Anlage

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Anlage
Landeshauptstadt
München
Referat für Bildung
und Sport
Sportamt
ANLAGE 4
Spitzensport in
München
Grundlagen zur Erstellung eines Konzepts
„Förderung des Spitzensports in München“
Landeshauptstadt München
Schulreferat-Sportamt
Verfasser:
Michael Asbeck, Karl Käufler, Daniel Platzer
Erstfassung November 2007, aktualisiert Juni 2011
Inhaltsverzeichnis
Kapitel
Seite
Einleitung
4
1.
Definitionen
5-8
1.1
1.2
1.3
1.4
1.5
Breitensport
Nachwuchssport
Leistungssport
Spitzensport (Hochleistungssport)
Fazit
6
6-7
7
8
8
2.
Wirkungen des Spitzensports
9 - 14
2.1
2.2
2.3
2.4
Marketing für den Standort München
Impulse für den Breitensport und die Gesundheit
Soziale Wirkung / Vorbildwirkung
Fazit
10 - 11
11 - 12
12 - 13
14
3.
Sport in Deutschland
15 - 28
3.1
3.2
Organisation im Grundsatz
Verbände und Vereine (Selbstverwaltung des Sports)
3.2.1 Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)
3.2.2 Organe des DOSB
3.2.3 Der organische Aufbau der Sportselbstverwaltung
Öffentliche Hand (öffentliche Sportverwaltung)
3.3.1 Grundsätze der Förderung
3.3.2 Bund
3.3.3 Länder
3.3.4 Kommunen
3.3.5 Zusammenfassung
Sportförderung in Deutschland
3.4.1 Spitzensportförderung
3.4.2 Nachwuchsförderung : Früh übt sich
3.4.3 Breitensportförderung
Fazit
15
15 - 18
16
16
17 - 18
19 - 22
19
19 - 20
20
20 - 21
21 - 22
23 - 26
23 - 24
25
26
27 - 28
3.3
3.4
3.5
Diskussionspapier Spitzensport in München
2
4.
Spitzensport in München / Bestandsaufnahme
29 - 34
4.1
4.2
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
Stützpunkte / Zentren / Sportstätten
Kooperation Schule – Leistungssport
Haus des Athleten
Partnerhochschulen des Spitzensports
Fachverbände / Sportvereine / Interessengemeinschaften
Bundeswehr / Bundespolizei
Veranstaltungen 1970 – 2010
Aktuelle Erfolge
29 - 30
30 - 31
31
31
32 - 33
33
33 - 34
34
5.
Leistungen der Landeshauptstadt München
35 - 37
5.1
5.2
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
5.8
Beiträge zum Sportstättenbau
Unterhalt von Sportstätten
Bereitstellung von Sportstätten
Zuschüsse für die Teilnahme an Bundesliga/Meisterschaften
Partnerschule des Leistungssports
Veranstaltungen
Ehrungen und Empfänge
Fazit – „was München leistet“
35
35 - 36
36
36
37
37
37
37
6.
Was kann eine Großstadt wie München tun ?
38 - 47
6.1
6.3
Nachwuchs-/Talentförderung
6.1.1 Altersgruppe 3 – 6 Jahre – Modellkindergärten
6.1.2 Kindersportschulen
6.1.3 Partnerschulen des Leistungssports
6.1.4 Auswahlinstrument – Talentsichtung
Bereitstellung von Infrastruktur
6.2.1 Investitionen (Bau, Sanierung, Instandsetzung)
6.2.2 Unterhalt/Betrieb von Sportanlagen
6.2.3 Überlassung/Anmietung/Unterkünfte
Veranstaltungen – Akquise, Zuschüsse
38 - 42
39 - 40
40
41
42
43 - 45
43 - 44
44
44 - 45
45 - 46
7.
Städtevergleich
8.
Stellungnahmen Dritter (Verbände, Vereine...)
9.
Schlussfolgerungen
Zukünftige Leistungen / Ausrichtung der Stadt München
6.2
Diskussionspapier Spitzensport in München
3
Einleitung
Der Sport ist ein Kulturphänomen unserer Zeit. Er prägt unser Leben durch eine Vielfalt
an Erscheinungsformen. Ein herausragender Stellenwert ist zweifelsohne dem
Leistungssport beizumessen, der viele Menschen weltweit in seinen Bann zieht. Die
Begeisterungsfähigkeit einer ganzen Nation für leistungssportliche Wettkämpfe wurde
an der Fußballweltmeisterschaft 2006 deutlich und spricht für sich.
Der Anspruch einer Großstadt, zugleich „Sportstadt“ zu sein, muss sich an den
Chancen für sportliche Talente, an der Realität der Talentförderung und am Profil des
Leistungs- und Spitzensports messen lassen. Als Olympiastadt ist München mit hohen
Erwartungen auf nationaler und internationaler Ebene konfrontiert. Unbestreitbar ist
das Prädikat „Fußballstadt“ angesichts der Bedeutung des Fußballsports im Amateurund Profibereich (höchste Mitglieder- und Zuschauerzahlen, höchstes Medieninteresse
im Sportartenvergleich, höchste Wirtschaftsdaten in der Sportlandschaft).
Ist München außer für den Fußball auch eine Hauptstadt des Spitzensports für andere
Sportarten? Haben sportliche Talente hier eine angemessene Entwicklungschance?
Für die Erarbeitung eines Grundlagenkonzeptes zur aktuellen Situation des
Spitzensports in München sollen folgende Fragen beantwortet werden:
Fragen
Was ist Spitzensport ?
Was leistet der Spitzensport für München ?
Was muss München für den Spitzensport leisten ?
Wo steht der Münchner Spitzensport ?
Was leistet München für den Spitzensport ?
Was kann München für den Spitzensport leisten ?
Was soll München für den Spitzensport leisten ?
Antworten
Definitionen: Ziffer 1
Wirkungen: Ziffer 2
Strukturen/kommunale Aufgaben: Ziffer 3
Bestandsaufnahme: Ziffer 4
Leistungen der Stadt: Ziffer 5
Optionen der Förderung: Ziffer 6
Wunsch des Sports u. politischer Auftrag
Die letzte Frage markiert das Ziel der weiteren Diskussion mit den Partnern des Sports,
der Politik, den städtischen Beteiligungsgesellschaften und Referaten. Ergebnis könnte
eine Art Zielvereinbarung zwischen Sport und Politik sein.
Dieses Konzept soll hierfür Diskussionsstoff liefern.
Diskussionspapier Spitzensport in München
4
1.
Definitionen
Die Leistung im Sport ist ein zentrales Motiv für das Sporttreiben, ein Erziehungsmittel
und Erziehungsziel zugleich, von öffentlichem Interesse und in ihrer Ausprägung von
unterschiedlicher Qualität. Das Streben nach persönlicher Höchstleistung als
Einzelkämpfer oder im Team führt aus dem Breitensport durch planmäßigen und
zielgerichteten Trainingsaufbau und Wettkämpfe über den Nachwuchssport
(Grundlagen-, Aufbau- und Anschlusstraining) hinein in den Leistungssport und endet
bei den begabtesten und motiviertesten Sportlern im Hochleistungs- und Spitzensport
mit nationalen und internationalen Spitzenleistungen. Diese sportliche Laufbahn eines
Spitzensportlers – vom Kind bis zum Erwachsenen – wird in der Sportwissenschaft als
„Langfristiger Trainings- und Leistungsaufbau“ bezeichnet. Ziel des langfristigen
Trainings- und Leistungsaufbaus ist die Vorbereitung sportlicher Spitzenleistungen im
Höchstleistungsalter.
Dabei kann der Breiten- und Nachwuchssport in der Praxis nicht völlig losgelöst vom
Spitzensport betrachtet werden. Die Übergänge zwischen den Trainingsetappen sind
fließend und der Spitzensport ist ohne den Sport an der Basis nicht denkbar – wie
umgekehrt auch der Breitensport vom Spitzensport profitiert.
Auch in der sportwissenschaftlichen Theorie gibt es keine klare Trennung und
allgemein anerkannte Definition von Breiten-, Leistungs- oder Spitzensport. Grund
dafür ist das heutige differenzierte Sportverständnis und die vielfältige und
unterschiedliche Sportlandschaft, welche den Sportbegriff nicht mehr in eine einfache
Definition fassen lässt. Die traditionelle Einheit des Sports, symbolisiert durch die
Pyramide mit der Basis Breitensport und der Spitze Spitzensport, ist in den letzten
Jahrzehnten in verschiedene Sportmodule zerfallen. Diese unterscheiden sich
bezüglich Ausprägungsform, Sportverständnis, Wertestruktur und Organisationsform.
(Vgl „Der Sport“ existiert heute nicht mehr: vom Pyramidenmodell zum differenzierten
Sportverständnis. Lamprecht, 2002)
Diskussionspapier Spitzensport in München
5
Um jedoch eine Grundlage für weitere Diskussionen zu haben und um
Lösungsvorschläge für den Spitzensport in München erarbeiten zu können, wird im
Folgenden der Versuch unternommen, ein gemeinsames Verständnis von den
Bereichen Spitzensport, Leistungssport, Nachwuchssport und Breitensport zu
erarbeiten.
1.1.
Breitensport
Der Begriff des Breiten- und Freizeitsports kann unter verschiedenen Gesichtspunkten
betrachtet werden. Eine einheitliche Definition fehlt. Die Schwierigkeit einer
realitätsnahen Abbildung des Sports macht ein kurzer Blick auf die publizierten Modelle
(Pyramidenmodell, Duales Modell, Plurale Modelle) und Begrifflichkeiten deutlich
(Quelle: Übersicht Dieckert et al. 2005).
Wopp und Dieckert (2005) definieren den Breiten- und Freizeitsport als Sport für
möglichst viele Menschen, der durch vielfältige Bewegungsantworten gekennzeichnet
ist und ihn zum Sport für alle macht. In einem differenzierten Modell geht Wopp von
einem weiten Sportverständnis aus, das Wettkämpfe auf unterem und mittlerem Niveau
mit einschließt.
Breiten- und Freizeitsport orientiert sich nicht nur an einem durch Leistung und
Erfolgsstreben gekennzeichneten Sportverständnis, sondern an einer Vielfalt von
Sportmotiven wie Spaß, Freude, Geselligkeit, Bewegungserfahrung, Offenheit etc..
Merkmale:
Vielfalt der Sportmotive (Gesundheit, Freude, Spaß am Sport, Ausgleich zur Arbeit
etc.)
Begegnung und Gesundheit
Integration (Einschluss aller Bevölkerungsgruppen)
Vielfalt der Bewegungsformen, Abwechslung
Lerngelegenheiten
Offenheit und Flexibilität
Lokale Ausrichtung
Wettkampf ist sekundär
(Quellen: Lamprecht und Stamm 2002)
1.2.
Nachwuchssport
Viele talentierte heranwachsende Sportlerinnen und Sportler betreiben ihre Sportart
zielgerichtet, kontinuierlich, systematisch und wettkampforientiert. Dieser langjährige
Trainingsprozess wird als Nachwuchstraining bezeichnet, hat perspektivischen
Charakter und ist nicht vordergründig auf das Erreichen sportlicher Höchstleistungen in
jüngeren Altersklassen gerichtet.
Im Vordergrund steht die Erfüllung der inhaltlichen Ziele und Aufgaben der
Trainingsetappen allgemeines Grundlagentraining, Grundlagentraining, Aufbautraining
und Anschlusstraining. Das Nachwuchstraining ist vielseitig, entwicklungsspezifisch
und hat Voraussetzungsfunktion für darauf aufbauende Trainingsziele im Spitzensport.
Diskussionspapier Spitzensport in München
6
Das idealtypische Strukturmodell des langfristigen Trainings- und Leistungsaufbaus ist
prinzipiell offen, um unterschiedlichen individuellen Entwicklungsverläufen gerecht zu
werden (Quelle: Röthig 2003).
Merkmale:
Langjähriger Trainingsprozess
Vielseitigkeit
Perspektivischer Charakter
Voraussetzungsfunktion für spätere Spitzenleistungen
Orientierung an individuellen Entwicklungsverläufen
Zunahme der Spezialisierung, des Trainingspensums und der Wettkampfanzahl
Übergänge sind fließend
Strukturmodell ist je nach Sportart variabel
1.3.
Leistungssport
Unter Leistungssport versteht man den mit dem Ziel der Erreichung einer
persönlichen Höchstleistung betriebenen Sport.
(Quelle: Röthig - Sportwissenschaftliches Lexikon)
Der Leistungssportler hat ein festes Trainingsprogramm zur systematischen Steigerung
der Leistungsfähigkeit mit regelmäßiger Wettkampfteilnahme. Die erreichte Leistung
entspricht aber noch nicht nationalen oder internationalen Maßstäben."
(Quelle: Wildor Hollmann)
Der Leistungssport steht im klassischen Pyramidenmodell des Sports genau zwischen
den beiden Bereichen Breitensport und Spitzensport. Das Leistungsniveau im
Leistungssport steht einerseits über dem des Breitensports, wo die Leistungsziele frei
gewählt werden können, andererseits ist dieses Niveau mit dem des Spitzensports
kaum zu vergleichen, denn dort werden die Leistungsziele nicht vom Sportler bestimmt,
sondern von außen diktiert.
Ein Leistungssportler strebt nicht nach absoluten (nationalen oder internationalen)
Höchstleistungen. Entscheidendes Kriterium für ihn ist „ein relativer Leistungsstandard,
der sich an soziodemographischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Beruf,
Ausbildung etc. orientiert“.
Merkmale:
Wettkampf
Selektion nach Leistung
Spezialisierung auf bestimmte Sportarten
Systematisches und kontinuierliches Training zur Verbesserung
Tradition und Stabilität (festgelegte Spielregeln usw.)
Nationale und internationale Ausrichtung
Persönliche Leistungswerte
(Quellen: Lamprecht und Stamm 2002)
Diskussionspapier Spitzensport in München
7
1.4.
Spitzensport (Hochleistungssport)
Spitzensport ist national und international betriebener Wettkampfsport, der unter
professionellen Bedingungen geplant und durchgeführt wird, mit dem Ziel der
absoluten Höchstleistung.
(Quelle: Röthig – Sportwissenschaftliches Lexikon)
Im Spitzensport orientieren sich die Athleten in der Regel an den Fähigkeiten und
Verhaltensweisen der Weltbesten.
(Quelle: Röthig – Sportwissenschaftliches Lexikon)
Merkmale:
Nationale und internationale Spitzenleistungen
Von der Umwelt festgelegte absolute Leistungen
Erfolgsorientiert (WM-/EM-Titel, Olympiasieger)
Professionelle Rahmenbedingungen
Tägliches, zielgerichtetes und geplantes Höchstleistungstraining
Nationaler und internationaler Wettkampfvergleich
Umgangssprachlich wird der Begriff Leistungssport oft mit Spitzensport (auch
Hochleistungssport) gleichgesetzt. Sportwissenschaftlich versteht man unter
Hochleistungssport jedoch Leistungssport, der mit dem ausdrücklichen Ziel betrieben
wird, Spitzenleistungen im nationalen und internationalen Maßstab zu erzielen. Die
Ausübung des Hochleistungssports erfolgt i. d. R. in einem von nationalen und
internationalen Sportverbänden organisierten und strukturierten Wettkampfsystem. An
der Spitze dieses Wettkampfsystems stehen Weltmeisterschaften und Weltcup-Serien
sowie in vielen Sportarten die Olympischen Spiele.
Spitzensport ragt bundes- und weltweit aus der Sportlandschaft heraus und genießt
höchste öffentliche Aufmerksamkeit.
Um Berufssport handelt es sich dann, wenn Athletinnen und Athleten ausschließlich
von ihrer Sportausübung und deren materiellen Rahmenbedingungen leben können.
Berufssport ist immer Hochleistungssport, hingegen Hochleistungssport keinesfalls
immer Berufssport (vgl. Hortleder 1978)
Den einzelnen Trainingsetappen, dem Nachwuchs- und Spitzensport werden jeweils
organisatorische Lösungen und Förderbedingungen zugeordnet (vgl. Ziffer 3 „Sport in
Deutschland“).
1.5.
Fazit
Um das Wesen und den Nutzen von Spitzensport komplett zu erfassen, muss in einer
erweiterten Diskussion der Nachwuchssport und der Leistungssport mit einbezogen
werden.
Diskussionspapier Spitzensport in München
8
2.
Wirkungen des Spitzensports
Muss eine Kommune tätig werden (s. Ziffer 3) ?
Entstehen überhaupt gesicherte Wirkungen und – falls ja – entstehen diese nicht auch
ohne Zutun der Kommune ? Zweifel sind zunächst verständlich :
Erstens gibt es die tradierte Aufgabenverteilung zwischen der
Sportselbstverwaltung und der öffentlichen Hand. Im Sinne der Autonomie des
Sports und des Subsidiaritätsprinzips der Sportverwaltung („Hilfe zur Selbsthilfe“)
könnte Zurückhaltung angezeigt sein.
Zweitens besteht eine ebenso gewachsene Verteilung der Zuständigkeiten
zwischen den öffentlichen Trägern (Bund, Länder, Kommunen).
Folgerichtig wird in den zentralen Konzepten des DOSB zum Spitzensport ein
beachtliches Netz an wesentlichen Partnern genannt, ohne die Kommunen explizit zu
erwähnen. Da könnte schnell der Gedanke entstehen, dass eine Stadt sich im Bereich
des Spitzensports zurückhalten und ihr Engagement auf die angestammten Bereiche
des Breitensports konzentrieren sollte. Schließlich sind dort die sozialen Wirkungen
„abzuholen“, die der Gesellschaft unmittelbar nutzen. Im Spitzensport hingegen
profitieren – legt man den Nutzen der Athleten zugrunde – nur sehr wenige von den
ohnehin hohen Geldern, die u.a. aus der Wirtschaft bereitgestellt werden.
Natürlich ist diese Gedankenführung ungenügend:
Zum einen hängen Breitensport und Spitzensport voneinander ab. Das gilt in beide
Richtungen, denn es sind die Idole und deren Höchstleistungen, die einen Teil der
Menschen, insbesondere viele Jugendliche, zum Nachahmen, also zum Sport
animieren, ob sie nun in die Vereine gehen oder es auf eigene Faust ausprobieren
(z.B. beim Triathlon oder auf einer Radtour).
Zum anderen profitiert die ganze Stadtgesellschaft vom Spitzensport und seinen
Gesichtern, wenn dies der Wirtschaft Impulse gibt und positiv zur Wertevermittlung
beiträgt.
„Das Staatswesen in der Bundesrepublik Deutschland braucht den Sport und die ihn
tragenden Sportorganisationen, da sie für die Stabilisierung und Wohlfahrt der
Gesellschaft gerade angesichts eines beschleunigten sozialen Wandels unverzichtbare
Leistungen erbringt. Staatliche Förderung subventioniert nicht den individuellen
Konsum, sondern unterstützt die gesellschaftspolitischen Effekte des Sports. Der Bund,
die Länder und Kommunen richten ihre Politik auf die Entfaltung und Stärkung dieser
positiven Funktionen. Die Erwartungen an die Leistungsfähigkeit des organisierten
Sports sollten dabei aber realistisch bleiben und Überforderungen und Übertreibungen
vermeiden. Der Sport kann aufgrund seiner gesellschaftspolitischen Bedeutung
Beiträge leisten
zur Bildung von Sozialkapital,
zur sozialen Integration,
zum bürgerlichen Engagement,
zur Identifikation,
zur Einübung sozialen Verhaltens,
zur Anerkennung des Leistungsprinzips,
zur Gesundheit sowie
zur Entwicklungsbewältigung und Lebenshilfe.“
Diskussionspapier Spitzensport in München
9
Die These lautet : Nichts, weder die Innen- oder Außenpolitik, noch die Kultur und ihr
plakativstes Spielfeld, das Showbusiness, wird in den Medien mehr konsumiert als der
Spitzensport. Ob Fußball-WM, Champions League oder Bundesliga, Olympische
Spiele oder Tour de France, Wimbledon oder Leichtathletik-WM : Mit dem Spitzensport
lassen sich Botschaften wirkungsvoll vermitteln und das Image einer dynamischen,
jugendlichen und wirtschaftlich starken Weltstadt wird gefördert.
Allerdings : Es kommt auch hier auf das „Wie“ an. Nicht jeder Spitzensport(ler) ist
förderlich. ..und so manche Wirkung entsteht vielleicht auch ohne die Idole.
Mit diesen Fragen setzt sich das nachfolgende Kapitel auseinander.
2.1.
Marketing bundesweit und für den Standort München
Auf 30 Mrd. € wird der bundesweite Umsatz der Sportbranche (Sportartikelhersteller,
Sportstätten) in Deutschland geschätzt. Er liegt damit z.B. über dem Wert der
Textilbranche.
Weitere ca. 8-9 Mrd. € fließen von Seiten der gesamten Wirtschaft in das
Sportsponsoring, also in die Unterstützung von Aktiven, Veranstaltungen und Projekten
des Sports. Der Sport, und hier fast ausschließlich der Spitzensport, erhält damit den
Löwenanteil der Sponsoringbudgets (ca. 70 %) und rangiert klar vor der Kultur, der
Umwelt, der Gesundheit und dem Sozialbereich als weitere Sponsoringadressaten.
Alleine dies belegt, dass sich die Unternehmen aus der Verbindung mit dem
Spitzensport und seinen populären Personen eine erhebliche Wirkung für ihre Produkte
und Marken erhoffen.
Ein ähnlicher Mechanismus greift in Bezug auf das Image einer Stadt.
Zum weltweiten Bild von München und seiner hohen Lebensqualität hat neben dem
schönen Stadtbild, dem kulturellen Erbe (Tradition !) und der günstigen geografischen
Lage auch die jahrzehntelange Sporthistorie beigetragen.
Unter den Assoziationen zu München dürften bei einer Umfrage im Ausland die
Stichworte Olympia und FC Bayern ähnlich häufig fallen wie die zum Oktoberfest und
den benachbarten Alpen.
Kurz-, mittel- und langfristig profitiert der Standort München in vielerlei Hinsicht :
Von den Wahrzeichen der Infrastruktur im Olympiapark oder nun rund um die neue
Arena über zahlreiche Aufträge auch an Münchner Unternehmen bis hin zum
Tourismusgewerbe, insbesondere der Hotellerie, den Gaststätten und dem
Einzelhandel.
Im bekannten Kreislauf fließen die Erträge teilweise wieder dorthin zurück, wo die
Impulse gesetzt werden, z.B. durch die Steuern wieder in die öffentlichen Haushalte,
über das Sponsoring direkt in den Sport oder gar durch die Idole selbst in soziale
Projekte (siehe Ziffer 4.3).
Prägnante Beispiele für die wirtschaftliche Wirkung :
Insbesondere die Sportindustrie hat durch den Boom mancher Sportarten massive
Impulse erhalten, nachdem Spitzensportler außergewöhnlich erfolgreich waren. Am
extremsten waren die Verkaufszahlen zum Tenniszubehör ab Mitte der 80er Jahre
(Becker, Graf, Stich) und zu Radsportartikeln ab 1996 (Zabel, Ullrich).
Diskussionspapier Spitzensport in München
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2.2.
Die Fußball-WM 2006 hat deutlich stärkere volkswirtschaftliche Wachstumseffekte
ausgelöst, als zunächst erwartet worden war. Dem Bericht des Bundesinnenministeriums und Daten des Statistischen Bundesamts zufolge ist die positive
gesamtwirtschaftliche Entwicklung insbesondere im II. Quartal 2006 u.a. auf die
WM zurückzuführen, und zwar sowohl was das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts als auch die Situation am Arbeitsmarkt betrifft. Alleine der Einzelhandel
verbuchte vor, während und nach der WM ein Plus von zwei Milliarden Euro.
Anlässlich der Leichtathletik-EM 2002 wurden geschätzte 30 Mio. € in München
umgesetzt. Auch hier kommt der Imagegewinn für die Stadt durch die weltweite
Berichterstattung hinzu.
Anläßlich des Medien-Marathons in München haben zuletzt im Jahr 2010 ca.
13.000 Teilnehmer/-innen ca. 13 Mio. € in München „verkonsumiert“.
Analysen anderer Großereignisse bestätigen, dass zumindest kurzfristige
ökonomische Wirkungen sportlicher Großereignisse entstehen (z.B. Special
Olympics in Karlsruhe und Bremen und Leichtathletik-WM 2009 in Berlin).
Impulse für die Förderung des Breitensports und der Gesundheit
Für die Aufgabenstellung der Kommune ist der Spitzensport auch dann ein wirksames
Handlungsfeld, wenn er zum Nachahmen anregt und das Bewegungsverhalten der
eigenen Bevölkerung steigert. Oft gelingt dies durch medienwirksame Impulse des
Spitzensports schneller und wirkungsvoller als durch die begrenzten Möglichkeiten des
Breitensports zur Mitgliederwerbung.
Beispiele :
Fußballgroßereignisse kurbeln seit Jahren die Mitgliedergewinnung der Vereine im
Nachwuchsbereich an. Obwohl mit Blick auf die demografische Entwicklung schon
vor 10 Jahren ein Mitgliederrückgang im Jugendbereich vorhergesagt wurde, ist der
Jugendanteil vieler Breitensportfußballvereine weiter gestiegen und erreicht in
Einzelfällen 80 % der Gesamtmitgliederanzahl. Im Mädchen- und Frauenfußball
sind die Steigerungsraten noch deutlicher : Binnen 13 Jahren ist die Zahl der
Mannschaften in Bayern von ca. 200 auf über 800 angewachsen.
Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Sogwirkung auf einen Michael Ballack
oder eine Birgit Prinz zurückzuführen ist, weil hier überregionale Erfolge wirksam
sind. Allerdings kann eine Entwicklung noch weiter forciert werden, wenn das
Signal von „local heroes“ ausgeht. Gerade in München ist dies durch Philip Lahm
(FT Gern) und Bastian Schweinsteiger der Fall.
Im Radsport ist ein Boom beim Kauf von Fahrrädern aller Art, gerade aber im
Rennradbereich, nicht zufällig deckungsgleich mit den Leistungshöhepunkten von
Ullrich, Zabel, Klöden und Co seit 1995. Auf den Spuren der Stars heißt auch hier
das Motto. Erstaunlich sind die Teilnehmerzahlen größerer „Jedermann-Rennen“,
die seither bundesweit entstanden sind. Bei den Vattenfall Cyclassics in Hamburg
bestreiten knapp 20.000 Menschen Rennen über verschiedene Strecken (60 km bis
170 km). Die Verkaufs- und Teilnehmerzahlen sind trotz der Dopingskandale kaum
zurückgegangen.
Diskussionspapier Spitzensport in München
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Der Tennis-Boom der 80er Jahre wurde von den Erfolgen der Stars Boris Becker,
Steffi Graf und Michael Stich ausgelöst und ist mit deren Abgang von der
internationalen Szene zusammengebrochen. Das Auf und Ab von
Sportartikelverkaufszahlen, Aktivenzahlen und die Entstehung von Tennisanlagen
waren auch hier Indikatoren dafür, dass der Spitzensport nicht nur die
Einschaltquoten, sondern auch die Aktivität des Einzelnen erhöht.
Damit ist nicht gesagt, dass jede spitzensportliche Leistung Impulse für den
Breitensport setzt oder dass eine breitensportliche Entwicklung Vorbilder aus dem
Spitzensport braucht.
Gegenbeispiele :
2.3.
Erfolgreiche deutsche Sportler/-innen gibt es in großer Zahl. Alleine die
Medaillenausbeute bei Olympischen Spielen belegt, dass trotz Globalisierung und
höherer Leistungsdichte eine Vielfalt von Erfolgen möglich ist. Aber weder in den
Wintersportarten (insb. Eisschnelllauf, Langlauf, Biathlon, Ski Alpin) noch in den
Sommersportarten (Hockey, Kanu, Rudern, Leichtathletik, Judo...) haben Erfolge zu
eindeutigen Impulsen für den Breitensport in München geführt, am ehesten
zeichnet sich dies noch im Langlauf (Tobias Angerer, Axel Teichmann, Evi
Sachenbacher-Stehle), im Eishockey (Nationalmannschaft, WM 2010 und 2011)
und im Basketball (Nowitzki) ab.
Dagegen gibt es erfreuliche Steigerungen in der Aktivenzahl in Sportarten, denen
kein spitzensportlicher Impuls durch Superstars vorausging : Laufen, Nordic
Walking, Klettern, verschiedene Kampfsportarten, Skaten und Fitness- bzw.
Gymnastikvarianten, oft in Verbindung mit Tanz, sind die beliebtesten
Bewegungsformen/Trends der letzten 10 - 20 Jahre.
Soziale Wirkung / Vorbildwirkung
Sport wird vielfach als sozialer Kitt unserer Gesellschaft beschrieben. Gerade durch
das gemeinsame Sporttreiben kann Sport ungezwungen zu einer gelebten Integration
beitragen, die sonst nicht ohne Weiteres oder nur mit größerem Aufwand gelingt. Sport
ist aber auch nicht per se „heilsam“. Vielmehr kommt es auf das „Wie“ an : Die
Einbindung von Jugendlichen in sozial schwierigen Lebenslagen, von Menschen mit
Migrationshintergrund, von Menschen mit Behinderung oder von älteren Personen
setzt voraus, dass die Ausübung der gewünschten Bewegungsform nach den sehr
differenzierten Ansprüchen der Menschen gestaltet wird.
Was kann der Spitzensport hier beitragen ?
Wirkungen durch den Sport und seine Regeln
Der Nutzen des Spitzensports kann auch hier aus seiner Medienwirksamkeit
entstehen. Wenn der Spitzensport Werte vorlebt, kann er zweierlei erzeugen : Den
Anreiz, Sport auszuprobieren und das Bewusstsein für die Werte selbst.
Diskussionspapier Spitzensport in München
12
Beispiele :
Das selbstverständliche Miteinander verschiedener Kulturen/Nationalitäten im
Mannschaftssport erzeugt Toleranz auch im eigenen Umfeld. Fußball-, Handball
oder Basketballmannschaften der großen Vereine sind längst multikulturell besetzt.
Vorbildliches Verhalten im Sport kann Werte vermitteln : Durch einfache Gesten wie
das Shake-Hands vor und nach dem Spiel oder die Entschuldigung nach dem Foul
wird Fairness dokumentiert, aber auch die Akzeptanz von Niederlagen.
Der Einsatz für den Mitspieler dokumentiert Teamgeist.
Manche Sportarten wie z.B. Judo haben ganz feste Regeln in Bezug auf das
Benehmen im und rund um den Kampf, die den Respekt vor dem Gegner in den
Vordergrund stellen.
Die Gefahr einer negativen Wirkung ist jedoch nicht geringer als die Chance zur
positiven Wertevermittlung. Dies ist meist dem hohen Leistungsdruck aufgrund
extremer Geldsummen und enormer medialer Aufmerksamkeit zuzuschreiben.
Gegenbeispiele :
Leistungsmanipulation durch Doping, zuletzt speziell in populären Sportarten (Rad,
Leichtathletik, Ski-Langlauf).
Betrugsfälle im Fußball (Wettskandale, Schiedsrichterbestechung).
Tätlichkeiten, Beleidigungen, Provokationen, versteckte Fouls, Schauspielerei,
Gemecker zur Beeinflussung der Schiedsrichter und der Zuschauer.
Wirkungen durch die Sportler/-innen
Spitzensportler/-innen können durch ihre Karriere enorm profitieren. In vielen Fällen
erkennen sie ihre Verantwortung als Vorbild und geben während und außerhalb der
eigenen Laufbahn etwas an die Gesellschaft zurück. Sie tragen bisweilen durch ihr
soziales Engagement zur konkreten Unterstützung von Menschen und gleichzeitig
wieder zur Wertevermittlung bei (Hilfsbereitschaft, Verantwortlichkeit).
Beispiele :
Unicef-Botschafter aus dem Sport (Boris Becker, Steffi Graf)
Franz-Beckenbauer : Stiftung für Menschen in Notlagen, Beteiligung an Aktionen
der Welthungerhilfe
FC Bayern München : Gründung eines Vereins für diverse Sozialprojekte
Christian Tröger und Caroline Casaretto : Patenschaften für die
Bewegungsentwicklung der Münchner Kinder
Rosi Mittermaier und Christian Neureuther : Als engagierte Gallionsfiguren für
sozialverträglichen und gesunden Sport
Boris Becker als Pate von „fit4future“ : Sportgeräte für 50 Münchner Schulen
Oliver Kahn als Pate von „buntkicktgut“ (interkulturelle Straßenfußballliga)
Diskussionspapier Spitzensport in München
13
2.4.
Fazit
Der Spitzensport kann erheblich zur ökonomischen und sozialen Entwicklung einer
Gesellschaft beitragen.
Es gibt aber auch bedeutende andere Einflussgrößen (z.B. Förderung einer Sportart
durch die Industrie aus kommerziellen Gründen) und Motive, die das
Bewegungsverhalten der Bevölkerung beeinflussen : Gesundheitsbewusstsein,
Abenteuer, soziale Bedürfnisse z.B. nach Gemeinschaft, Durchsetzen/Behaupten,
Ungebundenheit, zeitliche Flexibilität.
...und nicht jeder Spitzensport ist per se nützlich und wirkungsvoll für die
Stadtgesellschaft.
Stars erzeugen und steigern die Popularität von Sportarten. Eine verlässliche
Impulswirkung für den Breitensport ist jedoch nicht immer festzustellen. Wenn diese
Wirkung eintritt, kann eine Identifikation mit lokalen Größen nützlich sein, ist aber keine
zwingende Voraussetzung. Oft wirkt die „Strahlkraft“ bundesweit (s. Nowitzki im
Basketball, Kaymer im Golfsport, Angerer & Co. Im Langlauf).
Wenn der Spitzensport genutzt werden soll, um den Breitensport zu fördern, braucht es
den differenzierten und sportartenbezogenen Blick auf die Person und ihr Verhalten,
die Leistung, ihre Medienwirksamkeit, die tatsächliche Perspektive (Zielgruppe ?), die
Finanzierbarkeit des Sports, das Vorhandensein von Infrastruktur und auf die
Notwendigkeit eines Vorbilds.
Eine Unterstützung des Spitzensports ist nur sinnvoll, wenn Nachahmen möglich ist.
Es gilt also laufend darauf zu achten, welche konkreten lokalen Potenziale in den
jeweiligen Sportarten liegen und ob diese mit der Signalwirkung des Spitzensports
wirkungsvoll ausgeschöpft werden können.
Diskussionspapier Spitzensport in München
14
3.
Sport in Deutschland
3.1.
Organisation im Grundsatz
Den organisatorischen Rahmen des Sports in Deutschland setzen die öffentliche
Sportverwaltung (Bund, Länder und Kommunen) und die Selbstverwaltung des
Sports (DOSB, Verbände und Vereine). Die traditionellen Sportvereine sind schon
lange nicht mehr die einzigen Sportanbieter, denn immer mehr kommerzielle Anbieter
im Bereich Sport, Gesundheit, Fitness und Wellness treten auf den Markt und
erreichen eine große Zielgruppe sportbegeisterter Menschen. Das größte Wachstum
hat jedoch in den letzten Jahren das selbstorganisierte Sporttreiben zu verzeichnen.
Angenommen wird beispielsweise, dass es in Deutschland ca. 10 Mio. Personen gibt,
die regelmäßig joggen. Die Zahl der Inline-Skater wird auf 8 Mio. geschätzt. Damit
übersteigt die Zahl der Jogger und Inline-Skater die Zahl der aktiven
Fußballspielerinnen und –spieler.
Für den DOSB, die Verbände und Vereine gilt der Grundsatz der Autonomie des
Sports, also der eigenverantwortlichen Zuständigkeit für ihre Strukturen und ihr
Handeln.
Für die öffentliche Sportverwaltung gilt der Grundsatz der Subsidiarität der
Sportförderung, d.h. die öffentlichen Träger sollen fördernd in den Sport nur
eingreifen, wenn die Sportorganisationen und/oder andere Träger ein erforderliches
Angebot nicht schaffen.
Es soll im Folgenden Aufschluss gegeben werden über die Strukturen, die Aufgaben
und über das Zusammenwirken der beiden Bereiche in Bezug auf den (Spitzen)Sport.
3.2
Verbände und Vereine (Selbstverwaltung des Sports)
Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland garantiert die freie Entfaltung der
Bürger dieses Landes. Auch im Sport bestimmen die Bürger selbst darüber, in welcher
Weise sie sich sportlich betätigen und in welcher Form und Gruppe sie sich zu diesem
Zweck zusammenschließen wollen. So entstand die unabhängige Turn- und
Sportbewegung, die unter dem Begriff der sportlichen Selbstverwaltung in das
Bewusstsein des Volkes eingegangen ist.
Die organisatorische Zusammenfassung der Vereine und Spitzenverbände unter einem
Dach führte im Jahr 1950 zur Gründung des Deutschen Sportbundes: Zum ersten Mal
gab es damit eine freie Organisation, in der alle Turn- und Sportvereine vereinigt
waren. Nach der politischen Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten erfolgte
auch die Vereinigung der deutschen Sportorganisationen.
Heute gehören dieser unabhängigen Sportbewegung über 30% der gesamten
Bevölkerung an.
Diskussionspapier Spitzensport in München
15
3.2.1 Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB)
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) ist als neue Dachorganisation seit Mai
2006 die Verschmelzung von Deutschem Sportbund (DSB) und Nationalem
Olympischen Komitee (NOK). Er ist damit national und international die einzige
Vertretung des deutschen Sports und übt gegenüber dem Internationalen Olympischen
Komitee (IOC) die Funktion eines NOK aus. Motto: „Aus einer Hand - mit einer
Stimme“.
Der DOSB – ebenso wie der frühere DSB - ist geschaffen worden, um alle
erforderlichen gemeinsamen Maßnahmen zur Förderung des Sports zu koordinieren,
die gemeinschaftlichen Interessen seiner Mitgliedsorganisationen gegenüber dem
Staat und der Öffentlichkeit zu vertreten und alle überfachlichen Fragen im In- und
Ausland zum Wohle des deutschen Sports regeln zu können. Dabei geht es ihm zum
Beispiel um die wachsende Bedeutung des Sports in der Gesellschaft, die
Interessenvertretung der Sportvereine gegenüber Bund, Ländern und Gemeinden, die
Verbesserung des Sports in den Schulen und Hochschulen etc.
3.2.2 Die Organe des Deutschen Olympischen Sportbundes
Mitgliederversammlung (Bundestag)
Das entscheidende Wahlgremium und das oberste Organ des DOSB ist die
Mitgliederversammlung. Sie hat 473 Stimmen. Die Mehrheit davon (225) stellen die 33
olympischen Spitzenverbände, 159 die 16 Landessportbünde, 44 die 23
nichtolympischen Spitzenverbände, 19 die Sportverbände mit besonderen Aufgaben,
15 die Persönlichen Mitglieder und 11 das Präsidium. Gemäß den Satzungen des IOC
muss der olympische Sport über die Mehrheit in der Mitgliederversammlung verfügen.
Das Präsidium
Das Präsidium ist die Exekutive und das Führungsgremium des DOSB. Es ist u.a.
verantwortlich für eine wirksame Vertretung der deutschen Sportbewegung nach innen
und außen. Präsident ist seit dem 20. Mai 2006 Dr. Thomas Bach. Es gibt
Vizepräsidenten für den Leistungssport, für den Breitensport/Sportentwicklung, für die
Wirtschaft und die Finanzen, für die Bildung und die Olympische Erziehung sowie für
Frauen und Gleichstellung.
Bereiche / Bundesausschüsse
Für die fachlichen Aufgaben werden im DOSB die beiden Bereiche Leistungssport und
Breitensport sowie Bundesausschüsse (Bildung, Frauen im Sport, Recht, Steuern und
Versicherungen, Finanzen sowie Umwelt und Sportstättenentwicklung) tätig. Der
Aufgabenbereich Jugendarbeit im Sport wird von der Deutschen Sportjugend, als
Jugendorganisation des DOSB, wahrgenommen.
Diskussionspapier Spitzensport in München
16
Der DOSB zählt heute rund 27 Millionen Mitglieder in mehr als 90.000 Sportvereinen.
Er ist die größte Personenvereinigung und gleichzeitig die größte Sportorganisation der
Welt. Zu den Mitgliedsorganisationen im DOSB gehören:
16 Landesverbände
60 Spitzenverbände (33 olympische und 27 nichtolympische)
19 Verbände mit besonderen Aufgaben (z.B. Dt. Behindertensportbund).
Der DOSB ist Beratungs- und Servicestelle seiner organisatorisch, finanziell und
fachlich selbstständigen Mitgliedsorganisationen und hat folgende
Schwerpunktaufgaben:
Breitensport: „Sport für alle“ – möglichst vielen Menschen unabhängig von Alter,
Geschlecht, sozialer Herkunft und Religion den Zugang zum Sport ermöglichen.
Leistungssport: Förderung des modernen, humanen Spitzensports und Kampf
gegen Doping. Entsendung und Betreuung der Olympiamannschaften.
Interessenvertretung der Mitgliedsorganisationen gegenüber Europäischer
Union, Ländern und Gemeinden etc.
Der DOSB finanziert sich aus Mitgliedsbeiträgen, Projektmitteln für den Spitzensport aus dem Bundeshaushalt, Lotterieeinnahmen sowie Vermarktungslizenzen.
3.2.3 Der organische Aufbau der Sportselbstverwaltung
Spitzenverbände (Bundesfachverbände)
Die Landesfachverbände sind in den Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Sie
sind gegenüber dem DOSB autonom, regeln alle grundsätzlichen, übergeordneten und
nationalen Angelegenheiten in ihrer Sportart und vertreten sie im internationalen
Bereich. Sie veranstalten die deutschen - ggf. auch die internationalen Meisterschaften, wählen die Vertretungen für internationale Wettkämpfe, fördern die
Spitzenathleten, unterstützen ihre sportliche Laufbahn umfassend und erstellen
sportartspezifische Konzepte. Die Spitzenverbände verfügen teils über eigene
Sportstätten und beschäftigen die Bundestrainer/-innen.
Landessportverbände
Parallel zur fachlichen Gliederung des deutschen Sports in den Spitzenverbänden gibt
es noch eine regionale überfachliche Organisation. Alle Sportvereine eines
Bundeslandes bilden – unabhängig von ihren Sportarten – wiederum
Landessportverbände. Angesichts der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik
Deutschland mit der bei den Ländern liegenden Kulturhoheit haben die
Landessportverbände eine Reihe überfachlicher Aufgaben: Vertretung der Interessen
der Sportvereine auf Landesebene gegenüber den politischen Institutionen, Förderung
der Ausbildung und Bezahlung von Übungsleitern, Förderung des Sportstättenbaus,
Regelung des Versicherungsschutzes, Entwicklung von sozialen Projekten etc.
In der Regel heißen diese überfachlichen Organisationen Landessportbund (z.B. LSB
Nordrhein-Westfalen, Bremen...), in Bayern ist dies der Bayerische LandesSportverband (BLSV).
Diskussionspapier Spitzensport in München
17
Landesfachverbände
Mitglieder in den deutschen Spitzenverbänden und i.d.R. auch im Landessportverband
sind die (sportartenbezogenen) Landesfachverbände.
Die Vereine wiederum sind Mitglieder der Kreis-, Bezirks- und Landesfachverbände,
deren Sportarten sie betreiben. Die Landesfachverbände haben hauptsächlich die
Aufgabe, den Sportbetrieb innerhalb ihrer Bereiche zu organisieren. Neben der
Durchführung der Wettkämpfe obliegen ihnen noch andere wichtige Aufgaben wie
Talentsuche und –förderung, die Abhaltung von Lehrgängen, die Einrichtung und der
Unterhalt von Landesleistungszentren mit Landestrainern, die Intensivierung der
Breitensport-Programme in den Vereinen sowie die Führung und Verwaltung des
Verbandes und seiner Organe.
Vereine
Das Rückgrat und die aktive Basis des deutschen Sportsystems sind die rund 90.000
Sportvereine mit mehr als 27 Millionen Mitgliedern. Damit sind die Sportvereine mit
Abstand die größten Sportanbieter in Deutschland.
In Deutschland übernehmen 2,2 Millionen Menschen freiwillige, ehrenamtliche Arbeiten
und Aufgaben im Sportverein. Ihr Einsatz schafft einen enormen Gewinn an
Lebensqualität in unserer Gesellschaft und sichert die Zukunft der Sportvereine. Den
Ehrenamtlichen verdankt der organisierte Sport seinen hohen gesellschaftlichen Rang
und seine Unabhängigkeit. Es ist die Aufgabe des Staates, dieses Engagement gezielt
zu stärken und zu fördern. Denn noch immer ist es der absolute Regelfall, dass große
Karrieren im Spitzensport ihren Anfang im Verein und der dortigen frühen individuellen
Förderung genommen haben.
Diskussionspapier Spitzensport in München
18
3.3
Öffentliche Hand - Bund, Länder, Kommunen (öff. Sportverwaltung)
Der Leistungs- und Spitzensport als kleiner, aber wichtiger Teil des Sportsystems ist oft
das Aushängeschild von Kommunen, Ländern und der Bundesrepublik Deutschland.
Die Spitzensportlerinnen und -sportler übernehmen in unserer Gesellschaft durch ihr
Bekenntnis zu Leistungsbereitschaft, Engagement, Ausdauer, Disziplin, Teamgeist und
Verlässlichkeit eine wichtige Vorbildfunktion. Diese sozialen Fähigkeiten und Werte
bereichern unser gesellschaftliches Miteinander und stärken unsere im Wettbewerb
stehende Gesellschaft. Der Spitzensport bietet zudem die Chance zur nationalen und
internationalen Repräsentation des Bundes, der Länder und der Kommunen und ist
heute unbestritten mit all seinen Bezugspunkten (Eintrittsgelder, Tourismuszahlen,
Merchandising, Werbung, Sportartikel etc.) ein Wirtschaftsfaktor ersten Ranges. Im
Einzelnen s. Ziffer 2.
3.3.1 Grundsätze der Förderung
Die Förderung des Sports gehört zu den Ordnungsaufgaben des Staates. Die ideelle
und materielle Förderung des Sports wird durch die öffentlichen Hände koordiniert und
basiert auf folgenden Grundsätzen:
Autonomie des Sports: Es ist die Stärke des deutschen Sports, dass er sich
selbst organisiert und seine Angelegenheiten in eigener Verantwortung regelt.
Subsidiarität der Sportförderung: Eine Förderung durch die öffentlichen Hände
setzt dort ein, wo die eigenen Kräfte und notwendigen Mittel des Sports nicht
ausreichen, ihm zugefallene gesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen.
Die enge Zusammenarbeit auf partnerschaftlicher Grundlage zwischen den
staatlichen Organen und den Organisationen des Sports ist Voraussetzung für eine
wirksame Förderung des Sports.
Die Zuständigkeit des Bundes für die Sportförderung ist im Grundgesetz nicht
ausdrücklich geregelt. Sie gehört zur gesetzesfreien Verwaltung. Nach Art. 30 GG liegt
die Zuständigkeit für die Förderung des Sports grundsätzlich bei den Ländern.
Aufgrund des föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland passen sich
jedoch Fördermaßnahmen den jeweiligen Kompetenzen der verschiedenen Träger der
öffentlichen Sportförderung (Bund, Länder und Kommune) an. Im Rahmen von
Verwaltungsvereinbarungen von Bund und Länder über die Finanzierung öffentlicher
Aufgaben haben sich sogenannte „ungeschriebene Bundeskompetenzen“ und
Finanzierungszuständigkeiten entwickelt.
3.3.2 Bund
Obwohl das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland keine ausdrückliche
Kompetenz des Bundes für die Sportförderung enthält und dies grundsätzlich in die
Zuständigkeiten der Länder fällt (Art. 30 GG), ergeben sich dennoch Zuständigkeiten
für Teilbereiche des Sports auf Grund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes.
Diskussionspapier Spitzensport in München
19
Maßnahmen und Aufgaben, die für das Bundesgebiet als Ganzes von Bedeutung
sind, besonders repräsentativen Charakter haben und nicht nur durch die Länder
allein wirksam gefördert werden können, fallen in die Verantwortung des Bundes.
Durch diese Kompetenzzuordnung konzentriert sich der Bund in erster Linie auf die
Förderung des Hochleistungssports (Spitzensports), die internationalen Beziehungen
und auf herausragende breitensportliche Aktivitäten von gesamtstaatlichem Interesse.
Der erste Platz in der Nationenwertung bei den Winterspielen 2006 in Turin und 2010
in Vancouver und viele weitere internationalen Erfolge deutscher Athletinnen und
Athleten unterstreichen die Effektivität und Effizienz des deutschen
Spitzensportsystems. Der Bund ist dabei seit Jahren mit Abstand der größte Förderer
des Spitzensports in Deutschland. In den Jahren von 2007 bis 2011 sind dafür rund
900 Millionen Euro vorgesehen bzw. schon ausgegeben worden.
Das Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) wurde 1970 als nicht rechtsfähige
Bundesanstalt im Geschäftsbericht des Bundesinnenministeriums (BMI) errichtet.
Seine Kernaufgabe ist die Förderung der wissenschaftlichen Zweckforschung auf dem
Gebiet des Sports, mit Schwerpunktsetzung im Spitzensport.
Neben dem BMI nehmen zahlreiche weitere Bundesministerien weitere Aufgaben der
Sportförderung wahr (z.B. Auswärtiges Amt, Bundesministerium für Finanzen,
Bundesministerium für Arbeit, Bundesministerium für Verteidigung etc.).
Beim BMI liegt die Koordination innerhalb der Bundesregierung wie auch die
Zusammenarbeit mit dem Sportausschuss des Deutschen Bundestages, den Ländern
und der Sportministerkonferenz der Länder (SMK), den Kommunalen
Spitzenverbänden (Sportausschuss, Arbeitsgemeinschaft deutscher Sportämter) sowie
der Selbstverwaltung des Sports.
3.3.3 Länder
Die eigentliche Zuständigkeit für den Sport liegt im Rahmen der Kulturhoheit bei den
Ländern. Während sich der Bund nur auf bundeszentrale Maßnahmen beschränkt,
wirkt sich die Sportförderung in den Ländern bis auf den einzelnen Verein aus: u.a.
durch Übungsstättenbau und -unterhalt, Sportgerätebeschaffung, Zuschüsse zur
Sportunfallversicherung, Ausbildung und Bezahlung von Übungsleitern, Vereinsservice,
Förderung des Nachwuchs- und Leistungssports, wichtige Entwicklungen des Sports in
Schule und Hochschule.
3.3.4 Kommunen
Die Sportförderung durch die Kommunen hat in den letzten Jahren eine überaus große
Ausweitung erfahren. Der Grund für dieses kommunale Engagement ist in der
Erkenntnis zu suchen, dass sportliche Betätigung in ganz hervorragender Weise der
Erhaltung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Bügerinnen und Bürger dienen
kann.
Diskussionspapier Spitzensport in München
20
Dies hat seinen Ausdruck bereits in den „Leitsätzen für die kommunale Sportpflege“
vom 9. Oktober 1958 gefunden. Diese Leitlinie kommunaler Sportpolitik hat durch die
Empfehlung des Präsidiums des Deutschen Städtetages vom 11. Dezember 1969 zur
Förderung des Leistungssports eine Ergänzung erfahren. Diese Empfehlung geht zwar
davon aus, dass nach wie vor der Breitensport unter dem Gesichtspunkt der
Gesundheit der Bevölkerung an erster Stelle der kommunalen Sportförderung
steht, dass aber auch der Spitzensport ein Mittel sein kann, noch mehr
Menschen dem Freizeitsport zuzuführen. Darüber hinaus soll jedoch die kommunale
Sportförderung des Spitzensports im örtlichen Bereich die Talentsuche und –
förderung der Sportvereine und –verbände ergänzen.
Zuletzt hat der Sportausschuss des Deutschen Städtetages 2004 ein Positionspapier
„Sport in der Stadt“ verabschiedet, das im Rahmen der Diskussion „Zukunft der Stadt“
als Leitfaden für die kommunale Sportpolitik dienen soll: „Unbeschadet der primären
Verantwortung des Bundes und der Länder unterstützen die Städte neben dem
Breitensport – in erster Linie wegen seiner Vorbild- und Anreizfunktion für die Jugend –
den Leistungs- und Spitzensport. Der Bau und der Unterhalt von Sportanlagen, die
Bereitstellung von Sportinfrastruktur zu angemessenen Bedingungen, die
Unterstützung des Schulsports und die Förderung (breiten-) sportlicher Aktivitäten,
insbesondere in den gemeinnützigen Vereinen, stellen die Schwerpunkte der
kommunalen Sportpolitik dar“.
Auf der Ebene der Kommune kommt es auf eine wirkungsvolle Koordination aller mit
den Fragen der Gesundheit, Jugend, Sport und Soziales befassten Stellen der
öffentlichen Verwaltung an. Vereine und Verbände können durch weitsichtige
Zusammenarbeit z.B. bei Planung, Bau und Nutzung der Sportstätten dazu beitragen
ihre Situation zu verbessern und den Verein langfristig zukunftsfähig zu machen. Denn
schließlich ist es eine der Hauptaufgaben der Kommunen, Sportplätze, Turnhallen und
Bäder gegen geringe Gebühren oder teilweise kostenlos zur Verfügung zu stellen oder
in Vereinsverantwortung zu übergeben. Darüber hinaus sind vielfältige finanzielle
Zuschüsse für die Vereinsmitglieder und die Übungsleiter überlebensnotwendig für die
Vereine.
3.3.5 Zusammenfassung
Bund, Länder und Kommunen teilen sich die Aufgaben der öffentlichen
Sportverwaltung im Sinne der verfassungsrechtlichen Kompetenzen:
Bund : Länderübergreifende Aufgaben mit besonders repräsentativem Charakter,
insbesondere die Förderung des Spitzensports.
Länder : Nach Art. 30 des Grundgesetzes im Grundsatz mit der Sportförderung
betraut. Hierzu gehören die Förderung des Schulsports, des Breiten- und
Freizeitsports, der Sportstättenbau, aber auch eine unterstützende Zuständigkeit für
den Spitzensport.
Diskussionspapier Spitzensport in München
21
Kommunen: Förderung des Freizeit- und des Breitensports; Unterstützung des
Leistungssports; Bau, Unterhalt, Verpachtung kommunaler Sportstätten; Jugendarbeit;
Unterstützung der Vereinsarbeit; Talentsichtung und –förderung;
In kooperativer Trägerschaft zwischen der Sportselbstverwaltung und der öffentlichen
Hand entstehen Olympiastützpunkte und Leistungssportzentren.
Weitere am Sport aktiv Beteiligte :
Krankenkassen, speziell auf dem Sektor der Gesundheitsförderung durch Sport
Hochschulen als wissenschaftliches Fundament der Sportentwicklung
Schulen/Kindertageseinrichtungen als vermittelnde Institutionen und Basis für das
Sportleben
Unternehmen durch ihr finanzielles Engagement und eigenen Betriebssport
Medien (klassische und neu) als Vermittler der Anreize und Angebote
Zahlreiche private Sportanbieter (Olympiapark München GmbH, Stadtwerke
München GmbH, Fitnessstudios, Trendsportanlagen u.v.m.)
Diskussionspapier Spitzensport in München
22
3.4
Vernetzung von Verbänden/Vereinen und öffentlicher Hand
3.4.1 Spitzensportförderung
Förderung der Bundessportfachverbände
In der Bundesrepublik Deutschland ist die Organisation des Spitzensports in erster
Linie eine Aufgabe der Bundessportfachverbände (Spitzenverbände). Bei den
Maßnahmen zur Organisation und Gestaltung des Trainingssystems sowie bei der
Teilnahme an und Ausrichtung von nationalen und internationalen Wettkämpfen,
Meisterschaften und Sichtungslehrgängen etc. werden die Fachverbände vom Bund
unterstützt, damit sie im internationalen Wettbewerb bestehen können. Die
Bundessportfachverbände arbeiten ihrerseits wieder eng mit den Vereinen,
Landesverbänden, der Stiftung der Deutschen Sporthilfe sowie dem Bereich
Leistungssport des DOSB zusammen.
Das BMI fördert zurzeit :
30 olympische Sportfachverbände
16 nichtolympische Sportfachverbände
6 Bundesfachverbände mit spezieller Aufgabenstellung
240 fest angestellte und 443 auf Honorarbasis beschäftigte Bundestrainerinnen und
–trainer der Bundessportfachverbände
qualifiziertes Personal bei den Bundessportfachverbänden (z.B. Sportdirektor,
Sportreferent)
die 52 Bundesportfachverbände mit einem Fördervolumen von 38 Millionen Euro
Förderung des Stützpunktsystems
Die zweite Säule des Spitzensports in Deutschland ist das Stützpunktsystem, welches
aus Olympiastützpunkten, Bundesstützpunkten, Bundesleistungszentren und
Landesstützpunkten bzw. Landesleistungszentren besteht.
Olympiastützpunkte
Olympiastützpunkte sind Service- und Dienstleistungseinrichtungen für Bundeskaderathletinnen und -athleten sowie deren Trainerinnen und Trainer. Ihre Hauptaufgabe
liegt darin, die sportartübergreifende medizinische, psychologische, physiotherapeutische, trainingswissenschaftliche und soziale Betreuung und Beratung der an den
Leistungszentren und Stützpunkten trainierenden Kaderathletinnen und -athleten
sicherzustellen.
Die derzeit 19 Olympiastützpunkte wurden 2011 vom BMI mit mehr als 26 Millionen
Euro gefördert. Über die Olympiastützpunkte werden derzeit über 100 zusätzliche
Trainer und über 100 Trainingsstätten in Schwerpunktsportarten gefördert (z.B. Bau,
Sanierung, Unterhaltung, Ausrüstung von Sprungschanzen, Rodelbahn,
Schwimmhallen). Sie sollen die Koordination an der Nahtstelle zwischen Spitzen- und
Nachwuchsleistungs-sport verbessern, um die Förderung der Sportlerinnen und
Sportlern zu optimieren, die auf dem Weg vom Landeskader zum Bundeskader sind.
Die Mittel dafür kommen vom Bund, dem Land und von Dritten.
Schließlich bestehen an den meisten Olympiastützpunkten „Häuser der Athleten“, in
denn Nachwuchsleistungssportler untergebracht sind, damit sie am täglichen Training
oder an zentralen Lehrgängen teilnehmen können.
Diskussionspapier Spitzensport in München
23
Bundesstützpunkte
Die Bundesstützpunkte und Bundesstützpunkte-Nachwuchs sind regionale
Einrichtungen der Bundessportverbände, in denen die Bundeskaderathletinnen und –
athleten A bis D/C zusätzlich zum Vereinstraining ein qualitativ hochwertiges,
sportartspezifisches Training unter fachkundiger Anleitung wohnortnah erhalten. Das
Stützpunktsystem eröffnet den Spitzenverbänden die Möglichkeit der Einflussnahme
auf den Trainingsprozess im Sinne von Steuerung und Regelung. Zur Zeit bestehen 92
Bundesstützpunkte in den Sommersportarten, davon 48 Bundesstützpunkte für den
Nachwuchs, und 34 Bundesstützpunkte für den Wintersport.
Bundesleistungszentren
Bundesleistungszentren sind vom BMI in Einvernehmen mit dem DOSB und den
Bundesportfachverbänden anerkannte Sportstätten. In diesen Zentren werden
schwerpunktmäßig zentrale Trainingslager und Lehrgänge sowie Trainerfortbildungen
der Spitzenverbände durchgeführt. Freie Kapazitäten ermöglichen eine zusätzliche
Nutzung für Trainingseinheiten der Leistungssportlerinnen und –sportler auf
Landesebene und des Vereins- und Schulsports. Die Sportanlagen, Einrichtungen,
Geräte, Unterbringungsmöglichkeiten und die Verpflegung in diesen
Bundesleistungszentren sind so ausgelegt, dass die Betreuung und das Training von
Bundeskaderathletinnen und -athleten in mindestens einer Disziplin möglich sind.
Zu Landesleistungszentren siehe Ziffer 4.1.
Förderung der Sportstätten – Einrichtungen für Training und Wettkampf
Die deutschen Spitzensportathletinnen und –athleten können international nur
bestehen, wenn ihnen Einrichtungen für Training und Wettkampf zur Verfügung stehen,
die höchsten Ansprüchen genügen. Das BMI fördert deshalb auch Bauten für den
Spitzensport und arbeitet dabei mit den Organisationen des Sports, den Ländern und
den Kommunen zusammen. Die Unterstützung bei der Errichtung, Sanierung,
Modernisierung von Sportstätten wird insbesondere den Einrichtungen der
Olympiastützpunkte, der Bundesstützpunkte sowie auf Sportanlagen der
Bundesleistungszentren zuteil. Im Vordergrund steht die Deckung des
Sportstättenbedarfs für die olympischen Verbände.
Herausragende Beispiele:
Von 1998 bis 2005 : 217 Mio. € Bundesmittel für Sportstätten des Spitzensports
Von 1999 bis 2005 rund 63 Mio. € für den „Goldenen Plan Ost“, wobei die
Förderung des Breitensports vorrangige Aufgabe der Länder und Kommunen ist.
Ausbau der Stadien in Berlin und Leipzig mit weiteren 247 Mio. €
Multifunktionssporthalle Leipzig : Rund 8,9 Mio. € Bundesfördermittel
Eisschnelllaufbahn in Erfurt : Über 6,2 Mio. € Bundesfördermittel
Spitzensportförderung durch die Bundespolizei und die Bundeswehr
Ein Erfolgsgarant für den deutschen Sport ist die Förderung des Spitzensports durch
die Bundespolizei und die Bundeswehr. Hoch talentierte Athletinnen und Athleten
werden bei der Ausübung des Leistungssports unterstützt und gleichzeitig haben sie
die Möglichkeit, eine berufliche Ausbildung zu machen. Das ermöglicht es ihnen, sich
ohne Sorgen um ihre Zukunft und ihre berufliche Perspektive nach der sportlichen
Karriere auf das Training und die Wettkämpfe zu konzentrieren.
Diskussionspapier Spitzensport in München
24
3.4.2
Nachwuchsförderung : „Früh übt sich“
Spitzensportförderung beginnt im Kindes- und Jugendalter mit gezielter Talentsuche
und –förderung. Schulen und Sportvereine haben hier eine Schlüsselfunktion und
müssen hier eng zusammenarbeiten, um die sportliche Begabungen früh erkennen und
fördern zu können. Die Sportförderung durch die Länder, die für den Schulsport
verantwortlich sind, und durch die Kommunen, die auf die Vereinsebene und den
Breitensport zielt, müssen somit eng vernetzt sein und bestmöglich kooperieren, um
eine qualifizierte Talentförderung und –suche zu ermöglichen. Dies erzeugt die
Grundlage für die weitere Nachwuchsförderung durch die Länder und Kommunen.
Der Bund besitzt für die Förderung des Nachwuchsbereichs keine originäre
Zuständigkeit, hilft aber an den Nahtstellen zum Spitzensport auf folgenden Gebieten:
Förderung von „Häusern der Athleten“ mit Sportinternat
Förderung von Stützpunkten, insbesondere Olympiastützpunkten mit
Nachwuchsathleten
Förderung des Bundeswettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia“
Förderung von Sichtungslehrgängen etc.
Förderung der Kooperationsschulen des Leistungssports
Ziel dieser Schulen ist es, die Erfordernisse einer leistungssportlichen Ausbildung und
die der Schule optimal aufeinander abzustimmen, damit die Jugendlichen nicht an der
Mehrbelastung scheitern. Die Kulturhoheit im Bereich Bildung und Schule und damit
auch die Zuständigkeit für die Talent- und Nachwuchsförderung liegt bei den Ländern.
Häufige Formen der Kooperation, insbesondere in Bezug auf Strukturierung und
Finanzierung, bestehen in den Partnerschulen des Leistungssports und den
sportbetonten Schulen.
Förderung der Häuser der Athleten
Die „Häuser der Athleten“, die primär vom Bundesinnenministerium und von den
Ländern anteilig gefördert werden, sollen die Verbindung von Alltag und Leistungssport
erleichtern. In den Internaten bzw. in den reinen Wohnheimen können die Athleten die
individuellen Förderstrukturen nutzen und die an den Olympiastützpunkten
eingesetzten Laufbahnberaterinnen und -berater in beruflichen, sportlichen und
schulischen Bereichen zu Rate ziehen.
Förderung des Bundeswettbewerbs „Jugend trainiert für Olympia“
Heike Henkel, Boris Becker oder Frank Busemann sind Sportler, deren Laufbahn mit
der Teilnahme bei „Jugend trainiert für Olympia“ begann. Jährlich nehmen 900.000
Schülerinnen und Schüler an den Schulwettkämpfen teil. Ziel der Sportwettkämpfe ist
eine vielseitige Grundausbildung, positive Einstellung und langfristige Motivation zum
Sport und ein abwechslungsreicher Trainingsbetrieb. Die Wettkämpfe auf Stadt-,
Kreis-, Landes- und Bundesebene können jedoch auch optimal als Talentsichtung und
-förderung genutzt werden. Gefördert wird dieser Wettbewerb durch den Bund, die
Länder und die Kommunen je nach Verantwortungsbereich (Stadt-, Landes- oder
Bundesebene).
Diskussionspapier Spitzensport in München
25
3.4.3 Breitensportförderung
Für viele ist Sport die wichtigste Form der Freizeitgestaltung. Sport ist in aller Regel
zuerst Freizeit- und Breitensport, mit dem Kinder und Jugendliche ebenso wie
Senioren, Frauen und Männer verschiedene Motive verbinden. Gesundheit, Erholung,
Stressabbau, soziale Kontakte, Wettkampf und Körpererfahrung sind nur ein paar
Aspekte aus der Motivvielfalt des heutigen Sporttreibens.
Nach der Verfassung liegt die Verantwortung für die Förderung des Bereitensports in
den Händen der Länder und Kommunen. Die Sportförderung in den Bundesländern
erstreckt sich – wenn auch in unterschiedlicher Form und mit unterschiedlichen
Förderprogrammen – auf nahezu alle sportlichen Gebiete: Vom Schulsport über den
Breiten- und Freizeitsport bis hin zum Übergang vom Nachwuchssport zum
Spitzensport.
Der Schwerpunkt der kommunalen Sportpolitik liegt in der Förderung des
Breitensports. Die ca. 90.000 Sportvereine in Deutschland, die Basis der deutschen
Sportbewegung, stellen dabei die wichtigsten Partner der Kommunen dar.
An zwei Beispielen kann das bundesweite Engagement der Bundesregierung im
Breitensport dargestellt werden:
Integration durch Sport
Bis zum Jahr 2050 wird der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund auf ca.
34 % anwachsen (ca. 24 Mio. Menschen).
Die Eingliederung von Zuwanderern ist eine der wichtigsten innenpolitischen
Aufgaben. Sport ist hierfür ein geradezu ideales Mittel. Denn Sport kennt keine
Grenzen und spricht alle Sprachen. Die Einbeziehung in den Sportverein erhöht die
Kontakte der Migranten zur einheimischen Bevölkerung und die sportlichen Erfolge
erhöhen ihr Selbstwertgefühl und unterstützen die Annerkennung als
gleichberechtigter Partner.
Das Ehrenamt im Sport
Rund 34 Prozent der Bundesbürgerinnen und –bürger sind ehrenamtlich engagiert.
Das sind rund 22 Millionen Menschen, die in Vereinen, Projekten, Initiativen und
Einrichtungen unentgeltlich gemeinwohlorientierte Aufgaben erfüllen. Ein Großteil
dieser ehrenamtlichen Tätigkeit konzentriert sich auf den Sport. In den ca. 90.000
Sportvereinen in Deutschland sind es etwa 2,2 Millionen Menschen, die freiwillig
und (weitgehend) unbezahlt Tätigkeiten leisten (z.B. Trainer, Platzwart, Betreuung,
etc.) Ihr Einsatz schafft einen enormen Gewinn für die Lebensqualität in unserer
Gesellschaft und sichert die Zukunft der Vereine. Aufgabe des Staates ist es,
dieses Engagement, beispielsweise durch den Steuerfreibetrag (1.848 Euro/Jahr),
die Streichung der Sozialversicherungspflicht bei geringfügiger selbständiger
Tätigkeit und die Erweiterung des Unfallschutzes, zu stärken und zu fördern.
Diskussionspapier Spitzensport in München
26
3.5
Fazit: Was muss München für den Spitzensport leisten ?
Die Bundes- und Landesregierungen sowie die Kommunen bekennen sich zur
Förderung des Breiten-, Nachwuchs-, Spitzen- und Behindertensports. Dies wird aus
den im DOSB-Jahresbericht veröffentlichten Zahlen deutlich: Im Jahr 2002 haben
Bund, Länder und Kommunen 3,9 Milliarden Euro für die Sportförderung ausgegeben –
und damit 0,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Den bei weitem größten Anteil an diesem
Förderbetrag haben mit 3,1 Milliarden Euro die Städte und Gemeinden getragen. 668
Millionen Euro entfielen auf die Länder und 127 Millionen Euro auf den Bund.
Das Verhältnis und der Umfang der Förderung hat sich seither kaum verändert.
Breiten-, Nachwuchs- und Spitzensport stehen in engem Verhältnis zueinander und
können auch im Bereich der Sportförderung nicht klar getrennt werden, denn der
Spitzensport rekrutiert seine Sportler aus dem Nachwuchs- und Breitensport. Dadurch
ergibt sich in der Praxis teilweise eine Überschneidung der Bund-, Länder und
Kommunen-Zuständigkeiten und der Fördermaßnahmen.
Um die öffentliche Sportförderung für den Breiten-, Nachwuchs- und Spitzensport
dauerhaft und verlässlich zu sichern und zu strukturieren, haben sich im Rahmen der
Bund-Länder-Kommunen-Vereinbarungen folgende grundlegende Verantwortungen
und „ungeschriebene Bundeskompetenzen“ entwickelt:
Die Förderung des Breiten- und Nachwuchssports liegt in den Händen der Länder
und Kommunen.
Die Nachwuchsförderung mit höherem Leistungsniveau ist Aufgabe der Länder.
Die Sportförderung des Bundes konzentriert sich auf den nationalen und
internationalen Spitzensport sowie auf solche herausragende breitensportliche
Aktivitäten, an denen ein gesamtstaatliches Interesse besteht.
Ein gesetzliches oder vertragliches Muss zur Förderung des Spitzensports
besteht auf Grundlage der Verfassungen, des materiellen Rechts und der BundLänder-Kommunen-Vereinbarungen und der vagen Kompetenzzuordnungen für
die Kommune nicht.
Mit Blick auf die historisch gewachsene Aufgabenverteilung innerhalb der Ebenen der
öffentlichen Hand und zwischen Sportverwaltung (öffentliche Hand) und
Sportselbstverwaltung (Verbände, Vereine) hat die Kommune jedoch die wichtige
Aufgabe, zu den Grundlagen und Voraussetzungen für eine Spitzensportkarriere
beizutragen und Talentauswahlmaßnahmen zu unterstützen.
Diskussionspapier Spitzensport in München
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Die „Leitlinie für kommunale Sportpolitik“ von 1969 und das Positionspapier „Sport in
der Stadt“ des Sportausschusses des Deutschen Städtetages deuten zudem an, dass
die Förderung des Leistungssports auch für eine Kommune erstrebenswert sein kann.
Der Leistungssport kann zum Beispiel dazu beitragen, mehr Menschen zum Sport zu
bringen, das Image der Stadt zu verbessern, die lokale Wirtschaft zu stärken oder die
Bereitschaft der Gesellschaft zu Leistung, Ausdauer und Disziplin im alltäglichen Leben
zu erhöhen (siehe Ziffer 2).
Die Städte beschließen über die von ihnen konkret zu leistende Förderung und über
eine Schwerpunktsetzung (Breiten-, Nachwuchs- und /oder Breitensport) in eigener
Verantwortung. Dadurch entsteht für Deutschland ein differentes Bild im Bereich der
kommunalen Sportförderung (Sportförderrichtlinien). Die örtlichen politischen
Vertretungen treffen die erforderlichen Grundsatz- und Einzelentscheidungen im
Bewusstsein ihrer hohen Verantwortung für eine angemessene kommunale
Sportförderung im Rahmen ihrer Selbstverwaltung und ihrer finanziellen Möglichkeiten.
Um Fehlentscheidungen zu vermeiden, die notwendigen Chancen zu erkennen und die
richtigen (Förder-)Impulse zu geben, ist eine präzise Bestimmung des heutigen und
zukünftigen Bedarfs unter anderem auch für den Bereich des Spitzensports notwendig.
Hierzu haben sich verschiedene Methoden der Sportentwicklungsplanung bereits in
zahlreichen Anwendungen bewährt.
Diskussionspapier Spitzensport in München
28
4.
Spitzensport in München/ Bestandsaufnahme
4.1.
Stützpunkte / Zentren / Sportstätten
Olympiastützpunkt
Der Olympiastützpunkt Bayern (im Münchner Olympiastadion) ist einer von 19
Stützpunkten in Deutschland und der einzige im Freistaat Bayern.
Die Betreuungsleistungen für Bundeskaderathleten/-innen erstrecken sich auf die
Bereiche Sportmedizin, Sportorthopädie, Physiotherapie, Ernährungsberatung,
Laufbahnberatung, Sportpsychologie und Trainingswissenschaften.
Die 25 beteiligten Fachverbände decken konzeptgemäß alle Schwerpunktsportarten ab
(Leichtathletik, Schwimmen, Basketball, Radsport, Skisport, Turnen, Volleyball ...).
Zur Aufgabenstellung s. Ziff. 3.4, zu den Leistungen der Stadt München s. Ziff. 5.
Bundesstützpunkte in München
Die bundesweit derzeit 126 Bundesstützpunkte gewährleisten ein tägliches bzw.
regelmäßiges regionales und/oder zentrales Training der Kaderbereiche A/B bis D/C in
Abstimmung mit dem Olympiastützpunkt, der sie betreut. Sie stellen insbesondere
Trainingsstätten für ein Hochleistungstraining zur Verfügung. Über die
Bundesstützpunkte haben die stützpunkttragenden Vereine erweiterten Zugang zu
Hilfeleistungen und Fördergeldern der öffentlichen Hände, vor allem im regionalen oder
kommunalen Bereich.
Die Anerkennung durch das Bundesministerium des Innern setzt ein Konzept des
Spitzenverbandes und eine Prüfung durch den Deutschen Olympischen Sportbund
voraus. Die Mindestkaderanzahl liegt bei 5 Bundeskadern.
Es wird in Bundesstützpunkte (Schwerpunkt Spitzenkader A/B) und Bundesstützpunkte Nachwuchs (vorrangig C-Kader) unterschieden.
In München sind aktuell (Stand Juni 2011) sieben Bundesstützpunkte anerkannt, und
zwar in den Sommersportarten Hockey, Judo, Leichtathletik, Schießsport, Taekwondo
und Tennis sowie in der Wintersportart Short-Track.
In den Sportarten Judo und Tennis handelt es sich um Bundesstützpunkte Nachwuchs.
Im Eiskunstlauf ist die Anerkennung mangels entsprechender Kaderzugehörigkeiten
und Erfolge verlorengegangen.
Bundesleistungszentren bestehen nur an den Standorten, an denen keine Integration
in einen Olympiastützpunkt sportfachlich sinnvoll ist. In München gibt es kein
Bundesleistungszentrum. In Deutschland existieren nur deren fünf.
Landesleistungszentren in München
Landesleistungszentren werden von den jeweiligen Landesfachverbänden der
Sportarten betrieben, um die regionale bzw. landesweite Talentförderung (vorrangig DKader) zu gewährleisten. Insbesondere werden hier die Trainingsstätten zur Verfügung
gestellt und Athleten aus dem Bundesland zusammengefasst.
Die prägnantesten Beispiele werden nachfolgend kurz dargestellt.
Diskussionspapier Spitzensport in München
29
Landesleistungszentrum Rudern
Das Landesleistungszentrum Rudern ist auf der Ruderregattaanlage in
Oberschleißheim eingerichtet. Neben Rudern sind auch Kanu und Kajak möglich.
Das LLZ verfügt neben den Sportflächen und –geräten über Sportlerunterkünfte.
Aufgrund der günstigen Infrastruktur und der guten Erfahrungen werden regelmäßig
hochrangige Veranstaltungen (Weltcups, Ruder-WM 2007) an diesen Standort
vergeben.
Landesleistungszentrum Turnen
Das Landesleistungszentrum Turnen (an der Höglwörther Straße) betreut derzeit 17
Kaderathleten/-innen (1xB, 3xC, 13xD) und weitere Talente in den Sportarten
Gerätturnen, Trampolinspringen und Rhythmische Sportgymnastik.
Die Sporteinrichtungen dienen zur besseren Auslastung neben dem Leistungs- auch
dem Breitensport in Sportvereinen und (Hoch-)Schulen, darunter auch dem IsarSportgymnasium (Partnerschule des Leistungssports), der Universität der Bundeswehr
Neubiberg und dem Bayerischen Skiverband (Freestyle-Weltcupteam).
Zu den Leistungen der Stadt München s. Ziff. 5.
Trainingshalle für Leichtathletik / Bundesstützpunkt Leichtathletik
Im Olympiapark wurde eine neue Trainingshalle vorwiegend für den
Hochleistungssport in den Leichtathletik-Disziplinen errichtet (Werner-von-Linde-Halle).
Insbesondere aus dem Wurf- und Sprintbereich sollen noch mehr Sportler/-innen auf
den Bereich München (Bundesstützpunkt) konzentriert werden. Dazu trägt speziell die
günstige Anbindung zum Olympiastützpunkt und zum Haus des Athleten bei.
Zu den Leistungen der Stadt siehe Ziff. 5.
Olympia-Eissportzentrum
Das Eissportzentrum im Olympiapark stellt die einzige überdachte Eissportmöglichkeit
in München dar und bietet konsequenterweise durch die Anbindung an den OSP alle
leistungssportlichen Betreuungsleistungen in den Eissportarten Short-Track,
Eishockey, Eisschnelllauf, Curling und Eiskunstlauf). Eine entsprechende
Kaderzugehörigkeit von Athleten/-innen besteht derzeit nur für den Bereich Short-Track
(Bundesstützpunkt). Für den Eiskunstlauf wurde diese Funktion aktuell nicht mehr
zuerkannt.
Zu den Leistungen der Stadt siehe Ziff. 5.
4.2.
Kooperation Schule-Leistungssport
Isar-Sportgymnasium
Das Isar-Sportgymnasium gehört zum Schulverbund der Privatschulen am Isartor. Der
private Schulträger unterstützt gemeinsam mit dem Freistaat Bayern und den
Spitzenverbänden des OSP die gleichzeitige schulische und sportliche Entwicklung von
Talenten. Das Isar-Sportgymnasium ist derzeit vom DOSB und dem Arbeitskreis
Eliteschulen des Sports als „Eliteschule des Sports“ anerkannt (gilt für 4 Jahre).
Diskussionspapier Spitzensport in München
30
Es erfüllt damit die höchsten Qualitätskriterien des DOSB (z.B. Trainingsstätten,
Qualifikation der TrainerInnen, überregionale Wirksamkeit, sportliche und
bildungsbezogene Erfolge der Absolventen). Die Unterbringung im Internat nehmen
derzeit 96 SchülerInnen in Anspruch.
Schwerpunktsportarten sind Eiskunstlauf, Eisschnelllauf, Fechten, Kunstturnen, Judo,
Leichtathletik, Rhythmische Sportgymnastik, Short Track und Schwimmen.
Theodolinden-Gymnasium
Das städtische Theodolinden-Gymnasium ist eine sportbetonte Schule ohne
Sportinternat. Hier werden in einem „Sportzug“ LeistungssportlerInnen in
Spezialklassen zusammengefasst, die alle Jahrgangsstufen gemeinsam durchlaufen.
Hauptsportart ist Fußball, Partner des TLG sind der Bayerische Fußballverband und
die drei größten Fußballvereine der Region (FC Bayern, TSV 1860, U’haching).
Angeboten wird außerdem Basketball.
Ein ähnlicher Zuschnitt gilt für die beiden weiteren regionalen Partnerschulen des
Sports in Taufkirchen (Walter-Klingenbeck-Realschule, Hauptschule Taufkirchen;
Schwerpunkt Fußball).
4.3.
„Haus des Athleten“
Das „Haus des Athleten“ in München wurde im Jahr 2005 eröffnet und ist
organisatorisch an den OSP angebunden. Junge bayerische Talente können hier unter
pädagogischer Betreuung und in sportiver Atmosphäre leben, haben kurze Wege zur
Schule (Partnerschulen des Leistungssports) oder zum Studienort
(Partnerhochschulen), aber auch zu den Sportstätten und den TrainerInnen. Die
Kompatibilität von Sport- und Berufskarriere ist damit in München gestiegen und
ermöglicht u.a. den Übergang von der Schule zum Studium.
Das Haus des Athleten ist für 30 SportlerInnen, vorwiegend in den vom DOSB
vorgegebenen Schwerpunktsportarten, gedacht.
4.4.
Partnerhochschulen des Spitzensports
Die drei Münchner Hochschulen (Technische Universität, Ludwig-MaximiliansUniversität, Fachhochschule) gehören zu den derzeit 16 Partnerhochschulen des
Spitzensports in Bayern.
Ein Kooperationsabkommen mit dem Olympiastützpunkt, der seinerseits eine sog.
Laufbahnberatung anbietet, verschafft Bundeskaderathleten und –innen Vorteile bei
der Vereinbarung von Studium und Sportkarriere in Abstimmung der beiden
Laufbahnen mit Trainern/Trainerinnen und dem Lehrpersonal an den Hochschulen.
Darüberhinaus leisten die Hochschulen ihren wissenschaftlichen und praktischen
Beitrag zur Förderung des Spitzensports, von der Grundlagenarbeit der
Sportwissenschaftlichen Fakultät an der TU (z.B. Sportmedizin, angewandte
Trainingswissenschften, Sportmarketing) bis zur Unterstützung durch die
medizinischen Fakultäten der LMU.
Diskussionspapier Spitzensport in München
31
4.5.
Fachverbände / Sportvereine / Interessensgemeinschaften
Die Olympiastützpunkte setzen nicht den Anfang einer sportlichen Karriere, sondern
sie steigern und setzen vielversprechende Ansätze fort. Dabei greifen sie auf die
leistungssportlichen Strukturen in den Spitzenverbänden, den Landessportbünden, den
Landesfachverbänden und den Sportvereinen zurück.
Von den 53 Landesfachverbänden hat die Mehrheit ihren Sitz in München, fast
durchgehend gemeinsam mit dem Bayerischen Landes-Sportverband.
Von den 60 deutschen Spitzenverbänden haben immerhin vier ihren Sitz in München :
Deutsche Eislauf-Union, Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft und Deutscher
Eishockey-Bund in olympischen Sportarten sowie Deutscher Alpenverein.
Den „Nährboden“ bilden auch in München Sportvereine mit leistungssportlichem
Ansatz.
Die Existenz und Tiefenschärfe von Konzepten zum Spitzensport und zur
Talentförderung sind je nach Sportart sehr unterschiedlich.
Die leistungssportliche Entwicklung, insbesondere strategische Ziele und
Orientierungen sowie konkrete Maßnahmen und Verantwortlichkeiten, wird in
Regionalkonzepten (bayernweit) verankert. Federführend ist der Spitzenverband in
Abstimmung mit den regionalen Partnern (BLSV, Landesverband).
Auf örtlicher/kommunaler Ebene setzt die Konzeption ein Engagement der örtlichen
Vereine gemeinsam mit dem Fachverband voraus.
Letztlich sind es vor allem die unter Ziffer 4.1.1 genannten Sportarten, die auf der Basis
entsprechender Konzepte entsprechende Fortschritte erreicht haben (z.B.
Anerkennung als Bundesstützpunkt, Betreuung durch den OSP, sportliche Erfolge).
Dies ist vielfach auch auf die engagierte Talentförderung von Münchner Sportvereinen
zurückzuführen :
Aktuelle Beispiele
Sportart
Judo
Leichtathletik
Schwimmen
Schießen
Taekwondo
Tennis
Short Track
Hockey
Kanu/Kajak
Segeln
Vereine
TSV Großhadern
LG Stadtwerke, TSV München von 1860
SG Stadtwerke
Kgl. Priv. Hauptschützengesellschaft 1406
Post SV München
MTTC Iphitos
SLIC München
Münchner Sportclub, HC Rot-Weiß
MTV München von 1879
Bay. Yacht-Club München, Deutscher
Touring Yacht-Club München
Eishockey
EHC München
Fußball
FC Bayern, TSV von 1860
Sportarten im Behindertensport (Rad, Behinderten-Sportverein München, Post SV
Schwimmen, Tischtennis..)
München
Diskussionspapier Spitzensport in München
32
In Ansätzen wurde erkannt, dass die Grundlagenarbeit durch die Bündelung der
Ressourcen mehrerer Vereine besser zu leisten ist. Interessengemeinschaften (z.B. im
Schwimmen) versuchen, mit gemeinsamer Anstrengung neue Impulse zu setzen. Dies
erweist sich wegen der unterschiedlichen Vorstellungen der verantwortlichen Personen
als anspruchsvolle Aufgabe, deren Bewältigung von der Stadt München nur vermittelnd
begleitet werden kann.
Es fällt auf, dass in zahlreichen (olympischen) Kernsportarten (z.B. Schwimmen,
Handball, Basketball, Volleyball) in München keine ausreichende Basis und Struktur
der Talentförderung existiert oder die Ansätze nicht zum Erfolg führen. Dies wird auf
verschiedene Faktoren zurückgeführt, u.a. auf die zurückhaltende Beteiligung der
Wirtschaft (mangels Stars) und den begrenzten Beitrag der Kommune (s. Ziffer 5).
4.6.
Bundeswehr / Bundespolizei
Seit 1968 hat die Bundeswehr 25 Sportfördergruppen eingerichtet, davon 6 Standorte
in Bayern (München-Cosimastraße, Neubiberg, Bischofswiesen, Mittenwald, Sonthofen
und Altenstadt). Immerhin drei der Gruppen sind dem Standort München zugeordnet,
darunter die Bw-Universität in Neubiberg. Alleine dadurch ist gewährleistet, dass je
nach Trainingsplan zahlreiche sehr erfolgreiche Athleten/-innen in München Betreuung
finden. Mit zuletzt ca. 27 Mio. € unterstützt die Bundeswehr die Förderung des
Spitzensports. Ca. 740 Planstellen sind derzeit mit namhaften Sportlern besetzt, die bei
den letzten Olympischen Spielen einen hohen Anteil der Medaillengewinne beigetragen
haben (Athen 2004 ca. 43 %, Turin 2006 ca. 71 %, Vancouver 2010 68 %).
Die Bundeswehr fungiert hier einerseits als Arbeitgeber mit festen Dienstbezügen,
andererseits als Bereitsteller von Sportinfrastruktur und Unterkünften und als Begleiter
weiterer berufsvorbereitender Maßnahmen (Studium).
Zuletzt wurden 51 Sportspitzenverbände in 84 Sportarten gefördert.
Die Zielrichtung und Aufgabenstellung der Bundespolizei (früher Bundesgrenzschutz)
ist ähnlich (Anstellung, Ausbildung, Infrastruktur). In München besteht kein
Leistungssportstandort der Polizei, allerdings gibt es bundesweit nur deren zwei : In
Bad Endorf (Bayern) und in Cottbus. An der Polizeisportschule Bayern sind alle
polizeizugehörigen Wintersportler/-innen stationiert, darunter zahlreiche
Medaillengewinner (z.B. Magdalena Neuner, Amelie Kober).
4.7.
Veranstaltungen 1970 - 2010
Veranstaltungen des Spitzensports haben in München Tradition.
Ihre Regelmäßigkeit hat über Jahrzehnte den Ruf der Bayerischen Landeshauptstadt
als Sportstadt der höchsten Kategorie geprägt.
Alleine in den letzten 35 Jahren - seit den Olympischen Spielen 1972 - haben in
München ca. 50 Welt- und Europameisterschaften, vor allem in den populärsten und
den olympischen Kernsportarten, stattgefunden.
Diskussionspapier Spitzensport in München
33
Schon die Höhepunkte des neuen Jahrhunderts dokumentieren die Stellung Münchens
in der Sportwelt :
Karate-WM 2000
Judo-WM 2001
Leichtathletik-EM 2002
Kletter-WM 2005
Fußball-WM 2006
Ruder-WM 2007
Schützen-WM 2010
Special Olympics 2012
Champions League Finale 2012
Hinzu kommen weitere Großereignisse von nationalem/internationalem Rang, z.B.
Ruder-Weltcups, Deutsche Marathon-Meisterschaften 2006, Deutsche TriathlonMeisterschaften 2007-2009, Leichtathletik-Europacupfinale 2007, Skiweltcup-Slalom
2011), Boulder-Weltcups 2010-2012.
Wenn diese Veranstaltungen in München die Gipfel eines Gebirges darstellen, so sind
die Erfolge des FC Bayern in zwei außergewöhnlichen Stadien der Gebirgskamm, der
die Gipfel verbindet und das weltweite Image Münchens als vielleicht profilierteste
Sportstadt Deutschlands immer wieder bestätigt.
4.8.
Aktuelle Erfolge
Das Erfolgsbarometer des Münchner Sports lässt sich anschaulich an den
Sportlerehrungen der Landeshauptstadt ablesen : Hier werden die in München
wohnhaften bzw. einem Münchner Verein angehörigen Sportler/-innen geehrt, die
hochrangige Erfolge erzielt haben : Medaillen bei Olympia, Paralympics, Welt- und
Europameisterschaften oder nationale Titel.
Dabei fällt auf, dass über die Jahre hinweg einerseits die Zahl der Titel und der
erfolgreichen Athleten/-innen bei gelegentlichen Schwankungen stabil ist. So wurden
zuletzt im Jahr 2010 6 Medaillen bei Olympischen Spielen/Paralympics (5x Gold), 31
internationale Titel (WM oder EM) und 66 nationale Titel eingefahren.
Andererseits beziehen sich die Erfolge nur zu einem sehr geringen Teil auf die
populärsten Sportarten. Die Titel des FC Bayern im Fußball finden seit Jahren kaum
„Nachahmer“ in anderen Mannschaftssportarten (Basketball, Handball, Eishockey,
Volleyball). Ausnahmen wie der Münchner SC im Hockey oder die Munich Cowboys
Ladies im American Football finden nur geringe überregionale Aufmerksamkeit.
Auch bei den sog. Individualsportarten sind aufsehenerregende Erfolge Mangelware,
insbesondere in den olympischen Kernsportarten Schwimmen und Leichtathletik oder
im Radsport. Immerhin waren mit Malte Mohr und Tim Lobinger (Stabhochsprung),
Tobias Unger (Sprint) und Marius Broening (Sprint) Münchner Sportler zuletzt auch
national und international erfolgreich (EM 2010). Im Übrigen ergeben sich Erfolge eher
im Schießen, im Kanusport, im Kampfsport (Judo, Taekwondo) und im Short Track
oder gar in exotischen Sportarten wie Frisbee, Lacrosse und Unterwasser-Rugby.
Kurzum : Die medienwirksamen Erfolge der Münchner Sportler/-innen und Vereine sind
dünn gesät, die Vielfalt in den Randsportarten aber ist beachtlich.
Diskussionspapier Spitzensport in München
34
Besondere Erwähnung verdienen jedoch die sportlichen Spitzenleistungen von
Menschen mit Behinderung : (Gold)Medaillen bei Paralympics im Biathlon und Langlauf
(Verena Bentele), im Schwimmen (Claudia Hengst), im Radsport (Michael Teuber), im
Tischtennis (Daniel Arnold) und weitere Erfolge/Titel zeigen, dass der Münchner
Behindertensport im weltweiten Vergleich ein außergewöhnliches Niveau erreicht hat.
5.
Leistungen der Landeshauptstadt München
Der Beitrag der Stadt München bezieht sich aktuell auf 7 Bereiche
5.1.
Sportstättenbau/-sanierung
Unterhalt von Sportstätten
Bereitstellung von Sportanlagen für Training und Wettkämpfe
Zuschüsse für Leistungssportler/-innen
Kooperationen des Leistungssport mit Schulen
Sportveranstaltungen
Ehrung von Sportlern/-innen für herausragende Leistungen
Beiträge zum Sportstättenbau
Für den Spitzensport:
Im Grundsatz verläuft gerade im Bereich der Bauinvestitionen eine deutliche
Abgrenzung in der Zuständigkeit öffentlicher Träger. Bund und Land leisten Zuschüsse
für Sportanlagen des Spitzensports, während die Kommunen vorrangig in die
Sportinfrastruktur für den Breitensport investieren, also in Baumaßnahmen örtlicher
Vereine oder eigene Sportstätten.
Mit dem Beitrag zur Errichtung der olympischen Sportanlagen hat die Stadt diesen
Grundsatz durchbrochen und Grundlagen geschaffen, die bis heute auch dem
Spitzensport zugute kommen. Über die Olympiapark München GmbH besteht in
Ansätzen auch heute noch eine Beteiligung der Stadt München an Baumaßnahmen,
z.B. beim Neubau der Werner-von-Linde-Halle als Trainingsort des Bundesstützpunkts
Leichtathletik.
Mittelbar profitiert der Spitzensport auch in München durch die Infrastruktur, die der
Breitensport als Basis der Talentförderung zur Verfügung gestellt bekommt.
Für den Breitensport :
Im Mehrjahresinvestitionsprogramm 2009-2013 der LH München sind Baumaßnahmen
mit einem Finanzvolumen von ca. 40 Mio. € vorgesehen.
Das Kostenvolumen für erforderliche Baumaßnahmen beträgt jedoch
bei stadteigenen Sportanlagen ca. 34 Mio. €
bei vereinseigenen Sportstätten ca. 52 Mio. € (Zuschussbetrag ca. 15 Mio. €).
Diskussionspapier Spitzensport in München
35
5.2.
Unterhalt von Sportstätten
Für den Spitzensport:
Mit unmittelbarer Wirkung auf den Spitzensport trägt die Stadt zum Betrieb/Unterhalt
des Olympiastützpunkts Bayern, zum Haus des Athleten und zu den Landesleistungszentren Rudern (Oberschleißheim) und Turnen (Höglwörther Straße) bei.
Gesamtbetrag im Haushalt 2011 : Ca. 500.000 €
Für den Breitensport:
Alle Betriebskosten für stadteigene Sportanlagen (ohne Schulsportanlagen) im Jahr
2011 : Ca. 13,5 Mio. €
Unterhaltszuschüsse für vereinseigene Sportanlagen 2011 : Ca. 2,5 Mio.€
5.3.
Bereitstellung von Sportstätten
Für den Spitzensport:
Für das Training und die Wettkämpfe von Vereinen mit leistungssportlicher Ausrichtung
im Eissport, Schwimmen, Radsport und in der Leichtathletik werden im Olympiapark
und bei den Stadtwerken Sportflächen/-stätten angemietet. Tatsächlich ist die
Trennlinie zwischen Spitzensport, Leistungssport, Talentförderung und Breitensport
hier unscharf, aber deutlicher zu überblicken als bei der reinen Vermietung von
Sportstätten für den Breitensport.
Bezuschusste Trainingsstunden : 8.277
Zahl der Athleten/-innen : 1.343
Budget 2011: Ca. 530.000 €
Für den Breitensport :
Der Umfang der Unterstützung des Breitensports ist deutlich höher. Sie umfasst alle
indirekten Förderungen durch kostengünsige Überlassung von Grundstücken für
vereinseigene Anlagen und von städtischen Sportanlagen für die Nutzung durch
Vereine (Förderung = Betriebskosten minus Benutzungsentgelte).
Gesamtbetrag (ohne Schulsportanlagen) : Ca. 32 Mio. €
5.4.
Zuschüsse für Bundesliga/Meisterschaften
Für den Spitzensport :
Im Rahmen der neuen Sportbetriebspauschale setzt die Stadt auch einen
Bemessungsfaktor für die Teilnahme an Bundesligen, Meisterschaften und
Pokalwettbewerben an, der als Beitrag zu Reise- und Unterbringungskosten gelten
kann.
Diskussionspapier Spitzensport in München
36
Teilnehmer/-innen an Bundesligen : 582
Teilnehmer/-innen an Meisterschaften : 332
Gesamtbetrag im Jahr 2011 : Ca. 80.000 €
Für den Breitensport :
Die Sportbetriebspauschale umfasst die Unterstützung aller alltäglichen Aufgaben der
Sportvereine (Personal, Räume, Geräte...).
Gesamtbetrag im Jahr 2011 : 2 Mio. €
5.5.
Kooperationsschulen des Leistungssports
Für den Spitzensport :
Die Ressourcenbereitstellung verteilt sich auf Bund, Land, Kommune,
Sportfachverbände, BLSV, Stiftung Deutsche Sporthilfe, Sportvereine, Sponsoren,
Eltern und den Förderverein.
Die aktuellen Leistungen der Stadt umfassen die organisatorischen Maßnahmen am
städtischen Theodolinden-Gymnasium (Freistellung vom Unterricht für Wettkämpfe,
zeitliche Abstimmung von Klassenarbeiten, Stundenplanabstimmung der
Schulleitung/des Sportkoordinators mit Lehrkräften und Trainern, Organisation von
Stütz- und Nachführunterricht, Hausaufgabenbetreuung, gezielte Prüfungsvorbereitung
u.v.m.)
Nachdem ein Internatsbetrieb hier nicht vorliegt, beschränken sich die Mehrkosten der
Stadt vorwiegend auf den Stützunterricht für Landeskaderathleten/-innen und werden
gemeinsam mit dem Freistaat Bayern und den Eltern getragen.
.
5.6.
Veranstaltungen
Für Veranstaltungen stellt die LHM jährlich in einer Pauschale 600.000 € bereit. Es wird
versucht, dies je nach Bedarf gleichmäßig aufzuteilen.
Für den Spitzensport: ca. 300.000 € jährlich
Für den Breitensport: ca. 300.000 € jährlich
Je nach Bedarf kommen Beiträge zu außergewöhnlichen Veranstaltungen hinzu, die
diesen Rahmen sprengen.
z.B. 2012 für Special Olympics Deutschland ca. 1,5 Mio. €
Hinzu kommen kostensparende Dienstleistungen aller Referate, von der
organisatorischen Beteiligung mit Personal, Geräten und Programmen der Stadt über
die Bewerbung der Veranstaltung (Internet, Schulen, Vereine, Presse...) und die
Vergünstigung von Leistungen Dritter bis hin zur Erteilung von Genehmigungen und
der Überlassung von Flächen.
Diskussionspapier Spitzensport in München
37
5.7.
Ehrungen und Empfänge
Für den Spitzensport :
Jährlich würdigt die Stadt die Erfolge von Münchner Sportlern/-innen in zwei
herausragenden Festakten (Sportlerehrung, Ehrung der Jugendbesten) und richtet
Empfänge im Umfeld von sportlichen Großereignissen aus (z.B. Kletter-WM, Marathon,
Rock’n’Roll-WM).
Budget 2011 : 55.000 €
6.
Was kann eine Großkommune wie München tun?
In den bisherigen Kapiteln wurde festgestellt, dass Spitzensport
...beachtliche gesellschaftspolitische Wirkungen erzielen kann,
...keinen zwingenden (gesetzlich/vertraglich) Einsatz der Kommune erfordert,
...in München einen historisch guten Ruf hat, aber deutliche Lücken aufweist,
...von der Stadt München facettenreich gefördert wird.
Nun muss sich die Frage anschließen, ob weitere nennenswerte Optionen ausgelassen
werden und ob in anderen Städten mit anderen Methoden andere Ergebnisse erzielt
werden (Kapitel 6).
Erst dann kann diskutiert und entschieden werden, ob eine veränderte
Prioritätensetzung im Engagement der Landeshauptstadt München angezeigt ist
(Kapitel 7).
Der Vergleich mit anderen deutschen Städten zeigt, dass es Ausbaumöglichkeiten in
einzelnen Bereichen sowie in der Höhe von Förder- und Finanzierungsoptionen gibt.
Nur 50% aller Städte haben Sportförderrichtlinien aufgestellt und damit verbunden
Ziele auch auf dem Gebiet des Spitzensports formuliert. Die Förderpraxis wiederum ist
teils unabhängig von Förderrichtlinien sehr unterschiedlich. Seitenblicke finden sich in
den nachfolgenden Unterpunkten.
Die Bestandsaufnahme in München und in anderen deutschen Großstädten entspricht
freilich der in Ziffer 3 beschriebenen Aufgabenverteilung und lässt grob drei
Förderbereiche erkennen :
Nachwuchs-/Talentförderung
Förderung der Infrastruktur
Förderung von Veranstaltungen
Diskussionspapier Spitzensport in München
38
6.1.
Nachwuchs-/Talentförderung
Abgesehen von der direkten Spitzensportförderung kann eine Kommune ihren Einsatz
ihrem originären Zuständigkeitsbereich der Nachwuchsförderung, Talentsuche und herausbildung verstärken. Hier ergibt sich das Feld der Spitzensportförderung, das
dem kommunalen Ziel einer Grundlagenförderung am Nächsten ist.
Die Konzepte der Modellkindergärten, KiSS, Ballschulen, Einrichtung von
Bewegungsinseln im Stadtgebiet (z.B. 4F-Circle) und zum Teil der Partnerschulen des
Leistungssports beruhen auf dem Gedanken, den Bewegungsmangel vieler Kinder und
Jugendlicher entgegenzuwirken und wieder ein gesundes Maß an Bewegungs- und
Sportangeboten bereitzustellen. Relevant für eine kommunale Spitzensportförderung
wird dieser Ansatz bei der Talentförderung und -auswahl. Man kann sagen, je breiter
die Basis, desto größer ist das Potential, geeignete Sportler für den Leistungs- und
Spitzensport heranzubilden. Dabei sprechen wir noch nicht von den eigentlichen
Zielsetzungen und positiven Auswirkungen dieser Konzepte.
Die Talentsichtung ist wichtigstes Element in einer Leistungssportkonzeption (in den
Vereinen und Verbänden nach den Richtlinien der Verbände).
Die Kommune kann bei der Talentsuche in Bereichen unterstützen, die durch die
Verbände nur unzureichend erfüllt sind (Bsp: Zusammenarbeit in Schulen). Bei der
weiterführenden Förderung kann die Stadt Rahmenbedingungen erstellen. Dies kann
durch die Einrichtung von Partnerschulen bis hin zu Sportinternaten oder auch in einer
Berufsbegleitung geschehen.
6.1.1. Altersgruppe 3 – 6 Jahre – Modellkindergärten
Konzept:
Teilprojekt des DOG-Programms „Paten schaffen Bewegung – die DOGPatenschaften”
Ein Modellkindergarten richtet sein pädagogisches Konzept an den Grundideen der
Psychomotorik aus. Wahrnehmung und Bewegung sind die Eckpfeiler einer
ganzheitlichen Entwicklung der Kinder. Die Kinder sollen animiert werden,
Bewegungsmöglichkeiten in ihrer Umwelt zu erkennen und sie kreativ zu nutzen.
Inhalte:
Bewegungsförderung
Bewegungsfreude
Olympische Begeisterung
Olympische Erziehung
Ernährungs- und Gesundheitsberatung
Bisher existieren 2 Modellkindergärten in München.
München
Modellprojekt München I
DOG München mit
der Städt. Kindertagesstätte „Schwanthalerstraße“
Diskussionspapier Spitzensport in München
39
Modellprojekt München II
DOG München mit
der Städt. Kindertagesstätte „Torquato-Tasso-Straße“
Vorhaben der Modellkindergärten:
Neben der Einrichtung eines Bewegungsraumes könnten folgende Maßnahmen
angedacht werden:
Neue Angebote für Bewegung (Bsp. Rollerführerschein, Floorball-Hockey),
Gesundheitsprophylaxe und Ernährung
Anschaffung verschiedener Sport- und Spielgeräte für den Garten
Elternarbeit (u.a. Elternabende, Schlittenfahrt, Radtour, Fortbildungen, Kurse)
Fortbildungen für die Erzieherinnen (u.a. Psychomotorik, Rettungsschwimmer)
Die Kosten für die Einrichtung eines speziellen Raumes in der jeweiligen
Kindertagesstätte betragen 10.000 Euro. Weitere Kosten entstehen durch eine
eintägige Schulung der Erzieherinnen.
Ideal wäre die Anstellung von speziell geschultem Personal (Sportwissenschaftlern)
oder die Integration von Ausbildungsinhalten in die Erzieherinnenausbildung
(zusätzliche Kosten, Lehrplanänderung).
Ausblick für München: Durch Sponsorengelder konnte die Einrichtung weiterer 19
Kindertagesstätten zu „Modell-KiTa’s“ gesichert werden.
Das bedeutet auch, dass Finanzierungsbedarf für weitere 380 Kindertagesstätten
besteht, wollte man dieses Konzept flächendeckend in München umsetzen.
Die aktuelle Planung versucht, dies im Rahmen anstehender Neubauten und
Sanierungen zu berücksichtigen.
Realistisch wäre außerdem, eine Auswahl von KiTa’s zu treffen, in denen ein
entsprechender Raum gestaltet wird. Diese Tagesstätten können dann ebenso von
Gruppen anderer Kindergärten in räumlicher Nähe genutzt werden. Damit ermöglicht
man jedem Kindergartenkind den Zugang zu einem dieser Bewegungsräume.
6.1.2. Kindersportschulen
Konzept:
Sportvereine errichten innerhalb der Vereinsstruktur ein Sportangebot für Kinder. Es
werden Kinder zwischen 5 und 10 Jahren nach einem gemeinsamen Lehrplan mit
pädagogisch, ganzheitlichem Konzept unterrichtet.
Ziel ist eine breite motorische Grundlagenausbildung, keine frühzeitige einseitige
Spezialisierung auf eine Sportart. Man möchte auch Bewegungsmangelerscheinungen
entgegenwirken und ein hohes Maß an Kontinuität erreichen. Berücksichtigt werden
dabei die sensiblen Phasen der motorischen Entwicklung.
Die Kindersportschulen stellen die „professionelle“ Variante des Kinderturnen dar
(hauptamtliche Sportfachkräfte mit abgeschlossenem Sportstudium oder ähnlicher
Qualifikation).
Diskussionspapier Spitzensport in München
40
Kosten:
Für eine Kindersportschule fallen Kosten für Personal, Sportgeräte, Veranstaltungen,
Werbung/Öffentlichkeitsarbeit und Freizeit/Lehrgangsmaßnahmen an. Den größten Teil
machen jedoch Personalkosten aus. Diese belaufen sich durchschnittlich auf 30.000 €
pro Jahr. Allerdings bestehen gravierende Unterschiede. Diese liegen zwischen 14.000
€ und 55.000 €. Man kann davon ausgehen, dass ein hauptamtlich angestellter Trainer
bis zu 200 Kinder betreut.
Finanziert wird die KiSS in erster Linie über Mitgliedsbeiträge von 15 – 25 Euro
monatlich (2 mal 60 Minuten pro Woche zu kindgerechten Übungszeiten zwischen 14
und 18 Uhr) zzgl. eines Mitgliedsbeitrags. Für den Verein wird eine
Anschubfinanzierung erforderlich.
6.1.3. Kooperationsschulen des Leistungssports
Beispielhafte Form:
An „sportbetonten Schulen“ werden leistungssportlich talentierte und von den
Sportfachverbänden gesichtete Schüler in Leistungssportklassen zusammengeführt.
Besonderheit der Schulen sind die eingeplanten Stundenplanfenster für vormittägliche
Trainingseinheiten und pädagogische Sondermaßnahmen wie
Hausaufgabenbetreuung. Der Zusammenschluss der drei weiterführenden Schularten
in einem Verbundsystem ermöglicht dabei einen Wechsel zwischen den Schularten
ohne Einschränkung der leistungssportlichen Förderung.
Im Schuljahr 2010/11 wurden an den beiden sportbetonten Schulen in München im
Verbundsystem über 700 talentierte Nachwuchsleistungssportlerinnen und -sportler
gefördert.
Seit einigen Jahren wird die Anbindung eines Hauses der Athleten an den
Olympiastützpunkt Bayern und folglich der Quereinstieg bundesdeutscher Talente in
die sportbetonten Schulen ermöglicht. Damit verfügt der Nachwuchs- und
Hochleistungssport in Bayern über ein neues, wesentliches Strukturelement.
Kosten für ca. 30 Athleten
Aufwand - jährlich
Internatsleitung und
Sozialpädagogen
Stützunterricht – Bundeskader
Stützunterricht – Landeskader
Stützunterricht – Landeskader
Stützunterricht – kein Kader
KoordinatorIn
Internatskosten – (ohne)
Landeskader
Internatskosten - Bundeskader
Diskussionspapier Spitzensport in München
Betrag
€ 150.000
Kostenstelle
Aufteilung
Stadt
15%
Land
15%
Bund
70%
Lehrerstunden Sporthilfe
100%
Lehrerstunden Land/Stadt
75%
Lehrerstunden Eltern/Sponsoren
25%
Lehrerstunden Eltern/Sponsoren
100%
1 Lehrerdeputat Stadt
50%
Land
50%
€ 4000,-Eltern/Sponsoren
100%
- € 1000,-Sporthilfe
Zusc
huss
41
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, können die Zuschüsse der Kommune in den
Bereichen des Stützunterrichts und der für die Eltern zu leistenden Internatskosten
erhöht oder ganz übernommen werden.
Zudem kann bei Bedarf ein Ausbau der Partnerschaften zwischen Sportverein und
Schule erfolgen.
6.1.4. Auswahlinstrument
Bsp. Düsseldorf
Düsseldorf hat ein Modell konzipiert, das darauf ausgerichtet ist, Kinder und
Jugendliche individuell nach ihren sportmotorischen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu
stärken und zu fördern. Das Modell richtet sich nicht nur an sportbegabte Talente,
sondern auch an Kinder mit ausgeprägten motorischen Defiziten und sportlich
durchschnittlich begabte Kinder.
Das Sportamt Düsseldorf führt mit dem Institut für Sportwissenschaft der HeinrichHeine-Universität gemeinsam seit 2003 an Schülern der 2. Klasse den „Check!“ als
Bestandteil des Düsseldorfer Modells der Bewegungs-, Sport- und Talentförderung
durch. Ab 2006 findet zusätzlich ein Test der Schüler der 5. Klasse statt.
Alle 91 Düsseldorfer Grundschulen sowie 16 Sonderschulen haben teilgenommen. Es
wurden insgesamt 4.101 Zweitklässler erfasst, wovon 3.863 beim Check dabei waren,
was einer Quote von 94,2 Prozent entspricht.
Die Förder-Maßnahmen sehen wie folgt aus: Die Schüler wurden anhand der
Testergebnisse in drei Kategorien eingestuft: Kindern unterhalb der bundesweiten
Norm wurden bewegungsfördernde Maßnahmen angeboten. Außerdem wurden
schulübergreifend im Stadtgebiet 15 Fördergruppen eingerichtet, deren Besuch
freiwillig ist.
Für den breiten Durchschnitt wiederum werden sportfördernde Maßnahmen wie die
Informationsveranstaltung "Kids in Action" konzipiert, bei der sich Kinder über die
Angebote der Sportvereine informieren können.
Die sportbegabtesten Kinder werden zu einer Talentsichtungsmaßnahme („Talentiade“)
eingeladen. Dabei können die Kinder Sportarten kennenlernen und ausprobieren und
erhalten eine Rückmeldung darüber, für welche Sportart(en) sie besonderes Talent
besitzen. Außerdem können sie sich gemeinsam mit ihren Eltern über diese
Sportarten, die Vereine und die Trainingsmöglichkeiten informieren.
Zusätzlich wurde in Düsseldorf 2005 erstmals für die breite Masse der normalbegabten
Kinder ein Sport- und Spielfest („Kids in action“) organisiert, bei der die Kinder alle
möglichen Sportarten ausprobieren konnten. (24 der 300 Sportvereine stellten sich
dabei vor)
Kosten:
Für das Gesamtprogramm sind im Sportamt Düsseldorf zwei Sportlehrer
festangestellt worden (Kosten ca. 150.000 Euro pro Jahr für Gehalt,
Lohnnebenkosten, Büroeinrichtung etc.).
Diskussionspapier Spitzensport in München
42
Die Tests an den 92 Grundschulen und 8 Sonderschulen werden durch insgesamt
52 Honorarkräfte (überwiegend Studenten) durchgeführt. Die Auswertung der Tests
erfolgt durch einen wissenschaftlichen Mitarbeiter am Sportinstitut der Universität
Düsseldorf. Für die Durchführung und Auswertung der Tests und die
wissenschaftliche Begleitung des Programms zahlt die Stadt Düsseldorf bislang
25.000 Euro pro Jahr an die Universität. Hinzu kommen weitere 25.000 Euro für
Sachkosten (z. B. Herstellung von Informationsbroschüren und Versendung an die
Eltern der Schüler, Organisation der Fördergruppen, der Talentiade, des Spiel- und
Sportfestes „Kids in action“).
Insgesamt liegen die Kosten für die Stadt Düsseldorf somit bei etwa 200.000 Euro
pro Jahr.
6.2.
Bereitstellung von Infrastruktur (Bau, Sanierung, Anmietung, Unterhalt)
Eine Kommune wie München kann den Spitzensport auch direkt und indirekt über den
Bereich Sportstätten (Bau, Sanierung, Anmietung, Unterhalt) fördern. Die
Verantwortlichkeit der Kommunen beschränkt sich beim Sportstättenbau und ihrer
Unterhaltung auf Sportstätten des Breiten- und Freizeitsports. Trotzdem ist eine
Förderung möglich, indem bei der Bezuschussung von vereinseigenen Anlagen oder
Baumaßnahmen an kommunalen Anlagen auf ihre Nutzungsmöglichkeit im
Spitzensport geachtet wird.
6.2.1
Investitionen (Bau, Sanierung, Instandsetzung)
Investitionen in Baumaßnahmen an Sportanlagen können kostspielig sein und bergen
folglich ein besonders hohes Risiko der Fehlanlage.
Im Bereich Sportstättenbau und –sanierung ist deshalb (nicht nur im Hinblick auf eine
spitzensportliche Nutzung) in besonderem Maße eine Evaluierung der Bedürfnisse
notwendig, in welchen Sportarten eine Förderung sinnvoll und Erfolg versprechend ist.
(Bsp: Ist der Bedarf an Eisflächen für den Eissport in München gedeckt? Braucht
München eine Skisprungschanze?).
Ohne eine Bedarfsanalyse (im Rahmen einer Sportentwicklungsstudie für den Raum
München) ist nicht objektiv abschätzbar, wo effektiv gefördert werden kann und soll.
Einige Kostenbeispiele zum Bau von Sportstätten, die für Leistungs- und Spitzensport
in populären Sportarten geeignet sind, belegen die Höhe, aber auch die
Unterschiedlichkeit von Maßnahmen :
Investitionsmaßnahme
Sanierung des Berliner Olympiastadions
Umbau Leipziger Zentralstadion in ein Fußballstadion
Neubau einer Eisschnelllaufhalle in Erfurt
Umbaukosten Werner-von-Linde-Halle (Leichtathletik):
(die Hälfte der Mittel LHM; ¼ Bund und ¼ Land (BY)
Baukosten Landesleistungszentrum Turnen
Baukosten Ruderregatta Oberschleißheim
Sportanlage des ESV München (Nymphenburg)
(Schwerpunkt Breitensport, leistungssportlich nutzbar)
Baukosten Judohalle TSV Großhadern
Diskussionspapier Spitzensport in München
Volumen in €
242.000.000
91.000.000
6.000.000
11.250.000
3.650.000
23.000.000
20.000.000
3.400.000
43
Gerade in diesem kostenintensiven Bereich wird klar, dass eine Prioritätensetzung für
bestimmte Sportarten erfolgen und langfristig tragfähig sein muss. Gleichzeitig sind
praktische Umsetzungsfragen (z.B. Zentralisierung wie in Berlin) zu erörtern und
Finanzierungsmodelle zu prüfen, die neben der Erstellung die Folgekosten des
Betriebs beinhalten (gesamtes facility management).
6.2.2. Unterhalt/Betrieb von Sportanlagen
Gleichartige Aussagen gelten für den Betrieb von Sportanlagen. Finanzierungsmodelle
auf der Basis versch. Beteiligungen (Bund, Land, Kommune, Träger, Sponsoren) sind
rechtzeitig aufzustellen.
Die Kostenfaktoren sind hoch, eine Beteiligung der Kommune i.d.R. zwingend
erforderlich, um die Existenz der Anlage zu ermöglichen.
Beispiele für Unterhaltszuschüsse der Stadt München :
Anlage
Landesleistungszentrum Turnen
Landesleistungszentrum Rudern
Olympiastützpunkt Bayern u. Haus des Athleten
Zuschussvolumen in € pro J.
51.000
420.000
120.000
6.2.3. Bereitstellung von Infrastruktur
Ähnlich punktgenau kann Spitzensport/Leistungssport durch die Überlassung
städtischer Sportanlagen (selten geeignet) oder durch die Anmietung von Flächen in
geeigneten Sportanlagen Dritter erfolgen (z.B. Sportanlagen im Olympiapark).
Leistungs- und Spitzensportler müssen sehr große Trainingsumfänge bewältigen, um
ihre Leistung auf höchstem Niveau zu erhalten bzw. weiter zu verbessern. Das heißt je
nach Sportart werden pro Woche 8-20 Trainingseinheiten mit einer Gesamtstundenzahl
von 20, zum Teil 30 Stunden trainiert. Sportartenspezifisch erfolgt hier eine
unterschiedliche Verteilung der Trainingseinheiten.
Beispiele:
Radfahren, Training auf ein Etappenrennen: 20 Wochenstunden Radtraining, 4
Stunden Athletik (Kraftraum), Kosten 4 x 6 € (Anteil Kraftraummiete), Monatskosten:
Minimum 120 €
Schwimmer: min 16 Wochenstunden Wassertraining, 4 Stunden Kraft, Kosten: 16 x 15
€ (Anteil Beckenkosten) + 4 x 6 € Anteil (Kraftraummiete), Monatskosten: 1000 €
Kunstturnen, 30 Wochenstunden, Kosten: 30 x ?? (Anteil Hallenmiete)
Der aktuelle Input in einigen Sportarten belegt, dass sich dies, bezogen auf
Nachwuchskader mit mehreren Personen bzw. Mannschaften, in beachtlichen Höhen
bewegt.
Diskussionspapier Spitzensport in München
44
Stundensätze z.B. :
Eisfläche Olympiaeissporthalle
Schwimmen Olympiaschwimmhalle/ Becken
Kraftraum
Aufwand für bestimmte Sportarten pro Jahr
Sportart
Schwimmen
Eissport gesamt, davon
Short Track
Eishockey
Eiskunstlauf
Leichtathletik
220 €
190- 240 € (je nach Beckenart)
30-50 €
Zuschuss für Anmietung in €
265.000
215.000
50.000
Unterkünfte für Spitzensportler
Neben der sportlichen Tätigkeit erfordert die Biografie eines Spitzensportlers
(schulische oder berufliche) Ausbildungsmöglichkeiten und Wohngelegenheiten.
Gerade die Unterbringung wiederum kann sehr unterschiedliche Formen mit
entsprechender Kostenrelevanz aufweisen.
Beispiele :
Haus des Athleten (sportartenübergreifendes Internat):
Gesamtkosten jährlich xxx, Zuschuss der Stadt 10.000 €
Derzeit 12 Athleten, langfristig geplant 40 Plätze. Es werden lediglich Plätze im
Jugendwohn- und Gästehaus München Nord durch den OSP angemietet (Träger
Caritas)
Internate (Partnerschulen des Leistungssports) siehe Ziffer 6.1.3.
6.3.
Veranstaltungen – Akquise, Zuschüsse
Die Etats für Sportveranstaltungen in verschiedenen Städten deuten einerseits große
Unterschiede in der Investition, andererseits eine beachtliche Entwicklung an, weil die
Beiträge in der Vergangenheit überall deutlich geringer waren.
Stadt
Berlin
Düsseldorf
Frankfurt
Hamburg
Köln
Leipzig
München
Fördermittel in € pro Jahr
xxx
784.000
909.000
658.000
k.A. zur Gesamtzahl
mehrere höhere Einzelzuschüsse, z.B. Radrennen 35.000
k.A.
600.000
Stuttgart
Diskussionspapier Spitzensport in München
1.219.000
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Die Gesamtkosten, mit denen bei Sportveranstaltungen kalkuliert werden muss,
belegen, dass ein Input in der oben dargestellten Höhe erforderlich ist, um regelmäßige
Impulse zu gewährleisten. Eine komplette Fremdfinanzierung (Eintritte, Sponsoren) ist
den Veranstaltern i.d.R. aus einer Vielzahl von Gründen nicht möglich (Zurückhaltung
der Wirtschaft, Auflagen internationaler Verbände, hohes Kostenniveau in München,
zunehmender Aufwand für Stars und Rahmenprogramme wegen der
Zielgruppenansprüche).
Veranstaltungen im Spitzensport/Leistungssport
Leichtathletik-EM 2002
Judo-WM 2001
Karate-WM 2000
Kletter-WM 2005
Ruder-WM 2007
Special Olympics 2012
Ehrung der Spitzensportler
München-Marathon
Kosten in €
6.000.000
650.000
800.000
140.000
1.226.000
2.600.000
40.000
1.000.000
Berlin gab allein für die Leichtathletik-WM 2009 19,8 Mio. Euro als Zuschuss aus.
Zuschüsse fallen je nach Anforderungen der Veranstaltungen in unterschiedlichen
Bereichen und Höhen an. Über Zuschüsse können Lizenzgebühren, Antrittsgelder für
Topsportler, Rahmenprogramme, Agenturkosten, Mietkosten Stadien,
Ausfallbürgschaften etc. finanziert werden. Oft ist die Durchführung einer Veranstaltung
auf dem Gebiet der Kommune ohne deren finanzielle Beteiligung nicht denkbar und
Veranstalter sind gezwungen, ihre Veranstaltung in Städte mit deutlich besseren
Unterstützungsleistungen zu verlagern.
Strategisches Ziel der Stadt ist es dabei, durch Prioritätensetzung eine Mischung von
Veranstaltungen mit maximaler Wirkung zu „akquirieren“, insbes. in sehr populären
Sportarten (z.B. Leichtathletik/Marathon, Radsport), mit hohem Rang (WM, EM...),
regionaler Verankerung und evtl. mit sozialem Hintergrund (z.B. Behindertensport).
Diskussionspapier Spitzensport in München
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7.
Schlussfolgerungen
Zukünftige Leistungen / Ausrichtung der Stadt München
s. Beschluss
Diskussionspapier Spitzensport in München
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