Kapitel 4 Einkommen und Handelsbilanz bei konstantem Preisniveau

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Kapitel 4 Einkommen und Handelsbilanz bei konstantem Preisniveau
--
Kapitel 4
Einkommen
und Handelsbilanz bei konstantem
Der Einkommensansatz
Preisniveau:
4.1 Grundlagen
Der Einkommensansatzstellt ein Konzept zur Ermittlung der Wirkung von
Veränderungenexogener Nachfragekomponenten auf das Volkseinkommen
und die Handelsbilanz dar. Grundgedanke ist, daß die autonome Veränderung der Nachfrage nach Konsum-, Investitions- und Exportgütern eines
Landes zu einer multiplikativen Veränderung des Volkseinkommens führt,
derenHöhe durch Nachfrageverlustein Form von Ersparnissenund Importen begrenzt wird. Die Einkommensveränderungenwirken ihrerseits über
die Importfunktion auf die Handelsbilanz zurück.
Grundlagedes Einkommensansatzesbildet die von KEYNES (1936) in seiner General Theory für die Analyse der Einkommenswirkung einer Veränderung der staatlichen Nachfrage verwendete Multiplikatortheorie. Diese
zunächst für die gescWosseneVolkswirtschaft konzipierte Analyse wurde
von METZLER (1942), MACHLUP (1943), STOLPER (1947) und POLAK (1947) für die offene Volkswirtschaft weiterentwickelt. Ein 2-LänderModell, in dem die Beziehungen zwischen den Einkommen zweier etwa
gleich großer durch Handel verbundener Volkswirtschaften aufgezeigt werden,wurde von ROBINSON (1952) vorgestellt.
Im Rahmendes Einkommensansatzeslassensich Export-, Import- und Absorptionsmultiplikatoren ableiten, die die Wirkung einer Veränderung dieser
Variablen auf das Einkommen und die Handelsbilanz im Fall des kleinen
Landesund im interdependentenSystemgroßer Länder erfassen.
Der Analyse liegen sehr stringente Annahmen zugrunde:
1.Die Wechselkursesind konstant.
2. Güterpreiseund Löhne sind konstant.
3. Die Güterproduktion wird ausschließlichdurch die Nachfrage bestimmt,
d. h. eswerden unausgenutzteKapazitäten und somit eine unendlich preiselastischeAngebotskurve unterstellt.
4. Der Geldmarkt sowie die aus Zentralbankinterventionen resultierenden
Geldmengeneffektebleiben außerhalbder Betrachtung.
5. Von internationalen Kapitalbewegungenwird abstrahiert.
Die beiden ersten Annahmen implizieren, daß die internationale Wettbewerbsfähigkeit vorgegeben ist. In die~en Annahmen liegt ein wesentlicher
"
56
Teil//: Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
Unterschied zum Elastizitätsansatz,bei dem die Analyse der Wirkungen von
Preis- und Wechselkursänderungen
auf den Handelsbilanzsaldo
im Mittel-
punkt steht. Die dritte Annahme impliziert, daß Veränderungender Nachfrage unmittelbar das Einkommen beeinflussen.Die vierte Annahme bedeutet, daß außenwirtschaftlich bedingte Einflüsse auf die Geldmenge von der
Zentralbank neutralisiert werden können. Die fünfte Annahme ermöglicht
die isolierte Betrachtung der Handelsbilanz.
Mit dem Einkommensansatzhat die Theorie der Zahlungsbilanzanpassung
über den Elastizitätsansatz hinaus eine wesentliche Erweiterung erfahren.
Damit standen jedoch beide Ansätze unverbunden nebeneinander.ALEXANDER (1952,1959) ist es gelungen,eine Synthesezwischen den Ansätzen
herzustellen und die Wirkung einer Abwertung auf das Einkommen und die
Handelsbilanz unter Berücksichtigung der MARSHALL- LERNER -Bedin~g im Rahmen des Absorptionsansatzesaufzuzeigen. Dabei sind zusätzlich zu den oben gemachtenAnnahmen folgende Einschränkungenzu beachten:
1. Die nominale und reale Abwertungsrate sind identisch und entsprechen
der Rate des Importpreisanstiegs.
2. Der Einfluß des abwertungsbedingtenImportpreisanstiegsauf das inländischeKonsumgüterpreisniveaubleibt unberücksichtigt.
3. Die MARSHALL-LERNER-Bedingung muß erfüllt sein.
4.2 Gleichgewichtseinkommen und Handelsbilanz
Ausgangspunkt der einkommenstheoretischenAnalyse bildet die bereits zuvor verwendete Definitionsgleichung für das Volkseinkommen in einer kleinen offenen Volkswirtschaft, die hier als Gleichgewichtsbedingungdes Gütermarkts interpretiert wird, d. h. es werden ausschließlichgeplante Größen
betrachtet:
(1)
Y = C+I + G +Ex - Im.
Die linke Seite der Gleichung repräsentiert das Angebot von im Inland produzierten Gütern Y und die rechte Seite die Nachfrage nach Konsumgütern
C, Investitionsgütern I, die staatliche Nachfrage G, die Exportnachfrage Ex
und die Importnachfrage Im. Da die Komponenten C, I und G die Nachfrage sowohl nach inländischen als auch nach ausländischenGütern umfassen,
für das inländische Gütermarktgleichgewicht aber nur die Nachfrage nach
inländischen Gütern relevant ist, sind die in der Komponente Im zusammengefaßten Importgüter auf der rechten Seite der Gleichung abzuziehen.Das
Güterangebot wird in diesemAnsatz ausschließlichdurch die Nachfrage determiniert. Für die Bestimmung der nachfrageseitigenKomponenten werden
folgende Annahmen zugrunqe gelegt:
-
..c--=~~-
j
4. Der Einkommensansatz
(1a)
C = C + cY
0< c< 1
(lb)
1=1
(lc)
G= G
(ld)
Ex = Ex
(1e)
57
Im = Im + mY
0< m < 1.
Die mit einem Querstrich versehenen Variablen stellen autonome, d. h. einkommensunabhängige Größen dar. Beim Konsum und beim Import wird
zwischen einem autonomen und einem im Ausmaß der konstanten marginalen Konsumquote c bzw. marginalen Importquote m vom Einkommen abhängigen Teil unterschieden. Die Annahme exogen gegebener Exporte bedeutet, daß bei der Analyse internationale Rückwirkungseffekte
zunächst
vernachlässigt werden.
Der so spezifizierte Zusammenhang und die Ableitung des Gleichgewichtseinkommens werden in Abbildung 9 a dargestellt. In der Abbildung sind das
Angebot auf der Abszisse und die Nachfragekomponenten auf der Ordinate
abgetragen. Entlang der 45°-Linie besteht Gütermarktgleichgewicht,
weil
dort das Güterangebot der Güternachfrage entspricht. Nur beim Einkommen Yo ist die Nachfrage nach inländischen Produkten identisch mit der
Produktion an Inlandsgütern.
Eine alternative Form der Darstellung, die im folgenden überwiegend Verwendung findet, geht nicht von den Nachfragekomponenten
der inländischen Güterproduktion
aus, sondern unterscheidet zwischen den Gütern,
die vom Inland absorbiert werden, und den Nettoexporten. Die Absorption
A ist definiert als die private und staatliche Gesamtnachfrage des Inlands:
(2)
Der Nettoexport
(3)
A=C+I+G.
entspricht dem Saldo der Handelsbilanz HB:
HB = Ex - Im.
Durch Substitution von (2) und (3) in die Gütermarktgleichung
(4a)
(1) ergibt sich
Y=A+HB
bzw.
(4b)
Y-A=HB.
In bezug auf die Absorption wird angenommen, daß diese aus einem autonomen Teil Ä und einem einkommensabhängigen Teil aY besteht, wobei a die
marginale Absorptionsquote darstellt:
(5)
A = Ä + aY
0 < a < 1.
Durch Einsetzen von (5) in (4b) ergibt sich die sogenannte Hortungsfunktion H, die die Entwicklung der Ersparnisse in Abhängigkeit vom Einkommen bei konstanter marginaler Absorptionsquote und einer exogen vorgegebenen Absorptionskomponente
aufzeigt:
-
-~-
58
Teil 11: Zahlungsbilanzanpassungund Zahlungsbilanzpolitik
c
I.
,-
y
Abbildung 9a
I
f:'.l
+
HB. Y-A
~
~-,i('~(4:;
I
1
.'
1
~
I
I
I H=Y-A
-'.
HB
Y
I-ti
Abbildung 9b
Abbildung
(6)
9: Gleichgewichtseinkommen
und Handelsbilanzsaldo
H = Y - (Ä + aY) = -Ä + (1 - a)Y = -Ä + sy.1o
Funktion (6) hat wegenraW/~Y = s eine positive Steigung im Ausmaß der
marginalen Sparquote. In Abbildung 9 b durchläuft sie zunächst den negativen Bereich, weil bei niedrigem Einkommen enthortet wird. Mit steigendem
Einkommen nimmt die Ersparnis zu, so daß es scWießlich zu einer Nettoersparnis kommt.
,
10In dieser Gleichung stellt s die marginale Sparquote dar. Die vorgenommeneUmformung ergibt sich wegen a ;- s = 1.
-
~-
4. Der Einkommensansatz
59
Umgekehrt nimmt der Handelsbilanzüberschußmit steigendemEinkommen
ab, bis er schließlich negativ wird. Dies ist das Ergebnis einer positiven Einkommensabhängigkeitder Importe bei als exogen angenommenenExporten. Die entsprechendeHandelsbilanzfunktion wird spezifiziert als
(7)
HB=Ex-Im-mY=RB-mY,
wobei RB den autonomen Teil und mY den einkommensabhängigenTeil der
Handelsbilanzdarstellen.Der Einfachheit halber wird angenommen,daß der
vom ausländischenEinkommen abhängigeTeil der Exporte in EX enthalten
ist, so daß die exogenenExporte größer als die autonomen Importe sind und
RB> 0 gilt. Die negative Neigung in Abbildung 9b dHB/dY =-m kommt
dadurchzustande,daß sich die Importe mit steigendemEinkommen erhöhen.
Das GleichgewichtseinkommenY 0 ergibt sich im Schnittpunkt Q der Hortungsfunktion mit der Handelsbilanzfunktion. In der Abbildung liegt dort
ein Handelsbilanzdefizit HBo, also eine das Volkseinkommen überschreitende Absorption vor, die identisch ist mit einem entsprechendenNettokapitalimport (Neuverschuldung im Ausland).
4.3 Einkommens- und Handelsbilanzeffekte von Veränderungen
des Exports und der Absorption
Im Rahmen des einkommenstheoretischenAnsatzes lassensich relativ einfach die Wirkungen von Veränderungender einkommensunabhängigvorgegebenenVariablen auf das Volkseinkommen und die Handelsbilanz ermitteln. Im folgenden soll diese Analyse für eine exogeneErhöhung der AuslandsnachfrageEx sowie für eine Erhöhung der autonomen Inlandsnachfrage Ä, die beispielsweiseals Folge einer expansiven Fiskalpolitik auftreten
kann, durchgeführt werden. Grundlage bildet die Einkommensgleichung in
der Absorptionsform (4a) unter Verwendung von (5) und (7), wobei
RB = Ex - mÄ ist, und der Einfluß der autonomen Absorption auf die autonomen Importe Im(A)
über die marginale Importabsorptionsquote
m erfaßt
wird:
(8)
Y=Ä+aY+Ex-mÄ-mY.
Der Einfluß einer Veränderung der Exporte auf das Volkseinkommen ergibt
sich ausder totalen Differentiation von Gleichung (8):
(9)
dY = (1 - m)dÄ + (a - m)dY + dEx
dÄ = 0
als
(10)
dY =
1
l-a+m
-
1-
dEx = -dEx.
s+m
Der Einkommensmultiplikator der Exporte hat einen Wert größer eins. Ein
Anstieg der Exporte erhöht das Einkommen um so mehr, je mehr Inlandsprodukte nachgefragtwerden, d. h. je niedriger sund m sind.
k
..
60
Teil!!: Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
Zur Ermittlung des Einflusses einer Veränderung der Exporte auf die Handelsbilanz ist Gleichung
(11)
HB=Ex-mÄ-mY
total zu differenzieren
(12)
dHB = dEx - mdÄ - mdY
dÄ = 0
und unter Verwendung von (10) wie folgt umzustrukturieren:
mdHB = dEx --dEx
s+m
(13a)
bzw.
s+m m
dHB=-dEx--dEx=-dEx.
s+m
s+m
(13b)
-
ss+m
Der Handelsbilanzmultiplikator der Exporte zeigt, daß ein exogenerAnstieg
der Exporte zwar die Handelsbilanz verbessert,aber die Verbesserunggeringer ausfällt als die Exportzunahme. Dies liegt darin begründet, daß die mit
dem Exportanstieg verbundene Erhöhung des Einkommens ihrerseits zusätzliche Importe induziert. Der Handelsbilanzeffekt fällt um so stärker
aus,je größer die gesamtwirtschaftlichemarginale Sparquotes und je niedriger die marginale Importquote m ist. Ein hohes s bewirkt, daß der Multiplikatoreffekt auf das Einkommen und damit auch die Veränderungder Importe geringer ausfallen.
Graphisch werden der Einkommens- und der Handelsbilanzeffekt einer Exporterhöhung in Abbildung 10 durch eine Parallelverschiebungder HB- Kurve nach oben dargestellt.
+
HB. Y-A
1
!
d&{
.,
dHB{
\
"
HB'
.
HB
\
,
Abbildung 10: Einkomme.ns-und Handelsbilanzeffekte einesExportanstiegs
4. Der Einkommensansatz
61
Die Abbildung zeigt, daß der Exportanstieg eine Einkommenserhöhungvon
y 0 auf Y I und eine Verringerung des Handelsbilanzdefizits von HBo auf HB1
bewirkt. Außerdem wird deutlich, daß der Handelsbilanzeffekt kleiner ausfällt als die Exporterhöhung (dEx > dHB).
Als Fazit läßt sich festhalten, daß eine Exporterhöhung einen Einkommensmultiplikator größer Eins hat und zu einer Verbesserungder Handelsbilanz
führt, die geringer ausfällt als die zusätzlichen Exporte.
Zur formalen Analyse der Wirkung ~iner Veränderungder autonomen inländischenAbsorption auf Volkseinkommen und Handelsbilanz wird auf Gleichung (9) zurückgegriffen. Aus der Umformung dieser Gleichung läßt sich
der Absorptionsmultiplikator
I-rn
I-rn
(14)
dY =
dA = -dA
dEx = 0
l-a+m
s+m
gewinnen.SeinWert hängt entscheidendvon der marginalen Importabsorptionsquoteab. Für rn= 1 besteht die zusätzliche Absorption ausschließlichaus
Importgütern, und es ergibt sich kein Einfluß auf das inländische Einkommen. Eine derartige Situation war etwa für die neuen Bundesländernach der
deutschen Wiedervereinigung
gegeben. Für
rn= 0 besteht die zusätzliche
Ab-
sorption ausschließlichausinländischen Gütern. Eine solcheSituation liegt in
der Regelbei einer Erhöhung der Staatsausgaben
vor. In diesemFall ist der Expansionseffektgenau so groß wie beim Exportmultiplikator. Im Normalfall
dürfte
rnfür
fast alle Länder erheblich kleiner als Eins sein, so daß ein Anstieg
der autonomenAbsorption auch zu einem Anstieg des Einkommens führt.
Der Einfluß einer Veränderung der Absorption auf die Handelsbilanz läßt
sich aus Gleichung (12) wie folgt ermitteln: In Gleichung (12) wird für dY
der Ausdruck (14) eingesetzt:
(15 a)
dHB
= dEx
- rndÄ -m
(~s+m )dÄ.
Für dEx = 0 führt eine Erweiterung des ersten Ausdrucks der rechten Seite
mit s + m zu
(15b)
dHB
= - [ (s + m)rn:t~(1 - rn)
s+m
] dÄ,
woraus sich
(15c)
dHB
= -~dÄ
s+m
ergibt.
Ähnlich wie beim Einkommenseffekt kommt der Importneigung der autonomenAbsorption rnauch beim Handelsbilanzeffekt eine entscheidendeBedeutung zu. Für rn= 1 führt eine Erhöhung der autonomen Absorption zu
einer Verschlechterung der Handelsbilanz in gleichem Umfang (dHB=dÄ). Für
rn= 0
fällt die ?usätzliche Nachfrage voll auf inländische Güter,
und die Handelsbilanz verschlechtertsich bei einem Anstieg der Absorption
lediglich um den Effekt -m/(s + m). .
---
62
Teil//: Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
Graphisch wird der erste Fall in Abbildung 11 durch eine simultane Parallelverschiebung der HB-Kurve und der (Y-A)-Kurve nach unten dargestellt.
Das gleichgewichtige Einkommen bleibt unverändert bei Y 0' während das
Handelsbilanzdefizit von HBo auf HBj steigt. Im zweiten Fall wird die
HB-Kurve nicht berührt, so daß sich ein höheres Gleichgewichtseinkommen Y2 bei einer geringeren Verschlechterungdes Handelsbilanzsaldosauf
HB2 einstellt. Aus der vorliegenden Analyse folgt z. B. für die Fiskalpolitik,
daß der expansiveEffekt auf das inländische Volkseinkommen um so stärker
ausfällt, je mehr die Staatsnachfrageauf inländische Güter gelenkt wird.
+
HB,Y-A
dÄ:{
Y~
~Y
{ t
dA
;
""'
,
"",-""-""J,
Ä",;?E-""
I
=1'
,
,
,
'HB'
i. .
Abbildung
11: Einkommens- und Handelsbilanzeffekte
eines Absorptionsanstiegs
Als Fazit der Absorptionsanalyse ist festzuhalten, daß sich für die Extremwerte der marginalen Importabsorptionsquote die in der nachstehenden
Übersichtaufgezeigten
Einkommens-und Handelsbilanzeffekte
ergeben:
1
i
Tabelle 3: Einkommens- unil Handelsbilanzeffekte
eines Absorptionsanstiegs bei alter-
nati,ptn lmportabsorptionsquoten
Marginale
Einkommenseffekte
Handelsbilanzeffekte
Importabsorptionsquote
Vollkommene
Auslandsgüterabsorption
m=1
Vollkommene
Inlandsgüterabsorption
m=O
--",.s+m
> 1
-1 < --,~
s+m
<0
4. Der Einkommensansatz
63
4.4 Gleichgewichtseinkommen und Handelsbilanz
bei internationalen Rückwirkungen
In der bisherigen Analyse wurde von einer kleinen Volkswirtschaft ausgegangen.Die aus einer Veränderungder inländischen Nachfrage nach ausländischen Gütern resultierenden Einkommens- und Handelsbilanzeffekte im
Ausland sowie mögliche Rückwirkungen auf die inländische Volkswirtschaft wurden wegen ihrer geringen quantitativen Bedeutung ausgeklammert. Für größere Volkswirtschaften ist eine derartige Einschränkung nicht
sinnvoll. Am deutlichsten läßt sich der Wirkungsverbund zwischen großen
Volkswirtschaften im Rahmen eines2-Länder-Modells darstellen.
Grundlage eines solchen Modells bilden die Gütermarktgleichungen des Inund Auslands. Im Vergleich zum bisherigen Modell des kleinen Landes sind
die Exporte nun nicht mehr eine autonome Nachfragekomponente,sondern
im Ausmaß der ausländischenmarginalen Importquoten vom Einkommen
des jeweiligen Auslands abhängig(m*Y* und mY):
(16)
(17)
y*
Ä*
a*
m*
Y=Ä+aY+m'Y'-mY
Y' = Ä' + a'Y' + mY - m'Y'.
=
=
=
=
Auslandseinkommen,
autonome Absorption des Auslands,
marginale Absorptionsquote des Auslands,
marginale Importquote des Auslands.
Aus den Gleichungen ist ersichtlich, daß der Export des Inlands dem Import
des Auslands entspricht und umgekehrt.
Graphisch wird das simultane Gütermarktgleichgewicht im Y-y* -Diagramm
der Abbildung 12 aufgezeigt. Hierbei stellt die YY-Kurve die Gleichgewichtsbedingung des inländischen und die Y*Y*-Kurve die des ausländischenGütermarkts dar. Die YY-Kurve hat eine positive Steigung,weil bei einer Erhöhung des Auslandseinkommensy* die Importnachfrage des Auslands steigt (m*Y*) und der inländische Gütermarkt nur im Gleichgewicht
bleiben kann, wenn das inländische Volkseinkommen steigt. Die Steigung
der Kurven wird aus der totalen Differentiation der obigen Gleichungen und
deren Auflösung nach dY/dY* ermittelt. Für den Inlandsmarkt ergibt dies:
(16a)
(16b)
dY= dÄ+ (a- m)dY+m'dY'
A-dY'
Y
a+s = 1; dÄ = 0
=- m'
I
yy
s+ m
und für denAuslandsmarkt
(17a)
dY' = dÄ' + (a' - m') dY' + mdY
(17b)
1
=~.
4
dY YOYO m
,
dÄ' = 0
64
Teil11:Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
Aufgrund der Beziehungen m* < s* + m* und s + m > m verläuft die YYKurve immer flacher als die Y*Y*-Kurve.
Ökonomisch läßt sich dieser Sachverhaltfolgendermaßenbegründen: Vom
Gleichgewichtspunkt Q ausgehendführt eine alleinige Erhöhung des ausländischen Einkommens von y*o auf Y*1 (Punkt A) zu einem Angebotsüberschuß im Ausland (da a* < 1) und über die zunehmendenausländischenImporte zu einem Nachfrageüberschußim Inland. Das isolierte Gleichgewicht
auf dem Gütermarkt im Inland (YY-Kurve) kann direkt durch einevergleichsweise geringfügige Erhöhung des Einkommens im Inland wiederhergestellt
werden (Y 0~ Y J (Punkt B). Demgegenübererfordert die Wiederherstellung
des
Gleichgewichts
auf inländischen
dem ausländischen
Gütermarkt
stärkere
Erhöhung des
Einkommens
(Y0 ~ (Y*Y*-Kurve)
Y 2) (Punkt C),eine
da hier die Anpassungallein über die inländische Importnachfrage erfolgt.
Das simultaneGütermarktgleichgewicht
ist im SchnittPunktQ der beiden
Kurven mit den Gleichgewichtseinkommen
Y 0 und y*o bestimmt.
.
y
.
I
Abbildung12:Gleichgewichtseinkommen
und H4ndelsbilanzgleichgewicht
im 2-Länder-Modell
Die Gleichgewichtsbedingung für die Handelsbilanz ergibt sich im YY*Diagramm aus der totalen Differentiation der H~delsbilanzgleichung:
(18)
(18a)
(18b)
HB=Ex-Im=m*Y*-mY=O
dHB= m*dY*- mdY= 0
1 =~.
4
dY HB=O m
j
J.
1.
4. Der Einkommensansatz
65
Da ein Handelsbilanzsaldovon Null nur aufrechterhaltenwerden kann, wenn
die Einkommensentwicklung in beiden Ländern gleichgerichtetverläuft, muß
HB = 0 positiv verlaufen. Durch den Vergleich von (1gb) mit (16b) und (17b)
wird deutlich, daß die Steigungder HB-Kurve größer ausfällt als die der YYKurve, aber geringer als die der Y*Y*-Kurve. Schnittpunkt Q zeigt die
Gleichg~,,:,ichtseinkommenmit beiderseitig ausgeglichenenHande1sbilanzen.
4.5 Einkommens- und Handelsbilanzeffekte einer Veränderung
der Absorption bei internationalen Rückwirkungen
Bei der Analyse der durch exogeneSchocksim 2-Länder-Modell ausgelösten
Einkommens- und Handelsbilanzeffekte stellt sich die Frage, wie das Inlandseinkommen und die inländische Handelsbilanz im Vergleich zum zuvor aufgezeigtenFall des kleinen Landes beeinflußt werden. Außerdem läßt
sich die Wirkung auf das Auslandseinkommen erfassen.
In der nachfolgendenDarstellung wird als exogenerSchock nur die Wirkung
einer Veränderung der autonomen Absorption
für den Fall
m= 0 betrachtet,
d. h. die Absorptionsänderung schlägt sich voll in einer Veränderung der
Nachfrage nach Inlandsgütem nieder. Eine Erhöhung der Absorption z;B.
in Form einer Ausdehnung der staatlichen Nachfrage löst dann im Zeitablauf folgende Wirkungskette aus:
Inland
+ ßAbsorption
+ ßEinkommen
+ ßImporte
,!,
Ausland + ßExporte
+ ßEinkommen
+ ßImporte
,!,
Inland + ßExporte
+ ßEinkommen
+ ßImporte
etc.
Zur formalen Behandlung der Wirkungsanalyseist von den Gütermarktgleichungen des In- und Auslands auszugehen:
(19)
(20)
Y
= Ä+
aY+ m*Y* - mY
Y* = Ä* + a*Y* + mY - m*Y*.
Totale Differentiation der Gleichungen und Verwendung von' anstelle von
1 - a ergibt:
(19a)
bzw.
(s + m)dY
= dÄ + m*dY*
66
Teil11:Zahlungsbilanzanpassung
undZahlungsbilanzpolitik
(20a)
(s*+ m*)dY*= dÄ* + mdY.
Auflösen von Gleichung (20a) nach dY* mit dÄ*
=0
und Substitution
in
(19a) führt zum Einkommensmultiplikator in bezug auf die Absorption von
(21)
dY =
1
.(s+m)-
-
* dA.
mm
s* + m*
Dieser Multiplikator ist größer als im Fall des kleinen Landes 1/(s + m). Er
erfaßt die Wirkung, die von einem Importanstieg des Inlands auf däs Auslandseinkommen ausgehtsowie den daraus resultierenden Anstieg der Auslandsimporte auf das Inlandseinkommen.
Die Wirkung auf das Auslandseinkommen läßt sich durch Auflösen von
Gleichung (19 a) nach dY und Substitution in (20 a) mit dA *
(22)
dY* =
= 0 ermitteln
als
mL(s* + m*) * dÄ.
mm
s* + m*
( s+m- )
,,"
Der Multiplikator hat einen positiven Wert, so daß eine Erhöhung der Abc
I
,i
sorption im Inland auch zu einemAnstieg des Einkommensim Ausland
führt. Ein Vergleichder Zählerder Gleichungen(21)und (22) machtdeutlich, daß der Einkommenseffekt im Ausland im Extremfall größer sein kann
als im Inland. Dies ist dann gegeben,wenn das Inland eine hohe und das
Ausland eine niedrige marginale Importquote hat (m> (s* + m*». Bei symmetrischen Volkswirtschaften
(m
= m*)
ist der Einkommenseffekt
im Inland
größer als im Ausland.
Die Erfassung der Handelsbilanzwirkung ergibt sich durch Substitution der
Ausdrücke (21) und (22) in die Handelsbilanzgleichung:
(23)
dHB = m*dY*- mdY
als
(24)
dHB = -m(s*f(s* + m*}) dÄ.
(s+m) - mm
s* + m*
Dieser Multiplikator hat einen absolut niedrigeren Wert als im Fall des kleinen Landes, wo er - m/(s + m) beträgt. Damit verschlechtert eine Erhöhung
der autonomen Absorption die Handelsbilanz eines großen Landes weniger
als die eines kleinen Landes. Grund hierfür ist, daß für das große Land der
Einkommenseffekt im Ausland die dortige Importnachfrage erhöht und damit der ursprünglichen Verschlechterungder Handelsbilanz entgegenwirkt.
Die hiermit abgeleitetenErgebnissewerden in Abbildung 13 graphisch dargestellt.
In der Abbildung führt ein Anstieg der inländischenAbsorption zu einer Verschiebung der YY-Kurve nach pben auf Y'Y', weil bei gegebenemAuslands-
~
4. Der Einkommensansatz
0
67
y.
,
Abbildung 13: Einkommens- und Handelsbilanzeffekte einesAnstiegs
derinländischen
Abso7ption
im 2-Länder-Modell
einkommender inländische Gütermarkt nur im Gleichgewicht bleiben kann,
wenn das Einkommen im Inland steigt. Im Fall des kleinen Landes würde
sich ein Anstieg des Inlandseinkommensvon Y 0 auf Y t ergeben,während das
AuslandseinkommenYo unverändert bleibt (Punkt Q'). Im Fall des großen
Landesstellt sich dagegenim Endgleichgewicht sowohl ein höheresInlandseinkommenY 2 als auch ein höheresAuslandseinkommenY2 ein (Punkt Q").
Das im 2-Länder-Mod~11geringer ausfallendeHandelsbilanzdefizit des Inlands ist ebenfalls aus der Abbildung zu erkennen. Die vertikale Distanz
zur HB
= Q-Kurve
gibt an, welche Einkommensänderung
im Inland erfor-
derlich ist, um die Handelsbilanz auszugleichen.Bei einer konstanten marginalen Importquote ist folglich die Distanz zur HB = Q-Kurve direkt proportional zur Höhe des Handelsbilanzsaldos.Da die YY-Kurve flacher als die
HB = Q-Kurve verläuft, verringert sich in der obigen Darstellung der Abstandzwischen den beiden Kurven (QQ' > Q"Q"').
4.6 Abwertung, Einkommen und Handelsbilanz
In diesemAbschnitt wird die Annahme eines gegebenenWechselkursesaufgehobenund die Wirkung einer Abwertung auf das Einkommen und die
Handelsbilanz untersucht. Aus Vereinfachungsgründen wird wiederum der
Analyserahmendes kleinen Landes g~wählt. Bei unveränderten Weltmarkt-
68
preisen und Preisenfür im Inland produzierte Güter entsprechensich nominale und reale Abwertungsrate, welche wiederum identisch mit der Rate der
Importpreissteigerung ist. Die Abwertung bewirkt somit eine relative Verteuerung der Importgüter gegenüberInlandsgütern und eine entsprechende
Verschlechterungder terms of trade.
Zur Ermittlung des Abwertungseffekts auf das Volkseinkommen wird von
der Einkommensgleichung
(+)
(-)(+)
(25)
Y = Ä + aY + Ex(e) - eIm(e , Y)
ausgegangen.Im Gegensatzzur vorangegangenenDarstellung bezeichnetIm
hier den Importwert in ausländischerund nicht in inländischer Währung.
TotalaDifferentiation führt zu
.
bIm
bIm
- Imde - e-dY.
de
be
bY
Unter Verwendungvon ebIm/bY =m und einer Erweiterungder rechten
Seitemit Im/e läßt sich Gleichung(26) unter der Annahmeeinerim Ausgangszustand
ausgeglichenen
Handelsbilanz,d.h. Ex = eIm bzw. Im = Ex/e
umform:e~zu
(27) (1 - a + m)dY = Im [-.
- = O.
dEx -e - -.
bIm -e - 1]d e ffilt. dA
(26)
dY
dEx
= dA- + adY + -de
- e-de
de Ex
be Im
Hierbei stellt der erste Ausdruck in der eckigen Klammer die Wertelastizität
der Exportnachfrage und der zweite Ausdruck die Wertelastizität der Importnachfrage dar. Diese Ausdrücke sind bei Angebotselastizitätenvon unendlich und einer ausgeglichenenHandelsbilanz in der Ausgangslageidentisch mit den zuvor abgeleitetenPreiselastizitäten der Exportnachfrage 'IEx
und der Importnachfrage '11m'Unter den gegebenenAnnahmen ergibt sich
die Wirkung einer Abwertung auf das Volkseinkommen bei positiv definierten Elastizitäten dann als
(28)
dY = Im ('lEx + '11m- 1) deo
I!i
--
Teil11:Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
s+m
.
Unter der Voraussetzung,daß die MARSHALL-LERNER-Bedingung erfüllt ist, wird der Zähler positiv, und die Abwertung führt zu einem Anstieg
des Volkseinkommens.
Die Wirkung einer Abwertung auf die Handelsbilanz läßt sich ermitteln,
wenn die Gleichung
(+)
(-X+)
(29)
HB = Ex(e) - eIm(e, Y) = 0
nach totaler Differentiation analog zur vorherigen Analyse umgeformt wird
zu
(30)
dHB =}m('IEx + '11m- 1) de - mdY,
und für dY der Wert aus(28) eingesetztwird. Unter Verwendungder Erweiterungstechnik von (13b) resultit;rt ausder Abwertung der Handelsbilanzeffekt
'1':
~
f
4. Der Einkommensansatz
(31)
-.
69
dHB = s Im(TjEz+ 111...
- 1) deo
s+m
Bei Gültigkeit der MARSHALL-LERNER-Bedingung löst die Abwertung
eine Verbesserungder Handelsbilanz aus. Der sich aus der Abwertung ergebendePrimäreffekt auf die Handelsbilanz wird allerdings durch den mit
der Einkommenssteigerung verbundenen Importanstieg im Ausmaß von
s/(s + m) abgeschwächt.
Graphisch ist die Wirkung einer Abwertung im e-Y-Diagramm (Abbildung 14) dargestellt. Aus den Gleichungen (28) und (30) ist ableitbar, daß
die Gleichgewichtskurve des Gütermarkts steiler verlaufen muß als die der
Handelsbilanz.Unter den gemachtenAnnahmen führt eine Abwertung der
Inlandswährung von eo auf el zu einem Anstieg des Einkommens von Y 0
auf Y I und einem Handelsbilanzüberschuß.Letzterer ist daraus ersichtlich,
daß die Abwertung von eoauf el höher ist, als die für die Beibehaltung des
Handelsbilanzgleichgewichtserforderliche Abwertung (vgl. Q' und Q").
.
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Abbildung 14: Einkommens- und Handelsbilanzeffekte einer Abwertung
bei Gültigkeitder MARSHALL-LERNER-Bedingung
4.7 Wirtschaftspolitische Implikationen
Ein wichtiges Ergebnis der Analyse ist, daß von einer autonomen Veränderung der Exporte eine Multiplikato~irkung auf das Einkommen von größer Eins und auf die Handelsbilanz von kleiner Eins erwartet werden kann.
70
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TeilII: Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
Es wird auch ersichtlich, daß eine Erhöhung der Inlandsnachfrage(Absorption) auf der einen Seite zu einer Einkommenssteigerungmit positiven Be-
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schäftigungseffektenund auf der anderen Seite zu einer Verschlechterung
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de~Handelsbilanzführt. Darausergibt sicheineklare Handlungsanweisung
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für die Wi~,~chafts~oliti~.Besteht in der Ausgangslageeine Unter~uslastu~g
der KapazItaten,
hangtdIeWahlder Maßnahmen
von der außenwIrtschaftlIchen Situation ab. Im Fall eines Leistungsbilanzüberschusses
sollte die Absorption erhöht werden, während im Fall einesDefizits eine Politik der Exportförderung; die durch eine Abwertung unterstützt werden kann, erfolgen sollte.
Die Analyse der Wirkung einer Abwertung hat gezeigt, daß diesebei Gültigkeit ,der MARSHALL-LERNER-Bedingung zu einer Verbesserung der
Handelsbilanz führt und eine Einkommenssteigerung auslöst. Sie hat den
Vorteil, daß die Beseitigung eines Handelsbilanzdefizits mit einem Einkommensanstiegverbunden ist. Dies gilt allerdings nur, solange es nicht zu einem internationalen Abwertungswettlauf kommt. Die Politik ist jedoch mit
all den Problemen verbunden, die bereits im Zusammenhangmit dem Elastizitätsansatzangesprochenworden sind.
Mit der Erweiterung des Ansatzesauf 2 Länder kann eindeutig die gegenseitige Abhängigkeit von Einkommens- und Handelsbilanzentwicklungen zwischenden Volkswirtschaften aufgezeigtwerden. In der wirtschaftspolitischen
Diskussion bildet dieser Ansatz die analytischeGrundlage für die sogenannte Lokomotivtheorie. Nach dieser Theorie sollte ein großes Land mit Handeisbilanzüberschüssenund unausgelastetembinnenwirtschaftlichen Produktionspotential - die Lokomotive - die inländische Absorption erhöhen,
um damit einen A.nstieg des Inlandseinkommens mit Multiplikatoreffekten
auch für die Importe zu erzeugen.In den Defizitländern soll über den damit
verbundenen Exportanstieg eine Einkommenssteigerungausgelöst werden,
die ihrerseits über steigendeImporte als Einkommenserhöhung auf das Lokomotivland zurückwirkt. Im Zuge dieses Prozesseswird insgesamtnicht
nur eine Erhöhung desWelteinkommens,sondern simultan auch eine Verringerung der Handelsbilanzüberschüsseund -defizite erwartet.
Bei der praktischen Ausgestaltungeiner an der Lokomotivtheorie ausgerichteten Wirtschaftspolitik dominiert die Vorstellung, die inländische Absorption über den Einsatz der Fiskalpolitik zu steuern. Dabei werden die zu erwartenden Effekte in ihrer quantitativen Bedeutung zumeist überschätzt. So
zeigt z. B. die Studie von SMEETS (1988), daß eine 11geEinkommenserhohung in der Bundesrepublik Deutschland die Importe zwar insgesamt um
1,85%, die Importe aus den USA aber nur um 0,12% steigenläßt.
Bei der Orientierung an der Lokomotivtheorie als Grundlage für ein wirtschaftspolitischesKonzept ist ferner zu bedenken,daß keine Aussagenüber
die Finanzierung von Budgetdefiziten gemacht werden. Implizit liegt dem
Ansatz wegen der Annahme e.ineskonstanten Preisniveauseine Defizitfinan-
~
4. Der Einkommensansatz
71
zierung durch Kredite des privaten Sektors zugrunde. In der Realität erfolgt
die Finanzierung aber häufig über die Schaffung von zusätzlichem Zentralbankgeld,so daß inflationäre Effekte nicht ausgeschlossen
werden können.
Abschließendist bei der wirtschaftspolitischen Beurteilung der Wirkung einer Abwertung im Rahmen des Einkommensansatzesdie vereinfachende
Annahmezu berücksichtigen, daß die Konsumgüterpreisedurch die Abwertung nicht berührt werden. In der Realität wird die abwertungsbedingteSteigerungder Importpreise jedoch die Konsumgüterpreise im Inland erhöhen,
so daß der Reallohn und der Realwert der Kassenhaltungsinken. Beides ist
erforderlich, um die Absorption zu verringern. Damit wird deutlich, daß
den Bedingungenauf dem Arbeitsmarkt und der Einhaltung einer restriktiven Geldpolitik eine Schlüsselrollefür den Erfolg der Abwertung zukommt.
...,
Literatur zu Kapitel 4
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4.1 Grundlagen
4.2 Gleichgewichtseinkommenund Handelsbilanz
4.3 Einkommens-und Handelsbilanzeffektevon Veränderungen desExports
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72
Teil11:Zahlungsbilanzanpassung
und Zahlungsbilanzpolitik
4.5 Einkommens- und Handelsbilanzeffekteeiner Veränderung der Absorption bei internationalen Rückwirkungen
4.6 Abwertung, Einkommen und Handelsbilanz
..
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I,

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