruktur eines Police Mentoring Teams (PMT) und in Zusammenarbeit mit internationalen Polizeikräften im Norden des Landes die nationalen afghanischen Polizeikräfte vor Ort in deren Distrikten aus- und weitergebildet. Aufbauend auf den Erfahrungen vorheriger Einsätze wurden die Feldjäger in Afghanistan zu jeder Zeit vor neue Herausforderungen in einem robusten Einsatz mit hoher Gefährdungslage gestellt. Headline So passten Personenschützer Ausstattung und Einsatztaktik regelmäßig an die veränderten Gegebenheiten an und arbeiten mit Sprengstoffspürhundeteams zusammen. Erheber und Ermittler wurden bei Einsätzen durch Präzisionsschützen der eigenen Truppengattung gesichert und entwickelten Techniken, Spuren- und Beweissicherung an Anschlagsorten innerhalb von 30 Minuten durchführen zu können. Der Feldjägerdienst wurde erstmalig aus dem verlegefähigen modularen Feldjägerdienstkommando heraus betrieben. Feldjäger nahmen Kontroll- und Ausbildungsaufgaben für afghanisches Gefängnispersonal wahr. Luftsicherheitskräfte kontrollierten nationale und internationale Lufttransportfracht Annähernd 200 Feldjäger waren 2011 zeitgleich in Afghanistan in 5 Standorten eingesetzt. 2015 zählen wir noch 38 Feldjäger in Kabul und Mazari-Sharif. Die Herausforderungen bleiben. Neue werden hinzukommen. Abb. 59 Feldjäger beobachtet den Luftraum Abb. 58 Feldjäger MB SSA am Helipad in Faizabad STREITKRÄFTE BASIS 116 auf die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und übernahmen Sicherheitsaufgaben in Luftfahrzeugen.Zum 1. Januar 2015 ging ISAF in die Mission „Resolute Support" (RS) über. Während die Mandatsobergrenze für ISAF bei 5350 Soldaten lag, legt der Beschluss des Deutschen Bundestages diese bei RS für 850 Soldaten fest. Die Reduzierungen spiegeln sich natürlich auch bei Feldjägerkräften wider. STREITKRÄFTE BASIS 116 117 Headline Headline 4.4 Feldjäger in See European Union Naval Force - Somalia (EU NAVFOR Somalia) - Operation Atalanta Erste Überlegungen zur Gestellung von Feldjägerkräften auf Schiffen der Marine gab es bereits 2002 während der Operation Enduring Freedom. Es sollte jedoch noch sechs Jahre dauern, bis die ersten Feldjäger im Rahmen der Operation European Union Naval Force - Somalia (EU NAVFOR Somalia) Operation Atalanta erstmals als Teil eines deutschen Einsatzkontingentes an Bord eines deutschen Marineschiffs in See stachen. Die multinationale Operation Atalanta wurde 2008 mit dem Ziel des Schutzes der Hilfslieferungen für Somalia sowie der Gewährleistung einer freien Seefahrt und Bekämpfung der Piraterie am Horn von Afrika und im Golf von Aden gestartet. Die ersten Feldjäger, Kräfte aus dem FJgBtl 451 und FJgBtl 252, gingen im Dezember 2008 an Bord der Fregatte Karlsruhe. Hauptauftrag der Feldjäger war und ist die Unterstützung des Kommandanten bei der Durchführung der Gewahrsamnahme der Piraterie verdächtigter Personen sowie die gerichtsverwertbare Sicherung und Dokumentation der diesbezüglichen Beweismittel. Zur Erfüllung dieses Auftrages sind auf jeder in EU NAVFOR Atalanta eingesetzten Einheiten (Fregatte bzw. Einsatzgruppenversorger) drei Feldjäger unter Führung eines Feldjägeroffiziers mit Spezialisierung und Befähigung für Erhebungen und Ermittlungen an Bord. Heute zählen wir das 22. Deutsche Einsatzkontingent EU NAVFOR Atalanta und 24 Feldjägerkommandos waren bis dato für mindestens 4 Monate als Angehörige der Besatzungen in See. Wohl jeder der auf einer seegehenden Marineeinheit eingesetzten Feldjäger musste sich hierbei in einer organisatorisch, sozial und kommunikativ fremden Umgebung integrieren. Mittlerweile ist jedoch vielen Feldjägern bekannt, dass jeder Marinestabsoffizier- kurz mit „Herr Kap'tän" angesprochen wird, dass er in einer kleinen Kammer auf dem Bock schläft, welche nicht vom „Spieß", sondern vom Schiffswachtmeister zugewiesen wurde, sein Mitbewohner vielleicht der 2SVO - der 2. Schiffsversorgungsoffizier - ist und man in der Kantine Kleinigkeiten einkaufen kann, weil die Mahlzeiten in der Messe eingenommen werden, wobei jede Dienstgradgruppe über eine eigene Messe verfügt und der Zutritt von dienstgradgruppenfremden Soldaten ausschließlich mit Erlaubnis aller Anwesenden möglich ist, was wiederum während der Mahlzeiten gänzlich ausgeschlossen ist. führung der Gewahrsamnahme mit Sicherung und gerichtsverwertbarer Dokumentation von Beweismitteln. Die Gewahrsamnahme umfasst hierbei die Aufnahme, die Betreuung und Beaufsichtigung der Personen im Gewahrsamsbereich sowie die Übergabe bzw. Freilassung. Bei allen Phasen der Gewahrsamnahme sind die Feldjäger an Bord auf Unterstützung von Marinesoldaten angewiesen. Die hier eingeteilten Soldaten müssen durch die Feldjäger eingewiesen und ausgebildet werden. Der Erfolg der Operation EUNAVFOR Atalanta kann in Zahlen dokumentiert werden. Wurden im Jahr 2009 163 Piratenangriffe und Geiselnahmen registriert, lag die Zahl in 2014 nur noch bei zwei gemeldeten Angriffen. Insgesamt wurden durch den internationalen Marineverband 155 Piraten den Strafverfolgungsbehörden übergeben, davon 128 rechtskräftig verurteilt. Abb. 61 Feldjäger bei der Fotoüberwachung an Bord der Fregatte Hamburg Abb. 60 Feldjäger an Bord bei der Registrierung und Dokumentation von Beweismitteln STREITKRÄFTE BASIS 118 Auch für die Marine waren anfangs die Feldjäger an Bord doch gewöhnungsbedürftig und es galt besonders für die ersten Feldjägerkommandos in See einige Ressentiments auszuräumen. Durch Fachwissen, professionelle Einstellung, Kooperations- und Anpassungsfähigkeit, ein klein wenig Geduld von Feldjägeroffizieren und Feldjägerportepeeunteroffizieren (die hier übrigens Feldjägermeister heißen) und viel Unterstützung von den Marinesoldaten wurden die Feldjäger jedoch schnell zu Besatzungsmitgliedern und anerkannten Fachleuten innerhalb ihres speziellen Aufgabenbereiches. Mussten die ersten Feldjägeroffiziere noch um die Übertragung von Ermittlungen nach der Wehrdisziplinarordnung kämpfen, ist dies heute an Bord selbstverständlich. Der eigentliche Hauptauftrag bleibt jedoch die Wahrnehmung der Garantenpflicht des Kommandanten gegenüber den Gewahrsamspersonen sowie die Durch- STREITKRÄFTE BASIS 118 119 Headline Headline European Union Naval Force - Mediterranean (EU NAVFOR MED) Nach nur fünf Tagen Vorbereitungszeit gingen am 4. Mai 2015 die ersten dreizehn Feldjäger aus der 8./ FJgRgt 1 in Burg an Bord der Fregatte Hessen und des Einsatzgruppenversorgers Berlin. Das Feldjägerdienstkommando Burg stellte vorübergehend den durchgehenden Feldjägerdienst ein. Auftrag an Bord der Schiffe, die kurzfristig zur Humanitären Hilfe Seenotrettung ins Mittelmeer abgestellt wurden, war die Aufnahme, Betreuung und Beaufsichtigung sowie die Übergabe von durch die Marine aus Seenot geretteten und an Bord genommenen Flüchtlingen. Grundsätzlich ist dieser Auftrag artverwandt mit den Aufgaben der Feldjäger bei EU NAVFOR Atalanta im Bereich Gewahrsamnahme, die Herausforderungen sind jedoch andere. Während sich bei Atalanta i.d.R. nicht mehr als zehn der Piraterie verdächtige Personen bis zu zehn Tagen an Bord befinden, mussten auf der Fregatte Hessen zeitweise mehr als 800 Personen aufgenommen und betreut werden. Diese sind zwar grundsätzlich keiner Straftaten verdächtigt und werden als Flüchtlinge behandelt, dafür werden Problemlösungen bedingt durch Anzahl, Alter und Ethnien erforderlich. Diesen Herausforderungen stellen sich sechs Feldjäger mit Unterstützung von Marinesoldaten, welche aber natürlich nicht den Ausbildungs- und Erfahrungsstand der eingesetzten Feldjäger besitzen können. Zum Teil bis zu 36 Stunden ohne Unterbrechung waren die Feldjäger in der Aufnahme und Betreuung gebunden, bevor die Flüchtlinge in Italien den dortigen Behörden übergeben werden konnten. Aufgrund der hohen physischen und psychischen Belastungen wurde erstmalig eine Einsatzdauerobergrenze von 70 Tagen für die Feldjägerkräfte befohlen. Im Juli 2015 ging die Humanitäre Hilfeleistung Seenotrettung Mittelmeer in den mandatierten Einsatz European Union Naval Force - Mediterranean (EU NAVFOR MED) über. Damit einher geht ein Wechsel des Hauptauftrages für die Marineeinheiten von Seenotrettung zu Erkundung und Aufklärung. Der Hauptauftrag und Kräfteansatz der Feldjäger bleibt davon jedoch unberührt. Zusätzliche Aufträge im Bereich von Erhebungen und Ermittlungen und Unterstützungsleistungen werden außerhalb der Flüchtlingshilfe wahrgenommen. Abb. 62 u. 63 Seenotrettung Mittelmeer: Feldjäger an Bord der Fregatte Hessen STREITKRÄFTE BASIS 120 STREITKRÄFTE BASIS 120 121 Headline Headline 4.5 Einsatzgleiche Verpflichtungen Der Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr (AufgBer FJgWesBw) plant neben den „klassischen Auslandseinsätzen" auch Feldjägerkräftedispositive für die Einsatzgleichen Verpflichtungen aus. Im Schwerpunkt werden hierbei die European Battlegroup (EUBG) und die NATO Response Force (NRF) betrachtet. Einsatzkontingente der EUBG unterliegen einer Standby-Phase von sechs Monaten, wobei diese grundsätzlich im Januar und im Juli beginnt. Die Bereitschaftsphase der NRF umfasst ein volles Kalenderjahr. Sie beginnt im Januar und endet im Dezember. Die eingeplanten Feldjägerkräfte sind in den entsprechenden Zeiträumen fest gebunden und können nicht für andere Einsatzverpflichtungen eingeplant werden, die parallel zu den entsprechenden Kontingenten zu stellen sind. Für beide Einsatzgleichen Verpflichtungen gilt, dass die eingeplanten Feldjägerkräfte sowie das benötigte Material einen Monat über das Ende der jeweiligen Standby-Phase hinaus bereitgehalten werden müssen. Die Einsatzkontingente der NRF und der EUBG werden, abhängig von der Gesamtstärke des jeweiligen deutschen Einsatzkontingentes, als Einheit (verminderte Feldjägereinsatzkompanie) oder Teileinheit (verminderter Feldjägerzug) ausgeplant. Absicht ist es, mithilfe einer bereits erfolgten Standardisierung dieser Elemente, zukünftig die Ausplanungen und die 4.6 Militärische Evakuierungsoperationen damit einhergehenden Koordinierungen zwischen den militärischen Organisationsbereichen (MilOrgBer), den Fähigkeitskommandos der Streitkräftebasis und den Verbänden innerhalb des AufgBer FJgWesBw nachhaltig zu optimieren. Neben einer rein nationalen Aufstellung der Einsatzkontingente spielt die Zusammenarbeit im multinationalen Verbund eine immer stärkere Rolle. So werden die aufgestellten Feldjägereinsatzkompanien regelmäßig durch andere Partnernationen unterstützt und durch Komponenten anderer Militärpolizeien ergänzt. Beispielgebend kann hier die multinationale Militärpolizeikompanie für die EUBG II/2016 genannt werden, die durch das Kommando Feldjäger der Bundeswehr ausgeplant wurde, im Schwerpunkt durch Feldjäger betrieben und durch mehr als 40 Militärpolizisten aus Österreich und der Tschechischen Republik unterstützt wird. Umgekehrt ist es allerdings auch möglich, dass sich Feldjägerkräfte an eine multinationale Militärpolizeikompanie der EUBG oder der NRF angliedern, die durch eine andere Nation geführt wird. Um die multinationale Zusammenarbeit zu optimieren, findet nach den entsprechenden Absprachen eine zielgerichtete Übungstätigkeit im In- und Ausland statt. Ziel ist hierbei, die eingesetzten Kräfte der verschiedenen Militärpolizeien miteinander zu harmonisieren und zu zertifizieren. Staatsbürger aus Libyen im Februar 2011) sowohl an Bord eines Ausbildungs- und Einsatzverbandes (EAV) der Deutschen Marine im Mittelmeer, als auch an Bord von zwei Transall-Transportflugzeugen, welche zur Unterstützung dieser Operation bereit standen. Für den Erfolg von Militärischen Evakuierungsoperationen geben Geheimhaltung in der Vorbereitung, Überraschung im Ansatz und zupackendes Handeln in der Durchführung den Ausschlag. Deshalb sehen Sie uns bitte nach, dass wir an dieser Stelle thematisch nicht weiter in die Tiefe gehen, sondern es bei diesem allgemeinen Überblick belassen. Abb. 64 Feldjäger bei der Operation Pegasus So ist zum Beispiel in Vorbereitung auf die EUBG II/2016 eine trinationale Teilnahme an der Volltruppenübung EUROPEAN SPIRIT 2016 geplant, bei der deutsche Feldjäger zusammen mit den Partnern aus Österreich und der Tschechischen Republik ihre allgemeinmilitärischen sowie ihre militärpolizeilichen Fähigkeiten beüben und kohäsieren können. STREITKRÄFTE BASIS 122 Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr stellt für Militärische Evakuierungsoperationen (MilEvakOp) ein Kräftedispositiv bereit, um jederzeit und zielgerichtet im gesamten militärpolizeilichen Aufgabenspektrum im Rahmen der Nationalen Krisenvorsorge eingesetzt zu werden. Das Einsatzportfolio dieses Kräftedispositives ist äußerst facettenreich und reicht von der Personenregistrierung der zu Evakuierenden bis hin zur Durchführung von Personenschutz für entsprechend eingestufte Soldaten des Einsatzverbandes MilEvakOp. Eingesetzt wurden Feldjägerkräfte zum Beispiel im Zuge der Operation Pegasus (Evakuierung deutscher STREITKRÄFTE BASIS 122 123 Headline Headline 4.7Gedenken Die Feldjäger der Bundeswehr haben seit Beginn mandatierter Auslandseinsätze der Bundeswehr eine enorme Entwicklung vollzogen, die viele Anfang der 1990er Jahre nicht für möglich hielten. Die Feldjägertruppe hat die Herausforderungen angenommen, hat sie bestanden und ist daran gewachsen - sie hat hierfür jedoch auch einen hohen Preis zahlen müssen, da nicht jeder Feldjäger lebend nach Hause zurückkehren konnte. Unseren Kameraden ein ehrendes Andenken zu bewahren ist und bleibt Verpflichtung aller Feldjäger der Bundeswehr. Bei Verkehrsunfällen im Kosovo starben die Feldjäger •Hauptfeldwebel Christian Falk am 12. Oktober 1999 (5./FJgBtl 801) - Bild oben rechts •Feldwebel Thomas Grubert am 12. Oktober 1999 (5./FJgBtl 801) - Bild oben rechts •Oberfeldwebel Michael Zirkelbach am 3. Oktober 2003 (3./FJgBtl 451) - Bild unten rechts •Stabsunteroffizier Marco Heling am 3. Oktober 2003 (4./FJgBtl 451) - Bild unten rechts Die einheimische Bevölkerung im Kosovo pflegt die Gedenkstätten an unsere Kameraden bis zum heutigen Tag. Bei einem Sprengstoffanschlag in Taloqan/Afghanistan starb am 28.05.2011 Hauptfeldwebel Tobias Lagenstein (5./FJgBtl 152) in Ausübung seines Dienstes. Er fiel als Kommandoführer des Personenschutzteams des Kommandeurs Regionalkommando Nord. Auch dieser fünf Kameraden wird am Platz der Erinnerung (Kapitel 7) gedacht. Abb. 65 u. 66 Der Kommandeur KdoFJgBw an den Gedenkstätten der im Kosovo gestorbenen Feldjäger STREITKRÄFTE BASIS 124 STREITKRÄFTE BASIS 124 125 5 Vorstellung der aktuellen Dienststellen und Verbände Headline 5.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr 5.2 Feldjägerregiment 1 5.3 Feldjägerregiment 2 5.4 Feldjägerregiment 3 5.5 Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr STREITKRÄFTE BASIS 126 STREITKRÄFTE BASIS 126 127 Headline Headline 5.1 Feldjäger in der Neuausrichtung der Bundeswehr Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr in Hannover ist die vorgesetzte Dienststelle aller Feldjägerverbände und der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr. Als Dienststelle der Streitkräftebasis ist es dem Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr truppendienstlich nachgeordnet. In ihm liegen erstmals in der Geschichte des Feldjägerwesens Bundeswehr Führung, Einsatz, Ausbildung und Weiterentwicklung in einer Hand. Kernaufgabe des Kommandos ist es, militärpolizeiliche Fähigkeiten der Bundeswehr im In- und Ausland lageabhängig abzubilden, den Feldjägerdienst Inland zu führen und hierfür die erforderlichen Feldjägerkräfte bereitzustellen. Der Feldjägerführer Bundeswehr und Kommandeur des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr, Herr Brigadegeneral Udo Schnittker, nimmt alle Aufgaben des zentralen fachlichen Beraters in Fragen des Feldjägerwesens und des militärpolizeilichen Aufgabenspektrums der Bundeswehr für das Bundesministerium der Verteidigung und alle Organisationsbereiche der Bundeswehr wahr. Er wird hierbei durch den Stab des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr unterstützt. Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr ist verantwortlich für die truppendienstliche und fachliche Führung der drei Feldjägerregimenter in Berlin, Hilden und München sowie der bundeswehrgemeinsamen Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover mit einer Gesamtstärke von 2700 Soldaten und Soldatinnen sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (Abb. 67). Das Kommando Feldjäger der Bundeswehr wurde am 20. Februar 2013 im Rahmen eines feierlichen Appells durch den Stellvertretenden Inspekteur der Streitkräftebasis, Herrn Generalleutnant Engelhardt, in der Scharnhorst-Kaserne in Hannover in Dienst gestellt. Alle Truppenteile des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr sowie die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr wurden hierbei dem Kommando Feldjäger der Bundeswehr unterstellt (Abb. 69). Abb. 67 Dislozierung der Truppenteile des Feldjägerwesens Bundeswehr in der Zielstruktur der Streitkräftebasis der Zukunft Der Stab des Kommandos Feldjäger der Bundeswehr besteht aus zwei Fachabteilungen (Feldjägereinsatz und Weiterentwicklung), einer Stabsabteilung (Führung), einem Dezernat Zent- STREITKRÄFTE BASIS 128 rale Aufgaben, einem Dezernat Controlling, den Rechtsberatern sowie dem Stabsquartier mit rund 150 Soldaten und Soldatinnen sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen (Abb. 68). STREITKRÄFTE BASIS 128 129 Headline Die Abteilung Führung nimmt die truppendienstliche Führung für den gesamten Kommandobereich in allen Führungsgrundgebieten im Auftrag des Kommandeurs Kommando Feldjäger der Bundeswehr wahr. Das Personal der Abteilung Führung setzt sich aus Soldaten und Soldatinnen aller Uniformträger- und Organisationsbereiche zusammen. Die Abteilung Feldjägereinsatz Bundeswehr ist verantwortlich für die Planung und Führung des Feldjägerdienstes Inland, die Koordinierung der Grundsätze des Feldjägereinsatzes Ausland in Headline enger Abstimmung mit dem Einsatzführungskommando der Bundeswehr und die Bedarfsdeckung der militärpolizeilichen Fähigkeiten im In- und Ausland. In seiner Grundgliederung ist das Kommando Feldjäger der Bundeswehr befähigt, alle truppendienstlichen und fachlichen Aufgaben im engen Zusammenwirken mit dem nachgeordneten Bereich zu erfüllen und so den militärpolizeilichen Beitrag zur Erfüllung des Gesamtauftrages der Bundeswehr zu leisten. Die Abteilung Grundlagen und Weiterentwicklung nimmt die fachliche Weiterentwicklung des Aufgabenbereiches Feldjägerwesen Bundeswehr wahr. Dieses umfasst im ganzheitlichen System Weiterentwicklung die Zuständigkeit für Konzeption, Doktrin, Ausbildung, Rüstung und Ausrüstung sowie internationale Kooperation. Abb. 69 Einmarsch der Truppenfahnen während des Indienststellungsappells Kommando Feldjäger der Bundeswehr am 20. Februar 2013 Abb. 68 Gliederung des Stabes Kommando Feldjäger der Bundeswehr STREITKRÄFTE BASIS 130 STREITKRÄFTE BASIS 130 131 Vom Inspizienten der Feldjägertruppe bis zum Feldjägerführer Bundeswehr 5.2 Das Feldjägerregiment 1 Weiträumig. Flexibel. Exzellent. Oberst Fischer 1958-1961 Oberst Brucker 1961-1963 Oberst Ballhorn 1963-1967 Am 26.09.2013 wurde das Feldjägerregiment 1 (FJgRgt 1) im Rahmen eines feierlichen Appells durch den Kommandeur Kommando Feldjäger der Bundeswehr, Brigadegeneral Udo Schnittker, zum 01.10.2013 unter der Führung von Oberst Carsten Bullwinkel in Dienst gestellt. Die im neuen Einsatzraum befindlichen Kompanien der Feldjägerbataillone 151, 350 und 351 wurden dabei dem FJgRgt 1 unterstellt. Das Alte bewahren und das Neue formen - dieser Grundsatz führte zu einer einmaligen mathematischen Gleichung: 151+350+351=1 Oberst Elfering 1967-1970 Oberst Koch 1970-1974 Oberst Schwarz 1974 Oberst Herold 1974-1981 Oberst Neumann 1981-1985 Oberst Trampusch 1985-1988 Oberst Diez 1988-1994 Oberst Herzog 1995-2000 Oberst Helms 2000-2001 Oberst Erdmann 2001-2008 Oberst Stumpp 2008-2012 Brigadegeneral Schnittker seit 2013 Die drei ehemaligen Bataillone waren in Berlin (350) unter Führung von Oberstleutnant Andreas Reitz, in Neubrandenburg (151) unter Führung von Oberstleutnant Ulf Lübberstedt und in Leipzig (351) unter Führung von Oberstleutnant Dirk Gerlich disloziert. Durch die Beibehaltung wesentlichen Führungspersonals aus den drei Verbänden gelang es verzugslos, vorhandene Expertise aus dem jeweiligen Verantwortungsbereich zu konservieren und im neu aufgestellten Regimentsstab in Berlin verwertbar zu machen. So ist seit der Auf- STREITKRÄFTE BASIS 132 stellung Oberstleutnant Reitz der stellvertretende Kommandeur des Regimentes und Oberstleutnant Lübberstedt der Abteilungsleiter S3. Im Wesentlichen trugen die Last der Neuaufstellung die Unteroffiziere der drei Verbände, die bekanntes Terrain verlassen und sich in „neuen" Kompanien zurechtfinden mussten. Ihre Professionalität und ihre Leistungsbereitschaft trugen im Kern dazu bei, dass in kürzester Zeit ein „Wir-Gefühl" im Feldjägerregiment 1 entstand. Jedoch sei an dieser Stelle auch kurz an die aufgelösten Kompanien erinnert: Das Feldjägerdienstkommando Potsdam ist sicherlich das geschichtsträchtigste von allen Kompanien gewesen. Auch Hagenow hatte ein eigenes Dienstkommando. Deren Einsatzräume und Aufträge sind natürlich durch die anderen Einsatzkompanien lückenlos übernommen worden. Die langjährigen und intensiven Patenschaften mit dem Bezirk Berlin-Mitte in Wedding sowie der polnischen Zandarmerii Wojskowej in Zagan sind weiter bestimmende Merkmale dieses Verbandes. STREITKRÄFTE BASIS 132 133 Headline Headline Stab Feldjägerregiment 1 Teamfähig. Kompetent. Innovativ. Oberstleutnant Uwe Staab nimmt als Regimentskommandeur die fachliche Beratungsfunktion für alle Bedarfsträger in seinem Verantwortungsbereich wahr und ist als Verbandsführer der erste Mann des Regimentes. Er ist verantwortlich für die truppendienstliche Führung der acht Feldjägerkompanien in Berlin, Eckernförde, Neubrandenburg, Hamburg, Storkow, Burg und Leipzig sowie der Versorgungskompanie in Berlin mit einer Gesamtstärke von ca. 800 Soldaten und Soldatinnen sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Hierbei wird er durch den Stab FJgRgt 1 unter Führung des StvRgtKdr mit seinen sechs Fachabteilungen sowie dem Stabszug, unter Führung des Stabszugführers mit der Disziplinargewalt der Stufe 1, mit insgesamt 42 Soldaten und Soldatinnen sowie zivilen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen unterstützt. Somit nehmen die täglichen ablauforganisatorischen Verantwortlichkeiten Oberstleutnant Andreas Reitz als stellvertretender Kommandeur und Hauptmann Ferdinand Storm als Stabszugführer wahr und sind folglich die Garanten für das gute Gelingen des Stabes. 1./Feldjägerregiment 1 Unterstützend. Breitgefächert. Reibungslos. Einsatzraum im Nordosten Deutschlands Der Einsatzraum des Feldjägerregiments 1 erstreckt sich von der deutsch-dänischen Grenze im Norden bis hin zum Erzgebirge im Süden, der Grenze zu Polen und Tschechien im Osten auf einer Fläche von 108.919 km2. Darin befinden sich 229 Dienststellen an 83 Standorten in 116 Liegenschaften der Bundeswehr mit insgesamt ca. 49.000 Soldatinnen und Soldaten. Soweit die Fakten. Was sich aber hinter diesem Einsatzraum verbirgt, kann eher folgende Darstellung vermitteln: Das Bundesministerium der Verteidigung hat im Bendler-Block in Berlin seinen 2. Dienstsitz. Weitere prominente und den Einsatzraum kennzeichnende Dienststellen auf der operativen Ebene sind das Einsatzführungskommando der Bundeswehr, das Planungsamt, die Bundesakademie für Sicherheitspolitik, das Kommando Heer, das Kommando Luftwaffe, das Marinekom- mando, das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, die Führungsakademie der Bundeswehr, die Offizierschule des Heeres u.v.m. Neben diesen hochkarätigen Bedarfsträgern sind mit dem Verantwortungsbereich des Feldjägerregiments 1 auch die Hochwertveranstaltungen wie das Feierliche Gelöbnis am 20.07. eines jeden Jahres, der Hafengeburtstag in Hamburg, der Hanse Sail in Rostock oder aber auch die Kieler Woche verknüpft, die immer wieder herausragende Feldjägereinsätze darstellen. Das heißt: Die Aufgaben des Feldjägerregimentes 1 können sich aufgrund der Konzentration der unterschiedlichsten Dienststellen wohl von seinen Schwesterregimentern etwas unterscheiden. Doch nun zu den einzelnen Manöverelementen des Verbandes. Die 1. Kompanie ist als Versorgungskompanie im Wesentlichen für das gesamte Regiment zuständig und betreibt die Realversorgung des Verbandes. Intern bezeichnet sich die Kompanie als „Dienstleister der Dienstleister". Die 1. Kompanie leistet durch verschiedenste Unterstützungsleistungen ihren Beitrag für das Gelingen der Aufträge des 2./Feldjägerregiment 1 Zuverlässig. Wendig. Bereit. Die 2. Kompanie ist als „schwere Kompanie" eine Ausnahme im Feldjägerwesen Bundeswehr. Unter Führung von Hauptmann Manuel Myrrhe sichert sie mit dem Absicherungszug den 2. Dienstsitz des Bundesverteidigungsministeriums im BendlerBlock. Darüber hinaus hat die Kompanie den Auftrag, den Generalinspekteur der Bundeswehr 134 weltweit mit ihren Personenschützern zu beschützen. Ferner ist der Eskortenzug für die deutschlandweite protokollarische Begleitung von Gästen zuständig, die durch das BMVg angeordnet wird, und ist in Berlin als „ausgelagerter" Teil der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr lehrbeauftragt für die Vergabe der Eskorten ATN. 3./Feldjägerregiment 1 Weitreichend. Facettenreich. Bärenstark. Die 3. Kompanie ist nicht nur durch ihren „BuddyBären" bekannt, sondern ist das Leit-Dienstkommando des Regimentes und verrichtet ihren Dienst in Berlin sowie im westlichen Brandenburg. Sie ist STREITKRÄFTE BASIS Verbandes. Sichtbar sind eher der Technische Zug oder die Verpflegungsgruppe: jedoch ist die Leistungsfähigkeit der Material- und der Transportgruppe den „externen" Kompanien hinlänglich bekannt. Die Kompanie wird durch Hauptmann Sebastian Büchler geführt. die Allzweckwaffe im Raum Berlin und versieht mit ihren Feldjägern in Berlin und im westlichen Brandenburg den Feldjägerdienst. Erfahrung im Handling von Großveranstaltungen in der Bun- STREITKRÄFTE BASIS 134 135 Headline deshauptstadt sind Kennzeichen dieser Kompanie unter der Führung von Major Alexander Schikora. Headline Aber Berlin ist aus Sicht unseres Regimentes nicht alles. Dafür stehen die gleichrangingen Schwesterkompanien. 4./Feldjägerregiment 1 Nordisch. Maritim. Aktiv. Die 4. Kompanie ist derzeit noch in Eckernförde ansässig. Frau Major Diana Klotz bereitet gleichwohl als erster weiblicher Stabsoffizier des Aufgabenbereiches den Umzug ihrer Kompanie nach Kiel vor. Das Symbol der Kompanie hat logi- Elementar. Präzise. Robust. Das Leipziger Dienstkommando unter Führung von Major Stefan Nitsche leistet seinen Dienst in Sachsen. In der Vergangenheit konnten die Leipziger ihre hervorragende Leistung bei Einsätzen wie im letzten Elbe-Hochwasser unter Beweis stellen oder aber bei der Kommandoübergabe des Inspekteurs des Heeres sowie der Leutnantsbeförderung in Dresden an der Offizierschule des Heeres. Das Zusammenwachsen der drei Bataillone ist vollumfänglich abgeschlossen. Das Regiment ist nun EINS. Davon zeugen verbandsinterne Zusammenziehungen, wie zum Beispiel der „Tag des Feldwebels", an dem sich im September eines jeden Jahres unter der Schirmherrschaft des Kommandeurs alle verfügbaren Portepeeunteroffiziere treffen, um unter Ausgestaltung durch die Offiziere des Verbandes einen kameradschaftlichen Tag zu erleben. Auch der Regimentssporttag ist ein Zeichen der Kameradschaft und des Wettkampfes. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl wird auch bei den zahlreichen Einsätzen und Unterstützungen deutlich. scherweise ein Schiff im Wappen, da der Hauptbedarfsträger die Kameradinnen und Kameraden der Marine sind, die wesentlich im Einsatzraum des Dienstkommandos stationiert sind. 5./Feldjägerregiment 1 Spezialisiert. Schützend. Ausgezeichnet. Die 5. Kompanie ist in Neubrandenburg stationiert. Unter Führung von Hauptmann Stefan Quandt ist sie die zweite maritim orientierte Kompanie. Gleichwohl ist mit der Panzerbrigade 9./Feldjägerregiment 1 41 eine der sechs Heeresbrigaden Bedarfsträger unserer Kompanie im Nordosten. Die Weiten Mecklenburg-Vorpommers sind ebenfalls charakteristisch für den Raum. Das Feldjägerregiment 1 ist und bleibt: Weiträumig. Flexibel. Exzellent. 6./Feldjägerregiment 1 Qualifiziert. Dynamisch. Weitblickend. Die 6. Kompanie unter Führung von Hauptmann Markus Diegler ist in der Freien und Hansestadt Hamburg stationiert und hat einen Einsatzraum, der von Holstein nach Mecklenburg reicht. Somit sind nicht nur der Hamburger Hafen und die Helmut-Schmidt-Universität im Schwerpunkt abzusichern, sondern auch der interessante Einsatzraum, der wie in Berlin, Ost und West verbindet. 7./Feldjägerregiment 1 Beständig. Treu. Fokussiert. Die 7. Kompanie leistet ihren Dienst im ostwärtigen Teil Brandenburgs unter Führung von Hauptmann Stefan Otto. Mit der Internationalen Luftfahrtausstellung und diversen Großereignissen unter Feder- führung des Kommandos Heer ist dieses Dienstkommando auch in der Öffentlichkeit deutlich sichtbar. Daneben ist in Storkow der Regimentsbeauftragte für das Diensthundewesen des Verbandes ansässig. 8./Feldjägerregiment 1 Einzigartig. Vorausschauend. Vernetzt. Die 8. Kompanie unter Führung von Major Stefan Zickelkau leistet ihren Dienst in Burg. Der Auftrag der Kompanie wird im Wesentlichen durch das Gefechtsübungszentrum (GÜZ) des Heeres in Letzlingen, und somit in unmittelbarer Nähe zum Dienstkommando, geprägt. Jährlich wird dort die gesamte Kompanie im Rahmen des präventiven Feldjägerdienstes gebunden, um militante Störaktionen zu verhindern. STREITKRÄFTE BASIS 136 STREITKRÄFTE BASIS 136 137 Headline Führungspersonal Feldjägerregiment 1 (im Jubiläumsjahr) Führung Feldjägerregiment 1 Gespiegelte Führungskräfte im Feldjägerregiment 1 Kommandeur Oberstleutnant Staab Kommandeur vakant Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant Reitz Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant d.R. Kanold Stab Feldjägerregiment 1 Stab Feldjägerregiment 1 AbtLtr S1 Oberstleutnant Baganz AbtLtr S2 Hauptmann Lehmann AbtLtr S1 vakant AbtLtr S2 vakant AbtLtr S3 Oberstleutnant Lübberstedt AbtLtr S4 Major Loose AbtLtr S3 Oberstleutnant d.R. Seeger AbtLtr S4 vakant T-Offz Hauptmann Jurk AbtLtr S6 Hauptmann Kostelnik T-Offz Hauptmann d.R. Hasner AbtLtr S6 vakant StZgFhr Hauptmann Storm TrPsych Regierungsrätin Lippok StZgFhr vakant TrPsych vakant Kompaniechefs Kompaniefeldwebel Feldjägerkompanien Feldjägerkompanien Kompaniechefs Kompaniefeldwebel 1./1 Hauptmann Büchler Oberstabsfeldwebel Müller 1./1 Hauptmann d.R. Bouchouchi Oberstabsfeldwebel d.R. Baum 2./1 Hauptmann Myrrhe Oberstabsfeldwebel Stagge 2./1 vakant vakant 3./1 Major Schikora Oberstabsfeldwebel Winterboer 3./1 Major d.R. Ehmer vakant 4./1 Major Klotz Stabsfeldwebel Stier 4./1 Hauptmann d.R. Ropte vakant 5./1 Hauptmann Quandt Oberstabsfeldwebel Widmann 5./1 Hauptmann d.R. Rech vakant 6./1 Hauptmann Diegler Oberstabsfeldwebel Ruhnke 6./1 Major d.R. Franzke vakant 7./1 Hauptmann Otto Oberstabsfeldwebel Beer 7./1 Hauptmann d.R. Lück vakant 8./1 Major Zickelkau Oberstabsfeldwebel Schilling 8./1 Major d.R. Simon vakant 9./1 Major Nitsche Oberstabsfeldwebel Walther 9./1 Major d.R. Enzmann Oberstabsfeldwebel d.R. Wotschke 10./1 Hauptmann d. R. Nerger 11./1 Major d. R. Stiehler Stabsfeldwebel d. R. David 12./1 Major d. R. Schmidt Oberstabsfeldwebel d. R. Wotschke STREITKRÄFTE BASIS 138 STREITKRÄFTE BASIS 139 Headline Headline 5.3 Das Feldjägerregiment 2 Team 2 -„Wir sind 2! Gemeinsam gestalten!" Nach offizieller Außerdienststellung der traditionsreichen Feldjägerbataillone 152, 251 und 252 am 26. September 2013 wurde mit dem Feldjägerregiment 2 zum 01.10.2013 die neue militärische Heimat der Soldatinnen und Soldaten der genannten Altverbände in Dienst gestellt. In die vorgelagerte Aufstellungsphase zwischen Juli und September 2013 fiel die Auflösung der bisherigen Bataillonsstäbe in Hannover und Mainz sowie der dazugehörigen Stabskompanien. Die Angehörigen der bisherigen 1. Kompanie des Feldjägerbataillons 252 wurden in die umgegliederte Versorgungskompanie und den neu aufgestellten Stab des Regimentes in Hilden überführt. Zeitgleich wurden dem neuen Verband im Rahmen einer ersten Umgliederung die noch bestehenden zwölf Feldjägerkompanien, drei nichtaktive Einheiten, zwei ZAW-Betreuungsstellen und die Ausbildungskompanie (6. Kompanie des Feldjägerbataillons 251) mit alter Bataillonsbezeichnung unterstellt. Zum 31.10.2013 wurde mit der Auflösung der Mainzer ZAW-Betreuungsstelle und der Rotenburger Ausbildungskompanie die bevorstehende Reduzierung der Kompanien eingeläutet. Es folgte zum 31.03.2014 die Auflösung der Feldjägerkompanien aus Zweibrücken, Münster, Koblenz und Bremen. An allen Standorten wurde dazu ein entsprechender Appell durchgeführt. Zum 01.04.2014 erfolgte die zweite Umgliederung und gleichzeitige Umbenennung der verbliebenen acht Feldjägerkompanien aus Munster, Hannover, Wilhelmshaven, Augustdorf, Bonn, Hilden, Mainz und Rotenburg a.d. Fulda. Die drei neu aufgestellten Ergänzungstruppenteile wurden an den Standorten Hannover, Mainz und Hilden mit dem Ziel des Erhalts einer militärischen Heimat, einer flächendeckenden Unterstützungs- und Einsatzmöglichkeit der Aktiven und einer bestmöglichen Erreichbarkeit für die Reservistendienstleistenden verortet. Zur äußerlichen Wahrnehmung der innerlichen Verpflichtung und Bindung des Regimentes an die jahrzehntelange Tradition der Altverbände fanden die Wappen von 152, 251 und 252 schon im Oktober 2013 ihren Platz auf dem neuen Regimentswimpel. Alle ehemaligen und aktiven (Vorgän- ger-) Verbände und Einheiten im heutigen Verantwortungsbereich des Regimentes begrüßen zudem mit ihren Wappen jede Besucherin, jeden Besucher im Stabsgebäude in Hilden, denn Tradition wird im Verband groß geschrieben. Der Prozess von Auflösung, Aufstellung und zweifacher Umgliederung wurde maßgeblich bestimmt durch eine schrittweise personelle Reduzierung von rund 1.200 auf rund 800 aktive Soldatinnen und Soldaten. Dieser von viel Kommunikation, Planungsvariabilität und organisatorischer wie individueller Flexibilität und Professionalität geprägte Schritt war bis Mitte 2014 abgeschlossen. Ende 2015 fühlen sich, inklusive Reserve und ZAWBetreuungsstelle, rund 1.600 Soldatinnen und Soldaten dem Verband zugehörig. Der logistische Anteil des Reformprozesses mit der Organisation, Steuerung, Lagerung, Wartung und Rücklieferung von Material und Fahrzeugen von insgesamt sieben aufgelösten Einheiten war hoch komplex und dauerte bis weit ins Jahr 2015. Neben der strukturellen, personellen und materiellen „Pflicht" galt es frühzeitig, neue Grundlagen in Sachen Befehle, Weisungen und Vorgaben zu schaffen und auf Basis eines Meilensteinplanes die Zukunft zu gestalten. Unvergessen bleiben aus den ersten Monaten die erste Führungsrunde mit fast 50 Führungskräften auf der Kompaniechef-, Kompaniefeldwebel- und Stabsabteilungsleiterebene, das erste Regimentsbiwak als eigene „Aufstellungsveranstaltung" sowie die erste große „3.a-Reise" des Kommandeurs mit allen Stabsabteilungsleitern in alle Kompanien. Neben dem vom ersten Tag an von Reformen und Veränderungen unbeeindruckt weiter „brummenden" Tagesgeschäft im In- und Ausland und - damit verbunden - einer der neuen Größenordnung geschuldeten, unvermeidlich hohen Taktzahl waren vom Start weg regelmäßige Begegnungen und Zusammenziehungen im weit dislozierten Verband eine wichtige Säule des hiesigen „Team 2"-Konzeptes. STREITKRÄFTE BASIS 140 Führungs-/Kompetenzrunden und Offizier-/ Führer-/Spezialistenweiterbildungen u. ä. besaßen schnell große Regelmäßigkeit und Intensität. Biwak- und Kohäsions- sowie Wettkampfveranstaltungen verschiedenster Art ergänzten das neue, breite „Kommunikations-Portfolio" zum Ziele einer gesund wachsenden „Corporate Identity". Am 1. Oktober 2015 wurde mit Gästen und Freunden aus Gesellschaft und Politik feierlich mit einer Serenade aus Anlass „Zwei Jahre Feldjägerregiment 2" gefeiert, vorgeschaltet wurde ein internes Regimentsbiwak mit knapp 400 Teilnehmenden durchgeführt. Hinzu kommen u. a. regelmäßige Zusammenziehungen im Bereich der Reserve, die vom ersten Tag an eng (ein)gebunden wurde, und im Bereich des Offizier- und Unteroffiziernachwuchses, beispielsweise unter den Namen P.E.T.Z. (Prägung, Erziehung und Training von Zugführern) und F.A.T.I. (Feldwebel-Anwärter-Training und Integration). Der Regimentseinsatzraum umfasst die sechs Bundesländer Niedersachsen, Bremen, NordrheinWestfalen, Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen und wird im Norden durch die Nordsee und im Westen durch die Benelux-Staaten und Frankreich begrenzt. Die acht dislozierten Feldjägerdienstkommandos sind Dienstleister für ca. 50% aller Bundeswehrangehörigen, was schon einiges allein hinsichtlich des Umfangs des Feldjägerdienstes Inland verrät. Als besondere Bedarfsträger sind insbesondere der erste Dienstsitz des Bundesministeriums der Verteidigung, das Kommando Streitkräftebasis, das 1. Deutsch- Niederländische Korps, das Kommando Sanitätsdienst und die 1. Panzerdivision hervorzuheben. Um den ständigen Anforderungen neben der häufig leitungsrelevanten „24/7"- Reaktionsfähigkeit und den unvermindert hohen Einsatzbelastungen und Weiterbildungsverpflichtungen gerecht zu werden, wurden zwischen jeweils zwei Feldjägerkompanien konkrete Couleur-Verhältnisse neu zugeordnet, um sich im Bedarfsfall im „direkten Richten" zu unterstützen. In der neuen Struktur hat sich gezeigt, dass viele Aufträge gar nur noch als Regimentsaufgabe zu lösen sind. Bei den Feldjägerkompanien verfügt die personell und materiell stärker aufgestellte 2./2 aus Munster über die Besonderheit des Quick Reaction- STREITKRÄFTE BASIS 140 141 Headline und Military Evacuation Operations-Status. Alle anderen Einheiten sind gleichermaßen „robust" mit allen Fähigkeiten, die das Feldjägerwesen zu bieten hat, ausgestattet. In der jungen Geschichte des Regimentes sind bereits einige nennenswerte Großeinsätze im Inland geleistet worden. Neben der Beteiligung an den jährlichen Informationslehrübungen sind hier vor allem die Feldjägereinsätze in Münster (Absicherung öffentlicher Veranstaltungen des I. Deutsch-Niederländischen Korps) sowie am Tag der Bundeswehr zu nennen. Die zuletzt genannte Veranstaltung stellte die Leistungsfähigkeit des Verbandes auf die bislang größte Bewährungsprobe. Hierbei wurde mit massiver Unterstützung der drei nichtaktiven Feldjägerkompanien mit insgesamt rund 450 Ver- Headline bandsangehörigen an den Standorten Nörvenich, Hannover, Bonn, Wilhelmshaven, Fritzlar und Koblenz die militärische Sicherheit und der reibungslose Ablauf aller Veranstaltungen sichergestellt. Das Regiment blickt stolz auf zwei von 275 Jahren „Feldjägerei" zurück. Ob es hell oder dunkel ist, „mit dem 2ten (Regiment) sieht man besser"!!! So soll es auch noch viele viele weitere Jahre sein! Führungspersonal Feldjägerregiment 2 (im Jubiläumsjahr) Führung Feldjägerregiment 2 Kommandeur Oberst Wiesner Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant Gerlich Stab Feldjägerregiment 2 AbtLtr S1 Major Katterbach AbtLtr S2 Hauptmann Erley AbtLtr S3 Oberstleutnant Kessler AbtLtr S4 Oberstleutnant Weinberger T-Offz Hauptmann Nepora AbtLtr S6 Hauptmann Koch StZgFhr Hauptmann Pommerenke TrPsych Oberregierungsrat Abel Feldjägerkompanien / ZAW Betreuungsstelle Kompaniechefs Kompaniefeldwebel 1./2 Hauptmann Jakob Oberstabsfeldwebel Peters 2./2 Major v. Loeper Stabsfeldwebel Tschense 3./2 Major König Oberstabsfeldwebel Dikty 4./2 Hauptmann Heuchert Stabsfeldwebel Matzeschke 5./2 Hauptmann Tiedau Oberstabsfeldwebel Schröder 6./2 Hauptmann Seifert Stabsfeldwebel Ozekala 7./2 Hauptmann Mühlbach Oberstabsfeldwebel Haugrund 8./2 Major Vogel Stabsfeldwebel Wendsche 9./2 Hauptmann v. Kannen Oberstabsfeldwebel v. Holten 10./2 Major d. R. Liesmann Stabsfeldwebel d.R. Hildebrandt 11./2 Major d. R. Janz Oberstabsfeldwebel d. R. Weber Stabsfeldwebel d.R. Schmidt 12./2 Major d. R. Dr. Klohs Major d. R. Langhoff Oberstabsfeldwebel d. R. Kirchel ZAW BetrSt Oberleutnant Braun Hauptfeldwebel Baumann Abb. 70 Das Stabsgebäude des Feldjägerregiments 2 STREITKRÄFTE BASIS 142 STREITKRÄFTE BASIS 142 143 Headline Headline 5.4 Das Feldjägerregiment 3 Gespiegelte Führungskräfte im Feldjägerregiment 2 Kommandeur Oberstleutnant d.R. Tönsgerlemann Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant d.R. Bächt Oberstleutnant d.R. Schürmann Stab Feldjägerregiment 2 AbtLtr S1 Oberstleutnant d.R. SchulzePellengahn Major d.R. Rinke AbtLtr S2 vakant AbtLtr S3 Oberstleutnant d.R. Anders Major d.R. Buchwalder AbtLtr S4 Oberstleutnant d.R. Schmitz T-Offz vakant AbtLtr S6 vakant StZgFhr vakant TrPsych vakant Kompaniechefs Kompaniefeldwebel 1./2 Oberleutnant d.R. Kraska Oberstabsfeldwebel d.R. Sukau 2./2 Major d.R. Mindemann vakant 3./2 vakant vakant 4./2 Major d.R. Nienerza Oberstabsfeldwebel d.R. Gasenzer 5./2 Hauptmann d.R. Wilms vakant 6./2 Hauptmann d.R. Mahrenbach Oberstabsfeldwebel d.R. Bents 7./2 Major d.R. Gerard vakant 8./2 Major d.R. Berndt Oberstabsfeldwebel Stramm 9./2 Major d.R. Pausch Oberstabsfeldwebel Stock ZAW BetrSt vakant vakant Feldjägerkompanien Am 26. September 2013 wurde mit der formalen Außerdienststellung aller Feldjägerbataillone in Deutschland im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr auch das Feldjägerregiment 3 zum 1. Oktober 2013 neu aufgestellt. Die neue militärische Heimat der Soldatinnen und Soldaten ging aus dem in Bayern stationierten Feldjägerbataillon 451, dem hauptsächlich in Baden-Württemberg beheimateten Feldjägerbataillon 452 sowie der 3./ Feldjägerbataillon 351 in Erfurt hervor. Durch den Einsatz eines Aufstellungsstabes (Juli 2013) unter der Führung von OTL i.G. Claus Jeske hatte dies für die Bataillonsstäbe der Feldjägerbataillone 451 und 452 die Folge, dass diese zum 30. September 2013 aufgelöst und der Regimentsstab mit einem Stabszug mit Sitz in München zum 1. Oktober 2013 neu aufgestellt wurde. Die Angehörigen der Stabs- und Versorgungskompanie des Feldjägerbataillons 451 wurden zum 1. Oktober 2013 in die umgegliederte Versorgungskompanie des Regimentes überführt. Alle anderen STREITKRÄFTE BASIS 144 Feldjägerkompanien der Feldjägerbataillone 451, 452 und die 3./Feldjägerbataillon 351 wurden vorerst noch unter ihrer alten Bezeichnung geführt. Die Umgliederung und Umbenennung der Feldjägerkompanien in die 2./ bis 9./ Feldjägerregiment 3 sowie die Indienststellung der drei neu aufgestellten und fest in den Verband integrierten Ergänzungstruppenteile 10./ bis 12./ Feldjägerregiment 3 erfolgte zum 1. April 2014. Der Einsatzraum des Regimentes besteht seitdem auf den Gebieten des Freistaates Bayern (Standorte München, Amberg, Roding, Veitshöchheim), des Bundeslandes Baden-Württemberg (Bruchsal, Stetten am kalten Markt, Ulm) und des Freistaates Thüringen (Erfurt). Dies deckt rund 30% der Fläche der Bundesrepublik Deutschland ab. Neben der strukturellen und materiellen Neugliederung galt es zu Beginn der Umstrukturierung, den jungen Verband mit Leben und Geist zu füllen, um eine gemeinsame Identität zu entwickeln und zu festigen. Hierzu werden seitdem regelmäßig Zusammenziehungen bzw. verbandsweite Veran- STREITKRÄFTE BASIS 144 145 Headline Headline staltungen wie Offizier-Weiterbildungen, Politische Bildungsfahrten und vor allem die Aus- und Weiterbildung der Spezialisten durchgeführt. tungen abzubilden. In dieser Funktion wurde die Kompanie bereits mehrfach alarmiert und konnte sich international bewähren. Im Bereich der Spezialaufgaben erfolgte eine Neuausrichtung. So wurden die Beauftragten auf Kompanie- und Regimentsebene mit der Absicht neu bestimmt, „frischen Wind" in die Ausbildung und Weiterentwicklung der jeweiligen Spezialisierungen zu bringen, ambitioniertem Personal eine Bewährungschance zu geben und alle Spezialbereiche konzeptionell neu aufzustellen. So ist nun jeder bzw. jede Regimentsbeauftragte für 2 Jahre gesetzt und wesentlich verantwortlich für die regimentsinterne Aus- und Weiterbildung der jeweiligen Spezialisierung. Ein Blick in die jeweilige Kompanie soll einen Eindruck vom breiten Spektrum an Verpflichtungen und den einzelnen Spezifika der Einheiten im Regiment geben: Die 3. Kompanie des Feldjägerregiments 3 ist durch ihre Stationierung in der bayerischen Landeshauptstadt München für die Absicherung von Großereignissen, wie beispielsweise die Wahrnehmung von Schutzmaßnahmen für exponierte Bundeswehrangehörige und Angehörige befreundeter Streitkräfte im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz, eingesetzt. Durch die Übernahme eines Großteils des Einsatzraumes der aufgelösten Kompanie in Murnau mit der oberbayerischen Alpenregion hat die 3./- einen deutlich größeren Zuständigkeitsraum abzudecken. Noch sind die vier Diensthundeteams in Murnau stationiert, der Umzug nach München ist geplant. Für die 1. Kompanie des Regiments, deren Schwerpunkt in der Versorgung des gesamten dislozierten Verbandes z.B. mit Munition und Material sowie der Instandsetzung von Waffen, Gerät und Fahrzeugen definiert ist, stellt die Neugliederung eine enorme Herausforderung dar. Diese Dienstleistungen wurden vorher von zwei eigenständigen und zentral stationierten Einheiten erfüllt und müssen nun - ohne zusätzliches Personal - zentral vom Standort München aus geleistet werden. Daher ist eine gute und vorausschauende logistische Planung ein Muss. Anders als in den Feldjägerkompanien leisten in der 1./- etliche Freiwillig Wehrdienstleistende ihren Dienst. Der Anteil der Stabsarbeit wurde mit der Aufstellung des Stabszuges mit dem Stabszugführer an den Regimentsstab abgegeben. Rund 23 km liegen zwischen Sigmaringen und Stetten am kalten Markt, dem neuen Standort der 2. Kompanie. Sie hat 2014/2015 die Verpflichtung als sogenannte „MilEvakOp - Kompanie" übernommen und unterscheidet sich aufgrund dieses Auftrages und der hieraus abgeleiteten Größe und Ausstattung von den anderen Kompanien des Regimentes. Als „MilEvakOp - Kompanie" sind die Stettener Feldjäger insbesondere dazu befähigt, in einer weltweiten militärischen Evakuierungsoperation die erforderliche Feldjägerexpertise und -fähigkeit im Verbund mit anderen Truppengat- Neu in unseren süddeutschen Verband hinzugekommen ist die 4. Kompanie in Erfurt. Die Lage in der reizvollen Landeshauptstadt Thüringens ist sicher ein Grund für die Attraktivität dieser Kompanie, in der annähernd alle Stellen besetzt sind. So gelingt es den Erfurtern in diesem Jahr, auch die Unterstützung der Informationslehrübung (ILÜ) 2015 im September und Oktober weitgehend im eigenen Beritt zu stemmen. Die 5. Kompanie bedient durch die Stationierung in Veitshöchheim zwei Bundesländer in ihrem Einsatzraum, was durch unterschiedliche Regelungen und Behördenstrukturen nicht immer einfach ist. Daher legt die Kompanie großen Wert auf gute Beziehungen zu den im weitläufigen Umfeld befindlichen Behörden. Behördenvergleichsschießen und andere gemeinsame Veranstaltungen tragen hier zu einem guten Miteinander bei. Durch die beiden großen Truppenübungsplätze Wildflecken und Hammelburg sowie dem Ausbildungszentrum Infanterie sind im Einsatzraum der Kompanie zahlreiche Truppenbewegungen zu unterstützen. Für den eigenen Verband leistet die Kompanie durch die „Veitshöchheimer Runde" im Bereich der Erhebung und Ermittlung ihren Beitrag zur Qualitätssicherung und erarbeitet Innovationen. Die Tradition der 6. Kompanie („Die Badische") begründet sich auf der ehemaligen Luftlandefeld- STREITKRÄFTE BASIS 146 jägerkompanie 9 aus Bruchsal und der ehemaligen 2./Feldjägerbataillon 750 aus Karlsruhe. Seit jeher sind Feldjäger auf dem Bruchsaler Eichelberg am westlichen Rand des Kraichgaus und unweit von Karlsruhe stationiert. Als besondere Bedarfsträger im Einsatzraum, der sich grob von Mannheim im Norden bis zur Schweizer Grenze im Süden erstreckt, sind das Bildungszentrum der Bundeswehr in Mannheim und die Deutsch/ Französische Brigade in Müllheim zu nennen. Dadurch besteht eine enge Verbindung zur französischen Gendarmerie in Müllheim. Ein Herausstellungsmerkmal für die Kompanie ist die Bereitstellung eines einsatzfähigen Zugriffsteams und der daraus resultierenden Leitfunktion und Fachexpertise für das Feldjägerregiment 3 und den Aufgabenbereich Feldjägerwesen Bundeswehr. Feldjägereinsätze zur Unterstützung des Evangelischen Kirchentages in Stuttgart und zur Aufrechterhaltung der Bewegungsfreiheit für die belgischen Streitkräfte zählten zu den Highlights des letzten Jahres. Weiterhin präsentierte sich die Kompanie beim Tag der Sicherheit im Rahmen der Heimattage Baden-Württembergs der breiten Öffentlichkeit im Stadtzentrum Bruchsals. Sowohl bei der Ausbildungsmission im IRAK, als auch bei der Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge im Mittelmeer waren Feldjäger der Kompanie zuletzt eingesetzt.Mehrmals im Jahr führt die Kompanie in Zusammenarbeit mit der Karriereberatung der Bundeswehr Praktikumswochen für an der Bundeswehr Interessierte durch. "Furchtlos und Treu" ist der Leitspruch der Ulmer Spatzen - der 7. Kompanie des Regiments. Im Einsatzraum dieser Kompanie befindet sich das einzige multinationale Kommando in Deutschland. Mit dem Kommando Operative Führung und ihrem Provost Marshal arbeitet die Kompanie eng zusammen und unterstützt hier im ganzen Einsatzspektrum des Aufgabenbereiches. Für das Bundeswehrkrankenhaus in Ulm werden notfallmedizinische Transporte von verwundeten Soldaten und Soldatinnen durch die Feldjäger abgesichert und begleitet. Insgesamt stellt die Kompanie 29 Verbänden und Einheiten, vier Bundeswehrschulen und einem Munitionsdepot militärpolizeiliche Unterstützung zur Verfügung. Und dass die Kompanie "Furchtlos und Treu" in allen Regionen ihres Einsatzraumes ihren Dienst versieht, wird bei Einsätzen im Hochgebirge der Allgäuer Alpen bewiesen. Für diese hält sich die Kompanie im Sommer wie im Winter fit. Wie die Beziehungen zu den befreundeten Streitkräften, zu den Reservistenverbänden und zur Bevölkerung gepflegt werden können, zeigt die 8. Kompanie in Roding. Zwar nicht mehr zu ihrem Einsatzraum gehörend, betreuen die Rodinger dennoch den Truppenübungsplatz Hohenfels und pflegen dort eine intensive Partnerschaft mit der 527th Military Police Company. Hier stehen regelmäßige gemeinsame Ausbildungen wie Schießübungen oder Märsche auf dem Programm. Ebenfalls eng ist die Verbindung zu den Reservistenverbänden und zur Kameradschaft der Feldjäger. So konnte das 25-jährige Bestehen des Ortsverbandes der Kameradschaft der Feldjäger sowohl im Kreise als auch unterstützt durch die Rodinger Kompanie gefeiert werden. Auch zur Bevölkerung, die der Bundeswehr im Bayerischen Wald positiv gegenübersteht, wird ein enger Kontakt gepflegt, so z.B. zur Patengemeinde Bruck. Mehrere Behördenschießen oder die Teilnahme mit Abordnungen zu Festen und Feierlichkeiten sind hier Zeugnis für ein gutes Miteinander. In naher Zukunft sollen in Roding auch vier Diensthundeteams ihren Dienst leisten, von denen bereits zwei in die neu errichtete Zwingeranlage eingezogen sind. Die stetige Neuausrichtung der Bundeswehr wirkt sich durch Standortschließungen oder - Verlagerungen auch auf die dislozierten Feldjägereinheiten aus. So stellt für die 9. Kompanie der für 2017 geplante Umzug von Amberg nach Roth eine große Herausforderung dar. Mit einem der größten Einsatzräume des Feldjägerregiments 3 und dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr bringt die 9. Kompanie als „Haus und Hof Kompanie" der Panzerbrigade 12 - „Oberpfalz" einiges an Kilometern auf die Straße. Sie unterhält zudem eine Patenschaft zur 615th US MP COY in Grafenwöhr und wird ab November 2015 mit großen Teilen der Kompanie am 4. DEU Einsatzkontingent der ISAF-Nachfolgemission Resolute Support in Afghanistan teilnehmen. In der noch relativ jungen Geschichte des Feldjägerregimentes 3 wurden bereits einige Großeinsätze geleistet. Hier gilt es vor allem die Feldjäge- STREITKRÄFTE BASIS 146 147 Headline Headline reinsätze im Rahmen des G7- Gipfels in Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, den Tag der Bundeswehr, bei dem das Feldjägerregiment 3 mit Feldjägerunterstützung in Manching, Bischofswiesen, Laupheim, Bonn und einer luftbeweglichen Reserve in Nörvenich seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellte, oder die Leutnantsbeförderungen der Studenten der Universität der Bundeswehr München in der Öffentlichkeit hervorzuheben. densten Verpflichtungen im Rahmen der nationalen Krisenvorsorge seinen Dienst. Bei all diesen Aufgaben werden die Einheiten und auch der Stab des Regiments unterstützt von einer Reihe Reservedienstleistender, die neben ihren zivilen Berufen oder bereits im Ruhestand befindlich mit großem Engagement durch einzelne Übungstage oder auch für mehrere Monate Vakanzen auffangen oder Sonderprojekte begleiten. Ebenso leistete der junge Verband in diversen Einsätzen wie beispielsweise dem Stabsquartier 2014/2015 in Kabul/Afghanistan oder verschie- Führungspersonal Feldjägerregiment 3 (im Jubiläumsjahr) Führung Feldjägerregiment 3 Gespiegelte Führungskräfte im Feldjägerregiment 3 Kommandeur Oberst Jeske Kommandeur Oberst d.R. Schwarz Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant Böer Stellvertretender Kommandeur Oberstleutnant d.R. Cipolla Oberstleutnant d.R. Schmitz Oberstleutnant d.R. Schönfisch Stab Feldjägerregiment 3 AbtLtr S1 Oberstleutnant Dittmann AbtLtr S2 Hauptmann Gebel AbtLtr S3 Oberstleutnant Thimm AbtLtr S4 Oberstleutnant Ullrich T-Offz Hauptmann Liwack AbtLtr S6 Oberleutnant Herrmann StZgFhr Hauptmann Fischer TrPsych Oberregierungsrätin Landerer Kompaniechefs 1./3 Stab Feldjägerregiment 3 AbtLtr S1 Oberstleutnant d.R. Kuzmany Major d.R. Klix AbtLtr S2 Hauptmann d.R. Happel Hauptmann D.R. Wilhelm AbtLtr S3 Oberstleutnant d.R. Hähn Oberstleutnant d.R. Eberle AbtLtr S4 Oberstleutnant d.R. Auracher Kompaniefeldwebel T-Offz Hauptmann d.R. Gruber AbtLtr S6 vakant Hauptmann Gutsmiedl Oberstabsfeldwebel Turba StZgFhr vakant TrPsych vakant 2./3 Hauptmann Lehner Oberstabsfeldwebel Seitz Feldjägerkompanien 3./3 Hauptmann Wehnert Oberstabsfeldwebel Krips Kompaniechefs Kompaniefeldwebel 4./3 Major Kratzius Oberstabsfeldwebel Graf 1./3 vakant Oberstabsfeldwebel d.R. Henning 5./3 Hauptmann Parlak Oberstabsfeldwebel Schröter 2./3 vakant 6./3 Hauptmann Pantel Oberstabsfeldwebel Arndt Major d.R. Wocher Major d.R. Degen 7./3 Hauptmann Scheffler Oberstabsfeldwebel Ditscher 3./3 Major d.R. Knuschke Oberstabsfeldwebel d.R. Schaller 8./3 Hauptmann Zeps Oberstabsfeldwebel Dümig 4./3 Major d.R. Firme vakant 9./3 Hauptmann Rohder Oberstabsfeldwebel Hutzler 5./3 Major d.R. Müller vakant 10./3 Hauptmann d. R. Trantow Oberstabsfeldwebel d.R. Maier 6./3 Major d.R. Walter Oberstabsfeldwebel d.R. Oberle 11./3 Major d. R. Kretschmann Stabsfeldwebel d. R. Wensauer 7./3 Major d.R. Ginzel vakant 12./3 Hauptmann d.R. Fritzen Oberstabsfeldwebel d. R. Bayer 8./3 Hauptmann d.R. Maier Oberstabsfeldwebel d.R. Fuchs 9./3 Major d.R. Dr. Gänsbauer Oberstabsfeldwebel d.R. Kremmel Feldjägerkompanien STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 148 148 149 Headline Headline 5.5 Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr Die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr (SFJg/StDstBw) ist die zentrale Ausbildungseinrichtung der Streitkräfte für das Feldjägerwesen und den Stabsdienst der Bundeswehr. Der heutige Standort Hannover ist allerdings erst seit 2009 die neue „Feldjägerheimat", in rund 50 Jahren davor wurde der Lehr- und Ausbildungsauftrag der Schule in der GeneraloberstBeck-Kaserne in Sonthofen wahrgenommen. Die vergangenen 59 Jahre lassen die Schule auf eine lange Tradition als Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr sowie eine facettenreiche Geschichte zurückblicken, in der sie bewiesen hat, wie wandelbar und anpassungsfähig sie ist. 275 Jahre Feldjägertruppe bieten nun einen hervorragenden Anlass, diese Geschichte und die besonderen Ereignisse und Veränderungen wiederzugeben. Die Anfänge ... Ursprünglich war nach der Neuaufstellung der deutschen Streitkräfte als Standort zunächst Mittenwald vorgesehen, wo auch der Aufbau der Schule im Mai 1956 begann. Doch die endgültige Entscheidung fiel letztendlich auf Sonthofen - einen bekannten Luftkur- und Wintersportort des Allgäus. Die einst als Ordensburg bekannte Generaloberst-Beck- Kaserne - heute den meisten als „Burg" in Erinnerung geblieben - sollte das neue Zuhause der Feldjägertruppe werden. Die ersten fünf Offiziere und sieben Unteroffiziere, die zunächst in Mittenwald eingetroffen waren, verlegten am 15. Juni 1956 als Vorauspersonal nach Sonthofen an die neue „Feldjägerschule der Streitkräfte". Neben der Feldjägerschule befanden sich in der ehemaligen Ordensburg weitere Truppenschulen wie beispielsweise die ABC- und die Fernmeldeschule. Erste Gliederung der Feldjägerschule Kommandeur: Oberst Wölfinger S1: Major Turner S3: Kapitänleutnant Paulus Leiter Lehrstab:Oberstleutnant Ulrich Leiter ATP-Stab:Hauptmann Ross (Auswertung, Truppenversuch und Planung) Am 27. Juni 1956 begann die offizielle Ausbildung des Lehrpersonals unter Leitung von Oberstleutnant Ulrich. Zu diesem Zeitpunkt existierten keine Vorschriften oder Anweisungen, sodass der ATP-Stab die erforderlichen vorläufigen „Ausbildungs- und Lehrhilfen" unter der Federführung von Hauptmann Ross konzipiert hat. Einige Monate später wurde Major Ross, der inzwischen befördert wurde, ins „Bundesministerium für Verteidigung" versetzt, um dort die ersten offiziellen Vorschriften für die Ausbildung und Führung der Feldjägerkräfte zu erstellen. Die „Geburtsstunde STREITKRÄFTE BASIS 150 der Feldjägerschule" erfolgte am 23. Juni 1956 im Rahmen des ersten Planspiels, welches beim 1. Stabsoffizierlehrgang durchgeführt wurde. Dieses gab einen ersten Einblick in die Aufgaben des Feldjägerwesens. Am Sonntag, den 5. August 1956, kamen die ersten rund 500 Lehrgangsteilnehmer künftige Feldjäger vom Schützen bis zum Major - an. Nach der Einkleidung und Zuordnung zu den jeweiligen Inspektionen und Hörsälen konnte der planmäßige Lehrbetrieb eine Woche später, am 13. August, aufgenommen werden. Die Zusammensetzung der Lehrgangsteilnehmer war im gleichen Verhältnis wie der Stab der Schule gegliedert: 6 (Heer) zu 3 (Luftwaffe) zu 1 (Marine). Zu Beginn gab es zunächst fünf Inspektionen mit je drei Hörsälen, in denen Offiziere, Feldwebel, STREITKRÄFTE BASIS 150 151 Headline Unteroffiziere und Mannschaften ausgebildet wurden, wobei die V. Inspektion eine Ausbildungsinspektion für die Rekruten war. Das Offizierskorps der Feldjägertruppe bestand zu der Zeit aufgrund des geringen Umfangs zunächst aus den zuversetzten Offizieren anderer Truppengattungen. Unter Leitung des ersten Schulkommandeurs Oberst Wölfinger - ehemals Polizeirat der Bayerischen Bereitschaftspolizei - erhielten die Lehrgangsteilnehmer in Einsatzlehre und Recht von Beginn an eine praxisorientierte Ausbildung. Dies lag vor allem daran, dass die Lehroffiziere selbst überwiegend aus der Polizei der Bundesländer stammten und ihre Erfahrung erfolgreich vermitteln konnten. Zudem wurden die Hörsaaloffiziere von einem neunköpfigen US-Team unterstützt, einer „German Training Assistance Group" (GTAG) unter Führung des LtCol Michau und Capt Schneider. Somit konnte an den US-Waffen und -geräten sowie in den Verfahrensweisen, wie der Verkehrsunfallaufnahme, nach dem Vorbild der US-Militärpolizei ausgebildet werden. Der erste Feldjägerlehrgang wurde am 19. November 1956 in Anwesenheit zahlreicher militärischer Gäste offiziell verabschiedet. Mit wachsender Personalstärke der Bundeswehr sowie der Entwicklung des „Verkehrsleitnetzes" zur Bewältigung des Militärverkehrs in einem Verteidigungsfall kam es innerhalb der Feldjägerkompanien, aber auch in STREITKRÄFTE BASIS 152 der Ausbildung an der Feldjägerschule zu Anpassungen. So erweiterte sich das Lehrgangsangebot beispielsweise um den Streifenführer- und Zugführerlehrgang, den Funktruppführerlehrgang sowie Feldwebel-, Fähnrichs- und Stabsfeldwebellehrgang. Auch Verkehrsüberwachungslehrgänge an den neu eingeführten Traffipax- und Radaranlagen zur Geschwindigkeitsmessung wurden in das neue Ausbildungsprogramm der Feldjägerschule übernommen. Ab 1960 bestand der Auftrag der Feldjägerschule zusammenfassend in der Durchführung von Laufbahn- und Verwendungslehrgängen, der Entwicklung von Einsatzverfahren, Erprobung von Gerät sowie der Bearbeitung von Dienstvorschriften. Organisatorisch unterstand die Schule den Führungstruppen im Truppenamt. Im November 1965 wurde an der Schule zum 225. Bestehen der Feldjägertruppe eine Gedenktafel durch den General der Führungstruppen, Brigadegeneral v. Winning, enthüllt. Der erste Höhepunkt der Schule war erreicht, der Lehrbetrieb lief auf vollen Touren und es gab immerzu Besuche inund ausländischer Gäste. Bis zu diesem Zeitpunkt - seit der Gründung der Schule waren bereits zehn Jahre vergangen - wurden rund 11.500 Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften in 29 verschiedenen Lehrgangsarten ausgebildet. Die Schule im Wandel ... In den folgenden Jahren gab es - bedingt durch die unterschiedlichen Heeresmodelle und der damit einhergehenden teilweisen Umgliederung der Truppe - einige Änderungen bei der Organisations- und Verantwortungsstruktur der Truppengattung. 1972 erhielt die Schule den Auftrag, die Stabsdienstausbildung für das Heer durchzuführen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden im Heer alle Stabsdiensttätigkeiten am Arbeitsplatz erlernt. Damit erhielt die Schule auch einen neuen offiziellen Namen: Schule für Feldjäger und Stabsdienst. Alle Kompaniefeldwebel, Rechnungsführer und Leitungsgehilfen der Kommandeure wurden somit in Sonthofen vorbereitet und ausgebildet. Nur drei Jahre später, im Oktober 1975, wurde der Schule ein dritter Aufgabenbereich zugewiesen, die Ausbildung in Betriebswirtschaft - Schwerpunkt Personalwirtschaft - für Unteroffiziere. Geeignete Soldaten sollten in der neu geschaffenen Lehrgruppe C über einen Zeitraum von zwei Jahren zum staatlich geprüften Betriebswirt ausgebildet werden. Diese haben im Anschluss daran die Offizierausbildung und -prüfung durchlaufen und wurden als Personalfachleute in Truppenstäben und Kommandobehörden eingesetzt. Dieser neue Auftrag hatte eine erneute Namensänderung der Schule zu Folge, die nun als „Schule für Feldjäger/ Stabsdienst und Fachakademie für Wirtschaft des Heeres" bezeichnet wurde. Bereits wenige Jahre später - im Jahr 1982 - wurde die Lehrgruppe C jedoch wieder herausgelöst und als selbstständige Akademie mit Sitz in Darmstadt weitergeführt. Seit 1975 hat die Schule den Rahmen für die damals jährlich stattfindende „Alliierte Militärpolizeikonferenz" geboten. Zu Beginn stand die Notwendigkeit gegenseitiger Information über Aufgaben, Gliederung und Einsatzverfahren, um bei Bedarf möglichst ungehindert und störungsfrei zusammenwirken zu können. Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Niederlande und die Vereinigten Staaten nahmen mit ranghöchsten Offizieren und Kommandeuren der Militärpolizei, die in der Bundesrepublik Deutschland stationiert oder dafür vorgesehen waren, daran teil. Die Veranstaltung hatte sich schnell etabliert und wurde zur aktuellen Information, Regelung von Grundsätzen, zur Verbesserung der Zusammenarbeit, Abstimmung von Verfahrensweisen und zur Aufbereitung besonderer Einsätze genutzt. STREITKRÄFTE BASIS 153 Headline Headline Es ist offensichtlich, dass die Schule einem stetigen Wandel ausgesetzt war. Die im Feldjägerdienst gesammelten Erfahrungen führten zur Konzeption weiterer neuer Lehrgänge wie beispielsweise „Englisch für Feldjäger" und „Angewandte Psychologie im Feldjägerdienst". Der Entwicklung der Sicherheitslage in der Bundesrepublik Deutschland in den 70er Jahren im Rahmen der Mordanschläge der RAF (Rote Armee Fraktion) erforderte die Wahrnehmung zusätzlicher Schutzaufgaben für gefährdete Personen und militärische Bereiche. Innerhalb kurzer Zeit musste das Personal auf die neue Herausforderung vorbereitet werden, wobei die Personenschutzausbildung ihren Weg in die Feldjägertruppe fand. In den 70er Jahren entstand weiterhin die Idee, einen Traditionsraum der Feldjäger an der Schule einzurichten. Dieses wurde mit dem Ziel, die Entwicklung der Feldjägertruppe vorzustellen und die Traditionspflege zu fördern, in Form der Eröffnung einer Lehrsammlung am 20. Januar 1982 in die Tat umgesetzt. Wandel und erneute Strukturanpassungen an der Schule bleiben aber erforderlich, so auch im Rahmen der vierten Heeresstruktur (1980- 1992). Die bis dahin selbstständige Feldjägerausbildungskompanie 905, die den Auftrag für die Spezialausbildung zum Feldjäger nach der Grundausbildung innehatte, wurde 1986 als IV. Inspektion in die Lehrgruppe A integriert. Der 25. Oktober 1990 war für die Feldjägerschule ein ereignisreicher und wichtiger Tag. Im Sonnenhof der Generaloberst-BeckKaserne wurde zur Feier des 250. Jahrestages der Feldjägertruppe der von der „Kameradschaft der Feldjäger" gestiftete Feldjägerstein feierlich übergeben. Der fünf Tonnen schwere Stein aus dem Naturspaltfelsen des Grünten - der bereits für den Bau der Burg verwendet wurde steht als Wahrzeichen und Gedenkstein für die Tradition der Feldjäger seit 1740. Im Rahmen der folgenden Heeresstruktur „Neues Heer für Neue Aufgaben" wurde im Mai 1998 vom Inspekteur des Heeres entschieden, dass der Kommandeur der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr die zusätzliche Bezeichnung „General der Feldjägertruppe" tragen wird. Künftig sollte der Kommandeur der Schule oberster Repräsentant der Feldjägertruppe sein, der für die lehrgangsgebundene Ausbildung sowie für die personelle und materielle Ausbildung in den Verbänden verantwortlich ist. bereits zu diesem Zeitpunkt der Umzug der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr von Sonthofen (Generaloberst-Beck- Kaserne) nach Hannover (Emmich-Cambrai- Kaserne - ehemalige Offizierschule des Heeres) entschieden. Mit dieser Entscheidung bot sich die einmalige Möglichkeit, eine zukunftsorientierte und hochmoderne Ausbildungsinfrastruktur zentral in Deutschland zu schaffen. Damit konnte man den gewachsenen Herausforderungen sicherheitspolitischer Entwicklungen optimal gerecht werden. Neben den umfassenden Struktur-/ Laufbahnänderungen und Herausforderungen im Rahmen der Bundeswehrreform gab es jedoch auch grundlegende sicherheitspolitische Entscheidungen, die die Schule nicht unerheblich beeinflusst haben, wie beispielsweise die Erweiterung der Einsätze in ausländischen Einsatzgebieten. Aufgrund der unterschiedlichen Einsatzbedingungen und damit einhergehend immer umfänglicheren Anforderungen an die Feldjäger wurden die Ausbildungsinhalte stetig aktualisiert und verändert. Neben Abb. 72 Ehrenhain Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Sonthofen Abb. 71 Feierliche Übergabe „Feldjägerstein" STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 154 Die nächste Strukturänderung ließ nicht lange auf sich warten, denn schon bald musste die gesamte Feldjägertruppe die bis dahin größte und einschneidendste Änderung ihrer bisherigen 45-jährigen Geschichte vornehmen. Im Jahr 2001 erfolgte die Verabschiedung aus dem Heer, die Integration in den neu aufgestellten Organisationsbereich Streitkräftebasis (SKB) und damit einhergehend die Überführung der Funktion des „Generals der Feldjägertruppe" in das Streitkräfteunterstützungskommando, an den Leiter Gruppe Feldjägerwesen Bundeswehr, Oberst Erdmann. Damit war dieses Amt - nun losgelöst vom Dienstposten des Schulkommandeurs - von einem Feldjäger besetzt. Im Rahmen dieser Strukturentscheidung wurde 154 155 Headline der allgemeinen Feldjägerausbildung musste nun jeder Feldjäger eine Spezialisierung erhalten. So kam es dazu, dass - losgelöst von heeresbezogener Kontingentausbildung - die für den Einsatz bei SFOR und KFOR vorgesehenen Feldjägerkontingente zur Entlastung der Feldjägerbataillone zentral an der Schule auf den Auslandseinsatz vorbereitet wurden. Die Lehrgangsinhalte reichten von der Checkpoint- und Fahrausbildung über Sprachausbildung Englisch bis hin zu Psychologie und Tatortarbeit. Auch wenn weitere Einsätze wie ISAF und OEF folgten, wurde die anspruchsvolle Ausbildung den Anforderungen an die Feldjägerkräfte gerecht. Unabhängig von diesen Veränderungen an der Schule und in der Truppe wurde 2002 weiteres Traditionswürdiges geschaffen: der „Ehrenhain". Diese durch Spenden finanzierte Gedenkwand für die aufgelösten Feldjägertruppenteile fand unter den Arkaden des Sonnenhofs ihren würdigen Platz und sollte so vor dem Vergessen bewahren. Der Ehrenhain ergänzte die Ehrenhalle, in der die Feldjäger den im Dienst verstorbenen Soldaten gedachten. Mit Einführung der neuen Soldatenlaufbahnverordnung vom 19. März 2002 fand eine Zäsur in der Ausbildung der Unteroffiziere statt. Erstmals Headline wurde die eigenständige Laufbahn der Feldwebel geschaffen. Dies hatte maßgeblichen Einfluss auf die Ausbildung an der Schule und erforderte eine Anpassung der bisherigen Ausbildungskonzepte. Die ersten - nach dem neuen Konzept ausgebildeten - Feldjägerfeldwebel standen ab 2006 zur Verfügung. Auch der Name der Schule wurde erneut geändert, sodass nun die neue - heute noch aktuelle - Bezeichnung Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr lautete. Mit Einführung einer neuen STAN änderte sich auch die Grundgliederung der Schule in zwei Bereiche unterhalb der Schulführung: dem Stabsbereich und dem Bereich Lehre und Ausbildung. Der Auftrag der Schule dagegen blieb im Wesentlichen unverändert, jedoch kamen einige neue Verwendungslehrgänge dazu. Auf inzwischen rund 1.000 Lehrgangsplätze und etwa 80 verschiedene Lehrgangstypen konnte die Schule in diesen Jahren ihr weitgefächertes Lehrgangsangebot erweitern. Am 23.10.2009 nahm die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr den Lehrbetrieb in Hannover offiziell auf. Rund 80 Mio. Euro wurden in etwa zwei Jahren in den Umbau der Emmich-CambraiKaserne investiert, um diese zu einer der modernsten Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr zu machen. In der Liegenschaft, die im Norden von Hannover direkt an der Autobahn A2 liegt, befand sich bis zur Verlegung nach Dresden 1997 die Offizierschule des Heeres. Der Doppelname der neuen Feldjägerheimat hat ihren Ursprung im I. Weltkrieg. General Albert Theodor Otto von Emmich, der einige Jahre seines Lebens in Hannover verbrachte, war ein Truppenführer des I. Weltkrieges, und Cambrai ist ein Ort in Frankreich, an dem es 1917 erstmals zum Einsatz massierter Panzerkräfte durch die Engländer gegen deutsche Truppen kam. Die moderne Ausbildungsinfrastruktur in Hannover bot nunmehr die Möglichkeit, eine vernetzte und einsatzorientierte Ausbildung mit realistischen Szenarien umzusetzen. Hierzu wurden spezielle Handlungstrainer entwickelt, mit denen komplexe und vernetzte Lagen geübt und mit Hilfe von Videoaufnahmen konstruktiv ausgewertet werden können. Dazu gehört u.a. ein Lehr-Dienstkommando, ein Handlungstrainer Erhebungen und Ermittlungen mit integriertem Labor und Tatorträumen, sowie eine Raumschießanlage, in der im scharfen Schuss trainiert werden kann. Darüber hinaus verfügt die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr mit dem Handlungstrainer 61 über ein Die Feldjäger verlassen die Burg… Zwischen der Entscheidung, die Schule von Sonthofen nach Hannover zu verlegen und dem tatsächlichen Umzug im Juli 2009 vergingen acht Jahre. Der Abschied von der bayerischen „Feldjägerheimat" in Sonthofen verlief eindrucksvoll, stilvoll und angemessen. Rund 50 Jahre Tradition mussten in der „Burg" zurückgelassen werden, die für viele Feldjägergenerationen viele Erinnerungen und Erfahrungen bedeutet hat, welche zusammengenommen das Wesen der Schule ausmachten. Bei der Verabschiedung hat Oberst Katz das mit den Worten verdeutlicht: „Es gilt nun, unsere „Burg" nach Hannover zu verlegen. Die Herausforderung dabei ist nicht der Transport der ca. 250 Tonnen an Material in etwa acht Um- zugswochen. Wichtiger ist es, den Geist und die Seele unserer Schule zu transportieren, denn die Identität dieser Institution lebt durch ihre Angehörigen und ihr erfolgreiches Wirken." Nationale und internationale Repräsentanten aus Politik, Wirtschaft und Militär sowie insgesamt rund 4.000 Gäste nahmen an dieser Veranstaltung teil, um sich von der „Burg" gebührend zu verabschieden. Anschließend gab es als Andenken an die Berge eine Reihe von landestypischen Geschenken - Fahnen und Wimpel und das bayerische Staatswappen auf Holz für die zukünftige „Sonthofener Hütte" in Hannover sind hier beispielhaft zu nennen. Abb. 73 Einfahrtsbereich der Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover STREITKRÄFTE BASIS 156 STREITKRÄFTE BASIS 156 157 Die Schulkommandeure Headline Gebäude mit über 120 unterschiedlichen Räumen, die z.B. als Wohnung, Hotel oder Industrieanlage in verschiedensten Szenaren für die unterschiedlichen Ausbildungsbereiche genutzt werden können. Mit der hochmodernen und in der Bundeswehr einmaligen Kraftfahrausbildungsfläche kann jederzeit eine zielgerichtete und fordernde Fahrausbildung gewährleistet werden - insbesondere im Bereich Personenschutz. Seit dem Jahr 2014 ist die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr mit erneuter Umgliederung der Bundeswehr und Auflösung der Feldjägerausbildungskompanien auch eine der Ausbildungseinrichtungen, welche die Allgemeine Grundausbildung sowie die Feldwebel- und Unteroffizieranwärterausbildung (Feldjägertruppe/ABC- Abwehrtruppe) für die SKB durchführt. Die vielfältigen, zum Teil hochspezialisierten Ausbildungsbereiche wären ohne eine umfassende Unterstützung aus dem Bereich externer Dienststellen und Einrichtungen nicht durchführbar, sodass sich auch hier in Hannover ein hervorragendes Netzwerk gegenseitiger Unterstützung bei der Ausbildung der Feldjäger und des Stabsdienstes nicht nur national sondern auch international entwickelt hat. Neben Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben und weiteren Einrichtungen wie der Medizinischen Hochschule aus Hannover gibt es eine enge Kooperation mit internationalen Partnern vor allem aus Österreich, der Schweiz und Polen. Im Rahmen des letzten Feldjägertages am 2. Juli 2015 wurde mit dem Military Gendarmerie Training Centre aus Polen offiziell eine Patenschaft begründet. Regelmäßige Kontakte mit dem Kommando Militärstreife und Militärpolizei (Wien), der Heeresunteroffizierakademie (Enns), dem Kommando Militärische Sicherheit im Eidgenössischen Departement für Verteidigung (Bern) sowie dem Kommando Technische Lehrgänge (Luzern) sind ebenso fester Bestandteil der Jahresplanungen. Bereits praktizierte gegenseitige Lehrgangsbeschickung mit Österreich und der Schweiz und Austausch in den unterschiedlichen Ausbildungsbereichen, auch auf Expertenebene, tragen zu einem gegenseitigen Vertrauen und vertiefter Zusammenarbeit zur Vorbereitung multinationaler Einsätze bei. Die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr hat sich am Standort Hannover als die Ausbildungseinrichtung der Feldjäger, des Stabsdienstes und für den allgemeinmilitärischen Bereich der Spitzensportler der Bundeswehr etabliert. Dabei ist es gelungen, den „Geist und die Seele" von Sonthofen in die moderne und zukunftsorientierte Ausbildungseinrichtung nach Hannover mitzunehmen. So ist die Schule bestens auch für zukünftige Herausforderungen aufgestellt. Abb. 74 Ehrenhain Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover STREITKRÄFTE BASIS 158 Oberst Wölfinger 1956-1958 Oberst Ballhorn 1958-1963 Oberst Elfering 1963-1967 Oberst Koch 1967-1970 Oberst Ross 1970-1974 Oberst Hackenbuchner 1974-1977 Oberst Meitzel 1977-1979 Oberst Wohlgemuht 1980-1984 Oberst R. v. Waechter 1984-1988 Oberst Schlolaut 1988-1992 Oberst Herzog 1993-2000 Oberst Helms 2000-2002 Oberst Müller 2002-2008 Oberst Katz 2008-2013 Oberst Keller seit 2013 STREITKRÄFTE BASIS 159 Headline Headline Die Leiter Lehre und Ausbildung Im Rahmen der Umstrukturierung gemäß der Heeresstruktur 5 wurde an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bereich Lehre und Ausbildung geschaffen. Oberst Kurek 1995 Oberst Erdmann1998 Oberst Richter 2001 Oberst Katz 2005 Oberst Körbi 2008 Oberst Meuser 2011 OTL Weschollek 2014 - - - - - - - Die Leiter Spezialstab ATV/Weiterentwicklung Dieser ist verantwortlich für die lehrgangsgebundene Ausbildung in den zwei Lehrgruppen A und Der Leiter dieses Bereiches ist seitdem auch gleichzeitig der stellvertretende Schulkommandeur. 1998 2001 2004 2008 2011 2014 M Ross H Küppers M Nägler OTL Beck OTL Pieper OTL Nöchel OTL Böckle OTL Kreitz OTL Bräuni OTL Rösner OTL Jelinek Die Lehrgruppenkommandeure Kommandeur Lehrgruppe A Kommandeur Lehrgruppe B OTL Ulrich 1956 OTL Bürkner 1960 OTL Elfering 1962 OTL Ross 1963 OTL Ludewig 1970 Oberst Schwarz 1972 Oberst Herold 1974 Oberst Singer 1974 Oberst Neumann 1980 Oberst Trampusch 1981 Oberst Barth 1985 Oberst Rehbein 1989 Oberst Kurek 1993 OTL Busse 1995 OTL Probst 2000 OTL Lache 2004 OTL Weschollek 2010 OTL Sdrojek 2014 OTL Schüssel OTL Heger OTL Schabert OTL Laqua OTL Sommer OTL Billek OTL Leuning OTL Maul OTL Abel OTL Kläsener OTL Hartmann - 1960 - 1962 - 1963 - 1970 - 1972 - 1974 - 1974 - 1980 - 1981 - 1985 - 1989 - 1993 - 1995 - 2000 - 2004 - 2010 - 2014 - 1972 1976 1983 1989 1993 2002 2004 2006 2010 2012 2013 1956 1956 1958 1960 1962 1974 1980 1987 1989 1992 1993 entscheidend, bis schließlich 1994 der Spezialstab ATV aufgelöst wurde und in Teilen in der Gruppe Weiterentwicklung aufging. Im Jahr 2003 wurde die Gruppe Weiterentwicklung aus der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr ausgegliedert. - 1956 - 1957 - 1960 - 1961 - 1974 - 1979 - 1987 - 1989 - 1992 - 1993 - 1994 Leiter Gruppe Weiterentwicklung OTL Jarosch 1994 - 2003 - 1976 - 1983 - 1989 - 1993 - 2002 - 2003 - 2006 - 2010 - 2012 - 2013 - STREITKRÄFTE BASIS 160 Der Spezialstab ATV (Auswertung, Truppenversuch und Vorschriften) erstellte die Vorschriften für die Feldjägertruppe und passte diese sowohl an die praktischen Erfahrungen des Feldjägerdienstes als auch an neue Aufträge an. Somit prägte diese Abteilung das Gesicht der Feldjägertruppe seit jeher STREITKRÄFTE BASIS 160 161 6 Kameradschaft der Feldjäger Headline 35 Jahre Kameradschaft der Feldjäger e.V. 275 Jahre Feldjäger Ein zuverlässiger Partner der Feldjägertruppe Es ist nun 35 Jahre her, dass die „Kameradschaft der Feldjäger e.V." am 6. Dezember 1980 in Sonthofen/Allgäu als gemeinnütziger Verein ins Leben gerufen wurde. Zu diesem Zeitpunkt waren gerade einmal 25 Jahre vergangen, seit die Bundeswehr am 12. November 1955, dem Geburtstag des preußischen Heeresreformers Gerhard von Scharnhorst, gegründet worden war. Bereits mit der Aufstellung der ersten Einheiten der Feldjägertruppe 1955 in Andernach und Sonthofen kam es zu Anregungen aus der Truppe, eine eigene Feldjägertradition zu bilden. Doch war es noch ein langer Weg bis zur Verwirklichung und Umsetzung dieser Gedanken. So kam es erst im Jahre 1976 in Ulm zu einem Treffen eines kleinen Kreises von aktiven und ehemaligen Feldjägern, die damit begannen, sich intensiv mit dem Thema der Pflege einer eigenen Feldjägertradition und einer Kameradschaftsverbindung auseinanderzusetzen. Die Überlegungen gingen schließlich dahin, einen Zusammenschluss von Feldjägern zu STREITKRÄFTE BASIS 162 schaffen, der ein Forum dafür bieten sollte, die im Dienst erlebte und gelebte Kameradschaft auch im außerdienstlichen Bereich weiter zu pflegen und zu intensivieren. Diese Idee wurde vom ehemaligen Inspizienten der Feldjägertruppe, Oberst Erwin Koch, dankbar aufgenommen, so dass er sich, gemeinsam mit einigen anderen, zur treibenden Kraft für die Gründung der Kameradschaft entwickelte. Damit nahm die Forderung, eine eigene Feldjägertradition zu entwickeln, ihren Lauf. Da jedoch allen Beteiligten bewusst war, dass dieses Vorhaben nicht während des täglichen Dienstes zu verwirklichen war, ging man den Weg, einen eigenen privatrechtlich organisierten Verein zu gründen und diesem den Namen „Feldjäger" beizugeben - hatte sich die Namensgebung der Feldjägertruppe der Bundeswehr doch an dem herausragenden Traditionsnamen des preußischen Reitenden Feldjägerkorps (1740-1919) orientiert. STREITKRÄFTE BASIS 162 163 Headline In der Fläche war man zu dieser Zeit indessen weiter. Hier hatten sich bei einzelnen Feldjägerwach- und -dienstkommandos lockere (Feldjäger-) Kameradschaften gebildet, zu denen nach ihrem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst alsbald auch Ehemalige und Reservisten hinzustießen. Zugleich entwickelte sich der Wunsch, sich von Zeit zu Zeit überregional auf der „Burg" in Sonthofen, der damaligen Heimat der Feldjägerschule, zu treffen. Ende des Jahres 1980 war es dann endlich so weit, dass die Gründung eines Vereins in greifbare Nähe rückte. Die ersten „Wegbereiter" fanden sich in der Person des Obersten a.D. Ross, dem als Helfer bald die Oberstleutnante Willi Nöchel, Kurt Schnabel, Karlheinz Böckle und Hauptmann Hans Thomas zur Seite traten. Nach einer Gründungsveranstaltung wurden erste Gedanken auf einer konstituierenden Sitzung formuliert und schließlich am 24. September 1980 konkretisiert. Es wurde beschlossen, dem Verein den Namen „Kameradschaft der Feldjäger" (KamdFJg) zu geben und eine Zeitschrift mit dem Namen „Der Feldjäger" herauszugeben. Oberstleutnant Böckle stellte den Entwurf des "Vereinsabzeichens" vor, Oberst a.D. Elfering und Oberst a.D. Koch stifteten erste Geldbeträge. Folgende Leitlinien und Vereinsziele haben sich aus den Anfängen bis heute erhalten und unter dem Motto „unterstützt- verbindet bewahrt" fortentwickelt: Die Kameradschaft der Feldjäger •unterstützt die Truppe ideell und materiell, •fördert die Kameradschaft der Feldjäger und hält Verbindung zur Feldjägertruppe, •fördert den Zusammenschluss aller Feldjäger und führt gemeinsame Veranstaltungen durch, •übernimmt Patenschaften von Feldjägereinheiten und -dienststellen, •bewahrt die militärische Tradition der Feldjäger, •führt gesellige Kameradschaftsveranstaltungen durch mit Vorträgen, Besichtigungen und Reisen, Headline •unterstützt in Not geratene Feldjäger, •trägt zur Verbindung aller Angehörigen des Feldjägerkorps bei und •informiert die Mitglieder durch die Herausgabe unserer Zeitschrift „Der Feldjäger". Der Verein sollte offen sein für alle aktiven Soldaten der Feldjägertruppe, Reservisten, Pensionäre, Zivilbedienstete wie auch für Familienangehörige und Freunde der Feldjägertruppe. Am 6. Dezember 1980 fand in der GeneraloberstBeck-Kaserne dann die Gründungsversammlung mit 54 Gründungsmitgliedern statt. Oberst a.D. Erwin Koch, Präsident des Gründungsvorstandes, begrüßte die Versammlung und bedankte sich beim Hausherrn, Oberst Wohlgemuth, für die großzügig gewährte Unterstützung. Oberst Wohlgemuth in seiner Eigenschaft als Hausherr begrüßte die Teilnehmer und sagte unter dem Beifall der Anwesenden, dass er sich als in die Pflicht genommener Kamerad in der „Kameradschaft der Feldjäger" betrachte. Als solcher versprach er die volle Unterstützung. Zudem verlas er das Grußwort des Inspizienten der Feldjägertruppe, Oberst Herold. Bei der anschließenden Wahl wurde Oberst a.D. Koch für die nächsten zwei Jahre als 1. Vorsitzender gewählt. Gleichzeitig konnten 140 Mitglieder vermeldet werden und 100 weitere Bewerber warteten darauf, in die „Kameradschaft der Feldjäger" aufgenommen zu werden. Damit begann eine erfolgreiche Entwicklung der „Kameradschaft der Feldjäger". Wenn sich die Schwerpunkte der Vereinsarbeit im Laufe der Zeit auch teilweise verschoben, so blieb es doch stets dabei, dass die Kameradschaft als gemeinnütziger STREITKRÄFTE BASIS 164 Verein die Feldjägertruppe ideell und materiell zu unterstützen, die Verbindung zu den Truppenteilen zu halten und den Zusammenhalt unter ihren Mitgliedern zu fördern bestrebt war. Dabei sollten aber auch gemeinsame Veranstaltungen, möglichst zusammen mit der aktiven Truppe, nicht zu kurz kommen. Als Bindeglied wollte der Verein den Zusammenhalt zwischen Aktiven, Reservisten, Ehemaligen und Freunden der Feldjägertruppe vermitteln und fördern. Zudem wollte man die Angehörigen der Feldjägertruppe besonders bei Versetzungen oder im Einsatz betreuen. Durch das Eingehen von Patenschaften zwischen den Ortsverbänden Sonthofen und der Feldjägerkompanie Murnau sowie Marburg-Wetzlar-Dietz und der Feldjägerkompanie in Erfurt wird auch heute noch die enge Verbindung zwischen der Kameradschaft der Feldjäger und der Feldjägertruppe bestätigt. Nicht vergessen werden darf, dass die Truppe mit der Kameradschaft der Feldjäger auch ein gemeinsames historisches Abzeichen verbindet, nämlich der „Feldjägerstern", der aus dem preußischen Schwarzen Adler Orden hervorgegangen ist und später von den Gardetruppen bis 1919 als Gardestern getragen wurde. Auch daran wird deutlich, dass sich die Kameradschaft der Feldjäger e.V. als Teil des Feldjägerkorps versteht. Die Kameradschaft der Feldjäger fand im Laufe der Zeit so starken Zuspruch, dass die Mitgliederzahl von ursprünglich 54 auf z.Zt. etwa 2.600 Mitglieder anwuchs, die in acht Regionen mit bundesweit insgesamt neunundzwanzig Ortsverbänden von Heide bis Sonthofen und von Berlin bis Dinslaken aufgeteilt sind. Im Jahre 1990 feierten die Kameradschaft der Feldjäger und die aktive Feldjägertruppe gemeinsam den 250. Geburtstag der Truppengattung in der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen mit einem Großen Zapfenstreich. Nachdem die Bundesgeschäftsstelle im Jahr 2009 im Gleichschritt mit der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr von Sonthofen nach Hannover verlegt worden war, wurde auch hier die erfolgsreiche Vereinsarbeit fortgesetzt. Doch schon in Sonthofen hatte der stete Aufschwung eine Veränderung der Strukturen erfordert: Die Arbeit in der Geschäftsführung war allein mit ehrenamtlichen Mitarbeitern nicht mehr zu bewältigen. Aus diesem Grund wurde in den 90er Jahren nicht nur die Geschäftsstelle aus dem privaten Bereich in die GeneraloberstBeck-Kaserne verlegt, sondern auch erstmals eine hauptamtlich tätige Kraft angestellt. Wenn nachfolgend einige erfolgreiche Schwerpunkte in der Vereinsarbeit aufgezeigt werden, so ist damit ein besonderer Dank an unsere Mitglieder und die Funktionsträger in den Untergliederungen des Vereins verbunden, wobei die heute nicht mehr aktiv an der Vereinsarbeit Mitwirkenden ausdrücklich eingeschlossen sind. Oftmals waren sogar zeitgleich mehrere Angehörige einer Familie Mitglied bzw. in der Vorstandsarbeit der Kameradschaft der Feldjäger e.V. tätig. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. So werden beispielsweise seit frühester Zeit Geschichte und Tradition der Feldjäger und ihrer Truppe dokumentiert, archiviert und bearbeitet, wozu auch die Erstellung einer historischen Stellenbesetzungsliste der Feldjägertruppe zählt. Zu diesem Zweck wird überdies ein „Archiv" unterhalten, das schon in Sonthofen und nun auch wieder in Hannover durch ehrenamtliche Mitglieder betreut wurde und wird. In diesem Zusammenhang unterstützt die Kameradschaft der Feldjäger auch die „Militärgeschichtliche Lehrsammlung" (MGLS) an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr nicht nur durch Fachexpertisen zur Feldjägertruppe, sondern auch materiell und mit Rat und Tat. So sind im Vorraum der MGLS etwa die Namen der Lehrgangsbesten eines Jahrgangs auf einer besonderen Tafel aufgeführt, die jährlich durch die Kameradschaft ergänzt wird. Bisher sind hier 68 Feldjäger verzeichnet. Aus Anlass des 250sten Jahrestages der Gründung des preußischen Reitenden Feldjägerkorps, an dessen militärische Tradition die Feldjäger der Bundeswehr anknüpfen, stiftete die Kameradschaft der Feldjäger einen Feldjägerstein. Die Übergabe an die Truppe erfolgte am 25. Oktober 1990 durch den damaligen 1. Vorsitzenden, Oberstleutnant a.D. Karlheinz Böckle, im Sonnenhof der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen. Seit 2009 STREITKRÄFTE BASIS 164 165 Headline Headline Abb. 75 Kranzniederlegung am Platz der Erinnerung, Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover befindet sich der Stein auf dem Platz der Erinnerung in der Emmich-Cambrai Kaserne in Hannover. Dieser Platz war ein besonderes Anliegen der Kameradschaft, die in der Kaserne eine besondere Stätte zum Gedenken an die im Feldjägereinsatz gefallenen oder ums Leben gekommenen Kameraden schaffen wollte. Um dieses zu verwirklichen, wurde im Jahre 2006 in der Ehrenhalle der Generaloberst Beck Kaserne eine Gedenktafel angebracht. Seitdem wird zu jedem Feldjägertag an der Gedenkstätte, dem Platz der Erinnerung, der sich jetzt in Hannover befindet, von der aktiven Feldjägertruppe und der Kameradschaft der Feldjäger e.V. ein Kranz niedergelegt. Feldjäger e.V. ausgerichtet wird. Mit einem Appell und einem Gottesdienst wird dabei an den Gründungstag der Feldjägertruppe am 24. November 1740 erinnert. Zudem werden im Rahmen des Feldjägertages die jeweils besten Absolventen der Laufbahnlehrgänge an der Schule für Feldjäger und Stabdienst der Bundeswehr von der Kameradschaft der Feldjäger ausgezeichnet. Nach der Verlegung der Schule von Sonthofen nach Hannover ist der Feldjägertag seit dem Jahre 2013 noch um einen Sommergarten erweitert worden, der sich an den Appell anschließt und von der Kameradschaft der Feldjäger mit einem namhaften Geldbetrag finanziell unterstützt wird. Ebenfalls auf eine Initiative des Bundesvorstandes der Kameradschaft geht der „Feldjägertag" zurück, der jährlich gemeinsam von der aktiven Feldjägertruppe und der Kameradschaft der Auf diese Weise hat sich der Feldjägertag heute zu einem nicht mehr wegzudenkenden Ereignis entwickelt und findet regelmäßig großen Anklang. Er ist, kurz gesagt, ganz sicher eine Erfolgsgeschichte. STREITKRÄFTE BASIS 166 Auf Anregung von Oberst a.D. Herold erinnert die Kameradschaft der Feldjäger e.V. seit dem Jahre 2002 mit von ihr und ihren Mitgliedern gestifteten, besonders gestalteten Tafeln an die in der Vergangenheit aufgelösten Feldjägertruppenteile der Bundeswehr. Auf den Erinnerungstafeln finden sich Informationen über die jeweilige Einheit, ihren Standort, die Kaserne, in der sie untergebracht war, sowie den Zeitraum ihres Bestehens. Die ersten dieser Tafeln wurden zunächst unter den Arkaden der Generaloberst-Beck-Kaserne in Sonthofen aufgehängt, wo sie anlässlich des Feldjägertages 2002 durch den damaligen General der Feldjäger, Oberst Erdmann, ihrer Bestimmung übergeben wurden. In der Emmich-CambraiKaserne in Hannover befinden sich die Tafeln nunmehr an einer Gedenkwand des Platzes der Erinnerung. Inzwischen sind dort insgesamt nicht weniger als 163 Erinnerungstafeln angebracht. Darüber hinaus hat die Kameradschaft der Feldjäger e.V. unter den Titeln „Die Feldjägertruppe der Bundeswehr 1955-2005" und „Die Namensvorläufer der Feldjägertruppe der Bundeswehr 1740-1946" inzwischen zwei eigene Bücher zur Geschichte der Feldjägertruppe herausgegeben. Eine ganz besonders bedeutsame Einrichtung ist schließlich der Hilfsfonds „Feldjäger helfen Feldjägern", den die Kameradschaft der Feldjäger e.V. vor dem Hintergrund der zahlreicher werdenden Auslandseinsätze der Feldjägertruppe im Jahre 2005 ins Leben gerufen hat. Bis heute konnte auf diese Weise durch die Spendenfreudigkeit der Mitglieder des gesamten Feldjägerkorps bereits mehrfach in Not geratenen Feldjägern unbürokratisch und schnell geholfen werden. Wenn auch in den 35 Jahren des Bestehens der Kameradschaft der Feldjäger e.V. sicherlich nicht alles gelungen ist, was unternommen wurde, so bleibt doch die Hoffnung, auf dem richtigen Weg zu sein. Der Rückblick auf die Geschichte der Kameradschaft der Feldjäger e.V. berechtigt sicherlich zu ein wenig Stolz auf das in der Vergangenheit Geleistete. Dadurch wird aber keineswegs der Blick auf die Herausforderungen der Zukunft verstellt, in der sich die Kameradschaft der Feldjäger e.V. in enger Kooperation mit der aktiven Feldjägertruppe auch weiterhin den zeitgemäßen Anforderungen stellen wird. STREITKRÄFTE BASIS 166 167 7 Der Platz der Erinnerung - Lebendige Tradition der Feldjägertruppe Die Präsidenten der Kameradschaft der Feldschaft e.V. Headline Oberst a.D. Koch 1980-1984 Oberstleutnant a.D. Erdmann 2008-2014 Oberstleutnant a.D. Böckle 1984-1992 Oberstleutnent a.D. Kammerer 1992-2000 Oberstleutnant a.D. Jarosch 2000-2008 Die Feldjägertruppe feiert dieses Jahr ihr 275-jähriges Jubiläum und blickt stolz auf eine facettenreiche Geschichte, deren Wurzeln bis zum 24. November 1740 zurückreichen. Als Friedrich II. kurz nach seiner Krönung zum König von Preußen die Aufstellung eines Reitenden Feldjägerkorps veranlasste, begründete sich damit die Geschichte der Feldjägertruppe bis zum heutigen Tag. Oberstleutnant d.R. Dr. Schütz 2014-heute Bereits im 18. Jahrhundert gehörten das Überbringen von Befehlen und Nachrichten (Kurierjägertätigkeit), die Erkundung und Begleitung von Märschen (Kolonnenjägertätigkeit) sowie der Schutz der königlichen Familie (Furierjägertätigkeit) zu den Aufträgen des Feldjägerkorps. Bereits hier lassen sich Aufgaben der heutigen Feldjägertruppe, wie der militärische Verkehrsdienst oder der Personenschutz, erkennen. Dieses spiegelt sich auch in der Uniform der Truppengattung wider, denn das reitende Feldjägerkorps trug einen dem „Hohen Orden des Schwarzen Adler" nachempfundenen Gardestern und auch heute trägt ihn jeder Feldjäger in stilisierter Form und eingefasst in Eichenlaub als Barettabzeichen. In der gesamten Bundeswehr ist die Traditionspflege ein wichtiges Mittel, um die Integration der Streitkräfte in die pluralistische Gesellschaft und den demokratischen Rechtsstaat zu verankern. Als Überlieferung von Normen und Werten verbindet sie die Generationen, sichert die Identität und schlägt eine Brücke zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Wir können stolz sein auf unsere eigene, mit dem Befehl zur Aufstellung einer Militärpolizeilehrkompanie vom 06.10.1955 STREITKRÄFTE BASIS 168 verbundene Tradition als Feldjäger in einer modernen, einem demokratischen Staatswesen verpflichteten Bundeswehr. Dass Tradition dabei hochaktuell sein kann, zeigt in der Feldjägertruppe der Platz der Erinnerung, der 2012 an der Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover entstand. Auf dem Gelände der Emmich-Cambrai-Kaserne - inmitten modernster Ausbildungseinrichtungen - liegt dieser Gedenkort an zentraler Stelle, sodass er sich im täglichen Blickfeld der meisten Soldaten und Soldatinnen befindet. Zwischen Militärgeschichtlicher Lehrsammlung und Feldjägerstein fügt sich der Platz der Erinnerung in ein harmonisches Gesamtkonzept ein und sticht dennoch sofort ins Auge. Die schlichte, offene Bauweise ermöglicht die Einsicht auf die im Inneren angebrachten Gedenktafeln. Diese erinnern auf der einen Seite an die 29 im Dienst verstorbenen und gefallenen Feldjäger, auf der anderen Seite an die aufgelösten Verbände, Einheiten und Dienstkommandos der Truppengattung. Die Idee zu einer Gedenkstätte entstand bereits vor dem Umzug der Schule nach Hannover. In der GeneraloberstBeck-Kaserne in Sonthofen existierte schon im Jahr 2002 der Ehrenhain mit zuletzt 133 Gedenktafeln für die aufgelösten Verbände sowie seit 2005 die Gedenkstätte in der Ehrenhalle. Nach dem Umzug nach Hannover fanden diese beiden Ehrenmale unter der Federführung des damaligen Schulkommandeurs Oberst Katz am Platz der Erinnerung eine würdige Heimat. Seitdem ist dieser Platz der zentrale Ort für alle aktiven STREITKRÄFTE BASIS 168 169 Headline Headline und ehemaligen Feldjäger um innezuhalten, der verstorbenen Kameraden zu gedenken und über Vergangenheit und Zukunft der Truppengattung zu reflektieren. In seiner Rede zur Einweihung des Platzes der Erinnerung im Rahmen des Feldjägertages am 19.07.2012 fasste Oberst Katz diese Eindrücke mit den Worten Klarsicht, Durchsicht, Weitsicht und Einsicht zusammen. Der Platz der Erinnerung ist demnach ein Ort, der durch seine schnörkellose Architektur (Klarsicht) dazu anregt, die Vergangenheit zu beobachten (Durchsicht), ohne dabei den Weitblick zu verlieren (Weitsicht), den man braucht, um für die Zukunft Maximen für das eigene Handeln abzuleiten (Einsicht). Damit ist der Rückblick in die Vergangenheit gleichzeitig mit dem Ausblick in die Zukunft verbunden. In diesem Sinne ist es besonders erfreulich, dass Aktive und Ehemalige den Platz der Erinnerung immer weiter gestalten und dieser durch Spenden und die Unterstützung der Kameradschaft der Feldjäger finanziert wird. Dem jeweiligen Offizierlehrgang 3 wird die Ehre zuteil, die Patenschaft für den Platz der Erinnerung für ein Jahr zu übernehmen. Zukünftige Generationen von Feldjägern werden diesen Ort weiter pflegen und dabei die Vergangenheit vor Augen haben, während sie selbst die Zukunft der Truppengattung aktiv mitgestalten. Am jährlich stattfinden „Feldjägertag" steht der Platz der Erinnerung im Rahmen eines Gottesdienstes und einer Kranzniederlegung im Mittelpunkt des Gedenkens an unsere verstorbenen Kameraden. Am Feldjägertag ist dieser Platz darüber hinaus auch ein zentraler Anlaufpunkt für jeden interessierten Besucher, da er die Tradition der Feldjäger lebendig macht. Abb. 76 Platz der Erinnerung, Schule Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover STREITKRÄFTE BASIS 170 STREITKRÄFTE BASIS 170 171 Headline Headline STREITKRÄFTE BASIS 172 STREITKRÄFTE BASIS 172 173 Headline Headline Die vorliegende Festschrift „60 Jahre Feldjäger in der Bundeswehr" wurde durch das Kommando Feldjäger der Bundeswehr in enger Zusammenarbeit mit der Kameradschaft der Feldjäger e.V. erstellt, die ihrerseits im Jubiläumsjahr 2015 ihr 35-jähriges Bestehen feiert. Herausgeber: Kommando Feldjäger der Bundeswehr Scharnhorst-Kaserne Langenforther Str. 1 30657 Hannover Ansprechpartner Presse Presseoffizier Tel.: +49 (0)511 903-3850 [email protected] Hannover, November 2015 Zweite, überarbeitete Auflage STREITKRÄFTE BASIS STREITKRÄFTE BASIS 174 174 175