Computer in der Schule: Was bringt das digitale Lernen?

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Computer in der Schule: Was bringt das digitale Lernen?
Kostenloses Unterrichtsmaterial für die Sekundarstufe II
www.zeit.de/schulangebote
Diese Arbeitsblätter sind ein kostenloser Service für
die Oberstufe und erscheinen diese Woche im Rahmen
eines Sondernewsletters. Sie beleuchten wie gewohnt
ein aktuelles Thema aus der ZEIT, ergänzt durch passende Arbeitsanregungen zur praktischen Umsetzung
im Unterricht.
In Zusammenarbeit mit:
www.schulmediathek.tv
Sondernewsletter Januar 2015:
Computer in der Schule: Was bringt das digitale Lernen?
Die Initiative »One Laptop per Child« will Notebooks in die Schulen der Entwicklungsländer bringen.
Das Bildungsprojekt möchte auch ärmsten Bevölkerungsschichten einen Zugang zur modernen Informationsgesellschaft öffnen. Die Schulen im Hightechland Deutschland hingegen sind im internationalen
Vergleich geradezu computerfreie Zonen. Aber warum wird computergestütztes Lernen so kontrovers
diskutiert?
In dieser Unterrichtseinheit erörtern Ihre Schüler Chancen und Grenzen des digitalen Unterrichts. Sie
nehmen Stellung zur Debatte ums digitale Klassenzimmer und gewinnen interkulturelle Kompetenz
durch einen Vergleich der Einsatzmöglichkeiten neuer Medien in Entwicklungsländern und in Deutschland.
Inhalt
2 Einleitung: Thema und Lernziele
3 Arbeitsblatt 1: Video »One Laptop per Child: Nigeria«
6 Arbeitsblatt 2: Anschluss verschlafen
11 Internetseiten zum Thema
»ZEIT für die Schule«-Arbeitsblätter | Computer in der Schule: Was bringt das digitale Lernen? 2
Einleitung: Thema und Lernziele
Deutschland als Hightechland ist nicht gerade Klassenbester, wenn es um den Einsatz digitaler Medien in
der Schule geht. Trotz zum Teil hoch entwickelter Lernsoftware ist die Nutzung dieser Medien im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. Die International Computer and Information Literacy Study (ICILS),
die im November 2014 veröffentlicht wurde, weist deutsche Klassenzimmer als weitgehend computerfreie
Zonen aus: Sowohl Hardwareausstattung als auch Lehrpläne entsprächen nicht dem Stand einer modernen Informationsgesellschaft. Vielen Pädagogen scheint die mangelnde Ausrüstung durchaus entgegenzukommen, denn sie pflegen in den Augen von Medienwissenschaftlern häufig eine bewahrpädagogische
Haltung, bei der Unterricht in Medienkompetenz oft auf den Umgang mit Gefahren wie Datenmissbrauch,
Schadsoftware oder Cybermobbing reduziert werde. Möglicherweise haben deutsche Lehrkräfte sogar
recht mit ihrer Skepsis: Nach Erhebungen des Instituts für Schulentwicklungsforschung der Universität Paderborn gehört Deutschland neben der Schweiz und den Niederlanden zu den wenigen Ländern, in denen
es einen negativen Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Computernutzung in der Schule und den
computerbezogenen Kompetenzen gibt.
Auch in Entwicklungsländern ist der Einsatz von Laptops in Schulen umstritten. Die gemeinnützige Initiative »One Laptop per Child« (OLPC) hat sich zum Ziel gesetzt, Kinder in Entwicklungsländern mit speziellen
Laptops auszustatten. Mit der Vision, den digitalen Graben zwischen den Entwicklungs- und den Industrieländern zu überwinden, soll der Computer auch Kindern aus den ärmsten Bevölkerungsschichten den Zugang zum Weltwissen ermöglichen und als vielseitiges Lernwerkzeug dienen. So weit die Theorie. Kritiker
der OLPC-Initiative verweisen hingegen auf Studien, die keinen Vorsprung der Laptopschüler im Lesen,
Schreiben oder Rechnen nachweisen konnten.
Arbeitsblatt 1 enthält Arbeitsaufträge zum schulmediathek.tv®-Videoclip »One Laptop per Child: Nigeria«. Die Schüler recherchieren Ziele und Umsetzungsmaßnahmen der Non-Profit-Initiative, erläutern das
Konzept in Form eines »Elevator Pitch«, entwerfen eine Stärken-Schwächen-Analyse für das Projekt und
sammeln Ideen für eine ausführliche TV-Dokumentation zum Thema.
In Arbeitsblatt 2 beschäftigen sich die Schüler mit der ICILS-Studie zur Computernutzung in deutschen
Schulen. Sie beantworten einen Fragebogen zum Einsatz digitaler Medien an ihrer Schule, suchen nach
gelungenen Beispielen für computergestützten Unterricht und erörtern Grenzen und Möglichkeiten des
digitalen Lernens in Industrie- und Entwicklungsländern.
Links zum Film
Sie finden den Clip »One Laptop per Child: Nigeria« auf schulmediathek.tv®.
Für die Vorführung im Unterricht nutzen Sie bitte die Version auf:
http://www.schulmediathek.tv/ZEIT
Weitere Clips zu diesen und zahlreichen weiteren Themen finden Sie auf www.schulmediathek.tv
»ZEIT für die Schule«-Arbeitsblätter | Computer in der Schule: Was bringt das digitale Lernen? 3
Arbeitsblatt 1
»One Laptop per Child: Nigeria«
Die nigerianische Regierung hat für alle Schüler in Abduls Klasse Laptops gekauft. Dies ist Teil eines Bildungsprogramms, damit Kinder bessere Chancen haben, der Armut zu entkommen. Das Projekt »One
Laptop per Child« (OLPC) versorgt Schulkinder in Entwicklungsländern mit günstigen Laptops, um ihnen
mehr Bildungsmöglichkeiten zu geben. Die Laptops sind robust, verbrauchen wenig Strom und verfügen
über Standardsoftware. Sie bieten außerdem die Möglichkeit, ins Internet zu gehen und sich mit den anderen Laptops zu vernetzen. Inzwischen haben zwei bis drei Millionen Schüler/-innen und Lehrer/-innen
einen OLPC-Laptop.
Quelle: http://www.schulmediathek.tv/Sozialkunde_Politik/Internationale+Politik/Soziales+und+Bev%F6lkerung/
One+Laptop+per+Child%3A+Nigeria
Beobachtungsbogen zum Film »One Laptop per Child: Nigeria«
1. Skizzieren Sie die Lebensumstände von Abdul Rasak.
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2. Beschreiben Sie in Stichpunkten die Verhältnisse an Abduls Schule: Schulgebäude, Klassenstärke,
Einrichtung etc.
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3. Was ist das Besondere an Abduls Schule?
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4. Mit welchen Argumenten verteidigt der OLPC-Sprecher Ayo Kusamotu das Bildungsprojekt?
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5. Über welche Features verfügt der Schülerlaptop? Inwiefern wurde er an die spezifischen Verhältnisse in
Entwicklungsländern angepasst?
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6. Welche Rolle spielt die Energieversorgung beim Projekt OLPC, und welche Lösung bieten die Schullaptops hierfür?
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7. Was haben die Kinder nach eigenen Aussagen mithilfe des Laptops gelernt?
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8. Der nigerianische Kultusminister ist skeptisch bezüglich der OLPC-Kampagne. Welche Kritikpunkte
äußert er, und welche Prioritäten setzt er?
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Notieren Sie hier weitere Fragen und Anmerkungen zum Film:
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Aufgaben
1. Informationen aus audiovisuellen Medien entnehmen
Betrachten Sie das Video, und beantworten Sie die Fragen des Beobachtungsbogens.
Tauschen Sie sich anschließend über Ihre Notizen aus.
2. Eine Non-Profit-Kampagne recherchieren und vorstellen
a. Informieren Sie sich im Internet über Ziele, Vorgehensweise und Visionen der Kampagne »One
Laptop per Child« (OLPC), und halten Sie die wichtigsten Punkte schriftlich fest.
b. Ein »Elevator Pitch« (Aufzugspräsentation) ist eine Methode, bei der eine Geschäfts- oder Projektidee überzeugend in zwei Minuten präsentiert wird. Dahinter steht die Vorstellung, dass man einem
potenziellen Interessenten oder Entscheidungsträger während einer Fahrt in einem Aufzug ein Projekt präzise, knapp, überzeugend und auf die wesentlichen Elemente reduziert vorstellt. Formulieren Sie einen solchen Elevator Pitch für die Kampagne OLPC anhand der von Ihnen recherchierten
Informationen. Präsentieren Sie Ihre Elevator Pitches, und vergleichen Sie Ihre Arbeitsergebnisse.
3. Eine SWOT-Analyse als Bewertungsgrundlage für ein Bildungsprojekt erstellen und auswerten
a. Recherchieren Sie in Gruppenarbeit entweder Argumente für oder Einwände gegen die Kampagne OLPC, und halten Sie diese schriftlich fest.
b. Erstellen Sie anschließend im Plenum eine SWOT-Tabelle, indem sie Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Risiken) zusammenfassen und mithilfe Ihrer Rechercheergebnisse kurz erläutern. Beziehen Sie hierbei unterschiedliche Perspektiven
ein: die des betroffenen Kindes bzw. seiner Familie, die möglichen volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Bildungskampagne auf die Entwicklung der Region und Aspekte der Entwicklungszusammenarbeit.
c. Erstellen Sie auf der Grundlage Ihrer Arbeitsergebnisse eine Liste mit Kriterien und Voraussetzungen, die wichtig sind, damit ein solches Projekt in Entwicklungsländern erfolgversprechend
umgesetzt werden kann.
d. Projekt: Formulieren Sie Interview-Fragen zu den Schwächen und Risiken des OLPC-Projekts,
und mailen Sie diese dem Verein OLPC Deutschland eV. (www.olpc-deutschland.de), um nähere
Informationen und Lösungsansätze für kritische Punkte in Erfahrung zu bringen. Erörtern Sie
anschließend die Antworten im Plenum.
5. Inhalte für eine Dokumentation konzipieren
Sie stehen als Journalistenteam vor der Aufgabe, aus dem dreiminütigen Videoclip zum Thema
»One Laptop per Child« eine längere Fernsehdokumentation zu produzieren. Legen Sie fest, welche
zusätzlichen Inhalte Sie hierfür heranziehen würden, damit die Zuschauer möglichst umfassend über
die Thematik informiert werden und sich ein differenziertes Urteil bilden können.
a. Welche Aspekte müssen aufgezeigt werden, um das Projekt und die Problematik aus unterschiedlichen Perspektiven zu spiegeln?
b. Welche weiteren Fragestellungen oder Fakten sollten den Zuschauern in der Dokumentation
präsentiert werden?
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Arbeitsblatt 2
Anschluss verschlafen
Digitale Medien kommen im Unterricht an deutschen Schulen selten vor. Liegt es an den
Lehrern? Und wer bestimmt, was die Schüler damit lernen sollen?
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Steht uns eine neue nationale Bildungsdebatte ins Haus? Erleben wir nach dem Pisa-Schock nun den Computer-Schreck? Seit Jahren wird über Laptops im Unterricht geredet, über Smartboards und iPad-Klassensätze; erste Schulbuchverlage haben angefangen, ihr Programm zu digitalisieren. Sogar die Bundeskanzlerin widmete sich dem Einsatz neuer Medien im Unterricht. »Die Vermittlung von Kenntnissen über
Computer« sei derzeit »die größte Herausforderung für die Schulen«, sagte sie in ihrer Videobotschaft Ende
September 2014.
Wie groß diese Herausforderung tatsächlich ist, zeigt die internationale Vergleichsstudie ICILS, abgekürzt
für International Computer Information and Literacy Study, die untersuchte, wie gut Schüler mit digitalen
Medien umgehen können. Achtklässler aus 19 Ländern mussten zeigen, welche Computerprogramme sie
bedienen können, wie sie sich im Internet zurechtfinden und ob sie die dort recherchierten Informationen
kritisch einordnen können. Ebenso lotete die Erhebung aus, welche Rolle digitale Medien im Unterricht der
jeweiligen Länder spielen.
Wer sich in deutschen Klassenzimmern umsieht und mit einschlägigen Experten spricht, der ahnt schon
heute, dass das Ergebnis nicht besonders gut ausfallen kann. Hierzulande wird den Schülern die mediale
Alphabetisierung schwer gemacht. Die Ausstattung der Schulen mit Computern ist im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich, das Thema digitale Medien im Curriculum nur unzureichend verankert, die Haltung der Lehrer von Skepsis geprägt: So fasste die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft
des Bundestags die Situation in den Schulen im vergangenen Jahr zusammen.
Bei der Pisa-Studie 2012 gab jeder zweite Neuntklässler an, das Internet spiele an einem typischen Schultag
im Unterricht keine Rolle. 70 bis 80 Prozent von ihnen haben noch nie Mathematikprogramme verwendet,
etwa um Gleichungen zu lösen oder geometrische Figuren zu zeichnen. Noch medienferner präsentieren
sich unsere Grundschulen. Während in England an 93 Prozent der Grundschulen höchstens drei Schüler sich
einen Computer teilen müssen, stehen in Deutschland nur 32 Prozent der Schulen so gut da – einzig Italien
ist schlechter. Bei der Nutzung des Computers im Sachkundeunterricht ist Deutschland im OECD-Vergleich
sogar Schlusslicht, wie eine Auswertung zweier internationaler Grundschulstudien ergab.
Nun sind die neuen Medien auch in deutschen Schulen keineswegs mehr neu. In den meisten Klassenzimmern dürfte heute in irgendeiner Ecke ein Rechner stehen. Die Zahl der WLAN-Verbindungen steigt, zunehmend ersetzt das digitale Smartboard die Kreidetafel. Mobile Netbook-Klassensätze sind jedoch keinesfalls
schon Standard. An nicht wenigen Schulen kommt es sogar immer noch zum Ausflug in den guten alten
Computerraum, wenn Unterricht mit neuen Medien auf dem Stundenplan steht.
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Tablet-Computer, die derzeit als die praktischsten und vielseitigsten Hilfsmittel für den Unterricht gelten,
sieht man dagegen kaum an den Schulen. Einer Lehrerbefragung im Auftrag der Telekom-Stiftung zufolge
verfügen nur zwölf Prozent der Schulen überhaupt über zumindest einige Exemplare dieser mobilen Geräte. Und ob all die Ausrüstung auch tatsächlich zum Einsatz kommt, ist keinesfalls gewiss. Seit die digitale
Technik an Schulen Einzug gehalten hat, stöhnen Lehrer über ihre Anfälligkeit: Der Schulserver bricht immer
wieder zusammen, Software läuft nicht ohne Updates, und auch die Smartboards benötigen eine regelmäßige Wartung. Sonst hängen sie nach wenigen Monaten bereits funktionslos an der Wand.
Die mangelnde Ausstattung ist jedoch – da sind sich die meisten Experten einig – oft nur ein Vorwand.
Dass deutsche Klassenzimmer computerfreie Zonen sind, ist vielen Lehrern gar nicht so unrecht. Bei der
Befragung durch die Telekom-Stiftung äußerten 63 Prozent von ihnen die Sorge, Schüler verlernten durch
die neuen Medien das Recherchieren in Bibliotheken; mehr als die Hälfte fürchtete, die Informationsflut
überfordere die Kinder. Und in den Konzepten, die viele Schulen mittlerweile für den Medienunterricht erstellt haben, dominiert eher das Reden über die Gefahren der Technik: die Abhängigkeit durch Computerspiele, die Selbstentblößung in den Sozialen Netzwerken, das Cybermobbing. Eine »bewahrpädagogische
Haltung« diagnostizieren Medienwissenschaftler. Selbst viele angehende Lehrer pflegen diesen Habitus:
So sind junge Lehramtsstudenten digitalen Medien gegenüber sogar negativer eingestellt als Studierende
anderer Studiengänge. Die Folge: Selbst in Schulen, in denen Computer vorhanden sind, bleiben diese oft
ausgeschaltet.
Dabei gibt es durchaus gute pädagogische Konzepte zum Einsatz neuer Medien im Unterricht. Hier geht es
weniger um das Beherrschen von Programmiersprachen, für das Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel
beim IT-Gipfel im September ein eigenes Schulfach vorschlug. Die meisten Experten halten das für verzichtbar. Wichtigere Bestandteile der digitalen Grundbildung sind für sie Kenntnisse der Textverarbeitung und
der Internetrecherche sowie der Umgang mit Risiken im Netz.
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Die neuen Medien dienen jedoch nicht nur als Unterrichtsinhalt – sie erweitern auch die Lehrmethoden. So
können Computer Sachverhalte veranschaulichen, die anderweitig schwer darstellbar sind. Für den Physikunterricht zum Beispiel gibt es Apps, die Versuche simulieren, die im Klassenzimmer zu gefährlich wären.
Sogenannte Serious Games können Schülern Lerninhalte auf spielerische Weise nahebringen.
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Im Geschichtsunterricht schlüpfen Jugendliche auf dem Bildschirm in historische Rollen und erkunden ferne Lebenswelten, während sie gleichzeitig Aufgaben lösen müssen. Im Fach Politik kann Software wie
die Entwicklungshilfe-Simulation Food Force der UN zum Einsatz kommen, in der die Spieler den Hunger
in Krisengebieten bekämpfen und sich sowohl mit Logistik als auch mit Nährwerten von Lebensmitteln
auseinandersetzen. »Im Idealfall verbindet ein Unterrichtsspiel Empathie und Wissenserwerb«, sagt Marc
Motyka, der an der Universität Kassel zur Wirkung dieser Software forscht.
Lernen Kinder durch solche Programme effizienter? Fällt es ihnen leichter, sich Dinge zu merken, die sie
virtuell selbst durchlebt haben? Hier raten Medienpädagogen zur Vorsicht. Metastudien finden bislang keinen generellen Unterschied beim Lernerfolg zwischen neuen und herkömmlichen Medien im Unterricht.
»There is no app for good teaching!«, warnt der Medienpädagoge Stefan Aufenanger von der Universität
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Mainz, keine App garantiere automatisch guten Unterricht. Nach wie vor ist guter Unterricht in erster Linie
ein Verdienst des Lehrers. An diesem Befund des Erziehungswissenschaftlers John Hattie ändert auch die
Digitaltechnik nichts. Aber sie bereichert die Palette der Mittel, die Lehrern zur Verfügung stehen.
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Derzeit hängt guter Unterricht mit und zu Medien jedoch stark vom Engagement der jeweiligen Schulleitung
und vom Interesse einzelner Lehrer ab. Dass sich daran so schnell etwas ändern wird, darf man bezweifeln.
Die für die Bildung zuständigen Bundesländer pflegen auch beim Thema Medienbildung die föderale Vielfalt: In Rheinland-Pfalz sind Medien im Lehrplan verankert, in Bayern müssen Schulen nur Projekte machen;
in Berlin ist Informatik Wahlpflichtfach, in Hamburg legt man Wert auf Gefahrenprävention. In Deutschland
gibt es nicht nur 16 Landesmedienanstalten, sondern auch 16 unterschiedliche Medienkonzepte.
Vom Bund ist wenig Hilfe zu erwarten. Zwar hat das Bundeskabinett Ende August für die kommenden drei
Jahre eine Digitale Agenda beschlossen. Das Wort Schule kommt darin ein einziges Mal vor – im allgemeinen Teil des Vorworts. Die ICILS-Studie könnte kommende Woche zeigen, dass das längst nicht reicht.
Vielleicht braucht es ja erst einmal einen Schock, ähnlich wie ihn seinerzeit die Pisa-Studie auslöste, damit
man sich in Deutschland endlich auf einheitliche Qualitätsstandards für die Medienbildung einigt.
Inge Kutter, DIE ZEIT Nr. 47/2014, http://www.zeit.de/2014/47/schule-computer-unterricht-neue-medien
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Fragebogen zum Einsatz neuer Medien im Unterricht
1. Wie viele Unterrichtsstunden wurden bei Ihnen in den letzten drei Monaten abgehalten, in denen
digitale Medien zum Einsatz kamen (Schätzung)?
q Keine q 1–5 Stunden q 5–10 Stunden q 10–20 Stunden q Mehr als 20 Stunden
2. Welche Inhalte oder Medien wurden thematisiert bzw. genutzt ? Nennen Sie die Anwendungen.
q Internetrecherche
q (Lern-)Software, Simulationen, interaktive Internetanwendungen, CD-ROM/DVD, Apps etc.:
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q Whiteboard/Smartboard/Beamer
q PowerPoint-Präsentationen, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation
q Bildverarbeitung/Layoutprogramme
q Handy/Smartphone
q Soziale Medien
q Gefahren der Mediennutzung (Cybermobbing, Computersucht, Datenschutz, Soziale Netzwerke,
Schadsoftware etc.)
q Tablets/Notebooks
q Sonstiges: __________________________________________________________
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3. Welcher Medienunterricht hatte für Sie einen spürbaren Mehrwert gegenüber hergebrachten Unterrichtsmethoden? Begründen Sie, warum.
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4. In welchen Fällen war der Einsatz digitaler Medien im Unterricht Ihrer Auffassung nach nicht sinnvoll?
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5. Welche digitalen Medien/Anwendungen stehen Ihnen an der Schule zur freien Verfügung
(z. B. WLAN/Internetzugang, Computernutzung, mobile Geräte)?
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6. Gibt es Probleme bei der Nutzung digitaler Medien an Ihrer Schule (Technik, Zugang, Kontroversen,
Unzufriedenheit)? Wenn ja, welche?
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7. Wie beurteilen Sie allgemein die Medienausstattung und -nutzung an Ihrer Schule? Wird in Ihren
Augen genügend Medienkompetenz vermittelt?
q Ja q Nein Begründung: _________________________________________________
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Aufgaben
1. Einen Fragebogen zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht auswerten
Beurteilen Sie anhand der ausgewerteten Fragebögen, ob die Nutzung neuer Medien an Ihrer Schule
mit den im Artikel genannten Studienergebnissen zum digitalen Lernen harmonisiert. Benennen Sie
Gemeinsamkeiten und Unterschiede, und erörtern Sie Ihre Einschätzung.
2. Beispiele für einen sinnvollen computergestützten Unterricht zusammentragen
Stellen Sie in Gruppenarbeit für einen Fachbereich eine Liste mit Ideen zusammen, wie digitale Medien überzeugend und zielgerichtet eingesetzt werden können. Sie können hierbei ganz neue Ideen
entwickeln, bewährte Konzepte weiter ausbauen, oder im Internet Beispielanwendungen recherchieren.
3. Den Einsatz von digitalen Medien anhand eines Zitates erörtern
Diskutieren Sie folgenden Standpunkt zur Computernutzung in der Schule, und beziehen Sie Stellung zu
dieser Frage.
»Natürlich müssen wir unseren Schülern auch den Umgang mit den neuen Medien beibringen. Aber ich
warne vor der totalen Computerisierung und Digitalisierung des Klassenzimmers. Wir dürfen damit nicht
schon in der Grundschule anfangen, nicht in jedem Schulfach, und wir brauchen keine Laptop-Klassen.
Die Gefahr ist, dass eine totale Digitalisierung die Flüchtigkeit der Schüler fördert. Der Mangel an Konzentration und Durchhaltevermögen ist eine weitere Folge. Auch verlieren die Kinder die Fähigkeit,
handschriftlich zu schreiben. Damit geht ein Stück Individualität verloren. Außerdem suchen die Schüler
nur noch das, was genau in ihr Weltbild passt. Statt nur an die Förderung der Digitalisierung zu denken,
sollte die Politik lieber in die Schulbibliotheken investieren und damit die Fähigkeit zum Lesen fördern.
Das Internet fördert die Bequemlichkeit und animiert viele Schüler zum Beispiel zu Copy-and-PasteReferaten.«
Josef Kraus, Vorsitzender Deutscher Lehrerverband, 24. 11. 2014, http://www.lehrerverband.de/aktuell_Computerisierung-des-Klassenzimmers-Bild-24-11-14.html
4. Interkulturelle Kompetenz durch einen Vergleich der Bildungsdiskussion gewinnen
Analysieren Sie die Debatte um Laptop-/Tabletunterricht in Deutschland auch im Kontext der »One
Laptop per Child«-Kampagne (Arbeitsblatt 1). Arbeiten Sie heraus, welche Bedeutung Medienkompetenz und die Nutzung digitaler Medien in der Schule jeweils für Entwicklungsländer und industrialisierte
Hightech-länder hat. Erschließen Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten.
5. Projekt: Empirische Informationsgewinnung durch Analyse von Umfrageergebnissen
Entwerfen Sie im Plenum einen Fragebogen, der Aufschluss über die Einstellung der Lehrkräfte an
Ihrer Schule gegenüber digitalen Medien im Unterricht geben kann. Teilen Sie anschließend die Fragebögen im Lehrerzimmer aus. Werten Sie dann die Umfrage aus, und vergleichen Sie die Aussagen
an Ihrer Schule mit dem Befund der Studienergebnisse, die im Artikel aufgezeigt werden. Arbeiten
Sie heraus, welche Probleme oder auch Vorzüge des digitalen Lernens am häufigsten genannt werden und, kommentieren Sie diese.
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Internetseiten zum Thema:
Computer in der Schule: Was bringt das digitale Lernen?
ZEIT ONLINE: Computer in der Schule – Lernen mit Pappe und Pixeln
http://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2014-11/schule-computer-medienbildung-icil-studie
ZEIT ONLINE: Computer in der Schule – Peinliches Studienergebnis für Deutschland
http://www.zeit.de/gesellschaft/schule/2014-11/digitale-medien-unterricht-schule
ZEIT ONLINE: Tablet-PCs – Der Neue im Klassenzimmer
http://www.zeit.de/2013/30/digitaler-unterricht-tablet-pcs
ZEIT ONLINE: Digitales Lernen – Unterricht in der Datenwolke
http://www.zeit.de/2013/52/schule-cloud-lernen-digital
ZEIT ONLINE: Ein Tablet für die Dritte Welt
http://www.zeit.de/digital/mobil/2012-01/one-laptop-per-child-tablet-xo3
schulmediathek.tv®: Der digitale Graben in Ruanda
http://www.schulmediathek.tv/Sozialkunde_Politik/Internationale+Politik/
Soziales+und+Bev%F6lkerung/Der+digitale+Graben+in+Ruanda/?sid=1
One Laptop per Child
http://one.laptop.org, http://www.olpc-deutschland.de
heise online: One Laptop per Child – Wenig Nutzen für die Schüler?
http://www.heise.de/open/artikel/One-Laptop-per-Child-Wenig-Nutzen-fuer-die-Schueler-1518151.html
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www.zeit.de/schulangebote.
IMPRESSUM
Projektleitung: Wiebke Prigge, Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG,
Projektassistenz: Miriam Bernhard, Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG,
Didaktisches Konzept und Arbeitsaufträge: Susanne Patzelt, Wissen beflügelt

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