Pressemappe zum Thema
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Gemeinsame Pressekonferenz am 09.07.2009 um 11.00 Uhr im Haus der Bundespressekonferenz, Berlin Vorstellung der IDZ-Studie „Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“ Als Gesprächspartner stehen Ihnen zur Verfügung: Dr. Jürgen Fedderwitz Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Dr. Dietmar Oesterreich Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Dr. David Klingenberger Institut der Deutschen Zahnärzte Für Rückfragen: Dr. Reiner Kern Abt.Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung Behrenstraße 42, 10117 Berlin Tel.: 030 – 28 01 79 27 Fax: 030 – 28 01 79 21 Mobil: 0173 – 260 31 67 E-Mail: [email protected] Jette Krämer Abt.Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Bundeszahnärztekammer Chausseestraße 13, 10115 Berlin Tel.: 030 – 40 00 51 50 Fax: 030 – 40 00 51 59 Mobil: 0176 – 522 228 58 E-Mail: [email protected] Neue Studie belegt: Import von Zahnersatz nimmt zu Dentaltourismus bleibt Randerscheinung Berlin, 09. Juli 2009 - Zahnärzte und Patienten nutzen mit wachsender Tendenz importierten Zahnersatz. Nach wie vor fahren aber nur wenige Versicherte für eine Zahnersatzversorgung selbst ins Ausland. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt haben. Für die Untersuchung, die vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) in Köln in Zusammenarbeit mit dem Institut für empirische Gesundheitsökonomie durchgeführt wurde, waren insgesamt 1368 Versicherte und 300 Zahnärzte befragt worden. Damit liegen erstmals verlässliche Zahlen zur Internationalisierung des Versorgungsmarktes für Zahnersatz vor. Von den befragten Personen gaben 2,3 Prozent an, bereits im Ausland gefertigten Zahnersatz zu tragen. Unter den Zahnärzten gaben 12,3 Prozent an, „häufig“ Auslandszahnersatz einzugliedern. 15,3 Prozent tun dies „gelegentlich“, 23,4 Prozent „eher selten“ und 49 Prozent „gar nicht“. Über alle Zahnärzte gerechnet beträgt der Anteil des Auslandszahnersatzes an den Prothetikfällen im Durchschnitt ca. 10 Prozent. Bei der KZBV sieht man für diese Entwicklung klare Gründe. Dazu der Vorsitzende des Vorstandes, Dr. Jürgen Fedderwitz: “Wir haben beim Import von Zahnersatz einen in letzter Zeit dynamisch gewachsenen, aber noch immer begrenzten Markt. Nach der Einführung befundbezogener Festzuschüsse für gesetzlich Krankenversicherte in 2005 ist der Patient kostenbewusster und der Wettbewerb im Prothetikmarkt intensiver geworden. Das war politisch gewollt. Weil die Zahntechnik meist den Löwenanteil an der Zahnersatzrechnung ausmacht, nutzt man nun verstärkt günstige ausländische Anbieter. Für die meisten Patienten bleibt aber nicht die reine Kostenerwägung, sondern vielmehr das Vertrauensverhältnis zu ihrem Zahnarzt der bestimmende Faktor bei der Entscheidung für eine bestimmte prothetische Versorgung.“ Für die BZÄK offenbart die Studie, dass die Entscheidungsprozesse nicht auf eine simple Kosten-Betrachtung zu reduzieren sind, da eine Vielzahl von Beeinflussungsfaktoren und Motiven von Patienten als auch von Zahnärzten einbezogen werden. „Das hohe Vertrauen zum eigenen Zahnarzt und die skeptische Qualitätsvermutung waren neben dem Preisargument bestimmende Faktoren der Patienten für oder gegen ausländischen Zahnersatz“, so Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK. „Das ambivalente Verhältnis der Zahnärzte zum Auslandszahnersatz verdeutlicht, dass der Berufsstand trotz zunehmenden Wettbewerbs und Kostendrucks seine Verantwortung für die Sicherheit der Patienten sehr ernst nimmt“, stellt Oesterreich fest. Dies verdeutlicht auch das gut ausgebaute Netzwerk von Patienteninformation, Patientenberatung, Zweitmeinungsmodellen bis hin zu Gutachterwesen und Schlichtungsstellen von Landeszahnärztekammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Anders als der Import von Zahnersatz nimmt der Dentaltourismus, keine dynamische Entwicklung. Nur etwa einer von hundert befragten Versicherten ist bislang für eine prothetische Versorgung selbst ins Ausland gefahren. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass eine hohe Zahnarztbindung und die Einschätzung der medizinischtechnischen Qualität der Versorgung im Ausland hier als begrenzende Faktoren wirken. Für Rückfragen: Dr. Reiner Kern Tel. 030-280179-27; Mail: [email protected] Jette Krämer Tel. 030-40005-150; Mail: [email protected] Gemeinsame Pressekonferenz von Bundeszahnärztekammer, Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) 09. Juli 2009, Berlin Vorstellung der IDZ-Studie „Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“ Statement Dr. David Klingenberger Wiss. Referent für Gesundheitsökonomie, Projektleiter, Institut der Deutschen Zahnärzte Es gilt das gesprochene Wort Sehr geehrte Damen und Herren, seit einigen Jahren wird auf politischer Ebene wie auch in der Öffentlichkeit verstärkt über das Thema der sog. „grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen“ debattiert. Nun hat die Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, wie sie im Rahmen der Europäischen Union angestrebt wird, mittlerweile auch den zahnmedizinischen Versorgungsbereich erreicht. Zum einen wird in zunehmendem Umfang Zahnersatz nach Deutschland importiert – dies primär aus dem asiatischen Raum -, zum anderen reisen die Patienten vermehrt ins Ausland (oftmals in die osteuropäischen Nachbarländer), um sich als sog. Dentaltouristen bei dort ansässigen Zahnärzten mit Zahnersatz zu versorgen zu lassen. Auslöser für diese Entwicklungen sind die zum Teil deutlich geringeren Herstellungskosten für Zahnersatz auf dem internationalen Dentalmarkt, die wiederum auf vergleichsweise niedrigere Löhne, günstigere Raummieten und geringere Laborkosten im Ausland zurückgeführt werden können. Trotz der regen Öffentlichkeitsdiskussion gab es für Deutschland bislang so gut wie keine belastbaren empirischen Daten zum Themenkreis Dentaltourismus und Auslandszahnersatz. Ich freue mich, Ihnen heute eine empirische Studie des Institutes der Deutschen Zahnärzte vorstellen zu dürfen, die ein solides Wissensfundament für die weitere öffentliche gesundheitspolitische Diskussion bietet. Mit der Studie haben wir ein inhaltliches und ein methodisches Ziel verfolgt: 1. Inhaltlich kam es uns darauf an, Ausmaß und Perspektiven des Dentaltourismus und Auslandszahnersatzes näher zu beleuchten und die Rahmenbedingungen der bisherigen und künftigen Marktentwicklung herauszuarbeiten. 2. In methodischer Hinsicht wollten und haben wir ebenfalls Neuland betreten. Hier kam es uns darauf an, mit gesundheitsökonomischen Analysemethoden eine subjektive Kosten-Nutzen-Abwägung nachzuzeichnen, die der Patient im Rahmen der Entscheidung für oder gegen eine Versorgung mit Auslandszahnersatz vornimmt. Das IDZ-Projekt erfolgte in Kooperation mit dem Institut für Empirische Gesundheitsökonomie, das über viel Erfahrung mit dem verwendeten Analyseinstrumentarium verfügt. Die Feldarbeit teilten sich zwei Markt- und Meinungsforschungsinstitute. Die 2 Bevölkerungsumfrage wurde von dem Institut für Demoskopie / Allensbach durchgeführt, die nachfolgende Zahnärzteumfrage organisierte TNS Healthcare / München. Sehr viel lag uns daran, ein repräsentatives Bild der aktuellen Marktlage zu zeichnen, weshalb wir in beiden Umfragen, der Bevölkerungsumfrage wie der Zahnärzteumfrage eine Quotierung der Stichprobe nach den Vorgaben der Amtlichen Statistik, konkret anhand des Mikrozensus 2006 vorgenommen haben. In methodischer Hinsicht ist das IDZ-Projekt als sog. „Willingness-to-pay-Analyse“ konzipiert, auf deutsch auch Zahlungsbereitschaftsanalyse genannt. Hierbei handelt es sich um ein Analyseinstrument zur Abfrage des patientenseitigen Nutzen in Geldeinheiten, das im zahnmedizinischen Bereich international seit etwa zehn Jahren Verwendung findet, in Deutschland bislang jedoch noch nicht eingesetzt wurde. Was haben wir konkret gemacht? Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Zahlungsbereitschaften von Nachfragern auf Märkten zu erfassen. Eine der häufigsten Methoden ist die Abfrage in Form eines sog. „Bidding Games“, d.h. eines Auktionsverfahrens, bei dem die Probanden gefragt werden, welchen Geldbetrag sie für ein bestimmtes Gut zu zahlen bereit sind. Dabei wird üblicherweise iterativ vorgegangen, d.h. die Probanden werden in mehreren Schritten gefragt, ob ihre Zahlungsbereitschaft über oder unter einem bestimmten vorgegebenen Betrag liegt. Um möglichst reale Kaufentscheidungen zu stimulieren, sollte der „hypothetische Markt“ realitätsnah gestaltet sein. Im IDZ-Projekt sind wir so vorgegangen, dass wir den Befragten jeweils zwei Varianten eines Szenarios vorgestellt haben, bei dem sie anhand einer konkreten Versorgungssituation zu entscheiden hatten, ab welchem Einsparbetrag sie die Auslandsvariante gegenüber der Inlandsvariante vorziehen würden. Wir haben dies jeweils für die Versorgungsvariante des importierten Auslandszahnersatzes und für die Variante Dentaltourismus zur Entscheidung gestellt. Ein Szenario bezog sich auf die Versorgung mit drei Einzelkronen, eine übliche und in Deutschland im Rahmen der Regelversorgung abrechenbare zahnprothetische Maßnahme. Ein zweites Szenario stellte auf eine Implantatversorgung im Frontzahnbereich ab, eine ebenfalls häufig vorkommende Versorgung, die als sog. andersartige Versorgung mittlerweile ebenfalls von den Gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst wird. 3 Die Ergebnisse unserer Untersuchung waren insofern überraschend, als die Verbreitung von Auslandszahnersatz in der deutschen Bevölkerung doch deutlich geringer war, als man bei der breiten öffentlichen Diskussion dieser Versorgungsvariante hätte vermuten können. Lediglich 2,3 Prozent der Befragten erklärten, bereits importierten Auslandszahnersatz im Mund zu tragen. Eine Zahnersatzversorgung im Ausland als Dentaltourist hatten gar nur 1,2 Prozent der Befragten in Anspruch genommen – im Grunde genommen sind diese Optionen also gegenwärtig immer noch eine Randerscheinung auf dem Dentalmarkt. Deren Marktpotential ist jedoch deutlich höher einzuschätzen, insofern jeder siebte Befragte im Alter zwischen 30 und 75 Jahren grundsätzlich zumindest schon in Erwägung gezogen hat, sich ausländischen Zahnersatz eingliedern zu lassen. Dass dieses Marktpotential noch nicht realisiert werden konnte, liegt an einer Reihe von Entscheidungshemmnissen, die bei der Nachfrage nach ausländischem Zahnersatz wirksam sind. Wichtige Aspekte, die auf die Nachfrageentscheidung des Patienten Einfluss nehmen, sind insbesondere die Qualitätsvermutung des Patienten (wie schätzt der Patient die Qualität des ausländischen Zahnersatzes ein?) und sehr stark auch die oftmals über viele Jahre gewachsene soziale Zahnarztbindung, die aus Sicht des Patienten einen Wechsel des Behandlers unter Umständen ausschließt. Hinzu kommt im Falle des Dentaltourismus ein erheblicher Zeitaufwand, der bei der Entscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz ebenfalls zu berücksichtigen ist. Auch wenn das Preisgefälle überhaupt erst das Interesse an Auslandszahnersatz stimuliert, so ist der Preis letztlich also doch nur ein Kriterium der Nachfrageentscheidung unter mehreren. So wurden Qualitätsaspekte von den Befragten mit 92,4 Prozent wesentlich häufiger genannt als die Preisgünstigkeit des Zahnersatzes, die lediglich für jeden Dritten als bestimmendes Kriterium ins Kalkül eingeht. Sehr instruktiv waren hier die Ergebnisse aus den „Bidding Games“. Die individuellen Zahlungsbereitschaften streuten in allen Varianten der beiden Szenarien sehr stark. Der Durchschnittspreis, ab dem sich die Befragten anstelle der inländischen Variante für den ausländischen Zahnersatz entschieden, lag bei der Versorgungsoption „Auslandszahnersatz“ um 30 bis 35 Prozent, beim „Dentaltourismus“ um 40 bis 50 Prozent unter dem kalkulierten Inlandspreis. Um eine Nachfrageentscheidung zugunsten des ausländischen Zahnersatzes zu stimulieren, bedarf es also schon einer deutlich spürbaren Preisdifferenz gegenüber dem Inlandspreis. 4 Abschließend noch ein paar Worte zur Zahnärztebefragung: Hier zeigte sich, dass die Zahnärzteschaft die Versorgungsoption „Auslandszahnersatz“ durchaus differenziert mit allen Vor- und Nachteilen sieht. Knapp die Hälfte der befragten Zahnärzte nutzen demnach bislang generell keinen ausländischen Zahnersatz. Immerhin jeder achte Zahnarzt gliedert hingegen häufig ausländischen Zahnersatz ein. Im Schnitt griffen die befragten Zahnärzte im Jahr 2008 bei jedem zehnten Prothetikfall teilweise oder vollständig auf ausländische Erzeugnisse zurück. Von den Zahnärzten, die grundsätzlich Auslandszahnersatz verwenden, gaben knapp 57 Prozent an, im Jahr 2008 häufiger Auslandszahnersatz eingegliedert zu haben als im Jahr 2004. Es handelt sich insofern um einen begrenzten, aber dynamischen wachsenden Markt, dessen weitere Perspektiven allerdings auch von den Möglichkeiten der CAD/CAMFertigung von Zahnersatz in Deutschland selbst abhängen. Ich fasse zusammen: Unsicherheiten der Patienten bezüglich Qualität und Gewährleistung erscheinen als klare Entscheidungshemmnisse für die Versorgungsalternative „Auslandszahnersatz“. Die soziale Zahnarztbindung erweist sich offenkundig als ein zusätzliches starkes Entscheidungshemmnis für die Versorgungsalternative „Dentaltourismus“. „Auslandszahnersatz“ wird dem „Dentaltourismus“ in der Regel vorgezogen. Die befragten Zahnärzte bewerten Auslandszahnersatz differenziert mit allen Vor- und Nachteilen. Die Pluralität der Versorgungsoptionen ist letztlich ein Abbild der Motivvielfalt der Patienten und wird daher auch in Zukunft erhalten bleiben! 5 08.07.2009 Dentaltourismus und Auslandszahnersatz Empirische Zahlungsbereitschaftsanalysen auf der Grundlage repräsentativer Stichproben im Jahre 2008 Dr. rer. pol. David Klingenberger Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, Berlin 9. Juli 2009 Forschungsziele des IDZ-Projektes 9 Ausmaß und Perspektiven von Dentaltourismus und Auslandszahnersatz näher beleuchten sowie fördernde bzw. hemmende Faktoren der Marktentwicklung herausarbeiten. 9 Gesundheitsökonomische Modellierung einer subjektiven j Kosten-Nutzen-Abwägung, g g die der Patient im Rahmen der Entscheidung für oder gegen eine Versorgung mit Auslandszahnersatz vornimmt. © IDZ, 2009 1 08.07.2009 Projektbeteiligte Projektleitung: j g Dr. David Klingenberger, Institut der Deutschen Zahnärzte, Köln (IDZ) Projektkooperation mit dem Institut für Empirische Gesundheitsökonomie (IfEG), Burscheid, Prof. Dr. Dr. Reinhard Rychlik und Mitarbeiter Feldarbeit: Bevölkerungsumfrage B ölk f (April/Mai (A il/M i 2008): 2008) Institut I tit t für fü Demoskopie, D k i Allensbach Zahnärzteumfrage (August/September 2008): TNS Healthcare, München © IDZ, 2009 Repräsentative Stichproben Bevölkerungsumfrage: Quotierte Stichprobe (n = 1.368) Abgleich mit den Daten der Amtlichen Statistik (Mikrozensus 2006) Quotierung nach Alter, Geschlecht, Region und Wohnortgröße Face-to-Face-Interviews (Paper & Pencil) Zahnärzteumfrage: Quotierte Stichprobe (n = 300) Abgleich mit den Daten des Bundeszahnarztregisters Quotierung nach Alter, Geschlecht und Region Online-Befragung © IDZ, 2009 2 08.07.2009 Innovative Methodik: „Willingness-to-pay“ 9 In methodischer Hinsicht ist das IDZ-Projekt j als g gesundheitsökonomische „Willingness-to-pay“-Studie (WTP, auf deutsch: Zahlungsbereitschaftsanalyse) angelegt. 9 WTP = Instrument zur Erfassung des patientenseitigen Nutzens in monetären Einheiten 9 Abfrage f der Zahlungsbereitschaft f in Form eines mehrstufigen Auktionsverfahrens („Bidding Game“) © IDZ, 2009 Szenario 1 - Kronenversorgung 9 Zahnersatz in Form von drei Einzelkronen im Seitenzahnbereich 9 Kosten des in Deutschland hergestellten Zahnersatzes: ca. 800 Euro 9 Festzuschuss der Krankenkasse: ca. 400 Euro 9 Eigenanteil des Patienten bei inländischem Zahnersatz: ca. 400 Euro 9 Startbetrag der Bidding-Games: 160 Euro © IDZ, 2009 3 08.07.2009 Szenario 2 - Implantatversorgung 9 Zahnersatz in Form eines Implantates im Frontzahnbereich 9 Kosten des in Deutschland hergestellten Zahnersatzes: ca. 1.800 Euro 9 Festzuschuss der Krankenkasse: ca. 500 Euro 9 Eigenanteil des Patienten bei inländischem Zahnersatz: ca. 1.300 Euro 9 Startbetrag der Bidding-Games: 520 Euro © IDZ, 2009 Ergebnisse (I) Prävalenzen Die Eingliederung von Auslandszahnersatz oder die Option Dentaltourismus hatten jeweils 14 % der Befragten bereits in Erwägung gezogen. Ausländischen Zahnersatz hatten in der Vergangenheit bereits in Anspruch genommen: 23%d 2,3 der Befragten B f t Als sog. ‚Dentaltouristen‘ waren in der Vergangenheit bereits ins Ausland gereist: 1,2 % der Befragten © IDZ, 2009 4 08.07.2009 Einflussfaktoren auf die Nachfrage © IDZ, 2009 Ergebnisse (II) Verhältnis der offenbarten Zahlungsbereitschaften zum Inlandspreis Bidding-Game Zahlungsbereitschaft Festzuschuss „Preis" Kalkulierter Inlandspreis Verhältnis zum Inlandspreis Kronen im Ausland Kronen im Ausland herstellen lassen eingliedern lassen Implantat im Ausland Implantat im Ausland herstellen lassen eingliedern lassen Auslandszahnersatz Dentaltourismus Auslandszahnersatz Dentaltourismus 157,48 Euro 77,13 Euro 684,53 Euro 405,06 Euro 400 Euro 400 Euro 500 Euro 500 Euro 557,48 Euro 477,13 Euro 1.184,53 Euro 905,06 Euro 800 Euro 800 Euro 1.800 Euro 1.800 Euro 69,7 % 59,6 % 65,8 % 50,3 % © IDZ, 2009 5 08.07.2009 Zahnärztebefragung Online-Befragung g g zum Thema „Auslandszahnersatz“ unter n = 300 Allgemeinzahnärzten in eigener Praxis (August / September 2008) Ziele: • Abgleich mit Prävalenz aus der Bevölkerungsumfrage • Entwicklungsdynamik im Zeitraum 2004 - 2008 • Meinungsbild deutscher Zahnärzte © IDZ, 2009 Verwendung von Auslandszahnersatz unter deutschen Zahnärzten Häufig 12,3% Gar nicht 49,0% Gelegentlich 15,3% Eher selten , 23,4% Im Jahr 2008 griffen deutsche Zahnärzte im Schnitt bei jedem zehnten Prothetikfall auf Auslandszahnersatz zurück! © IDZ, 2009 6 08.07.2009 Marktentwicklung im Zeitraum 2004 - 2008 24,2% In 2008 weniger Auslandszahnersatz eingegliedert In 2008 gleich viel Auslandszahnersatz eingegliedert 56,9% 18 9% 18,9% In 2008 mehr Auslandszahnersatz eingegliedert © IDZ, 2009 Fazit 9 9 9 9 9 Unsicherheiten der Patienten bezüglich g Qualität und Gewährleistung g als klare Entscheidungshemmnisse für die Versorgungsalternative „Auslandszahnersatz“. Soziale Zahnarztbindung als wirksames Entscheidungshemmnis für die Versorgungsalternative „Dentaltourismus“. „Auslandszahnersatz“ wird „Dentaltourismus“ in der Regel vorgezogen. g g Zahnärzteschaft bewertet Auslandszahnersatz differenziert mit allen Vor- und Nachteilen. Pluralität der Versorgungsoptionen bleibt erhalten! © IDZ, 2009 7 Spanien 2,0% Ungarn 2,0% Thailand 1,3% Sonstige 5,4% Singapur 3,4% Tschechien 4,1% Hongkong (China) 6,1% China 53,4% Philippinen 8,1% Türkei 14,2% © IDZ, 2009 Herkunftsländer von ausländischem Zahnersatz Gemeinsame Pressekonferenz von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung, Bundeszahnärztekammer und Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) 09. Juli 2009 in Berlin Vorstellung der IDZ-Studie „Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“ Statement Dr. Jürgen Fedderwitz Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung - Es gilt das gesprochene Wort - Sehr geehrte Damen und Herren, der Wind des Wettbewerbs bläst am Versorgungsmarkt für Zahnersatz heute schärfer als vor einigen Jahren. Einerseits ist das Ausdruck einer allgemeinen Entwicklung, nämlich der Internationalisierung von Gesundheitsmärkten. Andererseits hat das seine Ursache aber auch in einer Systemumstellung innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung: Bis Ende 2004 haben GKV-Versicherte von der Krankenkassen eine prozentualen Zuschuss zu den Gesamtkosten ihrer Zahnersatzbehandlung bekommen, hatten aber auf bestimmten innovative Therapien wie Implantatversorgungen keinen Anspruch. Seit 2005 erhält der Patient einen Festzuschuss, der sich am Befund, also am konkreten zahnmedizinischen Problem orientiert, und den er auch für moderne Therapieformen einsetzen kann. Festbetragsmodelle unterscheiden sich in ihrer Steuerungswirkung deutlich von prozentualen Zuschussmodellen. Der Versicherte muss die Kosten, die über den Festbetrag hinaus gehen, komplett selbst tragen. Andererseits kommt ihm jede Kostenreduzierung in voller Höhe zugute. Unter diesen Bedingungen hat er ein vergleichsweise stärkeres Interesse an niedrigen Preisen. Diese Wirkung war und ist auch bei den Festzuschüssen für Zahnersatz zu beobachten. Die Preissensitivität der Versicherten hat seit der Einführung zugenommen. Der Markt hat auf die Umstellung des Zuschusssystems mit einem erweiterten Spektrum an prothetischen Versorgungsangeboten reagiert. Am einen Ende dieses Spektrums steht noch immer das seriöse, kostenbewusst kalkulierte Versorgungsangebot zahnärztlicher Einzelpraxen. Am anderen Ende steht ein offensives, manchmal aggressives Marketing verschiedener Akteure. Heute treten zunehmend auch Unternehmen der Zahntechnik mit Angeboten für günstigen Zahnersatz direkt an die Patienten heran. Offen gestanden ist das für die Zahnärzte nicht unbedingt einfach, denn sie müssen im Endeffekt entscheiden, mit welchem Zahntechnikanbieter sie eine Geschäftsbeziehung eingehen und zusammenarbeiten wollen. Schließlich trägt der Zahnarzt gegenüber dem Patienten allein die Gesamtverantwortung für die Qualität der prothetischen Versorgungskette und das Endergebnis. Im Wettbewerb differenziert sich das Angebot in verschiedene Marktsegmente. Das war politisch gewollt oder wurde zumindest billigend in Kauf genommen, als der 2 Gesetzgeber die Festzuschüsse für Zahnersatz eingeführt hat. Unter Slogans wie „Zahnersatz zum Nulltarif“ hat sich der Seitenstrang einer Art Discount- bzw. Basarmedizin entwickelt. Viele, wenn auch nicht alle Angebote für kostengünstige Zahnersatzversorgungen machen sich die Internationalisierung der Gesundheitsmärkte zunutze. Der größte Kostenfaktor bei einer Zahnersatzversorgung ist in der Regel die arbeitsintensive Zahntechnik. Material- und Laborkosten machen meist 60 bis 70 Prozent der Gesamtkosten aus. Deshalb wird hier auf die Fertigung prothetischer Werkstücke durch ausländische Anbieter aus Niedriglohnländern, insbesondere aus dem asiatischen Raum, zurückgegriffen. Die Studie, die wir Ihnen heute vorstellen, geht davon aus, dass gut 53 Prozent des gesamten Auslandszahnersatzes auch China kommen. An diese Entwicklung schließt sich fast unweigerlich die Frage nach der Qualität von ausländischem Zahnersatz an. Ist er für die Patienten gut und sicher? Generell gehen wir davon aus, dass Auslandszahnersatz eher geeignet ist für einfache Standardversorgungen. Je komplexer die prothetische Situation des Patienten und je höher die ästhetischen Ansprüche, desto unerlässlicher wird eine wohnortnahe Versorgungskette. Wir beobachten den Versorgungsmarkt sorgfältig. Indizien für eine gesundheitliche Bedenklichkeit von Auslandszahnersatz liegen uns bisher nicht vor. Spezielle klinische Untersuchungen über die Qualität des gelieferten Zahnersatzes gibt es aber bisher auch nicht. Wir wollten uns mit der Untersuchung des IDZ zunächst einmal einen quantitativen Überblick über den Import von Zahnersatz verschaffen, und einen Einblick gewinnen, wie die Motivationslage von Patient und Zahnarzt dabei ist. In einem nächsten Schritt wäre zu entscheiden, inwieweit eine Überprüfung der verwendeten Materialien und der Fertigungsgenauigkeit durch unabhängige Instanzen angezeigt ist. Bei Auslandszahnersatz geht es um Produktmobilität. Wir haben gesehen: Sie hat zugenommen. Bei Zahntourismus geht es um die Mobilität des Patienten. Und hier haben wir gesehen: Sie steht auf niedrigem Niveau, obwohl das enorme Medieninteresse und die allerorten sichtbaren Marketingbemühungen der Anbieter im Ausland etwas anderes hätten vermuten lassen. Und das ist aus zahnärztlicher Sicht gut so. Viele Zahnersatzversorgungen sind komplex, brauchen eine Vorund/oder Nachbehandlung. Sie sind kein Quickfix, den man zwischen Balaton und Budapest im Kurzurlaub erledigen sollte. Die juristischen und finanziellen Nachteile 3 einer Behandlung im Ausland können erheblich sein, wenn nach der Rückkehr der Gewährleistungsfall eintritt oder medizinische Komplikationen auftreten. Wenn Patienten sich dennoch dafür entscheiden, sollten sie – daran sei nur am Rande erinnert – vor Beginn der Therapie einen Heil- und Kostenplan des behandelnden Zahnarztes bei ihrer Krankenkasse einreichen und abzeichnen lassen. Sonst verlieren sie ihren Zuschuss. Das hat das Bundessozialgericht in einer einschlägigen Entscheidung erst vergangene Woche bestätigt. Wo der Markt für Zahnersatzbehandlungen sich ausdifferenziert und der Patient als „Konsument“ medizinischer Dienstleistungen mehr Wahlmöglichkeiten hat, braucht er auch mehr verlässliche Information, mehr Orientierung, mehr Entscheidungshilfe. Die Patientenberatung gewinnt damit einen neuen Stellenwert. Eine reine Kostenbetrachtung reicht für den Patienten natürlich nicht aus. Die Motive für die Entscheidung von Patient und Zahnarzt zugunsten einer bestimmten Therapie sind weiter gefächert. Sie liegen im Spannungsfeld von Qualität und Vertrauen, Preis und Verantwortung, Risiko und Kompetenz. Das war schon bei der Einführung des Festzuschusssystems klar. Aus diesem Grund hat die KZBV gemeinsam mit den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder (KZVen) ein Zweitmeinungsmodell aufgesetzt. Es bietet Versicherten im Vorfeld einer Zahnersatztherapie eine fachlich fundierte, neutrale Beratung, die nicht nur die Kosten, sondern auch die Qualität und den Erfolg einer Therapie im Blick hat. Mittlerweile sind Zweitmeinungsinstanzen in fast allen KZVen auf den Weg gebracht worden. Krankenkassen verweisen ihre Versicherten zunehmend auf diese Instanzen. Auch Zahnärzte greifen darauf zurück, um verunsicherten Patienten zusätzlich zum gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess in der Praxis externe Beratung anbieten zu können. Die Versicherten selbst nehmen das Beratungsangebot an und bewerten es in der Regel sehr positiv – als vertrauensbildende Maßnahme. 4 Gemeinsame Pressekonferenz von Bundeszahnärztekammer, Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) 09. Juli 2009 in Berlin Vorstellung der IDZ-Studie „Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“ Statement Dr. Dietmar Oesterreich Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer Es gilt das gesprochene Wort Anrede, unzweifelhaft ist in den letzten Jahren auch die zahnmedizinische Versorgung in Deutschland auf Grund der Internationalisierung der Gesundheitsmärkte von Veränderungen betroffen. Der „Medizintourismus“ ist als neuer Geschäftszweig entdeckt. Die vorgelegte Studie des IDZ verdeutlicht den Willen des Berufsstandes Problembewusstsein für diese Entwicklungen auf wissenschaftlicher Basis zu schaffen. Gleichzeitig stellt die vorgelegte Studie nicht nur einen wichtigen Beitrag aus Sicht der Gesundheitsökonomie dar, sondern liefert auch wichtige Erkenntnisse aus Sicht der Versorgungsforschung. Geht es doch darum, deutlich werden zu lassen, welche Beeinflussungsfaktoren und Motive aus Sicht der Patienten als auch aus Sicht der Zahnärzte zum Thema Dentaltourismus und Auslandszahnersatz vorliegen. Der durch mediale Berichte stark aufgebauschte Trend zum Gesundheitstourismus bestätigt sich für die zahnmedizinische Versorgung nicht. Eine Zunahme der Eingliederung von ausländischem Zahnersatz ist jedoch deutlich festzustellen. Dies sind kurz gefasst die Kernergebnisse der IDZ-Studie, was die ermittelten „Häufigkeiten“ betrifft. Neben der Häufigkeit wurde aber auch deutlich, dass eine simple Kosten-NutzenBetrachtung in dieser Thematik zu kurz greift. Motive bzw. Gegenmotive für oder gegen den Patienten zur Entscheidung für den Dentaltourismus oder ausländischen Zahnersatz waren neben dem Preisargument vor allen Dingen die hohe Bedeutung der emotionalen Zahnarztbindung und eine skeptische Qualitätsvermutung. Die bereits mit der IV. Deutschen Mundgesundheitsstudie gewonnenen sozialepidemiologischen Daten weisen im Zusammenhang mit dem Zahnarzt-PatientenVerhältnis darauf hin, dass deutlich über 70 Prozent regelmäßig den Zahnarzt aufsuchen. Zugleich der Gesamtbevölkerung wird deutlich, dass die Zahnarztbindung außerordentlich stark ausgeprägt ist. Durchschnittlich 90 Prozent der Patienten, gehen immer zu demselben Zahnarzt. Die jetzt vorliegende Studie verdeutlicht beeindruckend, welche große Rolle offenbar das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient besitzt. Somit wird nicht nur die in zahlreichen Umfragen bestätigte hohe Zufriedenheit mit der zahnärztlichen Versorgung in Deutschland deutlich, sondern es offenbart sich, dass 2 von 4 die Entscheidung des Patienten längst nicht allein über den Preis der Versorgung getroffen wird auch, wenn hier eine Sozialschichtabhängigkeit besteht. Gleichzeitig spielen auch skeptische Qualitätsvermutungen eine wesentliche Rolle. Dies ist aus Sicht der Patienten als auch für den Zahnarzt selbst. Beleg für, das ambivalente Verhältnis der Zahnärzte zum Auslandszahnersatz. Aus berufsrechtlicher Sicht ist für uns dies ebenso ein wichtiges Ergebnis, denn der Zahnarzt selbst ist gegenüber seinem Patienten ausschließlich in der Verantwortung und nimmt diese trotz des zunehmenden Wettbewerbs und von politischer Seite forcierten Kostendrucks wahr. Mit Recht erwartet dies der Patient. Die mit zahlreichen Qualitätssicherungsmaßnahmen ausgebaute zahnmedizinische Versorgung in Deutschland schafft somit in der Bevölkerung eine organisierte Vertrauenskultur. Ein unkritisches Bewerben und Propagieren von Auslandszahnersatz, beispielsweise durch verschiedene Krankenkassen, greift somit in die Vertrauensbeziehung zwischen Zahnarzt und Patient ein. Und nicht immer geht die Rechnung auf. Der günstige Preis der Behandlung im Ausland steht auf der einen Seite. Dem stehen jedoch die nicht unerheblichen Reisekosten gegenüber. Gleichzeitig muss der Patient wissen, dass haftungsrechtliche Ansprüche bei Fehlbehandlungen nur im Ausland durchgesetzt werden können. Darüber hinaus steht eine Zahnersatzbehandlung meist am Ende einer umfangreichen Diagnostik und Vorbehandlung, die bei einem kurzen Auslandsaufenthalt insbesondere bei aufwendigen und umfangreichen Versorgungen nicht zu leisten ist. Anrede, der Einfluss und das Gewicht des Patienten hat nicht nur generell in unserem Gesundheitssystem deutlich zugenommen, sondern ist auch im zahnmedizinischen Versorgungsalltag im Rahmen der Auswahl zwischen mehreren wissenschaftlich anerkannten Therapieoptionen, – nicht zuletzt durch die Einführung des Festzuschusssystemmodells –, erheblich gewachsen. Vor diesem Hintergrund besitzt das Modell der sog. Partizipativen Entscheidungsfindung im zahnärztlichen Versorgungsalltag eine besondere Bedeutung. Diagnose und Therapieoptionen müssen besprochen, in ihrer medizinischen Bedeutung abgewogen und möglichst gemeinsam von Zahnarzt und Patient einer Folgenentscheidung zugeführt werden. Hier muss selbstverständlich auch das berechtigte Preisargument, das für eine 3 von 4 bestimmte, bspw. Prothetische, Lösung vorgesehen ist, besprochen werden. Die Preisargumentation kann und sollte aber nicht absolut gesetzt werden, da auch Qualitätsüberlegungen, ästhetischer Ansprüche, Komfortüberlegungen und anderes mehr mit in den Entscheidungsprozess einfließen. Durch diesen „Zuwachs“ an Entscheidungsspielräumen erhöht sich der Bedarf an Informationspaketen und Beratungskonzepten. Die zahnärztlichen Berufsorganisationen haben dem entsprechend umfangreiche Angebote zur Patientenberatung ins Leben gerufen. Neben einem gut ausgebauten Netzwerk von Patienteninformation, Patientenberatung, Zweitmeinungsmodell bis hin zu Gutachterwesen und Schlichtungsstellen gibt es die kostenfreie Patienten-Hotline der Bundeszahnärztekammer 0800 / 823 32 83 unter der Patienten die für sie zuständige Patientenberatungsstelle erfragen können. Gleichzeitig werden gemeinsam von Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Deutscher Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), der wissenschaftlichen Dachorganisation der Zahnmedizin, wissenschaftlich abgesicherte und patientenverständliche Patienteninformationen zur Verfügung gestellt. Auch im Zusammenhang mit Dentaltourismus und Auslandszahnersatz hat die BZÄK entsprechende Informationen für betroffene Patienten sowie die breite Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Dabei war es uns wichtig, das Für und Wider einer solchen Entscheidung darzustellen und so Hilfestellung für die Entscheidungsfindung zu geben. Vor dem Hintergrund der aktuellen IDZ-Studienergebnisse können wir feststellen, dass unsere bisherigen Aktivitäten in die richtige Richtung weisen. Aus Sicht der BZÄK ergibt sich die Aufgabe, auch zukünftig das enge Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt als ein hervorstehendes Merkmal der freien, eigenverantwortlichen Berufsausübung zu unterstützen und auch künftig medizinische Qualitätsgesichtspunkte im Zusammenhang mit Dentaltourismus und Auslandszahnersatz einer noch genaueren Beobachtung zu unterziehen. Pressekontakt: Jette Krämer, Tel.: 030/ 400 05 -150; [email protected] 4 von 4 IDZ_Info-0309 24.06.2009 13:34 Uhr Seite 1 Information 3· 09 INFORMATIONSDIENST DES INSTITUTS DER DEUTSCHEN ZAHNÄRZTE In Trägerschaft von: Bundeszahnärztekammer – Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e. V. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung – Körperschaft des öffentlichen Rechts 9. Juli 2009 Soeben ist in der IDZ-Materialienreihe der Band 32 mit dem Titel Dentaltourismus und Auslandszahnersatz Empirische Zahlungsbereitschaftsanalysen auf der Grundlage repräsentativer Stichproben im Jahr 2008 erschienen. Die aktuelle zahnmedizinische Versorgungssituation in Deutschland ist dadurch gekennzeichnet, dass zum einen häufiger Zahnersatz importiert wird, zum anderen die Patienten selbst zunehmend mobiler werden und sich im Ausland bei dort ansässigen Zahnärzten mit Zahnersatz versorgen lassen. In der vorliegenden empirischen Untersuchung werden die Ergebnisse einer bundesweiten repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung im Alter zwischen 30 und 75 Jahren über die Einstellungsmuster und Nachfragemotive im Hinblick auf eine Versorgung mit Auslandszahnersatz dokumentiert. In methodischer Hinsicht basiert die empirische Studie auf dem sog. Willingness-to-pay-Ansatz, einem aktuellen gesundheitsökonomischen Analyseinstrument, das hier erstmals auf den Bereich der zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland angewendet wird. Die Analyse der individuellen Zahlungsbereitschaften für Auslandszahnersatz zeichnet das weitgespannte Spektrum der subjektiven Präferenzen in der Bevölkerung nach und verdeutlicht, dass die Nachfrage nach ausländischem Zahnersatz multifaktoriell gesehen werden muss und nicht auf eine gleichsam mechanische Reaktion DXI 3UHLVVLJQDOH UHGX]LHUW ZHUGHQ NDQQ ,QVEHVRQGHUH GLH RIWPDOV HQJH Ä=DKQDU]tELQGXQJ³VRZLHÄVNHSWLVFKH4XDOLWlWVYHUPXWXQJHQ³HUZLHVHQVLFKLQGHU$QDO\VHDOV eigenständige Aspekte der Patientenentscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz. Die Untersuchung wird mit einer kurzen Dokumentation der Ergebnisse aus einer Zahnärztebefragung zum gleichen Thema abgerundet und spiegelt damit diese Gesamtproblematik zusätzlich aus Zahnärztesicht. Das Forschungsprojekt wurde in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Institut für Empirische Gesundheitsökonomie (IfEG)/Burscheid durchgeführt; die Autoren sind Dr. David Klingenberger/IDZ sowie Dr. Peter Kiencke, Dr. Juliane Köberlein, Dipl.-Stat. Ina Liedmann und Prof. Dr. Dr. Reinhard Rychlik/IfEG. Der IDZ-Band 32 ist beim Deutschen Zahnärzte Verlag DÄV unter ISBN 978-3-76913426-1 erschienen und kostet im Buchhandel 39,95 Euro. Redaktion: Dr. Wolfgang Micheelis Universitätsstraße 73, D-50931 Köln, Telefon: 02 21 - 40 01-0, Fax 0221 - 40 48 86 IDZ, Universitätsstr. 73, 50931www.idz-koeln.de, Köln, Telefon: 02 01-0, Fax: 02 21-40 48 86, E-Mail: [email protected], www.idz-koeln.de, ISSN 0931-9816 E-Mail: [email protected], ISSN21-40 0931-9816 IDZ- tudie „Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“ Zusammenfassung / Abstract 1. Im Rahmen des europäischen Binnenmarktes und der zunehmenden Globalisierung sind die grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. Die aktuelle Situation ist dadurch gekennzeichnet, dass zum einen mehr und mehr Zahnersatz aus dem Ausland nach Deutschland importiert wird, zum anderen die Patienten selbst zunehmend mobiler werden und sich im Ausland bei dort ansässigen Zahnärzten mit Zahnersatz versorgen lassen. 2. Das bestehende Preisgefälle zwischen In- und Ausland hat zur Herausbildung eines arktes für Auslandszahnersatz und zur Entstehung des Phänomens Dentaltourismus beigetragen. Hintergrund dieser Entwicklung ist das Bestreben von Patienten und Zahnärzten, das Preisgefälle zwischen In- und Ausland auszunutzen und auf diese Weise Kosten zu sparen. Im Falle des Dentaltourismus spricht man daher auch von einem „kostenorientierten Gesundheitstourismus“. 3. Die vorliegende Studie liefert erstmals verlässliche Zahlen über die Häufigkeit von Zahnersatzbehandlungen im Ausland sowie die Nutzung von importiertem Zahnersatz bei der Patientenversorgung im Inland: Nur ca. jeder hundertste Bundesbürger hat Erfahrung mit Dentaltourismus. Er ist damit nach wie vor eine Randerscheinung am Versorgungsmarkt. Bei etwa jedem zehnten Versorgungsfall in Deutschland kommt Auslandszahnersatz zur Anwendung. Die Tendenz war in den letzten Jahren steigend. 4. Die individuellen Präferenzen der Nachfrager nach Auslandszahnersatz sowie das jeweils angestrebte Kosteneinsparpotenzial wurden mit Hilfe eines fach-spezifischen Fragebogens ermittelt. Der Fragebogen umfasste 22 Einzelfragen. Der Feldeinsatz des Fragebogens (April/Mai 2008) stützte sich auf netto n = 1.368 Interviews mit Personen im Alter von 30–75 Jahren, die im Rahmen einer repräsentativen Mehrthemenumfrage befragt wurden. Die Auswahl der Teilnehmer wurde vorquotiert nach der regionalen Verteilung, der Wohnortgröße, dem Geschlecht sowie dem Alter vorgenommen. Bei der Quotierung wurden Daten der Amtlichen Statistik zugrunde gelegt. 5. In methodischer Hinsicht ist das vorliegende Projekt als gesundheitsökonomische „Willingness-to-pay“-Studie angelegt. Durch die Messung der Zahlungsbereitschaft eines potenziellen Kunden werden individuelle Präferenzen des Befragten deutlich, inwieweit er bereit ist, einen bestimmten Geldbetrag für die eigene Gesundheit auszugeben und damit zugleich den Konsum anderer Güter und Dienstleistungen entsprechend einzuschränken. Im Zentrum steht die gesundheitsökonomische Modellierung einer subjektiven KostenNutzen-Abwägung, die der Patient im Rahmen der Entscheidung für oder gegen eine Versorgung mit Auslandszahnersatz vornimmt. 6. Die Analyse basiert auf der sog. „ ontingenten Bewertungsmethode“. Die Befragten werden mit einem hypothetischen Markt konfrontiert, auf dem sie als potentielle Nachfrager vor verschiedene Entscheidungssituationen gestellt werden, die jeweils mit unterschiedlichen hypothetischen Selbstbeteiligungsbeträgen verbunden sind. Charakteristisch für die Kontingente Bewertungsmethode ist die Szenariotechnik. 7. Die Studie baut auf vier Versorgungsszenarien auf, die von den Befragten im Rahmen eines sog. „Bidding Game“ bewertet wurden. Zur Bewertung gestellt wurden ein „ ronenszenario“ drei Einzelkronen im eitenzahnbereich mit einem hypothetischen Eigenanteil des Patienten in he von 400 Euro sowie ein „ mplantatszenario“(ein Implantat im Frontzahnbereich mit einem hypothetischen Eigenanteil des Patienten in Höhe von 1.300 Euro). In beiden Szenarien wurde zudem zwischen den Versorgungsoptionen „Auslandszahnersatz“ Eingliederung von aus dem Ausland importiertem Zahnersatz und „Dentaltourismus“ Eingliederung des Zahnersatzes im Ausland) unterschieden. 8. Die Analyse der empirisch ermittelten individuellen Zahlungsbereitschaften für ausländischen Zahnersatz verdeutlicht, dass die Versorgungsalternativen Auslandszahnersatz bzw. Dentaltourismus in der Bevölkerung sehr unterschiedlich bewertet werden. Ein guter Indikator dafür ist die sehr breite Streuung der individuellen Zahlungsbereitschaften in allen vier Szenarien. 9. Der Anteil der Befragten, die sich in den Bidding-Games selbst bei völliger Zuzahlungsfreiheit für die inländische und somit gegen die ausländische Variante entschieden, lag in den einzelnen Szenarien rechnerisch zwischen 25 % und 65 %. Für einen großen Teil der Bevölkerung scheint die Entscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz folglich von grundsätzlicher Natur zu sein, wobei insbesondere skeptische Qualitätsvermutungen, Unsicherheiten bezüglich der Gewährleistung sowie die Vertrauensbeziehung zum eigenen Zahnarzt eine Entscheidung für die preiswertere ausländische Versorgungsvariante hemmen. 10. Im direkten Vergleich wurde die ption „Auslandszahnersatz“ gegenüber der Alternative „Dentaltourismus“ bevorzugt dies zeigte sich sowohl in den ermittelten Prävalenzen als auch in den durchschnittlichen Zahlungsbereitschaften. 11. Der Zusammenhang zwischen sozialer Zahnarztbindung und der Wechselbereitschaft zu einem günstigeren Zahnarzt war hochsignifikant und die Wechselbereitschaft erwies sich auch in der multivariaten Regressionsanalyse als wichtigste Determinante einer kausalen Erklärung der Varianz in der Zahlungsbereitschaft für ausländischen Zahnersatz. Im Rahmen einer vertrauensvollen und langjährigen Zahnarzt-Patienten-Beziehung wird die Entscheidung des Patienten für oder gegen Auslandszahnersatz durch seine persönlichen Präferenzen überformt. 12. Bei der Entscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz spielt die Qualität eine zentrale Rolle. 92,4 % der Befragten nannten Qualitätsaspekte als bestimmendes Entscheidungskriterium. 31,1 % nannten die Preisgünstigkeit des Zahnersatzes als entscheidenden Faktor. 13. Die Bedeutung der klinischen Qualität des Zahnersatzes wird auch von den deutschen Zahnärzten sehr betont. Dies ergab eine begleitende Onlinebefragung von 300 Zahnärzten. 29 % der Zahnärzte gaben als primären Ablehnungsgrund gegen Auslandszahnersatz an, dass sie von einer schlechten, fragwürdigen oder unbekannten Qualität des Auslandszahnersatzes ausgehen. Lediglich 10 % der befragten Zahnärzte nahmen explizit eine gute Qualität des ausländischen Zahnersatzes an. 14. Alles in allem verdeutlicht die Analyse, dass die Entscheidung für oder gegen ausländischen Zahnersatz an verschiedene Beeinflussungsfaktoren gebunden ist. Der „Preis“ ist dabei letztlich nur ein Kriterium. Beispielsweise sind die „Zahnarztbindung“ oder „skeptische ualitätsvermutungen“ eigenständige Aspekte der Patientenentscheidung. 15. Bei der Verwendung von Auslandszahnersatz handelt es sich um ein kleines, aber dynamisch wachsendes Marktsegment. Der Anteil der Personen, die mit ausländischem Zahnersatz versorgt sind, wird in den nächsten Jahren mutmaßlich anwachsen. Allerdings sind dem Wachstum auch Grenzen gesetzt. Die Mehrzahl der Versicherten hat eine enge Zahnarztbindung, misst dem Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient große Bedeutung bei und setzt bei der Versorgung primär auf den Faktor Qualität.