Accueil 2013 - Destination Sud de France

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Accueil 2013 - Destination Sud de France
Zwischen Toulouse und Marseille
Landpartie durch Südfrankreich
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Alles so schön blau hier: Carole Garcia, Gründerin der Kosmetik-Marke "Graine de Pastel" mit Dienstwagen vor
ihrer Boutique "Graine de Pastel" an der Place Saint-Étienne in Toulouse.Foto: Thomas Flügge
Ach, wie schön ist Toulouse. Besonders zur „rosa Stunde“. Wenn das goldene Licht der
Abendsonne die Renaissance-Paläste aus rosa Ziegeln leuchten lässt. Die weiche Luft nach
einem Spätsommertag. Heiter gestimmte Flaneure in den Gassen. Platanengesäumte Plätze,
belebte Freiluftrestaurants. Und mittendrin wir, in Vorfreude auf ein Dinner unterm Sternenhimmel
in der Brasserie „Les Beaux Arts“.
Was muss man unbedingt probieren? Den berühmten Eintopf Cassoulet. Bohnen, Speck,
Entenkeule, Schweinefleisch und Würste, im Backofen gegart. Gehaltvoll, aber köstlich. Thomas,
mein Liebster, kann’s vertragen. Ich bestelle lieber gratinierte Jacobsmuscheln. Ob der Künstler
Henri Matisse, einst Stammgast, hier auch einen Folle Blanc genossen hat, die alte weiße
Rebsorte der Region? Glückstrunken nach diesem Reiseauftakt sinken wir in die Kissen, in
einem der romantischen Zimmer des Hotels „St. Sernin“ gegenüber der Basilika.
Am nächsten Morgen besuchen wir eine spezielle Kosmetik-Boutique an der Place St. Etienne.
Im 15. und 16. Jahrhundert wurde die Stadt reich mit der Pastel-Pflanze. Aus den Blättern
gewann man einen begehrten blauen Farbstoff. Das Gewächs kann noch viel mehr, wie ich von
Carole Garcia (43) erfahre. Die Besitzerin von „Graine de Pastel“, benannt nach dem Samen der
Pflanze, schwärmt: „Das Öl hat Heilwirkung und jede Menge pflegende Substanzen stecken auch
darin.“
Daraus Naturkosmetik zu kreieren war die Idee der gelernten Pharmazeutin. Sie fand Bauern, die
Pastel anbauen und entwickelte eine erfolgreiche Pflegeserie. Es gibt sogar eine Färberei, die
wieder mit dem Pastel-Blau arbeitet und den Laden mit Badtextilien beliefert. Ich probiere die
Handcreme. Herrlich, die sahnige Textur. Und das erfrischende Aroma vom Shampoo, wie eine
Meeresbrise. Schnell füllt sich die Einkaufstüte. Was mache ich bloß, wenn die Kosmetik
Suchtpotential entwickelt? „Keine Sorge, man kann auch online bestellen“, verabschiedet uns
Nathalie mit einem Augenzwinkern.
Handschuhe aus Millau
Am nächsten Morgen führt uns die Route zunächst nach Albi. Ein Highlight für Kunstliebhaber ist
das Toulouse-Lautrec-Museum gleich neben der Kathedrale: die weltgrößte Sammlung seiner
Bilder des Pariser Nachtlebens. Bevorzugte Modelle waren – oh, là-là! - Liebesdienerinnen. In
Roquefort machen wir Mittagspause. Die Heimat des Blauschimmelkäses! Da gibt es - klar Fall ein Gratin, mit Birnen, Kürbis und Walnüssen. Wie imposant sich die Landschaft hier am
Naturpark Les Grands Causses zeigt. Tafelberge, Schluchten, Kalksteinhöhlen, Wälder und
charmante Dörfer. Plötzlich leuchten Thomas Augen. Habe ich was verpasst? Ah, jetzt sehe ich
es auch – die berühmte Brücke von Millau taucht auf. Fast 2500 Meter spannt sie sich über die
Schlucht des Flusses Tarn und ist mit 343 Metern das höchste Bauwerk Frankreichs. Technik
lässt mich sonst kalt. Aber bei der Überfahrt bekomme sogar ich fast Gänsehaut.
In Millau ist Markttag. Am Place du Maréchal Foch drängen sich die Stände um zwei uralte
Platanen mit mächtigen Kronen. Was für eine Vielfalt, besonders an Obst und Gemüse. Wir
kosten geröstetes Baguette mit gehobeltem Sommertrüffel. Ja, sie verstehen es zu genießen, die
Franzosen. Bekannt ist Millau für die Produktion von Handschuhen. Die renommierteste
Manufaktur besuchen wir, Causse Gantier. Extravagante Modelle und die Geschichte des
Hauses werden im Entrée präsentiert wie in einer Kunstgalerie. Einen Blick in die Produktion
werfen dürfen wir auch. Was wird nicht alles verarbeitet: Leder von Python, AmazonasWildschwein und Stör, verziert mit Federn, Perlen, Spitze und Nieten. Kein Wunder, dass auch
Karl Lagerfeld zu den Kunden gehört. Er bestellt jedes Jahr bis zu 200 Paar und schickt seine
Entwürfe per Fax. Die exquisitesten Modelle kosten bis 3000 Euro. Aber es geht auch günstiger.
Ein schlichtes braunes Paar ergattere ich für 90 Euro, ein Schnäppchen. Für die Nacht quartieren
wir uns im „Hotel de la Muse“ ein, mit Panoramafenster zum Tarn. Herrlich einschläfernd, das
Rauschen des Flusses.
Kaschmir aus den Cevennen
Philippe hatte uns gewarnt. „Ihr werdet die Kaschmir-Manufaktur nicht alleine finden!“ Unser
Gastgeber auf einem Bauernhof beim malerischen Bergdorf Saint-Martial sollte uns mehr
zutrauen. Immerhin hatten wir ein paar Tage Wanderungen mit seinen beiden Eseln Chloé und
Lucie in der atemberaubenden Karstlandschaft der Cevennen unternommen. Die
Gepäckträgerinnen bestimmten das Tempo, wir, mit Glück, die Richtung. Da würden wir doch
wohl eine Strickerei in einem 182-Seelen-Ort finden! Philippe sollte Recht behalten. Die
Serpentinenstraßen kurven wir rauf und runter. Aber „L’Artisanale du Cachemire“ von Patrick
Ducros entdecken wir nicht. Ein Anruf, Patrick (52) lacht und verspricht, uns am Dorfplatz
aufzugabeln. Über einen Feldweg rumpeln wir zu seinem Betrieb. Nanu? Das unscheinbare
Gebäude erinnert an ein Lagerhaus. Wer Patricks kostbare Strickwaren aus bis zu 12-fädigem
Kaschmirgarn kennt, erwartet Glamouröses. Nicht Patricks Fall.
Der Textilingenieur wurde schon von Hermès und Chanel umworben. „Gern hätten sie mich ihre
Luxuspullover stricken lassen. Die wären dann für 2000 Euro in den Boutiquen gelandet.“ Ihm
hätte man bloß ein Hungerhonorar gezahlt. Da lässt Patrick die Kaschmirfans lieber zu sich
kommen – und bietet Maßgestricktes schon ab 300 Euro an. Bei den Musterteilen im Atelier fällt
mir ein taillierter V-Pulli sofort ins Auge. In den Regalen lagern Garnspulen in allen denkbaren
Farben. Will ich dramatisches Weinrot? Lieber heiteres Himmelblau? Lächelnd legt mir Patrick
ein smaragdgrünes Modell um die Schultern. Ja! Genau richtig für mich. Man merkt, dass er seit
25 Jahren Kunden berät. Sogar sehr kapriziöse. Während Patrick Maß nimmt und wir Details wie
die Größe des Ausschnitts besprechen, verrät er, dass Madonna, Tom Cruise und Cathérine
Deneuve Stücke von ihm tragen. Die Nachfrage ist groß und Patrick beschäftigt nur vier
Strickerinnen. Ob Star oder nicht – jeder Kunde muss sich zwei, drei Monate gedulden. Aber das
tue ich gern bei diesem Stück fürs Leben.
Seife aus Marseille
Auf der letzten Etappe unserer Landpartie reihen sich die Sehenswürdigkeiten nur so aneinander.
Nîmes und Arles mit ihren römischen Amphitheatern, die reizvolle Altstadt von Aix-en-Provence,
das Atelier von Paul Cezanne. Es scheint, als habe der Maler es nur für einen Moment verlassen.
Und dann, aus dem Hügelland kommend, öffnet sich uns ein großartiges Panorama: Azurblaues
Wasser bis zum Horizont, davor das Häusermeer von Marseille. Ach, Marseille! Welche
Klischees hatte ich im Kopf. Lärmiger Schmelztiegel und Verbrecherjagden in französischen
Krimis. Nichts davon stimmt so. Seit die zweitgrößte Metropole Frankreichs Kulturhauptstadt war,
zeigt sich Marseille im Zentrum herausgeputzt und gezähmt. Am Alten Hafen flanieren wir die
Promenade entlang, genießen die traditionelle Fischsuppe Bouillabaisse. Auf dem Fischmarkt am
Quai des Belges bewundern wir den zappelnd frischen Tagesfang der lokalen Fischer.
Dann spazieren wir hügelaufwärts ins Viertel Cours Julien zu einer Marseillaiser Instituion, der
Seifensiederei „Savonnerie de la Licorne“. Besitzer Serge Bruna (51) empfängt uns freundlich zur
Führung. Im bezaubernd altmodischen Produktionsbereich hinter dem Ladengeschäft duftet es
herrlich nach den Kräutern der Provence. Aus 72 Prozent Olivenöl, Pflanzenzutaten und Soda
werden die berühmten Seifenwürfel gesiedet, geschnitten und gestempelt. Vieles in Handarbeit,
150 Tonnen jährlich. „Die Seife ist so rein und mild, dass man damit sogar Babyhaare waschen
kann“ erklärt Serge stolz. Ich schnuppere an den Stücken, die ich mir im Laden ausgesucht habe:
Aromen von Orangenblüten, Lavendel und Rosmarin steigt mir in die Nase. Zuhause werde ich
mich mit dieser Sinnenfreude zurück nach Südfrankreich träumen.
Beeindruckende Bilder zu Südfrankreich und den Manufakturen sehen Sie
in unserer Bildergalerie
Heike Weichler, vom 30.09.2015 00:00 Uhr
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Landpartie durch Südfrankreich
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