Erfahrungen aus Sri Lanka
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Erfahrungen aus Sri Lanka
Entwicklungspolitischer Essay Herausforderungen entwicklungspolitischer Friedensförderung: Erfahrungen aus Sri Lanka Sarah Niemeyer NADEL MAS-Zyklus 2008-10 Februar 2010 Seit einigen Jahren wächst die Zahl an entwicklungspolitischen Projekten in Sri Lanka, die sich explizit im Bereich der Friedensförderung engagieren. Staatliche und nichtstaatliche internationale Akteure beanspruchen in zunehmendem Maße nicht nur einen Beitrag zur Armutsreduktion zu leisten, sondern zugleich den Weg zu einem nachhaltigen Frieden zu ebnen. Das offizielle Ende des Bürgerkrieges im Mai 2009 mag diese Strategie bestätigen, bietet zugleich jedoch auch Anlass zu einer kritischen Reflexion. Denn die Art und Weise wie dieser vermeintliche Frieden erreicht wurde stellt nicht nur seine derzeitige Ausgestaltung in Frage, sondern auch die Handlungsoptionen der selbsternannten „peacebuilder“. Basierend auf einer Analyse des spezifischen Konfliktkontextes sowie damit einhergehender Friedenskonzepte diskutiert der vorliegende Essay die tatsächlichen Erfolgsaussichten entwicklungspolitischer Friedensbemühungen in Sri Lanka und zeigt wesentliche Grenzen und Risiken derartiger Vorhaben auf. FRIEDEN AUF SINGHALESISCH Man könnte meinen Frieden wäre ein universaler Begriff, über dessen Wesensmerkmale weitgehende Einstimmigkeit herrscht. In der Tat lässt sich ein Minimalkonsens konstatieren, der Frieden in Abgrenzung zu Krieg und somit als Abwesenheit von organisierter militärischer Gewalt definiert.1 Dass eine solch „negative“ Bestimmung des Friedens jedoch die ihm inhärenten Lebensentwürfe nicht ausreichend zu fassen vermag, lässt sich am sri lankischen Kontext deutlich illustrieren. Bis heute wird dort eine kontroverse Diskussion über die konkrete Ausgestaltung dieses normativen Idealbildes geführt, die sowohl den Ausbruch des Krieges als auch seine Beendigung begleitete. Als die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) in den 70er Jahren den bewaffneten Kampf gegen die sri lankische Regierung und ihre Armee aufnahmen, verwiesen sie auf ungerechte und die tamilische Minderheitsbevölkerung diskriminierende Verhältnisse, welche den Griff zur Waffe rechtfertigen würden. So wäre den Tamilen u.a. durch die Ausrufung des Singhalesischen als einziger offizieller Sprache, sowohl der Zugang zu höherer Bildung als auch zur Anstellung im staatlichen Dienst äußerst erschwert worden.2 In den Augen der LTTE versprach nur die gewaltsame Loslösung des von der 1 2 Czempiel 1995, S.165 Nadarajah/ Vimalarajah (2008), S. 23 2 singhalesischen Mehrheit dominierten Nationalstaates und die Gründung eines freien und soveränen „State of Tamil Eelam“ den lang ersehnten Frieden. Dem diametral gegenüber stand das Verständnis der singhalesischen Nationalisten, welche spezielle Zugeständnisse an Minderheiten und eine wie auch immer geartete regionale Machtteilung als Angriff auf die Einheit des Staates und die damit verbundene singhalesisch-buddhistische Identität ansahen.3 Dieser Logik folgend schien Frieden nur durch die Rückeroberung der zeitweilig besetzten Gebiete im Norden-Osten des Landes sowie die vollständige Eliminierung der LTTE erreicht werden zu können.4 Dementsprechend bezeichnete die sri lankische Regierung die von ihnen in den 90er Jahren geführten Operationen zur Aufstandsbekämpfung auch als „war for peace“.5 Immer wieder wurde durch Friedensverhandlungen versucht, diese divergenten Positionen einander anzunähern. Ein letzter Versuch scheiterte im Jahr 2006, als das vier Jahre zuvor unter externer Vermittlung geschlossene Waffenstillstandsabkommen de facto zusammenbrach.6 Es folgte eine weitere Eskalation der Gewalt, im Rahmen derer sich beide Seiten schließlich von einer Kompromisslösung verabschiedeten. Mit Hilfe des ehemaligen LTTE-Kaders Karuna, der sich 2004 von der Organisation lossagte und gemeinsam mit seinen Anhängern zur Regierungsseite überwechselte, konnte die sri lankische Armee schließlich eine Großoffensive starten, die im militärischen Sieg über die LTTE mündete.7 Durch die Tötung des Rebellenführers Prabakarans sowie nahezu der vollständigen LTTE-Führungselite schien die tamilische Stimme im Mai 2009 endgültig verklungen. Was kam ist ein Frieden im singhalesischen Sinne. Dass dieser jedoch nicht zwingender Maßen mit den Friedensvorstellungen externer Entwicklungsakteure übereinstimmt, wird im folgenden Abschnitt deutlich werden, der einen ersten Einblick in die Konzeption und Ausgestaltung bisheriger Friedensbemühungen in Sri Lanka gewährt. 3 Orjuela 2008, S.9; Ropers 2008, S.11 Der LTTE war es zeitweilig möglich, Gebiete im Norden und Osten komplett unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie etablierte nicht nur eine herkömmlich militärische Streitmacht, sondern auch einen beträchtlichen zivilen Verwaltungsapparat (Nadarajah/Vimalarajah 2008, S.7). Im Juli 2007 wurde der Osten von der Regierung zurückerobert, bis dann schließlich mit Ende des Krieges auch der gesamte Norden wieder in Regierungshand war. 5 Orjuela 2008, S. 9 6 International Crisis Group 2008a, S.1 7 Nähere Informationen zur Rolle der von Karuna angeführten paramilitärischen Einheit finden sich u.a. in: International Crisis Group 2008b, S. 8 4 3 FRIEDEN ALS STRATEGIE DER ENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT Jahrelang haben Entwicklungsorganisationen sich vergeblich daran versucht, den Bürgerkrieg in Sri Lanka als eine negative Externalität zu betrachten welche es zu vermeiden gilt - eine Strategie, die im Englischen gemeinhin auch als „working around conflict“ bezeichnet wird.8 Nach ersten zögerlichen Vorstößen zu Ende der 90er Jahre hat sich diese agnostische Einstellung im Jahr 2002 radikal gewandelt und es wurden vermehrt Anstrengungen unternommen sich explizit den strukturellen Konfliktursachen, einer Verbesserung der Menschenrechtslage sowie einem nachhaltigen Wiederaufbau der vom Krieg zerstörten Gebiete anzunehmen.9 Als Gründe für diese Umorientierung lassen sich Veränderungen auf globaler Ebene wie auch sich wandelnde politische Konditionen innerhalb Sri Lankas anführen. Zunächst einmal sei hier auf eine generelle Konfliktsensibilisierung der Entwicklungszusammenarbeit verwiesen, die sich unabhängig vom sri lankischen Kontext seit Beginn der 90er Jahre vollzog. Negative Erfahrungen in anderen Teilen der Welt führten zu der Erkenntnis, dass durch Krieg und Gewalt nicht nur Millionen von Menschen getötet und ganze Gesellschaften ihrer Lebensgrundlage beraubt, sondern auch die Früchte jahrelanger Entwicklungsbemühungen binnen Kürze wieder zunichte gemacht werden können.10 Die Folgen des Genozids in Ruanda sind in diesem Zusammenhang das wohl am häufigsten angeführte Beispiel. Während sich die Entwicklungszusammenarbeit somit zunehmend in der Rolle eines reinen „Reparaturbetriebes“ zur Behebung immer neuer Kriegsschäden sah, musste sie sich zugleich gegen den Vorwurf wehren, mitunter selbst zu einer Verschärfung von Krisen beigetragen zu haben. Um derartige Fehlschläge in Zukunft zu vermeiden, erschien es notwendig, präventiv- und friedenspolitische Anliegen und Zielsetzungen in die klassischen entwicklungspolitischen Aufgabenstellungen zu inkorporieren.11 Hatte man die Friedensförderung zuvor meist ausschließlich als Tätigkeitsfeld von Diplomaten und Politikern angesehen, wurde sie nun auch zu einem anerkannten Bestandteil der Entwicklungszusammenarbeit. 8 Hiervon zu unterscheiden ist (1) „working in conflict“, was besagt, dass sich die Entwicklungszusammenarbeit dessen bewusst ist, dass sie Konflikte beeinflusst und deshalb negative Auswirkungen ihrer Arbeit zu verhindern sucht sowie (2) „working on conflict“, im Rahmen dessen sich die Entwicklungszusammenarbeit direkt um eine friedensfördernde Wirkung bemüht. (Pfaffenholz 2006, S. 40) 9 Goodhand/ Klem u.a. 2005, S. 65ff. 10 Mehler/ Ribaux 2000, S. 21. 11 Matthies 2000, S. 93 4 Doch es war nicht nur das sich wandelnde Selbstverständnis der Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen, das eine Anpassung des entwicklungspolitischen Engagements in Sri Lanka nach 2002 zur Folge hatte. Von Bedeutung waren zudem auch wachsende Sicherheitsbedenken der internationalen Gemeinschaft nach dem 11. September 2001, aufgrund derer einflussreiche Geberstaaten den sri lankischen Konflikt nicht mehr nur als nebensächliches Übel betrachteten.12 Demgegenüber versprachen der im Jahr 2001 vollzogene Regierungswechsel und das kurz darauf temporär geschlossene Waffenstillstandsabkommen viel versprechende Möglichkeiten für eine direkte Involvierung in Friedensaktivitäten.13 Angesichts der unterschiedlichen Interessenlagen der an der Friedensförderung beteiligten externen Akteure - die sowohl Staaten, internationale Organisationen sowie Nichtregierungsorganisationen repräsentieren – ist es jedoch schwierig eine einheitliche Strategie zu konstatieren. Die verschiedenen Arten des Umgang mit der LTTE während der Friedensverhandlungen sind ein erster wichtiger Indikator für die mitunter divergenten Positionen innerhalb der internationalen Gemeinschaft. So hatten die USA im Rahmen ihres weltweiten Kampfes gegen den Terrorismus, wie auch Indien in dem Bestreben separatistischen Tendenzen der Tamilen entgegenzutreten, sich gegen eine direkte Verhandlung mit der LTTE gewehrt.14 Hingegen waren viele Staaten der EU, die zudem eine große tamilische Diaspora beherbergen, sehr viel aufgeschlossener gegenüber den Anliegen der LTTE und plädierten in stärkerem Maße für eine politische Lösung des Konfliktes sowie die beiderseitige Einhaltung von Menschenrechten.15 Ungeachtet dieser unterschiedlichen Verhaltensmuster lassen sich dennoch einige gemeinsame Grundannahmen ausmachen, die sich in den jeweiligen Ansätzen zur Friedensförderung wiederfinden. Hierzu zählt zum einen die Einschätzung, dass der gewaltsame Konflikt maßgeblich durch das staatliche Versagen hinsichtlich der Sicherung von Minderheitenrechten 12 Goodhand/ Klem u.a. 2005, S.67 Während die bisherige Regierung an einem militanten Vorgehen gegen die LTTE festhielt und sich jegliche externe Einmischung verbot, hatte sich die 2001 gewählte United NationalParty (UNP) im Vorfeld explizit für Friedensverhandlungen eingesetzt, die sie als Katalysator des erhofften ökonomischen Aufschwungs ansah. (vgl. Orjuela 2004, S. 198; Goodhand/ Klem u.a. 2005, S. 68 & 78) 14 So haben beide Staaten eng mit der sri lankischen Regierung zusammengearbeitet und diese auch noch gegen Ende des Krieges maßgeblich mit Waffenlieferungen unterstützt (vgl. Nadarajah/ Vimalarajah 2008, S.43) 15 Goodhand/ Klem u.a. 2005, S. 68f. 13 5 hervorgerufen wurde, weshalb die Forderung nach umfassenden politischen Reformen von Beginn an breite Unterstützung fand. So sollten den ethnischen Minderheiten, die neben den Tamilen u.a. auch Muslime umfassen, zukünftig innerhalb eines nichtgeteilten sri lankischen Nationalstaates substantielle Selbstbestimmungsrechte zugestanden werden.16 In einem ersten Schritt würde dies die vollständige Implementierung des im Jahr 1987 verabschiedeten dreizehnten Verfassungszusatz („13th Amendment“) verlangen, der die Anerkennung des Tamilischen als offizieller Sprache sowie eine weitreichende Dezentralisierung vorsieht.17 Nur durch letztere könne ein Gegengewicht zur nationalen Dominanz der singhalesischen Kultur gewährleistet werden, indem die vornehmlich von Tamilen und Muslimen bewohnten Nord-OstProvinzen an Mitsprache gewinnen würden. Daneben wird der Tatsache Beachtung beigemessen, dass Sri Lanka zwar im Allgemeinen als ein Land mittleren Einkommens und mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum von an die 6% klassifiziert wird, jedoch der vom Krieg betroffene Nord-Osten auch heute noch unter einer Armutsrate von 6090% leidet.18 Um solch einer ungleichen Einkommensverteilung entgegenzuwirken scheinen Reformen im sozio-ökonomischen Bereich ebenfalls von Nöten. Dass zudem die langfristige Beendigung der Kriegshandlungen und somit eine Verbesserung der Sicherheitslage als Grundvoraussetzung für Frieden angesehen werden, muss an dieser Stelle wohl nicht gesondert hervorgehoben werden – ebenso wenig wie die erforderliche „Aussöhnung“ der durch den Krieg entzweiten Bevölkerung. Frieden im Sinne der hier betrachteten entwicklungspolitischen Akteure erfordert demnach einen vierfachen Transformationsprozess in den Bereichen Sicherheit, Politik, 16 Orjuela 2004, S.114; Der Bürgerkrieg in Sri Lanka wird oftmals vereinfachend als Konfrontation zwischen Singhalesen und Tamilen beschrieben, während den Muslimen als zweitgrößter Minderheit (die auf Basis ihrer Religion eine eigene Ethnizität beanspruchen) kaum Beachtung beigemessen wird. Tatsächlich jedoch haben sie wesentlich unter den Kämpfen gelitten und sind in nicht unbedeutendem Maße Teil des konfliktiven Beziehungsgeflechts. So hatten viele Muslime aufgrund kultureller Gemeinsamkeiten mit den Tamilen deren Unabhängigkeitskampf zu Beginn unterstützt, sich jedoch angesichts der zunehmenden Radikalisierung der LTTE von deren Forderungen abgewand, da sie befürchteten in den betreffenden Gebieten wiederum von einer Mehrheit unterdrückt zu werden. (vgl. International Crisis Group 2008b) 17 Nähere Informationen zu den Inhalten des 13th Amendment finden sich auf der website der sri lankischen Regierung: http://www.priu.gov.lk/Cons/1978Constitution/AMENDMENTS.html#Thirteenth%20Amendment. Zwar wurde Sri Lanka in neun Provinzen untergliedert, die ihre eigenen Regierungen zugesprochen bekamen, bis heute sind deren Handlungsspielräume jedoch sehr begrenzt. Wichtige Politikbereiche wie die Verwaltung von Land, Polizei oder Bildung bleiben aufgrund verschiedener Ausnahmeregelungen de facto unter Regierungskontrolle, die Provinzregierungen verfügen kaum über eigene finanzielle Mittel und der Präsident ernennt nicht nur die jeweiligen Gouverneure sondern hat auch das Recht das Provinzparlament aufzulösen (International Crisis Group 2008b, S.11f). 18 Swiss Agency for Development and Cooperation 2007, S.3 6 Ökonomie und zwischenmenschlichen Beziehungen.19 Um diesen von außen zu unterstützen, stehen der Entwicklungszusammenarbeit im Wesentlichen drei Strategien zur Verfügung: (1) die Anbindung von entwicklungspolitischen Maßnahmen an politische Konditionen, wie bspw. die Einhaltung von Menschenrechten oder die Durchführung bestimmter Reformen20 (2) eine Bearbeitung struktureller Konfliktursachen durch konfliktsensible Projekte Entwicklungszusammenarbeit in den klassischen zu denen u.a. Tätigkeitsbereichen Armutsbekämpfung, der ökonomische Entwicklung und Gute Regierungsführung zählen, sowie (3) die Unterstützung einer Vielzahl vornehmlich zivilgesellschaftlicher Initiativen, welche sich um eine Aussöhnung der lokalen Bevölkerung bemühen. 21 Inwieweit sich diese Strategien angesichts der derzeitige Ausgestaltung des sri lankischen Friedens umsetzen lassen, bzw. mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind, ist Gegenstand des nun folgenden Abschnitts. FRIEDEN ALS HERAUSFORDERUNG FÜR DIE FRIEDENSFÖRDERUNG? Nach dem militärischen Sieg über die LTTE im Mai 2009, wurde der Bürgerkrieg in Sri Lanka offiziell für beendet erklärt. Doch die radikale Vorgehensweise der sri lankischen Armee in den letzen Kriegswochen sowie die anschließende Internierung von nahezu 300.000 Tamilen in überfüllten Flüchtlingslagern überschattete die Freude über den langersehnten Frieden.22 Vermehrt hatte die internationale Gemeinschaft ihre Besorgnis darüber geäußert, dass die letzten Gefechte noch einmal Tausenden Zivilisten das Leben kosteten, die in einem kleinen Gebiet im Norden des Landes zwischen die Fronten gerieten.23 Anstatt die Kriegshandlungen umgehend einzustellen, riegelte die Armee das Gelände jedoch hermetisch ab und ließ weder Journalisten noch Vertreter internationaler Hilfsorganisationen hinein. Selbst als die militärische Konfrontation ihr 19 Vgl. hierzu auch international anerkannte Grundsatzpapiere zur Friedensförderung, wie bspw. ein Statement vom UN-Security Council aus dem Jahr 2001 (UN- Security Council 2001) 20 So wurden bspw. auf einer Geberkonferenz im Juli 2003 in Tokyo insgesamt 4.5 Mrd US$ versprochen, wobei festgehalten wurde, dass „…assistance by the donor community must be closely linked to substantial and parallel progress towards fulfillment of the objectives agreed upon by the parties in Oslo” (Ministry of Foreign Affairs of Japan, 2003). Damit gemeint war die Verpflichtung der sri lankischen Regierung wie auch der LTTE das Waffenstillstandsabkommen einzuhalten, die Friedensverhandlungen für muslimische (bislang ignorierte) Interessengruppen zu öffnen, sich klar zur Einhaltung von Menschenrechten zu bekennen sowie für eine politische Lösung des Konfliktes einzusetzen 21 vgl. hierzu auch Pfaffenholz 2006 22 Einen guten Überblick diesbezüglich bietet International Crisis Group 2010 23 Diesbezüglich lassen sich verschiedene Artikel finden, u.a auf (http://news.bbc.co.uk/2/hi/7942051.stm) 7 Ende fand, blieb der internationalen Gemeinschaft der Zugang zu den Überlebenden und intern Vertriebenen über Monate hinweg weitgehend versperrt, weshalb gravierende Menschenrechtsverletzungen in den betreffenden Gebieten vermutet wurden.24 Angesichts dieser humanitären Katastrophe, die eine Aussöhnung zwischen den verschiedenen Ethnien zusätzlich belastet, lassen sich deshalb erhebliche Zweifel an der Effektivität bisheriger Friedensbemühungen äußern. Bereits 2005 wurde in einer Studie darauf hingewiesen, dass ohne ein konsistentes Zusammenspiel aller in die Friedensförderung involvierten Akteure, entwicklungspolitische Konditionen in Sri Lanka weitgehend erfolglos bleiben würden.25 Tatsächlich hat die internationale Gemeinschaft unter Federführung der Vereinten Nationen zwar zu Ende des Krieges harsche Kritik an dem Vorgehen der sri lankischen Regierung geübt und für die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards plädiert, in der Zwischenzeit wurden jedoch Entwicklungsprojekte in anderen Teilen des Landes unverändert weitergeführt.26 Viele Organisationen verwiesen darauf, dass die sri lankische Regierung ihre Aktivitäten seit geraumer Zeit erheblich einschränken würde, indem sie Visa für internationale Entwicklungshelfer verweigere und diese offiziell als Sympathisanten der LTTE denunziere.27 Folglich versuche man sich mit öffentlichen Beschuldigungen zurückzuhalten und eine Weiterführung der als notwendig erachteten Maßnahmen lieber auf individuellen Vereinbarungen mit der sri lankischen Regierung zu fußen. Ohne ein solches Verhalten an dieser Stelle pauschal verurteilen zu wollen, muss ein derartiger Mangel an Koordination und Absprache zwischen den externen Akteuren durchaus als entscheidendes Friedenshemmnis angesehen werden. So verlieren politische Konditionen an Wert, wenn bei Missachtung gewisser Grundprinzipien seitens der Empfängerregierung selbst große entwicklungspolitische Akteure keine 28 Konsequenzen ziehen. Der äußere Druck zur Umsetzung der als notwendig erachteten 24 Ein erster Beweis diesbezüglich scheint ein letztes Jahr aufgetauchtes Video zu sein, auf dem die Exekution von vermeintlichen tamilischen Rebellen durch Angehörige der sri lankischen Armee zu sehen ist. Ein Menschenrechtsexperte der UN hat dieses nun für echt befunden und einen Antrag auf Untersuchung von Kriegsverbrechen befürwortet. (http://www.un.org/apps/news/story.asp?NewsID=33423) 25 vgl. hierzu Goodhand/ Klem u.a. 2005, S.69 26 Ganz zu schweigen von der wachsenden militärischen Unterstützung der sri lankischen Regierung seitens westlicher Geberstaaten, die zwar den erneuten Gewaltausbruch nach Scheitern der Friedensverhandlungen offiziell kritisierten, jedoch im Zuge des weltweiten Kampf gegen den Terror die Schwächung der LTTE zugleich befürworteten. (International Crisis Group 2008, S. 3) 27 International Crisis Group 2009, S. 9 28 Noch im Jahr 2008, als der Ausgang des Krieges bereits absehbar war, hatte die Weltbank ihre neue 900 Millionen US$ schwere Country Assitance Strategy für 2009-2012 bekannt gegeben (International Crisis Group 2009, S. 2). Nähere Informationen hierzu finden sich auf: 8 Transformationsprozesse insbesondere im (sicherheits-) politischen Bereich sinkt hierdurch erheblich. Dies zeigt sich u.a. daran, dass die sri lankische Regierung bislang keine nennenswerten Anstrengungen unternommen hat, den strukturellen Ursachen des Konfliktes entgegenzutreten.29 Solange diese jedoch nicht behoben sind, bleibt die Gefahr einer erneuten Gewalteskalation bestehen, wie ein muslimischer Dorfbewohner im Osten des Landes treffend formuliert: „Everybody is talking about peace. But actually we don’t have peace. If politics don’t change, another 1983 will come soon.”30 Ungeachtet dieses politischen Armutszeugnisses, das für sich genommen bereits die derzeitige Ausgestaltung des Friedens in Sri Lanka in Frage stellt, sind politische Reformen jedoch eine Grundvoraussetzung dafür, dass Maßnahmen zum Wiederaufbau und zur ökonomischen Entwicklung der vom Krieg zerstörten Gebiete tatsächlich friedensfördernde Wirkungen entfalten können. Diesbezügliche Erfahrungen mit entwicklungspolitischen Projekten im bereits 2007 „befriedeten“ Osten dienen hierfür als gutes Beispiel und als Lernerfahrung für zukünftiges Engagement. So hatte die sri lankische Regierung nach der Rückeroberung der betreffenden Provinz ein umfangreiches Entwicklungsprogramm angekündigt, für dessen Umsetzung sie schließlich eine Vielzahl externer Akteure mobilisieren konnte. Im Rahmen des so genannten „Eastern Reawakening“, sollten zum einen durch die Förderung des Tourismus und privater Unternehmensinitiativen die industrielle Entwicklung des Ostens eingeleitet und zum anderen durch den Wiederaufbau von Straßen, Brücken und lokaler Infrastruktur die direkten Folgen des Krieges behoben werden.31 Viele der in diesen Bereichen involvierten Entwicklungsorganisationen sahen darin eine Chance, das als konfliktverschärfend wahrgenommenen sozio-ökonomische Ungleichgewicht zwischen dem singhalesisch dominierten Süd-Westen und dem tamilisch-muslimisch geprägten Nord-Osten nachhaltig zu reduzieren.32 Doch obwohl sie auf eine konfliktsensible http://www.worldbank.lk/WBSITE/EXTERNAL/COUNTRIES/SOUTHASIAEXT/SRILANKAEXTN/0,,contentM DK:21927102~pagePK:141137~piPK:141127~theSitePK:233047,00.html 29 vgl. hierzu International Crisis Group 2010 30 Interview in Colony 12, Navithanveli Division, Ampara District, Eastern Province am 16.07.2009. Mit dem Verweis auf das Jahr 1983 ist der Ausbruch des Krieges gemeint, der sich im Wesentlichen auf die Ermordung von 13 singhalesischen Soldaten und den darauf folgenden Pogromen gegen die tamilische Bevölkerung zurückführen lässt. 31 Nähere Informationen zum Entwicklungsprogramm der Regierung finden sich auf der betreffenden Homepage unter: www.neweast.lk 32 vgl. hierzu International Crisis Group 2009 9 Umsetzung der Maßnahmen achteten, indem alle ethnischen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen begünstigt werden sollten, scheinen in der Realität nicht nur positive Wirkungen erzielt worden zu sein. Dies ist im Wesentlichen in der weiterhin zentralistischen Struktur des sri lankischen Staates begründet, innerhalb derer entwicklungspolitische Entscheidungen in der Hauptstadt gefällt werden, ohne vorab jedoch die betreffenden Provinzregierungen oder lokalen Autoritäten zu konsultieren.33 Ein solcher Mangel an Transparenz und Mitspracherecht trägt dazu bei, dass die lokale Bevölkerung Entwicklungsprojekte primär als Durchsetzung singhalesischer Interessen wahrnimmt, womit weitere ethnische Spannungen vorprogrammiert sind. Zur näheren Erläuterung dessen sei an dieser Stelle exemplarisch auf zwei Problematiken hingewiesen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind. Beispielsweise wird befürchtet, dass im Rahmen der Förderung privater Unternehmensinitiativen die finanzstärkeren Singhalesen der westlichen Provinzen den Osten praktisch „ökonomisch kolonisieren“ würden. Einerseits verfügen sie über mehr Gründungskapital und andererseits über enge Verbindungen zu einflussreichen Politikern, wodurch sich ihre spezifischen Wirtschaftsinteressen besser durchsetzen lassen.34 Eine offizielle Gleichbehandlung aller ethnischen Bevölkerungsgruppen allein kann diese Gefahr nicht reduzieren, bedürfte es doch vielmehr einer gezielten Unterstützung der ortsansässigen Kleinstunternehmer, um die negativen Konsequenzen einer liberalen Marktwirtschaft zu begrenzen und zugleich dem vorherrschenden Klientelismus entgegen zu wirken. Der zweite hier zu nennende Aspekt steht in engem Bezug zur Vergabe von Landrechten, die insbesondere beim Wiederaufbau von Häusern aber auch bei anderen entwicklungspolitischen Maßnahmen eine Rolle spielen. Viele Tamilen und Muslime im Osten und Norden Sri Lankas befürchten, dass die Regierung, die über nahezu 80% der Ländereien verfügt, derartige Vorhaben zum Anlass nimmt, gezielt Singhalesen in den betreffenden Gebieten anzusiedeln. In der Vergangenheit war dies u.a. bei groß angelegten Bewässerungsprojekten im Osten der Fall, wodurch sich nicht nur die demographische Zusammensetzung sondern auch die politischen Mehrheiten in der 33 34 International Crisis Group 2009, S. 12 International Crisis Group 2009, S. 20 1 0 Ostprovinz veränderten.35 Da letzteres die Reichweite politischer Mitbestimmung seitens der Minderheiten erheblich begrenzt, erzeugen solche Entwicklungen kontinuierlich ethnische Spannungen. Auch wenn der Regierung bislang keine ähnlichen Bestrebungen nachgewiesen werden können, prägen jene Erfahrungen doch die Erinnerung und lassen sich diesbezügliche Gerüchte einer staatlich gesponserten „Sinhalisation“ kaum widerlegen. Entwicklungsorganisationen müssen sich dieser Problematiken bewusst sein und über die direkte Implementierung ihrer Projekte hinausgehend sicherstellen, dass diese tatsächlich den vom Krieg besonders betroffenen Bevölkerungsgruppen zu Gute kommen und nicht, wie in den oben skizzierten Fällen, konfliktverschärfende Politiken der sri lankischen Regierung erst ermöglichen. Zu diesem Zweck muss letztere jedoch dazu verpflichtet werden, ihre Pläne zur Entwicklung des Nordens und Ostens für die Öffentlichkeit transparent zu machen und sich darüber hinausgehend zur Einhaltung gewisser Grundsätze bekennen. Hierzu zählt auch die Erarbeitung einer klaren Landpolitik, deren derzeitiges Fehlen im Zuge umfassender Wiederaufbaumaßnahmen sowie der Rückführung intern Vertriebener noch einmal an Brisanz gewinnen wird.36 Auch wenn die momentane Haltung der sri lankischen Regierung wenig Hoffnung auf eine Umsetzung dieser als notwendig erachteten Forderungen zulässt, so gibt es zu einer derartigen Konditionierung jedoch letztlich keine Alternative, will die Entwicklungszusammenarbeit nicht Gefahr laufen, ihrem Ziel einer Friedensförderung gegenüber konträr zu handeln. Denn solange die ethnischen Minderheiten das Gefühl haben gegenüber der singhalesischen Bevölkerung benachteiligt zu werden, können Streitigkeiten über die Vergabe von Landrechten sowie das Offerieren besonderer Beschäftigungsangebote schnell wieder eine ethnische Konnotation bekommen und zu erneuten Gewaltausbrüchen führen. Ebenfalls mitunter kritisch betrachtet werden muss die dritte Säule entwicklungspolitischer Friedensförderung und somit die Unterstützung lokaler Friedensinitiativen bzw. die direkte Implementierung derselben durch internationale Nichtregierungsorganisationen. Hierzu zählen u.a. Dialogseminare, Austauschprogramme sowie 35 36 International Crisis Group 2008b, S. 4 vgl. hierzu auch Interntaional Crisis Group 2010, S.3f 1 1 Trainings in gewaltfreier Konfliktbearbeitung.37 Die meisten dieser Maßnahmen erheben den Anspruch wesentlich zu einer Friedensförderung beizutragen, indem sie das Verhältnis der verschiedenen Bevölkerungsgruppen zueinander maßgeblich verbessern würden. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Friedensbilder die jeweiligen Organisationen ihrer Arbeit zu Grunde legen. Plädieren sie für die Anerkennung ethnischer Differenzen oder die Herausbildung einer gemeinsamen „friedensstiftenden“ Identität? Meist ist letzteres der Fall, um der bisherigen Polarisierung entgegenzutreten. Dass angesichts der derzeitigen Situation in Sri Lanka ein solcher Ansatz mitunter auch eine politische Stellungnahme impliziert, ist vielen Organisationen jedoch gar nicht bewusst. Während die Tamilen ihren Unabhängigkeitskampf im Wesentlichen auf einem essentialistischen Identitätskonzept aufbauten und im Zuge dessen die Unterschiedlichkeit zwischen den verschiedenen Ethnien betonten, sprachen sich viele Singhalesen für eine ethnisch neutrale „sri lankische“ Identität aus.38 So auch der amtierende Präsident bei seiner Siegesrede am 19.05.2009: „We have removed the word minorities from our vocabulary three years ago. No longer are the Tamils, Muslims, Burghers, Malays and others minorities. There are only two people in this country. One is the people that love this country. The others comprise the small groups that have no love for the land of their birth. 39 Those who do not love the country are now a lesser group.” Auf den ersten Blick mag diese Formulierung eine Gleichberechtigung aller Bürger bedeuten. Von vielen Tamilen und Muslimen wird die Negierung ethnischer Differenzen jedoch als bedrohlich empfunden, solange dies de facto die Dominanz der Singhalesisch-buddhistischen Kultur begünstigt, innerhalb derer gewisse Grundrechte, wie bspw. die Ausübung der eigenen Sprache, nicht gewährt werden.40 Bevor nicht die Ursachen des Konfliktes anerkannt worden sind und somit auch die Notwendigkeit weitreichender Reformen, ist eine Aussöhnung der verschiedenen ethnischen Gruppen und schließlich die Fokussierung auf Gemeinsamkeiten immer mit gewissen Problemen belastet. Camilla Orjuela hat diesbezüglich einen interessanten Vergleich aufgestellt: Schließlich würde eine wesentlicher Unterschied bestehen zwischen dem Kampf gegen die Unterdrückung von Frauen und dem langfristigen Projekt der Beendigung von Geschlechterdifferenzierung.41 Auf den sri lankischen Kontext übertragen bedeutet dies, 37 Eine eingehende Beschreibung derartiger Maßnahmen findet sich bei Orjuela 2008 Orjuela 2008, S.77f. 39 Präsident Mahinda Rajapaksa 19.Mai 2009: http://www.president.gov.lk/speech_New.asp?Id=74 40 International Crisis Group 2010, S. 13 41 Orjuela 2008, S.51 38 1 2 dass noch ein langer Weg gegangen werden muss, bis die verschiedenen Bevölkerungsgruppen keinen Anlass mehr haben, sich mit Verweis auf ihre ethnische Identität voneinander abzugrenzen. So gilt auch an dieser Stelle, dass Entwicklungsprojekte, die einen nachhaltigen Prozess der Aussöhnung und der Abkehr von gewaltsamen Konfliktbearbeitungsmechanismen zum Ziel haben, erst dann wirklich erfolgreich sein werden, wenn gewisse politische Grundvoraussetzungen - zu denen eine Gleichbehandlung aller Bevölkerungsgruppen zählt - erfüllt sind. SCHLUSSFOLGERUNGEN Der Anspruch, auf wenigen Seiten eine kritische Reflexion bisheriger Friedensbemühungen der Entwicklungszusammenarbeit in Sri Lanka durchzuführen, scheint den Rahmen des Möglichen zu sprengen. Zu komplex ist allein der Konfliktkontext, nicht zu sprechen von den vielen verschiedenen Akteuren die in die Friedensförderung involviert sind und je eigenen Zielsetzungen folgen. Dementsprechend konnte im Rahmen dieses Essays lediglich ein erster Einblick in ausgewählte Problematiken gegeben werden, denen sich Entwicklungsorganisationen in Sri Lanka zu stellen haben. Hierzu zählt zunächst einmal die Konfrontation mit einem „Frieden“, der zwar der gewaltsamen Auseinandersetzung ein Ende setzte, nicht jedoch die tiefen Brüche innerhalb der sri lankischen Gesellschaft zu überwinden vermochte. Nach wie vor sind die Herausforderungen immens, wenn verhindert werden soll, dass weitere Gewalteskalationen folgen. Das Dilemma dem sich die internationale Gemeinschaft nun gegenüber sieht ist, dass trotz der offensichtlich notwendigen Reformen die sri lankische Regierung immer weniger Interesse an einer nachhaltigen Bearbeitung der Konfliktursachen zeigt. Für sie scheint die größte Hürde durch den Sieg bereits genommen, alles was jetzt noch von Relevanz sei, beziehe sich auf Wiederaufbaumaßnahmen und eine wirtschaftliche Entwicklung. So machte sie in den vergangenen Monaten unverblümt deutlich, dass sie sich kritische Stellungnahmen zum Kriegsende sowie den Flüchtlingslagern im Norden verbiete, geschweige denn eine direkte Einmischung in die politischen Geschicke des Landes zu akzeptieren gewillt ist. Bedeutet die derzeitige Ausgestaltung des sri lankischen Friedens also das Scheitern 1 3 entwicklungspolitischer Friedensbemühungen in Sri Lanka? Eine solche Behauptung ist zunächst einmal nicht angemessen, kann es doch nicht die Aufgabe der Entwicklungszusammenarbeit sein, ganze Gesellschaftssysteme zu verändern. So muss man sich immer wieder vor Augen führen, dass die Hauptverantwortung für eine Friedensentwicklung bei der Politik des betreffenden Landes liegt, die Entwicklungszusammenarbeit selbst hingegen nur eine flankierende Rolle spielen kann. Dennoch ist es berechtigt, die Erfolgsaussichten entwicklungspolitischer Friedensförderung in Sri Lanka als äusserst gering einzuschätzen, schaut man sich die tatsächlichen Handlungsoptionen der Entwicklungszusammenarbeit innerhalb der drei genannten Interventionsbereiche (1) politische Konditionen, (2) eine Bearbeitung der strukturellen Konfliktursachen sowie (3) eine direkte Unterstützung von Friedensinitiativen genauer an. So erzielten erstere bislang nicht die gewünschten Wirkungen, was zum einen sicherlich mit der ablehnenden Haltung der sri lankischen Regierung, zum anderen aber auch mit einer mangelnden Koordination der verschiedenen externen Akteure begründet werden kann. Doch ohne politische Reformen werden selbst klassische Tätigkeitsfelder der Entwicklungszusammenarbeit wie Armutsbekämpfung und ökonomische Entwicklung in erster Linie damit zu kämpfen haben, keine konfliktverschärfenden Wirkungen hervorzurufen, was dem Anspruch einer direkten Friedensförderung letztlich nur bedingt entspricht. So lässt sich zwar durch gezielte Interventionen das soziale Gefälle zwischen dem Süd-Westen und Nord-Osten verringern, wodurch eine der zentralen Konfliktursachen bearbeitet wäre. Zugleich werden derartige Vorhaben jedoch neue Konflikte hervorrufen, sofern nicht die verschiedenen Bedürfnisse und Ängste aller Bevölkerungsgruppen in gleichem Maße berücksichtigt werden. Ähnliches gilt auch für die direkte Unterstützung von Friedensinitiativen. Ungeachtet der Tatsache, dass deren Wirkungen erst nach einigen Jahren messbar sein werden, zeigte der kurze Exkurs zu den verschiedenen Friedensverständnissen, dass auch hierbei eine intensive Beschäftigung mit eventuell konfliktverschärfenden Wirkungen von Bedeutung ist. Für die Entwicklungszusammenarbeit lassen sich dementsprechend drei Schlussfolgerungen ziehen. Zunächst einmal muss sie noch größere Anstrengungen unternehmen die langfristigen Wirkungen ihres Tuns zu monitoren bzw. zu evaluieren. Dadurch soll verhindert werden, dass sie neue Konflikte hervorruft anstatt sie wie 1 4 geplant zu reduzieren. Zum zweiten kann sie sich nicht damit begnügen, Konfliktsensibilität allein auf der Projektebene zu praktizieren, sondern es müssen nationale Entwicklungsbemühungen in die Planung einbezogen werden. Solange die sri lankische Regierung jedoch nicht zur Offenlegung ihrer eigenen Pläne sowie zur Einhaltung gewisser Grundsätze bereit ist, kann es mitunter notwendig sein, betroffene entwicklungspolitische Projekte zeitweilig einzustellen. Drittens gilt es zu bedenken, dass Frieden in Sri Lanka noch immer unterschiedlich interpretiert wird. Solange sich die sri lankische Gesellschaft, ihre Regierung und die internationale Gemeinschaft jedoch nicht auf ein gemeinsames Verständnis von Frieden verständigen können, werden diesbezügliche Bemühungen in ihrer Wirkungskraft immer begrenzt bleiben. 1 5 BIBLIOGRAPHIE Czempiel, (1995): Der Friede – sein Begriff, seine Strategien; in: Senghaas, Dieter (Hrsg.) (1995): Den Frieden denken. Edition Suhrkamp. Frankfurt a.M. Goodhand, Jonathan/ Klem, Bart u.a. (2005): Aid, Conflict and Peacebuilding in Sri Lanka 2000 - 2005. Six Part Series Volume No.1. The Asia Foundation. 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