Der Einfluß von Finanzierungs
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Der Einfluß von Finanzierungs
Der Einfluß von Finanzierungs- und Pachtvarianten auf die Wirtschaftlichkeit von Multiplexen Einleitung Als zu Beginn der 90er Jahre die ersten Multiplexe ihre Pforten öffneten, war ein gewisser experimenteller Charakter der Projekte nicht zu leugnen. Nach den Erfolgen der Häuser in Hannover, Essen, Bochum, Köln und im Main-Taunus-Zentrum konnte das Experiment als geglückt angesehen werden – zumindest was die Wirtschaftlichkeit der Multiplexe anbelangt. Beflügelt von dem Erfolg der frühen Jahre ließen Vorreiter und Nachahmer mit neuen Projekten nicht lange auf sich warten. Heute sehen wir uns einem Multiplexboom gegenüber, der einen gigantischen Strukturwandel der gesamten Filmtheaterbranche zur Folge haben wird. Die Auswirkungen struktureller und kultureller Art soll hier nicht zum Gegenstand der Betrachtungen werden, vielmehr sollen die wirtschaftlichen Aspekte der Einzelprojekte vor dem Hintergrund dieser Sonderkonjunktur beleuchtet werden. Finanzierungskonzeptionen Der betriebswirtschaftliche Erfolg eines Kinos hängt zunächst lediglich von zwei elementaren Variablen ab: 1. Die Anzahl der Besucher bzw. die Auslastung 2. Die Kosten der Errichtung des Multiplexes Bei der Planung und Konzeption eines Multiplexes kann das Besucherpotential nur auf Basis von Prognosen über Wachstum und Verdrängung in einem definierten Markt quantifiziert werden. Schätzungen, Vergleiche zu anderen Städten mit ähnlichen Voraussetzungen und die realistische Einschätzung der derzeitigen und kommenden Konkurrenzsituation führen zu einer Bandbreite von zu erwartenden Besucherzahlen. Hier liegt demnach ein gewisser Risikofaktor. Die Risiken korrespondieren mit den Investitionskosten: mit steigenden Kosten sind für einen rentablen Betrieb natürlich immer höhere Mindestbesucherzahlen erforderlich. Allerdings herrscht in dieser zweiten Variable eine deutlich höhere Sicherheit, zumindest dann, wenn durch eine gute Planung und seriöse Beratung die projektierten Kosten auch tatsächlich eingehalten werden können. Die durch die Infrastruktur eines Multiplexes verursachten Betriebskosten sind neben dem gewünschten Standard, den Grundstückspreisen und den Auflagen der Kommunen auch von der Art der Finanzierung abhängig. Als die gängigen Finanzierungskonzepte kann man die Betreiberfinanzierung von der Mietfinanzierung voneinander unterscheiden. Betreiberfinanzierung Die Betreiberfinanzierung hat den Charme, daß sich das gesamte Projekt, wenn nicht sofort, so doch nach Ablauf der Kapitaldienstleistungen im Eigentum des Betreibers befindet. Man spricht deshalb auch von einer Betreiberimmobilie. Mit anderen Worten: Der Betreiber des Kinos ist gleichzeitig auch der Investor, wobei aus steuerlichen und haftungsbedingten Gründen häufig die Errichtung und der Betrieb des Objektes durch zwei Unternehmen (Besitz- und Betriebsgesellschaft) erfolgt. 1 F i n a n z i e r u n g s k o n z e p tio n e n B e tre iberfin a n z i e r u n g M i t t e lherkunft M ietfin a n z i e r u n g kla s s i s c h E igen-/Frem d k a p ita l: 3 0 % / 7 0 % P riva tinvestor Leasing Investorengem e inschaft V o ll- b z w . T e ila m o rtisa tio n Fonds M i t t e lverw e n d u n g Rohbau S h e ll v e redelt G rund Im m o b ilie Inventar schlüsselfertig Abbildung 1: Finanzierungskonzeptionen Klassisch Die eleganteste Art der Finanzierung ist die klassische Mischung aus Eigen- und Fremdkapital. Häufig fragen die Banken noch bevor sie über das Projekt informiert sind nach dem verfügbaren Eigenkapital. Wird bei Gesamtinvestitionskosten im zweistelligen Millionenbereich nicht mindestens 15% Eigenkapital nachgewiesen, ist die Gesprächsbereitschaft häufig schon beendet. Eine gesunde Finanzierungsstruktur ist bei einem Eigenkapitalanteil von 20 bis 30% gegeben. Diese wird jedoch nur in seltenen Fällen anzutreffen sein. Selbst ein mittelständisches Unternehmen, welches vielleicht in den vergangenen 30 Jahren ein gewisses Sicherheitspolster verdient hat, wird nur ungern seine gesamten Reserven in ein Projekt stecken. Gleichwohl ist diese klassische Finanzierung nur dort anzutreffen, da die Vielzahl der Projekte bei den Multiplexkettenbetreibern Eigenkapital nicht (mehr) zuläßt. Typisch für eine Beleihungszusage großer Bankinstitute ist die dargestellte Eigenkapitalquote, eine realistische Besuchererwartung, volle persönliche Haftung unabhängig von der gewählten Rechtsform und die Tilgung des Darlehens innerhalb von 15 bis 20 Jahren. Leasing Eigentum und nicht vorhandenes Eigenkapital müssen sich nicht notwendigerweise ausschließen. Wenn ein Immobilienleasing mit Vollamortisation bzw. Teilamortisation mit Mieterdarlehen kombiniert wird, erfolgt die Bildung von Eigenkapital erst durch den laufenden Betrieb. Bei diesem Vertragsmodell wird durch die Zahlung der laufenden Leasingraten die Investition bereits während der ersten Mietperiode zu 100% refinanziert. Die Leasingraten gliedern sich in einen aufwandfähigen Teil (Zinsen und Tilgung in Höhe der Abschreibung) sowie in ein nicht aufwandfähiges Mieterdarlehen. Die Mieterdarlehenszahlungen entsprechen der Differenz zwischen der 100%igen Tilgung und der kumulierten linearen Abschreibung und sind im Normalfall zum Mietende identisch mit dem beim Eigentumsübergang zu zahlenden Kaufpreis in Höhe des linearen steuerlichen Restbuchwertes. Der zwischen Leasingnehmer und -geber geschlossene Leasingvertrag sieht meist eine Laufzeit von 15 bis 20 Jahren mit einem linearen (gleichbleibenden) Leasingratenverlauf vor. Nach einer Anlaufphase von etwa fünf Jahren enthält die jährliche Leasingrate ein anteiliges Mieterdarlehen, welches nach 18 Jahren dem Kaufpreis in Höhe des Restbuchwertes entspricht. Nach Ablauf des Leasingvertrages 2 geht die Immobilie in das Eigentum des Betreibers über. 100% 80% 60% 40% 20% 0% 1. Jahr 5. Jahr 10. Jahr Zinsanteil Tilgung Mieterdarlehen 18. Jahr Verwaltungskosten Abbildung 2: Zusammensetzung der Leasingrate bei Teilamortisation mit Mieterdarlehen Mietfinanzierung Multiplexe sind eine teure Angelegenheit, weshalb es großen wie kleinen Unternehmen schwer fällt, eine Betreiberfinanzierung für ihr Projekt zu realisieren. Der häufigste anzutreffende Fall deutscher Multiplexe ist deshalb die Mietfinanzierung. Hierbei tritt der Kinobetreiber als Pächter auf. Der Verpächter finanziert das Objekt in der Regel in einer Mischung aus Eigen- und Fremdkapital. Die Voraussetzung zur Fremdfinanzierung des Verpächters sind analog zur Betreiberfinanzierung, wobei häufig eine Annuitätengarantie verlangt wird. Diese besagt nichts anderes, als das der Verpächter auch dann seinen Kapitaldienst zu erbringen hat, wenn der Pächter seine Pacht nicht bezahlen kann. Privatinvestoren Gängigste Art der Mietfinanzierung ist die Anmietung eines Gebäudes, welches von einem Privatinvestor errichtet und finanziert wird. In diesem Fall erwirbt ein Investor das Grundstück und errichtet das Gebäude, welches er dann an den Betreiber verpachtet. Die Pachtverträge haben üblicherweise eine Dauer von mindestens 15 Jahren mit entsprechenden Verlängerungsoptionen und sind durch Mietgarantien zumindest kurzfristig angesichert. Fonds Bei einem Fonds schließen sich mehrere Privatinvestoren bzw. Anleger zusammen, um ein Multiplex zu realisieren. Dabei sind die Privatanleger in der Regel die Kommanditisten einer KG und haften nur mit ihrer Einlage. Bei dem Fondsmodell des Cinestar Dortmund mit Gesamtkosten von rund 68 Mio. DM, hat das Eigenkapital (Kapital der Anleger) einen Anteil von 40%. Die übrigen 60% sind Fremdkapital, welches von der KG aufgenommen wird. Das Pachtverhältnis des Betreibers unterliegt der gleichen Regelung wie der beim Privatinvestorenmodell. Das Spektrum der Investitionskosten Unabhängig davon wie und durch wen die Finanzierung erfolgt, umfaßt die Investition drei wesentliche Bereiche: Grund und Boden, Gebäude und die Inneneinrichtung bzw. das Inventar, das zum Spielbetrieb notwendig ist. In vielen Fällen kommen Kosten für ein Parkhaus, neue Verkehrsführung oder für „ Gefälligkeiten“ , die insbesondere beim Grundstückskauf aus kommunalem Eigentum auftreten, hinzu. Diese Gefälligkeiten können die neue Verkehrsführung, Ampelanlagen oder die Sanierung von angrenzenden öffentlichen Gebäuden sein und den effektiven Kaufpreis für das Grundstück in die Höhe treiben. 3 Grund und Boden Der Streit über Sinn bzw. Unsinn von Grüne-Wiese- oder Innenstadtlagen findet häufig seine Erklärung in den Grundstückspreisen. Die Entscheidung für ein Engagement in der Stadt oder ein Geländes außerhalb wird deshalb auch von den Preisen beeinflußt. Während die Grundstücke in neu zu errichtenden Industriegebieten teilweise bei unter 50 DM/m2 liegen, wird bei attraktiven Standorten in der City mitunter mehr als das 20fache verlangt. Ist die Fläche im Stadtzentrum darüberhinaus begrenzt, werden die Baukosten durch Tiefbau und die späteren Betriebskosten durch mehrgeschossigen Hochbau erhöht. Interessant ist dabei vor allem die Tatsache, daß Kommunen aufgrund positiver Einflüsse für die Stadtentwicklung häufig die Nutzung von Innenstadtlagen bevorzugen, ohne der Versuchung zu widerstehen, den derzeitigen, harten Kampf der Kinounternehmen um Standorte durch Forderungen - Stichtwort: Parkplatzablösesummen auszunutzen, die den Gang auf die grüne Wiese geradezu provozieren müssen. Neben der Kommune sind es vor allem ehemalige Produktionsbetriebe und die Bundesbahn, die Flächen innerorts veräußern. Diese auch Konversionsflächen genannten Grundstücke haben oft den Nachteil, daß der Grund durch Altlasten und durch darauf befindliche Gebäude einen zunächst günstigen Kaufpreis wieder relativieren. Oder aber wie im Fall von Mainz: es werden archäologische Funde gemacht, die das Gesamtprojekt wenn nicht vehindern so doch zumindest verzögern. Da Grundstücke keinem Werteverzehr unterliegen, können die dafür aufgewandten Investitionen nicht abgeschrieben werden. Eine Alternative bietet die Erbpacht auf 30 oder 60 Jahre, die meist eine günstige Variante darstellt. Gebäude Größter Kostenfaktor bei der Gesamtinvestition Multiplex bilden die Baukosten für die Errichtung des Gebäudes. Kostendeterminanten sind vor allem die Größe, die Höhe und die Gründung im Erdreich. Die Integration von Flächen, die für Läden, Gastronomie oder anderen Einrichtungen verwendet werden, erhöhen weiterhin die Baukosten, denen allerdings Mieterlöse gegenüberstehen. Neben den reinen Baukosten sind die Anschlußkosten, Baunebenkosten etc. zu berücksichtigen, die teilweise noch einmal 20% der Baukosten ausmachen. Die Gesamtkosten für die Immobilie belaufen sich je nach Standard zwischen 5.000 und 13.000 DM pro Sitzplatz bei einem Neubau. Einige Multiplexe sind in denkmalgeschützten Gebäuden untergebracht wie die Stadthalle in Lübeck, das MovieDick in Esslingen in der ehemaligen Messerfabrik Dick, Omniplex in einer Zuckerfabrik in Halberstadt oder der Metropolis Premierenpalast im Volksbildungsheim aus der Gründerzeit in Frankfurt. Der Charme dieser historischen Bauwerke hat seinen Preis. Sie sind gegenüber einem Neubau mindestens 20% teurer und hinsichtlich räumlicher Gliederung, Flächennutzung und Sicherheitsaspekten mit Restriktionen behaftet, die so manchen Kompromiß in funktionaler Hinsicht notwendig machen. Inventar Die Abgrenzung zwischen der Immobilie und dem Inventar ist nie trennscharf, muß aber bei Pachtverträgen präzise definiert werden. Bei der Verpachtung eines Rohbaus kann man deshalb die sogenannte Shell, den unveredelten Rohbau, vom veredelten Rohbau unterscheiden. Eindeutig zum Inventar gehören die Bestuhlung, die Projektionstechniken, Leinwände, Theken, Beleuchtungskörper und die technische Infrastruktur. Schwieriger wird die Zuordnung von Wandbespannungen, Schallschutztüren, Klimaanlagen, festinstallierte Dekorelemente (Sternenhimmel im Foyer, Wandgemälde). Hilfreich bei der Abgrenzung sind die abschreibungsbedingten Nutzungsdauern und der Grundsatz, daß das Wesen des Inventars darin besteht, daß ohne Beschädigung eine Demontage erfolgen kann. Wesentlich bei der Pachtvertragsgestaltung ist die eindeutige Definition der Einrichtungen und Gegenstände, die gepachtet werden und wie Instandhaltung und Erneuerung geregelt sind. Wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Kosten des Inventars ist die Anzahl der Plätze. Für das reine Kinoinventar liegen diese zwischen 1.500 bis 4.000 DM pro Sitzplatz. Die Höhe ist letztlich abhängig vom angestrebten Komfort und Ausstattung sowie der Anzahl der Säle, auf die die Plätze verteilt werden. Das Spektrum der Gesamtinvestitionskosten weist demnach eine Streuung auf, die im Regelfall zwischen 6.500 und 19.000 DM angesiedelt ist (vgl. Abb. 3). Der sich darin befindliche Ansatz für das Grundstück ist stark vereinfacht, da die zu erwerbende Fläche häufig in keinem Zusammenhang zu benötigten Fläche steht und damit auch Auswirkungen auf den Baukörper hat. Deshalb sind die Grundstückskosten pro Sitzplatz eine Hilfsgröße. Als Faustformel haben sich über Jahre 10.000 DM pro Sitzplatz zzgl. der Grundstückskosten als brauchbare, erste Richtgröße erwiesen. 4 Kosten pro Sitzplatz für Grund Immobilie Inventar Summe (gerundet) Grüne Wiese, eingeschossiger Bau, einfache Ausstattung 20 bis 100 5.000 bis 6.000 1.500 bis 2.200 6.500 bis 8.500 Mittelstadt 1 B-Lage, zweigeschossig, mittlere Ausstattung 50 bis 300 6.000 bis 7.000 2.000 bis 3.000 8.000 bis 10.500 Großstadt, 1 B-Lage, mehrgeschossig, gehobene Ausstattung 300 bis 800 7.000 bis 9.000 2.500 bis 3.500 10.000 bis 13.500 Großstadt, 1 A-Lage, mehrgeschossig, gehobene Ausstattung 700 bis 1.000 8.000 bis 10.000 3.000 bis 4.000 11.700 bis 15.000 Metropole, 1A-Lage, mehrgeschossig, Baudenkmal, Luxusausstattung 1.000 bis 2.000 9.000 bis 13.000 3.000 bis 4.000 13.000 bis 19.000 Abbildung 3: Kosten in DM pro Sitzplatz in unterschiedlichen Stadtgrößen und Qualitätsmerkmalen Das obere Spektrum der dargestellten Kosten ist in der Regel auf unterschiedliche Konstellation der Projektrealisation zurückzuführen. Am teuersten sind die Objekte immer dann, wenn Projektentwickler und/oder Baukonzerne beteiligt sind. Dies ist fast immer der Fall, wenn das Multiplex Bestandteil einer größeren Baumaßnahme mit verschiedenen Freizeit-, Gastronomie und Einkaufsangeboten ist. Auf der einen Seite stellt das Kino zwar dann eine Art Ankermieter und Frequenzbringer dar, gleichzeitig sind dort die Erfolgsrisiken aufgrund der hohen Investition und der nur kaum vorhandenen alternativen Nutzungsmöglichkeiten am höchsten. Umgekehrt sind die Projekte am günstigsten, wenn man den Bau allein mit einem professionellen Bauunternehmer oder Generalunternehmer realisieren kann. Pachtberechnungsmodelle der Praxis Wie bereits erwähnt, sind die meisten deutschen Multiplexe von den Betreibern gepachtet. Der Regelfall ist die Verpachtung eines veredelten Rohbaus. Wesentlich ist dabei, daß der Rohbau und die Veredelung bereits den Betreiberwünschen Rechnung tragen und die zukünftigen Mieter damit auch Einfluß auf die Baukosten haben. Die Verpachtung des „ nackten“ Rohbaus (Shell) findet man vergleichsweise selten. Als unüblich kann die schlüsselfertige Pacht angesehen werden, zumindest dann, wenn Betreibergesellschaft und Investor voneinander unabhängige Unternehmen sind. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Der Investor hat keine Handhabe wie z.B. das Verpächterpfandrecht, um seine Interessen durchzusetzen. Das Risiko liegt einzig beim Verpächter, der Pächter hat – da ohne Eigenkapital – wenig zu verlieren. In der Kinobranche findet man verschiedene Ansätze, wie eine Pacht berechnet werden kann bzw. auf welcher Basis diese erfolgt. Analoge Überlegungen und Berechnungen gelten natürlich auch für Fälle des Eigeninvestments, um zu einer der Pachtbelastung äquivalenten Kostengröße zu gelangen. Umsatzbezogener Ansatz Bei der Umsatzpacht wird der Nettokartenerlös als Basis für die Berechnung der monatlichen Pacht herangezogen. Diese Variante findet sich praktisch kaum in Multiplexen wieder, da hierbei das Risiko für den Verpächter nicht kalkulierbar ist. In traditionellen Kinos werden zwischen 10 und 15% des Nettokartenerlöses als Pacht abgeführt. Wesentlich für die Höhe ist der technische Standard des Kinos und was Gegenstand des Pachtvertrages (spielfertiges Haus oder Inventar ist Eigentum des Pächters). Häufig wird die Umsatzpacht mit einer Mindest-Garantie versehen. 5 Kapazitätsbezogener Ansatz Ebenso wie Kosten pro Sitzplatz ermittelt werden, findet man bei der Pacht die analoge Betrachtung: Die Pacht pro Sitzplatz. Sie ist letztlich eine Hilfsgröße zur besseren Vergleichbarkeit, denn sie orientiert sich vor allem am Investitionsvolumen des Investors. Hier schwanken die Werte - je nach Investitionshöhe und Art der Finanzierung - zwischen 40 und 120 DM. Flächenbezogener Ansatz Ähnlich wie der kapazitätsbezogene Ansatz bildet auch der Flächenansatz nur eine Vergleichsgröße. Gerade bei Multiplexen mit zahlreichen Nebenflächen, die mindestens ebenso so groß sind wie die Saalflächen vernachlässigt dieser Wert auch die unterschiedlichen Kosten. Große Multiplexe haben 2 einen Platzbedarf inkl. aller Nebenflächen von etwa 2,2 bis 2,5 m pro Sitzplatz. Dabei machen die 2 Säle lediglich 1 bis 1,2 m pro Platz aus. Die übrigen Flächen beanspruchen die Foyers, die Projektionsräume, Toiletten, Verwaltung, Lager und sonstiges. Auch hier belaufen sich die Kosten zwischen 14 und 40 DM pro Quadratmeter. Kostenbezogener Ansatz Üblich und der exakteste Wert bildet der kostenbezogene Ansatz. In dieser Variante ist die Pacht eine Funktion des Investitionsvolumen und liefert dadurch ein Abbild von Risiko und Gewinnerwartung. Für den Kinobetreiber verträgliche Werte liegen bei 8 und 10 Prozent des Investitionsvolumens als Jahrespacht, jedoch reicht das Spektrum von 6 bis im Extremfall 13%. Die Ursachen für derartige Spannen sind die erwähnte Renditeerwartung und Gewinnaufschläge auf die Baukosten bei großen Baukonzernen. Auch Fonds mit hohen Gesellschaftskosten können die Pachten in die Höhe treiben. Die geringsten Pachten werden dort erzielt, wo der Projektentwickler bzw. Investor dem Kino als Frequenzbringer eine für alle anderen Bereiche wichtige Funktion beimißt. In einem solchen Fall „subventioniert“ der Initiator die Pacht bzw. verzichtet auf hohe Renditen, um weitere Mieter für das Ensemble zu gewinnen. Auch eine kleine Anzahl von Privatinvestoren, die sich in einem Kinoprojekt engagieren, bleiben mit ihren Renditeforderungen meist auf dem „ Teppich“ , um dadurch das Risiko zu mindern. Rentabilitätsvergleich verschiedener Eigentums- und Pachtvarianten Im folgenden Fallbeispiel werden die Auswirkungen verschiedener Eigentums- und Pachtvarianten auf die Rentabilität der Objekte dargestellt. Als Grundlage wird ein fiktives Multiplex mittlerer Größe mit einer Kapazität von 2000 Plätzen und neun Leinwänden angenommen. Für das Grundstück wird ein Preis inkl. aller Grundstückskosten von 1,5 Mio. DM und für den veredelten Rohbau 8.000 DM pro Sitzplatz unterstellt. Dies sind die Minimalkosten, die für den Betreiber im Fall einer Betreiberimmobilie (Variante 1) anfallen. Die Kosten für das Inventar belaufen sich auf 3.000 DM pro Platz, wurden aber in allen Varianten konstant gehalten, da sie in jedem Fall vom Betreiber aufzubringen sind. Die Gesamtinvestitionskosten (inkl. Grundstück) in der preiswertesten Variante (bei Eigentum) ist somit bei rd. 11.750 DM pro Sitzplatz anzusiedeln. Um die Auswirkungen unterschiedlicher Eigentum- bzw. Pachtvarianten vergleichen zu können, sind folgende Prämissen gesetzt worden: • • Um bei den verschiedenen Eigentumsvarianten auf eine der Pacht vergleichbare Belastung zu kommen, wurden die Darlehen auf Annuitätenbasis berechnet. Der Zinssatz beträgt 6%, die anfängliche Tilgungsleistung von rund 3% erlaubt eine planmäßige Refinanzierung der Investition innerhalb einer Laufzeit von 20 Jahren. Neben der Annuität bzw. der Jahrespacht wurden als zusätzliche Kenngrößen eine monatliche Pacht pro Sitzplatz bzw. pro Quadratmeter sowie ein Äquivalent zur Umsatzpacht ausgewiesen. Der Kartenumsatz berechnet sich aus 700.000 Besucher bei einem durchschnittlichen 2 Eintrittspreis zu 12 DM brutto. Bei dem flächenbezogenen Ansatz haben wir 2,4 m pro Platz unterstellt. In Abbildung 4 werden zunächst zwei Eigentums- und zwei Pachtvarianten dargestellt. Um die Grundzüge der Varianten deutlich machen zu können, sind bestimmte, typische Fakten unterstellt (zur Höhe der Investitionskosten, zur Gewinnerwartung beteiligter Partner), die den Regelfall gut charakterisieren, von denen es in der Praxis aber immer wieder Ausnahmen gibt. 6 Eigentumsvarianten: 1. Variante: Betreiber ist zugleich Bauherr bzw. Investor. Dies kann die günstigste Variante des Eigentumserwerbs darstellen, wenn es gelingt, die vielfältigen Herausforderungen in Punkto Vorplanung, Konzeption und Projektmanagement zu bestehen. Die Realisation von Investitionen im zweistelligen Millionenbereich sollte nicht unterschätzt werden. Häufig fehlen Erfahrungen und damit auch Urteilskraft bei zahllosen Alternativentscheidungen, die im Laufe einer Realisierung notwendig werden. 2. Variante: Kauf von Projektentwickler bzw. Bauunternehmen. Auch in dieser Variante wird Eigentum erworben, allerdings in „ schlüsselfertiger“ Version. Ein von einem Projektentwickler entwickeltes Grundstück und von einem Bauunternehmen erstelltes Gebäude ist häufig mit Mehrkosten verbunden, schlicht und einfach, weil eine zusätzliche Gewinnmarge finanziert werden muß. Die Mehrkosten wurden gegenüber der Variante 1 mit 2 Mio. DM angesetzt. Abweichungen im Einzelfall sind in jeder Richtung denkbar. Pachtvarianten: Multiplexe, häufig aber auch kleinere Kinocenter, werden öfter gepachtet als selbst errichtet. Als Anbieter kommen verschiedene Initiatoren in Betracht: Privatinvestoren, Projektentwickler, Bauunternehmen oder Anlagefonds. Die Renditeerwartungen sind in hohem Maße unterschiedlich, gleich mit welcher Anbietergruppe man es zu tun hat. Variante 3: Im Kern ausschlaggebend ist die Funktion eines Kinos innerhalb einer Gesamtmaßnahme und die Attraktivität des Standortes für den Betrieb von Filmtheatern. Je höher diese Attraktivität eingeschätzt wird, desto erbarmungsloser schlagen die Gesetze von Angebot und Nachfrage zu. Im Ergebnis kommt es zu Pachtbelastungen, die deutlich über den Aufwendungen für eine eigene Immobilie liegen, auch ohne den Effekt fehlender Eigentumsbildung in Rechnung zu stellen. Prinzipiell lukrative Standorte werden so nicht selten zu einer Stätte potentiellen Geldwechselns, jedenfalls aus Sicht des Kinobetreibers. Die finanziellen Auswirkungen einer solchen Konstellation sind in der Variante 3 dargestellt, in der man es in der Regel mit professionellen Projektentwicklern und Bauunternehmen zu tun hat. Um es vorwegzunehmen: diese Konstellation stellt mit Abstand die „ teuerste“ Variante dar, da kein Eigentum geschaffen wird und gleichzeitig hohe Renditen und kostenintensive Strukturen mitfinanziert werden müssen. In der Regel sind hier 10% der Investitionssumme als Jahrespacht nicht zu unterschreiten. Variante 4: Festzustellen bleibt aber, daß dies keine Zwangsläufigkeit darstellt. Denn es sind auch Fälle bekannt, in denen mit Blick auf die herausragenden Vorzüge eines Filmtheater für Komplementärnutzungen besonders günstige Konditionen vereinbart werden konnten. In solchen Fällen ergeben sich dann Belastungen, die unterhalb der Aufwendungen für ein Eigeninvestment liegen, bei denen somit ein Investor ein partielles Defizit aus der anteiligen Kinoinvestition in Kauf nimmt. Denkbar ist dies indes nur an Standorten, deren Potenz für das Kinogeschäft zurückhaltend eingeschätzt wird und für die anders als an kinoattraktiven Standorten - keine mehr oder weniger große Zahl von Betreibern Schlange steht. Häufig sind es Privatinvestoren, die primär eine nur mäßig über dem Kapitalmarktniveau liegende Verzinsung des Kapitals kalkulieren bzw. dieses Niveau sogar in Einzelfällen unterschreiten. Was dies für die Rentabilität des Kinos bedeutet, ist in der Variante 4 dargestellt. Die Ergebnisse dieser verschiedenen Szenarien sind in der unten stehenden Abbildung 4 dargestellt. In der ersten Spalte sind noch Varianten 1 bis 4 der Investor/Betreiberkonstellation aufgeführt. In der zweiten Spalte befinden sich die Gesamtinvestitionskosten (GIK), die sich aus Grundstück und veredelten Rohbau ergeben. Soweit es sich um Pachtvarianten handelt, sind die GIK als nachrichtliche, fiktive Größe zu betrachten, die darauf aufmerksam machen will, daß sich die Kalkulationsbasis abhängig von den beteiligten Akteuren durch zusätzliche Gewinnmargen verändern kann. Die dritte Spalte weist den Prozentsatz der GIK aus, der bei Pachtvarianten die Grundlage für die Jahrespacht ist. In der vierten Spalte ist die Jahrespacht bzw. die Annuität bei der Eigentumsvariante ausgewiesen. In den folgenden drei Spalten sind die Vergleichswerte aufgeführt. Die letzte Spalte weist den jährlichen Unterschied in den Kosten zur Variante 1 aus. 7 (Fiktive) GIK % der Belastung Kosten pro Kosten pro Äquival. ohne Inventar GIK pro Jahr Platz + Monat m2+Monat Ums.Pacht Diff. zu 1. ** 1. Betreiber als Bauherr u. Investor 17.500.000 8,72 1.526.000 63,57 DM 26,50 DM 20,0% 0 2. Kauf von PE und BU * (19.500.000) 8,72 1.700.000 70,84 DM 29,25 DM 22,3% 174.000 3. Pacht von (19.000.000) 10% 1.900.000 79,17 DM 32,99 DM 24,9% 374.000 12% 2.280.000 95,00 DM 39,58 DM 29,8% 754.000 14% 2.660.000 110,83 DM 46,20 DM 34,7% 1.134.000 6% 1.080.000 45,00 DM 8,75 DM 14,1% -446.000 8% 1.440.000 60,00 DM 25,00 DM 18,8% -86.000 10% 1.800.000 75,00 DM 31,25 DM 23,6% 274.000 PE und BU 4. Pacht von PrivatInvestoren (18.000.000) * PE = Projektentwickler, BU = Bauunternehmen ** Unterschied der jeweiligen Variante zur jährlichen Belastung (Annuit./Pacht) der ersten Variante Abbildung 4: Rentabilität auf Pacht- bzw. Annuitätenbasis nach verschiedenen Modellen Um die Ergebnisse sachgerecht zu bewerten, dürfen die Prämissen der Einzelberechnungen nicht vergessen werden. Danach spricht aus wirtschaftlicher Sicht eine ganze Menge für das Eigeninvestment, da nur in diesem Fall Eigentum an der Immobilie erworben werden kann. Die Berechnungen gehen, ohne dies besonders herauszustellen, von der Annahme aus, daß das Objekt nach Ablauf von 20 Jahren als Finanzierungslaufzeit keinen Restwert besitzt. Wegen des Charakters einer Spezialimmobilie ist diese Annahme durchaus gut zu begründen. Die Chance auf einen längeren Lebenszyklus als 20 Jahre ist sicher vage, aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit aber durchaus vorhanden. Im Minimum bleibt der Wert des Grund + Bodens, ganz vorsichtige Zeitgenossen mögen noch etwaige Abbruchkosten als Wertminderung in Ansatz bringen. Oft bleibt aber aufgrund einer zu dünnen Eigenkapitaldecke keine andere Wahl als die Pachtvariante. Die Auswirkungen verschiedener Konstellation in bezug auf Akteure und Standortqualitäten kommen in den Ergebnissen deutlich zum Ausdruck. Die in der Abbildung 4 ermittelten Kostenunterschiede beziehen sich auf ein einzelnes Jahr. Bei der Hochrechnung über die gesamte Laufzeit eines Projektes kann manchem gestandenen Kinounternehmer durchaus schwindelig werden: im ungünstigsten, dargestellten Fall muß über die Laufzeit zusätzlich ein zweistelliger Millionenbetrag aufgewendet werden. Der phänomenale Zustand, daß die Aufwendungen einer Pachtvariante unter den Kosten einer Betreiberimmobilie liegen, ist wie gesagt eher selten und nur bei weniger exponierten Standorten denkbar. Realistische Entscheidungsoptionen Die Quintessenz unserer Ausführungen könnte zu Depressionen Anlaß geben: mangels ausreichendem Eigenkapital kommt eine Betreiberimmobilie häufig nicht in Betracht, bei der sehr viel realistischeren Pachtvariante hingegen droht das Geschäft am Kinounternehmen vorbei zu gehen. Die Realisierung eines Multiplex-Vorhabens ist ein überaus komplexer Vorgang, der einen kühlen Kopf verlangt. Vieles kann schief gehen und dazu führen, eine gute Ausgangssituation im Wettbewerb um Standorte zu verlieren. Ein leider mittlerweile gängiges Beispiel macht die zusätzlich zur Finanzierung auftretenden Probleme deutlich: 8 • Betreiber X betreibt seit Jahrzehnten in der Mittelstadt mit 120.000 Einwohner Kino und bedient sowohl das Publikum, das den Mainstream wünscht als auch die Freunde der Filmkunst. In der Stadt werden Flächen der Bahn oder der Stadt frei zur Bebauung und ein Multiplex ist ebenso vorgesehen wie eine Shopping-Mall und andere Freizeit- und Einkaufsangebote. Natürlich werden Gespräche mit X geführt, der auch großes Interesse an dem Projekt zeigt, zumal er weiß, daß er seinen Standort nur retten kann, wenn er sich selbst engagiert. Der Auftrag für die Projektentwicklung wird von der Stadt an das Tochterunternehmen eines großen Baukonzerns vergeben. Nach den ersten Gesprächen mit dem örtlichen Kinobetreiber stellen sich schnell Differenzen bezüglich der Konditionen ein. Die Pachterwartungen des Investors decken sich nicht mit den Möglichkeiten oder den realistischen Erfolgsaussichten des Betreibers. So platzte beispielsweise die im Wettbewerb siegende Bietergemeinschaft zwischen dem örtlichen Betreiber und einem Baukonzern in Wiesbaden, weil die Pachtforderungen um 30% gestiegen sind. Da die Investoren dennoch an dem Kinoobjekt festhalten und oft nicht zu unrecht auf einen der großen Betreiber hoffen, der die geforderten (bisweilen auch notwendigen) Konditionen zu erfüllen bereit ist, kann der Standort für den örtlichen Betreiber verloren gehen. Welche Konsequenzen kann ein mittelständischer „ Kino-Independent“ daraus ziehen. Wir sehen einige wichtige Regeln, die das unternehmerische Handeln bestimmen sollten: • • • • • Sicherung der kommunalen Unterstützung; Eigentum ist unter Kostengesichtspunkten der Pacht in der Regel vorzuziehen, vor allem wenn durch die Übernahme persönlicher Bürgschaften für langjährige Pachtverpflichtungen die Risikostrukturen letztlich identisch sind; Optimale Know-How-Sicherung durch Partnerschaften oder externe Beratung; Konsequente Beachtung der wirtschaftlich tragfähigen Konditionen, d.h. Definition einer eindeutigen Obergrenze; Sicherung der eigenen Rechtsposition im Verhältnis zu Investoren bzw. Projektentwicklern vor der häufig zentralen Grundstückstransaktion. Vor allem der letzte Punkt sollte bereits in einem frühen Stadium des Projektes beachtet werden. Der Wettbewerbsvorteil lokaler Unternehmen ist nicht selten verschenkt, wenn es professionellen Investoren erst einmal gelungen ist, sich selber durch ein anfänglich konzertiertes Auftreten mit dem örtlichen Betreiber den Zugriff auf den Grund und Boden zu sichern. Dies kann der Betreiber durch Kauf des Grund und Bodens oder durch den Abschluß verhältnismäßig detaillierter Vorverträge, die Kostenobergrenzen und Ausbaustandards definieren, verhindern. Eine weitere Empfehlung ist notwendig, auch wenn sie nicht uneingeschränkt Freunde schaffen mag: im sprichwörtlichen Sinne „ großes Kino“ ist ohne eine weitgehend vorbehaltlose Risikobereitschaft kaum möglich. Die Einstellung, vorhandenes Privatvermögen durch eine möglichst 100%-ige Verlagerung des Risikos auf andere Beteiligte (Banken oder Investoren) sichern zu können, ist nicht selten anzutreffen. Oft stellt dies im nachhinein eine zentrale Ursache dafür dar, im Standortwettbewerb den Kürzeren gezogen zu haben. Wer uneingeschränkt zum Risiko und zu den damit verbundenen Konditionen steht, hat bessere Chancen, den Anspruch auf den Löwenanteil der zu erwartender Gewinne durchzusetzen. Wer das Risiko nicht allein tragen will oder kann, sollte akzeptieren lernen, daß die Partner innerhalb eines Projektes damit auch einen legitimen Anspruch auf einen Teil der Renditeaussichten erwerben. Ein für alle Partner dauerhaft gutes Geschäft setzt voraus, ein ausgewogenes Verhältnis von Chancen und Risiken zu finden. April 1998 Kim Ludolf Koch und Thomas Pintzke, RMC medien consult 9