Klickertraining für alle! Der Einstieg Wozu meinen Nager

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Klickertraining für alle! Der Einstieg Wozu meinen Nager
Artikel Rodentia: Klickertraining für alle! Der Einstieg
Mag. Bina Lunzer, cert.CBST
Tel.: +43 676 5226199, Web: www.binalunzer.com
Klickertraining für alle! Der Einstieg
Sich Tieren verständlich machen zu können ist ein uralter Menschheitstraum.
Das Training mit dem Klicker öffnet ein Tor der Kommunikation zwischen
Mensch und Tier. Rodentia Nr. 55, Mai/Juni 2010 berichtete bereits über
Klickertraining mit Meerschweinchen, Kaninchen und Ratten. In dieser und den
nächsten Ausgaben gibt’s die Anleitung vom Einstieg bis zur Verhaltenskette
für jedertier.
Wozu meinen Nager trainieren?
Bei Pferd und Hund liegt die Notwendigkeit eines Trainings auf der Hand: Beide
Tierarten nimmt man mit in die Öffentlichkeit – und dort ist ein gewisses Maß
an guten Manieren für die Sicherheit von Tier, Tierhalter und Umwelt
notwendig. Bei Käfigtieren gibt es diesen Trainingszweck nicht – wozu also
Ratte und Co. trainieren?
Training ist kein Luxus, sondern eine Schlüsselkomponente zu guter
Tierhaltung. Jeder, der ein Haustier hat, sollte diese zentrale Tatsache
verstehen. Training erhöht die Lebensqualität unserer Haustiere.
Ken Ramirez
Im modernen Tiertraining geht es nicht darum einem Hamster beizubringen
durch einen brennenden Reifen zu springen; trainiert wird nicht, was der
Mensch spannend, lustig oder herzig findet, sondern Verhaltensweisen, von
denen das Tier profitiert. Daher sollen Trainingsziele einen oder mehrere der
folgenden Zwecke erfüllen:
✗
Das Tier erlernt Verhalten, das es den Alltag stressfreier erleben lässt: Es
lernt beispielsweise für die bevorstehende Käfigreinigung auf ein Zeichen
auf die Hand zu klettern, anstatt unter Panik gefangen werden zu
müssen. Unter Alltagsbewältigung fällt auch Vertrauensbildung zu
Bezugspersonen: Training über positive Verstärkung fördert die
Beziehung enorm, der Mensch muss sich während des Trainings ins Tier
einfühlen und entdeckt dabei die einzigartige Persönlichkeit jedes
einzelnen seiner Tiere.
✗
Das Tier lernt Verhaltensweisen, die während Körperpflege,
-kontrollmaßnahmen oder medizinischer Behandlungen den Stress für
das Tier reduzieren: Zum Beispiel lernt ein Kaninchen auf Signal die
Krallen darzubieten und während der Pediküre zu entspannen.
✗
Sich sein Futter verdienen zu dürfen stellt für Käfigtiere eine große
Bereicherung in ihrem Leben dar. Tiere in freier Wildbahn verbringen
einen sehr großen Anteil ihrer Wach-Zeit mit Tätigkeiten rund um die
Futtersuche und dem Verzehr von Futter, was sie mental und körperlich
fordert und ihre Kreativität anspornt. Diesen natürlichen Zeitplan der
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Tiere bringen wir durcheinander, wenn wir sie in einem FutterschüsselSchlaraffenland leben lassen, in dem Nahrung allzeit frei verfügbar ist.
Die immer volle Futterschüssel ist für den Menschen der bequemste Weg
der Kalorienzufuhr, aber für das Tier der fadeste. Manchmal führt
Langeweile zu ungesunden Beschäftigungen wie Bewegungsstereotypien
oder exzessiver Fellpflege, die in aufgekratzte oder -gebissene
Hautstellen ausartet; die beste Vorbeugung gegen solche
Verhaltensstörungen ist mentale Auslastung rund um den Futtererwerb
entweder durch Training oder durch Environmental Enrichment, also die
Bereicherung des Lebensraumes von Käfigtieren, um ihr natürliches
Verhalten zu fördern. Studien zeigen, dass Tiere es bevorzugen für ihr
Futter zu arbeiten, anstatt es frei zu bekommen, vorausgesetzt sie haben
einmal gelernt, wie man sich Futter erarbeitet. Das Phänomen heißt
erlernter Bienenfleiß (learned industriousness, s. Inglis et. al.,
Eisenberger).
Verhaltenswissenschaftler und Tierärzte sind sich einig: Genau wie artgerechte
Sozialkontakte, Haltungsbedingungen, Futter und medizinische Versorgung Teil
der guten Tierhaltung sind, so ist es auch artgerechtes, regelmäßiges Training.
Der Einstieg ins Tiertraining: Darauf kommt's an
Alles was man braucht, ist ein Tier, Futter und einen Klicker. Das Alter
Ihres Tieres ist egal – mentale Auslastung steigert in jedem Alter die
Lebensqualität. Der allererste Schritt ist: Sie müssen herausfinden, wofür Ihr
Tier arbeiten möchte. Für den Aufbau eines neuen Verhaltens über
Klickertraining arbeitet man fast immer mit Futter, am besten mit einem
besonderen Leckerbissen, der nicht im Käfig verfügbar ist und in den
Ernährungsplan der Tierart passt. Der einzige Zugang zu diesem Festmahl ist
die Kooperation im Training. Die Futterstücke sollten so klein sein, dass das
Tier nicht länger als drei Sekunden für den Verzehr braucht. Je lieber es die
Belohnung mag, desto mehr Eifer wird das Tier im Training zeigen! Je nach Art
und Vorliebe des Tiers kann man Nuss-, Obst- und Karottenstücke, Petersilie
und Haferflocken, verwenden, manche Menschen tun sich leichter mit
Früchtejoghurt, denn das bleibt am Finger haften und kann nicht
hinunterfallen. Geben Sie Verschiedenes auf einen Teller, Ihr Tier zeigt Ihnen,
was es davon zuerst nimmt.
Was ist anders beim Training von Nagern im Vergleich zu anderen
Tierarten? Im Gegensatz zu Raubtieren wie Hunden sind Nagetiere rasch
unsicher bei Veränderungen. Wenn sich etwas schnell bewegt, ist das für
Räuber von Natur aus interessant, für Nagetiere ein Grund zur Flucht. Daher
müssen alle Bewegungen des Trainers ruhig und mit Bedacht geschehen.
Nagern hilft eine Trainingsatmosphäre, in der sie sich sicher fühlen. Dazu trägt
bei immer am selben Ort zu üben, möglichst auf rutschfestem Untergrund und
ohne Störgeräusche und -gerüche. Ich verwende gern einen Trainingstisch;
genauso gut kann man auch am Boden üben, wenn man sich gerne bückt.
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Timing ist alles! Nagetiere sind schneller als Menschen, sehr viel schneller!
Daher ist es wichtig dem Tier exakt zu vermitteln, in welchem Moment genau
es etwas richtig gemacht hat – und nicht erst Sekunden später, wenn wir das
Leckerli aus der Dose gekramt haben. Je besser der Mensch im Timing ist,
desto schneller kann das Tier einen Zusammenhang herstellen zwischen
seinem Handeln und der Belohnung. Um hier dem Tier eine große Hilfe zu
bieten, kommt der Klicker ins Spiel: Er markiert exakt den Moment, der eine
Belohnung (Verstärkung) verdient. Der Klicker kann das schneller und besser
als die menschliche Stimme, denn sein Geräusch ist immer gleich und frei von
Emotion. Die meisten handelsüblichen Klicker sind fürs Hundetraining gedacht,
wo sie gern für Übungen auf Distanz im Freien einsetzt werden.
Dementsprechend laut ist ihr Geräusch. Für sensible Nager in geschlossenen
Räumen weicht man auf einen Kugelschreiber mit Knopf aus oder auf den
original Karen Pryor iTouch-Klicker. Erschrickt das Tier auch bei diesem
Geräusch, stecken Sie die Hand mit dem Klicker anfangs in die Tasche, das
dämpft das Geräusch.
Um den Timingvorteil des Klickers voll nutzen zu können, sind Timing-Übungen
sinnvoll, bevor der Mensch sich ans Tier wagt: Man lässt sich z.B. einen Flummi
werfen und klickt jedes Mal, wenn er (a) am Boden auftrifft, wobei sich die
Geräusche des Flummis und des Klickers überlagern sollen oder (b) seinen
höchsten Punkt in der Luft erreicht.
Klickertraining. Dem Training über ein akustisches Markersignal verhalf Karen
Pryor in den 1960er Jahren vom Meeressäugertraining ins Hundetraining.
Inzwischen sind Markergeräusche aus dem modernen Tiertraining nicht mehr
wegzudenken. Über 40 Jahre später fand akustisch geführtes Training endlich
auch im Humanbereich viele Anwendungsbereiche: Training von Leistungs- und
Behindertensportlern vom Freizeitsport bis zu olympischen Zielen, Physio- und
Ergotherapie (siehe tagteach.com, tagteach.at).
Klickertraining führt die Laborerkenntnisse von I.P. Pawlow und B.F. Skinner
zusammen in eine Trainingstechnologie. Die Forschungsergebnisse über
klassische Konditionierung von Pawlow anwendend, macht man aus einem
vorerst neutralen akustischen Reiz, in diesem Fall dem Klick-Geräusch, einen
(sekundären) Verstärker: Wenn Sie direkt auf jedes Klick-Geräusch Futter
(primärer Verstärker) folgen lassen, wird das Klick-Geräusch ein zuverlässiger
Vorbote von Futter. Nagetiere verstehen das sehr schnell, es reichen ca. 20-40
Paarungen von sekundärem und primärem Verstärker. Diese Paarungen von
Geräusch und Futter nennt man Anklickern oder den Klicker Laden. Sie
merken, dass Ihr Tier die Bedeutung des Geräuschs gelernt hat, wenn es sich
nach dem Klick umschaut („Wo ist mein Futter?“). Wichtig ist, dass Sie
lebenslang auf jeden Klick einen primären Verstärker folgen lassen, sonst
nehmen Sie dem Geräusch seine Kraft; es wäre dann kein
„Gehaltsversprechen“ mehr. Ab sofort können Sie das Geräusch verwenden,
wenn Sie Ihrem Tier signalisieren wollen: „Das war richtig! Deine Belohnung
kommt sofort.“ Hier wenden Sie die Erkenntnisse von Skinner über operante
Konditionierung an: Hat ein Verhalten angenehme Konsequenzen, wird es in
einer ähnlichen Situation in der Zukunft mit größerer Wahrscheinlichkeit
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auftreten. Das Training verläuft also nach dem einfachen Prinzip der
Diffenentialverstärkung: Bist du auf dem richtigen Weg, lohnt es sich für dich!
Bist du auf dem falschen Weg, passiert: NICHTS (kein Futter). Dadurch wird
zukünftig erwünschtes Verhalten stärker, also öfter auftreten, und
unerwünschtes Verhalten schwächer, weil es ineffektiv ist. Die Gesetze der
Lerntheorie gelten für alle Wirbeltiere: Meeressäuger, Pferde, Katzen, Nagetiere
und Menschen.
Im Training führt man das Tier in kleinen Teilschritten zum Trainingsziel. Jede
Trainingseinheit beginnt mit einem Erfolgspunkt. Das ist etwas, das das Tier
schon kann oder für es ganz leicht erreichbar ist. Der Weg zum Trainingsziel
wird in so kleine Schritte zerlegt, dass das Tier alle paar Sekunden während
des Training einen Klick bekommt und somit einen Erfolg feiern darf, ansonsten
verliert ein Anfänger-Tier schnell das Interesse. Geizen Sie bei Ihrem
Trainingseinsteiger nicht mit Klicks: Jeder Klick macht Sie als Klickertrainer im
Handling und Timing von Klicker und Futter geübter.
Alle Kriterien am Weg zum Ziel werden nur ganz langsam und einzeln
angehoben. Klappt etwas nicht, geht man sofort einen Schritt zurück im
Trainingsplan. Wenn ein Plan wiederholt nicht funktioniert, müssen Sie den
Plan überarbeiten oder Zwischenschritte einfügen.
Training braucht Regelmäßigkeit. Am besten halten Sie es wie mit dem
Zähneputzen: Mindestens zweimal täglich für wenige Minuten.
Die Länge der Trainingseinheit muss der Konzentrationsfähigkeit des Tieres und
des Menschen angepasst werden und sollte anfangs 120 Sekunden nicht
überschreiten. Nach einer Pause von mehreren Minuten oder Stunden kann die
nächste Einheit folgen. Am Ende einer Trainingseinheit darf man keinesfalls ein
ausgelaugtes Tier vor sich haben, sondern eines, dem man Enttäuschung über
das Ende des Trainings (Ende der Leibspeisenfütterung und Animation) an der
Körpersprache ablesen kann – so wird es beim nächsten Training wieder mit
vollem Eifer dabei sein. Gerne erlaube ich den Tieren nach dem letzten Klick so
viele Leckerbissen mitzunehmen, wie sie tragen können.
Jetzt kann's losgehen mit einem ersten einfachen Trick...
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Klickertraining für alle! Der allererste Trick: Anstupsen
Das Trainingsziel dieser Ausgabe – der allererste Trick! - wird sein: eine
angebotene Fingerspitze mit der Nase anstupsen und ihr zu folgen. Die
Trainingsmethode heißt Targeting; dabei lernt ein Tier, einen Gegenstand oder
ein Körperteil des Trainers (das Target) mit einem beliebigen Körperteil wie hier
der Nase zu berühren. Targeting wird eingesetzt, um ein Tier in eine andere
Postion oder an einen anderen Ort zu führen, und das Tier dabei nicht ziehen
oder schieben zu müssen.
Vorbereitungen. Sie haben Ihr Tier angeklickert wie oben beschrieben. Es
zeigt keine Stresszeichen, wenn es in Ihrer Nähe und von seinen Artgenossen
getrennt ist (sonst braucht es erst Handling-Training, siehe übernächste /
nächste Ausgabe), und es traut sich Futter aus der Hand zu nehmen. Sie
haben einen Timer auf 120 Sekunden eingestellt, die Belohnung portioniert
und so bereitgestellt, dass Sie schnell zugreifen können, aber Ihr Tier keine
Möglichkeit der Selbstbedienung hat.
Trainingsschritte. Lassen Sie Ihr Tier jeden Trainingsschritt einige Male
ausführen, bevor Sie zum nächsten gehen.
1. Zu einer Zeit, in der Ihr Tier gern aktiv und ein bisschen hungrig ist,
setzen Sie es an den vorerst immer gleichen Trainingsort (Trainingstisch
oder Fußboden). Lassen Sie es den Ort ansehen und abschnuppern.
Achtung: Sobald Sie Ihr Tier absetzen, müssen Sie bereit sein für einen
Klick! Sie erschweren Ihrem Tier die Rätselrallye zum Zielverhalten,
wenn Sie gleich den ersten Erfolgsmoment ungenutzt verstreichen
lassen.
2. Sie starten mit einem Erfolgspunkt, das wäre für ein Anfänger-Tier, seine
Aufmerksamkeit auf Sie zu richten. Das kann nur ein kurzer Moment sein
– Sie müssen also schnell sein mit dem Klick: ein kurzer Blick in Ihre
Richtung oder sogar eine Annäherung - Klick und Futter! Ihr Tier lernt:
Aufmerksamkeit und Aktivität lohnen sich.
3. Als nächstes präsentieren Sie dem Tier Ihren ausgestreckten Zeigefinger
(oder den Finger, den Sie als Target ausgesucht haben). Die andere
Hand, die Klicker und Futter hält, ist außer Sicht, etwa unter dem
Trainingstisch. Tiere reagieren auf Bewegungen in ihrer Nähe
üblicherweise mit Aufmerksamkeit: Verpassen Sie den Blick zu Ihrer
Hand nicht – Klick und Futter! Platzieren Sie die Hand so, dass das Tier
sich nicht viel bewegen muss, um an den Finger zu kommen, also direkt
vor die Nase. Fast alle Tiere schnuppern dann am Finger – Klick!
Verändern Sie die Position des Targetfingers nicht zwischen dem Klick
und der Futtergabe und füttern Sie direkt am Targetfinger (das Tier nicht
vom Target „wegfüttern“). Entfernen Sie den Finger jeweils aus dem
Sichtfeld, während Ihr Trainingspartner frisst, nicht vorher. Sobald er
geschluckt hat, platzieren Sie wieder den Finger in Nasennähe. Ihr Tier
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soll anfangs diese Bewegung beobachten können. Lassen Sie es so in
kurzer Zeit einige Erfolgserlebnisse sammeln.
Spätestens jetzt sind die 120 Sekunden Training vorbei. Beenden Sie die
Trainingseinheit nicht abrupt nach dem Timersignal, sondern erst nachdem Sie
in aller Ruhe Ihr Tier noch ein letztes Mal zum Erfolg geführt haben. Verstauen
Sie die Leckerlis und dann Ihr Tier: Direkt nach dem Training sollte es sich
ausruhen dürfen.
Beginnen Sie eine Trainingseinheit immer mit einem Erfolgspunkt. Neues
kommt nie am Anfang einer Einheit, sondern in der Mitte. Das heißt, Sie
starten wieder mit dem Beklickern von Aufmerksamkeit und Bewegung in Ihre
Richtung und dem Schritt 3.
4. Wenn Schritt 3 (bewegter Targetfinger) gut klappt, können Sie versuchen
den Finger während des Fressens in Reichweite zu lassen. Vielleicht hat
das Tier schon verstanden und braucht die Hilfe mit der Bewegung nicht
mehr? Wenn das klappt, ist das ein Meilenstein. Nach dem ersten
Erreichen eines Meilensteins beende ich gern mit viel Lob und Leckerli,
also einer „Party“, das Training.
Wenn Ihr Trainingspartner noch nicht verstanden hat, wiederholen Sie
Schritt 3 noch mindestens zehnmal. Später wird es klappen, Lernen
braucht Wiederholungen.
5. Als nächstes bieten Sie den Finger in etwas veränderter Position an,
sodass das Tier den Kopf nach links oder rechts drehen muss, um mit der
Nase an den Finger zu kommen. Wenn beide Richtungen klappen,
können Sie auch die Positionen etwas höher oben und unten üben.
6. Wenn der 5. Schritt sitzt, kommt der nächste Meilenstein: Sie platzieren
den Finger so, dass das Tier einen Schritt nach vorn machen muss, um
zur Fingerspitze zu kommen. Ist der Meilenstein geschafft: „Party“ und
Ende des Trainings.
7. Nun steigern Sie langsam die Distanz, die zu Ihrem Finger zurückgelegt
werden muss.
8. Wenn die Distanz mehr als 30 cm beträgt, können Sie beginnen Ihr Tier
mit dem Finger zu führen. Während es sich auf den Finger zubewegt,
ziehen Sie den Finger langsam noch einige Zentimeter in Laufrichtung
weg. Sobald es den Finger eingeholt und angestupst hat: Klick und
Futter! Hier müssen Sie das Vertrauen langsam aufbauen, dass
Wegziehen kein Trainingsbetrug ist, sondern immer noch ein Leckerli
verdient werden kann. Dieser Schritt macht das Tier mit dem Finger
führbar und erhöht gleichzeitig die Geschwindigkeit, mit der es Ihrem
Finger folgt, denn der Finger „läuft“ ja jetzt weg.
9. Zu allerletzt können Sie Links- und Rechtskurven oder kleine Hindernisse
einbauen und Ihr Tier darüber leiten.
10.
Wenn das Folgen des Fingers gut sitzt, können Sie nach einigen
Tagen Ablenkung einbauen, etwa einen frei laufenden Sozialpartner.
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Dafür müssen Sie wieder mehrere Schritte zurück im Trainingsplan – für
das Tier ist das eine völlig neue Trainingssituation.
Trouble Shooting. Verstärken Sie freiwillige Mitarbeit, aber akzeptieren Sie es
auch, wenn Ihr Tier einmal keine Lust hat: Vielleicht hat es gerade einen vollen
Bauch und mag sich ausruhen, oder es fühlt sich nicht hundertprozentig wohl.
Auch Tiere haben mal einen schlechten Tag. Orientieren Sie sich nicht daran,
was das Tier gestern schon konnte und heute scheinbar vergessen hat, holen
Sie Ihr Tier in jeder einzelnen Trainingseinheit dort ab, wo es jetzt steht. Und
wenn einmal gar nichts geht: Beenden Sie das Training, nehmen Sie sämtliches
Futter außer Heu aus dem Käfig und versuchen Sie es in zwei oder drei
Stunden nochmal.
In jedem Fall sollte das Training enden, bevor Ihr Tier die Lust verliert. Wenn
Ihr Tier das Training selbst abbricht, überlegen Sie, woran das liegt: War die
Einheit zu lang? Dann notieren Sie die Zeit, bis Ihr Tier das Training
abgebrochen hat, und üben in den nächsten Einheiten die Hälfte dieser Zeit,
dann steigern Sie pro Einheit jeweils um 3 Sekunden. Oder möchte es vielleicht
mal andere Leckerbissen? Ist es frustriert, weil es lange keinen Klick gab?
Trainings-No-Gos:
✗
Achten Sie genau darauf, dass der einzige Zugang zu den
Leckerbissen die Mitarbeit Ihres Tieres ist. Wenn es schafft Ihnen die
Futterdose aus der Hand zu reißen und daraufhin der ganze Inhalt am
Boden verstreut liegt, merkt es sich schon nach einem Erfolg, wie es zu
dieser „Party“ kam und wird alles daran setzen sie schnellstmöglich zu
wiederholen.
✗
Während einem Klick bewegt sich sonst nichts, Ihr Körper bleibt bis auf
den Daumen am Klicker vollkommen ruhig. Klicken und Füttern sind
getrennte Handlungen, die nacheinander, nicht gleichzeitig
passieren. Erst nach dem Klick bewegen Sie Ihre Hand, um zu füttern.
✗
Am besten üben Sie, bevor Sie neues Futter in den Käfig geben.
Niemals sollte ein Tier fürs Training hungern. Wenn Ihr Tier in einer
Trainingseinheit unmotiviert war und Sie Futter für einige Stunden aus
dem Käfig nehmen, geben Sie das Futter unbedingt nach der nächsten
Einheit wieder zurück, auch wenn das Tier wieder nicht mitgemacht hat.
✗
Verstärken Sie niemals Verhalten, das Sie nicht wollen: Sie
erziehen sonst eine „Bettelratte“ oder ein „Bettelschweinchen“. Das Tier
sollte seinen Teil des Handels immer zuerst erledigen (Mitarbeit), noch
bevor Futter sichtbar ins Spiel kommt. Bewahren Sie das Futter an einem
unzugänglichen Ort auf, beispielsweise auf einem Stuhl. Erst nach dem
Klick (nicht gleichzeitig!) greifen Sie nach dem Futter.
✗
Aus demselben Grund sollten Sie Ihr Tier im Training möglichst nicht
mit Futter locken. Ab heute müssen Sie das auch nicht mehr: Ihr Tier
hat gelernt sich vom Fingertarget führen zu lassen, das ist ein wichtiger
Basistrick für weiteren Ausbau.
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Der Einstieg ins Tiertraining ist geschafft! Nächstes Mal geht’s weiter mit
Handling-Training.
Schwierigkeiten beim Training?
Schreiben Sie mir! [email protected]
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Tiertrainerin in Purkersdorf bei Wien
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Quellen (chronologisch)
K. Ramirez: Animal Training: Successful Animal Management Through Positive
Reinforcement. Chicago: Shedd Aquarium Society, 1999.
I.R. Inglis, D.S. Shepherd: Rats Work for Food They then Reject: Support for
the Information-primacy Approach for Learned Industriousness. Ethology
Volume 98, Issue 2, Jan.-Dez. 1994, pp. 154-164
R. Eisenberger: Learned Industriousness. Psychological Review Volume 99, No.
2, 1992, pp. 248-267
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