TU Bergakademie Freiberg
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Akustische Bohrlochmessverfahren Grundlagen und Einteilung der Methoden Ziel: Untersuchung des Gebirges und des Bohrlochausbaus mit elastischen Wellen. Wellentypen: Refraktierte Wellen: Akustiklog, Zementlog (Cementbondlog), Reflektierte Wellen: Akustischer Bohrlochfernseher, Hohlraumvermessung, Geführte Wellen an der Grenzfläche Formation/Spülung: Stoneley-, Pseudo-Raleigh-Welle. Physikalische Grundlagen Formulierung der Wellengleichung in Zylinderkoordinaten, Stetigkeitsbedingungen für die Bohrlochwand, Einbeziehung der elastische Eigenschaften von Bohrlochinhalt und Formation. Annahme Homogene, isotrope (orts- und richtungsunabhängige) elastische Eigenschaften = 2 Moduln, Gneise, Schiefer: ausgeprägte Anisotropie (Schichtungsanisotropie). Die Ausbreitungsgeschwindigkeiten elastischer (seismischer) Wellen sind von den elastischen Gesteinseigenschaften abhängig; für ein homogen, isotropes Medium gilt: vP = vS = E 1 −ν ⋅ d (1 +ν )(1 − 2ν ) µ d = E 1 ⋅ d 2(1 +ν ) vP ; vS - Geschwindigkeit der Kompressionswelle (Primär- oder Longitudinalwelle) bzw. der Scherwelle (Sekundär- oder Transversalwelle), E; µ ;ν - Dynamische Elastizitätszahlen (Elastizitätsmodul, Schubmodul, Poissonzahl) d - Dichte. 0 ≤ ν ≤ 0.5 → vP ≥ 2vS Messgrößen Geschwindigkeit v (m/s, km/s), Slowness (Langsamkeit) ∆t = auf die Längeneinheit von 1m bezogene Laufzeit (µs/m), Streuung = f (Gesteinsaufbau). 0 vP in m / s 2000 6000 4000 8000 Kristalline Gesteine -sauer -basisch Metamorphe Gesteine Sedimentgesteine -Anhydrit -Dolomit -Kalkstein -Sandstein -Schluffstein,Shale Lockergesteine -wassergesättigt -trocken, feucht 1000 400 300 250 200 dtP in µs / m 150 Mittlere Laufzeiten und Geschwindigkeiten der P-Welle in verschiedenen Medien Material ∆tP (µs / m) vP (m / s) Sandstein 182 5500 Kalkstein 156 6400 Dolomit 143 7000 Ton 200 - 500 2000 -5000 Süßwasser 715 1400 Wasser (20%NaCl) 620 1610 Stahl 187 5350 Zement 273 - 312 3200 - 3660 FG-Graugneis gnf 165 6063 FG-Graugneis gnk 166 6028 gnf – innerer Freiberger Graugneis d = 2.71 g/cm³ (Orthogneis, granodioritisch) gnk – äußerer Freiberger Graugneis F = 2.74 g/cm³ (Paragneis, Biotitgneis) Petrophysikalische Abhängigkeiten der seismischen Geschwindigkeiten Abnahme der Geschwindigkeit mit zunehmender Porosität Zeitmittelgleichung: Porositätsbestimmung mit Tonkorrektur, Unterschiedliche Wirkung von gasförmigen und flüssigen Poreninhalten auf vP und vS , Methoden der Gasdetektion aus vP / vS - Verhältnis, Nichtlinearer Druck- bzw. Tiefeneinfluss. Zeitmittelgleichung Verfestigte tonfreie Sedimente: ∆t = (1 − Φ )∆t F + Φ∆t P = ∆t F + Φ (∆t P − ∆t F ) 1 1− Φ Φ = + v vF vP v, ∆t - gemessene Geschwindigkeit bzw. Laufzeit pro m, vF , ∆t F - Geschwindigkeit bzw. Laufzeit der porenfreien Festsubstanz, vP , ∆t P - Geschwindigkeit bzw. Laufzeit des Porenfluids. Tonige Sedimente: ∆t = (1 − Φ − VT ) ∆t F + Φ∆t P + VT ∆tT vT , ∆tT - Geschwindigkeit bzw. Laufzeit des Tones, VT - Tongehalt. Gestein Modell v,dt v, dt - Φ - Beziehung schematisch vF 1-Φ -VT Matrix F Φ Fluid P VT Ton elast. Welle Plattenmodell nach WYLLIE - volumenproportionale, ebene Platten für die Gestseinsbestandteile, - keine Wechselwirkungen zwischenden Bestandteilen, - Tonkorrektur: VT dtT n dtF ∆t F = ∑ Vi ⋅ ∆ti i =1 0 Φ= Φ korr = 0.1 0.2 Φ ∆t − ∆t F (v − v ) v P = F ∆t P − ∆t F (vF − vP )v (v F − v )v P ( v − v )v − VT F T P (v F − v P )v (vF − vP )vT Anwendung der Zeitmittelgleichung Verfestigte Sedimente mit Wasser-Ölsättigung, Unkonsolidierte Sedimente und hohe Gassättigung: falsche Porositätswerte. Akustiklog (aktives Bohrlochmessverfahren) Laufzeitmessung von Ultraschallwellen, Einsatz: meist offenes Bohrloch. Sondenaufbau Mehrere US-Sender (S), Frequenzbereich: kHz, Mehrere US-Empfänger (E), Einfachste Akustiklog-Sonde: 1 S; 2 E Eliminierung des Einflusses der Bohrspülung durch Laufzeitdifferenzmessungen t (E2) – t (E1) bei konstantem Kaliber, Fehlerquelle. Messdaten: Laufzeiten, Wellenbilder (full waveform) Akustiklog 2-Empfänger-Sonde und Wellenbilder E2 vm vFormation i E1 S vFormation = [t (E2) - t (E1)] / E1E2 L = E1E2 - Spacing vFormation t ( E 2) − t ( E1) = E1E 2 Wellentypen und Strahlenwege (zylindrisches Bohrloch) Spülungswelle, direkte Welle mit vm , nicht erkennbar (Interferenz mit S - Welle), Kopfwellen, refraktierte Wellen (vP , vS ) entlang der Bohrlochwand, wenn vP , vS > vm , Winkel der Totalreflexion i : sin i = vm / vFormation Pseudo-Rayleigh-Welle PsR und Stoneley-Welle St, elliptisch polarisierte Grenzflächenwellen entlang der Bohrlochwand. P - Welle: kürzeste Laufzeit, geringe Amplitude, S - Welle: etwa gleiche Laufzeit wie PsR - Welle, PsR - Welle: Dispersion (frequenzabhängige Geschwindigkeit), St - Welle: große Laufzeit, niederfrequent mit großer Amplitude. Full-Wave-Sonic-Sonde (Robertson Geologging) S2 Slowness: 71 cm ∆t = 106 vP = ∆t S1 ∆t − µ s / m vP t3 Amplitude t1 71 cm vP − m / s t2 Spacing L = 40 cm E1 ti − µ s Geschwindigkeit der P - Welle: t4 E2 (t2 + t3 ) − (t1 + t4 ) 2⋅ L P 1000 800 600 400 200 0 -200 -400 -600 -800 -1000 Wellenzug Registrierzeit: t = 0 … 1920µ s , Abtastintervall: 4 µ s , Tiefenauflösung: z = 20cm, Spurendarstellung. St S S; PsR Bhrg FG 3 z = 41.1m, S1 - E1 0 200 400 600 800 1000 t in µs 1200 1400 1600 1800 2000 Anwendungen Lithologie, Porositätsbestimmung, Gasnachweis aus vP / vS -Verhältnis, Permeabilitätsbestimmung, Analyse der Stoneley – Welle, Bestimmung mechanischer Gesteinskennwerte aus vP und vS POISSON-Zahl: ν= vP 2 − 2vS 2 2(vP 2 − vS 2 ) 2 Dynamischer Elastizitätsmodul: Edyn = 2vS (1 + ν ) d Unterstützung der Seismik (Geschwindigkeit - Tiefenfunktion). KL = (v F − v )v P (v F − v P )v Akustischer Bohrlochfernseher (ABF); Borehole Televiewer (BHTV) Bildmäßige Aufnahme (Scanner) der elastischen Eigenschaften der Bohrlochwand durch die Abtastung mit Ultraschallimpulsen. Einsatz auch bei trüber Spülung. Messprinzip Reflexion Messung von Laufzeit und Amplitude (Dämpfung) des „in sich“ reflektierten Ultraschallimpulses (Echolot – Prinzip). Messung Abtastung der Bohrlochwand mit einem rotierenden Ultraschall-SESystem, Messung von Laufzeit und Amplitude, Sondenfahrt mit v nach oben: spiralförmige Abtastung, Orientierungssystem in der Sonde Position des rotierenden Messkopfes und räumliche Einordnung der Messwerte. Probleme Exzentrizität der Sonde, Abweichungen vom zylindrischen Verlauf der Bohrung (Ausbrüche, Ovalität), Echo wird nicht in Richtung Empfänger reflektiert, Extremfall: uninterpretierbare Bilder. Akustischer Bohrlochferseher 0 Zentrierfedern 360° Amplitude Typische technische Parameter: Frequenz der US-Impulse: 800 kHz, Folgefrequenz (Takt) der US-Impulse: 300...700Hz, Rotationsfrequenz des Messkopfes: 3...6Hz, Sondenfahrgeschwindigkeit: 1...10m/min, Sondenlänge: 4 ... 5m. Beispiel: Takt: 600 kHz Rotationsfrequenz: 6 Hz = 100 US - Impulse / Umdrehung = Abtastung mit 3.6° Winkelschritten S-E v Orientierungssystem Messbedingungen Wasser- bzw. spülungsgefüllte Bohrung, Hoher Feststoffgehalt der Spülung Reflexion und Streuung an Spülungspartikel, Absorption der US – Energie. Messgrößen Laufzeit: detailliertes Kaliberlog Sondeninterne Kalibrierstrecke, Bestimmung der Spülungsgeschwindigkeit in situ, Orientierte radiale Kalibermessung, Räumliche Lage von Klüften bzw. Kluftsystemen, Spannungsfeld, Richtung der maximalen und minimalen Hauptspannung. Amplitude: Reflexionseigenschaften der Bohrlochwand Glatte kluftfreie Bohrlochwand: hohe Rx – Amplituden, Kluftbereiche, Trennflächen, Schichtfugen: niedrige Rx – Amplituden, Darstellung: farbcodierte Amplituden, Schichtgrenzen, Klüfte ergeben sinusförmige Abbilder, Berechnung von Richtung und Einfallen der Elemente unter Berücksichtigung von Kaliber und Neigung der Bohrung. Kombinierter Einsatz von elektrischen und akustischen Scannerverfahren Höhere Strukturauflösung, Analyse: Offene, gefüllte, verheilte Klüfte, Kluftmaße (Öffnungsweiten). BAKER ATLAS: STAR (Simultaneous Acoustic and Resistivity Imager) ABF: 1°Abtastung, 6 – Pad - Widerstandssystem mit insgesamt 144 Elektroden. Akustische Kavernenvermessung Reflexionsmessungen nach dem Echolot - Prinzip zur Bestimmung der dreidimensionalen Geometrie unterirdischer Hohlräume. Anlage und Betrieb unterirdische Speicher ausgesolte Salzkavernen, Ermittlung der Hohlraumkontur, Speichervolumen. Sondenaufbau Rotierende und kippbare Ultraschall - SE - Einheit zur echometrischen Vermessung, Flüssigkeitsgefüllt: Ultraschallfrequenz f > 23 kHz, Gasgefüllt: f = 16 Hz ... 23 kHz, höhere Absorption. In situ Ermittlung der Ausbreitungsgeschwindigkeit vMed im Füllmedium, Kalibrierstrecke: ca. 0.5m, Meßsystem zur Bestimmung der räumlichen Position der Sonde, Druck- und Temperatursensoren. Messung Ultraschall - SE - Einheit Laufzeitmessung ∆t des reflektierten Signals: S – Kavernenwand – E vMed ∆t Ermittlung des geometrischen Abstandes: ∆x = 2 Gasfüllung: Absorption der Schallenergie ist temperatur- und druckabhängig, Messung bei hohem Gasdruck, SE - Einheit rotiert bei horizontaler Wellenemission: Horizontalschnittscheibe, Messung in Tiefenschritten ∆z , Nicht erfasste Bereiche: Kavernenhimmel, Taschen im akustischen Schatten Kippung der Sensoreinheit. Echometrische Hohlraumvermessung Kalibrierung z2 z1 Horizontalschnittebene SE Auswertung Schnitt- und Raumdarstellungen der Hohlraumkontur. Zementlog (Cement Bond Log CBL) Aufgabe Lokalisierung des Zementkopfes und Untersuchung der Bindung von Verrohrung – Zement und Zement – Formation. Messung Amplituden- bzw. Dämpfungsmessung der refraktierten Welle am Empfänger, Aufzeichnung des vollen Wellenbildes. Gute Bindung von Verrohrung – Zement – Formation: Wellenenergie breitet sich zum größten Teil in der Formation aus, Niedrige Amplitude (hohe Dämpfung) = gute Zementation, Schlechte bzw. Fehlende Bindung: Wellenenergie läuft über die Rohrtour, Hohe Amplitude (niedrige Dämpfung) = schlechte Zementation. Zementlog E2 A E1 S Segmented Bond Tool E2 t E1 A t S Rohrtour Formation Zement 6 Arme, 60° versetzt, S-E-Anordnung, Andruck, Eliminierung der Spülung, Segmentweise (60°) Bestimmung der Dämpfung, Kanalbildung (channels) im Zement