Ausschnitt aus dem Kinderbuch Bärenkinder Es war einmal vor
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Ausschnitt aus dem Kinderbuch Bärenkinder Es war einmal vor
Ausschnitt aus dem Kinderbuch Bärenkinder Es war einmal vor vielen, vielen Jahren an einem sehr kalten Tag am Nordpol. Mama Eisbär hatte vor wenigen Tagen in einer Schneehöhle zwei Kinder bekommen. Es waren ein Junge und ein Mädchen. Dem Mädchen gab sie den Namen Cim und dem Jungen den Namen Catt. Die beiden waren anfangs noch winzig klein, doch sie wuchsen sehr schnell heran. Als die Mutter sie im März aus der Höhle führte, entdeckte sie ganz erstaunt, dass Catt einen kleinen, braunen Fleck am Po hatte. Dieser Fleck sah aus wie ein kleines Herz. Und als Cim das Herz sah, musste sie so lachen, dass sie vor Übermut im Schnee Purzelbäume schlug. Catt war darüber sehr erschrocken. Er wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Vielleicht war es auch etwas Besonderes, und alle Eisbärenkinder würden ihn darum beneiden. Doch es sollte anders kommen, denn alle Eisbären lachten ihn aus und riefen ihm hinterher: „Catt hat sein Herz am Po, Catt hat sein Herz am Po!“ Darüber ärgerte sich Catt natürlich sehr. Im gleichen Jahr wurden in Alaska bei Familie Braunbär auch zwei Kinder geboren. Es waren zwei Buben. Der eine hieß Tim der andere Tom. Familie Braunbär war sehr erstaunt, denn der Tom hatte ein ganz weißes Fell, nur seine beiden Ohren, die Augen und die Stupsnase waren braun. Bald wollte er von der Mutter wissen, warum er nicht so schön braun aussieht wie sein Bruder, denn die anderen Bärenkinder riefen ständig hinter ihm her: „Tom ist ja gar kein Braunbär! Tom ist ja gar kein Braunbär!“ Den ganzen Sommer durch ärgerten ihn die Kinder. Die Mutter wusste keinen Rat. Im Dezember, er war schon kräftig geworden, beschloss er, zu seinen Verwandten, den Eisbären am Nordpol zu wandern, um bei ihnen leben zu können. Dort würde ihn keiner ärgern, denn alle tragen ein weißes Fell. So machte er sich schweren Herzens und Tränen in den Augen auf den Weg zum Nordpol. Als er einige Tage unentwegt gelaufen war, wurde er müde und musste eine Pause einlegen. Sofort schlief er ein, träumte vom Nordpol und erlebte, wie wunderschöne, weiße Eisbären im Schnee tollten. Im Dezember beschloss auch Catt, seine Heimat, den Nordpol zu verlassen, um zu den Verwandten nach Alaska zu gehen, die alle so schön braun aussahen wie sein Herz auf seinem Fell. Dort würde ihn niemand ärgern. Auch ihm fiel der Abschied von der Mutter und der Schwester schwer. Nachdem er die Hälfte des Weges geschafft hatte und die Sonne gerade unterging, legte er sich zum Schlafen nieder. Als er am anderen Morgen erwachte, staunte er nicht schlecht, was da vor ihm stand. Er sah weg, sah wieder hin und wischte sich die Augen aus. Wirklich. Nur wenige Schritte von ihm stand ein anderer Bär. Der war etwas kleiner als er und sah sehr lustig aus. Er war ganz weiß und hatte zwei braune Ohren und eine braune Stupsnase. Auch Tom war erschrocken, als er einen weißen Bären sah, der nur ein braunes Herz am Po hatte. Es dauerte nicht lange, da fragte Catt: „Wer bist du?“ Mit Tränen in den Augen erzählte Tom, dass er eigentlich ein Braunbär sei. Doch weil er ein weißes Fell hat, wollten die anderen Bärenkinder nicht mit ihm spielen und haben ihn immer geärgert. Nun würde er zu den weißen Eisbären wandern und möchte bei denen leben. Da seufzte Catt und sagte: „Mich haben die Eisbärenkinder ausgelacht und geärgert, nur weil ich ein kleines, braunes Herz am Po habe. Ich werde zu den Braunbären wandern und darum bitten, dass ich bei denen leben darf.“ Die beiden berieten lange, wohin sie gehen sollten. Zu den Eisbären am Nordpol, das ging nicht, weil Catt braune Flecken hatte und zu den Braunbären konnten sie auch nicht, weil Tom ein weißes Fell hatte. Da fingen die beiden Bärenjungen bitterlich an zu weinen. Die Tränen flossen so sehr, dass sich ein kleiner Bach bildete und den Schnee unter sich taute. Und weil es Dezember war, fuhr von Ort zu Ort schon der Weihnachtsmann, um die Geschenke zu verstecken bis zum Heiligen Abend. Der sah den kleinen, glitzernden Bach mitten im Winter, folgte ihm verwundert und hörte bald ein klägliches Weinen. Er hielt seinen Schlitten an und fragte voller Mitleid die beiden, warum sie so bitterlich weinten. Die Bärenkinder erzählten dem Weihnachtsmann, warum sie zu Hause weggelaufen waren, und dass sie nun nicht wussten, wohin sie gehen sollten. Der Weihmachtsmann strich über seinen Bart, dachte nach, hob endlich seinen Zeigefinger und sagte: „Oho, ein kleiner Braunbär mit einem weißen Fell und braunen Ohren und ein großer Eisbär, der sogar ein braunes Herzchen am Po hat, das gibt es nicht noch einmal auf der großen, weiten Welt. Ihr beiden seid etwas ganz Besonderes. Viele Menschen sollten euch sehen. Geht miteinander auf Wanderschaft, und wenn ihr lange genug unterwegs wart und euch viele Menschen gesehen haben, wandert zu den Sternen, dass alle Menschen euch sehen. Ich zeige euch den Weg dorthin.“ Das gefiel den beiden Bärenkindern. Und eines Abends nach vielen Jahren der Wanderschaft schliefen sie so fest ein, dass der Weihnachtsmann ihnen den verborgenen Weg zu den Sternen weisen konnte. Seit dieser Zeit können wir sehr oft den Kleinen Bären und den Großen Bären am nördlichen Himmel sehen.