Pressemappe zum Thema

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Pressemappe zum Thema
Gemeinsame Pressekonferenz
am 09.07.2009 um 11.00 Uhr
im Haus der Bundespressekonferenz, Berlin
Vorstellung der IDZ-Studie
„Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“
Als Gesprächspartner stehen Ihnen zur Verfügung:
Dr. Jürgen Fedderwitz
Vorsitzender des Vorstandes der
Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung
Dr. Dietmar Oesterreich
Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer
Dr. David Klingenberger
Institut der Deutschen Zahnärzte
Für Rückfragen:
Dr. Reiner Kern
Abt.Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung
Behrenstraße 42, 10117 Berlin
Tel.: 030 – 28 01 79 27
Fax: 030 – 28 01 79 21
Mobil: 0173 – 260 31 67
E-Mail: [email protected]
Jette Krämer
Abt.Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Bundeszahnärztekammer
Chausseestraße 13, 10115 Berlin
Tel.:
030 – 40 00 51 50
Fax:
030 – 40 00 51 59
Mobil: 0176 – 522 228 58
E-Mail: [email protected]
Neue Studie belegt: Import von Zahnersatz nimmt zu
Dentaltourismus bleibt Randerscheinung
Berlin, 09. Juli 2009 - Zahnärzte und Patienten nutzen mit wachsender Tendenz
importierten Zahnersatz. Nach wie vor fahren aber nur wenige Versicherte für eine
Zahnersatzversorgung selbst ins Ausland. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer
(BZÄK) heute im Rahmen einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit
vorgestellt haben. Für die Untersuchung, die vom Institut der Deutschen Zahnärzte
(IDZ) in Köln in Zusammenarbeit mit dem Institut für empirische
Gesundheitsökonomie durchgeführt wurde, waren insgesamt 1368 Versicherte und
300 Zahnärzte befragt worden. Damit liegen erstmals verlässliche Zahlen zur
Internationalisierung des Versorgungsmarktes für Zahnersatz vor.
Von den befragten Personen gaben 2,3 Prozent an, bereits im Ausland gefertigten
Zahnersatz zu tragen. Unter den Zahnärzten gaben 12,3 Prozent an, „häufig“
Auslandszahnersatz einzugliedern. 15,3 Prozent tun dies „gelegentlich“, 23,4 Prozent
„eher selten“ und 49 Prozent „gar nicht“. Über alle Zahnärzte gerechnet beträgt der
Anteil des Auslandszahnersatzes an den Prothetikfällen im Durchschnitt ca. 10
Prozent.
Bei der KZBV sieht man für diese Entwicklung klare Gründe. Dazu der Vorsitzende
des Vorstandes, Dr. Jürgen Fedderwitz: “Wir haben beim Import von Zahnersatz
einen in letzter Zeit dynamisch gewachsenen, aber noch immer begrenzten Markt.
Nach
der
Einführung
befundbezogener
Festzuschüsse
für
gesetzlich
Krankenversicherte in 2005 ist der Patient kostenbewusster und der Wettbewerb im
Prothetikmarkt intensiver geworden. Das war politisch gewollt. Weil die Zahntechnik
meist den Löwenanteil an der Zahnersatzrechnung ausmacht, nutzt man nun
verstärkt günstige ausländische Anbieter. Für die meisten Patienten bleibt aber nicht
die reine Kostenerwägung, sondern vielmehr das Vertrauensverhältnis zu ihrem
Zahnarzt der bestimmende Faktor bei der Entscheidung für eine bestimmte
prothetische Versorgung.“
Für die BZÄK offenbart die Studie, dass die Entscheidungsprozesse nicht auf eine
simple Kosten-Betrachtung zu reduzieren sind, da eine Vielzahl von
Beeinflussungsfaktoren und Motiven von Patienten als auch von Zahnärzten
einbezogen werden. „Das hohe Vertrauen zum eigenen Zahnarzt und die skeptische
Qualitätsvermutung waren neben dem Preisargument bestimmende Faktoren der
Patienten für oder gegen ausländischen Zahnersatz“, so Dr. Dietmar Oesterreich,
Vizepräsident der BZÄK. „Das ambivalente Verhältnis der Zahnärzte zum
Auslandszahnersatz verdeutlicht, dass der Berufsstand trotz zunehmenden
Wettbewerbs und Kostendrucks seine Verantwortung für die Sicherheit der Patienten
sehr ernst nimmt“, stellt Oesterreich fest. Dies verdeutlicht auch das gut ausgebaute
Netzwerk von Patienteninformation, Patientenberatung, Zweitmeinungsmodellen bis
hin zu Gutachterwesen und Schlichtungsstellen von Landeszahnärztekammern und
Kassenzahnärztlichen Vereinigungen.
Anders als der Import von Zahnersatz nimmt der Dentaltourismus, keine dynamische
Entwicklung. Nur etwa einer von hundert befragten Versicherten ist bislang für eine
prothetische Versorgung selbst ins Ausland gefahren. Die Studie kommt zu dem
Ergebnis, dass eine hohe Zahnarztbindung und die Einschätzung der medizinischtechnischen Qualität der Versorgung im Ausland hier als begrenzende Faktoren
wirken.
Für Rückfragen:
Dr. Reiner Kern
Tel. 030-280179-27; Mail: [email protected]
Jette Krämer
Tel. 030-40005-150; Mail: [email protected]
Gemeinsame Pressekonferenz von
Bundeszahnärztekammer,
Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und
Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ)
09. Juli 2009, Berlin
Vorstellung der IDZ-Studie
„Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“
Statement
Dr. David Klingenberger
Wiss. Referent für Gesundheitsökonomie,
Projektleiter, Institut der Deutschen Zahnärzte
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit einigen Jahren wird auf politischer Ebene wie auch in der Öffentlichkeit verstärkt
über das Thema der sog. „grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen“ debattiert. Nun hat die Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs, wie sie
im Rahmen der Europäischen Union angestrebt wird, mittlerweile auch den zahnmedizinischen Versorgungsbereich erreicht. Zum einen wird in zunehmendem Umfang
Zahnersatz nach Deutschland importiert – dies primär aus dem asiatischen Raum -,
zum anderen reisen die Patienten vermehrt ins Ausland (oftmals in die osteuropäischen Nachbarländer), um sich als sog. Dentaltouristen bei dort ansässigen Zahnärzten mit Zahnersatz zu versorgen zu lassen.
Auslöser für diese Entwicklungen sind die zum Teil deutlich geringeren Herstellungskosten für Zahnersatz auf dem internationalen Dentalmarkt, die wiederum auf vergleichsweise niedrigere Löhne, günstigere Raummieten und geringere Laborkosten
im Ausland zurückgeführt werden können.
Trotz der regen Öffentlichkeitsdiskussion gab es für Deutschland bislang so gut wie
keine belastbaren empirischen Daten zum Themenkreis Dentaltourismus und Auslandszahnersatz. Ich freue mich, Ihnen heute eine empirische Studie des Institutes
der Deutschen Zahnärzte vorstellen zu dürfen, die ein solides Wissensfundament für
die weitere öffentliche gesundheitspolitische Diskussion bietet. Mit der Studie haben
wir ein inhaltliches und ein methodisches Ziel verfolgt:
1. Inhaltlich kam es uns darauf an, Ausmaß und Perspektiven des Dentaltourismus
und Auslandszahnersatzes näher zu beleuchten und die Rahmenbedingungen
der bisherigen und künftigen Marktentwicklung herauszuarbeiten.
2. In methodischer Hinsicht wollten und haben wir ebenfalls Neuland betreten. Hier
kam es uns darauf an, mit gesundheitsökonomischen Analysemethoden eine
subjektive Kosten-Nutzen-Abwägung nachzuzeichnen, die der Patient im Rahmen der Entscheidung für oder gegen eine Versorgung mit Auslandszahnersatz
vornimmt.
Das IDZ-Projekt erfolgte in Kooperation mit dem Institut für Empirische Gesundheitsökonomie, das über viel Erfahrung mit dem verwendeten Analyseinstrumentarium
verfügt. Die Feldarbeit teilten sich zwei Markt- und Meinungsforschungsinstitute. Die
2
Bevölkerungsumfrage wurde von dem Institut für Demoskopie / Allensbach durchgeführt, die nachfolgende Zahnärzteumfrage organisierte TNS Healthcare / München.
Sehr viel lag uns daran, ein repräsentatives Bild der aktuellen Marktlage zu zeichnen,
weshalb wir in beiden Umfragen, der Bevölkerungsumfrage wie der Zahnärzteumfrage eine Quotierung der Stichprobe nach den Vorgaben der Amtlichen Statistik, konkret anhand des Mikrozensus 2006 vorgenommen haben.
In methodischer Hinsicht ist das IDZ-Projekt als sog. „Willingness-to-pay-Analyse“
konzipiert, auf deutsch auch Zahlungsbereitschaftsanalyse genannt. Hierbei handelt
es sich um ein Analyseinstrument zur Abfrage des patientenseitigen Nutzen in Geldeinheiten, das im zahnmedizinischen Bereich international seit etwa zehn Jahren
Verwendung findet, in Deutschland bislang jedoch noch nicht eingesetzt wurde.
Was haben wir konkret gemacht? Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, die Zahlungsbereitschaften von Nachfragern auf Märkten zu erfassen. Eine der häufigsten
Methoden ist die Abfrage in Form eines sog. „Bidding Games“, d.h. eines Auktionsverfahrens, bei dem die Probanden gefragt werden, welchen Geldbetrag sie für ein
bestimmtes Gut zu zahlen bereit sind. Dabei wird üblicherweise iterativ vorgegangen,
d.h. die Probanden werden in mehreren Schritten gefragt, ob ihre Zahlungsbereitschaft über oder unter einem bestimmten vorgegebenen Betrag liegt. Um möglichst
reale Kaufentscheidungen zu stimulieren, sollte der „hypothetische Markt“ realitätsnah gestaltet sein.
Im IDZ-Projekt sind wir so vorgegangen, dass wir den Befragten jeweils zwei Varianten eines Szenarios vorgestellt haben, bei dem sie anhand einer konkreten Versorgungssituation zu entscheiden hatten, ab welchem Einsparbetrag sie die Auslandsvariante gegenüber der Inlandsvariante vorziehen würden. Wir haben dies jeweils für
die Versorgungsvariante des importierten Auslandszahnersatzes und für die Variante
Dentaltourismus zur Entscheidung gestellt. Ein Szenario bezog sich auf die Versorgung mit drei Einzelkronen, eine übliche und in Deutschland im Rahmen der Regelversorgung abrechenbare zahnprothetische Maßnahme. Ein zweites Szenario stellte
auf eine Implantatversorgung im Frontzahnbereich ab, eine ebenfalls häufig vorkommende Versorgung, die als sog. andersartige Versorgung mittlerweile ebenfalls
von den Gesetzlichen Krankenkassen bezuschusst wird.
3
Die Ergebnisse unserer Untersuchung waren insofern überraschend, als die Verbreitung von Auslandszahnersatz in der deutschen Bevölkerung doch deutlich geringer
war, als man bei der breiten öffentlichen Diskussion dieser Versorgungsvariante hätte vermuten können. Lediglich 2,3 Prozent der Befragten erklärten, bereits importierten Auslandszahnersatz im Mund zu tragen. Eine Zahnersatzversorgung im Ausland
als Dentaltourist hatten gar nur 1,2 Prozent der Befragten in Anspruch genommen –
im Grunde genommen sind diese Optionen also gegenwärtig immer noch eine Randerscheinung auf dem Dentalmarkt.
Deren Marktpotential ist jedoch deutlich höher einzuschätzen, insofern jeder siebte
Befragte im Alter zwischen 30 und 75 Jahren grundsätzlich zumindest schon in Erwägung gezogen hat, sich ausländischen Zahnersatz eingliedern zu lassen. Dass
dieses Marktpotential noch nicht realisiert werden konnte, liegt an einer Reihe von
Entscheidungshemmnissen, die bei der Nachfrage nach ausländischem Zahnersatz
wirksam sind. Wichtige Aspekte, die auf die Nachfrageentscheidung des Patienten
Einfluss nehmen, sind insbesondere die Qualitätsvermutung des Patienten (wie
schätzt der Patient die Qualität des ausländischen Zahnersatzes ein?) und sehr stark
auch die oftmals über viele Jahre gewachsene soziale Zahnarztbindung, die aus
Sicht des Patienten einen Wechsel des Behandlers unter Umständen ausschließt.
Hinzu kommt im Falle des Dentaltourismus ein erheblicher Zeitaufwand, der bei der
Entscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz ebenfalls zu berücksichtigen ist.
Auch wenn das Preisgefälle überhaupt erst das Interesse an Auslandszahnersatz
stimuliert, so ist der Preis letztlich also doch nur ein Kriterium der Nachfrageentscheidung unter mehreren. So wurden Qualitätsaspekte von den Befragten mit 92,4
Prozent wesentlich häufiger genannt als die Preisgünstigkeit des Zahnersatzes, die
lediglich für jeden Dritten als bestimmendes Kriterium ins Kalkül eingeht.
Sehr instruktiv waren hier die Ergebnisse aus den „Bidding Games“. Die individuellen
Zahlungsbereitschaften streuten in allen Varianten der beiden Szenarien sehr stark.
Der Durchschnittspreis, ab dem sich die Befragten anstelle der inländischen Variante
für den ausländischen Zahnersatz entschieden, lag bei der Versorgungsoption „Auslandszahnersatz“ um 30 bis 35 Prozent, beim „Dentaltourismus“ um 40 bis 50 Prozent unter dem kalkulierten Inlandspreis. Um eine Nachfrageentscheidung zugunsten
des ausländischen Zahnersatzes zu stimulieren, bedarf es also schon einer deutlich
spürbaren Preisdifferenz gegenüber dem Inlandspreis.
4
Abschließend noch ein paar Worte zur Zahnärztebefragung: Hier zeigte sich, dass
die Zahnärzteschaft die Versorgungsoption „Auslandszahnersatz“ durchaus differenziert mit allen Vor- und Nachteilen sieht. Knapp die Hälfte der befragten Zahnärzte
nutzen demnach bislang generell keinen ausländischen Zahnersatz. Immerhin jeder
achte Zahnarzt gliedert hingegen häufig ausländischen Zahnersatz ein. Im Schnitt
griffen die befragten Zahnärzte im Jahr 2008 bei jedem zehnten Prothetikfall teilweise
oder vollständig auf ausländische Erzeugnisse zurück. Von den Zahnärzten, die
grundsätzlich Auslandszahnersatz verwenden, gaben knapp 57 Prozent an, im Jahr
2008 häufiger Auslandszahnersatz eingegliedert zu haben als im Jahr 2004. Es handelt sich insofern um einen begrenzten, aber dynamischen wachsenden Markt, dessen weitere Perspektiven allerdings auch von den Möglichkeiten der CAD/CAMFertigung von Zahnersatz in Deutschland selbst abhängen.
Ich fasse zusammen:
 Unsicherheiten der Patienten bezüglich Qualität und Gewährleistung erscheinen
als klare Entscheidungshemmnisse für die Versorgungsalternative „Auslandszahnersatz“.
 Die soziale Zahnarztbindung erweist sich offenkundig als ein zusätzliches starkes
Entscheidungshemmnis für die Versorgungsalternative „Dentaltourismus“.
 „Auslandszahnersatz“ wird dem „Dentaltourismus“ in der Regel vorgezogen.
 Die befragten Zahnärzte bewerten Auslandszahnersatz differenziert mit allen
Vor- und Nachteilen.
 Die Pluralität der Versorgungsoptionen ist letztlich ein Abbild der Motivvielfalt der
Patienten und wird daher auch in Zukunft erhalten bleiben!
5
08.07.2009
Dentaltourismus
und Auslandszahnersatz
Empirische Zahlungsbereitschaftsanalysen
auf der Grundlage repräsentativer Stichproben
im Jahre 2008
Dr. rer. pol. David Klingenberger
Tagungszentrum im Haus der Bundespressekonferenz, Berlin
9. Juli 2009
Forschungsziele des IDZ-Projektes
9 Ausmaß und Perspektiven von Dentaltourismus und
Auslandszahnersatz näher beleuchten sowie fördernde
bzw. hemmende Faktoren der Marktentwicklung
herausarbeiten.
9 Gesundheitsökonomische Modellierung einer
subjektiven
j
Kosten-Nutzen-Abwägung,
g g die der
Patient im Rahmen der Entscheidung für oder gegen
eine Versorgung mit Auslandszahnersatz vornimmt.
© IDZ, 2009
1
08.07.2009
Projektbeteiligte
Projektleitung:
j
g
Dr. David Klingenberger, Institut der Deutschen Zahnärzte, Köln (IDZ)
Projektkooperation mit dem Institut für Empirische Gesundheitsökonomie (IfEG), Burscheid, Prof. Dr. Dr. Reinhard Rychlik und
Mitarbeiter
Feldarbeit:
Bevölkerungsumfrage
B
ölk
f
(April/Mai
(A il/M i 2008):
2008) Institut
I tit t für
fü Demoskopie,
D
k i
Allensbach
Zahnärzteumfrage (August/September 2008): TNS Healthcare,
München
© IDZ, 2009
Repräsentative Stichproben
Bevölkerungsumfrage:
Quotierte Stichprobe (n = 1.368)
Abgleich mit den Daten der Amtlichen Statistik (Mikrozensus 2006)
Quotierung nach Alter, Geschlecht, Region und Wohnortgröße
Face-to-Face-Interviews (Paper & Pencil)
Zahnärzteumfrage:
Quotierte Stichprobe (n = 300)
Abgleich mit den Daten des Bundeszahnarztregisters
Quotierung nach Alter, Geschlecht und Region
Online-Befragung
© IDZ, 2009
2
08.07.2009
Innovative Methodik: „Willingness-to-pay“
9 In methodischer Hinsicht ist das IDZ-Projekt
j
als g
gesundheitsökonomische „Willingness-to-pay“-Studie (WTP,
auf deutsch: Zahlungsbereitschaftsanalyse) angelegt.
9 WTP = Instrument zur Erfassung des patientenseitigen Nutzens in monetären Einheiten
9 Abfrage
f
der Zahlungsbereitschaft
f in Form eines
mehrstufigen Auktionsverfahrens („Bidding Game“)
© IDZ, 2009
Szenario 1 - Kronenversorgung
9
Zahnersatz in Form von drei Einzelkronen im Seitenzahnbereich
9
Kosten des in Deutschland hergestellten Zahnersatzes: ca. 800 Euro
9
Festzuschuss der Krankenkasse: ca. 400 Euro
9
Eigenanteil des Patienten bei inländischem Zahnersatz: ca. 400 Euro
9
Startbetrag der Bidding-Games: 160 Euro
© IDZ, 2009
3
08.07.2009
Szenario 2 - Implantatversorgung
9
Zahnersatz in Form eines Implantates im Frontzahnbereich
9
Kosten des in Deutschland hergestellten Zahnersatzes: ca. 1.800 Euro
9
Festzuschuss der Krankenkasse: ca. 500 Euro
9
Eigenanteil des Patienten bei inländischem Zahnersatz: ca. 1.300 Euro
9
Startbetrag der Bidding-Games: 520 Euro
© IDZ, 2009
Ergebnisse (I)
Prävalenzen
Die Eingliederung von Auslandszahnersatz oder die Option
Dentaltourismus hatten jeweils 14 % der Befragten bereits
in Erwägung gezogen.
Ausländischen Zahnersatz hatten in der Vergangenheit
bereits in Anspruch genommen:
23%d
2,3
der Befragten
B f
t
Als sog. ‚Dentaltouristen‘ waren in der Vergangenheit bereits
ins Ausland gereist:
1,2 % der Befragten
© IDZ, 2009
4
08.07.2009
Einflussfaktoren auf die Nachfrage
© IDZ, 2009
Ergebnisse (II)
Verhältnis der offenbarten Zahlungsbereitschaften zum Inlandspreis
Bidding-Game
Zahlungsbereitschaft
Festzuschuss
„Preis"
Kalkulierter Inlandspreis
Verhältnis zum Inlandspreis
Kronen im Ausland Kronen im Ausland
herstellen lassen
eingliedern lassen
Implantat im Ausland Implantat im Ausland
herstellen lassen
eingliedern lassen
Auslandszahnersatz
Dentaltourismus
Auslandszahnersatz
Dentaltourismus
157,48 Euro
77,13 Euro
684,53 Euro
405,06 Euro
400 Euro
400 Euro
500 Euro
500 Euro
557,48 Euro
477,13 Euro
1.184,53 Euro
905,06 Euro
800 Euro
800 Euro
1.800 Euro
1.800 Euro
69,7 %
59,6 %
65,8 %
50,3 %
© IDZ, 2009
5
08.07.2009
Zahnärztebefragung
Online-Befragung
g g zum Thema „Auslandszahnersatz“
unter n = 300 Allgemeinzahnärzten in eigener Praxis
(August / September 2008)
Ziele:
• Abgleich mit Prävalenz aus der Bevölkerungsumfrage
• Entwicklungsdynamik im Zeitraum 2004 - 2008
• Meinungsbild deutscher Zahnärzte
© IDZ, 2009
Verwendung von Auslandszahnersatz unter
deutschen Zahnärzten
Häufig
12,3%
Gar nicht
49,0%
Gelegentlich
15,3%
Eher selten
,
23,4%
Im Jahr 2008 griffen deutsche Zahnärzte im Schnitt bei
jedem zehnten Prothetikfall auf Auslandszahnersatz zurück!
© IDZ, 2009
6
08.07.2009
Marktentwicklung im Zeitraum 2004 - 2008
24,2%
In 2008 weniger Auslandszahnersatz
eingegliedert
In 2008 gleich viel
Auslandszahnersatz eingegliedert
56,9%
18 9%
18,9%
In 2008 mehr Auslandszahnersatz
eingegliedert
© IDZ, 2009
Fazit
9
9
9
9
9
Unsicherheiten der Patienten bezüglich
g
Qualität und Gewährleistung
g
als klare Entscheidungshemmnisse für die Versorgungsalternative
„Auslandszahnersatz“.
Soziale Zahnarztbindung als wirksames Entscheidungshemmnis für
die Versorgungsalternative „Dentaltourismus“.
„Auslandszahnersatz“ wird „Dentaltourismus“ in der Regel
vorgezogen.
g
g
Zahnärzteschaft bewertet Auslandszahnersatz differenziert mit allen
Vor- und Nachteilen.
Pluralität der Versorgungsoptionen bleibt erhalten!
© IDZ, 2009
7
Spanien
2,0%
Ungarn
2,0%
Thailand
1,3% Sonstige
5,4%
Singapur
3,4%
Tschechien
4,1%
Hongkong (China)
6,1%
China
53,4%
Philippinen
8,1%
Türkei
14,2%
© IDZ, 2009
Herkunftsländer von ausländischem Zahnersatz
Gemeinsame Pressekonferenz von
Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung,
Bundeszahnärztekammer und
Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ)
09. Juli 2009 in Berlin
Vorstellung der IDZ-Studie
„Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“
Statement
Dr. Jürgen Fedderwitz
Vorsitzender des Vorstandes der
Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Wind des Wettbewerbs bläst am Versorgungsmarkt für Zahnersatz heute
schärfer als vor einigen Jahren. Einerseits ist das Ausdruck einer allgemeinen
Entwicklung,
nämlich
der
Internationalisierung
von
Gesundheitsmärkten.
Andererseits hat das seine Ursache aber auch in einer Systemumstellung innerhalb
der gesetzlichen Krankenversicherung: Bis Ende 2004 haben GKV-Versicherte von
der Krankenkassen eine prozentualen Zuschuss zu den Gesamtkosten ihrer
Zahnersatzbehandlung bekommen, hatten aber auf bestimmten innovative Therapien
wie Implantatversorgungen keinen Anspruch. Seit 2005 erhält der Patient einen
Festzuschuss, der sich am Befund, also am konkreten zahnmedizinischen Problem
orientiert, und den er auch für moderne Therapieformen einsetzen kann.
Festbetragsmodelle unterscheiden sich in ihrer Steuerungswirkung deutlich von
prozentualen Zuschussmodellen. Der Versicherte muss die Kosten, die über den
Festbetrag hinaus gehen, komplett selbst tragen. Andererseits kommt ihm jede
Kostenreduzierung in voller Höhe zugute. Unter diesen Bedingungen hat er ein
vergleichsweise stärkeres Interesse an niedrigen Preisen. Diese Wirkung war und ist
auch bei den Festzuschüssen für Zahnersatz zu beobachten. Die Preissensitivität
der Versicherten hat seit der Einführung zugenommen. Der Markt hat auf die
Umstellung des Zuschusssystems mit einem erweiterten Spektrum an prothetischen
Versorgungsangeboten reagiert. Am einen Ende dieses Spektrums steht noch immer
das
seriöse,
kostenbewusst
kalkulierte
Versorgungsangebot
zahnärztlicher
Einzelpraxen. Am anderen Ende steht ein offensives, manchmal aggressives
Marketing verschiedener Akteure. Heute treten zunehmend auch Unternehmen der
Zahntechnik mit Angeboten für günstigen Zahnersatz direkt an die Patienten heran.
Offen gestanden ist das für die Zahnärzte nicht unbedingt einfach, denn sie müssen
im Endeffekt entscheiden, mit welchem Zahntechnikanbieter sie eine Geschäftsbeziehung eingehen und zusammenarbeiten wollen. Schließlich trägt der Zahnarzt
gegenüber dem Patienten allein die Gesamtverantwortung für die Qualität der
prothetischen Versorgungskette und das Endergebnis.
Im Wettbewerb differenziert sich das Angebot in verschiedene Marktsegmente. Das
war politisch gewollt oder wurde zumindest billigend in Kauf genommen, als der
2
Gesetzgeber die Festzuschüsse für Zahnersatz eingeführt hat. Unter Slogans wie
„Zahnersatz zum Nulltarif“ hat sich der Seitenstrang einer Art Discount- bzw.
Basarmedizin entwickelt. Viele, wenn auch nicht alle Angebote für kostengünstige
Zahnersatzversorgungen machen sich die Internationalisierung der Gesundheitsmärkte zunutze. Der größte Kostenfaktor bei einer Zahnersatzversorgung ist in der
Regel die arbeitsintensive Zahntechnik. Material- und Laborkosten machen meist 60
bis 70 Prozent der Gesamtkosten aus. Deshalb wird hier auf die Fertigung
prothetischer Werkstücke durch ausländische Anbieter aus Niedriglohnländern,
insbesondere aus dem asiatischen Raum, zurückgegriffen. Die Studie, die wir Ihnen
heute
vorstellen,
geht
davon
aus,
dass
gut
53
Prozent
des
gesamten
Auslandszahnersatzes auch China kommen.
An diese Entwicklung schließt sich fast unweigerlich die Frage nach der Qualität von
ausländischem Zahnersatz an. Ist er für die Patienten gut und sicher? Generell
gehen wir davon aus, dass Auslandszahnersatz eher geeignet ist für einfache
Standardversorgungen. Je komplexer die prothetische Situation des Patienten und je
höher die ästhetischen Ansprüche, desto unerlässlicher wird eine wohnortnahe
Versorgungskette. Wir beobachten den Versorgungsmarkt sorgfältig. Indizien für eine
gesundheitliche Bedenklichkeit von Auslandszahnersatz liegen uns bisher nicht vor.
Spezielle klinische Untersuchungen über die Qualität des gelieferten Zahnersatzes
gibt es aber bisher auch nicht. Wir wollten uns mit der Untersuchung des IDZ
zunächst einmal einen quantitativen Überblick über den Import von Zahnersatz
verschaffen, und einen Einblick gewinnen, wie die Motivationslage von Patient und
Zahnarzt dabei ist. In einem nächsten Schritt wäre zu entscheiden, inwieweit eine
Überprüfung der verwendeten Materialien und der Fertigungsgenauigkeit durch
unabhängige Instanzen angezeigt ist.
Bei Auslandszahnersatz geht es um Produktmobilität. Wir haben gesehen: Sie hat
zugenommen. Bei Zahntourismus geht es um die Mobilität des Patienten. Und hier
haben wir gesehen: Sie steht auf niedrigem Niveau, obwohl das enorme
Medieninteresse und die allerorten sichtbaren Marketingbemühungen der Anbieter
im Ausland etwas anderes hätten vermuten lassen. Und das ist aus zahnärztlicher
Sicht gut so. Viele Zahnersatzversorgungen sind komplex, brauchen eine Vorund/oder Nachbehandlung. Sie sind kein Quickfix, den man zwischen Balaton und
Budapest im Kurzurlaub erledigen sollte. Die juristischen und finanziellen Nachteile
3
einer Behandlung im Ausland können erheblich sein, wenn nach der Rückkehr der
Gewährleistungsfall eintritt oder medizinische Komplikationen auftreten. Wenn
Patienten sich dennoch dafür entscheiden, sollten sie – daran sei nur am Rande
erinnert – vor Beginn der Therapie einen Heil- und Kostenplan des behandelnden
Zahnarztes bei ihrer Krankenkasse einreichen und abzeichnen lassen. Sonst
verlieren sie ihren Zuschuss. Das hat das Bundessozialgericht in einer einschlägigen
Entscheidung erst vergangene Woche bestätigt.
Wo der Markt für Zahnersatzbehandlungen sich ausdifferenziert und der Patient als
„Konsument“ medizinischer Dienstleistungen mehr Wahlmöglichkeiten hat, braucht er
auch mehr verlässliche Information, mehr Orientierung, mehr Entscheidungshilfe. Die
Patientenberatung
gewinnt
damit
einen
neuen
Stellenwert.
Eine
reine
Kostenbetrachtung reicht für den Patienten natürlich nicht aus. Die Motive für die
Entscheidung von Patient und Zahnarzt zugunsten einer bestimmten Therapie sind
weiter gefächert. Sie liegen im Spannungsfeld von Qualität und Vertrauen, Preis und
Verantwortung, Risiko und Kompetenz.
Das war schon bei der Einführung des Festzuschusssystems klar. Aus diesem Grund
hat die KZBV gemeinsam mit den Kassenzahnärztlichen Vereinigungen der Länder
(KZVen) ein Zweitmeinungsmodell aufgesetzt. Es bietet Versicherten im Vorfeld
einer Zahnersatztherapie eine fachlich fundierte, neutrale Beratung, die nicht nur die
Kosten, sondern auch die Qualität und den Erfolg einer Therapie im Blick hat.
Mittlerweile sind Zweitmeinungsinstanzen in fast allen KZVen auf den Weg gebracht
worden. Krankenkassen verweisen ihre Versicherten zunehmend auf diese
Instanzen. Auch Zahnärzte greifen darauf zurück, um verunsicherten Patienten
zusätzlich zum gemeinsamen Entscheidungsfindungsprozess in der Praxis externe
Beratung anbieten zu können. Die Versicherten selbst nehmen das Beratungsangebot an und bewerten es in der Regel sehr positiv – als vertrauensbildende
Maßnahme.
4
Gemeinsame Pressekonferenz von
Bundeszahnärztekammer,
Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung und
Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ)
09. Juli 2009 in Berlin
Vorstellung der IDZ-Studie
„Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“
Statement
Dr. Dietmar Oesterreich
Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer
Es gilt das gesprochene Wort
Anrede,
unzweifelhaft ist in den letzten Jahren auch die zahnmedizinische Versorgung in
Deutschland auf Grund der Internationalisierung der Gesundheitsmärkte von
Veränderungen betroffen. Der „Medizintourismus“ ist als neuer Geschäftszweig
entdeckt. Die vorgelegte Studie des IDZ verdeutlicht den Willen des Berufsstandes
Problembewusstsein für diese Entwicklungen auf wissenschaftlicher Basis zu
schaffen. Gleichzeitig stellt die vorgelegte Studie nicht nur einen wichtigen Beitrag
aus Sicht der Gesundheitsökonomie dar, sondern liefert auch wichtige Erkenntnisse
aus Sicht der Versorgungsforschung. Geht es doch darum, deutlich werden zu
lassen, welche Beeinflussungsfaktoren und Motive aus Sicht der Patienten als auch
aus Sicht der Zahnärzte zum Thema Dentaltourismus und Auslandszahnersatz
vorliegen.
Der durch mediale Berichte stark aufgebauschte Trend zum Gesundheitstourismus
bestätigt sich für die zahnmedizinische Versorgung nicht. Eine Zunahme der
Eingliederung von ausländischem Zahnersatz ist jedoch deutlich festzustellen. Dies
sind kurz gefasst die Kernergebnisse der IDZ-Studie, was die ermittelten
„Häufigkeiten“ betrifft.
Neben der Häufigkeit wurde aber auch deutlich, dass eine simple Kosten-NutzenBetrachtung in dieser Thematik zu kurz greift. Motive bzw. Gegenmotive für oder
gegen den Patienten zur Entscheidung für den Dentaltourismus oder ausländischen
Zahnersatz waren neben dem Preisargument vor allen Dingen die hohe Bedeutung
der emotionalen Zahnarztbindung und eine skeptische Qualitätsvermutung. Die
bereits mit der IV. Deutschen Mundgesundheitsstudie gewonnenen sozialepidemiologischen Daten weisen im Zusammenhang mit dem Zahnarzt-PatientenVerhältnis darauf hin, dass deutlich über 70 Prozent
regelmäßig
den
Zahnarzt
aufsuchen.
Zugleich
der Gesamtbevölkerung
wird
deutlich,
dass
die
Zahnarztbindung außerordentlich stark ausgeprägt ist. Durchschnittlich 90 Prozent
der Patienten, gehen immer zu demselben Zahnarzt.
Die jetzt vorliegende Studie verdeutlicht beeindruckend, welche große Rolle offenbar
das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Zahnarzt und Patient besitzt. Somit wird
nicht nur die in zahlreichen Umfragen bestätigte hohe Zufriedenheit mit der
zahnärztlichen Versorgung in Deutschland deutlich, sondern es offenbart sich, dass
2 von 4
die Entscheidung des Patienten längst nicht allein über den Preis der Versorgung
getroffen wird auch, wenn hier eine Sozialschichtabhängigkeit besteht.
Gleichzeitig spielen auch skeptische Qualitätsvermutungen eine wesentliche Rolle.
Dies ist aus Sicht der Patienten als auch für den Zahnarzt selbst. Beleg für, das
ambivalente
Verhältnis
der
Zahnärzte
zum
Auslandszahnersatz.
Aus
berufsrechtlicher Sicht ist für uns dies ebenso ein wichtiges Ergebnis, denn der
Zahnarzt selbst ist gegenüber seinem Patienten ausschließlich in der Verantwortung
und nimmt diese trotz des zunehmenden Wettbewerbs und von politischer Seite
forcierten Kostendrucks wahr. Mit Recht erwartet dies der Patient. Die mit
zahlreichen
Qualitätssicherungsmaßnahmen
ausgebaute
zahnmedizinische
Versorgung in Deutschland schafft somit in der Bevölkerung eine organisierte
Vertrauenskultur.
Ein
unkritisches
Bewerben
und
Propagieren
von
Auslandszahnersatz, beispielsweise durch verschiedene Krankenkassen, greift somit
in die Vertrauensbeziehung zwischen Zahnarzt und Patient ein. Und nicht immer geht
die Rechnung auf. Der günstige Preis der Behandlung im Ausland steht auf der einen
Seite. Dem stehen jedoch die nicht unerheblichen Reisekosten gegenüber.
Gleichzeitig muss der Patient wissen, dass haftungsrechtliche Ansprüche bei
Fehlbehandlungen nur im Ausland durchgesetzt werden können. Darüber hinaus
steht eine Zahnersatzbehandlung meist am Ende einer umfangreichen Diagnostik
und Vorbehandlung, die bei einem kurzen Auslandsaufenthalt insbesondere bei
aufwendigen und umfangreichen Versorgungen nicht zu leisten ist.
Anrede,
der Einfluss und das Gewicht des Patienten hat nicht nur generell in unserem
Gesundheitssystem deutlich zugenommen, sondern ist auch im zahnmedizinischen
Versorgungsalltag im Rahmen der Auswahl zwischen mehreren wissenschaftlich
anerkannten
Therapieoptionen,
–
nicht
zuletzt
durch
die
Einführung
des
Festzuschusssystemmodells –, erheblich gewachsen. Vor diesem Hintergrund besitzt
das Modell der sog. Partizipativen Entscheidungsfindung im zahnärztlichen
Versorgungsalltag eine besondere Bedeutung. Diagnose und Therapieoptionen
müssen besprochen, in ihrer medizinischen Bedeutung abgewogen und möglichst
gemeinsam von Zahnarzt und Patient einer Folgenentscheidung zugeführt werden.
Hier muss selbstverständlich auch das berechtigte Preisargument, das für eine
3 von 4
bestimmte, bspw. Prothetische, Lösung vorgesehen ist, besprochen werden. Die
Preisargumentation kann und sollte aber nicht absolut gesetzt werden, da auch
Qualitätsüberlegungen, ästhetischer Ansprüche, Komfortüberlegungen und anderes
mehr mit in den Entscheidungsprozess einfließen. Durch diesen „Zuwachs“ an
Entscheidungsspielräumen erhöht sich der Bedarf an Informationspaketen und
Beratungskonzepten.
Die
zahnärztlichen
Berufsorganisationen
haben
dem
entsprechend umfangreiche Angebote zur Patientenberatung ins Leben gerufen.
Neben einem gut ausgebauten Netzwerk von Patienteninformation, Patientenberatung, Zweitmeinungsmodell bis hin zu Gutachterwesen und Schlichtungsstellen
gibt es die kostenfreie Patienten-Hotline der Bundeszahnärztekammer 0800 / 823 32
83 unter der Patienten die für sie zuständige Patientenberatungsstelle erfragen
können.
Gleichzeitig
werden
gemeinsam
von
Bundeszahnärztekammer
(BZÄK)
und
Deutscher Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), der
wissenschaftlichen
Dachorganisation
der
Zahnmedizin,
wissenschaftlich
abgesicherte und patientenverständliche Patienteninformationen zur Verfügung
gestellt. Auch im Zusammenhang mit Dentaltourismus und Auslandszahnersatz hat
die BZÄK entsprechende Informationen für betroffene Patienten sowie die breite
Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.
Dabei war es uns wichtig, das Für und Wider einer solchen Entscheidung
darzustellen und so Hilfestellung für die Entscheidungsfindung zu geben. Vor dem
Hintergrund der aktuellen IDZ-Studienergebnisse können wir feststellen, dass unsere
bisherigen Aktivitäten in die richtige Richtung weisen.
Aus Sicht der BZÄK ergibt sich die Aufgabe, auch zukünftig das enge Vertrauensverhältnis zwischen Patient und Zahnarzt als ein hervorstehendes Merkmal der
freien, eigenverantwortlichen Berufsausübung zu unterstützen und auch künftig
medizinische Qualitätsgesichtspunkte im Zusammenhang mit Dentaltourismus und
Auslandszahnersatz einer noch genaueren Beobachtung zu unterziehen.
Pressekontakt: Jette Krämer, Tel.: 030/ 400 05 -150; [email protected]
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IDZ_Info-0309
24.06.2009
13:34 Uhr
Seite 1
Information
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INFORMATIONSDIENST DES INSTITUTS DER DEUTSCHEN ZAHNÄRZTE
In Trägerschaft von: Bundeszahnärztekammer – Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e. V.
Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung – Körperschaft des öffentlichen Rechts
9. Juli 2009
Soeben ist in der IDZ-Materialienreihe der Band 32 mit dem Titel
Dentaltourismus und Auslandszahnersatz
Empirische Zahlungsbereitschaftsanalysen auf der Grundlage
repräsentativer Stichproben im Jahr 2008
erschienen. Die aktuelle zahnmedizinische Versorgungssituation in Deutschland ist
dadurch gekennzeichnet, dass zum einen häufiger Zahnersatz importiert wird, zum
anderen die Patienten selbst zunehmend mobiler werden und sich im Ausland bei
dort ansässigen Zahnärzten mit Zahnersatz versorgen lassen.
In der vorliegenden empirischen Untersuchung werden die Ergebnisse einer bundesweiten repräsentativen Befragung der deutschen Bevölkerung im Alter zwischen
30 und 75 Jahren über die Einstellungsmuster und Nachfragemotive im Hinblick auf
eine Versorgung mit Auslandszahnersatz dokumentiert. In methodischer Hinsicht
basiert die empirische Studie auf dem sog. Willingness-to-pay-Ansatz, einem aktuellen gesundheitsökonomischen Analyseinstrument, das hier erstmals auf den Bereich
der zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland angewendet wird.
Die Analyse der individuellen Zahlungsbereitschaften für Auslandszahnersatz zeichnet das weitgespannte Spektrum der subjektiven Präferenzen in der Bevölkerung
nach und verdeutlicht, dass die Nachfrage nach ausländischem Zahnersatz multifaktoriell gesehen werden muss und nicht auf eine gleichsam mechanische Reaktion
DXI 3UHLVVLJQDOH UHGX]LHUW ZHUGHQ NDQQ ,QVEHVRQGHUH GLH RIWPDOV HQJH Ä=DKQDU]tELQGXQJ³VRZLHÄVNHSWLVFKH4XDOLWlWVYHUPXWXQJHQ³HUZLHVHQVLFKLQGHU$QDO\VHDOV
eigenständige Aspekte der Patientenentscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz. Die Untersuchung wird mit einer kurzen Dokumentation der Ergebnisse aus einer Zahnärztebefragung zum gleichen Thema abgerundet und spiegelt damit diese
Gesamtproblematik zusätzlich aus Zahnärztesicht.
Das Forschungsprojekt wurde in wissenschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Institut
für Empirische Gesundheitsökonomie (IfEG)/Burscheid durchgeführt; die Autoren
sind Dr. David Klingenberger/IDZ sowie Dr. Peter Kiencke, Dr. Juliane Köberlein,
Dipl.-Stat. Ina Liedmann und Prof. Dr. Dr. Reinhard Rychlik/IfEG.
Der IDZ-Band 32 ist beim Deutschen Zahnärzte Verlag DÄV unter ISBN 978-3-76913426-1 erschienen und kostet im Buchhandel 39,95 Euro.
Redaktion: Dr. Wolfgang Micheelis
Universitätsstraße 73, D-50931 Köln, Telefon: 02 21 - 40 01-0, Fax 0221 - 40 48 86
IDZ, Universitätsstr.
73, 50931www.idz-koeln.de,
Köln, Telefon: 02
01-0, Fax: 02 21-40 48 86, E-Mail: [email protected], www.idz-koeln.de, ISSN 0931-9816
E-Mail: [email protected],
ISSN21-40
0931-9816
IDZ- tudie „Dentaltourismus und Auslandszahnersatz“
Zusammenfassung / Abstract
1. Im Rahmen des europäischen Binnenmarktes und der zunehmenden Globalisierung sind
die grenzüberschreitenden Gesundheitsdienstleistungen in den letzten Jahren verstärkt in
den Fokus des öffentlichen Interesses gerückt. Die aktuelle Situation ist dadurch
gekennzeichnet, dass zum einen mehr und mehr Zahnersatz aus dem Ausland nach
Deutschland importiert wird, zum anderen die Patienten selbst zunehmend mobiler
werden und sich im Ausland bei dort ansässigen Zahnärzten mit Zahnersatz versorgen
lassen.
2. Das bestehende Preisgefälle zwischen In- und Ausland hat zur Herausbildung eines
arktes für Auslandszahnersatz und zur Entstehung des Phänomens Dentaltourismus
beigetragen. Hintergrund dieser Entwicklung ist das Bestreben von Patienten und
Zahnärzten, das Preisgefälle zwischen In- und Ausland auszunutzen und auf diese Weise
Kosten zu sparen. Im Falle des Dentaltourismus spricht man daher auch von einem
„kostenorientierten Gesundheitstourismus“.
3. Die vorliegende Studie liefert erstmals verlässliche Zahlen über die Häufigkeit von
Zahnersatzbehandlungen im Ausland sowie die Nutzung von importiertem Zahnersatz bei
der Patientenversorgung im Inland: Nur ca. jeder hundertste Bundesbürger hat Erfahrung
mit Dentaltourismus. Er ist damit nach wie vor eine Randerscheinung am Versorgungsmarkt.
Bei etwa jedem zehnten Versorgungsfall in Deutschland kommt Auslandszahnersatz zur
Anwendung. Die Tendenz war in den letzten Jahren steigend.
4. Die individuellen Präferenzen der Nachfrager nach Auslandszahnersatz sowie das jeweils
angestrebte Kosteneinsparpotenzial wurden mit Hilfe eines fach-spezifischen
Fragebogens ermittelt. Der Fragebogen umfasste 22 Einzelfragen. Der Feldeinsatz des
Fragebogens (April/Mai 2008) stützte sich auf netto n = 1.368 Interviews mit Personen im
Alter von 30–75 Jahren, die im Rahmen einer repräsentativen Mehrthemenumfrage
befragt wurden. Die Auswahl der Teilnehmer wurde vorquotiert nach der regionalen
Verteilung, der Wohnortgröße, dem Geschlecht sowie dem Alter vorgenommen. Bei der
Quotierung wurden Daten der Amtlichen Statistik zugrunde gelegt.
5. In methodischer Hinsicht ist das vorliegende Projekt als gesundheitsökonomische
„Willingness-to-pay“-Studie angelegt. Durch die Messung der Zahlungsbereitschaft eines
potenziellen Kunden werden individuelle Präferenzen des Befragten deutlich, inwieweit er
bereit ist, einen bestimmten Geldbetrag für die eigene Gesundheit auszugeben und damit
zugleich den Konsum anderer Güter und Dienstleistungen entsprechend einzuschränken.
Im Zentrum steht die gesundheitsökonomische Modellierung einer subjektiven KostenNutzen-Abwägung, die der Patient im Rahmen der Entscheidung für oder gegen eine
Versorgung mit Auslandszahnersatz vornimmt.
6. Die Analyse basiert auf der sog. „ ontingenten Bewertungsmethode“. Die Befragten
werden mit einem hypothetischen Markt konfrontiert, auf dem sie als potentielle
Nachfrager vor verschiedene Entscheidungssituationen gestellt werden, die jeweils mit
unterschiedlichen
hypothetischen
Selbstbeteiligungsbeträgen
verbunden
sind.
Charakteristisch für die Kontingente Bewertungsmethode ist die Szenariotechnik.
7. Die Studie baut auf vier Versorgungsszenarien auf, die von den Befragten im Rahmen
eines sog. „Bidding Game“ bewertet wurden. Zur Bewertung gestellt wurden ein
„ ronenszenario“ drei Einzelkronen im eitenzahnbereich mit einem hypothetischen
Eigenanteil des Patienten in
he von 400 Euro sowie ein „ mplantatszenario“(ein
Implantat im Frontzahnbereich mit einem hypothetischen Eigenanteil des Patienten in
Höhe von 1.300 Euro). In beiden Szenarien wurde zudem zwischen den Versorgungsoptionen „Auslandszahnersatz“ Eingliederung von aus dem Ausland importiertem
Zahnersatz und „Dentaltourismus“ Eingliederung des Zahnersatzes im Ausland)
unterschieden.
8. Die Analyse der empirisch ermittelten individuellen Zahlungsbereitschaften für
ausländischen
Zahnersatz
verdeutlicht,
dass
die
Versorgungsalternativen
Auslandszahnersatz bzw. Dentaltourismus in der Bevölkerung sehr unterschiedlich
bewertet werden. Ein guter Indikator dafür ist die sehr breite Streuung der individuellen
Zahlungsbereitschaften in allen vier Szenarien.
9. Der Anteil der Befragten, die sich in den Bidding-Games selbst bei völliger
Zuzahlungsfreiheit für die inländische und somit gegen die ausländische Variante
entschieden, lag in den einzelnen Szenarien rechnerisch zwischen 25 % und 65 %. Für
einen großen Teil der Bevölkerung scheint die Entscheidung für oder gegen
Auslandszahnersatz folglich von grundsätzlicher Natur zu sein, wobei insbesondere
skeptische Qualitätsvermutungen, Unsicherheiten bezüglich der Gewährleistung sowie die
Vertrauensbeziehung zum eigenen Zahnarzt eine Entscheidung für die preiswertere
ausländische Versorgungsvariante hemmen.
10. Im direkten Vergleich wurde die ption „Auslandszahnersatz“ gegenüber der Alternative
„Dentaltourismus“ bevorzugt dies zeigte sich sowohl in den ermittelten Prävalenzen als
auch in den durchschnittlichen Zahlungsbereitschaften.
11. Der Zusammenhang zwischen sozialer Zahnarztbindung und der Wechselbereitschaft zu
einem günstigeren Zahnarzt war hochsignifikant und die Wechselbereitschaft erwies sich
auch in der multivariaten Regressionsanalyse als wichtigste Determinante einer kausalen
Erklärung der Varianz in der Zahlungsbereitschaft für ausländischen Zahnersatz. Im
Rahmen einer vertrauensvollen und langjährigen Zahnarzt-Patienten-Beziehung wird die
Entscheidung des Patienten für oder gegen Auslandszahnersatz durch seine persönlichen
Präferenzen überformt.
12. Bei der Entscheidung für oder gegen Auslandszahnersatz spielt die Qualität eine zentrale
Rolle. 92,4 % der Befragten nannten Qualitätsaspekte als bestimmendes Entscheidungskriterium. 31,1 % nannten die Preisgünstigkeit des Zahnersatzes als entscheidenden
Faktor.
13. Die Bedeutung der klinischen Qualität des Zahnersatzes wird auch von den deutschen
Zahnärzten sehr betont. Dies ergab eine begleitende Onlinebefragung von 300
Zahnärzten. 29 % der Zahnärzte gaben als primären Ablehnungsgrund gegen Auslandszahnersatz an, dass sie von einer schlechten, fragwürdigen oder unbekannten Qualität
des Auslandszahnersatzes ausgehen. Lediglich 10 % der befragten Zahnärzte nahmen
explizit eine gute Qualität des ausländischen Zahnersatzes an.
14. Alles in allem verdeutlicht die Analyse, dass die Entscheidung für oder gegen
ausländischen Zahnersatz an verschiedene Beeinflussungsfaktoren gebunden ist. Der
„Preis“ ist dabei letztlich nur ein Kriterium. Beispielsweise sind die „Zahnarztbindung“ oder
„skeptische ualitätsvermutungen“ eigenständige Aspekte der Patientenentscheidung.
15. Bei der Verwendung von Auslandszahnersatz handelt es sich um ein kleines, aber
dynamisch wachsendes Marktsegment. Der Anteil der Personen, die mit ausländischem
Zahnersatz versorgt sind, wird in den nächsten Jahren mutmaßlich anwachsen. Allerdings
sind dem Wachstum auch Grenzen gesetzt. Die Mehrzahl der Versicherten hat eine enge
Zahnarztbindung, misst dem Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient große
Bedeutung bei und setzt bei der Versorgung primär auf den Faktor Qualität.

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