GTAI - Internationale Märkte

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GTAI - Internationale Märkte
26.10.2012
Türkische Regierung verfolgt zahlreiche Großprojekte
Energiesektor, Infrastruktur- und Wohnungsbau bieten Chancen / Auch
Hochtechnologie benötigt / Von Necip C. Bagoglu
Istanbul (gtai) - Die türkische Regierung und der Privatsektor wollen mit einer großen
Investitionsoffensive die Defizite in der Energie- und Verkehrsinfrastruktur reduzieren und den
Ausbau der industriellen Kapazitäten vorantreiben. Mehrere Großprojekte bringen in den
bevorstehenden Jahren direkt und indirekt interessante neue Geschäfts- und
Kooperationschancen für internationale Unternehmen mit sich. Dabei können sich auch für
deutsche Firmen vielfältige Liefermöglichkeiten ergeben.
Die Türkei verfolgt ehrgeizige Großprojekte zur Entwicklung der öffentlichen Infrastruktur und zum
Ausbau der industriellen Kapazitäten. Mit massiven Investitionen in Energie- und
Verkehrsvorhaben sollen die Basis der wirtschaftlichen Entwicklung gestärkt und die
Nachhaltigkeit des Wachstums gesichert werden. Die geplanten Investitionen sind mehrheitlich mit
dem Einsatz von Hochtechnologien verbunden, was eine intensive Zusammenarbeit mit
internationalen Partnern erfordert. Es ist zu erwarten, dass sich in Verbindung mit den
Großprojekten umfangreiche Liefer- und Geschäftschancen ergeben werden.
Die Projekte mit dem höchsten Investitionswert sind zurzeit die geplanten beiden Kernkraftwerke
Sinop an der Schwarzmeerküste und Akkuyu bei Mersin an der Mittelmeerküste. Für den Aufbau
dieser Anlagen, die zum Abbau der hohen Energieabhängigkeit vom Ausland errichtet werden,
müssen jeweils rund 20 Mrd. US$ investiert werden. Das Kraftwerk Akkuyu an der Mittelmeerküste
bei Mersin, das in Kooperation mit Russland aufgebaut werden soll, wird aus vier Einheiten mit
einer Kapazität von je 1.200 MW bestehen. Mit dem Bau der ersten Kraftwerkseinheit soll 2014
begonnen werden. Die Fertigstellung ist bis 2022 vorgesehen. Für das Atomkraftwerk Sinop wurde
zwischen der Elektrizitätsproduktionsgesellschaft EÜAS und der kanadischen Firma Candu ein
Kooperationsvertrag unterzeichnet. Dieses Werk soll nach derzeitigen Planungen aus vier
Einheiten je 1.400 MW bestehen. Für das Vorhaben werden nach Angaben von Energieminister
Taner Yildiz auch Gespräche mit Firmen aus Südkorea, China und Japan geführt. Geplant sei
außerdem auch ein drittes Kernkraftwerk. Es ist das Ziel der türkischen Regierung, bis zum Jahr
2030 eine Kernkraftkapazität von circa 10.000 MW aufzubauen. Als wichtiges Großprojekt im
Bereich Elektrizitätserzeugung ist außerdem ein kombiniertes Gas-Dampf-Kraftwerk zu nennen,
das vom Energieunternehmen Akenerji mit Investitionen von 930 Mio. $ in der Provinz Hatay
aufgebaut und bis 2014 in Betrieb genommen werden soll.
Im Transportsektor wird die geplante Autobahn Istanbul - Izmir einen wesentlichen Beitrag zur
Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur leisten. Dieses Projekt mit veranschlagten Kosten von 9,5
Mrd. $ beinhaltet den Bau einer 377 km langen Autobahn, von 44 km Verbindungsstraßen sowie
einer 3.062 m langen Hängebrücke über die Bucht von Izmit. Durch diese Hängebrücke mit
Kosten von 1,2 Mrd. $ sollen die Fahrstrecke von Istanbul nach der drittgrößten Stadt des Landes
Izmir um 140 km gekürzt und die Fahrzeit von bisher acht bis zehn auf dreieinhalb bis vier
Stunden reduziert werden. Die Hängebrücke soll von den japanischen Firmen IHI und ITOCHU
errichtet werden.
Andere große Projekte im Verkehrssektor betreffen die Fertigstellung der HochgeschwindigkeitsEisenbahnstrecke zwischen Istanbul und Ankara (4,3 Mrd. $) und den interkontinentalen
Unterwasser-Schienenverkehrstunnels Marmaray (4,0 Mrd. $) bei Istanbul. Der erste Abschnitt
Ankara - Eskisehir der insgesamt 533 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke Ankara - Istanbul
wurde bereits 2009 in Betrieb genommen. Der zweite Teilabschnitt Eskisehir - Istanbul soll bis
Ende 2013 fertiggestellt werden. Mit dem Vorhaben soll der Anteil der Schiene im
Personenverkehr zwischen den beiden größten Städten der Türkei von 10 auf 78% erhöht werden.
Mit der Fertigstellung des Marmaray-Projektes im Oktober 2013 wird ein ununterbrochener
Bahnverkehr zwischen Europa und Asien möglich.
Für eine wesentliche Erleichterung des Straßenverkehrs im Großraum Istanbul wird das NordMarmara-Autobahnprojekt mit veranschlagten Investitionen von 2,5 Mrd. $ sorgen, das unter
anderem den Bau einer dritten Hängebrücke über dem Bosporus umfasst. Dieses Vorhaben soll
nach dem BOT-Modell (Build-Operate-Transfer) vom Firmenkonsortium IC Ictas-Astaldi
verwirklicht werden. Ein weiteres BOT-Projekt mit Investitionen von 1,3 Mrd. $ betrifft den Bau des
5,4 km langen Eurasia-Tunnels unter dem Bosporus für den Kfz-Verkehr. In Verbindung mit
diesem Projekt, das bereits 2012 gestartet werden soll, müssen auch Verbindungsstraßen mit
einer Länge von 9,2 km zum bestehenden Autobahnnetz gebaut werden.
Ein weiteres staatliches Großprojekt unter dem Namen Fatih betrifft die Ausstattung von 40.000
Schulen mit EDV-Anlagen, um die Effizienz im Unterricht zu erhöhen. Dabei sollen auf Anweisung
von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in sämtlichen Grund- und Mittelschulen alle Lehrer
und Schüler Tablett-PC erhalten und die Klassen an das Internet angeschlossen werden. Dieses
2011 gestartete Projekt mit veranschlagten Ausgaben von 7,0 Mrd. bis 8,0 Mrd. $ hat eine Laufzeit
von fünf Jahren. An der Realisierung dieses Vorhabens sind neben der staatlichen
Wissenschaftsanstalt TÜBITAK mehrere Ministerien beteiligt. Den ersten Auftrag für die Lieferung
von LCD-wirksamen digitalen Tafeln erhielt hier das Elektronikunternehmen Vestel. Für den
Aufbau der notwendigen Internet-Infrastruktur in 46 Regierungsbezirken gingen die ersten
Aufträge an das Telekommunikationsunternehmen Türk Telekom (TT).
Für die Verbesserung der Erdgasinfrastruktur wird die Trans-Anatolian Natural Gas Pipeline
(TANAP) mit geplanten Investitionen von rund 17,0 Mrd. $ sorgen. Dabei geht es um den
Transport von Erdgas aus Aserbaidschan, das über Georgien in die Türkei geführt und
anschließend sowohl im Lande verteilt wie auch an westliche Drittländer weitergeleitet werden soll.
Nach den derzeitigen Plänen sollen über die Pipeline jährlich 16 Mrd. cbm Erdgas geliefert
werden. Davon sollen 6 Mrd. cbm in der Türkei verbraucht werden. Die restlichen 10 Mrd. cbm
sollen über Bulgarien oder Griechenland nach Europa weitergeführt werden. An dem Projekt ist
die aserbaidschanische Staatsgesellschaft SOCAR zu 80% beteiligt. Die restlichen 20% werden
von der türkischen Erdölgesellschaft TPAO und der Pipeline-Gesellschaft BOTAS gehalten.
Eine andere Maßnahme im Erdgassektor betrifft den Bau eines unterirdischen Erdgaslagers
unterhalb des Salzsees (Tuz Gölü) in Zentralanatolien. Mit diesem Projekt, für das die China
Tianchen Engineering Corporation den Zuschlag erhielt, wird die Erdgaslagerungskapazität der
Türkei um 1 Mrd. cbm auf 2,1 Mrd. cbm steigen. Damit werden circa 5% des jährlichen
Erdgasverbrauches gesichert. Das Projekt im Wert von 556 Mio. $ soll bis 2018 zum Abschluss
gebracht werden.
Ein weiteres Großprojekt ist der Bau der Star-Raffinerie durch das Petrochemie-Unternehmen
Petkim, das sich mehrheitlich im Besitz von SOCAR befindet. Die Bauarbeiten für das Projekt mit
geplanten Investitionen von 5,0 Mrd. $ werden voraussichtlich noch 2012 beginnen und bis 2015
abgeschlossen werden. Die Anlage mit einer jährlichen Kapazität von 10 Mio. t wird wegen der
damit verbundenen Importsubstitutionen zu einer Devisenersparnis von rund 2 Mrd. $ pro Jahr
führen. Etwa 3 Mio. t aus der Jahresproduktion wird Petkim für die eigene Produktion verbrauchen.
Die restlichen 7 Mio. t sollen an andere Bedarfsträger geliefert werden. Petkim will bis 2015
insgesamt rund 8 Mrd. $ investieren. Geplant ist unter anderem auch der Bau einer
Dampfproduktionsanlage beim Petrochemie-Komplex in Aliaga/Izmir. Mit diesem Projekt sollen die
Produktionskosten von Petkim gesenkt und die Versorgung des Komplexes mit Dampf aus
eigenen Mitteln verbessert werden.
Investitionen von 2,4 Mrd. $ in die Erdölverarbeitung realisiert auch die Raffinerie-Gesellschaft
Tüpras. Dieses Großvorhaben zielt nach Angaben von Tüpras-Generaldirektor Yavuz Erkut darauf
ab, mit dem Einsatz von modernsten Raffinerie-Prozesstechnologien jährlich 4,2 Mio. Heizöl mit
hohem Schwefelgehalt und ähnliche minderwertige schwarze Erdölprodukte in 3,5 Mio. t Benzin,
Dieselkraftstoff und andere höherwertige Produkte zu transformieren.
Als wichtige Großprojekte außerhalb des Infrastruktur- und Industriesektors sind die Mischprojekte
Zorlu Center (2,5 Mrd. $) und Tema Park Istanbul zu nennen. Beim Zorlu Center handelt es sich
um ein großes Immobilienprojekt im Istanbuler Stadtbezirk Zincirlikuyu für Wohnungen, Büros,
Hotels und für ein Kunstzentrum. Der Komplex soll im März 2013 eröffnet werden. Der Tema Park
Istanbul umfasst den Bau von 4.000 Wohnungen auf einer Fläche von 380.000 qm im Istanbuler
Vorort Halkali. Die Bauarbeiten sollen 2012 gestartet und bis 2016 abgeschlossen werden.
Ein anderes großes Immobilienprojekt für Wohnungen und Büros (820 Mio. $), das bis Ende 2014
fertiggestellt werden soll, ist Istanbul Metropol. Das Vorhaben wird von der Immobiliengesellschaft
Emlak Konut GYO und der Baufirma Varyap-Gap Insaat verwirklicht. Erwähnenswert erscheint
ferner das Projekt Viaport Venezia, das von den Firmen Bayraktar und Gürsoy mit Investitionen
von 710 Mio. $ durchgeführt wird. Hier entstehen auf einer Fläche von 82.000 qm im Istanbuler
Stadtbezirk Gaziosmanpasa 2.500 Wohnungen. Die Fertigstellung ist für Ende 2014 eingeplant.
Darüber hinaus errichten die genannten Unternehmen ebenso in Gaziosmanpasa mit Investitionen
von 546 Mio. $ den großen Themenpark Vialand, der 2013 eröffnet werden soll.
Die 20 größten Projekte in der Türkei
Projektbezeichnung
Kernkraftwerk Akkuyu
Kernkraftwerk Sinop
Projektträger/
Durchführungsfirma
Wert
(Mio. US
Projektstand
$)
Fertigstellung bis
EÜAS, Akkuyu NGS A.S
20.000
EÜAS, Candu
20.000
Baubeginn 2013
SOCAR, TPAO, BOTAS
17.000
Abschluss bis 2018
2022
Trans-Anatolian Natural Gas Pipeline
(TANAP), Erdgasleitung Aserbaidschan Georgien - Türkei
Autobahn Istanbul-Izmir, einschl.
Hängebrücke Izmit
Fatih-Projekt für EDV- und IT-Ausstattung
von Schulen
Petkim Star-Erdölraffinerie
Hochgeschwindigkeitszug IstanbulAnkara
Nurol-Özaltin-Makyol-AstaldiYüksel-Göcay Insaat
TÜBITAK,
9.500
Europa unter dem Marmara-Meer
2019
7.500
Abschluss bis 2016
Petkim
5.000
Inbetriebnahme 2015
Staatsbahn TCDD
4.325
Verkehrsministerium
4.000
Bildungsministerium
Marmaray-Tunnel für
Unterwasserschienenverkehr Asien-
Fertigstellung bis
Inbetriebnahme
Ende 2013
Eröffnung im Oktober
2013 vorgesehen
Finanzzentrum Istanbul/Atasehir
Nord-Marmara Autobahn, einschl. dritte
Hängebrücke über dem Bosporus
Immobilienprojekt Zorlu Center
Tüpras Heizöl-Transformationsprojekt
Wohnungsprojekt Tema Park Istanbul
Ministerium für Umwelt und
Städtebau
Generaldirektion für Straßen
KGM
3.000
2.500
Zorlu Gayrimenkul
2.500
Tüpras
2.400
Mesa, Artas, KanturAkdas,Öztas
1.700
(Korea), Hanshin (Korea),
1.300
ATAS
Etlik Integrierter Gesundheits-Komplex für
Gesundheitsministerium,
Gesundheitsdienste
Türkerler Holding, Astaldi
Akenerji Egemer Hatay Erzin Gas-DampfKraftwerk
Wohnungs- und Büroprojekt Metropol
Istanbul
Wohnungsprojekt Viaport Venezia
Erdgaslagerprojekt unter dem Salzsee
(Tuz Gölü)
Themenpark Vialand
Akenerji
Emlak Konut GYO, VaryapGap Insaat
Fertigstellung bis
Ende 2015
Eröffnung im März
2013
Inbetriebnahme für
2014 geplant
Fertigstellung bis
Ende 2016 geplant
Baubeginn 2012,
Yapi Merkezi, SK E&C
Eurasia-Tunnel für den Kfz-Verkehr
k. A.
Fertigstellung in vier
Jahren und sieben
Monaten
Baubeginn 2012,
1.300
Fertigstellung bis
2014
930
820
Bayraktar, Gürsoy, Kiptas
710
BOTAS, Chian Tianchen
556
Bayraktar, Gürsoy
546
Inbetriebnahme 2014
Fertigstellung bis
Ende 2014
Fertigstellung bis
November 2014
Fertigstellung bis
2018
Fertigstellung 2013
Quelle: Capital 10/2012
(N.B.)
Dieser Artikel ist relevant für:
Türkei
Investitionen (Inland), Investitionsklima, allgemein, Verkehrsinfrastrukturbau, allgemein,
Eisenbahnbau, Straßen-, Brücken- und Tunnelbau, Kraftwerksbau, Pipelinebau, etc., Infrastruktur,
Wohnungsbau, Hochbau
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