Pauschalierung der Einkommensteuer auf
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Pauschalierung der Einkommensteuer auf
4 | Recht und Steuern Pauschalierung der Einkommensteuer auf Sachzuwendungen nach § 37b EStG Mit Datum vom 19. Mai 2015 hat das Bundesministerium der Finanzen ein überarbeitetes Schreiben zur Pauschalierung der Einkommensteuer bei Sachzuwendungen nach § 37b EStG veröffentlicht. Es ersetzt das bestehende BMF-Schreiben aus 2008 und berücksichtigt die – in einigen Bereichen eingrenzende – BFH-Rechtsprechung der letzten Jahre. Nahezu alle Unternehmen tätigen Sachzuwendungen an Arbeitnehmer und an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Unternehmens sind, wie Kunden, Mitglieder der Genossenschaften, Vorstände oder Aufsichtsräte anderer Genossenschaften oder Geschäftspartner und deren Arbeitnehmer. Die Motivation ist sehr unterschiedlich und reicht von „allgemeiner Imagepflege“ über Kundenbindung bis hin zur individuellen Belohnungsabsicht. Hierunter fallen neben Sachgeschenken beispielsweise auch Einladungen zu sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen. Diese Zuwendungen müssen zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Zuwendungen (nicht Geschenke!), die nicht zu einem Leistungsaustausch hinzutreten, etwa zur Anbahnung eines Vertragsverhältnisses, fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 37b EStG. Für den Empfänger sind diese betrieblich motivierten Zuwendungen eines Unternehmers einkommensteuerpflichtig, wenn diese Geschenke im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit des Beschenkten gewährt werden. Diese sogenannte berufliche Veranlassung kann in der Regel angenommen werden, da eine „durch die Erwerbstätigkeit veranlasste Vermögensmehrung“ reicht. Eine private Veranlassung wird schwer darzulegen sein, insbesondere wenn der Empfänger des Geschenkes selbst Unternehmer ist. § 37b EStG ermöglicht, dass der zuwendende Unternehmer die anfallende Einkommensteuer beim Beschenkten mit einer Pauschale von 30 Prozent ebenfalls übernehmen kann (Wahlrecht). Diese Möglichkeit besteht unabhängig davon, ob es sich bei dem Beschenkten um einen Arbeitnehmer oder einen Nichtarbeitnehmer des Schenkenden handelt. Diese pauschalierte Einkommensteuer gilt als Lohnsteuer und ist in den entsprechenden Lohnsteueranmeldungen anzumelden und an das Finanzamt abzuführen. In 2013 hatte der BFH unter anderem entschieden, dass die pauschale Einkommensteuer nach § 37b EStG nur dann anfällt, wenn die Zuwendung betrieblich veranlasst ist und dem Grunde nach beim Empfänger zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führt. Sie stellt nur eine pauschalierende Form der Steuererhebung dar und begründet keine eigene Einkunftsart. Das Wahlrecht zur Pauschalierung der Einkommensteuer kann der schenkende Unternehmer nur einheitlich für alle innerhalb eines Jahres geleisteten Zuwendungen ausüben, jedoch gesondert für Zuwendungen an Dritte sowie für Zuwendungen an Arbeitnehmer. Die einmal gefällte Entscheidung zur Anwendung des § 37b EStG kann nicht zurückgenommen werden. Entscheidet sich der Unternehmer für die Pauschalierung mit einem Steuersatz von 30 Prozent zzgl. 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag, werden so die steuerlichen Pflichten des Beschenkten erfüllt. Ohne Pauschalierung kann der Außenprüfer eine sogenannte Kontrollmitteilung an das Finanzamt des Beschenkten schreiben, um zu überprüfen, ob dieser die Bereicherung in seiner Steuererklärung angegeben hat. Dies dürfte schon alleine aus Mangel an Informationen beim Beschenkten in der Regel nicht der Fall sein – niemand wird recherchieren (können), welchen Wert eine Einladung zu einem Sportereignis, ein Präsentkorb oder eine Flasche Wein hat, um dies dann in der privaten oder betrieblichen Steuererklärung als Einnahme anzugeben. Somit würde aus dieser Kontrollmitteilung eine Steuernachforderung für den Beschenkten resultieren, was nicht im Interesse des Schenkenden liegen dürfte. Somit gibt es für die Pauschalierung nach § 37b EStG keine zufriedenstellende Alternative. 3 | 2015 Recht und Steuern | 5 Die Entscheidung zur Anwendung der Pauschalierung ist grundsätzlich im laufenden Wirtschaftsjahr, somit spätestens in der letzten Lohnsteueranmeldung des jeweiligen Kalenderjahres, zu treffen. Daneben ist eine erstmalige Wahlrechtsausübung im Rahmen einer Außenprüfung zulässig, soweit es sich nicht um bisher individuell versteuerte Zuwendungen an Arbeitnehmer handelt. Durch den zeitlichen Abstand zwischen Außenprüfung zur zutreffenden Lohnsteueranmeldung im Jahr der Zuwendung gibt es im Fall der nachträglichen Versteuerung der Zuwendungen nach § 37b EStG eine zusätzliche Belastung durch die Verzinsung der Steuernachzahlung. Zuwendungen an Dritte sind regelmäßig als Geschenke i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG oder als Incentives (z. B. Reisen oder Preise eines Wettbewerbs) zu sehen. Auch eine Nutzungsüberlassung kann ein Geschenk sein („Ein Wochenende Sportwagen fahren“). Nicht als Geschenk zählen hingegen Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 60 Euro, die einem Arbeitnehmer aus Anlass eines persönlichen Ereignisses zugewendet werden, z. B. der Blumenstrauß oder Präsentkorb zum Geburtstag. Die pauschale Lohnsteuer teilt hinsichtlich ihrer Abziehbarkeit als Betriebsausgabe das Schicksal des Geschenkes – für Geschenke unter 35 Euro und Zuwendungen ist die Lohnsteuer somit als Betriebsausgabe abziehbar, für Geschenke über 35 Euro gehört sie zu den nichtabziehbaren Aufwendungen. Betriebliche Geschenke an Nichtarbeitnehmer sind somit in vielen Fällen beim Empfänger einkommensteuerpflichtig und können im Wesentlichen in folgende Kategorien unterteilt werden: • • Geschenke zwischen 10 Euro und 35 Euro, für die eine Bereicherung beim Empfänger angenommen wird und somit eine Steuerpflicht besteht. Diese Geschenke sind als Betriebsausgaben abziehbar. • Geschenke und Zuwendungen über 35 Euro, welche ebenfalls als steuerpflichtige Bereicherung des Empfängers gelten und unter § 37b EStG fallen. Zudem sind diese Geschenke ertragsteuerlich nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG beim schenkenden Unternehmer nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, ebenso wenig kann die darauf entfallende Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen werden. Die übernommene Einkommensteuer ist bei der Prüfung der Grenze von 35 Euro aus Vereinfachungsgründen nicht zu berücksichtigen. Neben Geschenken sind ebenfalls betrieblich veranlasste Zuwendungen zu erfassen. Hierunter fallen beispielsweise Veranstaltungen wie Hausmessen oder Sommerfeste, wo die Aufwendungen für Musik, künstlerische und artistische Darbietungen und den äußeren Rahmen (Eventmanager, Miete) in die Bemessungsgrundlage für die pauschalierte Einkommensteuer einzubeziehen sind. Ebenso sind hier Einladungen zu kulturellen oder sportlichen Veranstaltungen zu berücksichtigen. Bemessungsgrundlage sind nach § 37b Abs. 1 S. 2 EStG die Aufwendungen des Schenkenden einschließlich der Umsatzsteuer. Zuzahlungen des Empfängers mindern die Bemessungsgrundlage für die Versteuerung. 3 | 2015 Geschenke bis 10 Euro netto (bei bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung, sonst 10 Euro brutto), sogenannte Streuwerbeartikel, bspw. Kugelschreiber, Taschen, Süßigkeiten. Diese müssen nicht versteuert werden, da sie häufig an einen anonymen Empfängerkreis verteilt werden. • Übliche geschäftliche Bewirtung (bis 60 Euro netto pro Person) gilt nicht als Geschenk im Sinne der oben genannten Regelung und ist nach R 4.7 Abs. 3 EStR aus Vereinfachungsgründen beim bewirteten Steuerpflichtigen nicht als Betriebs- einnahme zu erfassen. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG sind 30 Prozent der Ausgaben beim Bewirtenden ertragsteuerlich nicht abziehbar (die Umsatzsteuer hingegen voll). Ausnahmsweise unterliegt auch Bewirtung der pauschalierten Einkommensteuer, wenn diese im Rahmen einer Gesamtleistung erbracht wird, welche unter § 37b EStG fällt, z. B. während einer Incentive-Reise oder im Rahmen einer ertragsteuerlich im Ganzen nicht abziehbaren Repräsentationsveranstaltung (z. B. Golfturnier, Segeltörn, Jagdgesellschaft). Zu beachten sind zudem die Aufzeichnungspflichten: Geschenke sind einzeln und getrennt von den sonstigen Betriebsausgaben aufzuzeichnen. Geschieht das nicht, kann der Betriebsausgabenabzug von Geschenken unter 35 Euro verwehrt werden. Die Aufzeichnungspflichten werden erfüllt, wenn ein gesondertes Buchhaltungskonto für jede Gruppe geführt wird. Bei Geschenken muss zudem aus der Buchung oder dem Buchungsbeleg der Name des Beschenkten ersichtlich sein. Ausnahmen gelten nur, wenn aus Art und Wert des Geschenkes nicht anzunehmen ist, dass die Grenze von 35 Euro/Jahr und Beschenktem überschritten wird, bspw. bei Kugelschreibern oder Taschenkalendern (§ 4 Abs. 7 EStG, R4.11 EStR). Nach unseren Erfahrungen wird dieser Themenkomplex in immer mehr Lohnsteuer-Außenprüfungen und auch laufenden Betriebsprüfungen aufgegriffen. Werden Sachverhalte, die einmal im Rahmen einer Außenprüfung korrigiert wurden in den folgenden Jahren weiterhin nicht ordnungsgemäß abgebildet, kann dies zum Vorwurf der Steuerhinterziehung führen – mit den entsprechenden straf- und haftungsrechtlichen Konsequenzen. Ein Beitrag von StB Stephanie Kinder, DGRV-Steuerabteilung