Dürener Zeitung

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Dürener Zeitung
Düren
Seite 13 · Nummer 133 · Freitag, 12. Juni 2015
angemerkt
▶ Jörg ABelS
Viel herzlichkeit
Valerie Flatten arbeitet
sechs Monate in Poconas
Jugendleitertreffen
Fußballkreis Düren: Der Spielbetrieb
soll attraktiver werden
▶ Seite 15
▶ Seite 16
Nur noch vier neue Windräder östlich der Sophienhöhe
Niederzier reagiert auf Kritik aus Titz und Elsdorf. Auf die fünfte Anlage wird verzichtet. Gemeinde steigt ins Energiegeschäft ein.
Eine Entscheidung
mit Weitblick
D
ie Gemeinde Niederzier
steigt ins Energiegeschäft
ein und beteiligt sich in
einem ersten Schritt zu 50 Prozent am Bau einer Windkraftanlage. Weitere Projekte könnten
folgen, zum Beispiel der Bau einer „Solarautobahn“ auf der
ehemaligen Trasse der A4 in Kooperation mit RWE Power. Das
ist eine weitsichtige Entscheidung, denn irgendwann einmal
wird die Steuerquelle Tagebau
versiegen. Natürlich kann der
Ertrag eines Windrades bei Weitem nicht die Braunkohle-Millionen kompensieren, aber es ist
ein Anfang, schon heute neue
Einnahmequellen zu erschließen. Wie in der Vergangenheit
verzichtet die Gemeinde Niederzier, die anders als die meisten anderen Kommunen noch
reichlich finanziellen Spielraum
hat, auf kostspielige PrestigeProjekte und investiert mit Augenmaß in die Zukunft. Dass die
Tagebaukommune damit nebenbei auch noch einen Beitrag
zur Energiewende leistet, ist ein
positiver Nebeneffekt.
▶ [email protected]
leute
▶ Der VolleyballBundesligist SWD
powervolleys Düren
hat einen neuen Zuspieler verpflichtet:
Der US-Amerikaner
Matt West zieht zukünftig als Regisseur
die Strippen im Dürener Spiel. West
ist Spieler Nummer zehn für die
kommende Saison, 21 Jahre alt,
1,97 Meter groß und hat schon
jetzt den Sprung in den Kader der
Nationalmannschaft seines Heimatlandes geschafft. Zuvor war
West in der U 21 und der U 19 Kapitän der US-Junioren-Nationalmannschaft. In den vergangenen
vier Jahren hat er für die Peppdine
Waves in der starken Hochschulliga
seines Landes gespielt. „Ich habe
mich für Düren entschieden, weil
ich den neuen Trainer Anton Brams
kenne und seine Denkweise über
Volleyball schätze. Ich bin mir sicher, dass Düren ein guter Standort
ist, um meine internationale Karriere zu beginnen. Ich will mich in
Düren als Persönlichkeit und als
Spieler weiterentwickeln.“
kurz notiert
Sparkassen-Räuber sitzt
in Untersuchungshaft
Düren. Der Täter, der am Montag die Hauptstelle der Sparkasse
Düren überfallen hat, ist gefasst
worden. Der 25-Jährige wurde
im Rahmen der Fahndung ermittelt und festgenommen. Die
Polizei stellte Beweismittel und
einen Großteil der Beute sicher.
Der Beschuldigte befindet sich
in Untersuchungshaft. Nach aktuellem Stand der Ermittlungen
kommt er auch als Täter für einen Raubüberfall im Mai auf
eine Dürener Spielhalle infrage.
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Niederzier. Im Streit mit der Gemeinde Titz und der Stadt Elsdorf
hinsichtlich des Baus von neuen
Windrädern nordöstlich der Sophienhöhe zeigt die Gemeinde
Niederzier Entgegenkommen. „Im
Sinne eines gutnachbarschaftlichen Miteinanders werden wir
statt fünf nur noch vier Windräder
errichten“, erklärt Bürgermeister
Hermann Heuser. Einstimmig hat
der Gemeinderat diesen Kompromissvorschlag abgesegnet. Ver-
zichtet wird auf die Anlage östlich
der B 55, die nur rund 800 Meter
von Bettenhoven (Titz) und Oberembt (Elsdorf) gewesen wäre und
im Zentrum der Kritik aus den
Nachbarkommunen stand. Die Betreiber der vier verbliebenen Anlagen, die bei einer Höhe von knapp
200 Metern nun mehr als 1200 Meter von den ersten Häusern entfernt gebaut werden, haben sich
bereiterklärt, den nicht mehr zum
Zuge kommenden Betreiber zu
entschädigen. „Jetzt erwarten wir
von Titz und Elsdorf aber auch
eine konstruktive Begleitung des
Verfahrens“, betonte Heuser.
50-prozentige Beteiligung
Die vier neuen Anlagen, die neben
den vier bereits bestehenden errichtet werden, sollen Ende 2016
in Betrieb gehen. An einer der
knapp fünf Millionen Euro teuren
Anlagen wird sich auch die Ge-
meinde Niederzier finanziell zur
Hälfte beteiligen. 1,24 Millionen
Euro müssen die beiden Betreiber
an Eigenkapital einbringen, der
Rest wird finanziert. Zu diesem
Zweck hat der Gemeinderat eigens
eine neue Gesellschaft gegründet,
die „Kommunale Energiebeteiligung Niederzier GmbH“. Um sicher zu gehen, dass keine Steuergelder „verbrannt“ werden, hat die
Gemeinde die Wirtschaftlichkeitsberechnung überprüfen lassen. Er-
gebnis: „Sie können bei überschaubarem Risiko mit einer angemessenen Rendite rechnen und leisten
zudem einen Beitrag zur Energiewende“, betonte Hans-Jürgen
Rossbach von der Kommunalberatung Rheinland-Pfalz im Rat. Bei
sehr vorsichtig gewählten Vorgaben erwirtschaftet die Anlage in
den kommenden 20 Jahren eine
Rendite von mindestens 3,5 Prozent, wahrscheinlich sogar deutlich mehr. (ja)
▶ Angemerkt
Der Elefant und
ein 300 Jahre
alter Kontrabass
Fast 600 Kinder lauschen beim Konzert im
Jugendstilkraftwerk den Klängen der Profis und
Schüler. Die Musik tut vielen Kindern gut.
Von Sarah maria BernerS
schule im Jugendstilkraftwerk
beim Kinderkonzert der „Spannungen“ auf – und von den fast
600 anderen Kindern ernteten sie
ebenso viel Applaus wie die Profis.
Heimbach. „Dass Kinder mit klassischer Musik nichts anfangen können, ist ein falsches Bild, dass viele
Erwachsene im Kopf haben“, sagt Paula Schipperges. Die Grundschul„Musik hat positive
lehrerin aus Heimbach
hat andere Erfahrungen
Auswirkungen auf das
gemacht: „Meine SchüSelbstbewusstsein und die
ler waren vom Kinderkonzert im vergangenen
Konzentrationsfähigkeit.“
Jahr so beeindruckt, dass
regiNe UNger, leHreriN
sie Franz Schuberts Stück
‚Die Forelle‘ in diesem
Jahr unbedingt selbst
spielen wollten.“ Gerade bei „Richtig cool“ fanden die Kinder
Grundschülern sei es nicht schwer, ein afrikanisches Rhythmusstück,
Freude und Begeisterung für die dass die Heimbacher Kids spielten.
Musik zu wecken – auch für die
Abgesehen von einem Klezmerklassische.
Stück auf der Klarinette, bei dem
Drei Stücke führten die Viert- sich ein Kind sogar die Ohren zuklässler der Heimbacher Grund- gehalten hat, trafen auch die Profis
den Geschmack der Kinder. Sie
spielten fröhliche Melodien und
Stücke, bei denen GruselstimFörderpreis und Dank
mung aufkam.
für das engagement
„Mit Instrumenten lassen sich
alle Stimmungen erzeugen“, erWährend des Kinderkonzertes
klärte Lars Vogt, Pianist und künstwurden auch zwei Förderpreise ver- lerischer Leiter der „Spannungen“.
Außerdem könne Musik Geschichgeben: Einer ging an die Musikschule Heimbach. Die Bläser aus
ten erzählen. Zum Beispiel von
der dritten und vierten Klasse unter Tieren. So spielte Charles DeRaLeitung von Renold Quade wurden
mus auf seinem 300 Jahre alten
damit für ihr Engagement rund um Kontrabass den Elefanten aus dem
„Spannungen“ geehrt. Auch die
„Karneval der Tiere“. Neben musikalischem Talent, bewiesen die
Bläser des Burgau-Gymnasiums
zeigten ihr musikalisches Können.
Profis aber auch komisches KönDer andere Förderpreis ging an eine nen, für das sich die Kinder mit
Hürther Grundschule.
herzerfrischendem Lachen und
Profis wie Cellistin Tanja Tetzlaf und Schlagzeuger Hans-Kristian Kjos Sorensen (mit Helm) unterhielten das Publikum beim Kinderkonzert ebenso wie der musikalische Nachwuchs der Musikschule Nideggen. Fotos: smb
Applaus bedankten.
Schüler von sieben Schulen hatten die Gelegenheit, beim Kinderkonzert einen Einblick in die klassische Musik zu gewinnen. In vielen Schulen wird Musik großgeschrieben.
Teamarbeit im Orchester
„Das Musizieren ist für Kinder ein
sehr guter Ausgleich“, sagt Regine
Unger, Lehrerin am Burgau Gym-
nasium. Gleichzeitig würden damit viele Fähigkeiten gefördert.
„Musik hat positive Auswirkungen
auf das Selbstbewusstsein und die
Konzentrationsfähigkeit“, betont
Unger. Außerdem werde damit diszipliniertes Verhalten gefördert.
Lena Voth von der Freien Christlichen Schule Düren nennt noch einen weiteren Vorteil: „Musik hilft
vielen Kindern, ruhiger zu werden.
Und wer in einem Orchester musiziert, ist in Gesellschaft und lernt,
im Team zu arbeiten.“
Sie bewertet es sehr positiv, dass
Musiker wie David Garrett Klassik
und Moderne verbinden und einem klassischen Instrument einen
coolen Anstrich geben. „Das
Kinderkonzert ist eine tolle Gelegenheit, bei der unsere Schüler
viele Instrumente und ihre Klänge
kennenlernen“, sagt Lena Voth.
„Und natürlich hoffen wir dass die
Kinder Lust bekommen, auch ein
Instrument zu erlernen.“
Wolfgang Spelthahn: „Wir schließen dieses Kapitel nicht“
Auf dem Soldatenfriedhof Vossenack werden neue Schautafeln aufgestellt. Erinnerungskultur soll weiterentwickelt werden.
Von Stephan Johnen
Vossenack. „Wir stehen auf historisch belastetem Boden“, sagte
Landrat Wolfgang Spelthahn auf
dem Soldatenfriedhof Vossenack
zur Begrüßung der Gäste. Von September 1944 bis Februar 1945 lieferten sich amerikanische und
deutsche Truppen in dieser Region
erbitterte Kämpfe. Als „neue Form
des Erinnerns“ stellte Spelthahn
die neuen Informationstafeln vor,
die Besucher künftig „sachlich
und
informativ“
über
die
„Schlacht im Hürtgenwald“ informieren und das Geschehen in den
historischen Kontext einordnen.
Zur Vorgeschichte: Die Bundestagsabgeordneten Dietmar Nietan
(SPD) und Oliver Krischer (Grüne)
hatten vor zwei Jahren die bisherigen Infotafeln zur Geschichte der
„Windhund-Division“ am Mahnmal der ehemaligen 116. PanzerDivision kritisiert. Diese Form sei
nicht zeitgemäß, es fehle zudem
eine kritische Auseinandersetzung. Auch die historische Kommission des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge (VDK)
kam zu dem Ergebnis, dass es auf
den Tafeln eine „gewisse Glorifizierung“ der Divisionsgeschichte ge-
geben habe und ein kritisches Hinterfragen der Rolle der Kampfeinheit im Zweiten Weltkrieg nicht
stattfinde. Diese Form sei im öffentlichen Raum nicht tragbar. Die
Tafeln wurden auf private Initiative errichtet, das Gelände, auf
dem das Mahnmal steht, gehört
aber dem Kreis. Um eine zeitgemäße Darstellung „fern jeder Glorifizierung“ zu finden, sollten unter Federführung des Kreises die
Tafeln überarbeitet werden. Ein
Projektkurs des Vossenacker Fran-
ziskus-Gymnasiums nahm mit
Lehrer Clemens Amendt die Arbeit
auf. Von der ursprünglichen Idee,
die Tafel vor dem WindhundMahnmal aufzustellen, nahmen
die Schüler Abstand. „Wir wollten
einen
Neubeginn“,
erklärte
Amendt. Die im vergangenen Jahr
entwickelten Entwürfe sollten auf
dem benachbarten Soldatenfriedhof, der vom VDK gepflegt wird,
als Tafeln aufgestellt werden.
Vorher kam es jedoch zu einer
Überarbeitung unter Federfüh-
Sechs solcher Tafeln informieren Besucher der Kriegsgräberstätte über die
Geschichte und Vorgeschichte der Kämpfe 1944/45.
Foto: Johnen
rung von Historikern. „Sie sind
weiterentwickelt worden“, sagte
Wolfgang Spelthahn, der den
Schülern des Projektkurses für ihre
„hervorragende Arbeit“ dankte.
Die grafische Gestaltung übernahm Eva Müller-Hallmanns. „Wir
haben uns auf sehr schwierigem
Terrain bewegt, haben um jedes
Wort gerungen“, blickte Spelthahn auf die Entstehung zurück.
„Die Texte der Schüler waren
sehr emotional, manche Beispiele
passten nicht zum Ort, an dem die
Tafel stehen“, sagte Dr. Karola
Fings vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, die im Expertengremium saß. „Um sie an
den neuen Aufstellungsort anzupassen, sollten alle Inhalte eine
sachliche und informative Erzählung garantieren“, fügte VDK-Landesgeschäftsführer Peter Bülter
hinzu. Der sehr persönliche Ansatz, den die Schüler gewählt hatten, habe zu mancher „problematischen Darstellung geführt“, erklärte Karola Fings.
„Wir wollten einen Dialog über
die Bedeutung von Krieg und Frieden, wir wollten Menschen jeden
Alters mit den Inhalten berühren –
und damit eine Auseinandersetzung starten“, beschrieb Schüler
Thomas Prinz die Intention des
Projektkurses. „Wir haben bei dieser Arbeit sehr viel gelernt“, sagte
er. Ein wenig enttäuscht, dass
nicht mehr Inhalte der Originaltafeln Niederschlag gefunden hätten, seien die Schüler schon. „Wir
müssen bei diesem Thema dicke
Bretter bohren. Mir ist wichtig,
dass überhaupt etwas Neues geschieht“, sagte Clemens Amendt
unserer Zeitung. Eine Tafel, die die
Schüler erstellt hatten, hängt bereits im Franziskus-Gymnasium.
Schulleiter Pater Peter Schorr ofm
überlegt, die anderen Entwürfe
ebenfalls dort aufzuhängen.
Um Fördermittel beworben
„Wir schließen dieses Kapitel
nicht“, betonten Wolfgang Spelthahn und Axel Buch, Bürgermeister der Gemeinde Hürtgenwald.
Kreis und Gemeinde bewerben
sich bei der Landeszentrale für politische Bildung NRW um Fördermittel, um die Orte des Gedenkens
und Erinnerns zu erfassen – und
die Erinnerungskultur zeitgemäß
weiterzuentwickeln. Der Blick geht
dabei auch in Richtung des Museums „Hürtgenwald 1944 – und im
Frieden“.