Hier spricht die Basis REFLEXIONSSCHLEIFE IM

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Hier spricht die Basis REFLEXIONSSCHLEIFE IM
Hier spricht die Basis
REFLEXIONSSCHLEIFE IM ORTSVEREIN - TEIL 1
TEIL 1 - Barbara Rutkowski / OV Radolfzell
(TEIL 2 - Fragenabfolge zum Ortsverein - folgt als gesonderter Artikel ca. Mitte Oktober 2010)
Bezugnehmend auf einen Fachartikel zum Thema ...
„Reflexionsschleife. Modell und Methode für die Praxis" - entlehnt aus dem Bereich
Erlebnispädagogik - (Martin Rutkowski und Rebekka Alze / erschienen bei e& erleben
und lernen. 13. Jg., 2/2005)
möchte ich ...
-
dem Konstrukt eines regelrecht funktionierenden Vereins (hier SPD OV) ...
einem gleichzeitig einhergehenden Prozess menschlicher Begegnung,
individueller Wahrnehmung, einzelner und gemeinsamer Zielsetzung
einem Prozess nicht immer überschaubaren gemeinschaftlichen Handelns,
... die hier bewährten 6 Fragestellungen einer Reflexion zugrunde legen:
1. Was passiert gerade?
2. Warum passiert es?
3. Ist das gut oder schlecht?
4. Warum ist es gut oder schlecht?
5. Willst du etwas verändern?
6a. Ja! - > Wie? –
6b. Nein! - > Warum nicht?
WAS IST DAS ZIEL?
„Die Reflexionsschleife dient unter anderem dazu, in eskalierenden oder unübersichtlichen
Situationen Distanz zum Geschehen aufzubauen, (…), um reflektiert in das Geschehen
einzugreifen und oder Veränderung zu bewirken.“
IST DAS NÖTIG?
Zunächst einmal möchte ich sagen: Nein!
Warum nicht?
Zunächst ist auch der politische Ortsverein nichts anderes als eine auf Dauer angelegte
Vereinigung von natürlichen und / oder juristischen Personen zur Verfolgung eines
bestimmten Zwecks.
Er ist eine Organisation von Menschen mit gemeinsamen Zielen und Interessen.
Eine andere - wie ich finde - nette Formulierung (überträgt man sie auf den politischen
Verein) ist dazu im Web zu finden: Ein Verein ist ein notwendiges Übel für den, der angeln
will und keinen eigenen Bach besitzt. Hört, hört!
Der Verein wird mit Eintragung in das Vereinsregister rechtsfähig, wird so zur juristischen
Person. Ein Vorstand vertritt diese Interessensgruppe auf gesetzlicher Ebene nach außen.
Eine Satzung deklariert Regeln, Aufgaben, Ziele, Pflichten, Rechte für den Vorstand und
für die Mitglieder des Vereins.
Diese klar beschriebenen Vorgaben, Rechte, Pflichten, dto. die Fragen zur Haftung etc. pp
… geben also kaum Anlass, über die Möglichkeit einer
Reflexion nachdenken zu müssen.
Wir wissen, was zu tun ist. Uns ist klar, wem welche Aufgaben anvertraut, wem welche
Kompetenzen zugeschrieben worden sind.
1. Vorsitzender, Stellvertreter, Schriftführer, Schatzmeister, Beisitzer … sie haben sich zur
Wahl aufstellen lassen, ihre Aufgabe freiwillig übernommen. Und: sie machen ihre Aufgabe
gerne. Sie machen sie gut.
Ist doch klar! Oder etwa nicht?
WAS IST DIE MOTIVATION?
Rudolf Homann (Autor – siehe http://rudolf- homann.blog.de ) argumentiert in der hier
laufenden Diskussion zum Thema wie folgt (Zitat):
„Solange sich der Ortsverein (…) allerdings vorrangig als ein verwaltungs- technisches
und nicht politisch- thematisches Vertretungsorgan versteht, haben wir ein Dilemma.
Umso wichtiger ist es, den Ortsverein als organisa- torischen und kulturellen Kern sozialdemokratischer Politikentwicklung und deren Vermittlung in die Gesellschaft wiederzuentdecken und zu stärken.“
Es ist keine Frage: mit der reinen Aufgabenverteilung zur verwaltungs- technischen
Absicherung des Vereins kann es nicht getan sein.
Die Arbeit beginnt erst jetzt, die Rollenverteilung im möglichen Aktionsfeld muss zielgerecht
definiert, der entsprechend begabten Person passend zugeordnet sein.
„Ist der innere Zirkel ein Spiegel aller im Verein?“
Und: „Stelle ich mich in den Dienst der Partei der Menschen wegen oder meiner eigenen
Stellung wegen?“
Weiter: „Nehmen wir die Mitglieder ernst? Sind wir Gleiche unter Gleichen,
oder arbeiten wir nur bestimmten Abläufen / Personen / Interessenslagen zu?“
ALLES GANZ LEICHT?
Der Ortsverein als Verbindungsstelle zwischen sozialdemokratischer Politik und Bevölkerung
(siehe Einleitungstext Praxishandbuch für die Arbeit vor Ort, SPD) hat also zwei Seiten zu
„bedienen“: die nach Innen und die nach Außen.
In der Bedienung 'nach Innen’ können Erfahrung und eine gewisse Routine im Ablauf
administrativer Aufgaben hilfreich sein.
Im Zusammenhalt nach innen sollte jedoch auch klar sein, ob Ziele, Methoden der
Umsetzung, Kompetenzen etc. abgestimmt worden sind, ob sie auch dem subjektiv
empfundenen Belastungsfaktor und der individuellen Anspruchs- haltung des einzelnen
Vorstandsmitglieds grundsätzlich zuzumuten sind.
Ein Vorsitzender wird darauf achten, wird derlei Überrlegung laufend in sein Aufgabenfeld
einbeziehen. Andererseits sei nicht unbenommen, dass vom einzelnen Vorstandsmitglied
eine gewisse Selbständigkeit und Wider- standsfähigkeit erwartet werden darf.
Gegenseitige und persönliche Verantwortungsbereitschaft liegen nicht bei jemandem,
sondern bei allen.
Der Prozess menschlicher Begegnung, gegenseitiger Wahrnehmung, stets neu auszulotender Zielsetzung, der Prozess individueller Präsenz und Belastbarkeit, der Prozess
subjektiver Erwartungshaltung an die Aufgabe schlechthin sowie an die Gruppe selbst …,
müssen Voraussetzung sein für eine gesunde weil stabile und verlässliche Umsetzung der
Ziele, die gerade von außen gesehen und bestätigt werden wollen.
Nicht leicht, nicht selbstverständlich ist dieser Anspruch an Menschen, die am Abend eines
Tages bereits beruflichem Anspruch genügt, die ihre Familie versorgt und für sich selbst
das Recht auf Ruhe wahrscheinlich eher doch übersehen haben!
NACH AUSSEN NOCH SCHWERER?
„Ein lebendiger Ortsverein ist ein lebhafter, ein einladender, ein spannender, ein kultureller,
ein Verein mit historischem Bezug“.
Können wir das für uns sagen?
Sind wir lebendig?
Sind wir lebhaft?
Sind wir einladend (was mehr wäre, als ’nur’ einzuladen)?
Ist es spannend bei uns?
Leben wir Kultur?
Erkennen wir historischen Bezug?
Wer sind wir?
Was wollen wir?
Können wir glaubwürdig sein?
Nimmt man uns wahr?
Sieht man auch von außen, dass wir drinnen einig sind und eifrig damit beschäftigt, unseren
Kreis aktiv zu halte, offen und fähig, ihn zu erweitern ..., um der Menschen willen, die unser
ganz persönliches Anliegen sind, da wir ihre Anliegen ernst nehmen, uns um sie kümmern
werden …?
ZUVIEL VERLANGT?
Ja, das finde ich auch. Es wird uns noch zerreißen.
Als Teil einer Gesellschaft, die uns im Beruf bis an die Grenzen fordert, die Mobbing und
BurnOutSyndrom zunehmend ihr eigen nennt, die uns vergessen macht, was Entspannung,
Abstand, Erholung, Gleichmut sind, eher denn Leistung und deutlich sichtbares Absetzen
nach ’oben’ von uns verlangen will …,fällt es schwer, auch in der Freizeit noch ‚funktionieren’
zu wollen, genügen zu können, sich rechtfertigen und Erfolge nachweisen zu müssen.
Eine Gesellschaft des Individualismus, des „HolsDir“ und des „Ichbindoch- nichtblöd“ lädt
nicht gerade dazu ein, übrig gebliebene Zeit restlos zuzu- pflastern mit Terminen, Schriftlichkeiten, öffentlicher Präsenz und anhaltender Informationspflicht auf der Basis von
herübergeretteter Geschichts- liebe und idealistisch anmutendem Sozialbewußtsein.
Es ist nicht unbedingt verlockend, immer „mitten im Geschäft zu stehen“, um das Eigene
zurück zu stecken (auch die Interessenslage des Partners, der Kinder, der Familie
schlechthin!), um nachhaltig und anhaltend zur Verfügung zu stehen, motiviert, fröhlich,
glaubwürdig, überzeugend, verlässlich, treu.
WARUM TUST DU DAS?
Wir wollen es nicht anderen überlassen, was in unserem Lande, was mit uns Menschen
geschieht. Wir wollen Einfluss nehmen, Einfluss haben und verändern, wo es geht. Kurz
gesagt: wir wollen mitverantwortlich sein.
Das ruft dazu auf, informiert zu sein.
Das fordert auf, sich eine Meinung zu bilden.
Das lädt ein zu aktualisiertem Wissen.
Das impliziert Eigenverantwortlichkeit, gesellschaftliches Bewusstsein,
die Bereitschaft zu „Rückschluss“ und konkretem Handeln.
WAS IST DER LOHN?
„Wir bekommen selten Dank“.
„Wir wollten uns einsetzen. Aber man hat uns nicht gelassen“.
„Wir haben uns eingesetzt. Aber wir haben unser Ziel verfehlt.“
„Unser Lohn ist die Arbeit, die wir uns selbst gemacht haben“
„Wir werden überrascht von Ereignissen, die wir uns so nicht
gewünscht haben“.
Bei aller Selbstkritik und Unsicherheit werden wir dennoch sagen können:
„Wir haben uns bemüht!“
REFLEXIONSSCHLEIFE ORTSVEREIN DOCH NÖTIG?
Aber ja!
Schließlich sind es Menschen, die sich im Verein zusammen getan haben.
Schließlich sind sie alle verschieden. Und im schlimmsten Fall könnte man
sogar sagen, dass sie in einer Zwangsgemeinschaft zusammen geschlossen sind.
Wir hatten sie uns ja nicht ausgesucht!
Wir hatten nur ein gemeinsames Ziel.
Ist das so?
GLEICHES ZIEL?
„Ich will das Vertrauen in die Menschen vor Ort in den Mittelpunkt stellen, anstatt über ihre
Köpfe hinweg zu entscheiden.“
So unser Landeschef der SPD BW, Nils Schmid, am 10. März 2010.
Diese selbstverständliche Nähe zum Menschen, dieser Verzicht auf Bevor- mundung könnte
heute als dringliches Anliegen auch des OV vor die Frage gestellt werden, welches Bildungs, Gesundheits- oder Energiesystem bei uns in Zukunft Vorrang bekommen kann.
Der Grundtenor in allem Agieren sollte sein, dass wir uns selbst befragen und überlegen,
wo es hapert, wo etwas besser gemacht, wo eine Lösung herbeigeführt werden kann im
Sinne der oben beschriebenen Reflexions- schleife mit ihren typischen 6 Fragen.
Möglicherweise lässt sich so noch einmal Einfluss nehmen im ortseigenen Verein.
Möglicherweise bietet es sich an, den individuellen Standpunkt, die Motivation, das
Aktionsfeld neu zu überprüfen und festzulegen.
Vielleicht stellen wir am Ende fest, dass wir zu Unrecht unzufrieden waren. Vielleicht
erfahren wir aber auch, wo uns stellenweise Motivation und Triebkraft, subjektive
Überzeugung im Agieren verloren gegangen, ein Dank vorenthalten worden war.
Wir sind nicht enttäuscht, nicht abgearbeitet, nicht desillusioniert. Wir sind nicht unterwegs,
einander zu verlieren. Wir fangen immer von vorne an, und wir fangen es gemeinsam an.
Das Feld darf dabei überschaubar und beweglich, korrigierbar bleiben,
auf welchem wir uns gemeinsam und wacker schlagen in zukunftsweisender Verbundenheit,
auf welchem wir ringen um Wahrheit, um Klarheit, um gesellschaftlichen Konsens und um den so wichtigen sozialen Frieden in uns
und für unser Land.
Übrigens:
Reflexion heißt in der Philosophie:
„PRÜFENDES UND VERGLEICHENDES NACHDENKEN“
und in der Physik:
„DAS ZURÜCKWERFEN VON WELLEN BZW. STRAHLUNG“.
WAS GEFÄLLT DIR BESSER?