Jungsteinzeitanlage in Goseck – ein Beispiel

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Jungsteinzeitanlage in Goseck – ein Beispiel
Bild 1: Vermutetes
Aussehen des
Sonnenobservatoriums.
Jungsteinzeitanlage in Goseck – ein Beispiel
fehlgeschlagener Holzschutzmaßnahmen
Bild 2:
Anordnung
der Ringanlage
vor der zweiten
Sanierung.
Im Oktober 2011 trafen sich Fachleute
des Deutschen Holz- und Bautenschutzverbandes aus Sachsen-Anhalt zu einer
Tagung in Nebra. Aus touristischer Sicht
stand die „Himmelscheibe von Nebra“ im
Mittelpunkt des Treffens. Fachlich gesehen
war das Sonnenobservatorium in Goseck,
welches aus Eichenstämmen besteht, für
die Holzschützer interessanter. Diese, etwa
6800 Jahre alte Kultstätte (Bild 1), wurde
2005 wieder neu errichtet und gilt bis
heute als die älteste Anlage der Welt(!).
Schon aufgrund dieser Bedeutung sollte man
meinen, dass alle Maßnahmen ergriffen wurden, um die Rekonstruktion fach- und sachgerecht zu realisieren.
Mit Hilfe einer ABM-Maßnahme und dem
Engagement zahlreicher ehrenamtlicher Helfer
begann der Aufbau. Aus einem nahe gelegenen
Wald wurden etwa 1700 junge Eichen gefällt,
entrindet, angespitzt und eingegraben (Bild 3).
Fachliche Ratschläge zum neuzeitlichen Holzschutz wurden bewusst ignoriert. Begründet
wurde dies mit dem Argument, dass die Steinzeitmenschen damals nur das Ankohlen der im
Erdstoff verbauten Hölzer kannten. Dies wurde
auch 2005 angewendet. Zusätzlich erfolgte noch
Bild 3:
Zum Einbau
vorbereitete
Eichenpfähle mit
Splintholz.
Schützen & Erhalten · Dezember 2011 · Seite 6
Bildquelle 2–6: Ing-Büro E. Flohr GmbH
Fachbereiche
Holzschutz
Bild 4: Verschiedene Pilze (Trameten) am Eichenholz.
ein Buchenholzteeranstrich. Es dauerte keine vier
Jahre, da wuchsen an fast allen Eichenstämmen
Pilze (Bild 4), die teilweise die Standfestigkeit
einzelner Pfähle beeinträchtigten.
Als 2010 beschlossen wurde die gesamte Anlage nach nur fünf Jahren Standzeit komplett
abzureißen, kam das ganze Dilemma zum Vorschein. An den Schnittstellen, knapp über der
Erde, konnten holzzerstörende Pilze fast bis in
den Markbereich der Eichenpfähle eindringen
Bild 5/5a: Weißfäuleschäden im Holzquerschnitt.
(Bilder 5/5a). Stolz wurde auf einer Hinweistafel
über die erneute Sanierung berichtet. Am unteren
Rand der Tafel ist der Grund der Baumaßnahmen
zu erfahren: „Pilzbefall der Stämme“.
Die Presse von April 2010 sieht das etwas
anders. In den Schlagzeilen ist zu lesen: „Teure
Sanierung in Goseck… Eile vor fünf Jahren hat
zu kostspieligen Fehlern geführt“.
Wie so oft führen politische Entscheidungen
zum Termindruck, unter denen eine fachlich kor-
Schützen & Erhalten · Dezember 2011 · Seite 7
rekte Arbeit kaum möglich ist. Begründet wird
dieser Termindruck dann mit dem Verfall von
Fördermitteln. Rechnet man in Goseck ab, so
hat die erste Baumaßnahme über 100.000,– €
gekostet. Die zweite Baumaßnahme, diesmal mit
kesseldruckimprägnierten Stämmen und Drainage, kostete 220.000,– €. Wann endlich lernt
man wirtschaftliche Zwänge den Naturgesetzen
unterzuordnen?