Überbrückung der oralen Antikoagulation bei interventionellen

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Überbrückung der oralen Antikoagulation bei interventionellen
MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Überbrückung der oralen
Antikoagulation bei
interventionellen Eingriffen
Rupert M. Bauersachs, Sebastian Schellong, Sylvia Haas,
Wiebke Gogarten, Hanno Riess, Heyder Omran
ZUSAMMENFASSUNG
SUMMARY
Einleitung: Die orale Antikoagulationstherapie (OAK) mit Vitamin-K-Antagonisten verhindert bei vielen Erkrankungen
thromboembolische Komplikationen. Um diesen Schutz bei
interventionellen oder chirurgischen Eingriffen zu erhalten,
ist häufig eine vorübergehende Umstellung auf Antikoagulanzien mit kürzerer Halbwertszeit, wie zum Beispiel Heparine, erforderlich (Bridging). In jedem Fall ist bei Patienten
mit Indikation zu dauerhafter Antikoagulation das periprozedurale Risiko eines Eingriffs größer als bei Patienten mit
gleichem Eingriff ohne diese. Methoden: Übersichtsarbeit
nach einer selektiven Literaturauswahl und nach Durchsicht der aktuellen Leitlinien des American College of
Chest Physicians. Ergebnisse und Diskussion: Wenngleich
eine Zulassung für niedermolekulare Heparine für diese Indikation nicht besteht, ist deren Verwendung sehr viel besser belegt als der Einsatz von unfraktioniertem Heparin.
Bei der Therapieentscheidung für oder gegen ein perioperatives Bridging sind das Thromboembolierisiko und das
Blutungsrisiko gegeneinander abzuwägen. Es gibt einige
Situationen, bei denen eine reduzierte Intensität oder eine
Beibehaltung der OAK möglich ist. Nach der aktuellen
Studienlage ist Bridging mit niedermolekularem Heparin
mindestens so sicher und wirksam wie mit unfraktioniertem Heparin. Es gibt aber deutliche Vorteile bezüglich Applikation, Nebenwirkungen sowie Steuerbarkeit, und es reduziert die Hospitalisierungszeit und die Behandlungskosten.
Dtsch Arztebl 2007; 104(18): A 1237–44.
PERIOPERATIVE BRIDGING OF ORAL
ANTICOAGULATION THERAPY
Schlüsselwörter: orale Antikoagulationstherapie, VitaminK-Antagonist, niedermolekulares Heparin, Bridging, Risiko,
Empfehlung
D
ie orale Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten ist bei vielen Erkrankungen eine
hochwirksame Maßnahme, um thromboembolische
Komplikationen zu verhindern. Bei diesen Patienten
können interventionelle Eingriffe oder Operationen
nötig werden, die wegen des Blutungsrisikos nicht unter der Gabe von Vitamin-K-Antagonisten (VKA)
durchgeführt werden können. Wenn VKA abgesetzt
werden, entsteht insbesondere bei Phenprocoumon
wegen der langen Halbwertszeit zwangsläufig eine
antikoagulatorische Lücke mit dem Risiko thromboembolischer Komplikationen. Um dieses Risiko zu
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Introduction: Oral anticoagulation (OAC) using vitamin K
antagonists (VKA) is a highly effective measure to
prevent thromboembolic complications. During surgery or
other invasive procedures it may, however, be necessary to
temporarily discontinue VKA therapy, as it could increase
the risk of bleeding during the procedure. In order to
sustain the protective effect, temporary substitution
(“bridging”) with heparin may be necessary. The
periprocedural risk for haemorrhage or thromboembolism
is higher in patients with an indication for OAC. Methods:
Selective literature review and taking into account the
American College of Chest Physicans’ current guidelines.
Results and Discussion: Even though there is no formal
labelling for the use of low molecular weight heparins
(LMWH) in this indication, LMWH has been well documented. In planning appropriate perioperative management,
patient specific thromboembolic risks must be balanced
against the procedural risk for bleeding. In certain instances, OAC may be continued during the procedure.
Bridging with LMWH is at least as safe and effective as
UFH, and offers substantial advantages. There are however
clear advantages in clinical application, side effects and
ongoing management, and reduces hospital stay and treatment cost.
Dtsch Arztebl 2007; 104(18): A 1237–44.
Key words: oral anticoagulation, vitamin K antagonist, low
molecular heparin, bridging, risk, recommendation
reduzieren, wird eine überbrückende Behandlung
(„Bridging“) mit einem Antikoagulans erforderlich,
das eine wesentlich kürzere Halbwertzeit hat und somit eine verlässliche und kurzfristige Steuerung erlaubt. Das Grundprinzip der überbrückenden Antikoagulation ist in der Grafik dargestellt.
Das klassische Konzept für die überbrückende Antikoagulation vom Verlassen bis zum Wiedererreichen
des therapeutischen Bereichs der oralen Antikoagulation (OAK) ist die Gabe von unfraktioniertem Heparin
(UFH) mit Dosisanpassung anhand der aktivierten
partiellen Thromboplastinzeit (APTT). Dies erfordert
Medizinische Klinik IV,
Max Ratschow-Klinik
für Angiologie,
Klinikum Darmstadt,
Darmstadt: Prof. Dr.
med. Bauersachs
Arbeitsbereich
Angiologie,
Medizinische Klinik III,
Universitätsklinik Carl
Gustav Carus,
Dresden: Prof. Dr. med.
Schellong
Institut für
Experimentelle
Onkologie und
Therapieforschung,
Technische Universität
München: Prof. Dr.
med. Haas
Klinik und Poliklinik
für Anästhesiologie
und operative
Intensivmedizin,
Universität Münster:
PD Dr. med. Gogarten
Medizinische Klinik
mit Schwerpunkt
Hämatologie und
Onkologie, Charité –
Universitätsmedizin
Berlin, Campus
Virchow Klinikum: Prof.
Dr. med. Riess
Abteilung Innere
Medizin, St. Marien
Hospital Bonn, Bonn:
Prof. Dr. med. Omran
A 1237
MEDIZIN
GRAFIK
KASTEN 1
Klinische Risikoabschätzung für
thromboembolische Ereignisse
Hohes Thromboembolierisiko
(circa 10 %/Jahr und mehr ohne Antikoagulation)
Tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie im
zurückliegenden Monat
Künstliche Herzklappen
Arterielle Embolie im zurückliegenden Monat
Vorhofflimmern mit Z.n. ischämischem Ereignis,
schwerer Herzinsuffizienz, Thrombus im linken Vorhof
oder dichten Spontanechos
Mittleres Thromboembolierisiko
(circa 4 bis 10 %/Jahr ohne Antikoagulation)
Schematische Darstellung der Überbrückung einer langfristigen Behandlung mit Vitamin-K Antagonisten für einen geplanten Eingriff am Tag „0“ mit unfraktioniertem oder niedermolekularem Heparin. Nach Absetzen des Vitamin-K-Antagonisten (in Deutschland zumeist Phenprocoumon) etwa eine Woche vor dem geplanten Eingriff kommt es zu einem allmählichen
Absinken der INR und des antikoagulatorischen Schutzes. Wird der therapeutische Bereich
der oralen Antikoagulation verlassen, so erfolgt eine gerinnungshemmende Überbrückung
(„Bridging“) durch das unfraktionierte oder niedermolekulare Heparin (grüner Bogen). Der
Eingriff selbst wird während einer kurzen Unterbrechung der Heparinbehandlung durchgeführt und – je nach Blutungsrisiko des Eingriffs und patientenindividuellen Bedingungen –
nach dem Eingriff wieder fortgesetzt. Postoperativ wird die orale Antikoagulation wieder eingeleitet und die Überbrückung mit Heparin so lange fortgesetzt, bis wieder ein Schutz durch
die orale Antikoagulation sichergestellt ist.
häufige, mindestens tägliche Laborkontrollen, um
rechtzeitig zu erfassen, wenn der therapeutische INRBereich unterschritten wird und die geeignete Dosis
des UFH zu titrieren. Da UFH in der Regel intravenös
mit Infusionspumpen gegeben wird, bedeutet dies eine zusätzliche, mehrtägige Hospitalisierung, die weit
über die für den Eingriff benötigte Zeit hinausreicht.
Dieses traditionelle UFH-Konzept ist mit der von
vielen Patienten gewünschten und von den Kostenträgern erzwungenen Verkürzung der Krankenhausverweildauer nicht vereinbar. Man setzt daher seit Mitte
der 1990er-Jahre vermehrt niedermolekulare Heparine (NMH) für diesen Zweck ein. Diese können – eine
normale Nierenfunktion vorausgesetzt – in therapeutischer Dosierung subkutan ohne Laborkontrolle und
individuelle Dosisanpassung und daher auch ambulant verabreicht werden. Darüber hinaus ist das Risiko
der Heparin-induzierten Thrombozytopenie Typ II
vermindert. Man kann davon ausgehen, dass in
Deutschland mittlerweile die Mehrzahl aller Episoden
von überbrückender Antikoagulation mit NMH durchgeführt wird.
Keines der am Markt verfügbaren NMH ist für die
Indikation der überbrückenden Antikoagulation explizit zugelassen. Es handelt sich daher um die Anwendung eines zugelassenen Medikaments in einer nicht
zugelassenen Indikation. Die Verwendung von UFH
dagegen ist gedeckt durch die allgemeine Zulassung
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Idiopathische tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie innerhalb des ersten Jahres
Vorhofflimmern mit begleitendem Diabetes mellitus,
arterieller Hypertonie oder höheres Lebensalter
Bioprothesen (erste 3 Monate)
Niedriges Thromboembolierisiko
(unter 4 %/Jahr ohne Antikoagulation)
Sekundäre tiefe Beinvenenthrombose oder Lungenembolie innerhalb des ersten Jahres
Idiopathisches Vorhofflimmern
Bioprothesen (nach 3 Monaten)
„zur Prophylaxe und Therapie arterieller und venöser
Thrombosen und Embolien“. Diese undifferenzierte
Indikationsstellung wurde bereits vor Jahrzehnten
formuliert, als zulassungstaugliche Studien noch
weitgehend fehlten. Diese Konstellation wirft 2
rechtliche Probleme auf: Zum einen könnte es bei
Komplikationen unter NMH (Thromboembolien oder
Blutungen) auch bei sachgerechter Anwendung zu
haftungsrechtlichen Konsequenzen für den verordnenden Arzt kommen, weil die Zulassung fehlt. Zum
anderen schreibt das SGB-V vor, dass die Verwendung zugelassener Medikamente in einer nicht zugelassenen Indikation nicht erstattungsfähig ist, wenn es
eine alternative zugelassene Medikation gibt.
In dieser Situation halten die Autoren es für geboten,
die Studiendaten zur überbrückenden Antikoagulation
zusammenzufassen, über die Behandlung des Themas
in internationalen Leitlinien zu berichten und Möglichkeiten für das praktische Vorgehen aufzuzeigen.
Thromboembolierisiko ohne Antikoagulation
Die häufigsten Gründe für eine langfristige Antikoagulation mit VKA sind das Vorhofflimmern, der mechanische Herzklappenersatz und die venöse Thromboembolie. Die überbrückende Antikoagulation bei
invasiven Eingriffen ist wegen des Thromboembolierisikos bei Aussetzen der Antikoagulation notwendig.
Dieses Risiko ist nicht nur bei verschiedenen Krank⏐ Jg. 104⏐
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heiten, sondern auch bei jeder einzelnen unterschiedlich hoch.
Krankheitsbilder, die eine orale Antikoagulation erfordern, lassen sich anhand des erwarteten Thromboembolierisikos in solche mit hohem (> 10 % pro
Jahr ohne OAK), mittlerem (4 bis 10 % pro Jahr
ohne OAK) und niedrigem Risiko (< 4 % pro Jahr
ohne OAK) unterteilen. Weitere Faktoren können das
Risiko beeinflussen: So erhöht beispielsweise beim
Vorhofflimmern eine gleichzeitig bestehende Herzinsuffizienz das Thromboembolierisiko; gleiches gilt
für den mechanischen Klappenersatz mit zusätzlichem Vorhofflimmern. Der zeitliche Abstand zu einem stattgehabten Ereignis äußert sich in der Rezidivrate: Innerhalb der ersten Monate nach venöser oder
arterieller Thromboembolie ist das Risiko wesentlich
höher als im späteren Verlauf. Kasten 1 fasst die klinische Risikoeinschätzung für thromboembolische Ereignisse zusammen.
Bei Erkrankungen mit niedrigem Thromboembolierisiko ist bei kurzfristig pausierter OAK eine überbrückende Antikoagulation nicht nötig. Hier ist eine
dem operativen Eingriff angemessene Standard-Thromboseprophylaxe ausreichend.
Blutungsrisiko bei verschiedenen Eingriffen
Das individuelle Blutungsrisiko eines Patienten hängt
sowohl von patientenspezifischen Faktoren ab, zum
Beispiel angeborene oder erworbene Hämostasestörungen, frühere perioperative Blutungen, Einnahme von
Aspirin oder nichtsteroidalen Antirheumatika, als auch
von der Art des Eingriffs, zum Beispiel Komplexität
des OP-Situs, Möglichkeiten der Blutstillung, Dringlichkeit des Eingriffs, Erfahrung des Operateurs. Interventionen lassen sich grob unterteilen in solche mit
„hohem“ und „nicht hohem Blutungsrisiko“ (1, 2, 3).
Im Allgemeinen ist das Blutungsrisiko bei kleineren Eingriffen gering; dagegen sind große chirurgische Eingriffe mit einem höheren Blutungsrisiko verbunden, zum Beispiel Tumorchirurgie (e2), urologische Eingriffe (e3), interventionelle kardiologische
Therapie und Herzchirurgie (e4, 4, 5) sowie Extraktion mehrerer Zähne beziehungsweise größere oralchirurgische Eingriffe (6). Gastrointestinale Polypektomien wurden als Eingriffe mit nicht hohem Blutungsrisiko eingestuft (1, 7); dennoch muss diese allgemeine
Einteilung nicht für alle Formen von Polypektomien
gelten. Komplikationen bei elektiven minimalinvasiven Operationen können unvorhergesehen einen offenen Eingriff notwendig machen und zu einem höheren
Blutungsrisiko führen. Bei neurochirurgischen Interventionen ist das Blutungsrisiko am höchsten, insbesondere wegen der schwerwiegenden Konsequenzen
einer Blutung im Operationsgebiet (3). Hüft- und
knieendoprothetische Operationen zählen zu den
Hochrisikoeingriffen für das Auftreten von venösen
Thromboembolien, können aber auch mit einem erhöhten Blutungsrisiko einhergehen (8). Augenchirurgische Eingriffe ohne retrobulbäre Anästhesie (ausgenommen komplexe Eingriffe), laparoskopische Chir⏐ Jg. 104⏐
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KASTEN 2
Klinische Risikoeinschätzung für
Blutungsereignisse
Beispiele für hohes Blutungsrisiko
Herzchirurgie
Operation eines abdominellen Aortenaneurysmas
Neurochirurgische Operationen, Laminektomie
Komplexe Tumorchirurgie
Transurethrale Prostataresektion
Bilateraler Kniegelenkersatz
Nieren- und Leberbiopsie
Extensive Oralchirurgie, multiple Zahnextraktionen
Interventionelle Kardiologie
Beispiele für nicht hohes Blutungsrisiko
Laparoskopische Chirurgie oder Cholezystektomie
Darmresektion, Hernienoperation, Hämorrhoiden-OP
GI-Polypektomie
Abdominelle Hysterektomie, Dilatation und Kürettage
Handchirurgie, Karpaltunnel-OP, Fußchirurgie,
Schulterchirurgie
Knie- und Hüftgelenkersatz
Dermatologische Chirurgie
Schrittmacher- und AICD-Implantation
Augenchirurgie (z. B. Katarakt, Trabekulektomie,
Vitreoretinalchirurgie); Komplexe Eingriffe (z. B. Augenlid, Tränendrüse, Orbitachirurgie) haben höheres
Blutungsrisiko
Endarteriektomie
Zahnärztliche Eingriffe (einfache Extraktionen, Mundhygiene, Prothetik)
Diagnostischer Herzkatheter
Gastrointestinale Endoskopie mit/ohne Biopsie
Bronchoskopie mit/ohne Biopsie
Arthroskopie
Biopsie (Prostata, Harnblase, Schilddrüse, Mamma,
Lymphknoten, Pankreas, Myokard)
urgie oder Cholezystektomie (7), dermatologische
Chirurgie (3) und die meisten zahnärztlichen Eingriffe (6, 9) haben kein hohes Blutungsrisiko. In der Oralchirurgie kann man länger andauernde Blutungen
meist durch eine lokale Behandlung oder Gabe eines
Antifibrinolytikums, zum Beispiel Tranexamsäure,
kontrollieren (9).
Kasten 2 zeigt eine Einteilung des vermuteten Blutungsrisikos, wie sie in einem prospektiven Register
verwendet wurde (1).
Klinische Daten zum
traditionellen Konzept mit UFH
Für die überbrückende Antikoagulation mit UFH gibt
es keine ausreichende Evidenz; 2 sehr kleine, offene
Studien mit insgesamt 59 Episoden (Tabelle 1), davon
eine Studie aus dem Jahre 1978 bevor die Good
Clinical Practice-Standards eingeführt wurden. So-
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TABELLE 1
Studienübersicht zur perioperativen Bridging-Therapie mit unfraktioniertem Heparin
Studie
Indikation für
Bridging
Operation
n
Dosis
Katholi (23)
mechanische
Herzklappen
13 x große,
39
13 x kleine Chirurgie
APTT-gesteuert
> 1,5–2 x
0
3
1
2
Mehra (10)
nicht
spezifiziert
Oralchirurgie
Bolus 80 IE/kg
i.v., dann 18 IE/
kg/h i.v., danach
APTT-gesteuert
0
2
0
2
0
KI 0,0–6,0
5 (8,5 %)
KI 3,0–19,0
1 (1,7 %)
KI 0,0–9,1
4 (6,8 %)
KI 1,9–16,4
Thromboembolie
Gesamt
20
59
Ereignisse
Blutungen Blutungen
gesamt
schwer
Blutungen
nicht
schwer
APTT: Aktivierte Partielle Thromboplastinzeit; KI: Konfidenzintervall
weit aufgrund der begrenzten Fallzahl beurteilbar, ergab dieses klassische Konzept der überbrückenden
Antikoagulation eine Thromboembolierate von unter
1 % (95-%-Konfidenzintervall: 0,0 bis 6,0 %) bei einer
Rate von schweren Blutungen von etwa 1,7 % (95-%Konfidenzintervall: 0,0 bis 9,1 Prozent). Letztere war
geringer, wenn man zur Dosisanpassung von UFH ein
Nomogramm verwendete.
das Erreichen und Aufrechterhalten des Zielbereichs
der Antikoagulation (APTT für UFH, anti-Xa-Spiegel
für NMH) als Maß für die Qualität der Antikoagulation, sind NMH dem UFH signifikant überlegen: Der
Zielbereich wird schneller erreicht und stabiler aufrecht erhalten.
Kohorten zu NMH als überbrückende
Antikoagulation
Zusätzlich zu den genannten gibt es 2 randomisierte
Vergleichsstudien mit klinischen Endpunkten (11, 12)
(558 Patienten) und 2 Registerstudien über Episoden
von überbrückender Antikoagulation mit UFH und
NMH (1 388 Episoden) (13, 14). Insgesamt besteht
kein signifikanter Unterschied in der Häufigkeit von
Komplikationen, weder bei den Blutungen noch bei
den thromboembolischen Ereignissen. Die Hospitalisierungsdauer war bei Verwendung von NMH signifikant kürzer (Tabelle 3).
Bis Ende 2005 wurden über 10 prospektive Kohortenstudien mit insgesamt fast 3 000 Patienten publiziert, die NMH als überbrückende Antikoagulation erhalten hatten (Tabelle 2). Es befanden sich darunter alle Indikationen zur dauerhaften Antikoagulation sowie das gesamte Spektrum von operativen Eingriffen
und nicht-chirurgischen Interventionen. Am häufigsten waren Patienten mit chronischem Vorhofflimmern
vertreten, aber auch mehr als 900 Patienten mit
mechanischen Herzklappen wurden erfasst. Man verwendete sehr unterschiedliche Dosisregime der verschiedenen NMH. Am häufigsten strebte man die
volle therapeutische Antikoagulation an. Sie entspricht der Dosis, die vom jeweiligen Hersteller zur
Akutbehandlung der Beinvenenthrombose oder der
Lungenembolie empfohlen wird. Die in diesen Kohortenstudien beobachteten Raten thromboembolischer
Komplikationen lagen im Bereich zwischen 0 und 4 %
und die Raten schwerer – zumeist postoperativer –
Blutungen im Bereich zwischen 0,2 und 6,7 %. Die
kumulativen Ereignisraten betrugen 0,75 % (95-%Konfidenzintervall: 0,5 bis 1,1 %) für Thromboembolien und 1,6 % (95-%-Konfidenzintervall: 1,2 bis
2,2 %) für schwere Blutungen.
Vergleich von UFH und NMH
anhand von Surrogatparametern
2 Studien, eine Kohortenstudie und eine randomisierte Studie (4, 10) mit insgesamt mehr als 500 Patienten haben die Qualität der überbrückenden Antikoagulation mit UFH und NMH verglichen. Nimmt man
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Klinische Vergleichsstudien
zwischen UFH und NMH
Datenlage
Die vorgestellten Daten lassen sich zu folgenden Kernaussagen zusammenfassen:
Ein a priori festgelegtes Vorgehen zur überbrückenden Antikoagulation hält die Rate an Komplikationen niedrig. Dies gilt sowohl für UFH und NMH,
als auch für alle Indikationsgebiete von Vitamin-KAntagonisten und für Eingriffe jeder Art. Insbesondere ergeben die derzeit vorliegenden Daten keine signifikanten Unterschiede zwischen UFH und NMH.
Während der überbrückenden Antikoagulation
und unmittelbar nach dem Eingriff ist das Blutungsrisiko in allen berichteten Kohortenstudien ein häufigeres Problem als das Thromboembolierisiko. Blutungskomplikationen können wegen der dadurch erforderlichen Eingriffe ins Gerinnungssystem thromboembolische Ereignisse zur Folge haben.
Patienten mit mechanischem Herzklappenersatz
in Mitral- oder Aortenposition erhalten übereinstimmend für alle NMH die sogenannte volle therapeutische Dosis. Sie entspricht der vom jeweiligen Hersteller für die Akutbehandlung der venösen Thromboem⏐ Jg. 104⏐
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TABELLE 2
Studienübersicht zur perioperativen Bridging-Therapie mit niedermolekularem Heparin (körpergewichtsadaptiert, s.c.)
Studie
Indikation für
Bridging
Operation
Patienten
Thromboembolien
Ergebnisse
Blutungen Blutungen
gesamt
schwer
Blutungen
nicht
schwer
Spandorfer
(24)
Mechan. Herzklappen Verschiedene große
Vorhofflimmern
chirurgische Eingriffe
Hyperkoagulation
20
0
3
1
2
Galla (e25)
Mechan. Herzklappen Nichtkardiale Chirurgie
60
0
3
k.A.
k.A.
143
0
19
2
17
82
0
9
1
8
Johnson (26) Mechan. Herzklappen Große Chirurgie inkl.
Vorhofflimmern
Herzchirurgie
VTE
Apoplex
Ferreira (27) Mechan. Herzklappen Große Chirurgie
Herzkatheter
Minimal inv. Chir.
Omran (28)
Mechan. Herzklappen Aorten- u. MitralVorhofflimmern
klappenersatz
362
0
29
1
28
Dunn (29)
VTE
Vorhofflimmern
260
4
k.A.
9
k.A.
Turpie (e30) Mechan. Herzklappen Elektive Chirurgie
Invasive Verfahren
174
1
k.A.
4
k.A.
Hammerstingl (31)
Vorhofflimmern
Operationen mit hoher
Mechan. Herzklappen (n = 34) u. niedriger
(n = 166) Blutungsgefahr
200
0
19
0
19
Tinmouth
(e32)
Vorhofflimmern
Herzkatheter
Mechan. Herzklappen Zahnextraktionen
VTE
Biopsien
24
0
2
0
2
Große Chirurgie
Endoskopien
Dentalchirurgie
Biopsien
47
2
2
0
2
Mechan. Herzklappen Herzkatheter
Vorhofflimmern
Urol. Chirurgie
Dentalchirurgie
Orthopädie
Endoskopie
224
8
k.A.
15
k.A.
Douketis (1) Mechan. Herzklappen Operationen mit hohem
Vorhofflimmern
(n = 108) und niedrigem
Embolischer Insult
(n = 542) Blutungsrisiko
650
2
38
6
32
Baudo (e35) VTE
Große Chirurgie n = 68
Vorhofflimmern
kleine Chirurgie n = 409
Klappen- und Bypasschirurgie
Dil. Kardiomyopathie
Apoplex
394
25
2
9
4
5
Halbritter
(17)
286
3
k.A.
5
k.A.
48 (1,6 %)
KI 1,2–2,2
115 (3,9 %)
KI 3,0–5,0
Wilson (e33) Mechan. Herzklappen
Vorhofflimmern
VTE
Herzinsuffizienz
Kovacs (34)
Venöse Thromboembolie
Vorhofflimmern
Mechan. Herzklappen
Nicht spezifiziert
Kathetereingriffe,
Schrittmacherimplantationen, Endoskopien, Allgemeinchirurgie, Orthopädische Chirurgie, Kardiovaskuläre Chirurgie
Gesamt
2 951
22 (0,75 %) 133 (4,5 %)
KI 0,5–1,1
VTE, venöse Thromboembolie; KI, Konfidenzintervall
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A 1241
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TABELLE 3
Vergleichsstudien zwischen UFH (i.v., APTT-kontrolliert) und NMH (s.c., körpergewichtsadaptiert)
als Bridging-Therapie
Studie
Patienten
Ergebnisse
Montalescot (10)
Herzklappenchirurgie
UFH: n = 106; NMH: n = 102
Tag 2: 87 % der NMH-Pat. waren im ther. Bereich, nur 9 %
der UFH-Pat. hatten eine therap. PTT
Beh.-Ende: 19 % der NMH-Pat. waren überantikoaguliert vs.
62 % der UFH-Pat.; 2 schwere Blutungen in jeder Gruppe
Stellbrink (11)
Vorhofflimmern: n = 496
Endpunkt Mortalität, schwere Blutungen, Embolien: 2,8 %
NMH vs. 4,8 % UFH
Omran (22)
Vorhofflimmern, Herzklappenersatz oder beides:
n = 68
Zeit bis Erreichen effektiver Antikoagulation signifikant
kürzer unter NMH; Anteil der Tage mit effektiver Antikoagulation unter NMH signifikant höher
Spyropoulos
(e11)
1 077 Patienten unter Langzeittherapie mit Vit.-KAntagonisten
Dauer der Hospitalisierung kürzer in der NMH-Gruppe;
Inzidenz unerwünschter Ereignisse gleich
Spyropoulos
(14)
246 Patienten mit
künstlichen Herzklappen
NMH genauso wirksam und sicher wie UFH, aber unter
NMH kürzere Hospitalisierungsdauer
Fanikos (12)
63 Patienten vorgesehen für
Herzklappenersatz (NMH:
n = 29, UFH = 34)
NMH genauso effektiv und sicher wie UFH, aber unter
NMH kürzere Hospitalisierungsdauer
bolie empfohlenen Dosierung. Ob die Applikation
einmal oder zweimal täglich erfolgen sollte, ist ungeklärt. Im Gegensatz zu Klappen älterer Bauweise (Kugel-Käfig-Prothesen) könnte bei Patienten mit moderneren Klappen in Aortenposition, die einen Sinusrhythmus und keine Herzinsuffizienz haben, auch eine
halbtherapeutische Dosis ausreichend sein; dies legen
erste Registerdaten nahe (13).
Für die überbrückende Antikoagulation mit NMH
bei Patienten mit Vorhofflimmern und bei Patienten
nach venöser Thromboembolie besteht keine Übereinkunft in der Wahl des Dosisregimes. Die meisten Daten liegen für die Verabreichung der vollen therapeutischen Dosis vor. Es gibt allerdings Hinweise, dass die
halbe therapeutische Dosis genauso effektiv ist.
Bisher hat man den optimalen Zeitpunkt für die
letzte Dosis NMH vor dem Eingriff nicht systematisch
untersucht. Diese Frage betrifft nicht nur das eingriffsbedingte Blutungsrisiko, sondern auch die
rückenmarknahe Anästhesie. Die meisten Daten beziehen sich auf ein Dosisregime, bei dem NMH 24 h
vor dem Eingriff zuletzt gegeben wurde. Diese
Verfahrensweise scheint das Risiko einer thromboembolischen Komplikation auch bei Trägern von
Kunstklappen nicht zu erhöhen und dem Problem der
rückenmarknahen Anästhesie am ehesten Rechnung
zu tragen.
Leitlinien
Die aktuellen Leitlinien des American College of
Chest Physicians (15) (www.chestnet.org/education/
guidelines/currentGuidelines) zur überbrückenden
Antikoagulation beziehen sich auf Warfarin, das eine
wesentlich kürzere Halbwertszeit als Phenprocoumon
hat. Man kann 3 Risikoklassen für thromboembolische Ereignisse differenzieren, vergleichbar mit der in
A 1242
Kasten 1 zusammengefassten Einteilung. Bei Patienten mit hohem Risiko soll Warfarin 4 Tage vor einem geplanten Eingriff abgesetzt werden. Sobald die
INR abfällt, wird unfraktionertes oder niedermolekulares Heparin gegeben (15). Nach dem Eingriff wird
die Bridging-Therapie bis zum Erreichen einer INR
von 2,0 bis 3,0 überlappend fortgeführt. In dieser Leitlinie verwendet man UFH und NMH zur überbrückenden Antikoagulation gleichwertig.
In Europa liegen Leitlinien der kardiologischen
Fachgesellschaft zur Bridging-Therapie bei Patienten
mit Vorhofflimmern und Patienten mit mechanischem
Herzklappenersatz vor (www.escardio.org/knowledge/
guidelines, 2001). Die gemeinsamen Leitlinien der
europäischen und amerikanischen kardiologischen
Fachgesellschaften (www.guideline.gov; www.circu
lationaha.org) empfehlen die überbrückende Antikoagulation für Patienten mit Vorhofflimmern, wenn die
Unterbrechung der Antikoagulation länger als 7 Tage
andauert, was in den meisten Fällen zutrifft. NMH
und UFH werden gleichermaßen empfohlen und die
Heparindosis wird nicht spezifiziert.
Fazit für die Praxis
Bei Patienten mit dauerhafter Antikoagulation ist
das periprozedurale Risiko eines invasiven Eingriffs
(Blutung und Thromboembolie) höher als bei Patienten ohne dauerhafte Antikoagulation. Diese Tatsache
ist unabhängig von den Modalitäten der überbrückenden Antikoagulation und muss mit dem Patienten im
Aufklärungsgespräch besprochen werden.
In den zitierten aktuellen Leitlinien werden wegen fehlender aussagekräftiger, direkter Vergleichsstudien NMH und UFH gleichermaßen empfohlen.
Allerdings ist – entgegen der derzeitigen Zulassungssituation – die Verwendung von NMH zur über⏐ Jg. 104⏐
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brückenden Antikoagulation mit einer vielfach größeren Patientenzahl bedeutend besser belegt als die Verwendung von UFH.
Soweit eine derartig unterschiedliche Datenlage
einen Vergleich überhaupt gestattet, muss davon ausgegangen werden, dass die überbrückende Antikoagulation mit NMH mindestens so sicher und wirksam ist wie
mit UFH. Dies gilt für alle Grunderkrankungen, die eine Antikoagulation mit VKA erfordern, und für Prozeduren, die eine Unterbrechung und Überbrückung der
oralen Antikoagulation notwendig machen.
In diesem Zusammenhang muss auch erwähnt
werden, dass bei vielen Eingriffen die Antikoagulation mit VKA nicht vollständig unterbrochen werden
muss. Dies betrifft die meisten dermatologischen und
zahnärztlichen Eingriffe, sofern es sich nicht um kieferorthopädische Operationen handelt, sowie viele augenärztliche Eingriffe am vorderen Augenabschnitt.
Unabhängig vom Zulassungsstatus soll bei der
überbrückenden Antikoagulation Folgendes beachtet
werden:
– Nutzenabwägung des Eingriffs gegen die Risiken
der Umstellung in der Antikoagulation (Blutung,
thromboembolisches Ereignis)
– Einbeziehung des Patienten in die Risiko-Nutzen-Abwägung (Aufklärung)
– explizite Festlegung der zu verwendenden Dosis
unter Beachtung der Datenlage.
Alle genannten Punkte sind ebenso bedeutsam,
wenn sich ein Arzt für die überbrückende Antikoagulation mit UFH entscheidet. Bei NMH muss die verminderte Ausscheidung bei Niereninsuffizienz berücksichtigt werden.
UFH und NMH haben sich in der praktischen Anwendung bewährt. Um in dieser Indikation als Standard zu gelten, fehlt beim UFH jedoch der hierfür geforderte umfangreiche wissenschaftliche Beleg und
für NMH die jahrzehntelange Anwendungserfahrung.
Die Verwendung von NMH anstelle von UFH ist
wegen der wesentlich kürzeren Hospitalisierungsdauer bei Weitem kostengünstiger, was – entsprechend
dem generellen Wirtschaftlichkeitsgebot des SGB-V –
bei der Erstattung der Arzneimittelkosten des NMH
berücksichtigt werden muss.
Diese Übersicht bezieht sich nicht auf die Verwendung von NMH zur Antikoagulation von schwangeren Patientinnen mit mechanischem Herzklappenersatz. Diese Patientinnen brauchen eine besondere
hämostaseologische Betreuung.
Interessenkonflikt
Prof. Riess erhielt Vortrags-/Beratungshonorare von Herstellern von unfraktioniertem Heparin, niedermolekularem Heparin und Vitamin-K-Antagonisten (Braun, GSK, Leo, Novartis, Pfizer, Roche, Sanofi-Aventis) sowie Studienunterstüzung durch GSK, Leo, Novartis, Sanofi-Aventis.
Prof. Schellong erhielt Votragshonorare von Herstellern von unfraktioniertem
Heparin, niedermolekularem Heparin und Vitamin-K-Antagonisten (Braun,
GSK, Leo, Pfizer, Roche, Sanofi-Aventis) sowie Studienunterstützung durch
die Firmen Pfizer, Sanofi-Aventis, GSK.
Prof. Bauersachs erhielt Vortragshonorare von Herstellern von unfraktioniertem Heparin, niedermolekularem Heparin und Vitamin-K-Antagonisten
(Braun, GSK, Leo, Pfizer, Roche, Sanofi-Aventis) sowie Studienunterstützung
durch die Firma Pfizer.
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Deutsches Ärzteblatt⏐
Prof. Omran erhielt Vortragshonorare von GSK, Pfizer, Novartis, Astra Zeneca, Sanofi-Aventis.
Prof. Haas erhielt Vortragshonorare von Herstellern von unfraktioniertem Heparin und niedermolekularem Heparin (Novartis, GSK, Pfizer, Sanofi-Aventis)
sowie Studienunterstützung durch die Firma Sanofi-Aventis.
PD Gogarten erhielt Vortragshonorare von Astra Zeneca, GSK, Organon,
Boehringer Ingelheim.
Manuskriptdaten
eingereicht: 1. 6. 2006; revidierte Fassung angenommen: 20. 10. 2006
Danksagung
Das Manuskript entstand aus den Diskussionen der BOAT-Arbeitsgruppe
(Bridging Oral Anticoagulation Therapy): Prof. Dr. med. Rupert M. Bauersachs, Darmstadt; Prof. Dr. med. Sebastian Schellong, Dresden; Prof. Dr.
med. Sylvia Haas, München; PD Dr. med. Wiebke Gogarten, Münster;
Dr. Christoph Hammerstingl, Bonn; Prof. Dr. med. S. Rübenacker, Langenau;
Dr. med. Fokko de Haan, Solingen; Dr. med. Stephan Eder, Konstanz;
Prof. Dr. med. Hanno Riess, Berlin; PD Dr. med. Michael Spannagl, München;
Prof. Dr. med. Heyder Omran, Bonn
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Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Rupert M. Bauersachs
Medizinische Klinik IV
Max Ratschow-Klinik für Angiologie
Klinikum Darmstadt
Heidelberger Landstraße 379
64297 Darmstadt-Eberstadt
E-Mail: [email protected]
@
The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt.de/english
Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:
www.aerzteblatt.de/lit1807
REFERIERT
Langzeitergebnisse der PPI-Therapie
beim Barrett-Ösophagus
In vielen Leitlinien wird bei der Zylinderzellmetaplasie der Speiseröhre
(Barrett-Ösophagus) eine medikamentöse Langzeittherapie mit Protonenpumpenhemmern (PPI) empfohlen, sogar bei asymptomatischen Patienten. Die Autoren berichten über eine prospektive Studie an 188 Patienten
mit einem Barrett-Ösophagus, die 1 bis 13 Jahre lang mit PPI therapiert
wurden. Insgesamt konnte man 966 Behandlungsjahre auswerten. Hinsichtlich der Längsausdehnung der Zylinderzellmetaplasie kam es zu keiner Veränderung. 48 % der Patienten entwickelten jedoch Plattenepithelinseln im Zylinderepithel. Bei 6 Patienten bildete sich eine Dysplasie,
3 Studienteilnehmer erkrankten an einem Adenokarzinom. Somit betrug
die Karzinominzidenz 0,31 %. Das primäre Therapieziel, nämlich eine
Regression des Barrett-Epithels zu induzieren, wurde nicht erreicht.
w
Cooper BT et al.: Continous treatment of Barrett's oesophagus patients with proton pump inhibitors up to 13 years: observations on regression and cancer incidence.
Aliment Pharmacol Ther 2006; 23: 727–33. E-Mail: [email protected].
Weniger Leberzirrhose bei Kaffeetrinkern
Kaffee schützt möglicherweise vor der Entwicklung einer Alkoholzirrhose, fanden Forscher des Kaiser Permanente Medical Care Programms heraus. Die prospektive Beobachtungsstudie basiert auf den
Daten von 125 000 Versicherten, die zum Zeitpunkt der Erstuntersuchung zwischen 1978 und 1985 nicht an einer Lebererkrankung litten.
Bis 2001 diagnostizierten die Forscher bei 330 Probanden eine Leberzirrhose. Für die Auswertung wurden aber nur Daten von 199 Personen
berücksichtigt.
Im Vergleich zu Personen, die keinen Kaffee tranken, lag das Risiko,
eine Leberzirrhose zu entwickeln, beim Konsum von 1 Tasse bei einem
„odds ratio“ von 0,7, bei 1 bis 3 Tassen pro Tag ein „odds ratio“
von 0,6 und bei 4 und mehr Tassen von 0,4. Auch bezüglich der Transaminasenaktivität fand man, in erster Linie bei alkoholischer Leberzirrhose, signifikante Unterschiede: Aspartat-Aminotransferase und
Alanin-Aminotransferase waren bei Kaffeetrinkern signifikant niedriger
als bei Nichtkaffeetrinkern, zum Beispiel bei Konsum von 4 und mehr
Tassen pro Tag waren die Transaminasen nur halb so häufig erhöht. w
Klatsky AL et al.: Coffee, cirrhosis and transaminase enzymes. Arch Intern Med 2006; 166: 1190–5.
E-Mail: arthur.klatsky @ kp.org
A 1244
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Deutsches Ärzteblatt⏐
MEDIZIN
ÜBERSICHTSARBEIT
Überbrückung der oralen
Antikoagulation bei
interventionellen Eingriffen
Rupert M. Bauersachs, Sebastian Schellong, Sylvia Haas,
Wiebke Gogarten, Hanno Riess, Heyder Omran
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