Der Historienpfad in Wolfratshausen Geschichte auf Schritt und Tritt
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Der Historienpfad in Wolfratshausen Geschichte auf Schritt und Tritt
Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 1 Druckversion Loisach-Ufer 1 82515 Wolfratshausen Tel.: 08171 – 2 84 60 E-Mail: [email protected] Der Historienpfad in Wolfratshausen Geschichte auf Schritt und Tritt ist das Ziel dieses Pfades, der mit seinen 34 Stationen in der Altstadt durch die Vergangenheit führt. Die 32-seitige Broschüre mit der Originalfassung von 2003 ist inzwischen restlos vergriffen. Wir planen mit der Stadt Wolfratshausen eine überarbeitete Neuauflage. DAS APOTHEKERANWESEN Untermarkt 13 Seit 1633 ist hier die "Forsterische Bräubehausung" nachweisbar, die mehrere Generationen im Besitz der Wolfratshauser Familie Forster bleibt. Mitte des 18. Jh. brennt das Anwesen ab. 1810 wird hier ein Wohnhaus mit einer Apotheke errichtet. Haus und "Apothekergerechtigkeit" (= Erlaubnis, diesen Beruf auszuüben) wechseln jedoch mehrfach die Besitzer. um 1925 Seit 1889 gehört die Apotheke nun der Wolfratshauser Familie Happ. Nach dem Begründer dieser beruflichen Familientradition, Dr. Josef Happ, ist die Gasse neben der Apotheke benannt. DAS BENEFIZIATEN-/RAABHAUS Untermarkt 44 Als Besitzer dieses Hauses weist das Wolfratshauer Grund- und Steuerbuch von 1633 den Lederer Balthasar Raab aus. Er stellt vor allem Sohlenleder her. Über 100 Jahre verbleibt das Haus dann im Familienbesitz. Von 1735 bis 1935 wohnen hier die Benefiziaten der "LangschenMesse-Stiftung", die dem ehemaligen Wolfratshauser Bürgermeister Josef Lang zu verdanken ist und die 1808/9 mit der "Katharinen-Frühmess-Stiftung" vereinigt wird. 1962 Benefiziaten sind Träger eines Kirchenamtes, das auf eine Stiftung zurückgeht und mit der Nutzung von Land- und Hausrechten verbunden ist. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 2 DER BESENBRÄU Marienplatz 2 Diese alte Braustatt gehörte einst der reichen Wolfratshauser Handelsfamilie Raab. Man nimmt an, dass der Name "Besenbräu" von der Aushängung eines Busches als Schankzeichen kommt – nach der Vertrocknung glich der Busch nämlich einem Besen. 1793 errichtet der "Kastenmüller" hier zusätzlich eine Gipsmühle. um 1940 Gegen den Widerstand der Flößer, die eine zu große Wasserableitung vom Besenbräuwehr befürchten, betreibt man später an dieser Stelle eine Säg- und Ölstampfmühle, die um 1900 abgebrochen wird. AN DER BIRNMÜHLE Untermarkt 55-57 Die ersten Wolfratshauser Mühlen werden in den Steuerlisten schon um 1300 erwähnt. Eine davon ist wohl die "Birnmühle". Sie hat damals zwei Gänge und ein Werk, d.h. zwei Mahlsteine und ein Wasserrad. Die Wolfratshauser benützen seit jeher die Quellen des Berges und des Birnmühlbachs zur Wasserversorgung. Als man 1863 eine eiserne Wasserleitung baut, leitet man den Birnmühlbach, der seit dem Mittelalter offen neben der Straße fließt, unterirdisch zur Loisach ab. Damit verliert der Markt einen sichtbaren Wasserlauf, der das Ortsbild seit Jahrhunderten prägte. um 1900 Nur der öffentliche Brunnen erinnert hier heute noch an die älteste Wolfratshauser Wasserversorgung und den Mühlenbetrieb. DAS BUCKHAUS Johannisgasse 8 Das Haus besteht aus zwei Gebäuden, die schon 1633 amtlich erwähnt werden. Das vordere Haus ist fast immer im Besitz von Floßmeistern und hat den ursprünglichen Hausnamen "beim Reichart". Im hinteren Haus leben bis Mitte des 19. Jahrhunderts Fischverkäufer, daher der frühere Hausname "beim Fischerdickl". 1895 kauft der Spengler Josef Buck das vordere Gebäude; 1935 erwirbt sein Sohn auch das hintere Haus. um 1910 Am vorderen Haus befinden sich wertvolle Lüftlmalereien, die von Asam-Schülern stammen sollen. Dargestellt sind St. Nikolaus, der Schutzpatron der Flößer, und St. Nepomuk, der Brückenheilige, sowie ein gemalter Hochwasserstandsanzeige. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 3 DAS EISENAMTSHAUS Untermarkt 14 Die Verurteilten des Landgerichts Wolfratshausen wurden seit dem Mittelalter auf der Burg eingekerkert. Nach der Zerstörung der Wolfratshauser Burg durch einen Blitzschlag und Pulverexplosion im Jahre 1734 wird das Gefängnis in den Markt verlegt. Anfang des 19. Jh. enthält die "Churfürstliche Eisenfronveste" hier folgende Räume: "Auf ebener Erde ein Examinierzimmer, Nebentübl, Kuchl, 4 Keuchen (= Gefängniszellen mit Schließeisen), eine Torturkammer, obenauf vier Kammern, 9 Keuchen und eine Bürgerstube." um 1900 1804 brennt das Gefängnis ab. Von den späteren Eigentümern des "Eisenamtshauses" bringt es der Zinngießer Franz Seraph Cracchi sogar bis zum Wolfratshauser Bürgermeister (1838–43). BEIM EISENKRAMER Obermarkt 4 1645 wird als Hausbesitzer erstmals ein Eisenkramer urkundlich erwähnt. Vor und nach diesem Zeitpunkt gehört das Anwesen mit Stadel, Stall und Garten immer wieder vorübergehend zum "Humplbräu". Nach der Zunftordnung der Eisenhändler dürfen nur Waren aus Eisen, Stahl, Messing, Zinn, Kupfer, Blei und Blech angeboten werden. Die Wolfratshauser Handwerker und Bauern kaufen hier vor allem Ketten, Messer, Nägel, Sensen, Sicheln und Schaufeln. 1925 Anfang des 19. Jh. besitzt der Wolfratshauser Bürgermeister Anton Kurz hier "zwey Eisenkramers Gerechtigkeiten" (= Erlaubnis für zwei Personen, diesen Beruf auszuüben). Außerdem darf er noch mit Leinöl und Rapsöl, Schießpulver, Salz, Pech und Farben handeln. EV. KIRCHE ST. MICHAEL Bahnhofstraße 12 Die Kirche wird 1909 nach Plänen des Münchner Kirchenbaumeisters Theodor Fischer im neoromanischen Stil errichtet. Chor und Chorwand gestaltet der Wolfratshauser Kunstmaler Hermann Neuhaus in mehreren Phasen von 1909 bis 1924. Wegen der Erweiterung des Gemeindesaals werden Anfang der 1950er Jahre die Fenster an der Ostseite zugemauert. um 1910 1967 werden bei der Renovierung die meisten Fresken übertüncht, sodass heute nur noch das "Auge Gottes" und die "Bergpredigt" von Hermann Neuhaus zu sehen sind. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 4 BEIM FAHNSATTLER Johannisgasse 4 um 1900 Im Steuer- und Grundbuch von 1633 ist ein Flößer als Besitzer dieses Grundstücks erwähnt. Bekannt wird das ehemalige Haus eines Fahnensattlers ab dem Jahre 1896, als Johann Geiger das Anwesen erwirbt. Er betreibt hier ein Ladengeschäft, in dem man alles für den täglichen Bedarf kaufen kann – vom Spitzenhandschuh bis zum Saupech. Nach dem Zweiten Weltkrieg sorgen regelmäßige Fischlieferungen in das DP (= Displaced Persons)-Lager Föhrenwald für erste größere Aufträge. Im Laufe der Jahre entwickelt sich der "Geigerladen" zu einem Feinkostgeschäft, das auch die Gaststätten der näheren Umgebung beliefert. 1989 wird das Geschäft nach dem Tod von Anton Geiger geschlossen. Die historische Ladeneinrichtung ist heute im Wolfratshauser Heimatmuseum zu besichtigen. DIE FRONFESTE Untermarkt 65-67 Bis 1632 stehen an dieser Stelle das Pfarrhaus und das Bürgerhaus. Wie viele andere Häuser im Markt, so brennen auch diese beiden Gebäude im Dreißigjährigen Krieg (1618–48) ab. Fast 200 Jahre bleibt es eine Brandstatt. Das Landgericht, das bis 1731 seinen Sitz im Wolfratshauser Schloss hat, verlegt man nun in den Markt. Das dazu gehörige Gefängnis muss – immer als Provisorium gedacht – in verschiedenen Häusern am Ort eingerichtet werden. Est 1816 wird hier die "Fronfeste" als Landgerichtsgefängnis gebaut und bis 1950 als Amtsgerichtsefängnis genutzt. um 1930 Von 1958 bis 2001 befindet sich in diesem Gebäude die Polizeiinspektion des Landkreises. DAS GERBLHAUS Berggasse 9 Das Gebäude wird in den Urkunden erstmals 1864 erwähnt; damals kauft ein Flößermeister das Anwesen. Der Ursprung des Hausnamens lässt sich leider nicht mehr feststellen. 1879 wird das Gebäude vom Wolfratshauser Magistrat als "Armenhaus" erworben, da der Bezirk gesetzlich zur Armen- und Krankenpflege verpflichtet wurde. Zusätzlich dient es als Unterkunft für mittellose Durchreisende, im Jahre 1930 durchschnittlich immerhin sechs Personen pro Tag. ca. 1950 Das Haus gehört bis 1971 der Stadt und wird dann wieder Privatesitz. Nach einer aufwändigen stilgerechten Sanierung erinnert nichts mehr an die frühere Nutzung dieses Hauses. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 5 DAS GERICHTS- UND MARKTBOTENHAUS Untermarkt 64 Das Haus beherbergt ab dem 17. Jh. den Kurier, der zu Pferd alle Nachrichten und Schriftstücke nach München und in die umliegenden Bezirke bringt. Um 1800 eröffnet der Rentamts- und Marktbote hier eine Gaststätte. Das Gebäude erscheint nun mit dem Hausnamen "Zum Botenwirt" und ab 1890 als "Bernriederhof". um 1910 1904 wird ein Festsaal mit Theater angebaut, der zum gesellschaftlichen Mittelpunkt der Marktgemeinde wird. In den 1950erJahren baut man den Saal in ein Kino um. Heute beherbergt das Gebäude die Städtische Musikschule. DER GETREIDESTADEL Untermarkt 7 Als Privathaus eines Lebzelters wird das Anwesen erstmals urkundlich 1633 erwähnt. um 1950 Das Kloster Benediktbeuern erwirbt 1712 diese "bürgerliche Behausung", die nach der Säkularisation in Staatseigentum übergeht. Das Gebäude dient nun als "dreigädiger (= dreistöckiger) königlicher Getreidekasten". In einem Teil des Hauses wird 1805 eine Landgerichtsapotheke eröffnet. 1866 erwirbt die Marktgemeinde das Gebäude und richtet darin eine Wohnung, einen Getreidekasten, ein Schlachthaus und später eine Freibank ein. Seit 1966 gehört das Anwesen zum "Isar Kaufhaus". DER HADERBRÄU Untermarkt 17-21 1553 errichtet die Abtei Beuerberg hier eine Brauerei für den Eigenbedarf. Nach jahrzehntelangem Streit ("Hader") mit dem Hofkammeramt erhält das Kloster 1678 das allgemeine Braurecht. Im Zuge der Säkularisation wird die Braustätte 1803 freies Eigentum einer Wolfratshauser Familie. Damals ist der "Haderbräu" das größte Privatanwesen im Markt. Von 1841 bis 1899 bewirtschaftet die Familie Grünwald die Brauerei. Michael Grünwald ist in dieser Zeit auch Bürgermeister von Wolfratshausen (1873–81 und 1883–93). um 1922 1989 wird das vom Verfall bedrohte Anwesen von der Messerschmitt-Stiftung erworben und nach den Kriterien des Denkmalschutzes restauriert. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 6 DER HUMPLBRÄU Obermarkt 2 Das Gebäude wird erstmals urkundlich im Kriegsjahr 1619 erwähnt, als es mit der benachbarten katholischen Kirche St. Andreas abbrennt. Es ist eines der ältesten Häuser Wolfratshausens, das wohl schon lange vor seiner ersten urkundlichen Erfassung bestanden hat. Der Name "Humplbräu" geht auf den Wolfratshauser Bürgermeister Hans Humpl zurück, der das Anwesen 1630 erwirbt. Nach vielen Eigentümerwechseln kauft schließlich Hans Fagner 1912 das Gebäude, das seither im Familienbesitz ist. Ende des 19. Jh. Im "Humplbräu", dem letzten der ursprünglich 13 Brauereien am Ort, wird 1909 letztmalig Bier gebraut. KATH. STADTPFARRKIRCHE ST. ANDREAS Marienplatz 4 Für 1484 lässt sich hier erstmals eine Kirche nachweisen. 1586 folgt bereits ein größerer Neubau. 1619 wird die Kirche durch einen Brand fast zerstört und als dreischiffige Hallenkirche wieder aufgebaut. 1981/82 werden Sakristei und Haupteingang umgebaut und die gesamte Kirche renoviert, 1984 eine neue Orgel eingebaut. Die in weiten Teilen auf das 17. Jh. zurückgehende Innenausstattung ist ein Zeugnis des beachtlichen Kunsthandwerks in Wolfratshausen. um 1910 Der ursprünglich am Berghang anschließende Friedhof muss 1806 nach Nantwein verlegt werden. DAS KATHARINEN-FRÜHMESS-HAUS Untermarkt 28 1427 stiften Wolfratshauser Bürger Wiesen und andere Vermögenswerte zur Einrichtung einer werktäglichen Messe in der Pfarrkirche, der "Katharinen-Frühmesse". Vom frühen 17. bis zum Ende des 19. Jh. wohnen in diesem Haus die "Frühmesser" (= Priester für diese Stiftung). In der Zeit der napoleonischen Kriege sind hier vorübergehend ein Wachlokal und ein Militärspital untergebracht, von 1804 bis 1816 dann das kurfürstliche Gefängnis. um 1925 Seit 1816 ist das Gebäude in Privatbesitz und seit 1882 betreibt die Familie März hier eine Textilhandlung. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 7 DIE KNABENSCHULE Untermarkt 9 Seit 1633 ist hier eine Behausung mit "Röhrlwasser" (= Wasserleitung) nachweisbar. 1705 wird hier eine Brauerei errichtet. Der "Lochbräu" bleibt mehrere Generationen im Besitz der Wolfratshauser Familie Guglhör. um 1910 Anfang des 19. Jh. wird das verfallene Braugebäude in Wohnungen umgebaut. Später erwirbt die Marktgemeinde das Anwesen und errichtet 1875/76 an dieser Stelle eine "Knabenschule", die bis 1940 besteht. – Danach wird das Gebäude u.a. von den Landesschützen, der US-Militärregierung, einem Textilgeschäft und ab 1945 als Synagoge genutzt. Seit 1966 ist es ein Teil des "Isar Kaufhauses". BEIM KRONMÜLLER Beuerberger Straße 11 Seit dem 15. Jh. stand hier die "Kronmühle". 1889 wird das Anwesen zu einem Hotel mit Weingroßhandlung umgebaut. 1920 kauft der Verein "Jüdisches Landheim" das Gebäude, in dem sechs Jahre später eine "Wirtschaftliche Frauenschule" eröffnet wird. Jüdische Mädchen sollen hier auf ihre künftige Rolle in Familie und Gesellschaft vorbereitet werden. Am 10. November 1938 werden die Lehrerinnen und Schülerinnen der jüdischen Frauenfachschule von Nationalsozialisten gezwungen, Wolfratshausen innerhalb von zwei Stunden zu verlassen. Nur wenige dieser Frauen und Mädchen überleben den Holocaust. Ende der 1920er-Jahre Nach mehrfachem Besitzerwechsel wird das Gebäude Anfang der 1980er-Jahre abgerissen und an dieser Stelle ein Mietshaus errichtet. DAS LANDGERICHT Untermarkt 10 Von 1248 bis 1731 hat das Wolfratshauser Landgericht seinen Sitz auf der Burg. Danach wird es in das "Amtshaus" verlegt, das an dieser Stelle stand. Nach einem Brand entsteht 1806 ein Neubau. Die inzwischen von "Landgericht" in "Amtsgericht" umbenannte Behörde nutzt das Gebäude bis 1962. um 1910 Danach dient das Haus eine Zeit lang als Sonderschule. Für die Verbreiterung der Bahnhofstraße wird 1976 ein Teil des Hauses abgerissen. Seit 1978 befindet sich in den oberen Stockwerken das Wolfratshauser Heimatmuseum. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 8 DAS LODERERANWESEN / FLOSSMEISTERHAUS Obermarkt 34 Bei diesem Anwesen handelt es sich ursprünglich um zwei Gebäude. Während das "Lodereranwesen" vermutlich 1809 gebaut wird, findet das "Floßmeisterhaus" erstmals im Jahre 1854 eine urkundliche Erwähnung. Seit jener Zeit haben die Besitzer dieser beiden Gebäudeteile häufig gewechselt. 1932 werden beide Anwesen vereinigt. Genutzt wird das Haus anfangs von Taglöhnern und dann über mehrere Generationen von der Bader- und Frisörfamilie Haseidl, die hier bis 1920 auch den "Pflasterzoll" einnimmt. um 1910 Seit dem 16. Jh. hatte der Markt das Recht, von allen durchreisenden Fuhrwerken eine Abgabe zum Unterhalt von Pflaster, Brunnen, Brücken und anderen öffentlichen Gebäuden zu verlangen. Die "Pflasterzoll-Einnehmereien" waren hier sowie am Untermarkt 58 und am Wasen. BEIM OBERFÄRBER Obermarkt 45 Dies ist eines der letzten Wolfratshauser Häuser, das an die einst vielfältigen Fassadenmalereien erinnert. Das Bild von der "Verehrung der wundertätigen Hostie v. hl. Kreuz in Augsburg" ist wohl schon um 1800 gemalt. Die Medaillons und das Gnadenbild der Muttergottes von Aufkirchen stammen vom Wolfratshauser Kirchenmaler Clement Heigl (um 1920). Bis 1946 wird in diesem Anwesen über drei Jahrhunderte lang das Färberhandwerk ausgeübt. um 1925 Am Giebel ist noch der "Färbergalgen" zu sehen, eine Art Leiter zum Trocknen der Textilien. Waren die Stoffe frisch aufgehängt, mussten die Passanten, wenn sie nicht nass werden wollten, die Straßenseite wechseln. – Mit dem "Guggerl" neben der Haustüre kann man Besucher beobachten. DER ALTE PFARRHOF Obermarkt 7 Die Schweden brennen im Dreißigjährigen Krieg (1618–48) große Teile von Wolfratshausen nieder, auch den alten Pfarrhof am Untermarkt. 1715 kauft der Wolfratshauser Pfarrer Johann Baptist Maurer deshalb das "Weisgerberhaus" und richtet hier einen neuen Pfarrhof ein. Über zweieinhalb Jahrhunderte lang dient das Anwesen dann als "Widum" (= Pfarrhof) für Sankt Andreas. Das Haus mit der italienischen Stuckfassade wird 1965 durch einen Neubau mit einer weniger charmanten Frontseite ersetzt. um 1910 Der Pfarrhof wird 1990 verlegt, doch das "Pfarrwidumsgut" bleibt im kirchlichen Besitz und wird als soziale Einrichtung genutzt. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 9 DAS RATHAUS Marienplatz 1 Seit dem 17. Jh. finden hier die Ratsversammlungen des Marktes statt. 1644 wird das baufällige Gebäude durch einen Neubau mit Marktschreiberwohnung, Ratsstube und Kapuzinerkammer ersetzt. Letztere dient in der Fastenzeit den Ordensbrüdern als Unterkunft. Das heutige Rathaus geht auf einen Neu- bzw. Umbau aus dem Jahre 1805 zurück. Um 1800 kommt in den Ratssaal ein Kornlager hinein. Das Anwesen wird noch mehrmals umgebaut und erweitert, zuletzt 1993/94. um 1925 Seit 1890 weist die historisierende Fassade auf die besondere Bedeutung des Hauses hin. DAS RENTAMT Untermarkt 2 Im Dreißigjährigen Krieg (1618–48) brennt an dieser Stelle die Fleischbank mit dem Brothaus ab. Der Platz bleibt leer bis 1738, als ein Teil des kurfürstlichen Kürassier-Regiments im Markt einquartiert wird. Zunächst baut man hier Stallungen für die Pferde, etwas später eine Kaserne für die Soldaten. Zum Bau werden auch Steine aus der 1734 zerstörten Wolfratshauser Burg verwendet. um 1910 1803 wird in dem Gebäude das Rentamt (Finanzamt) eingerichtet. Von 1914 bis 1983 ist es Sitz des Vermessungsamtes. Die noch heute erhaltene klassizistische Fassade entsteht um 1840. BEIM SCHMIEDEISELE Untermarkt 43 Einst gibt es in Wolfratshausen Hufschmiede, Kupferschmiede, Messerschmiede, Nagelschmiede und Waffenschmiede. Ab 1633 ist hier eine Schlosserei nachweisbar. Gut 150 Jahre bleibt dieses Handwerk beim Haus, dann wird das Anwesen von einem Hufschmied übernommen. 1809 taucht der Hausname "Schmiedeisele" auf. Seit 1899 sind das Gebäude und die "Schmiedegerechtigkeit" (= Genehmigung, dieses Handwerk auszuüben) im Besitz der Familie Ettenhuber. um 1910 Heute wird die Schmiede – die letzte im Markt – als Kunsschmiede betrieben. Obwohl die Marktstraße im Flächennutzungsplan als Mischgebiet "ohne störendes Handwerk" ausgewiesen ist, hat die "Handwerksgerechtsame" – auf das Grundstück bezogen – Bestandsschutz. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 10 BEIM SCHUSTERSEPP Untermarkt 33 Das Haus weist mit seinen Bewohnern eine sehr lange Handwerkstradition auf. Schon 1633 wird in den Urkunden ein Schuhmacher erwähnt. Dieses Handwerk wird hier bis Mitte des 19. Jh. ausgeübt. Es folgen 1862 ein Hutmacher, 1893 ein Glaser und Zinngießer. Heute noch befindet sich an dieser Stelle eine Glaserei. Das nicht mehr vorhandene Medaillon an der Vorderseite der Fassade enthielt einst den alten Handwerkerspruch: um 1920 "Gott beschütze Korn und Wein, / Der Hagel schlag nur Fenster ein, / Mit Deiner Macht die Feldfrucht schütz, / Der Hagel nur dem Glaser nützt." BEIM SEIFENSIEDER Untermarkt 11 1814 taucht das Gebäude im Stadtplan auf und erhält den Hausnamen "Seifensiederanwesen". 1864 wird das Haus an einen Gastwirt verkauft, der hier Braunbier, Weißbier, Wein und Kaffee ausschenken darf. Ab 1910 wird das Anwesen für kurze Zeit als Gasthaus und Weinhandlung betrieben; dann dürfen hier nur noch "geistige und nicht geistige Getränke" angeboten werden. Später werden Teile des Gebäudes von einer Bank, von der Landwirtschaftsschule und 1940–45 von den Landesschützen als Lazarett genutzt. um 1910 Nach dem Zweiten Weltkrieg führt Hubert Heiß hier viele Jahre eine Café-Konditorei. 1983 wird das Gebäude in das "Isar Kaufhaus" integriert. DAS SEILERANWESEN Obermarkt 13 Seit dem frühen 17. Jh. befindet sich in diesem Haus eine Seilerei. 1764 kauft der Seiler Johann Kratzmeir den Handwerksbetrieb; bis heute ist das Gebäude im Familienbesitz. In der Werkstatt werden Seile, Gurte und Schnüre aus Flachs und Pferdehaaren hergestellt. Im Laden kann man außerdem noch Hanf, "gemeine Landöle", Wagenschmiere, Pechfackeln und Sämereien kaufen. Nach dem Ersten Weltkrieg wird hier auch frisch gerösteter Kaffee verkauft. Diese damals einzige Kaffeerösterei in Wolfratshausen besteht bis 1978. um 1910 1965 wird die Seilerei eingestellt, doch im Laden werden noch wie früher Waren für den landwirtschaftlichen Bedarf angeboten. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 11 BEIM TORKRAMER Obermarkt 33 1886 eröffnet hier der Buchbinder Albert Schwankl die erste Druckerei der Region und gibt die erste ortsansässige Lokalzeitung heraus, das "Wolfratshauser Wochenblatt". Nach dem Zweiten Weltkrieg druckt man hier auch die Zeitung "Bamidbar", die im Wolfratshauser DP (= displaced persons)Lager Föhrenwald herausgegeben wird. Ende der 1970er-Jahre schließt die Druckerei; 1983 zieht die Redaktion des "IsarLoisachboten" ins Gewerbegebiet. Ende des 19. Jh. Das Anwesen nannte man früher "Beim Torkramer", weil hier neben dem einstigen südlichen Stadttor ein Kramerladen stand. 1902 wird das Gebäude aus dem 17. Jh. durch einen größeren Neubau ersetzt und heißt heute im Volksmund "das SchwanklEck". BEIM UNTERFÄRBER Untermarkt 24 An dieser Stelle kommt die große Feuersbrunst von 1804 zum Stehen. Sie äschert zwölf Häuser, Stallungen und Scheunen von Untermarkt Nr. 8 bis 22 ein. Beim Wiederaufbau der Gebäude berücksichtigt man ihre Hochwassergefährdung. Noch heute kann man deshalb die erhöhten Eingänge bei den Häusern Nr. 18, 20 und 22 sehen. Ab 1649 wird in diesem Anwesen über zweieinhalb Jahrhunderte lang das Färberhandwerk ausgeübt. Im Innenhof kann man noch die "Galgen" zum Trocknen der Stoffe sehen. um 1905 1915 wird hier eine Mineralwasserfabrik gegründet, die bis 1980 besteht. DAS VIERJAHRESZEITEN-HAUS Seilergasse 2-8 Mit seinem vierfach gespiegelten Grundriss ist dieses Haus einzigartig in ganz Bayern. Aufgrund seiner symmetrischen Innen- und Außenaufteilung hat das "Vierjahreszeiten-Haus" auch seinen Namen bekommen. 1859 wird das Anwesen von dem Wolfratshauser Bauunternehmer Joseph Sappl erbaut und an vier Tagelöhnerfamilien verkauft. Fast eineinhalb Jahrhunderte ist es eine Heimat für viele Wolfratshauser Familien, die zum Teil über Generationen hinweg hier wohnen. um 1960 In den 1980er- und 1990er-Jahren kauft die Stadt Viertel für Viertel auf. Ein Abriss droht, doch das "Vierjahreszeiten-Haus" hat eine besondere sozial- und baugeschichtliche Bedeutung und prägt das Ortsbild von Wolfratshausen. Historischer Verein Wolfratshausen – Der Historienpfad 12 BEIM WEISSGERBER Untermarkt 36 Zum Haus gehören ab 1785 zwei "Weißgerbergerechtigkeiten" und eine vom Säckler erkaufte "Nestlersgerechtigkeit" (= Erlaubnis, dieses Handwerk hier auszuüben). Die Lage an der Loisach ist ideal zum Bearbeiten der Felle, die mit einer hellen Lohe und Chromsalzen gegerbt werden. Das erste Stockwerk dient als Lagerraum mit hölzernen Lohegruben, die erst 1924 abgedeckt und zu Wohnräumen umgebaut werden. um 1930 Ab 1908 wird hier eine Dampfmolkerei betrieben, später ein Handel mit Viktualien- und Molkereiprodukten. Ab 1924 kommt noch eine Krämerei und über viele Jahre eine Holz- und Kohlenhandlung hinzu. GASTHAUS ZUR ALTEN POST Obermarkt 16-18 Die Eigentümer des Anwesens lassen sich bis zum Dreißigjährigen Krieg (1618–48) zurückverfolgen. Die Besitztümer der Grafen von Wolfratshausen, die weit nach Tirol hineinreichen, bringen es mit sich, dass bei uns der "Etschwein" zum Volksgetränk wird, den man auch in diesem Gebäude ausschenkt. Ab 1750 wird hier erstmals Bier angeboten. Ein Poststall kommt 1810 dazu, und der Hausname lautet nun: "Gasthof zur Post". um 1910 Bis zum heutigen Tage hat dieses Haus mehr als 20 Eigentümer gehabt – darunter vier Bürgermeister, u.a. Josef Empacher (1707 bis 1764), auf den der frühere Hausname "Empacherhaus" zurückgeht. ____________________________________________________________________ Diese PDF-Version der ersten Auflage (2003) des "Historienpfads Wolfratshausen" ist Bestandteil der Website www.histvereinwor.de. Bei Verwendung von Zitaten daraus bitte immer diese Quelle angeben! © Historischer Verein Wolfratshausen e.V. © Alle Fotos: Stadtarchiv Wolfratshausen – v. juli08/avk